Titel: Helloween Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original Helloween Tricksters-Serie (siehe Informationen), Teil 1 FSK: ab 16 Kategorie: Phantastik Ereignis: Halloween 2001 Erstellt: 26.10.2001 Disclaimer: die zitierten Songs gehören ihren Autoren. Anmerkung: entstand nach 2 Litern unkastrierter Cola, exzessivem Musikrausch und längerem Schlafentzug.... Für Kizu (may the Great Pumpkin guide your sleep ^^) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) (!_!) Helloween Kapitel 1 - Mummenschanz "Komm schon, du Langweiler!" Ioannes verzog die schmalen Lippen gepeinigt, richtete ein stummes Stoßgebet mit der Bitte um göttlichen Beistand Richtung Zimmerdecke, aber es sah nicht so aus, als sollte dieser bittere Kelch an ihm vorübergehen. Der bittere Kelch in Gestalt seines Kommilitonen Hans-Heinrich, von allen insgeheim HaHa getauft, füllte den gesamten Türrahmen aus, zwei Meter in der Höhe und diverse Zentner in der Breite. "Wirklich, ich mache mir nichts aus diesem Kinderkram, Ha...Hans-Heinrich." Versuchte sich Ioannes in besänftigender Abwehr, hoffte, dem Hünen durch abwertendes Urteil eine Demission zu entringen. Seine persönliche Abneigung gegen eine ausgelassene Feier nach amerikanischen Vorbildern hatte nichts zu bestellen im Vergleich zu den Traummaßen 90-66-90 auf fast 1,80m Lebensgröße, modelliert wie die Venus von Milo. Der feuchte Traum von HaHa hörte auf den wohlklingenden und ambitionierten Namen Melody, strahlte in hellblondem Halo und galt als der Hauptgewinn des ersten Semesters, da sie nicht nur schön und intelligent war, sondern auch aus vermögendem Hause stammte. Leider hatte die Dame in Ioannes' Augen einen winzigen Makel: sie akzeptierte keinerlei Absage. Diese unerfreuliche Tatsache hatte er zur Kenntnis nehmen müssen, als das durchaus schmeichelhafte Interesse, das sie an seiner schmalen und ihm ungelenk erscheinenden Gestalt gefunden hatte, nicht auf Gegenliebe bei ihm stieß. Es verhielt sich nicht dergestalt, dass er sie nicht sympathisch, als angenehme Gesellschaft verstand, aber ihre Erwartungen waren weitaus intimer und besitzergreifender, als ihm behagte. Wo Charme und Logik (auch diesen Aspekt hatte sie nicht ausgespart) versagten, blieb Hartnäckigkeit. Sie hatte ihn zu ihrem Prinzgemahl erwählt, weil er über einen scharfen Verstand verfügte, die künftige Rechtsabteilung der florierenden Firma seines Stiefvaters verkörperte und darüber hinaus noch vorzeigbar war. Weniger offen trat dazu ihre Überzeugung, dass er einfach zu lenken sei. Ioannes nahm diesen Aspekt persönlich, was unter anderem, auch wenn er sich das ungern eingestand, mit seiner privaten Biographie und derzeitigen Lebenssituation zusammenhing. Er absolvierte an dieser höchst exklusiven und kostspieligen Privatschule einen BA-Studiengang im Bereich Europäisches Recht, Schwerpunkt internationaler Wettbewerb in Sachen Einkauf. Allerdings folgte er nicht innerem Antrieb, sondern der Entscheidung seiner Mutter, die zusammen mit dem Stiefvater einen mittelständischen Betrieb mit ehrgeizigen Plänen leitete. Natürlich würde Melody zu der Halloween-Party im Wohntrakt kommen. Selbstredend würde sie seine Einladung erwarten. Noch unvermeidlicher würde HaHa ihm wie ein Schatten folgen, um dem Objekt seiner Begierde nahe zu sein. Ioannes verabscheute diese Art von zwanghaftem Geselligkeitsdrang, die aller Erfahrung nach (zumindest zweier Veranstaltungen mit ähnlicher Konstellation) in einem entwürdigen Besäufnis und in mehr oder weniger blamablen Beischlafversuchen mündete. Er verstand sich selbst als einen ausgeprägten Kopfmenschen, hielt sportliche Betätigung nur im Rahmen der Aufrechterhaltung seiner Kondition und geistigen Leistungsfähigkeit für erforderlich. Er beabsichtigte, seine Zeit qualitativ hochwertiger zu füllen, nun, hochwertiger entsprechend seiner eigenen, höchst subjektiven Maßstäbe. HaHa klebte noch immer im Türrahmen, was Ioannes für Sekunden die entsetzliche Vision bescherte, jener sei unverrückbar steckengeblieben und er selbst müsse nun bis in alle Ewigkeit diesen menschlichen Koloss in seiner Gegenwart dulden. Er setzte entschlossen auf durchdringendes Ignorieren der widrigen Umgebung, hackte mit vehementer Importanz auf die Tastatur seiner Computer-Landschaft ein. Nüchtern und schmucklos blinkte eine schwarze Maske auf, die giftig-gelben Lettern flimmerten kaum merklich, während in einem selbst gestalteten Rack verschiedene Komponenten leise summend ihren Dienst mit dezentem Blinken versahen. Es gab auch einen weiteren Grund für seine mangelnde Geselligkeit, aber den kannte nur er selbst. Ungeachtet seiner Intelligenz fiel es ihm sehr schwer, sich seinem Studienfach in der selbst verordneten Perfektion zu widmen, blieb ihm der Kern der Lehrinhalte fremd. Das spiegelte sich in der wachsenden Unlust und den nicht gerade überragenden Leistungen wider. Nun sollte eine zusätzliche Arbeit das Ergebnis aufwerten, die immensen Ausgaben rechtfertigen, die man für ihn leistete, aber es schien sich alles gegen ihn verschworen zu haben: Bücher waren ausgeliehen oder verschollen, der Großdrucker hatte einen Reißwolf-artigen Papierstau, der genau seine erste Ausarbeitung erwischte, die verzweifelte Internet-Recherche musste wegen eines Serverausfalls verschoben werden... Die Kette ließ sich nahtlos fortsetzen, es konnte immer noch schlimmer kommen. Nun sah sich Ioannes unter Termindruck, von den gesellschaftlichen Notwendigkeiten ganz zu schweigen. "Also, dann um halb Zehn in der Aula, klar? Gnade deinem Konstrukteur, wenn du nicht da bist." "Ha, ha." Echote Ioannes pflichtgemäß, aber ohne Enthusiasmus. "Wirklich geistreich." HaHa klopfte mit einer Hand, die jedem Klosettdeckel Konkurrenz machen konnte, an den Türrahmen, gab ihn frei, ebenso die gestaute Sauerstoffzufuhr. Ioannes wünschte sich in Augenblicken wie diesen, nicht überzeugter Atheist zu sein, denn man konnte wenigstens auf eine übergeordnete Instanz hoffen, ganz gleich, wie wirkungslos es sein würde. Gerade, als er sich in den bissigen Kommentar eines Briten über gewisse Ungereimtheiten in der Regelungswut der EU-Bürokraten vertieft hatte, hüstelte es melodiös. »Offenbar klopfte man heutzutage nicht mehr an und wartete auf Antwort, wenn man einen Raum zu betreten wünscht.« Melody, wie konnte es anders sein, lehnte dekorativ in der Tür, flatterte kokett mit den exakt getuschten Wimpern, befeuchtete mit kalkuliertem Unschuldsblick ihre Lippen. "Hi, Ioannes." Hauchte sie, eine Marilyn Monroe ohne Gewichtsprobleme kopierend. Ioannes wünschte sich, weniger um Haltung bemüht zu sein, seinem innersten Drang nachgeben zu können, den Schädel auf die Tastatur schlagen zu lassen. »Nur eine willkürliche Aneinanderreihung von unliebsamen Ereignissen!« Ermahnte er sich mit zusammengebissenen Zähnen. »Das geht entsprechend den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit auch wieder vorbei.« "Na, wann holst du mich heute ab?" Zwitscherte die Sirene in Blond. »Hoffentlich geht es schneller vorbei!« Zischte seine innere Stimme mit grimmigem Humor. "Entschuldige, Melody, ich habe dich gar nicht reinkommen hören." Kommentierte er zuckersüß. Melody schob den linken Arm mit der winzigen Uhr in ihre Haarpracht, spielte mit einer Strähne. "Könnte sein, dass du zu viel arbeitest, mein Lieber." Flirtete sie lasziv. Ioannes unterdrückte eine zynische Bemerkung, aktivierte den Bildschirmschoner. Melody schwebte heran, ein wenig tänzelnd, aber nicht mit dem leichten Watscheln, das ehemaligen Balletteusen anhaftete. "Nun, hol mich doch bitte gegen zehn Uhr ab, ja?" Seidiges Blondhaar streifte seine sorgfältig getrimmten, schwarzen Locken. Er lehnte sich demonstrativ zurück, atmete flach, weil ihm der Veilchenduft, der dem anmutigen Dekolletee entströmte, Übelkeit verursachte. "Ich werde dich zu meinem größten Bedauern wohl nicht begleiten können, meine Liebe, da ich noch eine Terminsache zu erledigen habe." Hüllte er die Wahrheit in das Laken dezenter Ironie. "Ich trage mein neues Kleid." Gab Melody unbeeindruckt zurück, aber das Aufblitzen der wertvollen und kostenintensiven Zähne signalisierte unnachgiebige Härte. Eine gepflegte Hand legte sich mit perlmuttfarbenem Nagellack auf seinen Oberschenkel. "Wähle bitte etwas Angemessenes, möglichst in Schwarz, mein Lieber." Ein Wimpernflattern, eine elegante Drehung um 180 Grad, sich wiegende Hüften: die Halbgöttin verließ das graue Reich der gewöhnlichen Sterblichen. Ioannes knurrte unterdrückt. »So viel zu meiner überwältigenden Präsenz und Durchsetzungskraft.« Konstatierte er bissig. Er warf einen Blick auf die digitalen Ziffern seiner Funkuhr. Es schien wohl unvermeidlich, dass er dem Verderben anheimfallen musste. (!