Titel: Appassionata Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original Helloween Tricksters-Serie (siehe Informationen), Teil 4 FSK: ab 16 Kategorie: Phantastik Erstellt: 14.08.2002 Disclaimer: die Songs gehören ihren Autoren/Interpreten wie zitiert. Für die kleine Göttin, die mir bärige Unterstützung sandte und für Seya, die bellerophonische Qualitäten entwickelt ^_~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ Appassionata Kapitel 1 - Es liegt was in der Luft Ein Jahr vergangen, zwei Semester mehr oder weniger erfolgreich absolviert: dies schrie förmlich nach einer Festivität zum Ausklang. Dieser Meinung war auch die führende Vertretung der unterschiedlichen Fakultäten. Man entschloss sich wie in jedem Jahr, den jüngsten Studierenden die Aufgabe zu oktroyieren: die Organisation eines sommerlichen Abschlussfestes zu übernehmen. Wer wäre dafür prädestinierter als die beiden in Wahl berufene Vertretung des jüngsten Jahrgangs, Melody und Karoly? Wobei letztgenannter sich hinter dem Abwehrbollwerk seines herausragenden Intellekts erfolgreich verschanzt hatte, um in diesem ersten Jahr keinen Schiffbruch in akademischer Hinsicht zu erleiden. Nach bestandenen Leistungsprüfungen verfügte er über mehr als ausreichende Freizeitkontingente, wie Melody in pointierter Spitzfindigkeit bemerkte, da sie sich der Aufgabe solitär ausgesetzt sah. Ioannes, der das janusköpfige Vergnügen hatte, ihr Gesellschaft in der Mensa zu leisten, blinzelte erschöpft hinter beschlagenen Brillengläsern. Die gewaltigen Fensterfronten unter der Sonnenglut heizten den weitläufigen Raum auf tropische Temperaturen. "Warum konfrontierst du ihn nicht in angemessener Situation mit deiner Kritik?" Versuchte er sich in einem Moderationsbeitrag. Wie gewohnt gereichte dies der blonden Sirene mit den babyblauen Augen und der mehr als attraktiven Verschalung eines ambitionierten und messerscharfen Verstands, diesbezügliche Gedanken numerisch aufzuzählen. Allein, es schien, das Objekt der Verachtung verfügte über keinerlei attackierbare Schwachstellen. Oder diese waren noch nicht aufgedeckt worden. Ein Schatten, eingehüllt in eine dezent aromatisierte Wolke exotischer Hölzer, warf sich über den Tisch. "Zalve, meine Leidenzgenozzen." Mauro Lisard, genannt Lizard, nunmehr das fünfte Semester in Sachen Kommunikation vor den ungewöhnlich bernsteingelben Falkenaugen, schnickte seine stets filzig wirkende Strähne aus der Stirn, machte es sich neben Ioannes rittlings auf einem Kunststoffstuhl bequem, die Arme erwartungsfreudig auf der geschwungenen Lehne aufgestützt. "Lizard..." In der schmeichelnd-sanftmütigen Stimme der Sirene schwang Verärgerung und Abwehr, die deutlich signalisierte, dass seine Abwesenheit in diesem Augenblick die bessere Alternative gegenwärtigen Aufenthalts darstellte. Lizard grinste mit schmalen Lippen unbeeindruckt. Seine Aufmerksamkeit fokussierte sich auf den schmächtigen Mann mit den erschöpften Zügen und der zerbrechlich-attraktiven Ausstrahlung einer gespannten Bogensehne. Es schien, dass er sich kaum abhalten konnte, die sorgfältig getrimmten Locken zu zerzausen, die lang bewimperten Augen hinter dem gläsernen Visier zu befreien, um in ihr verborgenes Feuer einzutauchen. Ioannes, dem diese Tatsachen nur zu vertraut waren wie auch diverse andere Details, die den Kommilitonen zu einer sehr exquisiten Bekanntschaft stuften, unterdrückte ein Seufzen. Als Kavalier, und dies lag in seiner Natur implementiert, war es ihm unmöglich, das unausgesprochene Hilfeersuchen abzuweisen, auch wenn er sich nicht mehr fähig fühlte, größere Anstrengungen auf sich zu nehmen. "Ez geht um die Feier?" Lizards verschleppte, konsonantisch zischende Aussprache, einer Zahnklammer geschuldet, riss sie aus ihren dumpfen Gedankenkreisen. "Korrekt-" Melody beließ es bei knappsten Reaktionen, was diesen fremdartigen Mann betraf, der so ungeniert und beständig die Gesellschaft des Mannes suchte, den sie vor wenigen Monaten noch als vielversprechendsten Anwärter für ihre ehrgeizige Zukunft erachtet hatte. Eine denkwürdige Veranstaltung in der Halloween-Nacht hatte dieser Überzeugung ein jähes Ende bereitet. Allerdings die Verantwortlichkeit für den in ihren Augen hilflosen Kommilitonen jedoch nicht geschmälert! Wie leicht konnte der in die Hände einer raffgierigen, ausbeuterischen Schlampe geraten! Was es zu verhindern galt, auch wenn sie nicht die Nutznießerin sein konnte. "Hazt du schon ein Motto?" Lizard wandte sich nun ihr zu, die Falkenaugen funkelnd. Melody arrangierte in betonter Nachlässigkeit ihre gelockte Blondmähne, sorgfältig onduliert und gepflegt, die Fingernägel passend zum Lippenstift lackiert. "Ich bin für die Wünsche aller offen." Ihr Tonfall jedoch indizierte, dass Wünsche sich nur selten in der realen Tat wiederfanden. Lizard grinste, metallische Verstrebungen entblößend. "Eine interezzante Möglichkeit, zich und andere zu inzzenieren." Warf er leichthin in die Runde, bevor seine Hand auf Ioannes' Schulter den zusammenschrecken ließ. "Unzer Kolleg beginnt gleich." Erinnerte er samtig-raunend, bevor Ioannes sich hastig hochschraubte, mit einer entschuldigenden Floskel davonhastete. Lizard lächelte unverbindlich, bemerkte die Konzentration in Melodys schönen Augen. Sein Grinsen vertiefte sich. Ihre Fingernägel gruben sich in seinen Unterarm, ebenso stählern wie ihr Blick. "Ich warne dich, Lizard, wenn du Ioannes in irgendwelche Kalamitäten bringst...!" Das eiskalte Fauchen korrespondierte so gar nicht mit der lieblich-konservativen Aufmachung, doch der Ernst der Äußerung war nicht zu verkennen. Lizard zwinkerte, eine Hand auf die zarte, ungemein starke auf seinem Unterarm platzierend. "Keine Sorge, meine Liebe, an meiner Seite ist er sicher und gut aufgehoben." Wisperte er ohne den geringsten Anschein eines Sprachfehlers vertraulich, dem Stahl mit diamantener Härte begegnend. Nach einem stummen Duell, nur wenige Sekunden während, lösten sich die beiden Kontrahenten schweigend voneinander. Lizard entfernte sich gelassenen Schritts, die inquisitorischen Blicke der Sirene auf der Haut prickelnd wie Hagelschauer. ~?~ Der Hüne mit der stachligen, ungezähmten Mähne beugte sich interessiert über die Peripherie an Monitoren, Computergehäusen in rudimentärsten Zuständen und diversen Verkabelungen. Ein distinguiert wirkender Mann mit melierten Schläfen und maßgeschneidertem Anzug in konservativer Farbrichtung hackte in Hochgeschwindigkeit auf einer Klaviatur an Tastaturen ein. Ein Wechselspiel an Fieberkurven und endlosen Zahlenkolonnen in tabellarischer Gestaltung flackerte über die Bildschirme. "Wie sieht's aus?" Erkundigte sich Sax in gutturalem Kehlton, die dicken Strähnen aus der Stirn bannend, das Wolfsgebiss fletschend. "Der Markt bietet natürlich nicht viel, Baisse bleibt Baisse, aber ich denke, wir befinden uns auf der richtigen Spur." "Gute Arbeit, CC III! Wir sollten uns heute Abend ein wenig Entspannung gönnen!" Sax warf einen begehrlichen Blick auf eine in blendendes Weiß gekleidete Gestalt am anderen Ende der aufgegebenen Fabrikhalle, die dort in steifer Anmut zwischen improvisierter Küchenzeile und Nähmaschine wechselte. Ein diskretes Hüsteln fokussierte seine Aufmerksamkeit wieder auf den medialen Artisten. "Das würde auch eine Demission einschließen? Ich verfüge de facto über eine Einladung, die uns gesellschaftlichen Aufstieg verschaffen könnte." Sax fächerte seine schwarzen Krallen grinsend auf. "Fräulein Natalie?" Wagte er einen riskanten Schluss, auf CC IIIs Eroberung des vergangenen Halloween-Festes anspielend. Die besagte junge Dame, ihres Zeichens Studentin, wohlbetucht, konservativ, aber opportunistisch und mit besten Beziehungen ausgestattet, befand sich seit jener denkwürdigen Nacht in seinem Bann, durchaus beabsichtigt: sie diente ihrem Aufstieg in vielfältiger Weise. "Dieselbe." CC III erhob sich, strich imaginäre Falten aus seinem dreiteiligen Anzug. Sax signalisierte einen erhobenen Daumen. "Misch die elitäre Bande auf!" Schnurrte er rau, bevor er die Halle durchquerte. Dort hatte sich Surprise in einer improvisierten Schaukel aus alten Lastkränen niedergelassen, summte stillvergnügt vor sich hin, ungeachtet der weniger als marginalen Bekleidung. "Eine Themenparty, das ist so toll!" Zwitscherte es leicht lispelnd, während sie die Spitzen ihrer Lack-Ballerinas aneinander schlagen ließ. "Du wirst sicher abgeholt?" Erkundigte sich in arktischer Beherrschung die schlanke Gestalt in Weiß, mit konzentrierter Aufmerksamkeit das Umsäumen eines Petticoats absolvierend. "Nein!" Trällerte Surprise aufgeräumt. "Ladies und Gentlemen kommen getrennt. Das ist ja auch viel demokratischer." Versicherte ein spöttisches Augenzwinkern, das allein bekundete, welche mentale Qualität hinter dem herzförmigen Gesicht mit der Korkenzieherlocken-Einrahmung lauerte. Eine gerade, schwarze Augenbraue lupfte sich minimal. "Wie avantgardistisch." Die Diktion mit nordischem Akzent blieb frostig. "Aber ich werde HaHa natürlich treffen." Lange Wimpern wirbelten Tusch, ein anzügliches Kräuseln des kirschroten Schmollmundes. "Also wartet nicht mit dem Frühstück auf mich." "Ich gehe doch recht in der Annahme, dass ein Antrag verzögert wird?" Die kühle Stimme pointierte bezeichnend, war doch hinlänglich bekannt, dass HaHa, Hans-Heinrich und ebenfalls Student, mehr als vernarrt in Surprise, diese zu ehelichen gedachte, was nicht nur fehlende Papiere verhinderten, sondern auch die höchst ungewöhnliche Beschaffenheit der Auserwählten. "Oh, Aurelius, mach dir keine Sorgen, ich lenke ihn schon ab!" Mit artistischer Eleganz saltierte Surprise von der Schaukel. Sie landete graziös, um mit aufgeregtem Kichern in das Kleid zu schlüpfen, das der kreiert hatte, ein wahrer Traum aus pfefferminzfarbenem Tüll, Satin und raffinierter, nicht ganz zeittypischer Verschnürung. Sax, der an einer massiven Säule lehnte, mit gekreuzten Armen schweigend beobachtete, lächelte zufrieden. Sein Clan im jeweiligen Element: was konnte besser sein? ~?~ Mira gelangte im Windschatten einer schwatzenden, enervierend schrill kichernden Gruppe Kommilitoninnen in den Festsaal, nutzte geschickt die Deckung von Säulen und Dekorationselementen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Das Festkomitee hatte ganze Arbeit geleistet: Plakate allerorten, die das Jahr 1962 ausriefen, Girlanden und Laternen in poppig-buntem Papierkleid, kolorierte Schwarzweißaufnahmen, die den Aufbruch in eine neue Zeit dokumentierten. Die Schultern kreisend studierte Mira das Material, unauffällig nach der Schirmherrin der Veranstaltung Ausschau haltend. Sie kam sich fremd in ihrer eigenen Aufmachung vor, kiwi- und orangefarben, gewagt selbst für ihre warme Haut, die dünnen, perlenschnurartigen Zöpfe zu einem einzigen am Oberkopf hochgebunden, Stoff-Ballerinas unter der Capri-Hose. »Und dann erst die Bluse...« Mira seufzte. Authentischer Schnitt, was nicht nur enorme Knöpfe bedeutete, sondern auch pointierte Abnäher, die sie unangenehm an die zugespitzte Stützware der Großmüttergeneration erinnerte. »Warum tue ich mir das eigentlich an?!« Aber es bewirkte nichts als Bitterkeit, am eigenen Verstand zu zweifeln. Sie hatte sich nur für eine Person in dieser weitläufigen Halle in Schale geworfen, ihre Prinzipien hintangestellt. Diese Person würde den gesamten Abend im Rampenlicht stehen, unerreichbar sein. »Wenn das nicht Liebe ist, ist es galoppierender Schwachsinn mit masochistischen Einschlägen! Wenigstens habe ich kein Makeup aufgelegt!« Eine mehr als bekannte Stimme, in lieblichem Plauderton melodiös Anweisungen erteilend, ließ sie herumfahren, die Vorsätze, sich im Hintergrund unauffällig zu halten, somit vergessen. »Melody...« Wie stets perfekt dem Anlass entsprechend gekleidet, die blonde Lockenmähne mit einer einzigen Spange seitlich aus dem Gesicht gebannt, in einen Traum von pastellfarbenem Violett gehüllt, nicht nur Petticoat und Rundhalsausschnitt, der ihrer üppig proportionierten Figur den atemberaubenden Rahmen gab, nein, selbst die Schuhe im College-Stil zweifarbig und geschnürt, komplettierten die Aufmachung en detail. Mit farblich abgestimmten Handschuhen, aus durchscheinendem Taft gefertigt, dirigierte sie ihre Crew aus willigen Helfern, die ebenso wie Mira auch gebannt an ihren schimmernden Lippen hingen, Bewunderung und Verehrung ausstrahlend. Die Mitte des Saals sollte unbedingt zum Tanz freigehalten werden. Das bedeutete in der Folge, dass nicht für alle Stuhl und Tisch vorhanden waren. Deshalb warteten hinter der Kolonnade der Säulen Bänke und Büfett-Tische auf. »Ein Hauch von Tanzstunde...« Mira seufzte, dieses Mal lauter. »Wenigstens werden die Dips gut sein.« Melody war Perfektionistin und hatte eine erklärte Schwäche für köstliches Essen. ~?