Titel: Das Schweigen der Wälder Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: http://www.livejournal.com/users/kimerascall/ Original FSK: ab 18 Kategorie: Gewalt, Krieg Erstellt: 08.09.2002 Disclaimer: das Bishounencastle gehört meiner Wenigkeit. Warnung: wer große Sympathien für das Kleine Volk hegt, der kehre hier um. -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- "Sahest Du nie die Schönheit im Augenblick des Leidens, niemals hast Du die Schönheit gesehen." (Schiller) -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- -*Å‹*- Das Schweigen der Wälder Man erzählt sich immer wieder, dass diese Welt nicht nur von einem Volk besiedelt sei, sondern es deren unzählige gebe. Warum man diese aber nicht mehr sieht? Es heißt, sie hätten sich zurückgezogen, weil die Menschen ihren Lebensraum zerstört hätten, das jüngste Volk die älteren verdrängt. Nun, das mag zutreffen. Oder auch nicht. Vielleicht sind sie tatsächlich gegangen. Vielleicht ist es auch nur ein taktischer Rückzug, bis sie ihres derzeitigen Vergnügens verdrossen sind. -*Å‹*- Er hörte sie spottend singen, den Widerhall ihrer kristallklaren, sirenenhaft lockenden Stimmen, Echi von den Baumkronen zu einem verzückenden Reigen wirbelnd. Ihre Schnelligkeit, die lautlosen Bewegungen, das Schweigen der Wälder, kein zitterndes Blatt, kein brechender Zweig, der ihre Marschrichtung verriet. Sie jagten im Rudel, kleine Gruppen spalteten sich ab, mischten sich erneut unter den Zug, eine heterogene Masse, die sich in Zielstrebigkeit auf die bescheidenen Katen zubewegte. In den riesigen Augen, mitternachtsschwarz und unmenschlich, funkelten abertausende Sterne, die der Himmel aufgegeben hatte, Schwarzen Löchern gleich, die das Universum verdauten. Silbriges Haar glänzte unwirklich seidig im Mondlicht, in verwegene Frisuren gebunden, geflochten und eingedreht. Die porzellanglatten Glieder in ihrer goldenen Perfektion schimmerten durch die Blätter hindurch, nur spärlich bedeckt von Fell, Haut, Blatt- und Blumenschmuck, mit Spinnweben verbunden. Sprudelnd zwitscherte Gelächter in die erstarrte Welt, als man der kärglichen Behausungen in gerodetem Umkreis ansichtig wurde. -*Å‹*- Sie pirschten sich zu zweit durch das Unterholz, ihre makellosen Gesichter unbewegt, in den bodenlosen Augen jedoch glühte flammengleich die Lust an der Zerstörung. Mochten die anderen das armselige Dorf attackieren, sie spürten hier, am Rande des Waldes, das fliehende Schlagen eines menschlichen Herzens. Einen stinkenden, behäbigen Leib antreibend, hässlich und grobschlächtig, schwächlich, verachtenswert. Ihre Mundwinkel zuckten in diabolischem Einverständnis mokierend. "Menschlein, Menschlein, komm hervor!" Lockten sie melodisch, himmlische Symphonie mit boshaften Kern, Spottvers auf die Angst und das Entsetzen ihres Opfers. Bald schon musste er zu riechen sein, der wertlose Mensch. Glaubte er, dem Wald zu entfliehen, bringe ihm die Rettung seines unbedeutenden Lebens? Nein, Leben, welch hoch gegriffenes Wort für derlei niedrige Existenz! Nadelspitz gefeilte Diamantsplitter funkelten messerscharf im Licht des ohnmächtig dahinziehenden Mondes, eingenäht in Lederbänder, um die schlanken, feingliedrigen Handrücken gewunden. Perfektioniert in perfider Geduld, um unzählige Wunden in schwache, ungeschützte Leiber zu reißen, nicht letal, sollte die Beute doch zunächst ausbluten, bis man sich bequemte, sie aufzulesen. Was bedeutete die Zeit ihnen?! Nichts, die Qual ihrer Opfer jedoch alles. -*Å‹*- Kristallklares Lachen umhüllte ihn wie schimmernder Nebel. Er floh panisch, machte kehrt, als sich im Blattwerk golden- und silbernes Blitzen zeigte, gehorchte den ungeschriebenen Regeln der Hatz, ließ sich treiben, locken, in Sicherheit wiegen und aufschrecken. Atemlos, rastlos, über Baumleichen und niedrigen Bewuchs springend, die bloßen Arme und Beine zerkratzt von peitschend zurückschnellenden Ästen, die schwarzen Haare zerrauft von Geäst und feuchten Händen. Sein Atem floh keuchend, die Brust hob sich fliegend, sein Herz schien bersten zu wollen, schmetterte gegen den Käfig, der die Flucht versagte. Er brach in die Knie, spuckte Blut aus, das von der Nase sein Gesicht hinunterrann, in seine Kehle geriet, wenn er um Luft rang. Kein Zweig warnte vor der Ankunft seiner Jäger. Sie wuchsen schier aus dem ungastlichen Boden, zwei ihrer Zahl, anmutige, unvergleich schöne Wesen, zartgliedrig und strahlend wie der junge Morgen, alterslos. Verehrend bestaunte er ungeachtet aller Ermahnungen die gnadenlosen Verfolger, fürchtete ihre nadelspitzen Marterinstrumente nicht, gefangen in ihrem verführenden Sirenengesang. Er kauerte noch immer, als sie näher traten, ihm umstellten, der eine vorn, der andere in seinem Rücken, sodass er aufsehen musste, wollte er ihres