_!) Der Flur, farbenprächtig geschmückt mit Girlanden, Pappmaschee und Leuchtketten, vibrierte unter dumpfen Bässen. Ioannes stiefelte steif den Flügeltüren der Aula entgegen. An seinem Arm stolzierte Melody, in kleidsamen Pfirsich-Tüll gehüllt wie in eine duftige Wolke jungfräulichen Sonnenscheins. An einem Flügel lehnte, in ein dekorativ zerfetztes Betttuch gehüllt, HaHa, hielt sich an einer der üblichen Vergiftungsversuche fest, die man unter dem Warnhinweis 'Bowle' ausschenkte. Ioannes zuckte zusammen, als eine Pranke auf seine Schulter hinabklatschte, Alkohol schwangerer, säuerlicher Atem eine Fahne in sein Gesicht hing. "Hey, Johnny, da bist du ja!" Albern-trunkenes Kichern folgte. Ioannes presste zwischen schmalen Lippen hindurch. "Hans-Heinrich, welch unerwartetes Vergnügen." Melody zerrte ihn bereits weiter, entschlossen, zunächst eine repräsentative Runde in der Aula zu drehen. Ioannes richtete seinen Smoking, ambitionierter Ausdruck seiner ehrgeizigen Mutter, sich den vermeintlichen Maßstäben der gehobenen Gesellschaftsschicht anzupassen, justierte seine Brille. Wilde Lichter brannten im Stroboskop-Rhythmus feurige Farben in das vorherrschende Dunkel, zuckende Körper drehten sich in ekstatischem Tanz, während auf einer riesigen Leinwand ein beliebter Splatterfilm der Marke 'teen angst/guts & gore' abgespult wurde. An den Wänden drängten sich Bänke und Stühle mit Strandgut der Tanzfläche und dem Ausschank. Nahrungsaufnahme schien optional, aber angesichts des Zustands der armseligen vereinsamten Popcorn-Berge und salzigen Kartoffelchips konnte man sich wirklich nur in der Bowle ertränken. Melody hielt Hof, winkte, plauderte charmant, um dann für Ioannes bedrohlich entschlossen der Tanzfläche zuzustreben, nicht etwa dem Rande zu, sondern in das Zentrum der sich windenden, mehr oder weniger aufwändig kostümierten Körper. Ioannes schnürte sich die Kehle zu, aber der stahlharte Griff um sein Handgelenk ließ keinen strategischen oder irgendwie gearteten Rückzug zu. Die Musik wechselte, der engagierte DJ wählte ein Stück, das hervorragend unter dem Oberbegriff 'senkrechtes Vorspiel' einzuordnen war. Melody schlang ihm die bloßen, dezent gebräunten Arme um den Nacken, strahlte bewundernde Hingabe aus. Ioannes verlegte sich auf den männlichen Raubvogelblick mit starr gerecktem Kinn, was ihm ermöglichte, ihren flatternden und kunstvoll betonten Augen auszuweichen, sich darauf zu konzentrieren, nicht zu eng in Körperkontakt zu geraten. Glücklicherweise hielt Melody das auch für in diesem Rahmen (oder auch nur zu dieser frühen Stunde) nicht angemessen, sodass er sich dem Ende dieses Foltergangs entgegen sehnen konnte. Allgemeines Beschnäbeln störte sein ästhetisches Empfinden. Auch die schimmernden Lippen seiner Nemesis näherten sich fordernd. Ioannes kniff die Augen zusammen, erwartete das Unvermeidliche mit der üblichen Begeisterung, rettete sich in bloße Technik. In seinem Kopf spulte sich eine philosophische Betrachtung ab, der er mit Interesse gefolgt war, während Feuchtigkeit seinen Mund wässerte. »Siegt Performance über Inhalt? Ist es wichtiger, ein umwerfendes Design zu promoten, oder sollten Values in Research investiert werden, um die Image-Konsolidierung voranzutreiben? Will der Kunde wie eine Cash-Cow betrogen werden?« Der Monolog brach ab, als Ioannes wieder ungehindert atmen konnte. Plötzlich war er auch des Klammergriffs verlustig. Melody funkelte in empörter Indignation den unverschämten Aggressor an, der ihr zartes Handgelenk in Verwahrung genommen hatte. Ioannes sah sich gezwungen, als Gentleman wider Willen seiner weiblichen Begleitung zur Seite zu stehen. Er schob sie mit reduziertem Elan neben sich, richtete einen arktischen Blick auf den Rivalen. Nicht, dass er sich beleidigt fühlte oder tatsächlich Ansprüche erheben wollte, aber die Ehre verlangte es. "Hättest du die Güte, meine Begleiterin von deiner unmittelbaren Gegenwart zu befreien?" Erkundigte er sich unterkühlt. Sein Gegenüber, schlank, mit vernachlässigter Eleganz in ein Reptilien-Jackett gehüllt, darunter enge Lederhosen und zweifarbige Eintänzer-Schuhe, schnickte sich mit der freien Hand eine filzige, dunkelbraune Strähne aus dem Gesicht, bevor die ungewöhnlich hellen, bernsteinfarbenen Augen unter den dunklen Augenbrauen Ioannes fixierten. "Zorry, Mann, ich wuzzte nicht, dazz die Lady zu dir gehört." Zischelte es ihm entgegen, wobei das unverschämte Grinsen hinter der metallischen Front einer Zahnspange die Äußerung konterkarierte. "Lizard, nimm deine Wichsgriffel weg und fall tot um!" Fauchte Melody wenig damenhaft. Mauro Lisard, dem Äußeren nach ein schmieriger Gigolo mit sandfarbener Haut, Hakennase und schmalen Lippen, war nach Ioannes' spärlichen Informationen ein Drittsemester aus dem Bereich Kommunikation und neue Medien. Also niemand, mit dem er üblicherweise Verkehr pflegte. "Hey, Prinzezzin, nicht zo grob." Säuselte Mauro in Tenor-Lage, sichtlich amüsiert über die Reaktion, die allein seine Berührung auslöste. Ioannes sah sich nun genötigt, diesem unschönen und entwürdigenden Schauspiel ein Ende zu bereiten. "Entschuldige uns." Seine manikürten Fingernägel bohrten sich in das knochige, mit leichtem Flaum besetzte Handgelenk, um den Zugriff zu lösen. Wieder schossen die im Scheinwerferlicht fast golden glänzenden Augen einen durchdringenden Blick auf Ioannes ab. "Gehen wir." Gab er sich den Anschein männlicher Dominanz, ausreichend enerviert von dem Verlauf des Abends, als sich ein Arm um seine Taille wand. "Vaya con Dios." Raunte Mauro ohne jeden Sprachfehler in sein Ohr, um sich dann wie eine Vision zu entmaterialisieren. Ioannes blinzelte. »War das Segen oder Fluch?!« Aber Melody strebte bereits ihren eigenen Kreisen zu. Nachdem Belanglosigkeiten und heuchelnde Komplimente ausgetauscht worden waren, erhoffte sich Ioannes eine günstige Gelegenheit, um der lähmenden Veranstaltung und auch dem besitzergreifenden, bonbonfarben lackierten Fingernägeln seiner Begleiterin zu entgehen. Melody hatte ihre eigenen ausgeprägten Vorstellungen vom Verlauf des Abends, steuerte zielsicher die 'Viehtränke' an, mittlerweile von einem wohlmeinenden Zeitgenossen mit einer ganzen Flasche Wodka nachhaltig angereichert. Ioannes, der sich zunehmend in eine aufdringliche Wolke aus Parfüm und Kosmetika gehüllt sah, den chemischen Kampfstoffen der modernen Frau, begrüßte den intensiven Alkoholdunst als willkommene Ablenkung. Melody schöpfte Pappbecher voll, mit den abwertend heruntergezogenen Mundwinkeln der höheren Tochter, die Pappe allenfalls bei Designertüten akzeptierte. Sie warf einen Habicht-gleichen Seitenblick auf Ioannes, der seinen Blick über die Schar der Tanzenden gleiten ließ. Rasch streute sie aus einem flachen Pillendöschen farbloses Puder in das schillernde Gebräu, das sich leicht schäumend durchmischte. "Auf uns!" Zwitscherte sie honigsüß, reichte den würdelosen Kelch weiter, flatterte kokett mit den Wimpern. Ioannes zuckte kurz, hob dann wie in Verteidigung den Becher an die Lippen, schüttete förmlich die Bowle seine Speiseröhre hinunter, wie eine bittere, aber dringend notwendige Medizin. Melodys Wangen röteten sich erwartungsvoll, während sie mit gezierten Schlückchen ihren Anteil an seinen Bestimmungsort sandte, direkt glühend heiß hinunter in die Magengrube, wo sich ein aufreizendes Feuer entfachte, lodernd in alle Richtungen zuckte. »Zwei Tänze noch.« Schätzte sie kühl. Sie zog den Widerstrebenden mit dem suchenden Blick auf die Tanzfläche, sich auf die anerzogene Höflichkeit verlassend, die es Ioannes unmöglich machen würde, sich ihrer zu entledigen. (!_!) DR. STEIN by Helloween (Music & Lyrics: Weikath) Once they killed his monster when it went into a trap Now he's making better ones on a higher step On a warm summer day the doctor went away To a place where he could make it real His assistant's hips were nice So he cloned her once or twice Now his hips are aching what a deal Dr. Stein grows funny creatures Lets them run into the night They become great Rock musicians And their time is right Sometimes when he's feeling bored He's calling it a day He's got his computer and they do in their own way They mix some DNA, some skin and a certain spray You can watch it on a laser screen And the fellow's blue and gray Or sometimes pink and green Just check it out on Halloween Dr. Stein grows funny creatures Lets them run into the night They become great politicians And their time is right One night he cloned himself Put his brother on a shelf But when he fell asleep that night It crept up from behind and thought "Well, never mind " Took a syringe and blew out his life Dr. Stein grows funny creatures Lets them run into the night They become a great possession And their time is right Dr. Stein grows funny creatures Lets them run into the night They become a great oppression And their time is right (!