~ "Ich mache mich mal auf die Socken!" Surprise füllte in der üblichen Hochgeschwindigkeit die für den Anlass eigens gestaltete Handtasche, hängte sie sich auf den Unterarm, die Handschuhe zurecht zupfend. "Du bist sicher, dass ich dich nicht bringen soll?" Sax gestikulierte einladend auf einen Roller, der sich unversehens und lediglich zeitweise, wie sein Usurpator hoch und heilig versichert hatte, in der Fabrikhalle fand. "Ja." Ein hauchzarter Kuss landete spielerisch auf seiner Wange. "HaHa soll doch keinen falschen Eindruck bekommen." Das Lispeln verwandelte das sanfte Kichern in einen liebevoll mokierenden Spottgesang. "Na gut, dann viel Spaß, Zuckerschnäuzchen!" Sax erwiderte das vertrauliche Grinsen mit wölfischem Zähnefletschen, die wilde Mähne mit beiden Klauen durchfahrend. "Ciao~Ciao!" Surprise verschwand hüftschwingend in der lauen Sommernacht. "Etwas liegt in der Luft." Aurelius materialisierte sich lautlos neben ihm, eine Aura aus Kälte und Unnahbarkeit ausstrahlend wie ein Halo. "Hmmm." Sax rieb sich das Kinn, wandte den Kopf, lächelte becircend in die kaleidoskopierenden Augen. "Das will ich doch hoffen!" Schnurrte er kehlig. ~?~ Auf einen dezenten, aber herrischen Wink hin verstummte die Musik. Melody begab sich in das Scheinwerferlicht, ein strahlendes Lächeln auf den rosig schimmernden Lippen. "Guten Abend, ich freue mich, dass ihr unsere Feier zum Abschluss eines Studienjahres so zahlreich bevölkert. WIR haben uns in diesem Jahr entschlossen, auf eine Zeit zu verweisen, in der alles neu, jung und frisch war. Eine Zeit der Träume und Visionen." Ihre Betonung des "Wir" strafte das Wort Lügen. Die stoffbewehrte Hand wies auf die kolorierten Schwarzweißaufnahmen von Bürgerrechtlern und Präsidenten. "Eine Zeit für den Aufbruch in eine gemeinsame, bessere Zukunft. Wenn wir uns heute Abend hier amüsieren und gemeinsam feiern, soll es uns daran erinnern, welche Möglichkeiten wir haben." Die Faust in kämpferischer, ungewohnt machtvoller Pose in die Höhe reckend stählte sich ihr so babyblauer Blick eisern. "WIR sind die Zukunft!" Dramatisch und perfekt getimt erlosch der kreisrunde Scheinwerfer, der sie ins Licht gesetzt hatte. Der Saal hüllte sich in Herzschläge währende Stille und Dunkelheit, bevor das erste Lied die Anspannung durchbrach, zustimmende Rufe und Applaus aufbrandeten. Melody, die in ruhigem, eiligem Schritt die Tanzfläche verlassen hatte, lächelte in unverhohlener Zufriedenheit, die Handschuhe abstreifend und achtlos in ihre Bügelhandtasche stopfend. "So weit, so gut." Ihre Augen funkelten entschlossen, ein beiläufiges Nicken streifte die Entourage. Natürlich wagte sich trotz mitreißender Musik niemand auf die Tanzfläche, sodass auch hier die Initiative der ungekrönten Königin erforderlich war. Sie nickte in den Halbschatten einer Säule, und, wie überraschtes Keuchen durchlief ein Schauer die Anwesenden, ausgerechnet Lizard löste sich. Er stiefelte in seiner gewohnten Aufmachung aus Reptilienhaut-Sakko und schimmernden, eng anliegenden Stoffhosen, Eintänzerschuhen und durchscheinendem Hemd auf die Tanzfläche, eine Drehung einbauend, die seinem gockelhaften Gebaren die Krone aufsetzte. Er lächelte hinter seiner stählernen Zahnspange aufreizend, ergriff ihre Hand, führte sie ohne Zögern oder Ungeschicklichkeiten, während Funken zwischen ihnen zu detonieren schienen. Ein Duell, zweifellos. ~?~ "WoistIoannes?" Melody zischte die Silben komprimiert hinaus, verlor das amüsierte Lächeln keinen Wimpernschlag. Die blauen Augen schleuderten todbringende Dolche. Lizard grinste, wippte mit einer ruckartigen Kopfbewegung die schwere Strähne aus den Bernsteinaugen. "Ich vertrete ihn, Eure Lieblichkeit. Er fühlte sich dem Strezz nicht gewachzen." "WenndaseinesdeinermiesenSpielchenist..." Ihre vollen, sanft geschwungenen Lippen sprühten unsichtbar Gift. "Nein." Lizard inszenierte zu Sekunden währender Erstarrung seiner Tanzpartnerin einen Handkuss. "Er ist wirklich zu erschöpft." Ein Knurren bedeutete ihm, dass, für den Augenblick!, diese Erklärung Gehör fand. "Im Übrigen möchte ich dir raten, heute Abend auf alles gefasst zu sein." Die leicht schleppende Aussprache fehlte wie gleichsam auch der Sprachfehler, was Melodys Augenbrauen in die Höhe wandern ließ. "Details?" Fauchte sie auffordernd. Lizard setzte zu einer letzten Drehung an, die ihm erlaubte, sich im Windschatten der Lockenmähne zu bewegen. "Es lebe die Demokratie." Lizard neigte den Kopf zum Dank für den Tanz, entfernte sich, entgegen der Konventionen Melody nicht an den Rand der Fläche geleitend. Sie bewahrte eisern Haltung, lächelte grüßend, während ihre Augen im Rund nach der angekündigten Demontage suchten. ~?~ "Puh, so eine Schande!" Surprise schüttelte die Locken aus, von einem dünnen Wasserfilm überzogen, lächelte hoch in das breite Gesicht ihres Begleiters. HaHa, Hans-Heinrich, mehrere Zentner schwer und von erheblicher Massenverdrängung, bot die gewaltige Pranke, um seiner anmutigen, zierlichen Begleitung Halt zu gewähren, mehr noch aber, um mit der schönsten Frau, nun, zumindest dem schönsten Wesen, das er jemals getroffen hatte, in den Saal zu schweben. Er war sich sicher, dass unzählige Augenpaare auf sie gerichtet werden würden. Er wollte beweisen, dass er der glücklichste Mann auf der Welt war. "Warte doch bitte!" Zwei schlanke Hände legten sich auf sein Revers, vorgeblich, um Wassertropfen von dem hellen Stoff abzustreifen, der sich mit der dunkelroten, der Hitze geschuldeten Gesichtsfarbe beklagenswert biss. Artig beugte sich HaHa hinab, um der Korrektur zu assistieren, als ihn die flinken Händchen um den gewaltigen Kopf fassten, einen bonbonfarbenen Kuss auf die Lippen hauchten. Die Katzenaugen funkelten animalisch, weniger mädchenhaft als beutegierig. "Später will ich mehr, mein Süßer." HaHa nickte hingerissen. "Alles, was du willst!" Stotterte er mühsam hervor. Ein amüsiertes Kichern. Er fand sich wie ein verliebter Teenager wenige Meter über dem Boden schwebend hinter seiner zartesten Verführung, ihre Finger sehr vorsichtig zwischen die eigenen gewaltigen fädelnd. "Huiiii..." Surprise stieß die Feuerschutztür ohne die geringsten Anzeichen von Anstrengung schwungvoll auf. "Das ist unser Tanz." Sie flatterte Bann schlagend mit den Wimpern. HaHa nickte eilends, während ein versprengte Teil seines Verstandes hoffte, er möge sich nicht allzu ungeschickt bewegen. "Keine Angst." Das liebliche Lispeln zirpte wie äolische Harfenmusik an seine Ohren. "ICH führe." ~?~ Be My Baby (Ronnettes) The night we met I knew I needed you so And if I had the chance I'd never let you go So won't you say you love me I'll make you so proud of me We'll make 'em turn their heads Every place we go So won't you please (Be my be my baby) Be my little baby (I want it only say) Say you'll be my darling (Be my be my baby) Be my baby now (I want it only say) Ooh, ohh, ohh, oh I'll make you happy, baby Just wait and see For every kiss you give me I'll give you three Oh, since the day I saw you I have been waiting for you You know I will adore you Till eternity So won't you please (Be my be my baby) Be my little baby (I want it only say) Say you'll be my darling (Be my be my baby) Be my baby now (I want it only say) Ooh, ohh, ohh, ohh, oh So come on and please (Be my be my baby) Be my little baby (I want it only say) Say you'll be my darling (Be my be my baby) Be my baby now (I want it only say) Ooh, ohh, ohh, oh (Be my be my baby) Be my little baby (I want it only say) Ooh-oh-oh-oh, ooh-oh-oh-oh (Be my be my baby) Oh-oh-oh, oohh... (I want it only say) Oh, oh, oh, oh, oooohh ~?~ "Liebe Güte, sieh sich das mal einer an, der Fettkloß und die Elfe!" Ioannes wandte den Kopf ab, um nicht weitere abwertende Kommentare vernehmen zu müssen. Sein Kopf dröhnte trotz diverser pharmazeutischer Produkte. Er fühlte sich, als probe eine Horde aggressiver Kobolde Beethovens Ode an die Freude, ohne dabei über die ersten Takte hinwegzukommen. Es schien ihm zusätzlich, als sei er innerhalb des letzten halben Jahrs geschrumpft, denn sein Tuxedo schlabberte, einen anderen Ausdruck konnte man nicht anführen, um ihn herum. Er hatte nicht die Zeit gefunden, eine dem Motto entsprechende Kostümierung zu besorgen. »Ich sollte mich glücklich schätzen, dass Mauro eingesprungen ist. Einen weiteren Auftritt auf dem Präsentierteller hätte ich nicht durchgestanden.« Ihn fror trotz der tropischen Temperaturen, die in der Halle herrschten. Nicht nur die provozierende Musik, auch die Enge und die explodierende Erleichterung nach einem Jahr angefüllt mit Verpflichtungen, Zensuren- und Zeitdruck, brach sich gleißend und knisternd Bahn. »Wie in einem Raubtierkäfig.« Es lag etwas in der Luft, das Ioannes mit Brot und Spielen assoziierte. Der römischen Variante. Überraschenderweise war Melody nach dem ersten Tanz nicht mehr aufgefordert worden. Sie schritt zwar die einzelnen Gruppen ab, machte die Honneurs, doch selbst ihm konnte nicht entgehen, dass diese Aktivität ein Feigenblatt angesichts einer gesellschaftlichen Bloßstellung darstellte. Als Kavalier konnte er natürlich ein solches Verhalten nicht goutieren. Doch sich deshalb mit ihr auf das trügerische Parkett wagen? Ioannes seufzte, kühlte sich die brennende Stirn mit seinem Eiswürfel geschmücktem Wasserglas. "Eh." Eine Hand strich sanft über seinen Rücken. "Wie fühlst du dich?" Ioannes schreckte zusammen. Nur die übermenschlich schnelle Reaktion Lizards verhinderte den berstenden Fall des Glases. "Hoppla." Die spöttelnde Stimme schmeichelte sich in Ioannes' Ohr. "Sag nicht, du fürchtest dich vor mir." Den Blick in die Raubvogelaugen vermeidend konzentrierte sich Ioannes angestrengt auf die Tanzfläche, versuchte zu ignorieren, dass Lizards Hand auf der Säule hinter seinem Kopf ruhte, dessen gesamter Körper ihm zugewandt war. "Was ist los?" Ohne Rücksicht auf Zuschauer oder Konventionen streichelte eine schlanke Hand über Ioannes' fahle Wange. "Nicht doch!" In einer seltenen Anwandlung von glühendem Protest gegen alles und jeden fuhr der herum, wischte heftig die Hand von seiner Seite, die fieberglänzenden Augen brennend. "Lass mich endlich in Frieden!" Ungeachtet der Tatsache, dass erst sein überzogener Ausbruch diverse Aufmerksamkeit auf sie lenkte, rauschte Ioannes davon. Er verbannte die bernsteingelben Falkenaugen aus seinem Kopf, die schweigend auf seinem steifen Rücken ruhten, bevor ihr Besitzer sich an die Säule lehnte, mit einem nachsichtigen Lächeln auf den schmalen Lippen die filzige Strähne aus den Augen schnickte. ~?~ Der Regenschauer, Abkühlung bringend, wechselte in ein sanftes Nieseln über. Er verabschiedete die reinigende Gewalt, mit der sich die gewaltigen Schauerwolken bekämpft hatten. Sax lehnte an einer Glasstein-losen Fensterfront, beobachtete die Nacht, sog tief die kalte Luft in seine Lungen hinab, wo sie sich zischend mit seinem vulkanisch heißen Körper verband. »Bald... ja, bald...« Er streifte sich ein einfaches Lederhemd in dem gewohnten Nachtschwarz über, machte sich dann auf, seinen Eisprinz zu suchen, lächelte sein Spiegelbild in zerbrochenen Scherben an. "Ich bin wirklich ein verfluchter Romantiker!" Seine Raubtierzähne blitzten genießerisch auf. ~?~ Melodys Haare sträubten sich elektrisch aufgeladen unsichtbar wie ein Stachelkamm. Sie wusste, dass etwas im Busch war, konnte es förmlich greifen, jedoch die Ungeduld, wann endlich der entscheidende Schlagabtausch geführt werden würde und wer der Erste, nein, erwartungsgemäß, DIE Erste, sein würde, die den Reigen eröffnete, enervierte sie. »Es hätte mir ja klar werden können, als dieser verblödete Penner von Karoly nicht aufgetaucht ist! Feiger Mistkerl!« Sie lächelte unvermindert in hoher Wattzahl. »Demokratie, ha!« Sie wusste, woher der Wind wehte. Es bedeutete nichts anderes, als dass die Herde der faulen, schafsköpfigen Schleicher sich von einem anderen hatten einfangen lassen, glaubten, dass neue Besen besser kehrten! »Demokratie!« Sie unterdrückte mühsam ein abschätziges Schnauben. Der König ist tot, es lebe der König, das galt von Alters her und nicht zu unrecht. Es musste einen Meinungsführer, einen Entscheider geben. Wenn es sich dabei um eine Frau handelte, wurde es selbstredend gleich anrüchig, kratzte an dem Selbstwert der männlichen Seilschaften, die von Geschlechtsgenossinnen weidlich unterstützt und aufgewiegelt wurden. Sie machte sich nichts vor, keine Schwäche in dieser Hinsicht, aber die heimtückische Vermeidungs- und Isolationstaktik zehrte zunehmend an ihren Nerven. Umso erstaunter, wenn auch nicht sichtbar in ihren attraktiven Zügen, reagierte sie, als der viel gescholtene Karoly durch das Motto in sehr unvorteilhaftes Licht gesetzt, da vorstehender Adamsapfel und geknickte Kranichgestalt betont wurden, ihr die Hand zum Tanz reichte. »Da ist was faul, verfluchte Scheiße! Ich weiß es, verdammt!« Melody lächelte wie raffinierter Zucker, fein, zart und aromatisch abgerundet, während in ihr kriegerischer Zorn brodelnd auf ein Ventil wartete, um sich verheerend auf die Widersacher zu werfen. ~?