Titel: Carnevale Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: http://www.livejournal.com/users/kimerascall/ Original Elemente-Challenge von Ydel-chan (siehe Informationen), Teil 1 FSK: ab 12 Kategorie: Phantastik Erstellt: 03.02.2002 @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ @æ@ Carnevale Eine blasse Sonne quält sich durch den fahlen Winterhimmel, als ich meinen Streifzug aufnehme, die Bauta in ihrem strahlenden Weiß befestige, den schweren Kapuzenmantel aus schwarzem Damast umwerfe. Die halbhohen, geschnürten Lederstiefel, blank gewienert, benetzen sich in der morgendlichen Eiseskälte mit dem Niederschlag verlorenen Taus. Mein Atem kondensiert in der schwefelgetränkten Luft, Abertausende Pechfackeln und Öllaternen tauchen wie Irrlichter in der Nebelsuppe auf. Die Kanäle sind ungeachtet der Morgenstunde bevölkert, Gondel drängt sich an ihren Nachbarn, doch man erfreut sich gehobener Stimmung. Scherzworte fliegen, der verdünnte Rotwein, mit Gewürzen und Honig auf das Köstlichste angereichert, verschwägert manch zerstrittene Gesellschaft in lustigem Gesang. Schattengleich wechsele ich die Ponti, Campi und Calli, jede Gasse, auch das verwinkelste Hinterhöfchen meiner geliebten Lagunenstadt, ist mir so vertraut wie meine eigene Rocktasche. Mit der sich sprudelnden und verquirlenden Masse lasse ich mich treiben, studiere geisterhaft im Vorbeiflug ihre Masken, ihre prachtvollen Festgewänder. Ergieße mich in ihrer sanften Gewalt auf den Campi vor dem Palazzo Ducale, wo der Doge auch in diesem Jahr zur Belustigung seiner Bürger die Aufführung verschiedener Komödiantentruppen gestattet. Die beliebte Commedia dell'Arte verbindet Jung und Alt, reich und arm. Auf der einfachen Bühne tummelt sich in seiner typischen Maske und Gewandung Arlechino in seinem Flickengewand, hintergeht den Dottore, der mit seinem ältlichen Freund Pantalone disputiert. Und zum Ergötzen entlockt dem Publikum das unvermeidliche Liebespaar mit ausschweifendem Geturtel Beifallsbekundungen. Gaffend und kommentierend staunen sie, ein wahres Paradies für mich, der ich lautlos, ungehindert durch ihre Reihen wandele, sie studiere, ihre Kostüme anerkennend belobige mit einem leichten Kopfnicken. Ihre Masken in höchster Kunstfertigkeit in mich aufnehme wie ein Panoptikum des wahren Himmels. Alterslos, in Schönheit erstarrt, vom Fluss der Generationen ausgenommen. Mein beschwingter Schritt nähert sich dem Canal Grande, Puls meiner geliebten Stadt, der "Schönen", unvergleichlich im ganzen Mittelmeer, nebelverhangen, eine Fata Morgana dem Reisenden, die Utopie eines Sehnsüchtigen. Mein Fiebertraum und Schicksal. Die Sonne flackert durch die Wasserschleier. Sanft schlagen die sich kräuselnden Wellen im Herzschlag der Serenissima gegen Kaimauern und Pfähle, dumpf klingt das Rufen der Gondolieri, schwer drängt sich Verheißung auf die Gemüter. Der letzte Tag des Carnevale ist angebrochen. Ausgehungert tummeln sich die Menschen auf den Piazzi, überschwänglich tönt mancher Scherz, zu jovial das Lachen. Die Augen hinter den Masken und schwarzen Schleiern der Damen glühen in Verzehrung, endlich wieder an das Licht, an das Leben drängen zu dürfen. Die Zeit der Prüfungen steht jedoch noch bevor. Ein munterer Reigen in fabelhaften Kostümen tanzt ausgelassen durch die Calli, eine