_!) "Pscht!" Ermahnte der mittelgroße Mann mit dem athletischen Wuchs seine Begleitung streng, als sie aus den dichten Büschen heraustraten, vorsichtig ihre sehr unterschiedliche Bekleidung abklopften. Nächtliche Nebelschwaden waberten klamm um das Quartett herum, das prüfend in die feuchten Wände spähte, um sich eine Orientierung zu verschaffen. "CC III, wohin sollen wir uns wenden?" Hauchte mit heller, ein wenig atemloser Stimme ein schlankes Wesen mit goldenen Locken, die wie eine Löwenmähne um ein herzförmiges Gesichtchen sprossen. Eine leise Stimme summte gedankenverloren, mit einer gewissen maliziösen Begeisterung ein Lied, so dicht und verwoben wie nachtschwarzer Samt. "Sax hat einen Freund, den wir aufsuchen könnten." Formulierte kühl und sehr präzise artikuliert eine weitere schmale Gestalt, in strahlendes Weiß gekleidet. "Was der Herr natürlich nicht selbst zum Besten geben kann, nicht wahr?" Giftete CC III unterdrückt, glättete den dreiteiligen, aschgrauen Anzug, der seinen melierten Haaren das gewisse Etwas gab, das auf Frauen wie eine Neonreklame mit der Aufschrift 'Karrieretyp' wirkte. Ein arktischer Blick aus blau-grünen Augen streifte ihn unbewegt. Die weiße Gestalt glitt mit ein wenig steif anmutender Eleganz einen gepflasterten Weg hoch, über die feuchten Blattleichen der knorrigen Bäume hinweg. Durch den Nebel glimmten einladend rote Lichter in der Ferne. Mit drohend-spöttischem Gesang folgte ihm eine großgewachsene Gestalt, untermalt vom leisen, metallischen Aneinanderschlagen vieler, schwerer Ketten. "Komm, CC III." Trällerte das goldgelockte Wesen, hakte sich bei dem Anzugträger unter. (!_!) Ioannes stemmte mit bemüht unverfänglichem Gesichtsausdruck die Fersen in das Parkett, um der Bewegung Richtung Saalausgang entgegenzuwirken. Melodys Schwung und das deutliche Flirren von Sexualhormonen in der Luft verursachten ihm Anflüge von asthmatischer Panik. Hatte er sich nicht hinlänglich klar ausgedrückt, dass ihre Beziehung nicht diesen Charakter bekommen sollte?! Ioannes unterdrückte mit zusammengebissenen Zähnen einen unziemlichen Fluch, bremste ohne Erfolg Melodys Sturmschritt zu den Pforten der Verdammnis. Die Hitze, die sich wie ein schwerer Vorhang über seinen Verstand legte, wurde von durchdringendem Schrillen seiner internen Alarmglocken beschallt. Sie wollte es also wirklich zum Abschluss bringen! Konnte man so etwas als eine feindliche Übernahme bezeichnen?! Ioannes schwenkte den Kopf so heftig hin und her, dass das Knacken seines Genicks ihn selbst erschreckte. Er hasste diese versprengten Überreste von eingepaukten Weisheiten, die sich als inhaltsarme Gemeinplätze entpuppten. Zu seinem Entsetzen hatten sie bereits die Feuerschutztüren hinter sich gelassen. Melody torkelte entschlossen vor ihm her, sein Handgelenk im festen Griff einer Schraubzwinge. Die Wände rückten ihm bedrohlich auf den Leib, menschenleere Flure schrumpften merklich. Der Druck in seinem Kopf verstärkte sich zu einem bleiernen Band, das seinen Schädel einzudrücken drohte. Als Melody ohne zu kollidieren den nächsten Stichflur kreuzte, streifte Ioannes in ihrem Schlepptau ein merkwürdiges Quartett, das offenkundig dem Drang, sich zu kostümieren, nachgegeben hatte, gelassen heran schlenderte. Bevor seine Wahrnehmung Details registrieren konnte, hatte ihn seine Amazone gegen einen Stahlschrank geschleudert, was ihm den Atem raubte, den Blick trübte. Sekundenbruchteile später blieb ihm auch die Spucke weg, als sich eine Kussattacke auf seine Luft suchenden Lippen konzentrierte, während erstaunlich forsche Finger sich an seiner Front zu schaffen machten. Eine elegante Rolle brachte den unnachgiebigen Schrank aus der schmerzhaften Nähe seiner protestierenden Wirbelsäule, um dann ins Haltlose taumelnd rückwärtig rudernd in einem kleinen Kämmerchen zu verschwinden. (!_!) CC III, eigentlich Cameron Claudius der Dritte, geleitete höflich eine blondgelockte Erscheinung im flaschengrünen, knöchellangen Kleid mit umstickten Seitenschlitzen bis zu den schmalen Hüften zur Aula. Bei jedem tänzelnd-wiegenden Schritt der zierlichen Slipper klingelten kleine Glöckchen, die an dem gerade den unteren Rippenbogen überspielenden Parero befestigt waren. Sie wirkten ungewöhnlich, aber aufsehenerregend, wie sie gemessenen Schritts den Saal betraten, sich die fragile Gestalt an ihren Begleiter lehnte, um mit großen Augen den Raum zu erfassen, ein euphorisches Strahlen auf dem rosig überhauchten Gesicht. Augenpaare folgten ihrem Einmarsch, sezierten Erscheinung und Haltung, sondierten die Möglichkeiten einer näheren Bekanntschaft. Wie um das Eis zu brechen forderte CC III zum Tanz auf, dem seine Begleitung mit Anmut und Grazie nachkam, eine Körperbeherrschung indizierte, die auf professionelle Qualitäten hinwies. In den Schatten entlang der düster und kindlich schaurig gehaltenen Dekoration an den Wänden glitten zwei weitere Neuankömmlinge Richtung Bowlen-Ausschank, um dort ein anerkennendes Nicken mit einer Gestalt in Reptilienhaut auszutauschen. Eine Geste halb verdeckt hinter einem der Anatomie-Lehre dienenden Skelett wies auf die Galerie. Ein Nicken, eine hochgewachsene Gestalt schob sich mit katzenhafter Geschmeidigkeit an der Wand entlang zu einer verdeckten Tür, in einer behandschuhten Hand einen Becher der berüchtigten Bowle, in der anderen eine schlanke, porzellanweiße Hand mit bläulich schimmernden Nägeln. "Sax, bitte." Die Stimme, jede Silbe exakt artikulierend, klang ein wenig unterkühlt, mit der Andeutung eines nordischen Akzents. Als sich die verbogene Tür hinter der weißgekleideten Gestalt schloss, fiel der Aufgang dahinter in völlige Dunkelheit. Dennoch fanden schwere Stiefel mit silbernem Beschlag ohne Fehl ihren Weg, geleiteten umsichtig den Begleiter auf die Galerie, wo sich hinter einer anderen Tür die Empore erschloss. Sie ermöglichte einen unbeobachteten Blick auf das Treiben in der Aula, war gesperrt worden, um Trunkenheitsunfälle zu verhindern. Der Angesprochene, Sax, fast 1,90m groß mit einer stachelartig abstehenden Masse schwarzer Haare auf einem markanten Schädel, wandte sich herum, ein sanftes Klirren in seiner modischen Kettenpanzerung aus verschiedenen, silbernen Ketten, Anhängern, Schnallen und Zierrat auslösend. "Hey, hey." Schnurrte er guttural, streckte die ledernen Handschuhe nach der ätherischen Gestalt aus, die sich mit würdevoll zusammengehaltenem Rock neben ihm niederließ. Besitzergreifend umschlang er den seidenweichen, wie Mondlicht schimmernden Stoff an der Taille, deutete mit leichtem Druck der Zähne über der Halsschlagader seines elfenhaften Begleiters einen blutigen Kuss an. Der blieb unbewegt eisig. Sax setzte den Pappbecher an die dunkel getönten Lippen, die die warme Hautfarbe noch betonten, nahm einen anregenden Schluck. Er keuchte leicht, verzog das männlich-attraktive Gesicht anerkennend. "Kann man Tote mit aufwecken!" Zwinkerte er anzüglich seinem Begleiter zu. Der wandte gravitätisch den Kopf. Fein gezeichnete Gesichtszüge wurden von großen, dunkelblauen Augen beherrscht, die unter den dichten, schwarzen Haaren und den geraden Augenbrauen in derselben Couleur dominierten. Sax lachte kehlig, schnurrte lockend, liebkoste mit einem Finger das spitze Kinn der statuesk verharrenden Gestalt. "Aurelius, nicht mal ein Wunder könnte es ungeschehen machen." Raunte er vertraulich dem Angesprochenen zu, um mit der Zunge genießerisch über eine marmorne Wange zu fahren. Aurelius, die Abkürzung von Aurore borealis, einer leicht abgewandelten Form der Bezeichnung eines Sterns, zwinkerte nicht einmal, aber verschiedene Stühle scharrten von unsichtbarer Hand bewegt über den Boden, um sich näher an das ungleiche Paar anzuschmiegen. Sax, nach dem Erfinder des gleichnamigen Musikinstruments benannt, was einer Vorliebe seines Schöpfers entsprach, lachte leise. Er strich sich lasziv durch die wilde Mähne, ließ seinen stilisierten Kettenpanzer, den er anstelle weiterer Bekleidung unter einer abgewetzten Lederjacke trug, klirren. Aurelius glättete mit manierierter Konsequenz sein Sakko, mit Stehkragen und einfacher Knopfleiste in klassischer Spartanität, bügelte auch die Andeutung einer Falte in dem knöchellangen Wickelrock, der seiner arktischen Erscheinung exotisches Flair gab. Sax lachte kehlig, streifte nonchalant die ledernen Handschuhe ab, führte erneut den Pappbecher an seine Lippen, entblößte dabei zentimeterlange, vollkommen schwarze Krallen, die sich in die dünnwandige Struktur des Behältnisses bohrten. "Du solltest einen Schluck nehmen." Lockte er raunend. "Das würde dich anheizen." Ein kühler Blick aus Augen in der Farbe eines Gletschersees quittierte dieses Ansinnen. Aurelius verharrte unbeweglich, nur seine Pupillen verrieten dem Publikum, dass er dem Treiben auf der Tanzfläche folgte. Dort unten entwickelte sich gerade unter dem erlesenen Kreis der selbst ernannten Elite eine boshafte Debatte, die den Abgang von Melody und Ioannes kommentierte. Dabei fand sich zwischen anerkennender Bewunderung für die kalte Entschlossenheit über Mitleid mit dem vermeintlichen Opfer zu