~ You Don't Own Me (Blow Monkeys) You don't own me, I'm not just one of your many toys. You don't own me, Don't say I can't go with other boys. Don't tell me what to do, And don't tell me what to say, Please, when I go out with you Don't put me on display, 'cause... You don't own me, Don't try to change me in any way. You don't own me, Don't tie me down 'cause I'd never stay. Oh I don't tell you what to say, And I don't tell you what to do, So just let me be myself, That's all I ask of you. I'm young and I love to be young, I'm free yeh and I want to be free, To live my life the way I want, To say and do whatever I please. Don't tell me what to do, And you don't tell me what to say, And please, when I go out with you Don't put me on display 'Couse I don't I don't tell you what to say, And I... I don't tell you what to do... ~?~ Es ging so rasch, distanziert vonstatten, dass sie sich hilflos den Ereignissen ausgesetzt fand, eine Antwort schuldig bleiben musste. Zuerst forderte eine untersetzte, ausladend beringte Rothaarige, deren Namen sie zu vergessen pflegte, Karoly einfach mitten im Tanz auf, der bereitwillig die Partnerin wechselte. Ein Kommilitone, den sie mit Ingenieurswissenschaften in Verbindung brachte, optisch ein Totalausfall, da er offenkundig einen Kleidersack geplündert hatte, übernahm Karolys Part, um nur wenige Sekunden später in die Arme einer feixenden Konkurrentin zu wechseln. Bald kreisten die Paare um Melody, die noch zwei weitere Male in dieser schmählichen Weise gedemütigt wurde, bevor das Lied leise verklang. "Hure." "Drecksschlampe." "Aufgetakelte Zicke." "Miststück." Von Lipgloss bewehrten Lippen regnete in zuckersüßem Lächeln vernichtende Beschimpfung wie Fäkalienregen auf Melody herab. Sie bewahrte nur mühsam die Fassung, konnte dem eng gezogenen Ring nicht entkommen, da jede lockende Lücke sofort geschlossen wurde, ihr einen würdevollen Abgang verwehrte. Auf ein unausgesprochenes Signal hin ließ man sie endlich frei. Mit geballten Fäusten, hoch erhobenen Hauptes zwängte sich Melody durch die bonbonfarbene Menge in den Schatten der Säulen. In ihr kochte Lava Blasen werfend, zum Ausbruch bereit. Nicht eine Rivalin, nein, eine ganze Hydra! Schlug sie einen Kopf ab, wuchsen derer drei nach. Sie widerstand der Versuchung, die heißen Tränen in ihren Augen abzuwischen, zwang diese allein durch Willenskraft zurück. »Ich gebe nicht auf!! Ihr wollt mich demütigen und vernichten?! Ha! HA!! Niemals, niemals, niemals!« ~?~ Mira starrte ungläubig auf das Parkett, wo sich gerade ein Tyrannenmord abspielte. Sicher, Melody neigte zur Autokratie, auf der anderen Seite setzte sie sich mit aller Kraft für ihre Ziele ein, vertrat die Interessen der Studierenden vorbildlich und mit großem Engagement. Sie war ehrgeizig, ihr Handeln zielgerichtet, trotzdem niemals kalt oder berechnend. Niemand verdiente, auf diese Art und Weise öffentlich demontiert zu werden ohne die geringste Chance auf Verteidigung oder Gegenwehr. Nicht einmal ihre Gegner konnten Melody vorwerfen, dass sie unfair kämpfte. Das war nicht gerecht!! Die Fäuste ballend, an bitterer Hilflosigkeit schluckend zögerte Mira, sich einzumischen. Ihre Ohren fingen unerwünschte Kommentare des Publikums auf. "Endlich bekommt die Hure ihre Strafe.... sie hat sich ja praktisch jedem hier an den Hals geworfen... das kommt davon, wenn man sich in Dinge einmischt, die einen nichts angehen... ha, da hat sie ihren Traum... sie ist doch auch nichts anderes als ein Weibchen, das sich hochvögeln wollte..." Es war schneller als ihre Ratio. Sie packte eine der gehässigen Zuschauerinnen an der Hochsteckfrisur, schleuderte sie gegen eine Wand. "Wenn du dein boshaftes Schandmaul nicht gleich hältst, stopfe ich dir jede Titte einzeln rein, klar?" Ihr boshafter Gegenüber erbleichte sichtlich, ebenso fuhren die Umstehenden zurück, als Mira herumwirbelte und sie, jede für sich, ins Visier nahm, funkelnd vor urtümlicher Wut. Die Spange vom Kopf reißend, in der Hand zerbrechend warf Mira ihre Perlenstrangzöpfe frei. Die Narben auf ihren hohen Wangenknochen dunkelten nach, während die grauen Augen Sturmwarnung ausgaben. "Verzieht euch, ihr frustrierten Zicken!" Zischte sie heiser. ~?~ Melody schluckte mit gespannten Lippen einen Cocktail, den sie sich selbst gemixt hatte. Das Desaster mit der Bowle gemahnte sie zur Vorsicht. Sie plante ihre nächsten Schritte, scheinbar furchtlos den Rücken dem Parkett zugewandt. Zu spät, mittels gutaussehendem und wohlbetuchtem Kavalier die Situation zu ihren Gunsten zu wenden. Nicht einmal auf die Hilfe von Ioannes konnte sie bauen, da der sich doch indisponiert abgemeldet hatte. Mit eisigem Blick drehte sie sich herum, studierte die Tanzfläche, die sich gelichtet hatte. Allein das ungleiche Paar von HaHa und seiner zierlichen Begleitung irrlichterte erstaunlich harmonisch über das Parkett. Beide achteten nicht auf ihre Umgebung, lachten, wirbelten umeinander, wobei die Tatsache, dass die elfenhafte Frau ihren hünenhaften, ziemlich ungeschlachten Verehrer führte, ein verlorenes Lächeln auf Melodys Lippen zeichnete. Die Kleine schien sich nicht daran zu stören, dass HaHa wie ein übergroßer Elefant schweißnass und feuerrot glühte, während dem wohl noch immer nicht aufgegangen war, dass seine Angebetete erstaunlich schmale Hüften für eine Frau hatte. »Ach, was schert's mich!« Melody hieß einen weiteren Cocktail, sich zum ersten zu gesellen. "... hey..." Den Kopf wendend bemerkte sie Mira neben sich, scheinbar auf die Flaschenparade konzentriert. "... hey..." Seltsam müde erwiderte Melody den stillosen Gruß, studierte die Narbenzeichnungen im Profil, die wilden Zöpfe. "Nette Bluse." Ihre Zunge folgte nur unwillig der spärlichen Konversation. Mira lächelte ihr zu, die mandelförmigen Augen graphitgrau, was auf melancholische Grundstimmung hinwies. "Danke, aber ich komme mir so vor, als wollte ich was aufspießen." Ein Schulterzucken untermalte die Verlegenheit. Melody grinste, die perfekten Zähne enthüllend, während sie die Haarspange aus ihrem Haar zupfte, achtlos zu den Handschuhen in die Bügeltasche stopfte. "Tja, vielleicht hätte ich mich an dir orientieren sollen. Ich müsste mir jetzt nicht wie eine Aussätzige vorkommen, ohne Tanzpartner hier herumlungern und mich mit diesem Zeug hier abfüllen." Mira wandte ihre Aufmerksamkeit nun auch der Tanzfläche zu, sich gegen den Tisch lehnend. "Ich... also." Sie fixierte ihre Schuhspitzen. "Also, wenn... du willst... ich könnte ja... mit dir tanzen...?" »Oh, klasse Mira, das ist ja wirklich überzeugend! Stammle ruhig weiter, ist ja nicht so, dass sie dich immer wieder total zu vergessen scheint. Nein, dräng dich ruhig auf, wo es ihr ohnehin dreckig geht!« "Okay." Miras Kopf flog so rasch hoch, dass ihr Nacken vernehmlich knackte, die Zopfenden mit ihren Perlen gegeneinander schlugen. "Was?!" Krächzte sie ungläubig. Die blonde Sirene straffte ihre anziehende Gestalt unternehmungslustig, schleuderte die Mähne über die Schulter. "Ich sagte okay. Also, wollen wir?" Die babyblauen Augen trugen nun tiefstes Kornblumenblau, eine Farbe, die Mira bei Gelegenheiten erblickt hatte, die heiß-kalte Schauer über ihren Körper jagten, ihre Glieder in Pudding verwandelten. Sie brachte lediglich einen quietschenden Kiekser über die Lippen, bevor sie eilig der gestürzten Königin auf das Parkett folgte. ~?~ Hey Baby (Bruce Channel/Margaret Cobb) Hey hey baby I wanna know if you'll be my girl Hey hey baby I wanna know if you'll be my girl ~?~ »Großer Gott, warum ausgerechnet der Song?!« Mira drehte sich gehemmt um ihre eigene Achse, weigerte sich, die Augen aus dem attraktiven Gesicht zu heben, das sie ebenso entschlossen in den Fokus nahm. »Das ist kein Tanz, das ist eine Kriegserklärung!« Zögerlich hob sie wie Melody die Arme über den Kopf, rückte näher an sie heran, zitterte unter dem Streichen des Petticoats an ihren Hosenbeinen, eine beständige Liebkosung, die ihr Farbe in die Wangen trieb. »Und sie riecht so gut!« Mira schloss die Augen und versuchte, sich nicht daran zu erinnern, welchen Geschmack die leicht gebräunte Haut hatte. ~?~ When I saw you walking down the street I said that's the kind of girl I'd like to meet She's so pretty Lord she's fine I'm gonna make her mine all mine ~?~ "Jedes Mal, wenn ich dich getroffen habe, war ich furchtbar derangiert." Melodys Stimme lächelte unerwartet sanfte Erinnerung. "Das erste Mal besoffen und mit Putzzeug eingesaut, beim zweiten Mal ohne Slip und durchgefroren nach diesem beschissenen Kuh-Umwerf-Trip!" Sie lachte leise, kehlig. »Ich werde gleich ohnmächtig. Oder ich falle sie an wie eine läufige Hündin!« Mira winselte stumm. ~?~ Hey hey baby I wanna know if you'll be my girl When you turned and walked away That's when I want to say now Come on baby give me a whirl I wanna know if you'll be my girl ~?~ Melody kreiste näher an Mira heran, mit der Art von Hüftschwung, die dafür sorgte, dass Elvis nur oberhalb der Taille im Fernsehen abgebildet wurde. Fast bändigend umfasste Mira Melodys Hände, fixierte deren Funken sprühenden Blick auf sich. "Warum...?" Mira vergaß den Rest ihrer Frage, weil allein diese Fragewort schon so viel Schmerz und Enttäuschung transportierte, dass weitere Ausführungen fruchtlos schienen. Melodys Augen richteten sich wie Laserwerfer in ihre grauen Augen. Sie löste ihre Hände aus der Verbindung, um sie nach nur einen Wimpernschlag währenden Zögern um Miras Nacken zu schlingen. "Ich wollte nicht aufstecken." Ein entwaffnend offenes Lächeln hellte Melodys kämpferisch erstarrte Züge auf. "Und jetzt?" Mira rückte näher heran, das eigene Handgelenk über Melodys aparter Kehrseite oberhalb des Petticoat umklammernd. "Jetzt wandele ich stolz und ungebrochen durch das Fegefeuer." Ihre sanfte Miene kontrastierte zu den stählernen Worten. "Ich bin wirklich froh, dass du mich nicht allein gelassen hast." "Na ja." Mira zuckte mit den Schultern. "Ich bin ja schon ausgestoßen, was macht's also?" ~?~ Hey hey baby I wanna know if you'll be my girl When you turned and walked away That's when I wanna say Come on baby give me a whirl I wanna know if you'll be my girl ~?~ In Melodys Augen veränderte sich etwas, trübte die Strahlkraft nachhaltig, ließ ihre schimmernden Lippen sprachlos. "Ich bin kein Trostpreis." Mira schluckte hart, innerlich an sich selbst verzweifelnd, ausgerechnet in dieser heiklen Situation Anzeichen von Stolz zu entwickeln. Zum ersten Mal in ihrer sehr wechselvollen Bekanntschaft unterbrach Melody den Blickkontakt, verlegte sich darauf, an Miras Schulter Schutz zu suchen, sich anzuschmiegen. Selbstvergessen strich Mira beruhigend über den steifen Stoff, den Reißverschluss, die weichen Locken. "Ist ja gut." Tröstete sie flüsternd, sanft ihre Bewegung in eine leichte Drehung wandelnd. ~?~ Hey hey baby I wanna know if you'll be my girl ~?~ Melody spürte die sezierenden Blicke immer weniger, je enger sie sich an die Freundin anlehnte, wie ein Schutzwall, der die Aggression abschirmte, Zuflucht bot. ~?~ Hey hey baby I wanna know if you'll be my girl ~?~ Ein selbstironisches Lächeln zuckte über ihre Lippen, als sie sich langsam zurücklehnte, in die grauen Augen blickte, die so besorgt auf ihr ruhten. »Sie ist nicht wütend. Ich hätte mich ja verprügelt, mit ner Haarbürste!« Melody grinste über sich selbst. Sich nur einen Hauch von den ungeschminkten Lippen entfernt haltend wisperte sie den Refrain. "Hey hey hey hey baby, I wanna know if you'll be my girl?" ~?~ Mit Ausklingen der Musik leerte sich das Parkett blitzartig. Wer nicht bereits zuvor in Abscheu dem letzten Paar auf der glatten Fläche den Rücken zugewandt hatte, holte dies schleunigst nach. Isoliert und im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit hielten sich die beiden jungen Frauen noch immer im Arm. "Was ist?" Melody warf den Kopf mit der Blondmähne in den Nacken, flirtete unverhohlen unter halb gesenkten Lidern hervor. "Ist das dein Ernst?" Miras Augen flackerten, ein Spiegelbild ihres Gemüts, das zwischen wilder Hoffnung und angstvoller Befürchtung vor erneuter Enttäuschung schwankte. "Ich mache keine halben Sachen." Erinnerte Melody in sanft rügendem Tonfall. Die Mandelaugen verdunkelten sich zu Anthrazit. "Na gut!" Entgegnete Mira kriegerisch, bevor sie eine Hand in den zarten Nacken legte, einen zärtlichen Kuss auf die verführerischen Lippen brannte. ~?~ Kapitel 2 - Offenbarungen Lizard schnalzte anerkennend mit der Zunge, als die beiden Frauen, Hand in Hand, mit grimmigem Lächeln durch eine Gasse der Abwehr den Saal verließen, Raunen und Zischeln ihrerseits mit Missachtung strafend. "Nicht übel, die Beiden." Er löste sich von seiner Säule, folgte ihnen hinaus in die abgekühlte Nacht. ~?