Anblicks nicht verlustig gehen. "Sieh an, sieh an, was findet sich hier so spät in unseren Wäldern?! Was für ein Wesen mag das wohl sein?" Glitzernd drehten sich zierliche Gehänge an den spitzen Ohren, korrespondierend mit dem Funkeln in den bodenlosen, riesigen Augen, die die schmale Nase und den weichen, winzigen Mund dominierten. "Ob es sich wohl braten lässt? Sollen wir es gesotten zu uns nehmen? Oder mundet es zu grässlich, als das man es anrühren sollte?" Der Gefährte, in Eichhörnchenpelz gekleidet und von einem Diadem mit blauem Karfunkel geschmückt, nahm geschickt den Ball auf, während ihre Knie ihr Opfer anstießen. "Sieh nur, es besudelt sich schon selbst... wir könnten die Erde mit seinem Blut tränken als Kompensation für den Diebstahl, den er jahrelang beging." "Diebstahl?" Zwitscherte der Diademgeschmückte melodisch. "Du meinst den Raubbau am Wald, an Tieren und Früchten, an der Erde und den Felsen?" "Oh ja!" Erwiderte es samtig, während goldene Fingerspitzen das Kinn des Menschen umfassten, anhoben. "Auch wir tragen Mitgefühl für unsere Mitgeschöpfe in unserem Herzen." Ein grausames Lächeln entblätterte die kleinen Reißzähne hinter den winzigen Lippen. "Wir können ihn nicht allein lassen, wo doch sein Dorf dahingeschlachtet wird." Das spottende Lachen prallte kristallin von den schweigenden Wäldern wider. -*Å‹*- Sie hatten den Menschen, der auf den Namen Scorpio hörte, mit einer langen Schlinge um die Handgelenke an einen massiven Ast gebunden, sodass dieser nun mit überstreckten Gliedern kaum mehr den Boden berührte, den Unbillen ungeschützt ausgeliefert. "Tanz, tanz, Menschlein!" Trillerte der Behängte, ließ eine geflochtete Rute beständig über den entblößten Leib Scorpios wandern, steigerte mit jeder blutigen Schramme seine Mordgier, sich an dem freipendelnden Körper ergötzend. Der eisenhaltige Geruch des Bluts ließ sie ihren Gefangenen wie Raubkatzen umschleichen, die zierlichen Lippen mit spitzer Zunge leckend, beratschlagend, wie sie sich gütlich tun wollten, galt es doch, dem Tod so lange ein Schnippchen zu schlagen, bis sie sich ausreichend vergnügt hatten. Sollte man den stinkenden, keuchenden, zitternden Mann langsam in Stücke schneiden, Hautschicht für Hautschicht absäbeln, oder sollte man ihn spicken wie eine Kastanienschale, seien es Zweige, Steinsplitter oder Baumrinde? Ameisen und Maden unter seine Haut drängen, auf dass sie sich an seinem Fleisch sättigten? Der Möglichkeiten so viele und so wenig Gelegenheit, diese zu erproben, ach, seufzten ihre hymnischen Stimmen wehklagend. Da hob der Mensch den Kopf und lächelte. Lächelte frei und ungezwungen. Holte tief Luft und lachte. Und die Wälder rauschten. -*Å‹*- Scorpio studierte die maskenhaften Gesichter, die so unmenschlich perfekt und regelmäßig anmuteten. Das blaue Brausen in den gewaltigen Augen, die zurückgezogenen Lippen, die messerscharfen Zähnchen gefletscht. Nein, wahrlich, er agierte nicht wie die Opfer, die sie kannten. Er jammerte nicht, er war noch nicht gebrochen, sei es von Todesangst oder Wahnsinn. Sein Blick aus tiefgrünen Augen galt dem Diademgeschmückten. Dieser nahm die Herausforderung an, herrisch flogen silberne Lockensträhnen auf den zarten Rücken. "Was amüsiert dich, Mensch?" Wie grob und klobig schmeckte der Menschen Sprache in seinem edlen Mund. "Ihr habt Euch nicht verändert, Ira." Wisperte Scorpio rau, die klebrigen Haare schüttelnd, während seine Zehenspitzen nach festem Stand suchten. Der Angesprochene spuckte verächtlich aus, eine sinnlose Geste, da sie seinen schönen Ausdruck nicht einen Wimpernschlag änderte. "Wen nennst du Ira, Mensch?!" Selbst das indignierte Fauchen schmiegte sich lieblich in Scorpios Gehör. "Euch. Ihr nanntet Euren Namen nicht, als wir uns trafen, so entschied ich für Euch." Sein Gegenüber lachte kaskadierend, die Mundwinkel spottend, die schwarzen Augen geweitet vor Verachtung. "Ihr erdreistet Euch, mir einen Namen zu geben?! Ein niedriges Wesen wie Ihr? Nicht den Wert eines Grashalmes?" Scorpio zuckte unter einem heimtückischen Schlag in seine Nieren. Der Behängte hatte sich entschlossen, der Gerte Lebewohl zu sagen und seine zarten Fäuste zum Einsatz zu bringen. Die gespickten Lederbänder direkt in die ungeschützte Haut bohrend. Der mit Ira betitelte grub die goldenen Finger hart in die schwarze Mähne und zog Scorpios Gesicht an sein eigenes heran. "Ihr werdet um Euren Tod winseln, Mensch." Seine Augen funkelten gierig in Vorfreude. Scorpio lächelte und wisperte verschwörerisch. "Sagt, Ira, wollt Ihr mich nicht bersten sehen?! In Stücke reißen von innen heraus? Platzen wie eine faulige, überreife Frucht?" Ihre Blicke maßen einander prüfend, dann zischte Ira einen lieblichen Hinweis an den Gefährten, der senkrechte Striemen in Scorpios Haut gerbte. "Nun