unendliche Schlange bunter Mosaiksteinchen, ohne Rücksicht treibt man sich zu immer tollkühneren Figuren und Kapriolen. Rasch gliedere ich mich ein, gefesselt von einer Erscheinung, die mein winterkaltes Herz erwachen lässt. Wenige Schritte vor mir dreht sie sich, ihrer Schönheit bewusst, in glühenden Farben, wie sie nur ein wahrer Adonis zu tragen wagt. Ein Kostüm aus Flammen, grell und glimmend. Die schulterlangen, rotbraunen Locken gleichen einem dunklen Kometenschweif. Eine Halbmaske mit spitzem Schnabel, überlange Federn, sein Gesicht nur eine Ahnung von Verführung mit lockendem Mund. Gebannt lasse ich mich anziehen von diesem Phönix in anmutigem Tanz, seinem kaskadenhaft glitzernden Tenorlachen, den perlenweißen Zähnen, die verschwenderisch ihr einzigartiges Lächeln verschenken. Wie ein Funke entzündet allein seine Präsenz die klamme Winterluft, durchdringt den feinen Wasserschleier, brennt sich in meinen Kopf. Mein altersträges, ewiges Blut in seiner schlackenhaften Konsistenz beschleunigt sich, ich spüre den Hunger des Jägers in mir, der sich aufmachte, die Sonnenscheibe vom Himmel zu holen, sie in die finsterste Nacht zu entführen. Hände, Handschuhe, Schleier... sie streifen mich ohne Berührung, ich gleite durch die sich ballende Masse der schwitzenden, sich von Eifer rötenden Leiber, unbeeindruckt, suche seinen Blick hinter der Vogelmaske. Sein wohlfeiles Lächeln vertieft sich in einem kleinen Zucken der Mundwinkel, die schlanken Finger, mit einem schweren Siegelring belastet, streicheln spielerisch über das lederne Wams unter meinem Kapuzenmantel. Er wirft ein Scherzwort wie einen Spielball in die erhitzte Atmosphäre, nicht an mich gerichtet und dennoch für meine Ohren bestimmt. Mit dem Übermut der Jugend dient seine Unsterblichkeit als Unterpfand, ist er doch zuversichtlich, mit dem Bußgang am nächsten Morgen unter dem Aschenkreuz Zuflucht zu finden. Ich lächele in seine Haselnussaugen, folge stumm, wie es dem verschmähten Verehrer gebührt, seiner tänzelnden Flammenspur, der Glorie seines Lebenshungers durch die Gassen. Finde mich endlich in einem Palazzo wieder, prachtvoll illuminiert in unzähligen Kronleuchtern, Lüstern und tropfenden Pechfackeln, in dem dumpf-betäubenden Nebel-Allerlei eine einsame Perle auf der endlosen Sandbank des Luftmeers. Einlass zu finden, nötigt mir keinerlei Anstrengung ab, die Bauta in Verbindung mit der kostspieligen, wenn auch streng gehaltenen Aufmachung, die mein Wesen umfängt, hält unerwünschte Neugier fern. Musik trumpft auf, wilde Weisen, fordert die sich mischende Menschenmenge, zwischen den Säulen, in Alkoven und unter dem Kristallleuchter des Saals, einander die Hand zum Tanz zu reichen. Die Mundschenke atmen schwer unter der Last, den gewürzten Wein zu kredenzen. Man spricht der Erquickung ebenso fiebrig zu, wie man in ausgelassenem Reigen der eigenen Sterblichkeit zu entkommen sucht. Ich finde meinen Phönix, meine Lebensflamme, meinen verzehrenden Jungbrunnen inmitten eines Kreises wohlgestalteter Jünglinge, die einander zu übertrumpfen begehren in kunstfertigen Kapriolen. Abenddämmerung dunkelt die bunten Glasfenster der hohen Galerien, schwere Vorhänge bannen den drohenden Vorboten der Nacht. Enger ziehen sich die Kreise, fiebriger dreht sich der Reigen, wein- und konfektgeschwängerte