~ Schweigend pilgerten sie durch die verlassenen Gänge. "Zu dir, oder...?" Brach Mira die verunsicherte Ruhe, schickte einen sehr viel weniger selbstbewussten Seitenblick auf das anmutige Profil. "Ich hab Hunger." Verkündete Melody, Überraschung in der eigenen Stimme über dieses unzeitige Bedürfnis. Mira kicherte. "Das erstaunt mich gar nicht. Was soll's diesmal sein, Pommes, Schokolade, Pizza..??" "Eis... Tiramisu..." Melodys Stirn warf dezente Falten, während sie die Bügeltasche gegen ihren aufbauschenden Petticoat schlagen ließ. "Dafür müssten wir wohl in der Mensa einsteigen." Mira seufzte. Wie bedauerlich, dass sie nicht über entsprechende Vorräte verfügte! "Okay." Melody beschleunigte ihren Schritt entschlossen. "Wa~warte mal, das war doch nur ein Scherz!?" Ein spöttischer Schulterblick, flatternde Wimpern, aufreizend geschwungene Lippen. "Nur keine Panik, ich bin doch bei dir!" Mira beeilte sich aufzuholen. Sie murmelte unter ihrem Atem. "Genau das ist es, was mir Angst macht." ~?~ "Lass uns spazieren gehen." Sax streckte eine bloße Klaue nach Aurelius aus, eine Verbeugung andeutend. Eine schwarze, gerade Augenbraue wanderte wenige Millimeter hoch. "Wenn mich meine Wahrnehmung nicht narrt, ist die Witterung ein wenig feucht." Eine porzellanzarte Hand wies Richtung Fensterfront. Sax fletschte becircend die Reißzähne, bemühte sich um sein sanftestes, gutturalstes Schnurren, ging vor dem schlanken, weiß gekleideten Mann in die Hocke, barg behutsam die fragilen Hände in seinen Klauen. "Komm schon, mein Eisprinz, begleite mich!" Er studierte die großen Augen, die zwischen arktischem Blau, blitzendem Violett und ozeanischem Grün wechselten. In der ihm eigenen, steifen Anmut erhob sich Aurelius, löste sich aus den Klauen, um seine Kleidung zu richten, einen hüftlangen Kasack mit hohem Kragen und Wickelrock. "Haben wir eine bestimmte Destination, für die ich mich angemessen kleiden müsste?" Erkundigte er sich reserviert, einen leicht nordischen Akzent enthüllend. Sax' Klauen glitten durch die seidigen, durchgestuften Haare. "Du bist perfekt, mein Nordlicht." Raunte er kehlig, erwartungsvolles Blitzen in den schwefelgelben Augen, bevor er in Referenz an galante Zeiten aufmerksam seinen muskulösen Unterarm zum Geleit anbot. ~?~ "Woher kanntest du die Kombination?" Mira lutschte selig seufzend, alle Gedanken an die Kalorien verdrängend an einem Löffel, einen interessierten Blick auf ihre 'sister in crime' werfend, die mit den Beinen baumelnd auf einem blankpolierten Arbeitstisch saß, eine Familienpackung Eis umarmte. Sie unterdrückte ein Grinsen, als sie Melodys Schokoladenschnurrbart registrierte. "Isch hab schaafe Augn." Genießerisches und ungeniertes Schmatzen, bestätigendes Trommeln gegen die verchromte Schranktür. "Und, keinen Funken schlechtes Gewissen?" Erkundigte Mira sich neckend, Löffel und Schale in eine Spüle abstellend. Melody legte den Kopf schief, verdrehte die Augen Richtung Decke, bevor sie abschließend negierend die blonde Mähne schüttelte. "Mir gefällt dein Kleid." Mira tippte mit einem Finger auf die Spuren ihrer Schlemmerorgie, die sich auf dem pastellfarbenen Stoff verewigt hatte. "Wuschtescht du, dasch die Faabe provokaand isch?" Melodys hingebungsvolle Leidenschaft für die schwere Ladung ihres Löffels behinderte die Artikulation. "Ich dachte mir schon so was." Neugierige Fingerspitzen untersuchten die Beschaffenheit des aufbauschenden Tülls, wobei sie sich bemüht unauffällig gegen den Tisch lehnte. "Was ist, willst du nachschauen, ob ich heute ein Höschen trage?" Unerwartet rau strich ein aromatisierter Atemzug an ihre Wange, als sich Melody vorbeugte, mit kornblumenblau funkelndem Augenaufschlag. "Trägst du denn eins?" Mira rückte näher, kämpfte tapfer gegen die Versuchung an, ihrer wilden Phantasie die Zügel schießen zu lassen, der es gar nicht bedurfte, da sich warme, nackte Beine um ihre Hüften wanden, sie hautnah fesselten. "Finde es doch raus!" Mit einem aufreizenden Wispern sahen sich Löffel und Packung aus der trauten Umarmung verbannt. Stattdessen schmiegte sich ein glühender Körper an Mira an, begleitet von dezenten Knirschen angespannten Stoffs. Mira lachte leise, ließ die Fingerspitzen expedierend über die Rückseite des bewunderten Kleids wandern. "Mach es auf, bevor der Reißverschluss platzt." Wurde sie in samtigen Timbre aufgefordert, warme Arme um ihren Nacken gelegt. "Und nun?" Erkundigte sie sich neckend, Nasenspitze an Nasenspitze, immer wieder spielerisch den blauen Augen und ihrem Zauberbann ausweichend. "Ich könnte ein wenig Pistazie zu meiner Schokolade vertragen." Eine kirschrot abgekühlte Zunge zog Miras Lippen nach, was sie ohnmächtig blinzeln hieß. "Leckermäulchen." Rügte sie leise, bevor sie dem forschenden Kundschafter Einlass gestattete, sich in den Kuss lehnte, leise seufzend, weil Erinnerungen aufstiegen, die mehr als warme Nächte garantiert hatten. Dieses Mal jedoch unterschied sich der Kuss von seinen Vorgängern, die einer brennenden, akuten Leidenschaft entsprungen waren, gierig, verzweifelt, wettstreitend. Dieses Mal suchte er behutsam Bestätigung, Partnerschaft, Zuflucht. Ebenso wie der prüfende Blick aus den abgedunkelten Augen, die unverwandt in das Anthrazit-Meer eintauchten. »Sie erwartet ein Bekenntnis.« Mira seufzte stumm. »Soll ich sie überzeugen, dass sie das Richtige tut?! Nein, das kann ich nicht. Wenn sie es nicht selbst weiß, dann..!« Die aus ihren Schuhen achtlos geschlüpften Füße strichen beharrlich ihre Oberschenkel auf und nieder, dabei die kindlich bebommelten Söckchen abstreifend. »Ich werde bestimmt nicht in der Küche...! Es ist albern, man verkühlt sich glatt was!« Ihre Abwehr gegenüber weiterem Fortschreiten der Liebkosungen blieb auch Melody nicht verborgen. "Was ist? Hast du Zweifel?" Ein wenig frostig die Worte, in den Augen jedoch las sich Verunsicherung, die verborgen werden musste, wollte man sich nicht dem Verdacht der Fehlbarkeit und Schwäche aussetzen. Mira kannte diese Reaktion zur Genüge, den Panzer, der stets bereit stand, zu verhüllen, was sich tatsächlich im fragilen Inneren abspielte, der die Furcht hütete, man möge demaskiert und gebrochen werden. Sie widerstand der Versuchung, patzig die Frage zu retournieren. »Es ist meine einzige Chance. Vermutlich.« Ihre Hände glätteten selbsttätig den aufgebauschten Tüll, streiften über den bloßen Rücken, der der Einkerkerung durch den hauteng abschließenden Reißverschluss allmählich entkam. "Ich meine es ernst. Ich will nicht, dass das hier wieder ein One-Night-Stand wird, aus dem man sich wegen Trunkenheit, Einsamkeit oder sonst was rausreden kann." Ihre Mandelaugen fokussierten sich tapfer auf den unleserlich kornblumenblauen Blick. "Ich verlange nicht, dass du mir einen Heiratsantrag machst oder Garantien gibst. Alles, was ich will..." Sie schluckte, zerrte ein hilfloses Lächeln auf ihr Gesicht. "Liebst du mich?" »Oh Jesus, Maria und Josef! Ich kann nicht glauben, dass ich DAS gefragt habe!« Mira schloss die Augen, erwartete die wohlverdiente Verdammnis angesichts einer solch verbotenen Phrase. ~?~ Ioannes lehnte schwer atmend gegen eine hohe Fensterfront, der Verzweiflung nahe. Das durfte einfach nicht wahr sein!! Er irrte, wie es ihm schien, seit einer halben Ewigkeit durch die Korridore, fand sich doch immer wieder vor dem langen Gang, dessen Mitte die Flügeltüren des Festsaals bildeten. Es war wie verhext. »Nein!« Er ballte die zittrigen, schweißnassen Fäuste. »Nicht wie, sondern in der Tat so!« Schuld daran trug Mauro allein, der ihn verflucht hatte, nicht mehr aus seinen Klauen ließ und damit quälte, endlos diesen vermaledeiten Saal umkreisen zu müssen, bis es ihm beliebte, den Zauber aufzuheben. Eine erbärmliche und niederschmetternde Aussicht. Ioannes kam nicht umhin festzustellen, dass er langsam, aber sicher auf einen veritablen Nervenzusammenbruch zusteuerte, von gelegentlichen, mit hektischen Stößen des Inhalators ausgeglichenen Asthmaanfällen ganz zu schweigen. »Dieser Mistkerl!!« In diesem Augenblick löste sich eine Gestalt in nachlässiger Ruhe aus den Schatten, trat so plötzlich neben ihn, dass Ioannes mit ersticktem Aufschrei nach hinten taumelte, eine Hand panisch auf seine Brust pressend, weniger der Theatralik als sehr reellen Schmerzen geschuldet. "Komm her." Die lockende Stimme warb nachsichtig um Vertrauen, doch als das nicht erwiesen, im Gegenteil in Stolperflug Abstand gesucht wurde, schnalzte sie verärgert, angelte ungerührt nach den eleganten Revers, um mit erstaunlicher Übung die handgebundene Fliege um den Hals zu lösen, die verborgenen Knöpfe der Hemdbrust zu öffnen. "Ich dachte, du wolltest gehen?" Leichter Spott überzuckerte die Worte. "Gehen?! Das habe ich versucht!! Eine Ewigkeit lang!!" Ioannes' Stimme schrillte unvermittelt hysterisch, sich überschlagend. Augenbrauenlupfen hinter einer filzigen Strähne, irisierendes Funkeln in den hellen Bernsteinaugen. "Aber du lässt mich ja nicht!! Du Mistkerl!!" Nun trommelte Ioannes schwächlich gegen Lizards Front, die trüben Augen in verhassten Tränen überquellend, bevor seine Knie unter ihm einbrachen. Ohne Mühe verhinderte Lizard den Sturz, indem er kurzerhand die schmächtige Gestalt um die Hüften fasste, eng an sich zog, was weitere verzweifelte Ausbrüche herausforderte, begleitet von asthmatischem Schluchzen und ganzkörperlichem Beben. Der einfachste Weg, den außer sich geratenen Freund zu beruhigen und sich gleichzeitig um seine Gesundheit verdient zu machen, bestand darin, die zitternden Lippen zu versiegeln, dem Widerstand geschmeidig auszuweichen, bis das letzte Quäntchen Trotz sich erschöpft hatte. "Schschsch, mi amor, beruhige dich erst mal, dann unterhalten wir uns, okay?" "Ich... ich..." Ioannes kämpfte um Luft angesichts geschwollener Kehle und verstopfter Nase. "Ich will nicht reden!! Und nenn mich nicht so!!" Ein amüsiertes, keineswegs beleidigtes Lachen konterkarierte seinen vergeblichen Versuch, um Respekt zu werben. "Wie soll ich dich nennen? Mi querido? Mi angel?" Die geballten Fäuste anspannend, auch wenn sie gleich den angewinkelten Armen vor der Brust gefangen waren, drehte Ioannes verächtlich den Kopf weg, um sich, nachdem Lizard wenig beeindruckt seiner Bewegung folgte, sein Gesicht suchte, bald einem Wetterhahn ähnlich mit jedem Windzug herumwand, bis das stumme Duell an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten war. "Bitte... bitte... lass mich doch gehen... ich kann nicht mehr..." Ioannes schickte sich drein, erschöpft und mutlos, resignierend flehend in der Erwartung, zurückgewiesen zu werden. Lizard, der die Entwicklung mit zusammengezogenen Augenbrauen verfolgte, beschloss, dieser Farce, die ihm einen bitteren Nachgeschmack in den Mund ätzte, ein Ende zu bereiten. "Hier entlang." Er dirigierte Ioannes wie einen Fallsüchtigen zu einer Nische, in der eine der üblichen, einfachen Holzbänke wartete, platzierte den noch immer in Schwäche bebenden Freund auf die geteilten Holzbohlen. Er schlüpfte aus seiner Reptilienhautjacke, ließ sie nachlässig über Ioannes' Schoß gleiten, setzte sich rittlings hinter seinem Kopf auf die Bank. Lizard lupfte in der ihm eigenen Mühelosigkeit ohne bemerkenswerte Kraftanstrengung den Zitternden unter den Achseln an, lehnte ihn gegen die eigene Brust mit dem transparenten Hemd, breitete fürsorglich die eigene Jacke hoch über den eingesunkenen Torso aus. Es herrschten tropische Temperaturen und dennoch fror der bleiche, ausgemergelte Mann in seinen Armen erbärmlich. "Wieso glaubst du, ich würde dich hier festhalten?" Erkundigte er sich leise, die sandfarbene Wange behutsam gegen die dunklen Locken bettend. "Etwa nicht?" Ein Schatten der distanzierten Ironie wehte auf. "Wie ist es denn sonst erklärlich, dass es mir nicht gelingt, diesen Flügel zu verlassen?! Hast du mir nicht selbst verkündet, du hättest mich verflucht?!" Ein nachdenkliches Brummen verlor sich in den ungeordneten Locken. "Du glaubst, ich gebiete über magische Kräfte, die dich willenlos an mich fesseln? Ist das nicht ein wenig irrational?" Ioannes fuhr hoch, nur der Form nach, konnte er sich doch nicht in der Senkrechten halten. "Irrational?! DU willst mir sagen, ich sei irrational?! Ausgerechnet du?! Ha! Einfach prächtig!" Ein atemraubender Hustenanfall verhinderte weitere Ausführungen. "Es kann also nicht sein, dass du mich unbewusst gar nicht verlassen willst und darum im Kreis irrst?" Lizard blieb seelenruhig, die krampfartigen Kontraktionen ausgleichend. Von dieser körperlichen Attacke zu mitgenommen, sich zu verteidigen, ließ sich Ioannes einfach halten, gegen fiebrige Schauer ankämpfend, als Lizard ihn leicht zu wiegen begann. "Hör mal, die Musik..." ~?~ Stay (Maurice Williams + the Zodiacs) (Stay) A-a-a-a-ah, just a little bit longer (Please) Please, please, please, please Tell me you're going to Now, how your daddy don't mind And your mommy don't mind If we have another dance Yeah, just one more One more time Oh, won't you stay Just a little bit longer Please let me hear You say that you will Say you will Won't you press your sweet lips To mine Won't you say you love me All of the time (Stay) Just a little bit longer (Please) Please, please, please, please Tell me you're going to Come on, come on, come on and ... yey-yey-yeh Come on, come on, come on and stay-yey-yey-yeh Come on, come on, come on and stay, woops! Come on, come on, come on... ~?