denn, Mensch, Euer Unverstand wird Euch in Ebenen der Qual führen, die Ihr niemals erträumen konntet." Die sanfte Stimme summte verführerisch an Scorpios blutigen Lippen. "Wer soll Euch zuerst heimsuchen?" Die Lider auf halbe Höhe senkend, die Knie einbrechend schienen Scorpio die Kräfte zu verlassen, was triumphierendes Gelächter auslöste, dann nahm der Behängte hinter Scorpio Aufstellung. "Verzeiht, nun werde ich für Euch entscheiden." Spottete Ira bar jeden Bedauerns. Seine schlanke Hand gestikulierte das Fortfahren. Sein Gefährte nahm Maß, in körperlicher Stärke Scorpio wie jedem gewöhnlichen Sterblichen weitaus überlegen, dirigierte einen Schenkel zwischen Scorpios um Stand ringende Beine. Die goldenen Finger gruben sich mit ihren nadelspitz zugefeilten Nägel in das Muskelgewebe, teilten die magere Kehrseite, schufen Raum für einen einzigen, gleitenden Stoß, der ansatzlos in Scorpios Körper fuhr. Dieser schrie in Qual und Agonie auf, die Handgelenke blutig gescheuert in vergeblichem Versuch, die Fessel zu lockern, ihr wenigstens einige Zentimeter Verlängerung zu erschmeicheln, um sein Leid zu lindern. "Wir pflegen stets der Jagd zu dienen, Mensch! Triumphierte der Behängte, lustvoll und erbarmungslos in seiner Mordgier statt der gespickten Lederriemen nun seinen eigenen, nicht minder meuchlerischen Stachel wieder und wieder in den zuckenden Leib stoßend. Ira seinerseits umfing das in Schmerz verzerrte Gesicht, lächelte honigsüß, bot die eigene Front als Hindernis, die ein Ausweichen unmöglich machte, ihr hilfloses Opfer einkeilte. Selbst in seinem eigenen Körper vibrierte das Echo der Stöße, und er hauchte spottend. "Was nun, Mensch, seid Ihr der Sprache verlustig? Wolltet Ihr nicht bersten vor meinen Augen?" Die grünen Augen blieben ungetrübt, unleserlich, mochte auch Qual den Leib erschüttern, Schrei um Schrei der gepeinigten Kehle entfliehen. Der Mensch, ihre Beute, wollte sich nicht geschlagen geben. Den Tribut in Ehrerbietung nicht zollen. Mit einem nachsichtigen Seufzen, das einer Melodie glich, tätschelte Ira patriarchalisch die geschundene Wange. "Wie mir scheint, wollt Ihr uns trotzen. Wie unklug." Ein boshaftes Lächeln hellte seine Züge unmerklich auf. "Nein, wie menschlich." Seine Rechte umfasste Scorpios Penis, umklammerte, bewies zerstörerische Kraft, akkompagniert von diamantenharten Nägeln. Scorpio winselte, seine Lippen flehten um Erlösung und Ira lächelte sonnig. So gefiel ihm der Mensch. Erniedrigt. Eine verstandesledige Kreatur. Ihrer Schönheit ergeben. Ihrer Laune ausgeliefert. Auf Gedeih und Verderb. Wobei sie stets das letztere wählten. Er lächelte noch immer, als Scorpio seinen Kopf gewaltsam, unter knackenden Schultergelenken, nach vorne riss und ihn küsste. -*Å‹*- Es stank nach Blut. Und nach Eisen. Metall. In der Hitze des Blutes eiskalt. Auswurf aus dem Leib der Erde geraubt. Der Behängte schrie vor Entsetzen, als aus Scorpios Unterleib sich Rinnsale gen Boden schlängelten, ihn gleichsam befleckten. Er drang darauf, seinen Leib zu befreien, Abstand zu gewinnen, doch der Mensch widerstand, ballte die gequälten Muskeln und Sehnen, hielt gefangen mit aller Gewalt. So wie seine Zähne sich in Iras Lippen gruben, seine Zunge Bahn schuf für das Blut, das dessen Kehle hinunterrann, sie verklebte, dickflüssig auf alles legte, was sich im Weg befand. Pechschwarz und zäh. Quoll an den Mundwinkeln hervor, tropfte auf blanke Brustpartien, die eine zerschunden, die andere golden ausmodelliert. Ira ließ Scorpios Penis fahren, presste beide Handflächen gegen die glühende Haut des Brustkorbs, um sich loszureißen. Er roch Verderben. Nicht das des Menschen. -*Å‹*- Der Behängte floh in die Büsche. Sein panisches Fluchen klang melodiös in den Ohren Scorpios, der lächelnd in seinen Banden hing, sich ausmalte, wie der andere hektisch Blätter geliebter Bäume und Hecken abriss, um das eisenhaltige Blut von seinem Leib zu wischen, bevor der Wahnsinn ihn befiel. Der Stand des Himmels verriet, dass die Stunde der Vergeltung gekommen war. Und der schwache Mensch harrte dem Heilsbringer mit freudiger Erwartung. -*Å‹*- Ira warf sich auf die Erde, wühlte mit feingliedrigen Fingern den Boden auf, stopfte sich feuchte, schwere Krume in den Mund, um sich von der Unflat zu reinigen, die der vermaledeite Mensch ihm verehrt hatte. Nicht das Blut fürchteten sie, das Eisen nötigte ihnen Respekt ab. Konzentriert verwandelte es sie in unkontrollierbare Missgeburten, ließ sie wüten, gleich gegen wen, vergiftete sie ohne Hoffnung auf Heilung oder Erlösung. Er schrie seinem Gefährten nach, sich seines Beispiels zu bedienen, die nasse Erde zu verzehren, wenn es nicht anderweitige Hilfe gab. "Ihr tätet wohl daran, Ira, mein Blut nicht zu verschmähen. Es ist Eure einzige Gelegenheit, am