Herausforderungen duellieren sich in der stickigen Luft. Feuchtkalt dräut der aufsteigende Nebel dampfend gegen das wild schlagende Herz der Serenissima, zwingt mit klammen Griff einen fliehenden Pulsschlag in das unbekümmerte Treiben. Wie ein Zauber legt sich ungezügeltes Verlangen über die Eingeschlossenen, rinnt doch die kostbare Zeit durch die Finger, erscheint jeder Wimpernschlag eine unwiederbringliche Verschwendung. Die Damen entziehen sich der gestrengen Aufsicht der Familie, man lockt mit flammendem Blick, streift verheißend die zum Tanz gereichten Fingerspitzen der Galane, signalisiert mit Fächerschlag die Grenze der Balz. Auch mein Phönix erobert die Gunst einer glutäugigen Tochter der Lagune, schmiegt sich vertraulich an ihren Busen in vorhangverborgener Tiefe einer Nische. Ich trete unbeachtet auf die Galerie, suche den Balkon, lasse komprimierte Hitze und Getöse hinter mir, forsche nach den ewigen Sternen im Nachthimmel. Doch dicht wie ein Leichentuch hindert mich das eisige Nebelband, knebelt kondensierend mein wohlig temperiertes Gemüt. Durch die verwinkelten Kanäle und Höfe dringt verzerrter Gesang, irrlichtert der trübe Schein von Fackelträgern. Doch ich höre nur das ruhige Wellenkräuseln, spüre mit geschlossenen Augen die sanfte Betäubung des verwunschenen Wassers. Träge und ungehindert mischt es sich mit meinem Blut. Oh, meine Kostbare, meine Schöne! Einzigartig, unvergleichlich, Licht meiner Ewigkeit, Heim meiner Präsenz! Meine Perle, unendlich geliebte Göttin! Eine dezente Brise trocknet die klaren Perlen, streichelt sich zwischen Bauta und meine fahle Haut. Wie zärtlich du meine Hingabe belohnst, meine Verehrung huldvoll erwiderst! Könnte ich anders handeln, als deinem Willen genüge zu tun?! Ich kehre mich traumwandelnd um, mit einem Seufzer auf den winterblassen Lippen dem Saal zuzustreben. Ein Lakai reicht mir mit erglühten Wangen einen zerbrechlich anmutig geblasenen Kelch. Dunkelrot und mächtig wie Blut kreist der gewürzte Wein, den brennenden, betörenden Sommer in seinem Aroma, eine Erinnerung an wilden Honig und duftende Kräuter beschwörend. Zielstrebig erkundet er meine ausgedörrte Kehle, entzündet seinen magischen Feldzug in meinem Unterleib, trübt mein schlackeschweres Blut, infiziert unerbittlich jede winzige Vene, die sich labyrinthisch durch meinen Körper ziehen, vergleichbar meiner verehrten Göttin. In geborgtem Lebensfeuer suche ich den Phönix. Untrüglich geleitet mich seine gleißend helle Aura zu seinem Lager, wo er selbst, ermattet von der Liebesglut, einem erschöpften Schlaf frönt. Ich versichere mich seiner ungeteilten Aufmerksamkeit, indem ich die lärmende Menge mitsamt ihrem lüsternen Blick durch Vorhänge ausschließe, dann meinen Platz an seiner Seite suche. Der Maske verlustig, das Feuerkleid zur Hälfte entledigt, ruht er in beperlter Schönheit alabastergleich, die Locken gelöst wie Engelshaar über die anmutig gerundeten Schultern gebreitet. Sanfte Röte färbt seine Wangen versuchend, entlockt meinem weingeschwängerten Herzen einen anbetenden Seufzer. Behutsam streichen meine satinbedeckten Fingerspitzen in den mitternachtsfarbenen Handschuhen seine Brust, lösen mit wachsender Sicherheit die kunstvollen Verschnürungen, die das verboten dunkelrote Hemd zusammenhalten. Es ist ein Leichtes, den dünnen Stoff