~ Mit geschlossenen Augen ließ sich die dunkle, laszive Stimme leichter ertragen, die so fehlerfrei den Text an seinem Ohr intonierte, mit der Zungenspitze mokierende Zeichen auf seine eingefallenen Wangen malte. »Warum fragst du mich, ob ich bleiben will? Als ob ich eine Wahl hätte! Sadist.« "Ioannes, ich habe nicht mehr Macht über dich, als du mir zugestehst." Hatte er diesen Satz tatsächlich vernommen, oder spielte ihm seine erschöpfungs-und Fieberwahn geplagte Wahrnehmung einen grausamen Streich? Was sollte das implizieren?! Dass er selbst gegängelt zu werden wünschte? Wie ein Schoßtier gehalten?! "Das ist nicht wahr." Brachte er mühsam, mit ungehorsamer, betäubter Zunge schwerfällig über die Lippen. "Steh auf und geh. Geh los, tu, was du möchtest. Ich werde dich nicht aufhalten." Ernsthaft wisperte die Stimme den Sirenengesang. "Ha! Das sagst du jetzt, weil du weißt, dass ich es nicht mal ohne Hilfe bis in mein Zimmer schaffe!!" Wütete er schrill gegen die Offerte. "Ich trage dich, wenn du es willst." Das war ausgesprochen unfair, ließ keinen Rückzugsraum, drängte in die Enge. Wie die warme Brust, die behutsam stützte, wohliges Kissen bildete, während Hände sanft kreisend über Herz und Magen fuhren, Krämpfe linderten. Wie die Halsbeuge, die so verschwenderisch mit ihrer Zuflucht warb, dem pulsierenden Schlag, der einzulullen verstand. "Ich habe dich die letzten Monate seit unserer gemeinsamen Nacht in Ruhe gelassen, zugesehen, wie du mit deinem Leben umgehst. Das ist das Resultat." Unangenehme Wahrheit, trocken, ohne Vorwürfe, die man attackieren konnte, hinter dem Schutzschild der Zuneigung sicher vor wilden Befreiungsschlägen. "Du stehst vor dem Zusammenbruch, körperlich und geistig. Ist das auch mein Verschulden? Glaubst du, ich will das?!" Nun fand sich unterdrückter Zorn in den letzten Worten, garniert mit Enttäuschung und verletzten Gefühlen. Ioannes wandte den Kopf ab, die Augen geschlossen, wollte nicht der sicheren Umklammerung, gleichzeitig aber dem Verlauf des Gesprächs entfliehen. Lizards glühender Atem an seiner Wange verlor die Spur nicht. "Denkst du wirklich so schlecht von mir?" Mit jedem Augenblick, den er die geschuldete Antwort hinauszögerte, spannten sich die Sehnen hinter seinem Rücken an, wurde der mysteriöse Mann, der ihn in den Bann geschlagen hatte, eine steinerne Festung, die ihn ausschloss, sich verhärtete. Als gebe es tatsächlich etwas, das die Panzerung aus Lässigkeit und selbstironischer Freundlichkeit zerfasern konnte. Er warf sich mit letzter Anstrengung herum, bevor die Gnadenfrist endgültig verstrich, die Finger panisch in den transparenten Stoff gegraben. Wortlos und hektisch wandte er den Kopf hin und her, auf Verständnis hoffend, um Nachsicht flehend. Ioannes glaubte, sich in einer gallertartigen Masse, die ihn vollkommen umschloss, bewegen zu müssen, auf Zeitlupenniveau abgebremst, durch fremden Ratschluss dazu verdammt, zu scheitern, nun, da er sich ein Herz gefasst hatte. Als er mit aufgerissenen Augen schiere Wellen der Empathie aussandte, verzweifeltes Hilfeersuchen, zwinkerte Lizard. Der Bann brach. Eine schlanke Hand liebkoste mit einem nachsichtigen Lächeln auf den schmalen Lippen seine fahle Wange, tilgte Tränenspuren. "Ist es denn so schwer, sich einzugestehen, was man fühlt?" Die Bernsteinaugen trübten sich in beschlagenen Honig. Ein anzügliches Grinsen hellte das kantige Gesicht mit der Hakennase auf. "Vielleicht bist du auch einfach ausgetrocknet?" Ein beschwörender Lockruf an Ioannes' Lippen, der der Einladung schüchtern Folge leistete, behutsam erkundete, ob sich nicht hinter dem spöttelnden Mund eine ergiebige Quelle auftat, die verschwenderisch köstliches Nass teilte. Was sich noch besser bewerkstelligen ließ, wenn man sich auf die Bank kniete, beide Arme fest um den Nacken schlang, für einen angemessenen Höhenunterschied sorgte. Mit einem zufriedenen Schnurren fing Lizard Ioannes auf, als der der Mattigkeit Tribut zollen musste. "Will you stay, please, please, please?" Forderte er sein Glück triezend heraus. Was Ioannes mutlos zu Boden blicken ließ. "Was ist denn, mi corazon?" Flinke Finger rieben wärmend über den steifen Stoff des Tuxedo. "Ich kann nicht. Muss morgen zurück. Familie, Firma, du weißt schon." Eine vage Handbewegung, die in Resignation abbrach, bevor sie den Rund abgeteilt hatte. "Du willst in den Semesterferien arbeiten??" Dieses Mal funkten die Bernsteinaugen giftige Lohe, sprühten die Silben Abscheu und Verachtung. "Ich muss." Fieberschwer barg Ioannes sein Haupt an Lizards Schulter, in sich schrumpfend, um weniger Angriffsfläche zu bieten. "Kommt nicht in Frage!!" Bevor Ioannes noch die Gelegenheit fand, Einwände oder Protest anzumelden, umfing eine energische Hand Lippen und Kiefer, versiegelte sie wirkungsvoll. "Nun wirst du mir aufmerksam lauschen, mi querido. Ich habe dich lange genug dein Leben verpfuschen lassen, zugesehen, wie du dich aufreibst für deine Familie und blinden Ehrgeiz. Das hat jetzt ein Ende." Die freie Hand tippte nachdrücklich auf Ioannes' Nasenspitze, bevor sein Kopf in den Nacken gebogen wurde, damit er nicht dem goldgleißendem Blick der Bernsteinaugen entging. "Mich interessiert deine Familie nicht, die sind mir scheißegal. Du gehörst mir und ich gebe dich nicht wieder her. Ich sorge für dich. Entendido?" Die Klammer saß fest genug, um nur ein minimales artiges Nicken zu ermöglichen. "Also werden wir gemeinsam verreisen, auf eine abgelegene Insel. Vorräte für vierzehn Tage, ein kleiner Brunnen, eine Hütte, kein Fluchtweg außer einem Boot. Nur eine Hängematte und jede Menge Zeit." Ein knapper Blick auf Ioannes' Armbanduhr. "Wir schaffen bestimmt einen Nachtzug." Zappelnde Gegenwehr, die von Einwänden kündete. "Ja, ja, ich weiß, du musst noch packen und überhaupt, so einfach wegzulaufen!" Die Bernsteinaugen schwebten falkenhaft über Ioannes' aufgerissenen. "Vergiss das. Wir gehen jetzt, ich habe alles bei mir, was wichtig ist." Woraufhin Ioannes sich schwungvoll auf die eigenen Füße gehoben fand, der Knebel ledig. "Mauro, das können wir nicht machen! Man wird nach uns suchen." Ein langer, sehr intensiver Kuss erstickte weitere Bedenken. Er währte in abgezirkelter Perfidität so lange, wie nötig war, sämtliche Zweifel zugunsten sehr viel angenehmerer Gefühle zu verdrängen. "Komm schon, mi curazon, vertrau auf mich." Lizard hauchte einen Kuss auf Ioannes' Handrücken, funkelte ihn aufrührerisch an. Errötend umklammerte der die Reptilienhautjacke enger, entzog sich aber nicht. "Mauro, warum ich?" Ein sanftes Lächeln umspielte die schmalen Lippen, als Lizard sie sicher zum Ausgang geleitete. "Lo destino, das Schicksal." Eine vage Handbewegung, gefolgt von einem schelmischen Lachen, das sich nicht preisgab. Ioannes blinzelte ratlos, die Antwort wenig befriedigend. Ein weiterer galanter Kuss auf seinen Handrücken. "Vielleicht verrate ich es dir, wenn dir auch Flügel gewachsen sind, mi amor." ~?~ "Es ist nass." Die kühle, distanzierte Stimme hielt sich strikt an die Fakten, kritisch den mit Sand bestreuten Spazierweg musternd, der zwischen vereinzelten Bäumen in Serpentinen einen Hügel inmitten der Stadt erklomm, in der klaren Nacht vom dampfenden Grün der gesättigten Rasenflächen erfüllt. "Das ist auch gut so." Schnurrte rau die hünenhafte Gestalt an seiner schimmernden Seite, ein Schatten in raubtierhafter Eleganz, kaum gebändigt, stets bereit zum Sprung. "Ich bedaure, aber ich kann dir nicht folgen?" Eine gerade, schwarze Augenbraue zuckte Millimeter näher zur Stirn. "Oh, du wirst. Ganz bestimmt." Ein hungriger Blick aus schwefelgelben Augen, bevor sich Sax ohne Zögern das lederne Hemd über die gewaltige Mähne streifte, es achtlos gegen einen Baumstamm schleuderte, dem schlanken Mann in der grellweißen Aufmachung mit den Klauen zärtlich durch die gestuften Haare streifte, ohne viel Federlesens Kasack und Wickelrock sich neben dem verschmähten Hemd wiederfanden. "Sax." Arktische Zurechtweisung, violette Blitze in den großen Augen, die eine Erklärung ungeachtet der äußerlichen Ruhe einforderten, was diesem ein wölfisches Fletschen der Reißzähne entlockte. Die Attacke, auf die Taille des gleichgroßen, doch sehr viel schlankeren Mannes geführt, konnte der nichts entgegnen, ihrer muskulösen Wucht ausgeliefert, die ihn zu Boden riss und an den schweren, vulkanisch glühenden Körper fesselte. "Yaaaaaahooooooooouuuuuuuuu!" Mit einem gewaltigen Heulen, das entfernten Verwandten in den Karpaten das kalte Grausen über den bepelzten Leib gejagt hätte, drehte sich Sax, seine kostbare Ladung sicher in den Armen, um sich selbst. Der Neigungswinkel des Hangs und aufgeweichter Boden taten ein Übriges, beschleunigten ihn. Die Gräser verneigten sich biegend, vom Wasser getränkten Boden zu einer gewaltigen Rutschbahn geformt, die nur darauf zu warten schien, seidig glatt an warmen Körpern entlang zu streifen. Die näherten sich, kreiselnd und rollend, der Bodensenke, um dort, wild zerzaust, von feuchten Perlen benetzt, mit Spuren grüner Wiese geziert, zur Ruhe zu kommen. Die grazile, marmorweiße Gestalt löste sich unerwartet energisch aus dem Knäuel an Gliedmaßen, nahm den Aufstieg in Angriff, während sie gleichzeitig das spurlose Abperlen der Geländespuren überwachte, die lediglich auf dem dünnen Leibchen hartnäckig den Gehorsam schuldig blieben. Kehlig auflachend und auf das Köstlichste amüsiert schleuderte Sax seine ungebändigten Strähnen aus, die unterwegs einiges an losem Kleingehölz und Grashalmen aufgenommen hatten. Er verzierte seine muskulöse Gestalt mit Streifen erdiger Schwärze, bevor er auf allen Vieren die Verfolgung der hoch aufgerichtet dahinschreitenden Lichtgestalt aufnahm. Aurelius, sich des Herannahens seines Gefährten durchaus bewusst, aber keineswegs gewillt, derartigen Unsinn zu unterstützen, wich wieselflink der Attacke aus. Ein winziges Lächeln des Triumphs auf den frostigen Zügen, was Sax nur noch mehr herausforderte. Längst schon der artikulierten Sprache nicht mehr mächtig jagte er mit ausgreifenden Armen und Beinen den nachgiebigen Hügel hoch, von seinem Eigengewicht und überschäumendem Antrieb immer wieder herabgezogen, sich überschlagend und herumwälzend. Dies hinderte jedoch seine Angriffslust keineswegs. Beharrlich und ausdauernd pirschte er sich, gebleckten Gebisses, Witterung aufnehmend und genüsslich ausatmend entlang der eisigen Spur seines Geliebten wieder heran, um erneut den Haken schlagenden, schlanken Mann zu verfehlen, der sich mit nachsichtigem Augenbrauenlupfen über die Vergeblichkeit der Bemühungen amüsierte. Sax jaulte in den sternenklaren Himmel, herausfordernd und kehlig, guttural aus den Tiefen seines gespannten Leibs, bevor er den nächsten Angriff startete, kaum mehr als menschliches Wesen erkenntlich, selbst die Lederhose starrte mittlerweile vor Humus und Gräsern. Dieses Mal schien er erneut glücklos den schlanken, in der Nacht gleißend weiß schimmernden Mann zu verfehlen, als er sich in übermenschlicher Gewandtheit im Sturz herumwarf, die anmutigen Fesseln erwischte. Aurelius rollte sich blitzartig zusammen, um keinen schmerzhaften Fall zu erleiden, was ihn wehrlos gegen Schwerkraft und Klauen um seine Fußgelenke zu Tal riss, bis die Senke wie zuvor ihren lawinenartigen, rutschenden Abgang bremste. Die Senke spuckte einen heftig atmenden, triumphierenden Sax aus, Aurelius wie eine Jagdtrophäe über die Schulter geworfen, was den nicht hinderte, sehr nachdrücklich an den langen Strähnen zu ziehen, und, als sich dies als wirkungslos erwies, die diamantenharten Zähne in die Schulter zu schlagen. Sax erwiderte die Geste mit einem einem sehr sanften Biss in die Taille, die auf seiner Schulter lagerte, vor Begeisterung schnurrend, entwickelte sich doch die Nacht entsprechend seinen wilden Träumen. "Setz mich ab, auf der Stelle!" Aurelius unterkühlte Ausstrahlung mischte sich mit arktischem Feuer, blendend grell, ein Halo aus Lohen, die mit seiner kaleidoskopierenden Augenfarbe korrespondierte, Sax' Haare elektrisierte, ihn in Funkenbögen hüllte, Eiskristalle auf seine Haut spannte, fragile Spinnennetze aus Frost. Sax musste den Panzer sprengend seine Beute fahren lassen, lud sich in vorgeblichem Zorngebrüll flammengleich auf. Aurelius nutzte die Vorteile seiner geschmeidigen, sehnigen Gestalt, enteilte Richtung Hügelanhöhe, den vierfüßigen Vorwärtsdrang adaptierend. Mit einem archaischen Jagdschrei, der markerschütternd in die Masse der Sterne fuhr, nahm Sax die Verfolgung auf, Klauen und Zehen in die feuchte Erde bohrend, winzige Kaskaden Wassers auslösend. Er schien auf verlorenem Posten, seine gewaltige Kraft hinderlich, als Aurelius ins Leere griff, Grasnarben sich lösten, eine glitschige Bahn sich auftat, ihn direkt und ungebremst in die erwartungsvoll ausgebreiteten Arme seines Geliebten spülte. Auch die Taktik des Herumwindens wie der berüchtigte Aal, gepaart mit eisigen Energielanzen, die in jede Himmelsrichtung ausfaserten, versprach keinen nachhaltigen Erfolg, da Sax mit leidenschaftlicher Begeisterung dagegenhielt, seine Körperwärme im Flammenhalo den Boden dampfen ließ. Aurelius wie eine Stoffpuppe im Nacken mit dem Raubtiergebiss apportierend umklammerte er dessen fragile Gestalt, um mit einem Lustschrei erneut der Senke entgegen zu gleiten, die Schwefelaugen fiebrig vor Vergnügen. Atemlos und durchnässt lagerten sie nebeneinander, einander belauernd, wer wohl die nächste Attacke starten würde. Sie blieb in stillem Einvernehmen aus, sodass Sax sich aufrichtete, mit einer Klaue sanft feuchte Strähnen und Grashalme von den marmorblassen Wangen streichelte, die kühlen Lippen glühend heiß küsste. Er presste den arktischen Leib schmelzend gegen die nasse Erde, liebkoste ihn hingebungsvoll, befreite ihn vom klammen Leibchen. Mit verstohlen neckender Hilfe der porzellanweißen Hände wand er aus der Lederhose, bevor er den schlanken Mann auf seine Hüften hob, in den kaleidoskopierenden Augen versank, hin und her gerissen zwischen violettem Blitz, ozeanischem Grün und arktischem Blau. Den bleichen Lippen drükte er mit unartikulierten Liebesbekundungen sein Siegel auf. Ohne sich dessen bewusst zu sein harmonierte ihr gegensätzliches Energiefeld zu einer einzigen, regenbogenfarbenen Aureole, einem Schutzbann, der Gras und Schmutzstreifen absorbierte, ihre gegenläufigen Bewegungen zu einer einzigen verschmolz, aufbegehrend wie der Wogenschlag gegen die Felsen, bis diese sich schäumend und Gischt sprühend in die Weite des Ozeans zurückzogen, beiden Parteien eine Ruhepause gönnten. Ebenso wie Sax die Wange nun träumend gegen die bläulich geäderte Brust legte, Porzellanfinger seine ungezähmte Mähne liebevoll entwirrten. ~?