Leben zu bleiben." Raunte ihm krächzend der Mensch zu. "Für diesen Frevel werdet Ihr mir büßen, in Kindern und Kindeskindern!" Schnaubte Ira außer sich, mit dem Schwindel des Eisens in seinem messerscharfen Verstand kämpfend. "Dann müsst Ihr Euch wohl an mich halten, Ira, es sei, Ihr wollt die vorangegangenen Generationen einbeziehen. Was dann Euch selbst beträfe." -*Å‹*- Sich der Aufmerksamkeit des anderen wohl bewusst sandte Scorpio in träumerischer Gelassenheit seine geborstene Stimme aus, zerbissene Lippen zu Gehorsam zu zwingen. "Es war einmal ein Mann, der auszog, seine Bestimmung zu erfüllen. Er lernte am Beispiel der Natur, wie man sich übermächtiger Feinde erledigte. Die Menschen lehrten ihn List und Tücke, um seine körperliche Unterlegenheit zu kompensieren. Geschult am grausamen Lauf der Dinge, die die Götter nicht rühren, kehrte er in seine Heimat zurück." Scorpio lächelte in die anmutig-verzerrten Züge Iras, der danach trachtete, den unangenehm kehligen Klang an seiner Quelle zu ersticken, von der Aufzählung unerwünschten Erlebnissen gepeinigt. Allein, seine Finger blieben die Gefolgschaft schuldig, lieber umklammerten sie die eigene Kehle in Qual, als dem Menschen das Genick zu brechen. "Er entzündete ein munteres Lichtlein der Hoffnung, barg es sicher hinter Glas vor tückischem Windspiel. Während sich das Bienenwachs schmelzend zerging, schlachtete er Huhn um Huhn, um ihre blutigen Leichen in winzigen Katen auszulegen. Mit ihrem schwarzen Blut Holz und Erde zu tränken, infernalischer Lockruf für seine Beute. Er lächelte unentwegt, denn sein Werk war gut gelungen. Wenn sich nun der Mond in seiner Sichel über dem Fixstern seines Schicksals neigt, wird das Windlicht auf den Boden gebrannt sein, wo sich eine körnige Spur schlängelt. Und siehe da!" Seine Stimme jubilierte heiser in unheilbringendes Knacken und Fauchen. "Eine Lohe springt über, züngelt ungehindert in Blitzes Schnelle durch die schweigenden Wälder, zieht ihren Umkreis!! Wie herrlich wird das Leuchten werden, wenn der Feuer Zunge tilgt, was sich auf der Erde Antlitz birgt!" Ira erschrak bis ins Mark seines goldenen Leibs, vergaß für einen langen Schlag seines unendlichen Herzens die Qual des Eisens in seinem Körper, wandte den Kopf umher. Die Wälder schwiegen noch immer, doch er glaubte, das Zischen und Sengen zu hören. Die winzige Flammenspur, die sich an den verkündeten Körnern gütlich tat, um in Zorn auf den Wald überzuspringen, wenn ihr Hunger durch Mangel genähert wurde. "Ihr abscheuliche Missgeburt, was habt Ihr getan?!" Sein ohnmächtiger Ärger schmeichelte hymnisch in Scorpios Ohren. "Ich gebe zurück, was gestohlen wurde. Sagtet Ihr nicht, dass Raubbau betrieben wurde an der Erde? Nun, ich vergelte die Untaten in Zins und Zinseszins." "Verflucht sollt Ihr sein!" Iras Hände ballten sich synchron zu Fäusten, die nagelspitzen Dornen ausgefahren, zu vollenden, was ihnen vorgeschwebt hatte. "Tötet mich, Ira, und Ihr werdet Euren Gefährten in den ewigen Tod folgen, doch ohne Zuflucht, zwischen den Welten gefangen." Lächelte spottend der Mensch mit den grünen Augen. "Ihr glaubt wohl, Euer banales Feuerspiel und das Eisen könnte uns auslöschen?!" Iras Mundwinkel kündeten von Verachtung über solche Einfalt, minderten aber die Lieblichkeit seiner Züge nicht. "Wir werden den Regen beschwören und Euer lässliches Tun tilgen." Scorpio legte den Kopf in den Nacken, soweit es die Fesseln erlaubten, bot die ungeschützte Kehle dar. "Seltsam, Ira, wieso höre ich Euer Volk nicht singen? Wieso ruft man den freundlichen Regen nicht? Riecht Ihr nicht schon den feurigen Tod der Wälder?" Fürwahr, gierige Flammenzungen hatten bereits Nahrung abseits ihrer ausgestreuten Spur gefunden, hetzten gierig durch die dichte Vegetation. "Möglicherweise sollte ich Euch erklären, dass mein Blut, auch das der Hühner, nicht von gewöhnlicher Beschaffenheit ist. Mittels diverser Kräuter gelang es mir unter Einsatz von Zeit und Mühe, es derartig zu präparieren, dass es Eisen wie von Zauberhand bindet, ein Vielfaches des menschlichen Leibs." Seine grünen Augen suchten die mitternachtsschwarzen, nunmehr von bläulichem Brausen okkupiert, das dem Karfunkel korrespondierte. "Spürt Ihr nicht auch, wie es Euren Leib heimsucht? Wie es sich in Euren goldenen Körper frisst? Eure Ewigkeit an menschliche Dimension fesselt?" Sein frohlockender Spott versuchte Ira, mit einer flachen Hand auf den blutigen Mund zu schlagen, um des mokierenden Gelächters Einhalt zu gebieten. Ein Baumriese im Herzen des Waldes explodierte in schweigsamen Tod, schleuderte splitternd sein Geäst in letztem Aufbäumen glühend in seine Gefährten, die ohne Fluchtmöglichkeit sein tödliches Feuer empfingen. Lautes Wehklagen und Verdammnis brandete auf unter den melodiösen Stimmen. Die