betontem Abscheu eine große Bandbreite an Emotionen. Einhellig war man aber der Meinung, dass es eine interessante Entwicklung darstellte, die sich anzubahnen drohte. Eine kesse Rothaarige, deren katzengrüne Augen immer wieder den Saal durchstreiften in ehrgeiziger Unrast, erklärte ihre Zustimmung zu Melodys Vorgehensweise, die vermutlich darin gipfelte, den erwiesenen Ehrenkodex zu ihrem Vorteil zu nutzen, für die mehr oder weniger coram publico erfolgte Aufforderung zum Beischlaf die Partnerschaft und spätere Ehe einzufordern. Daraus waren nach ihrer nicht unwidersprochenen Meinung die gemeinsame Schlagrichtung gesellschaftspolitisch gestalterischer Unternehmer gestrickt. Unerwarteterweise erhielt sie von dem Mann, der sich als C.C. III vorstellte, mit seinem distinguiert wirkenden, graumelierten Schläfen Erfahrung und Tatkraft demonstrierte, Schützenhilfe. Sofort taxierte sie den ihr Unbekannten, offenkundig ein Externer, möglicherweise ehemaliger Absolvent, suchte nach Indizien von Kultiviertheit und Geldvermögen, Beziehungen und Ambitionen. CC III, der sich der Musterung gleich einer Röntgenaufnahme durchaus bewusst war, erwiderte den Vorstoß mit entsprechendem Interesse, inspizierte Figur, Erscheinung, mögliche Entwicklung, Brutfähigkeit und natürlich monetäre Ausdrucksmittel in Form von Schmuck und Designer-Bekleidung. Das gegenseitige Abtasten erwies sich als für beide Seiten zufriedenstellend, sodass CC III galant zum Tanz forderte, um beim tete-a-tete in medias res zu gehen, sich den ersten Eindruck bestätigen zu lassen. Sax ließ eine Krallen bewehrte Hand unter melodischem Klingeln diverser Metallartikel durch das nachtschwarze, durchgestufte Haar von Aurelius gleiten, während er den Rest der Bowle verkostete. Seine hellen Augen in einem ungewöhnlich schwefligen Gelb zogen sich zusammen, als er das letzte Mitglied ihres Quartetts ausmachte. Ein starkes, gleißend helles Gebiss blitzte unter einem wölfischen Grinsen. Unten hatte sich HaHa, durch nicht unerheblichen Alkoholeinfluss ermutigt, an das zarte Geschöpf im dem grünen Kleid herangeschlichen, was in der Theorie kaum möglich schien angesichts der bloßen Verdrängung von Atmosphäre durch seine Körpermasse. Das Objekt seiner Verehrung war durchdrungen von der heimeligen Kombination aus Lichtblitzen in der Dunkelheit, Schwaden von intensiven Geruchsaromen und aufgedrehten, leicht ungewöhnlich gekleideten Personen, kreiste selbstvergessen um sich selbst. "Entschuldigung, Herzchen, können wir aus dem Solo nicht ein Duett machen?" Kollerte HaHa mit schwerer Zunge hervor, zwang ein möglichst souveränes Lächeln auf seine breiten Wangen, was sich nach außen in einer hilflos-lächerlichen Grimasse darstellte. Die goldlockige Schönheit zwinkerte überrascht mit ungewöhnlich langen Wimpern, errötete kokett, griff zutraulich nach einer klobigen Hand. "Das wäre toll." Lispelte sie strahlend, fuhr sich mit einer feingliedrigen Hand durch den engelhaften Lockenwuchs. HaHa erlitt förmlich einen Blutsturz, der ihn besonders in einigen sub-äquatorialen Territorien seines gewaltigen Körpers ein hastiges Dankgebet für das gewaltige Betttuch aussenden ließ. "Ich bin Hans-Heinrich." Holte er haspelnd die Formalitäten nach, vorsichtig die zarte Person an ihrer Hand auf der Tanzfläche spazieren führend. Ungeachtet seiner tapsigen Versuche, sich dem wummernden Bass anzupassen, drehte sich die ätherische Erscheinung vor ihm anmutig kreiselnd, lachte perlend, vermittelte ihm das Gefühl, in einem warmen Halo aus Licht im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Dieses eine Mal nicht als Zielscheibe von Spott oder Gehässigkeiten. Sax grinste mit allen starken Zähnen, lehnte sich zurück. Offenkundig hatten alle Anschluss gefunden, also konnte man sich nun auch dem gemütlichen Teil zuwenden. Seine Finger glitten suchend über den kerzengerade aufgerichteten Rücken seines Begleiters, zeichneten jeden Wirbel einzeln nach. "Aurelius." Wisperte er rau, werbend, mit bedrohlichem Timbre. Aurelius' Augen in arktischem Tiefblau konzentrierten sich auf einen unsichtbaren Punkt in den undurchdringlichen Tiefen der Finsternis am Söller des Saals. "Man wird uns verfolgen." Stellte er mit emotionsloser, aber klarer Stimme fest. Sax schnalzte erdig mit der Zunge, schob die dunklen Finger forsch unter das seidige Jackett, strebte genüsslich wieder nördlich. "Aurelius, wir hatten keine Wahl, wir mussten so handeln." Schnurrte er samtig. Zustimmung heischend gruben sich seine Krallen in die marmorne Haut. Aurelius zuckte mit keiner Wimper, keine Regung durchlief den schlanken Körper. Mit einem tiefen Grollen richtete sich Sax auf, lehnte sich an die weißgekleidete Gestalt an, suchte ebenfalls den Fluchtpunkt am Horizont, der Aurelius scheinbar in den Bann zog. "Eine Verkettung unglücklicher Umstände und Notwendigkeiten." Dozierte er melodiös, die Sätze in spöttischen Singsang kleidend. "Als der Klon das Doktorchen zerlegte, so unschön mitten im Koitus mit seinen selbstgebauten Babes, mussten wir schließlich um unser Leben fürchten. Die Giftbrühe, die diese Porno-Miezen versprüht haben, das war doch nun wirklich ein Anlass, Schluss zu machen." Eine nachdenkliche Pause breitete sich aus. Die markanten Züge erhellten sich boshaft. "Man könnte schon von einem Akt der Nächstenliebe von Kreatur zu Kreatur sprechen." Raunte Sax heiser. "In der Tat war es ausgesprochen unhygienisch." Pflichtete mit leichtem Widerwillen die klare, dezidiert artikulierende Stimme bei. "Überall diese Substanzen und Pulver und dieser infernalische Gestank..." Ein mikroskopisches Zittern durchlief den zierlichen Körper. Sax zerdrückte den Pappbecher, hob ohne sonderliche Anstrengung Aurelius auf seinen Schoß, ließ eine Hand begehrlich über den flachen Bauch wandern, spielte mit dem versetzten Verschluss des Wickelrocks. Seine Lippen brannten eine Spur flammender Küsse auf die Porzellanhaut unterhalb des Kiefers, akkompagniert von einer glühenden Zunge, die sich feucht vortastete. Eisig legten sich die schlanken Hände um seine Wangen, erklang kristallklar und ebenso diamantenhart Aurelius' Stimme. "Es riecht nach Blut." Sax warf den Kopf mit der abstehenden, wild wuchernden Mähne in den Nacken, lachte guttural, köstlich amüsiert. Er feuerte unter halb gesenkten Lidern einen funkensprühenden Blick auf den zart gebauten Mann ab. "Ich weiß." Raunte er vielsagend. Aurelius' Augen leuchteten in polarem Licht wie ein Kaleidoskop, blau-grün-violett auf schwarzem Grund, unendlich tief und so arktisch kalt wie der Weltraum. Er wandte Sax nun endlich das Gesicht zu, beließ es nicht bei einer versteinerten Profilansicht. "Warum so kühl, mein Nordlicht?" Raunte Sax fiebrig in die schwarzen Haare. Seine Krallen streiften hörbar über den seidigen Stoff. Aurelius' feine Augenbraue wanderte in die Höhe, der arktische Blick aus polaren Tiefen erfasste Sax' laszives Mienenspiel. "Hier?" Erkundigte er sich höflich, auf die reservierte, unpersönliche Art eines bloßen Zuschauers. Sax lachte kehlig, liebkoste mit der Zungenspitze Aurelius' marmornes Kinn, drückte kurz die Zähne in die gespannte Haut. Während er sich mit athletischer Sprungkraft in die Höhe schraubte, dirigierte er Aurelius rückwärts zu einem abgestellten Tapetentisch, der offenkundig Präparationen für dekorative Elemente des Saals diente. Seine Krallen bewehrten Finger gruben sich in Aurelius' Hüften. Als er ihn mit Schwung auf die grob gezimmerte Holzfläche setzte, entrang sich ihm ein hungriger Laut, heiser, knurrend. Er drängte sich zwischen die schlanken Beine, schob die Hände in den Stoff, um diesen schwungvoll und rücksichtslos zugleich die weißen Oberschenkel hochzutreiben. "Ich liebe deinen Rock!" Fauchte er, umklammerte dabei das wohlproportionierte Gesäß mit der eisigen Haut fest, presste sich erstickend eng an den fragilen Leib. Aurelius seinerseits umfing in den Porzellanhänden einige wilde, fast fellartige Zotteln, anmutend wie der scheue Versuch, Zügel für den haltlosen Ansturm zu improvisieren. Sax' Lederhosen mit den aufgesetzten, groben Nähten schabten begehrlich an dem seidigen Stoff des Slips, der sich unter dem hochgeschobenen Rock verbarg. Seine Lippen fraßen flammende Spuren in die schneeweiße Haut am Schlüsselbein entlang. Um seinen gesamten Körper bildete sich ein feuriges Halo, in gestaltlosen Flammen lodernd. Während eine Klaue sich besitzergreifend in den rückwärtigen Bund des Slips arbeitete, umklammerte ihr Partner Aurelius' Genick, dirigierte gefärbte Lippen auf den blassen Mund, drang forschend in die kühle Höhle dahinter. Um sie herum erhob sich ein Wetterleuchten, blau-grün, ein sengendes Gelb kaleidoskopierte dagegen, ein Polarlichtschimmer in der Dunkelheit der Empore. Die Luft flirrte, das Kettenhemd hob sich an, die Nägel summten unter der Belastung. "'relius!" Keuchte Sax zwischen heißhungriger Besitznahme, drückte den marmornen