~ Mira wandte den Kopf ab, zerbiss die eigenen Lippen, von sich selbst verraten und maßlos enttäuscht. »Liebst du mich?« Eine selten dämliche Frage, der absolute Stimmungstöter in drei einfachen Worten, die perfekte Einladung, um mit banalem Wortgeklingel verdientermaßen betrogen zu werden! Ein Angeln nach billigen Komplimenten. »Trotzdem will ich Sicherheit. Nicht, dass es die gäbe, doofe Nuss, aber du musst ja an deinen kleinkindlichen Vorstellungen festhalten und alles versauen!« In ihre gerade Schwung aufnehmende Selbstzerfleischung brachte sich Melody mit einem tiefen Seufzer ein, lehnte die Stirn unter den blonden Locken an Miras Schläfe, die Arme eng um ihren Nacken geschlungen. "Das ist eine verdammt gute Frage." Ein ungewohnt nervöses Kichern, das streng abgeschnitten wurde. "Ich weiß, dass ich dich sehr gern habe. Ich neige bei Frauen nicht gerade dazu." Die anmutige Nasenspitze kitzelte versöhnlich das Narbenband auf Miras Wange. "Andererseits wissen wir nicht sonderlich viel voneinander, oder?" Was ungeachtet zweier sehr intimer Nächte nicht von der Hand zu weisen war. "Das könnte man ändern." Mira schöpfte neue Hoffnung, vorsichtig die blonden Locken erkundend, in den kornblumenblauen Augen nach Hinweisen auf eine erfolgversprechende Taktik Ausschau haltend. "Könnte man." Melody vertiefte sich in eine unsichtbare Betrachtung. "Was geschieht, wenn uns das gefällt, was wir finden?" "Das wäre eine echte Tragödie!" Mit einem ironischen Schnauben löste sich Mira aus der Umarmung, suchte Abstand, obwohl sie das Gefühl hatte, ihr Körper überziehe sich blitzartig mit einer betäubenden Eisschicht. »Da haben wir es mal wieder!« Innerlich verknoteten sich ihre Nervenstränge. »Das altbekannte Dilemma: man wagt sich mit 'exotischen' partnerschaftlichen Vorlieben weit aus der Deckung, entblößt sich auch emotional, und was passiert? Panische Erbsenzählerei.« Sie warf einen Blick über die Schulter auf Melody, die mit den Beinen baumelte, die Fliesen zu ihren nackten Füßen studierte, zerwühlte Locken, die Lippen feucht von ihren Kuss, das Kleid zerrupft und befleckt. Mira seufzte geschlagen. Es war einfach unmöglich, ihrer geliebten Sirene zu zürnen. Jeder Aspekt an Melody rührte ihr vermaledeites weiches Herz. »Ich bin ein Idiot. Ich weiß doch, was sie will und sie hat auch das Zeug dazu. Grrrrrrr!!« "Scheiße!!" Ihr eigener, zutiefst frustrierter Wutschrei ließ sie unisono zusammenfahren. "Was~was ist?" Melody wirkte besorgt, legte das Gesicht unter der blonden Mähne frei. "Ich hab's satt!! Oh, verflucht noch mal, ich hab es dermaßen satt!!!" Miras Luft krallende Finger ballten sich vernichtend zusammen, die Augen schwarz vor Erregung. "Es kotzt mich an, dass ich mich hier wie ein Weibchen aufführe, die Sorte, die immer zurücksteckt, weil alle anderen und alles andere ja SO viel wichtiger ist!" Melodys sorgfältig gezupften und perfekt nachgezogenen Augenbrauen rahmten ihre dezente Zurschaustellung von Verwirrung unnachahmlich aristokratisch ein. Mira stapfte an ihre Seite, rammte beide Fäuste mit lautem Knall auf die Arbeitsfläche, fokussierte die kornblumenblauen Augen. "Mir ist scheißegal, wie deine Pläne für die Gesellschaft sind! Es geht mir am Arsch vorbei, wie nötig wir weibliche Führungskräfte haben, oder wer Strippen ziehen sollte! Ich WILL nicht, dass du dich irgendeinem reichen Penner mit Vitamin B an den Hals wirfst, um Küchenkabinette auszubaldowern!! Ich WILL nicht gegen ein lausiges Arschloch verlieren, nur weil er die passende Ausstattung in der Hose trägt!!" Sie rang nach Atem, die Kehle heiser, seltsam erleichtert nach diesem hitzigen Ausbruch. Etwas Unerwartetes folgte dieser Eruption: eine Hand fest auf den Mund gepresst, den Kopf abgewandt, kämpfte die unerschütterliche, eiserne Königin mit den Tränen. Was Mira beschämte und sie sogleich tröstend die Arme um die verkrampften Schultern legen ließ. Ebenso rasch, wie diese unvermutete Schwäche gekommen war, verschwand sie auch wieder. Melody löste sich aus der Umarmung, rutschte von ihrem Sitzplatz herunter, sammelte Socken und Schuhe auf, griff ihre Bügeltasche. "Komm mit, ich zeige dir was." Beorderte sie Mira, leitete den Weg. Die folgte stumm, mit einem leichten Anflug von Erschöpfung. »Von wegen reinigender Gefühlsausbruch!« Es schien ihr, als entfernte sie sich immer weiter von der blonden Versuchung, die nun wie Aschenputtel forsch ausschritt. Dank eines mittlerweile geschulten Orientierungssinnes erkannte Mira, dass sie sich auf die Quartiere zubewegten, schon bald vor einer Zimmertür standen, die ordnungsgemäß entriegelt ihr Eintreten erwartete. Ein Studierendenzimmer, das kahlste und unpersönlichste, das sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Ordentlich aufgeschlagenes Bett, dezente Tagesdecke, die Kleider unsichtbar im Schrank verborgen, der Schreibtisch makellos. Keine Bilder, keine Poster, keine Kissen, keine Stofftiere, kein gar nichts. Deprimierend hieße, den Anblick zu verniedlichen. "Das ist mein Zimmer." Diese Verkündung betonte das Offenkundige. Melody entnahm einem Regal einen sorgsam beschrifteten Ordner. "Im PC, hier und auf anderen Listen habe ich alles gesammelt, geplant und ausgearbeitet: das Beziehungsgeflecht der Mächtigen, ihren ungeschriebenen Kodex, Zugangswege, Schwächen, Stärken. Ich habe mich durch Literatur gelesen von den Griechen bis zum Zen. Ich weiß, wie ich es anstellen muss. Wäre ich nur Alexander der Große und nicht Alexandra." Ihre nüchterne Rezitation verstärkte den Kloß in Miras Hals. Sie verspürte keinerlei Drang, sich näher mit den zweifellos exakt choreographierten Szenarien des Machtgewinns zu beschäftigen, weil ihr eine einzige Frage vorgeblicher auf der Zunge brannte. "Aber für wen willst du das alles tun?" Melody stutzte. Ihr Gesicht wandelte sich in ein sanftes, fast melancholisch anmutendes Lächeln, das Anerkennung zollte. "Tja, das ist die Crux." Langsam, eher matt als majestätisch sackte sie auf ihr Bett, auf den Rücken sinkend, die Arme wie gebrochene Flügel um den Kopf gebettet. "Es ist ein hervorragender Plan, wenn man skrupellos und berechnend genug ist. Vermutlich stören einen auch Kuhfladen-Schmeißen und anderer Macho-Quatsch nicht mehr." Die Mundwinkel zuckten leicht. "Aber irgendwie habe ich nicht mehr den Ansporn, mich darauf einzulassen. Der Kampf für die Unterprivilegierten und Benachteiligten wird sehr abstrakt, wenn man kein einziges Gesicht vor Augen hat." Sie überzog sich selbst mit Spott. Mira nahm neben ihr Platz, unaufgefordert Locken sortierend. "Warum willst du das über den Umweg eines Ehemannes starten? Ich glaube, du schaffst es allein. Du musst dich nicht verstecken." Melody lachte, von einem Schnauben unterlegt. "Nein, bleiben wir realistisch. Eine Frau an der Spitze? Die man ernst nimmt? Utopisch." "Also sich im Windschatten eines Idioten austoben wie eine Intrigantin?" Mira ätzte die Worte heraus, verbittert über die resignierte Haltung. Ein Schulterzucken quittierte ihre Bemerkung. Melody verbarg die Augen unter einem quer gelegten Unterarm. "Wie stellst du dir dein Leben vor? Ich meine, die Variante, in der man nicht vernünftig wird, seine Eltern kopiert und ein paar Bälger in die Welt setzt?" Wenn das übliche melodiöse Schmeicheln nicht so erschöpft und verloren geklungen hätte, wäre Mira nach ihrer eigenen Einschätzung vermutlich erzürnt geflohen. So aber betrachtete sie es als die Gelegenheit, sich näher mit Melody bekannt zu machen, was ihre Interessen und Wünsche betraf. "Tja, ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass ich heirate. Ich habe nichts gegen Männer allgemein, aber, nun ja, ich stelle mir vor, dass ich meine Zeit, die ich nicht mit einem Job und Fremden verbringe, an der Seite eines Menschen lebe, der mir sehr viel bedeutet. Den ich morgens als Erstes und abends als Letztes vor Augen haben will. Jemand besonderen." Melody schnalzte nachsichtig mit der Zunge. "Was verbindet euch dann so untrennbar? Wenn ihr keine Kinder habt?" "Vielleicht die Überzeugung, dass wir zusammengehören? Dass die Zeit nie lang genug sein wird für uns beide?" Mira missachtete den schnippischen Ton, offenbarte sich tapfer und aufrichtig. "Auch noch nach zwanzig Jahren?? Alt und vielleicht fett??" Mira lachte, beschloss, diese Äußerlichkeit zur Attacke zu nutzen. "Aber natürlich! Ich würde dich dann immer noch lieben." Schweigen kehrte ein, das Rotieren der Gedanken in Melodys Kopf von ihrem Arm sorgsam abgeschirmt. "Das würdest du nicht. Ich wäre fett wie eine Tonne, ein Walross mit passendem Bart, ich würde schnarchen und grunzen!" Prognostizierte sie kühl. Grinsend beugte sich Mira hinab, visierte ein Ohr unter blonden Locken an. "Ich würde morgens immer noch einige Sekunden vor dem Wecker aufwachen, ihn ausstellen, zu dir rüberkriechen. Ich würde mich ankuscheln, deinen Duft einatmen, auf deinen Herzschlag lauschen und mich von dir sanft wiegen lassen." Kornblumen blitzten verstohlen unterhalb des Arms hervor. "Du würdest wahrscheinlich einen Höhenkoller kriegen." Bemerkte sie anzüglich. Mira schmuggelte einen Kuss auf die temperierte Stirn. "Ich schätze, ich würde mit Horizontalgymnastik vorbeugen." Erwiderte sie die Attacke. "You're too good to be true!" Das spöttische Trällern entsprach nicht dem, was Mira aus dem verlockend weichen Mund zu vernehmen wünschte, aber sie konnte Zweifel erkennen, die dunkle Strudel an die Stelle der Kornblumen setzte. Weswegen sie auch behände über den Tüllbausch kletterte, sich rittlings niedersetzte, mit den Fingernägeln langsam die bloßen, sanft gebräunten Arme entlangfuhr, von den weichen Achselhöhlen über die gepflegten Ellenbogen hoch zu den Handtellern, die eigenen Finger zwischen Melodys fächernd. "Da hast du verdammt recht." Raunte sie vieldeutig und bekräftigend auf den aufgeworfenen Mund, die Reaktion unter den halb gesenkten Lidern verfolgend. "Ich bin nur noch die dumme Tussi, die keiner flachlegen wollte, weshalb sie sich nun auf Muschis verlegt hat. Wen interessiert es da noch, was ich zu sagen habe?" Mira unterdrückte ein ersticktes Keuchen, zwang sich, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten, während sie sich betont langsam auf ihre Fersen zurückschob, die Hände auf den Oberschenkeln abstützend. Ein bitteres Lachen brannte säurehaltig in ihrer Kehle. Unwillkürlich wischte sie sich fahrig über die Lippen, den würgenden Reflex besänftigend. Eins musste man diesem blonden Gift, und unbestritten war sie das, abgesehen von ihren katzeminzeartigen Qualitäten, lassen: sie wusste genau, wie man einen Leberhaken ansetzte. »Tja, nun muss ich mir keine Gedanken mehr machen, was ich für eine Rolle in ihrem Leben einnehme.« Selbsttätig schoben sich ihre Hände über dem pastellfarbenen Stoff, strichen sanft von Brustbein über die Rippen nach außen, erreichten die anschmiegsamen Brüste, die sich ihrem Handteller anpassten, die zärtliche Liebkosung aufmerksam erwiderten, den Herzschlag beschleunigten, ihre Daumen, die selbst unter dem steifen Stoff zielgenau die erwachenden Knospen erspürten, diese umkreisten, spielerisch, neckend. "Lass mich dir einen Ratschlag geben." Mira befahl ihren vagabundierenden Händen Stillstand, beugte sich zu Melody hinab. "Schaff dir schnell einen Hund an. Wo du hin willst, wird es kalt und sehr einsam sein." Ohne weiteren Blick entfernte sie sich von der dahin gegossenen Versuchung und dem Bett, mit dem sicheren Empfinden, dass bald, binnen weniger Schritte nur, ein Sterben all ihrer Nervenenden einsetzen musste, das Ausbreiten von Taubheit und Leere. Sie ging den Korridor entlang, ruhig, mit der aufgezogenen Mechanik einer Puppe, tastete nach einem Lichtschalter, der aus dem vagen Dunkel ein neongleißendes Fanal der Realität brechen würde. Ende aller Illusionen. ~?