zu falten, in knappen Bewegungen über seinen Leib zu streifen, die schlaftrunkenen Glieder zu biegen, endlich in atemraubender Anspannung für Wimpernschläge sein Gesicht zu verlieren, als ich das Hemd über das gelockte Haupt hebe. Ein sanfter Seufzer wohligen Genusses streift mich, sein Kopf ruht auf den Paradekissen, die rotbraune Wellenflut verteilt sich malerisch über Brust und angewinkelte Arme, ein Halo aus Flammenzungen. Die durchscheinenden Lider heben sich träge, haselnussbraun entbieten lebenshungrige Augen verzehrenden Gruß. Wie eine Lohe erglühen seine Augensterne, als ich mich über seine Hüften schwinge, den schweren Damast fliegen lasse, eine erstickende Nacht ausbreite über seinem aus Milch und Feuer gegossenen Leib. Seine feingezogenen Augenbrauen heben sich amüsiert, seine Unschuld ist wagemutig im Angesicht meiner unheimlichen Erscheinung, vertraut auf ihren Glorienschein. Von Kapuze und Bauta verborgen bin ich ihm nur ein Nachtmahr, vergänglicher Schemen in wilder Nacht, mit dem ersten, erlösenden Glockenschlag des nächsten Tagesanbruchs verflogen. Meine Fingerspitzen tanzen über seine Brust, zeichnen die Linien von sehnigem Muskelspiel, rosige Lustknospen umspielend. Der Phönix teilt seine Lippen, die Zungenspitze zuckt verheißend über die sich dunkelnde Haut. Haselnussbraun lodert sein Blick, kastanienflammend gleiten die sanften Wellen über die glühende Hand, durchdringen mich, entzünden die träge fließende Lava meines alten Blutes. Meine Fingerspitzen, versengt durch den glänzenden Stoff, nesteln zügellos am ledernen Hosenbeutel, erkunden die straff gespannten Muskeln seiner anmutig geformten Oberschenkel. Was für ein Bild wir wohl bieten mögen? Seine flammende Schönheit wie ein Leuchtzeichen, darüber eine Krähe der Mitternacht, wie ein Aasfresser begierig auf die Möglichkeit, sich an dem gütlich zu tun, was niemals sein werden kann. Ich nähere mich seinem entblößten Torso, sauge seinen süßlich-heißen Atem tief in meine Lungen, Lebenselexier, das meinen Herzschlag fliehen lässt. Seine Augen verfolgen mich triumphierend, streifen die Schläfrigkeit von sich, erkunden interessiert meine Silhouette, offenkundig ein Indiz suchend, das ihm meine Identität verraten mag. Bevor eine unziemliche Frage wohlgemeint seinen köstlichen Lippen entweichen kann, nehme ich ihn in meinen Körper auf, lasse einen Atemzug lang meine Gestalt gefrieren. Umschmeichle dann pulsierend die Feuerzunge, die ich meinem vereinsamten Winterleib gewähre, begleite zärtlich seine Bewegungen. Mein Phönix lacht leise, perlend, aufgeraut zugleich, räkelt sich in katzenhafter Anmut, verführend mit jeder winzigen Geste. Mühelos durchdringt sein lichterloh verbrennender Leib meinen ewigen Körper, siegesgewiss schenkt er den Umständen unserer heiligen Verbindung keinerlei Gedanken. Seine Finger tasten nach meinen Hüften, der Körpermitte, was ich zu verhindern weiß, ihm einen Vorgeschmack meiner wahren Macht gebe. Mächtig schwillt der Strom an, umkreist die glühende Fackel in ihrer Mitte, bedrängt ihren Flammenschein, tost, wirbelt, sprudelt. Widerstand zu leisten, geduldig zu formen ist meine Berufung, Leben zu geben und zu nehmen... ach, mein apollonischer Jüngling! Wird es dir gegeben sein zu erkennen, wer deine Schönheit in Ewigkeit wandelt? Eine Spur von