Leib auf die Platte hinunter, zerriss achtlos das Seidenjackett, um mit beiden Klauen über die sich abzeichnenden Rippenbögen zu fahren, grobe Striche, die seinem schweren Atem folgten. Aurelius zuckte nicht, nur seine bläulich schimmernden Lippen seufzten schneller. Seine durchscheinenden Finger suchten Halt in dem magnetisierten Kettenhemd über sich. Nägel und Metall tanzten um sie herum einen gespenstischen Reigen, ein Wirbelwind im Geleit des Nordlichts. Er spukte sich umwerbend durch den ganzen Saal, erfasste die betäubten Menschen, stellte ihnen die Haare am Körper auf. Sax nestelte ungeduldig an der Verschnürung seines mittelalterlich anmutenden Hosenschlitzes, befreite endlich das pulsierende Gemächt dahinter aus seiner Qual. Seine Mähne sprühte elektrische Funken, Entladungen erhitzten seinen Körper über Menschen Erträgliches hinaus, aber seine schwefligen Augen wichen nicht von dem arktisch kühlen Leib in seinem Zugriff, der die Luft mit Kondenswasser auflud, einen wahren Farbenzauber betrieb. Über Silben hinaus, nurmehr fähig, animalisch zu agieren, zerfetzte er den Slip, hob die schmächtigen Hüften an, bemächtigte sich mit einem Schrei aus Triumph und Qual Aurelius' Körpermitte. Der hauchte lautlose Liebkosungen in die dampfende Luft. Seine bloßen Fersen umschlangen die fiebrigen Hüften, reizten die Oberschenkel an der Innenseite durch mokantes Reiben, das jedoch mit Intensität der Bewegungen fahriger, zielloser wurde. Der magnetische Orkan wirbelte über ihren zuckenden Leibern allerlei Metall in der Luft umher. In den Schatten frohlockten Licht und Dunkel über diese Verschmelzung, als sich endlich, ekstatisch, erlösend, ein animalischer Schrei aus samtiger Kehle löste. (!_!) HaHa schwang seine Eroberung trunken umher, wich unbeholfen kreisendem Besteck in Schädelhöhe aus, um die Flucht Richtung Saalpforten zu avisieren. Niemals zuvor hatte die Atmosphäre derartig gebrannt, dass sie sich sogar in farblichen Phänomenen entlud! Niemals war er so berauscht gewesen von Glück und Euphorie. An seinen Arm geschmiegt folgte die goldgelockte Zauberfee mit dem leichten Lispeln ihm auf den Flur, ließ sich geleiten, bis der magnetische Sturm nicht mehr an den Ohrringen und Uhren zerrte, Elektronik verwirrte und die Gedanken auslöschte. "Wo bringst du mich hin, mein holder Prinz?" Scherzte lieblich seine Begleiterin, trippelte aber bereitwillig neben ihm her, als er sich seines Zimmers besann. Betrunken genug, um alles zu riskieren, stieß er die Tür auf, lehnte schwer im Rahmen, suchte in den großen Augen nach Ablehnung oder Protest, doch forsch schritt sie aus, die anmutige Gestalt graziös schwingend. Die zarten Hände strichen liebkosend über die schmiedeeisernen Pfosten seines spezialgefertigten französischen Bettes. "Wie elegant!" Hauchte es bewundernd zwischen adrett geordneten, perlweißen Zähnchen hervor, ein schüchterner Augenaufschlag lockte mit lackiertem Fingernagelwinken HaHa heran. "Es sieht gemütlich aus." Reizte das helle Stimmchen unschuldig weiter. "Aber so groß, dass man sich richtig verloren vorkommen könnte." HaHa warf sich in die mächtige Brust. "Keine Angst, holde Maid, in meinen Armen bist du vor den Unbillen der Welt sicher! Skandierte er mit holpernder Zunge, plumpste schwer auf die Matratze, umschlang mit einem gewaltigen Arm die grün gewandete Taille. Ein perlendes Kichern lohnte seinen Mut. Schmetterlingsküsse verfingen sich auf seinem junggeselligen Gesicht, entfachten ein Feuer, das nicht mal in kühnsten Träumen zu vermuten war. Bevor HaHa seine liebreizende Beute vollends vereinnahmen, gar zerdrücken konnte im Überschwang der Emotionen, erbat sich seine Herzdame einen Vertrauensbeweis. Auf dem Rücken liegend unter ihm drehte eine kindliche Hand zierlich ein Löckchen, während die Wimpern bebten, die Stimme zwitscherte, ein wenig aufgeregt. "Mein Süßer, du bist so stark, du könntest mich ersticken!" Ein Kätzchen lockte schnurrend. "Komm, lass mich deine Handgelenke hochbinden, dann bin ich geborgen." HaHa, in Liebe erblindet, von rosaroten Wolken und den Einwirkungen des Alkohols beeinflusst, ließ sich widerstandslos anbinden. Entkleidet verzierte er die Frau seiner Träume mit zahllosen, sich an Kühnheit steigernden Küssen. Als sie sich unter ihm hervor rollte, wimmerte er enttäuscht. Eine kleine Hand auf seinem gewaltigen Rückgrat beruhigte ihn zärtlich. "Nur das Kleid, mein Großer, dann bin ich bei dir!" Gurrte es lieblich. HaHa lachte glucksend in freudiger Erwartung. "Verrätst du mir auch deinen Namen, meine Königin der Nacht?" Eine völlig entblößte, sehr schlanke Gestalt lehnte sich an seinen Rücken, strich über das großformatige Gesäß. "Surprise." Hauchte es leise, amüsiert. Danach lernte HaHa wahre Leidenschaft kennen. (!_!) Die Reinigungskammer dämmerte im dumpfen, chemikalischen Geruch der gelagerten Putzgüter, wie ein Potpourri aus tausenderlei Giftstoffen. Ioannes ruderte wild in der staubigen Luft nach Halt, als sich Melody wie eine Furie an seinen Hals warf, ihn umklammerte mit brennendem Blick, der kein Ersuchen um Gnade akzeptieren würde. In Scheppern und Klirren ging Ioannes zu Boden, riss mit sich nicht nur die stürmische Freundin, sondern auch Besen, Kittel und diverse Flaschen und Pulver. Bestäubt, aber weniger schmerzerfüllt als zu erwarten stand, fand man sich auf schmutziger Wäsche und Wischtüchern wieder. Das war keineswegs geeignet, Melody von weiteren kundigen Attacken auf Ioannes' Hosenbund abzuhalten. Er erwehrte sich der unerwünschten und erschreckenden Avancen mit wachsender Verzweiflung, schien doch seine Gegnerin über eine Vielzahl von Armen und feuchten Lippen zu verfügen! Der aufsteigende Geruch von morastigen Schmutztüchern und verschüttetem Glasreiniger mit Bohnerwachs zu seiner Linken benebelte seine Sinne vollends. Vor seinen Augen zuckte in psychedelischem Rausch die Göttin Kali, bereit, seinen Kopf wie eine Trophäe um ihre Hüften zu tragen, im blutigen Tanz die Zunge bis tief in seine Eingeweide zu graben, ihn auszusaugen, mit allem, was er war. Ioannes wimmerte, schlug um sich, die Kraft eines Ertrinkenden, der dem Schicksal nicht nachgeben will, setzte sich gegen seine Vernunft und Manieren durch. Melody schien diese Art der Liebkosung keineswegs zu empören. Ihre animalischen Anfeuerungslaute stellten Ioannes alle Haare auf. Als nicht mehr zu verhindern war, dass die Bastion der Hosen fiel, ertasteten seine Hände einen Wischmopp, der gehorsam einen weiten Bogen beschrieb, um zielsicher auf Melodys Hinterkopf zur Landung anzusetzen. Der aufflammende Schmerz lenkte die Konzentration für Augenblicke von Ioannes ab, der sich mit heftigem Ruck befreite, stolpernd der Folterkammer entfloh. (!_!) CC III grinste diabolisch, als sich die Tanzenden erschrocken und fasziniert von dem Lichterzauber des magnetischen Sturms einfangen ließen. Sein Entschluss stand fest: die kleine Rothaarige in seinen Armen, mit halb gesenkten Lidern volltrunken ihm ausgeliefert, war DIE Eintrittskarte in die Kreise, von denen er sich eine Befriedigung seines Machthungers versprach. Reich, stockkonservativ, aber opportunistisch, mit einem gewissen mitleidigen Lächeln gegenüber dem Rest der Welt den ererbten Luxus auskostend. Kurzerhand hob er seine erstaunlich schwere Beute wie ein Galan auf die Arme, verließ ohne Schwierigkeiten trotz des Orkans den Saal. Mit Befriedigung quittierte er Sax' hemmungslos-wölfischen Lustschrei, als sich schon langsam die fliegenden Metallstücke auf den Boden senkten. Er fand, was ihm kommodierte: die Herren-Toilette, menschenleer und gedimmt. Instinktsicher drängte er seine zukünftige Frau gegen eine Wand, öffneten seine flinken Finger hinderliche Verschlüsse, erstickte er Protest mit drohendem Kuss. »Was im Kampf erobert, konnte nicht mehr verloren werden!« Während er die Fortführung des hochherrschaftlichen Stammbaums betrieb, leuchtete im Spiegel ein aschgrauer Funkenregen über einem gehörnten Schädel. (!_!) Halloween (Hansen) by Helloween Masquerade, masquerade Grab your mask and don't be late Get out get out well disguised Heat and fever in the air tonight Meet the others at the store, Knock on other people's door Trick or treat they have the choice, Little ghosts are makin' lotsa noise But watch out. . .beware--listen. . .take care Chorus In the streets on Halloween There's something going on No way to escape the power unknown In the streets on Halloween The spirits will arise Make your choice, it's hell or paradise Ah--it's Halloween Ah--it's Halloween. . .tonight! Someone's sitting in a field, Never giving yield Sitting there with gleaming eyes, Waiting for big pumpkin to arise Bad luck if you get a stone, Like the good old Charlie Brown You think Linus could be right The kids will say it's just a stupid lie But watch out. . .beware--listen. . .take care Chorus Listen now--we are calling you. . . And there is magic in the air Magic in the air. . .on Halloween Black is the night full of fright You'll be missing the day What will be here very soon Changing your way a knock at your door Is it real or is it a dream On trembling legs you open the door And you scream. . . .on Halloween Darkness Where am I now Is there anybody out there What has happened Am I in heaven Or is it hell I can see a light comin' It's comin' nearer It's shining It's shining so bright It's shining on me I am the one, doom's in my hands Now make your choice, Redeemed or enslaved I'll show you passion and glory He is the snake I'll give you power and abundance He's the corrupter of man Save me from the evil one Give me strength to carry on I will fight for all mankind's Deliverance and peace of mind (Harmony Solo both) But watch out. . .beware--listen. . .take care Chorus Yeah, it's Halloween Yeah, it's Halloween. . .tonight (!