~ Kapitel 3 - Von Gottheiten und Walrossen Fasziniert starrte sie auf ihre Hand, die merklich bebte, als könne sie nicht glauben, dass von nun an nicht mehr berührt werden durfte, was sie gerade eben noch liebkost hatte. »Entzug?« Miras Gesicht wurde von einem geisterhaften Grinsen bar jeglichen Humors verzerrt. »Nur ein weiteres Mal das Herz gebrochen, Narben eingekerbt. Das überlebt man, sei nicht so sentimental!« Rügte sie sich, mit wachsendem Entsetzen registrierend, dass ihr Körper sich die sehnende Hand zum Vorbild nahm, sie beben hieß. In diesem Moment erregte ein Schattenspiel ihre Aufmerksamkeit. Mira fuhr herum. Melody, wie ein Aschenputtel, barfuß, das rückwärtig geöffnete Kleid allein von den nördlichen Kurven am Fall gehindert, zerzaust, hielt zögerlichen Schritts auf sie zu. Ihre großen Augen suchten sie, während die Lippen lautlos zuckten, um Worte rangen, die sich nicht einstellen wollten. Melody einmal sprachlos?! Miras Herz versetzte ihr einen heftigen Schlag, der Zwerchfell und Brustkorb vibrieren ließ. Ein sanftes Klicken brach in die spannungsgeladene Stille. "Hppff." Ein Auflachen, knapp, an der Hysterie vorbeischrammend, berstend vor Unsicherheit. "Das war meine Tür." Mira staunte nur: die Verlegenheit, die Selbstironie über das naturgemäße Deponieren des Schlüssels auf der falschen Seite der Tür, die Abdrücke perfekter Zähne in der Oberlippe, fahriges Streichen durch die zerwühlte Lockenpracht, ausweichende Blicke unmäßig beschleunigte Atmung. Eine verirrte Stimme forderte sie auf, doch ihren verdammten Stolz zu vergessen, die Hand auszustrecken, versöhnlich die Kluft zu überwinden. Sie verharrte nur reglos. "Das ist so beschissen." Melodys Stimme tanzte nervös, ein wenig schrill. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll... und dann kreist dieses blöde Lied in meinem Hirn rum..." Hektisches Reiben an der Stirn, Anwinkeln eines Arms mit Stütz in der Taille, fallen lassen, wechselseitig über Ellenbogen streichen, Inspektion des Fußbodens. Mira tat, mehr der latenten Erschöpfung gezollt als bewusster Absicht, einen Schritt zurück. Das brachte panische Bewegung in ihre erstarrte Szenerie. Melody schoss förmlich vor, griff nach Miras Händen, Protest auf den Lippen. "Geh nicht!!" Ihr Schrei gellte, prallte von den gleichgültigen Wänden ab, brach sich in splitternde Facetten. Mit ähnlicher Vehemenz umschlang sie Miras Taille, presste sie an sich, Beschwörung in den flackernden Augen. »Kein feuchter Hundeblick.« Mira spürte einen Funken Hoffnung. Kein Winseln um Mitleid, nein, das war immer noch Melody, die unerbittliche, souveräne Königin. Auch wenn sie nun an die Grenzen ihrer rationalen Kontrolle über sich selbst stieß, die Stirn an Miras lehnte. "Ich hatte alles so perfekt geplant!" Ironisches Auflachen, ein wenig atemlos. "Vielleicht solltest du es abwechslungsweise mal mit Gefühl versuchen?" Klang ihre eigene, oft so raue Stimme tatsächlich frostig und distanziert?! "Bei Premieren bekomme ich immer Lampenfieber, feuchte Hände und muss ständig aufs Klo." Melody zwinkerte, entgegen der üblichen Anmut von einem Bein zum anderen schwankend. »Das ist so lächerlich.« Mira visualisierte sich Billy Idols legendäre, abschätzig hochgeworfene Lippe in seiner trotzigen Mimik, legte einen gekrümmten Finger unter das aparte Kinn, hob Melodys Gesicht millimeterweise an. "Hey Baby!" Schnarrte sie guttural. "I wanna know, if you'll be my girl?!" Anthrazit-Funken sprengten aus ihren Augen. Melody erwiderte ihren Blick, ließ sich Zeit, etwas, was Mira durchaus gefiel, obwohl sie das Ameisenheer, das sich unter ihrer Haut verirrt haben musste, schier in den Wahnsinn trieb. "Ich mach keine halben Sachen." Repetierte Melody leise, mit einem Ausdruck der Verwunderung über sich selbst. "Aber wenn du mich Baby nennst, Knackarsch, beiß ich dir die Nase ab!" Versicherte sie mit tödlichem Ernst, bevor sie Mira intensiv küsste. Mira hielt dagegen, bestrich die perfekten Zahnreihen aufreizend mit der Zungenspitze, entzog ihre Lippen der intimen Verbindung, um in neckenden, kurzen Attacken wahlweise an Ober- oder Unterlippe zu saugen, Beschwerde kitzelnd zu sabotieren, bis Melody mit frustriertem Grollen ihren Nacken umklammerte, den fixierte und den Expeditionen ein gemeinschaftliches Ende bereitete. "Was nun?" Erkundigte sie sich, ließ die Ausläufer der Atemlosigkeit vibrierend gegen Miras Brustkorb laufen, eine reizvolle Geste, die Mira kleidsame Farbe in die Wangen trieb. "Nun?" Mira badete in strahlendstem Kornblumenblau. "Nun schlepp ich dich ab in meine Bude, zieh dich aus, teile mir mit dir eine winzige Duschkabine." Sie pausierte, baute Spannung auf, bis Melody ihr ungeduldig über die Nase leckte, die Zähne drohend fletschte. "Danach kriechen wir splitterfasernackt in mein Bett und kuscheln, bis uns die Augen zufallen." "Also ein absolut jugendfreies Programm?" Die Nachfrage diente der Versicherung des soeben Vernommenem. "Wenn du Einwände..." Mira wechselte das Ohr, wisperte in die blonden Locken. "...oder Verbesserungsvorschläge..." Sie leckte provozierend an der anmutigen Kieferlinie entlang. "...einpflegen möchtest: das Gericht vertagt die Entscheidung gerne." "Ich möchte nur eine kurze Erklärung abgeben." Distinguiertes Räuspern, kosmetische Korrektur der derangierten Frisur, betonter Augenaufschlag. "Ich tue hiermit kund, dass meine Pläne zur Eroberung der Welt eine Modifizierung erfahren werden. Ab sofort sind die Nächte für naturkundliche Experimente reserviert." Mira konnte ein Kichern nicht unterdrücken, schmiegte ihre Wange an die Locken umspielte, flüsterte artig. "Narf~narf." Sie entführte Melody an ihrer Hand. ~?~ Sax kämpfte sich, ein wenig ungehalten ob der zwangsweisen Verbeugung vor den Konventionen, in seine Lederhose. Die schwefligen Augen schweiften immer wieder auf die marmorgeäderte, weiß schimmernde Gestalt ab, die sich mühelos, mit steifer Eleganz ankleidete. Sie wartete geduldig ab, bis er seinen einbeinigen Tanz beendet hatte, die wilde, stachelartig abstehende Mähne auf den Rücken verbannt, von ungehaltenen Klauen durchpflügt. Er streckte einladend eine Hand aus, um gemeinsam mit Aurelius, dieses Mal vorsichtig und gesittet, die Anhöhe zu bezwingen. In seinem Inneren pochte noch immer, oder war es erneut?, die vulkanische Lust, die arktische Gestalt zu umschlingen, in ihrer köstlichen Kälte Wettstreit auszufechten, bis sie einander Erfüllung verschafften. Er ermahnte sich streng, dieses Mal asketisch zu verbleiben. Nun, selbstredend äußerst befristet. Sie erreichten den Baum, unter dem Sax sein Lederhemd wie auch Aurelius' Wickelrock und Kasack achtlos deponiert hatte. Von einer animalisch verzierten Galanterie beflügelt ließ es Sax sich nicht nehmen, den schlanken, makellosen Mann eigenhändig in seine Überkleider zu wickeln, dieses Unternehmen mit zarten Bissen und verlangenden Küssen zu würzen. Das wurde ihm, trotz gestrenger Augenbrauen, gestattet. Er fingerte in seinem um die Hüften geschlungenen Lederhemd herum, bis ein Knopfloch einen ungewöhnlichen Behang, bestehend aus einer dicken Strähne filzigen Haars und zweier Ringe preisgab. Mit einer einzigen, scharfen Klauenbewegung trennte er Strähne und Hemd, lagerte die Beute auf seinem Handteller. Er war sich der distanzierten Neugier des eisige Kühle ausstrahlenden Mannes an seiner Seite mehr als bewusst. "Ist es schon nach Mitternacht?" Erkundigte er sich rau, auf die kehlige Weise, die sein angestrengtes Bemühen um menschliche Artikulation kennzeichnete. "Ich würde davon ausgehen, wenn mich die Sternkonstellation und der Horizont nicht täuschen." Exakte Diktion in frostiger Ferne. "Gut." Sax ließ seine Raubtierzähne aufblitzen, den schwefligen Blick über die elegante Gestalt gleiten. "Vor genau einem Jahr habe ich dich zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht getroffen." Schmirgelpapier ähnliche Stimme, Reibeisen gefeiltes Timbre, die schwefligen Augen funkelten hungrig. "Ich habe dir eine Menge versprochen, um dich zu gewinnen." Er lächelte über die unbewegte Miene seines Gegenüber, fasziniert von den tiefseeblauen Augen, die ihr Geheimnis verwahrten. "Gut, ich gestehe, ich arbeite noch an einigen Aspekten." Gewinnendes Zähnefletschen. Sehr behutsam umfasste er Aurelius' porzellanhafte Rechte, streifte ihm einen der beiden Ringe über den Finger. "Sieh an." Die unterkühlte Stimme studierte die Gabe. "Daher also das Interesse für antike Schmiedekunst." Sax grinste, verspürte ungewohnte Verlegenheit, widerstand nur mühsam dem Bedürfnis, sich tölpelhaft den Nacken zu kratzen. So distanziert-gelassen in jeder einzelnen Regung wie stets erwiderte Aurelius die verbindende Geste. Er hob die Handflächen aneinander geschmiegt in die senkrechte Höhe an, die Finger miteinander kreuzend, ein wechselseitiges Spiel aus marmorner Kälte und viriler Glut. "Du hast den Code für die Datei eingraviert." Aurelius ließ sich von schwefligen Funken umschmeicheln, die ungehindert aus Sax' Leib hervorzischten. "Ja." Raunte der guttural. "Deinen Code, unseren Anfang." Seine Zunge leckte begehrlich über Aurelius' eisige Wange. Der wich der feucht-heißen Liebkosung aus, legte den Kopf auf die Seite, zeigte zu Sax' Verblüffung ein schüchternes Lächeln auf den Lippen. "Wer hätte gedacht, dass ich einem Romantiker meine Silikonseele darbringen würde?!" Spöttelte er sanft, bevor er den minimalen Abstand überwand, Sax' dunkle Lippen mit arktischem Kuss gefror. ~?~ Mira wandte den Kopf, betrachtete die sanft geröteten Wangen, die von unzähligen Küssen gewärmten Lippen, die sich im schnellen Rhythmus hebende Brust, den Kopf, der weit in den Nacken gebogen ruhte. Sie setzte sich auf, streifte die leichte Decke ab, fügte dem herrlichen Prickeln, das der glühenden, gleichzeitig entspannenden Hitze ihres Inneren entströmte, das aufreizende Schauern an der Luft trocknender Feuchtigkeit hinzu. Melody hielt noch immer die Augen geschlossen. Eine federleicht wahrnehmbare Bewegung hinter den durchscheinenden Lidern verriet, dass auch ihr Innerstes noch lebhaft verarbeitete, was sie zu katzengleicher Geschmeidigkeit und animalischer Wildheit getrieben hatte. Dem Bett entschlüpfend sammelte Mira mit spitzbübischem Lächeln diverse Artikel ein, bevor sie sie vor sich auf der Matratze aufreihte. Sie entblätterte durchaus besitzergreifend, ganz sicher schwelgerisch, die schöne Bettgenossin bis zu den Lenden. Die Zeit, die Melody für sich beanspruchte, die Lider zu heben, die Arme noch immer locker um die im Kerzenschein golden schimmernde Lockenpracht gelegt, nutzte Mira gewinnbringend, um sich mit einem Riegel Belgischer Schokolade zu bewaffnen. Sie beugte sich über den sich wohlig räkelnden Leib, bannte die warmen Hände sanft, aber bestimmt auf das Kissen. Melody funkelte, ein verschleiertes Ozeanblau, registrierte die dunkle Verheißung zwischen den Zähnen, schnappte danach. Der Jagderfolg blieb ihr zunächst durch Ausweichbewegungen schuldig. Ein protestierendes Stöhnen. Endlich steuerte die süße Fracht ihre empfangfreudigen Lippen an, füllte ihren Mund mit aromatischen Schmelz. Kombiniert mit einem frechen Eindringling, der einen Teil ihrer Konzentration ablenkte, weil ihre eigene Zunge zwischen Libido und kalorienreicher Stimulanz wechselte. Der Gegenangriff erfolgte instinktiv, äußerte sich durch das anschmiegende Reiben mittels durchgedrücktem Rückgrat an der wärmenden Front über ihr. Von einem merklichen Zittern belohnt, dass Hände fahren lassen hieß, sie stattdessen umschlingend auf Schulter und Taille kaprizierte. Das befähigte die eigenen Hände, mit ausgefahrenen Krallen langsam von Pobacken bis zu den Schulterblättern hinaufzufahren. Mira keuchte in ihrem Kuss, leckte Spuren von Schokolade aus Mundwinkeln, flirtete mit der Zungenspitze, die ihr die Ausbeute streitig machen wollte. "Du bist nicht schlecht ausgestattet." Bemerkte Melody zwinkernd, was Mira ein breites Grinsen entlockte. "Was du nicht sagst." Ihr bezeichnender Blick sprach Bände. "Ich meinte die Schokolade." Die Zungenspitze strich müßig über Miras Lippen. "Ach was." Versetzte sie trocken. Sie geleitete sehr viel versöhnlicher feucht kringelnde Locken aus der Stirn. "Ich kenne mittlerweile deinen Appetit danach." Melody zog eine filmreife Schnute, demonstrativ und werbend zugleich, fächerte mit dem Wimpern Luft. "Du behauptest immer noch, dass du in zwanzig Jahren, wenn ich zu einem fetten, gestrandeten Walross mutiert bin, den Wecker ausstellen wirst und zu mir anlanden?" Mira lächelte, ein Quäntchen entrückt, strich mit den Fingerspitzen liebkosend über Melodys Schlüsselbein und die weichen Brüste. "Ich werde dich auch in zwanzig Jahren lieben." Stellte sie