Besorgnis zeichnet seine Stirn, der reißende Fluss meiner Begierde zehrt unersättlich an seiner strahlenden Lebensflamme. Meine Finger streichen seine glühenden Wangen, flehentlich. Bitte, mein herrlicher, prachtvoller Phönix, gib mir alles, dein Wesen, deine Seele! Erschrecken trübt seinen fiebrigen Blick, fahrig verkrallen sich seine Finger im meinem schweren Umhang, der ihn wie eine Schwinge der Mitternacht verschlingt. Seine Furcht rührt mein winterhartes Herz erneut. Seine Schönheit soll gewahrt bleiben, wie ich es ihm stumm versprach. Meine Beschaffenheit geschmeidig vergessend beuge ich mich tief hinab, umfange sanft seine Wangen, schenke ihm einen ewigen Blick in meine Augen, unmaskiert für Wimpernschläge. Und vereinige seinen Feuerodem mit meinem Mund, lasse im Kreislauf fließen, was unserer Natur innerstes Element ist. Wellenartig, mit peitschendem Kontrapunkt, setzt er sein Flammenzeichen, brandet hitzig gegen mein Verlangen an, kämpferisch sich meinem zyklischen Hunger entgegenstellend. Ich lasse ihn gewähren, halte versiegelt, was uns verbindet, seine Brandfackel in meinem Leib. Mein träger Kuss überflutet langsam seinen Widerstand. Umarme seinen Astralleib, lasse nicht entgleiten, was mir bestimmt ist, stütze ihn in meiner Unendlichkeit. Sein Wesen zuckt Haken schlagend, ungebärdig auf, brandet gegen meine machtvolle Okkupation seines Leibes. Dampfend heiß zischt mein verbrühender Leib, wenn sich die Mäander meines Wesens mit seiner weißbrennenden Lohe duellieren, unerträglich steigert sich der Druck in meiner Körpermitte. Mit jedem Stoß, den seine Lenden entsenden, mich in die Schranken zu verweisen, zehrt er seine Kräfte auf, bringt mich verheißungsvoller Ekstase nahe. Eruptiv dringt Lava kochend in dunkelroter Spur in meine Erscheinung, bäumt sich mein ungestümer Lebensspender unter mir. Wehrlos fliehen seine Lippen meinem siegelnden Kuss, als Woge um Woge haltlos sein erglühtes Haupt in den Nacken zwingt. Ich gestatte ihm, die überwältigende Lust in die dumpfe Nacht zu schreien, umwandere die Feuerzunge in meinem Leib, umschließe sie, dampfesblind, doch geduldig ihre lodernde Fackel zu ertränken. Mein Herz kocht mir, gesotten und aufquellend, drängt sich, mich zu verlassen, zu bersten, wie mein Körper seine Form aufzugeben. Mit dem wilden Sturm, der sich wirbelnd wie ein Sog um die Flamme schließt, mir ein Ende zu bereiten, jeglichen Halt zu rauben. Nicht länger imstande, die Dämme meiner Beherrschung zu besetzen, lasse ich meinem verzehrenden Verlangen die Zügel schließen. Überrolle flutartig den Jüngling, labe mich animalisch an seiner erlöschenden Flamme, seinem Alabasterkörper, der mir gefangen ausgeliefert ist. Meine alten Augen verschleiern, nebelgleich verliere ich seine köstliche Silhouette, folge dem Feuervogel in seinem Sterbetanz wie ein Schatten der Finsternis. Wie Funkenschlag brennen seine Federn in euphorischem Reigen in der Undurchdringlichkeit, doch erschöpft sich sein Flammenatem, streckt er die Flügel, senkt den Kopf, vergeht mit letztem Feueratem. Ich blinzele. Mein Phönix ruht auf den seidenen Kissen, in zerbrechlicher Schönheit unantastbar, die flatternden Lider verhüllen die Haselnussaugen, die herbstlich glühenden Lippen beben in Erwartung. Satinbespannt streiche ich fingerspitzenzärtlich lose Locken aus