_!) Kapitel 2 - Die Masken fallen Ioannes rannte um sein Leben, das heißt, er bemühte sich, den taumelnden, tückisch schwankenden Wänden zu entkommen. Er ekelte sich vor dem Geruch, der ihm anhaftete, wie eine Leuchtspur folgte, unnatürlich, betäubend, giftig. "Es muss runter!" Wiederholte er von Sinnen, schob sich die Mauer entlang, Dekoration herunterziehend, in einem Netz sich verhakend. Als ein Kommilitone auf den Flur bog, hob er die Arme über den Kopf, um ein Hilfeersuchen zu untermalen, aber im Zwielicht der dumpfen Beleuchtung floh der andere kichernd. Ioannes stöhnte, lauschte angespannt auf Schritte. Sollte ihm etwa das Monster folgen?? Sein pfeifender Atem übertönte jeden Laut. Hastig schleppte er sich in die Rettung verheißende Herren-Toilette. Aber ach, an der Wand tanzte ein Teufel mit Schatten Reigen, während ein Gehörnter Unzucht trieb! Der sich herumwandte, ohne den Rhythmus seiner Stoßbewegungen zu unterbrechen, sich gierig mit der Zunge über die Lippen fuhr!! Ioannes schlug die Hand vor den Mund, hetzte von Höllenhunden begleitet davon. (!_!) HaHa quiekte glückselig, im Rausch, bereit, alle Wünsche zu erfüllen, in unerschöpflicher Dankbarkeit. Eine wahrhaftige Überraschung hatte er erlebt, aber zu süß, zu phantastisch, um sich zu beklagen. "Mehr!" Bettelte er kindlich, zerrte an seinen Fesseln, die ihn auf den Knien hielten. "Nur ein Sekündchen." Hauchte Surprise, zog gekonnt den Deckel von einem schwarzen Filzstift ab. (!_!) Ioannes krampfte eine Hand in die Brust. Asthmatisch protestierten seine Lungen gegen die Überbelastung. Die Augen panisch aufgerissen suchte er nach einer Zuflucht vor den infernalischen Schatten, die ihn umsprangen wie toll, nach ihm griffen, ihn verführen wollten. Wahllos öffnete er eine Tür, schrie erstickt: auf einem Bett schwebte ein riesiger Kürbis, seltsam rosig, während eine vertraute Stimme "Treat, Treat" erschmeichelte. (!_!) Ioannes hetzte in benebeltem Taumel über den Flur, rüttelte an jeder Tür, doch kein Asyl wurde geboten vor dem Wahnsinn, der sich nicht mehr abweisen ließ. Endlich, einen verzweifelten Schrei auf den aufgerissenen Lippen, erwies sich eine Pforte als Heimstatt, rettete er sich hinein, um der Länge nach in ein Bett zu sinken. Die Welt drehte sich vor seinen Augen, verlor die klaren Formen, waberte und wirbelte. Ioannes presste die Lider fest herunter, grub die Fingernägel in das Laken, stieß angstvoll angehaltenen Atem aus. Der Anzug zerrissen, das entwendete Netz um den Leib gewickelt wie eine Fessel suchte er sein Herz zu beruhigen, nicht an den Teufel, den grausigen Kürbis oder die anderen Schauerlichkeiten zu denken, die sich ihm in den Weg gestellt hatten. Auf seiner Stirn sammelten sich Schweißperlen, seine Glieder zuckten unkontrolliert. Seine Brust wollte bersten unter hastigen Zügen, als sich vertraulich eine Handfläche darauf niederließ. Ioannes stieß einen heiseren Klagelaut aus. Seine Augen handelten der Order zuwider, erblickten das Grauen, das ihn nun heimsuchte, aber ein schmieriger Tränenfilm verklebte jede genaue Sicht. Der neue Opponent konnte nur ein heller Fleck mit dunkler Korona sein, der Ioannes' versehrtem Leib ein Ächzen entlockte. "Na, so waz, Ioannez?" Zischelte es intim an seinem Ohr. die Matratze senkte sich an Ioannes' linker Seite, ein kühlender Schatten legte sich kaum merklich über die fiebrige Haut. "Waz izt geschehen?" Amüsierte sich die Stimme samtig. "Du bizt voller Pulver und Chemikalien." Ioannes, erleichtert, dass er nicht in die Fänge eines übersinnlichen Geistwesens geraten war, umklammerte angstvoll die Hand, die seine entblößte Brust wärmte. Mit geschlossenen Augen, brennend vor ätzendem Dampf und Rückständen der Reinigungsmittel sprudelte er heiser seine Leidensgeschichte hervor. "Da~da war ein Teufel in der Toilette! Und ein riesiger Kürbis, mit aufgemalten Augen schwebte im Dunkeln!" Eine heftige Hustenattacke erstickte restlos weitere Äußerungen. "Zo... hazt du dich alzo in mein Zimmer geflüchtet?" Raunte es mokierend an Ioannes' Hals. Ioannes röchelte, wollte sich erklären, beteuern, dass nicht allein der Alkohol seine Situation verursacht hatte, dass er gesehen hatte, was er behauptete, allein, seine Zunge, wie von Flokati belegt, verweigerte schwer den Dienst. Kühle Fingerspitzen strichen über Ioannes' glühende Wangen. "Bizt du auch geflohen vor Melody, mein Freund?" Lachte es mitleidig, mit befremdlich reizvollem Unterton. "Keine Angzt, ich werde dich beschützen." Warmer, vollkommen geruchloser Atem bestrich Ioannes' Gesicht intim. Kaum hörbar raunte es ergänzend. "Ich werde deine Wunden heilen, amigo." Kühle, Feuchtigkeit spendende Lippen benetzten Ioannes' Mund fürsorglich. Hungrig, alarmiert lud er ein, seine gelähmte Zunge aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken, sie zu umschmeicheln, zu locken. Gegen seinen Willen gruben sich seine manikürten Fingernägel tief in Reptilienhaut, fingen den uneigennützigen Wohltäter ein. Vor seinen noch immer geschlossenen Augen flammten fremde Zeichen auf wie ein Fanal, doch ein zärtlicher Kuss verdrängte jede Furcht. (!_!) Vollmond (Herbert Grönemeyer) Du bist voll, ich bin es auch, begoss den Kummer tief unten in meinem Bauch, Der Tag ist gemein, nur die Nacht ist lieb Schleich ums ein und andere Haus, gerade wie der letzte Dieb Versuch schon lange, mit ihr Herz zu klauen Sie ist stur, ich bin es auch, red ihr ein, dass sie mich unendlich braucht Lass nicht locker, sei mein Kumpan Wir zwei beiden graben sie von allen Seiten an Steh mir bei, weil nur du es kannst Komm und mach sie süchtig, setz sie auf mich an Lass mich durch ihren Schlaf wandeln, wenn sie sich nicht wehren kann Wenn du das für mich tust, ist abgemacht Dann werde ich zum Werwolf und heul dich an um Mitternacht Vollmond, setz mich ins rechte Licht Vollmond, du weißt, sie will mich nicht Leucht ihr ins Gewissen, mach mir nen Heiligenschein Ich kann sie nicht mehr missen Beeil dich, mach sie mein Vollmond, ich bin so allein Du bist blass, ich bin es auch Wenn bald nichts passiert, steh ich völlig auf dem Schlauch Du ziehst so edel überlegen deine Bahn Bin so todtraurig, rührt dich das denn überhaupt nicht an Tu was, Planet, morgen ist es zu spät Mein letzter Hoffnungsschimmer, schau mir ins Gesicht Du musst es für mich einfädeln, weil es sonst das Ende ist Ertrink in meinen Tränen, und Tränen lügen nicht Du kannst mich so nicht hängenlassen, hilf mir, lass mich nicht im Stich Vollmond, setz mich ins rechte Licht Vollmond, du weißt, sie will mich nicht Leucht ihr ins Gewissen, mach mir nen Heiligenschein Ich kann sie nicht mehr missen Beeil dich, mach sie mein Vollmond, ich bin so allein Komm und mach sie süchtig, setz sie auf mich an Lass mich durch ihren Schlaf wandeln, wenn sie sich nicht wehren kann Wenn du das für mich tust, ist abgemacht Dann werde ich zum Werwolf und heul dich an um Mitternacht Vollmond, setz mich ins rechte Licht Vollmond, du weißt, sie will mich nicht Leucht ihr ins Gewissen, mach mir nen Heiligenschein Ich kann sie nicht mehr missen Beeil dich, mach sie mein Vollmond, ich bin so allein (!_!) Mira strich sich durch die dünnen Zöpfe, ließ die Schultern kreisen, während sie die Toilette betrat. »Was für eine Pleite!« Sie nickte ihrem Zwilling im Spiegel spöttisch zu, wusch sich die Hände. Da warf man sich in Schale, die weiße Bluse mit den Peter-Pan-Kragen unter der schwarzen Weste, die Satinhose über ausnahmsweise mal hochhackigen Stiefeln und wo endete es? »Allein auf dem Klo. Mit einem tristen Song auf den Lippen.« "Scheiße." Stellte sie fest, Schlusspunkt unter einen mehr als enttäuschenden Abend. Mit den Fingerknöcheln rieb sie über die breite Narbenspur, die aggressive Akne über ihren Wangenknochen wie ein altertümliches Stamm-Tattoo hinterlassen hatte. Zusammen mit den unzähligen, dünnen Zöpfen, die ihren glatten, braunen Haaren die einzig mögliche Form gaben, wirkte sie martialisch, wie ein nur oberflächlich gezähmtes Tier. Ein Eindruck, den sie gern bekräftigte. Im grellen Licht einer gnadenlosen Neonlampe allerdings wirkte der karamellfarbene Teint blässlich-fahl, die grauen Augen blank, die Zöpfe stumpf. "Was soll's." Zuckte sie ihrem Spiegelbild zu. »Nun ist es ohnehin nicht mehr bedeutsam.