goldenen Jäger mit den silbernen Haaren in ihrer unmenschlichen Schönheit haderten mit ihrem Untergang. Iras Finger gruben sich in die schwarzen Haare. "Sagt, wie halten wir es auf?! Sprecht!!" Seine diamantenharten Fingernägel trieben tiefe Kratzer in die weiche Haut des Bauches, zogen blutige Spuren. "Nimmermehr, mein schöner boshafter Vater, nimmermehr. Ich kam, Euch zu morden, ohne Ausnahme, so wie Ihr es tatet, vor genau zwanzig Jahren." -*Å‹*- Ira studierte die grünen Augen in dem grobschlächtig-menschlichen Gesicht, an Hässlichkeit nicht zu überbieten, wusste er doch nichts von dessen Schönheit in den Augen des jüngsten Volkes. Sahen ihm nicht alle diese unwerten Wesen gleich aus, ein Zeitvertreib, den die Natur sich erdacht hatte, eine Beute, die es zu jagen galt? Zwanzig Menschenjahre.... -*Å‹*- Er jagte allein, seine Glieder brannten vor Unruhe, wollten dem Wind die Herrschaft über die Geschwindigkeit streitig machen. Sich an dem Entsetzen der Geschöpfe weiden, wenn er sich anpirschte und sie belauerte, ohne dass sie seiner ansichtig wurden, bis er direkt vor ihnen aus dem Boden wuchs. Der Ohnmacht und Paralyse ihrer Glieder, das Zerbrechen ihre winzigen Geister, wenn er spielerisch Hiebe austeilte, sie markierte als nur durch seine Laune noch lebendig. An einer der Quellen, die die Wälder speisten, belauerte er ein fremdes Wesen, ein wenig kleiner als seine eigene Gestalt, ein Mensch, der unter grässlichen Geräuschen buntes, zu einem Leichentuch gefügtes Baumwollgeflecht durch das Wasser trieb. Wie konnte sich diese abscheuliche Kreatur zu derlei Frevel hinreißen lassen?! Über die Quelle geboten sie in ihrer Schar, niemand sonst wagte sich ohne ihr Einverständnis auch nur auf Pfeils Länge heran!! Mit einem gewaltigen Satz preschte er hervor, grub die goldenen Finger in lange Haare, im Vergleich zu den eigenen grob und strohig anmutend, riss den Kopf des Menschen in den Nacken und stach unter triumphierenden Gelächter die Augen aus, die ihn voller Arglosigkeit in Fokus nahmen. Stopfte lose Zweige in den zum Schrei geöffneten Mund, erstickte bedauernd den Lobgesang auf seine Tat, bevor er jede Gegenwehr mit knappen Schlägen ermattete. Den Menschenleib mit fetzenden Steinsplittern entblößte und sich an ihm gütlich tat. Ja, sie sollten gewarnt sein, diese Kreaturen, wenn sie kamen in ihrer stupiden Einfalt, um ihresgleichen zu suchen, sich nicht in die Wälder zu wagen! -*Å‹*- "Meine Mutter nannte Euch den Zorn Gottes, der über uns kommen würde." Drang die unerfreulich raue Menschenstimme in Iras spitze Ohren. "Wie Unrat warft Ihr sie fort, mein Vater, verdammtet uns dazu, Ausgestoßene zu sein." Keine Anklage wehte in den einfachen Feststellungen mit. "Und es vergingen nur wenige Jahre, bis Ihr wiederkehrtet, um uns vom Angesicht der Erde zu fegen." -*Å‹*- Die Vögel waren verstummt, das wenige Vieh drängte sich ängstlich in den winzigen Katen. Die Menschen duckten die Häupter und hofften, diese ewige Nacht mochte vorüberziehen, ohne ihre Drohung zu bewahrheiten. Schwer lag Schicksal in der kalten Nachtluft. Hell loderten die Feuer in den geschichteten Kaminen, drang schwärzlicher Qualm beißend in Nase und Mund. Wachsam, Knüppel und Feldgerät schwingend, warteten stumm die Männer, Kind und Kegel eng aneinander geschmiegt bei ihren Müttern und Großmüttern. In der Welt des Kleinen Volkes währte die Zeit kurz, die der überdeutlichen Mahnung gefolgt war, in den knappen Lebensspannen der Menschen streckte sie sich auf sieben Jahre. Ein wenig länger, als ein Knabe mit grünen Augen, fahler Haut und schwarzem Haar an Sommern zählte. Das Schweigen der Wälder hüllte sie in ein Leichentuch. Stunde um Stunde verging, kein Feuer erlosch, noch immer prangten die Sterne, war der Morgen weit. Dann drang der sanfte, lockende Gesang in ihre Ohren. Schreien und Wehklagen erhob sich, man stopfte Wachs, flocht eilends Bänder, allein, es hinderte den Sirenengesang nicht. Sie kreisten spottend, lachend um die winzige Ansiedlung, die gerodete Lichtung. Blitzend, schemenhaft huschten sie golden zwischen schattenhaften Gewächsen. Dann flogen die winzigen, nadelspitzen Pfeile wie Wolken tödlichen Regens auf die Verteidiger. -*Å‹*- In den lodernden Feuern brannten Körper lichterloh, Fett spritzte aus verkohltem Fleisch, hieß die Flammen tanzen, jubilierend untermalt vom Triumphgesang des Kleinen Volkes. Sie opferten der Erde ihre reichliche Beute, tränkten den Boden mit Blut, bis kein grüner Halm mehr verblieb, trieben die Panischen umher, bis sie des Vergnügens überdrüssig, durch Pfeilschüsse in Kniekehlen und Fersen zu Fall brachten, was noch fliehen konnte. Allerlei Schabernack und Tändeleien versüßten ihre Nacht. Wie herrlich ließ sich ungestört marodieren! Wie dummes Vieh die Menschen