der beperlten Stirn, versichere erneut voller Hingabe, dass er ewig wird, der größten Ehre anteilig. Entlasse ihn aus der Gruft meines brodelnden Leibes, der begierig von gestohlener Lohe entzündet ist, umfange sanft den anmutigen Hals. Seine Hand hebt sich, zögerlich, von fliehenden Lebensgeistern schmählich meiner Gnade ausgeliefert, streift die Bauta. Schwermütig flattern die langen Wimpern, flehend ist sein Blick, nein, nicht Gnade ist sein Begehr, eine Bestätigung wünscht sein ausschlagendes Herz. Langsam streife ich Kapuze vom Haupt, löse die Larve, biete mich seinem haselnussbraunen Urteil dar, verweigere nicht länger die Offenbarung meiner Beschaffenheit. Ein melancholischer Seufzer trübt seine Lippen, um der Zierde eines nachsichtigen Lächelns zu weichen. Ich erwidere seine Liebkosung mit einer ehrerbietigen Verneigung, umfange dann behutsam seine Schultern, bette ihn an meinen ledergestählten, gefangenen Leib. Vertraue seine Finger den Schnallen über meiner Brust an, um seine Lippen mit meinem ewigen Kuss zu verschließen. Unendlich rinnt mein Wesen seine zarte Kehle hinab, mischt sein feuriges Blut mit kühlem Fluid, erkundet jedes sich verästelnde Gefäß seines Leibs. Ein leichtes Beben, dann weicht sein Geist. Von Trauer und Dankbarkeit durchweht entschlüpft mir ein gurgelndes Stöhnen, das die Wogen heftiger schlagen lässt, Gischt aufwirbelt. Doch mein schwerblütiges Herz findet seinen trägen Schlag wieder. Habe ich nicht die Ewigkeit gewonnen für meinen wunderschönen Feuervogel? In den dichten Nebel gehüllt wie ein Leichentuch verlasse ich, meinen Gefährten auf den Armen, seine Schönheit eifersüchtig unter dem schwarzen Damast verborgen, den Palazzo. Wandere, mich erschöpfend, durch die vertrauten Calli, besänftigt durch das liebkosende Locken der kräuselnden Wellen in ihrer sanften Melodie. Der erste Glockenschlag dröhnt gedämpft durch die Nebelwände, dicht gesponnen wie Baumwollflachs. Sein Echo bricht sich, andere Glocken stimmen ein, die Zeit der Buße ist gekommen. Ich aber verlasse der Menschen steinerne Festung, beschreite wenige Stufen, tauche ein in die endlosen Arme meiner geliebten Göttin, den Gefährten an meiner Seite. Berge mich in ihrem Schoß, träumerisch ihrem Lauf folgend, mein Wesen befreiend, im unendlichen Strom aufgehend. Carne vale! @æ@ ENDE @æ@ Erklärung: ~ Carneval vermutlich aus dem Lateinischen abgewandelt, etwa "Fleisch, lebe wohl"; für die Zeit vor Ostern herrscht Verzehrverbot von Fleisch. ~ Die Bauta ist die traditionelle venezianische Maske, wurde stets getragen, um das Inkognito zu wahren, nicht nur beim Karneval. Sie ist grundsätzlich weiß und ermöglicht dem Träger die Verschleierung seiner Identität, gestattet ihm aber die ungehinderte Nahrungsaufnahme. @æ@ Vielen Dank fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Ein Beitrag zu Ydels Elemente-Challenge, aus einem Wortspiel entstammend und passend zum Entstehungsdatum geschrieben. Die Heimat des Maskenspiels ist natürlich die Lagunenstadt Venedig mit ihrem sehr morbiden Charme, addierend die Erinnerung an Erzählungen, in denen sich ein geheimnisvoller Gast allegorisch unter die Menschen mischt. Den Elemente-Charakter habe ich eher subtil eingebaut, dennoch ließ man diesen Beitrag gelten, vermutlich, weil der Phoenix die Leser entflammte ^_~