« Dabei hatte der Abend vielversprechend begonnen. Die kleine Rothaarige mit den niedlichen Grübchen, eine Erstsemesterin, hatte gerade genug von dem grauenerregenden Gebräu intus, um freimütig zu werden, sich zu entspannen. Das Gespräch, wenn man es denn als solches angesichts des vorherrschenden Geräuschpegels betrachten konnte, war munter dahingeplätschert, unverbindlich und doch freundschaftlich. Fatalerweise hatte Miras Kommentar zu alternativen Lebensweisen einen Stein ins Rollen gebracht, der sich zu einer gehässigen Lawine auswuchs. Die kleine Rothaarige, Natalie, hatte nämlich im Brustton der Überzeugung verlauten lassen, dass andere als heterosexuelle Lebensbeziehungen doch nur mangelndes Eingeständnis eines persönlichen Scheiterns waren. Was Mira, gelinde gesagt, empört hatte. "Man soll eben nicht mit Betrunkenen diskutieren." Resümierte sie die sich anschließende, nicht gerade aufbauende Szene. Natürlich hatte sie diese Behauptung widerlegen wollen, woraufhin Natalie erneut bekräftigt hatte, dass homosexuelle Paarungen aufgrund einer milden Psychose entstünden. Sie mussten daher als makelbehaftet, abnorm angesehen werden, woran sich die Frage anschloss, ob Mira etwa selbst zu diesem exklusiven Kreis gehörte. Durch die erregte Debatte hatten sich auch mehr oder weniger Alkohol geschwängerte Gäste eingefunden, die dem realen, kostenlosen Theaterstück mit größter Aufmerksamkeit folgten. Sie gaben dieser Passage die terminale Würze mit dem Einwurf, dass alle wüssten, dass Mira nur auf das schwache Geschlecht stand. Die Wortwahl war selbstredend etwas blumiger. Was blieb als der strategische Rückzug? »Ich hätte von diesem widerlichen Gesöff was nehmen sollen.« Dachte sie melancholisch. Allerdings stand dies nicht wirklich zur Debatte, denn Alkohol wirkte auf ihren Körper besonders giftig. Sich betrinken, um sich befreiter zu fühlen oder eine Gratis-Runde rhythmischer Bettgymnastik abzustauben, kam ihr phantasielos und schäbig vor. »Ich bin vermutlich noch nicht verzweifelt genug.« Konstatierte sie bissig, trat aus der Toilette. Der Flur war ebenso ansprechend geschmückt wie die anderen Gänge. Allerdings hatten einige Birnchen ihren Geist schon aufgegeben. Mira stoppte nach wenigen Metern Richtung Aufzug, schlüpfte aus den Stiefeln, verknotete die Lederbänder und hing sie sich über eine Schulter. In dünnen Socken lief es sich zwar kühl auf dem Linoleum, aber wenigstens nicht wie auf rohen Eiern. Als sie um die Ecke bog, rannte sie fast in eine Gestalt, die unterdrückt fluchend aus einem Wandschrank stolperte. "Holla, hier ist eine Fußgängerzone!" Bemerkte sie, fasste dann hilfreich nach aufgerüschtem Tüll, der wie ein ausgespuckter Katzenhaarball elektrisiert in alle Richtungen abstand. Eine kratzige und sehr ungnädige Stimme innerhalb des ehemals pfirsichfarbenen Kerns konterte. "Scheiß-Wände!" Mira stockte, versuchte, seidigen Stoff und durchscheinenden Petticoat Richtung Fußboden zu sortieren, um einen blonden Wuschelmopp freizulegen, der der Ursprung dieser elaborierten Ausführung war. "Melody?" Die Angesprochene reagierte nicht, zumindest nicht in vorhersehbarer Weise: sie torkelte der Wand zu, presste eine Hand auf ihre linke Stirnseite. "Verdammter Mist!!" Reichhaltiges Räuspern und Husten, was Mira die Rückgabe konsumierter Party-Genussmittel ankündigte. "Hey, kotz mir bloß nicht auf die Klamotten, okay?" Sie klopfte behutsam auf eine nackte Schulter, die von bläulichem Pulver gesprenkelt war. "Brauchwaszutrinkn." Nuschelte die Königin des Hauses undeutlich, schob sich an der stützenden Wand entlang. "Ich würde sagen, du hattest schon genug." Gab Mira zu bedenken, in Erwartung der üblichen, trunkenen Replik, dass man das ja wohl besser beurteilen könne. "Nichgenug." Kollerte es finster aus zerzaustem Blondhaar. "Kannjanochstehn, verdammt!" Mira grinste unterdrückt. Irgendwie wirkte das blonde Gift in dieser Verfassung sehr viel sympathischer als in der üblichen All-American-Soap-Opera-Queen-Ausgabe. "Halte mich ruhig für aufdringlich, aber was hast du im Putzschrank gesucht?" Hoffte Mira boshaft auf einen fetten Leckerbissen in Sachen Klatsch. Melody rollte mit der Eleganz einer zentnerschweren, nassen Robbe an der Wand herum, lehnte mit dem Rücken in der Dekoration. Ein zweckentfremdetes Volleyballnetz umschmeichelte ihre nackten Schultern, ließ sie wie eine Melusine erscheinen. "NNnnchhhh." Beleidigtes Hochziehen der Nase. "WozumachtmanneParty?" »Rhetorik.« Schloss Mira messerscharf. »Außerdem ein gehöriges Quantum an Selbstmitleid.« Melody gestikulierte schwankend. "WeilmanmaldieSaurauslassnwill, richtig?! Richtig!" Sie wischte unwillig blonde Strähnen aus der Stirn, enthüllte eine angemessene Schwellung auf der linken Stirnseite, die sich langsam einfärbte. "Scheiße." Nuschelte sie bekümmert. "UndichgebdemArschnochextraeinpaarbunteDinger." Herzschmerzendes Schluchzen. "Dinger?" Voluntierte Mira. "Na, Pillen!! DamitmaldiePostabgeht. Lendentechnisch. Hihihihi!" Melody knickte kichernd in die Knie. Mira ging ebenfalls in die Hocke, kämmte mit der Fingerspitze weiter verwüstete Ausläufer der ehemaligen Hochsteckfrisur aus Melodys Stirn. "Und, hat's funktioniert?" Gab sie das Stichwort, betrachtete nachdenklich verschmiertes Makeup, nun Marke Waschbär. "Uhhhhh!" Knurrte Melody bärbeißig und in Bass-Tonlage. Sie legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen. Mira wartete. Sie hatte genug Betrunkene erlebt, um zu wissen, dass scheinbar ein anderes Zeitgefühl in ihren Köpfen vorherrschte, das Einstein zweifellos fasziniert hätte. "Können Männer frigide sein?" Brach es erstaunlich verständlich aus Melody heraus. Die üblicherweise babyblauen Augen hatten einen gelb-rötlichen Stich. Mira zog die Stirn kraus. "Wie, frigide? Ob sie keine Lust haben, oder ob es ein entsprechendes Wort gibt?" Bot sie Urteilshilfe an. Melody starrte finster ins Nichts, brütete offenkundig über dieses immens wichtige Thema. Plötzlich schlug sie beide Handflächen flach auf den Boden. "Scheiß auf das Wort!!" Mira zuckte erschrocken zurück, als Melody sich wieder ächzend in die Höhe stemmte. "Soll ich dir mal was sagen? Ich hab auch Bedürfnisse!!" Lamentierte sie lautstark und leicht lallend. "Scheiß-Kerle!" Mit wild rudernden Armen schwankte sie dem Aufzug entgegen. "Wieso ist Bier ein verdammtes Grundnahrungsmittel, wenn Sex keins ist?!" Mira zog eine Augenbraue hoch, folgte der trunkenen Sirene, die mit belegter, gar nicht mehr mädchenhafter Stimme monologisierte. "Weil es Kerle sind, die das bestimmen! Schlappschwänzige, lahmarschige, gehirnamputierte und nicht mal mehr triebgesteuerte Affen!" Melody umarmte frontal einen Stützpfeiler vor dem Aufzug. "Der einzige Trieb, der noch reagiert, ist der FettbauchundBiersaufTrieb!" Polemisierte sie mit wachsender Begeisterung für sich selbst. Mira grinste, lehnte sich an die geschlossene Aufzugtür, betrachtete die nun extrem bodenständige höhere Tochter amüsiert. "Scheiße, verdammte, verkackte!! Ich hab zwei verfluchte Wochen ne widerliche Ananas-Diät gemacht, damit dieser blöde Fummel passt!" Zum Beweis zerrte sie an dem bereits stark versehrten Tüll herum, hämmerte mit einer Faust gegen die Aufzugtür. "Wo bleibt das Scheißding?!" Mira verschränkte belustigt die Arme vor der Brust. Dieses Schauspiel gefiel ihr zunehmend. "Er ist wahrscheinlich abgestellt oder defekt." Vermutete sie gelassen. "Bastard!!" Titulierte Melody den Aufzug, trat heftig gegen die geschlossene Tür. Sie schleppte sich mit plötzlichem Schwung Richtung Treppenhaus, riss die schwere Feuerschutztür derartig auf, dass sie fast hintenüber fiel. Mira bremste behutsam, hielt die Tür, während Melody ungezielte Versuche zur Durchquerung unternahm. "Na komm." Legte Mira behutsam einen Arm um die beneidenswerte Wespentaille, fühlte einen unerwarteten Widerstand. "Was ist das denn?" Erkundigte sie sich verwundert, während sie Melody zum ersten Treppenabsatz dirigierte. Die kicherte hemmungslos, um dann völlig ohne Überleitung in wehleidiges Heulen zu verfallen. "Mida!" Mira blinzelte, konnte aber des Mysteriums nicht Herr werden. "Wie bitte?" Melody stieß sie unbeholfen von sich, lehnte sich schwer atmend gegen die Wand, schloss die verklebten Augen. "N Mieder. Son Korsett-Dings. Verdammt unbequem." Mira trat einen Schritt weg, stemmte die Hände in die Hüften. »Na, das grenzt ja schon an unerlaubten technischen Vorteil, oder nicht?