abschlachten, ihre verzückten Mienen bis in den quälend langsamen Tod nicht begreifend, warum die perfekte Schönheit ihrer Jäger diese Greueltaten inszenierte. Blutzoll zu entrichten reichte nicht, die Frevel an ihrem geliebten Wald zu büßen. Nein, die Herrschaft des Kleinen Volkes anzutasten, dies musste ein für allemal gesühnt werden, und was konnte gründlicher sein als die Auslöschung dieser unwerten Kreaturen? -*Å‹*- Er zog durch die Wälder, vom Gestank des Eisens benebelt, die Beine summend unter dem Eindruck des Reigens, den sie gewoben hatten um die nutzlosen Feuerstellen, die Kehle aufgeraut durch den Siegesgesang. Noch immer vernahm er das winzige Flattern eines Herzens, nicht schnell genug für ein kleines Tier, nicht langsam, um zu einem der verendenden Kadaver zugehörig zu sein, die ihre wilde Hatz in den Wäldern verstreut hatten. "Ich finde dich, jage dich, zerreiße dich, mit meinen Zähnen, meinen Fingern, meinem Blick!" Summte er eine beliebte Melodie, verschwendete keinen Gedanken, dass man ihn hören konnte. Niemand entkam ihnen. Das Geräusch des schlagenden Herzens verstärkte sich, und er lächelte zähneblitzend. Nicht umsonst nannte man ihn den besten der Fährtensucher! Der selbst dem Eisen ein ausreichendes Maß an Verstand ertrotzen konnte. Eine Spur stinkender Menschenleiber wies ihm den Weg. Die Schädel gespalten mit Steinen, geknackt wie Nüsse, lagerten sie nun nutzlos und kläglich im Unterholz. Mit verächtlichem Schnauben drehte er mit der Fußspitze einen Niedergestreckten herum, bärtiges Gestrüpp und alterstrübe Augen, ausnehmend hässlich in den Augen des Jägers. Verborgen darunter kam ein kleiner Mensch zum Vorschein, nicht so winzig, dass es Vergnügen bereitete, es an den unteren Enden zu fassen und in einer eleganten Umdrehung gegen einen Felsen zu schmettern, aber feingliedrig genug. Von Schmutz und Blut besudelt, allein die großen, grünen Augen empfingen ihn geweitet, fokussierten sich auf den Karfunkel in seinem Diadem. Die Miene, so abstoßend wie der Menschen übriges Erscheinungsbild, zeigte keinerlei Anzeichen der gewohnten Verzückung. Dennoch streckten sich ihm gierige Hände entgegen, als erwartete dieses hässliche Menschenjunge, man möge es ganz selbstverständlich versorgen. Nicht einmal gefallenen Vogeljungen erwiesen die Wälder diese Gnade, und so ohrfeigte der Jäger die kleine Kreatur mit Genuss. Packte sie im zerbrechlichen Nacken, einen Augenblick erwägend, sie über das Knie zu zerbrechen und zu betrachten, wie das Licht in den grünen Augen langsam erlosch. Zu prüfen, ob er gründlich genug vorgegangen war, dass die obere Hälfte nicht mehr verspürte, wenn er Glied um Glied die Zehen abtrennte, bevor er der Erde sein Opfer entrichtete. Allerdings, die Nacht währte noch lang, das Vergnügen sollte sich auszahlen! Und so warf er sich das stinkende Ding über eine Schulter und verschwand im Unterholz. -*Å‹*- Ohne Zögern schleuderte er die kleine, schwächliche Kreatur in den tiefsten Bereich des Quellteichs, entledigte sich seines Bogens und des Köchers, tauchte in das klare Wasser ein, um die Spuren des Transports zu entfernen, den widerlichen Geruch von Eisen und Schmutz zu tilgen. Das Ding tauchte auf, versank erneut, ohne dass der Jäger die Notwendigkeit des Eingreifens sah. Aller Erfahrung nach traten die Dinge zweimal an die Oberfläche, bevor sie endgültig untergingen und Tage später um ein Vielfaches ihrer Masse aufgebläht das Wasser verseuchten. So angelte er mit spitzgefeilten Nägeln das keuchende Wesen an den Haaren heraus, als sich seine Erwartung erfüllte, schleuderte es achtlos an das seichte Ufer, um sich ausgiebig der eigenen Körperpflege zu widmen. Mochte es krepieren, nun, einerlei. Als er dem kaum getrübten Quellteich entstieg, die silbernen Haare um seine anmutige, biegsame Gestalt flutend, bemerkte er, dass das triefende Ding ihn betrachtete. Verfügte nicht einmal über ausreichend Verstand, den Blick zu senken, wenn der Schnitter höchstselbst seinen Pfad kreuzte, törichte Kreatur! Bogen und Köcher auflesend pflückte er das Menschenjunge an den nassen Haaren vom Boden, schleifte es ausreichend schnell hinter sich durch das Dickicht, dass die kurzen Beine nicht Schritt zu halten vermochten. Kein Laut entrang sich, kein Klagen, kein Ruf. Er bedauerte das Ausbleiben dieses Lobgesangs in seinen spitzen Ohren. Bald schon erreichte er sein Ziel, einen wahrhaftigen Baumriesen, umschlungen von dichtem Bewuchs, Heimat diverser Ranken, den Himmel stürmend, den Unbillen der Witterung und Zeit trotzend. Seine Zähne trennten mühelos einige sehnige Halme ab, mit denen er die mageren Handgelenke des Menschen aneinander fesselte, dann die schwachen Knöchel an den jeweiligen Oberschenkel, sich ohne viel Federlesens die kurzen Arme über den Kopf streifte und mit seiner Beute in fabulöser Geschwindigkeit der Baumkrone entgegeneilte. Das Menschending, nur von den Fesseln an den Handgelenken vor dem Absturz bewahrt, suchte zitternd, die gebundenen Beine um die Körpermitte des Jägers zu winden. Die spitzen Knie hervorstechend und von der steinernen Rinde des Baumriesen bis auf die Knochenscheibe blutig gekratzt. Den Jäger kümmerte dies wenig, er erreichte ein behagliches Nest unterhalb der Baumkrone, verkreuztes Geäst, von verschlungenen Ranken gesichert, auf stabilem Astgrund balancierend. Mit diabolischem Vergnügen entledigte er sich seines Ballastes, hieß das Menschenjunge auf dem gewaltigen Zweig pendelnd Halt suchen, die dürren Schenkel in die alte Rinde bohrend, die nutzlosen Fingernägel festkrallend. Lehnte sich gemütlich an den Stamm, die Arme im Nacken verkreuzt, gegen die Kälte der Nacht durch die eigenen silbernen Haarfluten geschützt. Während er in possierlichem Amüsement beobachtete, wie das Ding verzweifelt die letzten Kraftreservern aktivierte, um den drohenden Fall zu verhindern, allein, die körperliche Schwäche arbeitete dem Tod zu. Bevor der ungleiche Kampf sich entschied, sicherte der Jäger mit einem gewaltsamen Griff in die schwarzen Haare den Verbleib der Kreatur. Kehrte sie auf den knochigen, von Rutenschlägen verschorften Rücken, um mit nadelspitzen Fingern den nackten Leib zu markieren, das dünne Blut zu verkosten, das er aus den frischen Wunden zog. Wie eine berauschende Blumenzwiebel geheimnisvoller Natur dräute sich in seinem Verstand der Eisengehalt zu einer verdichtenden Wolke. Ließ ihn mordgierig die diamantenen Zähne blecken, sich nach einem Zeitvertreib sehnend, der seiner Laune Rechnung trug. Wollte den grünen Zauber aus den großen Augen zerren, in Schmutz und Qual zerreiben, sich weiden an der Agonie, die die Augäpfel rötlich färben würde. Den stummen Mund zum Schreien regen, die nutzlosen, lückigen Zahnreihen in hilfloser Pein aufeinander reiben hören. Sich selbst Genuss verschaffen, Triumph bis in das Mark auskosten. So war es ein Leichtes, die gebundenen Beine auseinander zu drängen und die kleine Kreatur zu erobern. Der erste Schrei, den sein Vorstoß entlockte, trug seinen Namen, wie ihm auch in diesem Moment der Verzückung unbekannt. "Iraaaaaaaaaaa." -*Å‹*- Ja, er erinnerte sich. An diese Nacht, an das Junge, das nicht sterben wollte, die grünen Augen nicht schloss, sich die Kehle blutig schrie, ohne dass Erlösung ihm Hoffnung gab. Die kleinen Glieder, die mit der Gewalt, die ihnen Pein zufügte, sich erhitzten, gefügig wurden, den Gestank des schwachen Blutes, das aus unterschiedlichen Körperöffnungen sickerte, die Fesseln nässte. Der sich stets wiederholende Klagelaut, denn das Ding nicht müde wurde, über die zerbissenen Lippen zu stoßen. Sein Triumph verlor sich in dem Maße, indem ihm aufging, dass es nicht gelingen mochte, diesen Willen zu brechen, er sich genötigt sah, dieser sinnlosen Tapferkeit Tribut zu zollen. Als der Morgen die ersten Strahlen in die Baumkrone schmuggelte, legte der Jäger den zuckenden Leib in dem zerstörten Nest ab. Sein Vergnügen war vergangen wie die berauschende Droge des Eisens, das Blut getrocknet, die Glieder geschwollen, wo sich die trocknenden Fesseln quälend in die geschundene Haut gruben. Ohne Abschiedsblick begab er sich zum Abstieg. Mochte das stinkende Ding sich in den Abgrund stürzen im Delirium. Vielleicht gelänge es ihm sogar, die Bande zu zerreiben oder zerbeißen... niemals jedoch würde es die Höhe des Baumes sicher überwinden können. So, oder so, ein Blutopfer, das dem mächtigen Baumriesen würdig war. Er befestigte einen winzigen Beutel aus Eichhörnchenfell im niedrigen Geflecht am Fuße des Baums. Selbstredend würde die Kreatur nicht darin reüssieren, auf sich gestellt lange genug zu überleben, um aus der Kraft der Samen und getrockneten Gräser ausreichend Nahrung zu schöpfen. Mit einem Lächeln intonierte der Jäger ein spottendes Lied. Und die Wälder schwiegen dazu. -*Å‹*- Ohne Scorpio aus den Augen zu lassen, den meuchelnden Geruch von brennendem Wald in der Nase, zerfetzte Ira hastig die Habseligkeiten, die sie achtlos beiseite geschleudert haben. Menschen verfügten über nichts von Nutzwert. Er fand den Beutel aus Eichhörnchenfell. Fluchte Verdammnis und Verwünschung, in Scorpios Ohren eine liebliche Melodie, die ihm ein sanftes Lachen entlockte. "Ihr seht, ich sprach die Wahrheit." Ira schnellte hoch, beide filigranen Hände um Scorpios Hals legend, bereit, die nadelspitz gefeilten Daumennägel in die weiche Haut der Kehle zu bohren. "Nur zu, Vater, tut es! Und folgt Euren Gefährten in den Tod." Der Wind frischte auf, fachte den Flächenbrand an, der die alten Bäume explodierend verzehrte, sich rasend in seiner Gier ausbreitete, eine gewaltige Walze