« Melody, in beleidigtes Heulen verfallen, drehte die Arme auf den Rücken, zupfte und zerrte so lange ausdauernd an Reiß- und anderen Verschlüssen, bis mit einem satten Knirschen die Konstruktion den Widerstand aufgab, die Schwerkraft zu ihrem Recht kam. "Wau." Staunte Mira, betastete den geschickt verborgenen, elastischen Aufbau. "Wie kannst du in dem Ding überhaupt atmen?" "Hab ich nicht!" Schnauzte Melody in Stimmungsumschwung, um dann wieder undamenhaft zu schnüffeln. "Verdammt, alles nur wegen dem Penner! Ich bin sicher feuerrot! Scheiße! So ein Blödarsch!" Bereits schmutzige Handrücken verteilten die spärlichen Reste Makeup weitflächig im Gesicht. Mira legte vorsichtig ihre Hand auf das nackte Rückgrat, schob den Stoff mit den Fingerspitzen auseinander. Die Striemen waren erkennbar, die Haut gerötet, aber bereits in der Regenerationsphase. "So schlimm ist es gar nicht." Beruhigte sie sanft. "Doch!! Verdammt schlimm!" Melody entzog sich ihr, stampfte unbeholfen die Stufen zum nächsten Treppenabsatz hoch. "Ich besauf mich mit diesem Dreck, zerr ihn in die blöde Kammer, mach die Beine breit und was hab ich davon?!" Sie breitete anklagend die Arme aus, funkelte Mira an. "Kopfschmerzen!! Ha!" Ein bitteres Lachen flankierte diese Feststellung. "Scheiße noch mal, ich bin so sauer!!!" Ihr Wutgeschrei hallte im Treppenhaus wider, duplizierte sich. Mira erklomm ebenfalls den Absatz, musterte Melody prüfend, die nun mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf ein abgerissenes Bild des Jammers darbot. Sie schluchzte leise, weniger theatralisch als untröstlich. Mira legte eine Hand in ihren Nacken, streichelte über die warme, ein wenig feuchte Haut, von der ein gewisser Salmiakgeruch ausging. "Hey, hey, vergiss ihn! Ist doch nur eine Party gewesen." Wie schäbig und einfallslos, wie unbedeutend und banal diese Worte immer klangen. Mira übte mit den Fingerspitzen einen leichten, massierenden Druck auf Melodys verspannten Nacken aus. Die zog erneut höchst unmanierlich und geräuschvoll die Nase hoch, blinzelte unter klebrigen Lidern Mira an. "Ich hab nicht mal nen richtigen Kuss von dem Wichser bekommen." Klagte sie selbstmitleidig. Mira zwinkerte. "Ich habe heute auch keinen Kuss bekommen, wenn dich das tröstet." Schmunzelte sie wehmütig. Melody strich sich erneut Haare aus den Augen, kniff diese zusammen, schnüffelte energisch. "Ne verdammte Schande!" Stellte sie nachdrücklich und ein wenig ruhiger fest. Sie lehnte sich flach an die Wand, sodass Mira ihre Hand zurückziehen musste. Melody legte den Kopf schief, musterte Mira eingehend. "Hey, hast du was zu trinken?" Mira schüttelte den Kopf. "Bedauere, kein Alkohol." "Scheiße!" Melody wandte den Kopf ab, schien nachzudenken. Mira zögerte, suchte in dem Profil nach einem Hinweis, wie es nun weitergehen sollte. Ihre Aufmerksamkeit wurde auf das üppige Dekolletee gelenkt, das sich zu entblättern drohte, da die Verschlüsse nicht mehr hielten, was sie versprachen. "Äh....du solltest vielleicht...?" Zog sie Melodys Aufmerksamkeit mit bezeichnendem Blick auf sich. Melody äugte an sich herab, schnalzte verächtlich mit der Zunge. "Wen kümmert's?! Ich werd heute eh nicht mehr flachgelegt." Kommentierte sie mit einem dreckigen und zugleich tristen Lachen. Mira fischte mit den Fingerspitzen blonde Strähnen aus der Stirn. "Man kann nie wissen." Wisperte sie schelmisch. Melody schnaubte abwertend. "Klar, 'Mann' weiß nie irgendwas! Sonst hätte 'Mann' auch meine Bedürfnisse nicht so schnöde ignoriert!" Mira registrierte, dass sich Melody wohl schon wieder auf dem Weg der Ernüchterung befand. Sie bedauerte dies zu ihrer eigenen Verwunderung. "Tja..." Sagte sie, strich hauchzart über die vollen Lippen. "Schade." Melody kniff die Augen verärgert zusammen. "Nix 'schade'! Das könnte den Wichsern so passen, mir den Abend vollkommen zu versauen!" Ohne viel Federlesens grub sie ihre adrett lackierten Fingernägel in den Ausschnitt von Miras Bluse, zog sie an sich heran, küsste sie herausfordernd. Mira musste sich mit beiden Händen an der Wand abstützen, während in ihrer Magengrube eine Explosion auf die andere folgte. »Der Kerl... muss... ein... vollkommener... Idiot... sein....« Melody entließ den seidigen Stoff aus ihrer stahlharten Umklammerung, schlang beide Arme um Mira, küsste sie ausgehungert und keineswegs schüchtern, forcierte ihre Zunge zwischen Miras Lippen, verteilte einen seltsam süßlichen Geschmack, der sofort Hitze in Miras Adern trieb, wie ein Fieberschauer ihren Körper durchrauschte. Als der Sauerstoff versiegte, lösten sie sich schwer atmend voneinander, betrachteten sich ratlos. Natürlich fand Melody die passenden Worte. "Himmel, Arsch und Zwirn, du kannst dich wohl nicht rasch in nen Kerl verwandeln?!" Mira hustete, schüttelte den Kopf. "Sorry, is nich drin!" Melody wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. "Ach zur Hölle, was soll's! Wo ist deine Bude?" Mira schwindelte förmlich vor Überraschung. Ihr ungläubiges Staunen reizte Melody zu einem verärgerten Grunzen. "Denkst du, ich hab die Scheiß-Diät umsonst gemacht?! NEEE!!" Mira lachte krächzend. Irgendwie fühlte sie sich seltsam schwerelos. »Diese Pillen... was war das bloß für ein Zeug?!« Das hinderte sie nicht daran, Melody an sich zu ziehen, zu ihrem Zimmer zu geleiten, sich Wegzehrung in oraler Form zu verschaffen. (!_!) Irgendwo nervte ein impertinent lärmender Wecker, der mit erlösendem Knall eine Wand traf. Mira schlug die Augen auf, betrachtete verwirrt ihren Lampenschirm, der einen pfirsichfarbenen Petticoat trug. Jemand schnorkste leise neben ihr. Sie wandte den Kopf, studierte eine wüste, blonde Mähne, der die leisen Schnarchgeräusche entflohen. »Ich glaub's nicht!!« Sie lupfte die Decke an, beäugte tief durchatmend die sehr annehmbaren Reste der vergangenen Nacht, strich zärtlich einige Strähnen aus der Stirn, musterte die blaue Beule. »Autsch...« Das sah nach üblen Kopfschmerzen aus. Sie wickelte behutsam die Decke um die süße Schläferin, entwich ihrem Bett, huschte zur Waschnische herüber. Im Spiegel fand sie aufgelöste Zöpfe, einige lange Kratzer und vor Lebensfreude sprühende Augen. Danach in der Kommode eine Familienpackung Aspirin. Mira grinste spitzbübisch. »Die auf dem Nachttisch, und sie wird um meine Hand anhalten.« (!_!) Im frühen Morgendunst kauerte ein Titan mit verklärtem Gesichtsausdruck und sanftem Pochen im verlängerten Rückgrat wie ein altertümlicher Wasserspeier auf einer Treppenkaskade, die den gepflasterten Weg zur Straße beschloss. Um seinen rechten Oberarm fand sich eine grüne, hauchzarte Strumpfhose gewunden, eine Trophäe der letzten Nacht. Mit dem idiotisch-glückseligen Lächeln hoffnungslos Verliebter suchte er die verkaterte Morgensonne, wusste nichts von dem schwarzen Schmuck auf seinem Allerwertesten, der eine ganz besondere Schönheit in der vergangenen Nacht bewiesen hatte. (!_!) Ioannes schlug die Augen auf, betrachtete die Zimmerdecke. Er konnte seine Glieder spüren, auch wenn hinter seinen Schläfen eine herzlich unbegabte Combo ihren Einstand mit einer endlosen Kaskade an Trommelschlägen einleitete. Sollte er sich tatsächlich ohne Schwindel und Sehstörungen auf die Beine begeben können, so waren die Schrecken gnädig vergessen, hatte er doch in seinen wirren Träumen in schwankenden Schatten, zwischen Ghoulen, Gespenstern und buhlenden Dämonen eine geschmeidige Echse gesehen, die züngelnd seinen Körper mit ihren Brandmalen verzierte, sein Schreien in ekstatische Laute der Lust wandelte. Diese Erinnerung, obgleich unscharf und unkoordiniert im Ablauf, trieb Ioannes die Schamröte in die Wangen. Als ob es sich ereignet hätte... aber das war Unsinn!! Melody hatte ihm etwas in das abscheuliche Gebräu gemischt. Das hatte ihn zu Halluzinationen verleitet. Nichts weiter! Ioannes zupfte mit einem tadelnden Schnalzen an seinem Smokinghemd herum, das vollkommen zerdrückt die Nacht kaum überstanden hatte. »So eine Nachlässigkeit! Einzuschlafen, ohne sich umzukleiden!« Das hatte man von diesen Feiern!! »Nichts als vermeidbarer Ärger und dämlicher Aberglaube!« Vor den Spiegel tretend knöpfte er die Hemdbrust auf. (!_!) "Scheiß-Wecker!" Knurrte Melody, drehte sich herum, als ein schriller Schrei des ungläubigen Entsetzens durch das Haus fuhr. Auf heller Haut, treu behütet von blütenweißem, nicht mehr ganz faltenfreiem Hemd prangten auf sehniger Brust ein paar Worte in flammender Schrift: trick or treat!! (!_!) ENDE (!_!) ~~> Fortsetzung in "I Put A Spell On You" Euch allen ein Happy Halloween!! Und danke fürs Lesen! sagt kimera und knuddelt den Plüsch-Pumpkin ^_^ PRODUKTIONSNOTIZEN Diese Geschichte basiert hauptsächlich auf dem titelgebenden Song der gleichnamigen Band sowie auf "Dr. Stein", der die Erschaffung plakativ beschrieb. Wie man kaum verfehlen kann zu bemerken, ist dies als Abrechnung mit den kitschigen Feiern zu verstehen, mit dem Elite- und Cliquen-Kult und sollte nach zwei Litern koffeinhaltigen Kaltgetränks auch den Humorpegel anheben ^-^° Dass die episodenhaft vorgestellten Charas aber ein derart dominantes Eigenleben entwickeln würden, hatte ich nicht erwartet ^_^