ohne Gnade. Begleitet vom Todesgeschrei der Jäger, die nicht nur der Beute entsagen mussten, sondern ihre Existenz verloren. "Mit jedem Riesen, der fällt, erlöscht einer von Euch, Ira. Ich habe genug Brandspuren ausgestreut, um den gesamten Wald in Asche zu legen." Die grünen Augen leuchteten in seligem Frieden. "Hört Ihr sie singen, Eure Kameraden? Wie schön, wie ihre Leiber wohl brennen mögen? So alterslos, wie trockenes Laub im Herbst? Oder stinkend und spritzend wie die niedrigen Kreaturen, die mit ihnen den Tod teilen?" Scorpio tupfte sich mit der Zungenspitze über die verheerten Lippen. " Wird Eure goldene Haut sich in Falten kräuseln? Schrumpft sie ein? Euer silbernes Haar, knistert es wie Reisig, wenn die Flammen ihren Weg suchen? Was bleibt wohl von Euch?" Ira knurrte in ohnmächtiger Verzweiflung. "Ihr werdet nicht davonkommen!" Drohte er zähnefletschend, die groben Laute kaum mehr hervorwürgend, raubten ihm Todesgeschrei und das lautlose Sterben des Waldes beinahe die Sinne. "Wie könnt Ihr so sicher sein, mein Vater? Habe ich nicht einen Schößling Eures Lebensbaums gehegt und gepflegt, sodass Ihr auf ewig verdammt seid, wenn Ihr in dem Flächenbrand Euren Leib einbüßt?" Der Mensch lachte nachsichtig, schloss die grünen Augen erschöpft. Augenblicke vergingen, in denen sich ihnen das Feuer glutschießend näherte, dann trennte der Jäger eilends die Fesseln durch, umklammerte den kraftlosen Leib des Menschen und zerrte diesen an den Rand des Waldes. Wie dieser verkündet hatte, lauerte dort eine weitere trügerisch harmlose Spur körnigen Gehalts. Nicht alle Geschwindigkeit gereichte seinen Gefährten zur Rettung, wenn sich auch diese entzündete! Was half die Flucht, wenn die Wälder niederbrannten? Mit knirschenden Zähnen sich überwindend trat der Jäger auf die freie Fläche hinaus, aus dem Schutz der Wälder. Nahm Tempo auf, lief in ausgreifenden Schritten, bis er ausreichend Entfernung zwischen sich und das blutrote Flammeninferno gebracht hatte. Legte den geschundenen Leib auf die nackte, kahle Krume ab, kauerte sich, der Weite ausgesetzt, zusammen, um den qualvollen Tod bei seinem Treiben zu beobachten. Scorpio rang sich mühsam in eine sitzende Position. In seinen Ohren mischten sich der Triumph der lodernden Flammen vor dem schwarzen Himmel mit dem hymnischen Jubilieren der Todesschreie. Er gewahrte den Jäger neben sich, Ira, den Vater des Zorns, das fremdartige, schöne Wesen mit dem Karfunkel im Diadem, das der Mutter das Augenlicht und die Seele raubte. Nun von blässlichen Tränen benetzt, zitternd und allein. Der letzte seiner Art, das Leben nur von einem zerbrechlichen Schößling gewahrt, dessen Aufenthalt er nicht kannte. Zum Verrat an seinem Volk gezwungen, wollte er nicht ruhelos als Geist umherstreifen, zwischen allen Welten verloren. Scorpio lehnte sich hinüber, verzeichnete mit Genugtuung das Zusammenzucken der verkrümmten Gestalt, die durch den Fluch seines schwarzen Blutes mit ihm altern würde. Presste die versehrten Lippen auf eine goldene Wange. "Ich bin der einzige, der Euch zur Gesellschaft bleibt, Ira. Glaubt nicht, Ihr könntet ein Volk von Bastarden zeugen, wie ich einer bin. Die Menschen haben gelernt, das Kleine Volk zu fürchten, und sie töten lieber bei Geburt, was ihnen gefährlich erscheint." Der letzte Jäger wandte den Kopf, betrachtete den Widerschein des Feuers in den grünen Augen. "Wie ist dein Name?" Erkundigte er sich leise, denn er begriff in diesem Augenblick, dass er nie mehr die Sprache seines Volkes sprechen würde. Dass niemals mehr ein Echo auf seine Gedanken folgte, dass der Wald niemals mehr schweigen würde. "Scorpio." Lächelte der schwarzhaarige Mann sanftmütig, legte die geschundenen, verdrehten Arme ungelenk um den goldenen Leib. Fing diesen ein wie eine Kreatur,die man zu zähmen und zu halten beabsichtigte, sich an ihrer Pein über den Verlust der Freiheit ergötzte. "Wie das Tier, das selbst die Götter zu Fall bringt und in den Sternen wohnt." -*Å‹*- ENDE -*Å‹*- Vielen Dank fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Der zweite Beitrag zum Bishounencastle, dieses Mal für eine versteckte Sektion im VIP-Bereich, >Devil's Own<, geschaffen für wahrhaftige Schurken ^_^ Wie gewohnt referiert diese Geschichte zu einer schier unerträglichen Begeisterung für die ach so niedlichen Elfen. Nicht mal Tinkerbell war nur niedlich *grumpf* Nun, die Warnungen sollten hier nicht außer Acht gelassen werden, denn es ist eine wirklich böse, böse Geschichte über Schurken und Helden zugleich, wobei nur die Perspektive den Unterschied macht. Die Anspielung der Namen ist dem Lateinischen entnommen, in den Mythen war dem Skorpion im Übrigen in fast allen antiken Kulturen eine besondere Bedeutung zugeschrieben, starben doch durch seinen Stich selbst Götter.