sanftmütig fest. "Wie kannst du so sicher sein?" Der skeptische Blick aus den großen Augen verlangte nach einer schlüssigen Antwort, die Mira nicht schuldig blieb. Sie umfing eine Hand, hauchte einen leichten Kuss in den Handteller, bevor sie sie zuerst auf ihre linke Brust, auf ihren Bauch legte. "Weil ich es weiß." So wie ihre eigene freie Hand einen Kreis auf Melodys Bauch zog, behaglich auf der linken Brust zur Ruhe kam. "Hmmm." Brummte Melody schließlich, die Form wahrend, nachdenklich die Augenbrauen gekräuselt. Mira verstand ohne Worte, tüpfelte einen neckenden Punkt mittels Fingerspitze auf Melodys Nase. Sie wandte sich herum, um weitere Nahrungsmittel auszubreiten, setzte einen im Kühlschrank temperierten Kräuteraufstrich provozierend auf Melodys eben noch liebkosten Bauch ab. Von Kondenswasser und Kälte überrascht ächzte sie auf, was ihr zwei anzüglich platzierte Aprikosenhälften auf die alerten Brustwarzen einbrachte. Mira zwinkerte, tunkte einen herzhaften Keks in den Aufstrich, fütterte Melody großzügig, die den Schock des Temperaturunterschieds rasch verwand. "Mehr." Kommandierte sie, angelte nach den Lebensmitteln, was mit gestrengem Schnauben handgreiflich unterbunden wurde. "Oh, komm schon, Mira, ich geh hier ein!" Bestätigendes, wenig damenhaftes Magenknurren, aufgeworfene Lippen. "Nimmersatt." Bemerkte Mira mitleidlos, um sich mit aufreizender Langsamkeit ihrem Dessert zuzuwenden, das sie, um die schöne, ausgehungerte Gefangene nicht loslassen zu müssen, allein mit Zunge und Zähnen aufpickte. Dabei wies sie eine beträchtliche Fehlerquote auf, als sie die Aprikosenhälften verzehrte. "Wenn ich jetzt nicht gleich was zwischen die Beißer bekomme..." Melody atmete deutlich beschleunigt. "... fress ich DICH auf!" Drohte sie Funken sprühenden Blicks. "So, so." Mira gab die Hände frei, rutschte von ihrer kurzzeitig auf den einladend ausgebreiteten Oberschenkeln bezogenen Sitzposition herunter. Sie streckte sich neben Melody aus, um sie aufgestützt auf einem Arm geduldig zu füttern mit allem, was ihr heimliches Depot hergab. Lächelnd verfolgte sie jeden Bissen, die Wanderung von Mund über Kehle in den Magen hinab, wie ein Schauspiel, das sie niemals langweilen oder ermüden würde. Sie fragte sich träumerisch, was es wohl bedeutete, dass Melody unbewusst die Fingerspitzen in ihren Leib drückte, wie ein Säugling, der damit die Milchproduktion anregte. Nicht, dass sie in dieser Hinsicht ein Angebot in petto hatte, doch es fügte einen unerwartet intimen, fast animalischen Aspekt zu ihrem nächtlichen Diner hinzu. "Ich werde aufgehen wie ein Hefekloß." Verkündete Melody schließlich ermattet, als Mira sich erhob, um die verderblichen Güter wieder in abgekühlter Umgebung zu verstauen. Einladend lupfte sie die Decke, um sich anzuschmiegen und wohlig zu seufzen. "Was machen wir morgen Abend?" Mira tauschte einen liebevollen Kuss aus. "Wenn ich den ersten Tag meines Jobs im Supermarkt überlebe, können wir ruhig die Welt erobern." Zeigte sie sich aktionsbereit. "Du arbeitest in den Ferien hier?" Melodys Nase kräuselte sich. "Ich brauche das Geld." Schulterzucken auf der anderen Seite. "Das habe ich nicht gemeint!" Besitzergreifend umschlang sie Miras Taille. "Ich muss nur bald die üblichen Verpflichtungen angehen: Verwandte, Kontaktpflege, Imagearbeit." Sie verdrehte die Augen. "Das heißt, wir werden uns wohl nicht so häufig sehen, richtig?" Resümierte Mira leise. Sie konnte förmlich zusehen, wie es in Melody arbeitete, blitzschnell Alternativen und Pläne ersonnen, verworfen, überarbeitet, revidiert wurden. "Mira, wie denkst du über Überraschungen?" Mira kniff die Mandelaugen zusammen, studierte argwöhnisch die kornblumenblauen Augen "Was hast du vor?" Ein sehr irdisches Grinsen beleuchtete die attraktiven, noch von innen glühenden Züge. "Ganz einfach, ich überfalle dich in jeder Minute, in der ich mich davonmachen kann, schleiche mich in dein Bett." Sich lasziv räkelnd erwog Mira diese Aussicht. "Das könnte mir vielleicht über die Fronarbeit hinweghelfen." Sie zog Melody auf sich, teilte einen Eskimokuss. "Ich könnte mir auch noch ein paar Leckereien umhängen." Mit einem enthusiastischen Aufquietschen startete Melody einen weiteren Kussregen auf eine vor Glück übersprudelnde Mira. ~?~ Space - Female of the Species (Fembot Mix) A thousand thundering thrills await me Facing insurmountable odds greatly The female of the species is more deadlier than the male. Shock shock horror horror, shock shock horror! I'll shout myself hoarse for your supernatural force! The female of the species is more deadlier than the male. Oh, she deals in witchcraft and One kiss and I'm zapped. Oh, How can heaven hold a place for me When a girl like you has cast her spell on me? Oh, How can heaven hold a place for me When a girl like you has cast her spell on me? Frankenstein and Dracula have nothing on you Jekyll and Hyde join the back of the queue The female of the species is more deadlier than the male. For she wants to conquer the world completely But first she'll conquer me discreetly The female of the species is more deadlier than the male. Oh, she deals in witchcraft and One kiss and I'm zapped. Oh, How can heaven hold a place for me When a girl like you has cast her spell on me? Oh, How can heaven hold a place for me When a girl like you has cast her spell on me? Oh, How can heaven hold a place for me When a girl like you has cast her spell on me? Oh, How can heaven hold a place for me When a girl like you has cast her spell on me? ~?~ Sax hielt die aus Asbestplanen konstruierte Hängematte in ihrem stählernen Gestell in sanfter Schwingung, gedankenverloren über den nackten Rücken seines Eisprinzen streichelnd. Der ruhte auf seiner Brust, einen Arm gleißend wie eine arktische Blitzlanze über seinen muskulösen Bauch gelegt, ein leicht angewinkeltes Bein zwischen seine eigenen geschoben. Der kühle Atem strich in leichten Wirbeln angenehm prickelnd über Sax' linke Brust, liebkoste die marginale Wunde. Er lächelte mit scharfem Raubtiergebiss in die Sterne über sich, perfekt in Szene gesetzt durch das gezackte Loch in der Decke, genoss die anregende, arktische Nähe des schlanken Mannes, der keine Einwände aufgebracht hatte, als es hieß, sich unbekleidet hier zur Ruhe zu begeben. »Er vertraut mir.« Sax hatte bis vor wenigen Augenblicken nicht gewusst, wie gewaltig sich dieser Fortschritt in ihrer elektrisierenden Beziehung tatsächlich ausnahm. Seine Klauen wischten behutsam durch die seidigen, schwarzen Haare, heizten den anmutigen Nacken auf, bis ein tieferes Einatmen ihn auf die Konzentration seiner Energie hinwies, die er artig unterband. Vor seinen Augen irrlichterte noch immer die Szene, die ihn zwischen Verdammnis und höriger Leidenschaft zerrissen hatte. Aurelius, in dem leichten, rosigen Schimmer der marmorierten Haut, die einzige Spur an seinem makellosen Leib, die verriet, mit welcher Lust und Ausdauer sie einander geliebt hatten, stemmte ungewohnt dominant die Hände flach gegen Sax' Brust. Er dirigierte ihn auf eine abgestürzte Röhre, ignorierte dessen spaßeshalber angedeuteten, o-beinigen Ritt. Die Spritze in seiner Hand, mit distanzierter Genauigkeit auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft, stieß er unvermittelt mit aller Kraft in Sax' Herz. Der Augenblick, in denen ihre Augen miteinander verschmolzen, zeitlos, schwankend zwischen blindem Vertrauen und heilloser Panik. Der beißende Schmerz, der sich in seinem Körper ausbreitete, Krämpfe auslöste, seinen Atem vertrieb, ihn in Konvulsionen schüttelte, bis die übermenschlich starken Arme ihn kühlend, tröstend umfingen, Silben flüsterten, die einer unbekannten Sprache entstammten, vor Jahrhunderten vergessen. Die Erleichterung, als die Qualen ein Ende hatten, jedoch die Frage aufwarfen, warum....? Ein eisiger Kuss, der die Wundstelle versorgte, Porzellanfinger, die sein Gesicht wie zum ersten Mal erkundeten, seinen schwefligen Blick in ihren unendlich tiefen Kaleidoskopierenden einwebten. "Eine biologisch-chemische Zeitbombe." Ein zärtlicher Kuss von bläulich schimmernden Lippen. Er begriff: des Doktors Versicherung, die Geister, die er gerufen hatte, auch wieder aus dieser Welt entfernen zu können. Ein Timer, der sein Ende langsam angezählt hatte. "Wieso...?" Er musste seinen Gedanken nicht vollenden, denn Aurelius verstand wie stets ohne Worte. Er suchte ungewohnt direkt seine Nähe, legte die Klauen um seine eigenen, schlanken Hüften, stützte die weißen Hände kontrastierend auf Sax' Brust auf. "Ich musste sicher sein." Sax' Lächeln blieb blass. Er verstand, trotzdem jagten sich Stiche in seinem Herz. Beschämend, dass ihm diese Distanz verborgen geblieben war. Hatte er sich seines Schatzes zu sicher gefühlt? "Wenn ich versagt hätte?" Ein seltenes, nachsichtiges Lächeln auf den kalten Lippen, die Augen für Sekunden lagunengrün und ruhig. "Ich hätte dich gehalten, bis dein Leben verlöscht wäre und mein eigenes beendet." So einfach die Worte, so absolut ihr Entschluss. Er konnte nicht anders, als diese Lichtgestalt an sich zu ziehen. Er konnte nicht ertragen, nicht in dieser Nacht, ohne die Verbindung zu den gegensätzlichen Energien in dem schlanken Körper zu bleiben. Er hielt Aurelius noch immer in seinen Armen, wiegend, liebkosend, streichelnd und lächelte über sich selbst. Ein wahrhaftiges Ungeheuer, geschaffen, um zu morden, zerreißen, vernichten, das sich Trost und Bestätigung suchend an sein erstes Opfer klammerte. Aurelius' Augen fingen seinen flackernden Blick auf, eine schmale, gepflegte Hand legte sich auf Sax' Wange. "Fürchte dich nicht. Ich werde dich beschützen." Sax zwinkerte, entzündete die feurigen Flammen in seinem Inneren erneut. "Lass mich dich lieben, mein Schöpfer." ~?~ Lizards Bernsteinaugen vertrieben alle Neugierigen oder Streitsuchenden aus ihrem kleinen Abteil, Bundesbahnklasse, abgewetztes Leder, verkratzte Klapptische, durchhängende Gepäcknetze. Ioannes schlief an seiner Brust, noch immer in seinem Tuxedo, von der Reptilienhautjacke eingehüllt. Eine Hand hatte sich an das Halbdunkel der Dämmerung geschmuggelt, war von Lizard sanft umfasst worden, eine beruhigende Verbindung, die sicherstellte, dass der erschöpfte Mann in seinen Armen Ruhe fand. Lizard betrachtete die vorbeiziehende Landschaft, den einlullenden Rhythmus der Räder auf den Gleisen, das unaufhörlich leise Schnaufen des Antriebs. Sie würden in Kürze ihr Ziel erreichen. Er würde Ioannes nicht mehr teilen müssen mit aufreibenden Ansprüchen Dritter oder dessen ehrgeizigen eigenen. Ein leichter Druck ihrer verbundenen Hände erregte seine Aufmerksamkeit. Ioannes setzte sich bereits, noch ein wenig schlaftrunken, neben ihm auf. "Ruh dich noch ein wenig aus, wir sind noch nicht da." Lizard wickelte fürsorglich seine Jacke um die schmalen Schultern. Ioannes betrachtete ihn mit einer Intensität, die Lizard einen unerwarteten, köstlichen Schauer über den Leib trieb. "Ich habe etwas Seltsames geträumt." Seine Augen konzentrierten sich auf den bernsteinernen Blick. "Ich war so eine Art Eingeborener, der durch eine Savanne streifte, da fand ich dich. Einen vom Himmel gefallenen Gott, davon war ich zumindest überzeugt. Ich wollte fliehen, weil du schuppige Flügel hattest und über magische Fähigkeiten verfügtest, meine Seele stehlen konntest." Lizard leckte sich angespannt über die eigenen schmalen Lippen. "Bist du geflohen?" Erkundigte er sich rau. Ioannes lächelte versonnen, in den Augen ein Licht leuchtend, das seinen Ursprung in der Erinnerung an eine prägnante Vision hatte. "Nein. Ich blieb bei dir, teilte meine spärlichen Vorräte mit dir. Zum Dank dafür gabst du mir dein göttliches, goldenes Blut zu trinken. Mir wuchsen Flügel." Lizard schmunzelte, streifte durch die leicht derangierten Locken an Ioannes' Schläfe. "Wohin sind wir geflogen?" Erkundigte er sich leise. "Zur Sonne." Wisperte Ioannes, die Arme um Lizard schlingend, die Wange auf dessen Brust ablegend. "Mitten in die Sonne hinein." Lizard folgte seinem Beispiel, schloss die Augen, strich zärtlich über den gestutzten Lockenschopf. "So soll es sein, mi amor." ~?~ HaHa tapste ein wenig verwirrt, durch diese Empfindung aber kaum beeinträchtigt, hinter seiner Angebeteten her, die sich weder an seinen gewaltigen Pranken, noch deren feuchter Oberfläche störte. Ein Teil seines selbstkritischen Ichs hatte erhebliche Sorgen gewälzt, was ihm wohl blühen mochte, wenn er Surprises Verwandtschaft gegenüberstand. Diese Sorgen hatten sich in Windeseile zerstreut, als er die ausrangierte Fabrikhalle betreten hatte, wo im Licht der Abertausend Sterne zwei unbekleidete Männer in einer gewaltigen Hängematte unter einem zerstörten Dach eng umschlungen schliefen. Nun ja, ein wachsames, schwefelgelbes Auge meinte er, in seinem Rücken gespürt zu haben, doch das konnte Einbildung sein. Nun schwang er selbst an einer gewaltigen Strahltrosse hin und her, die eine Art Käfig über dem Boden hielt, allerdings nur aus vier Streben bestehend, die restlichen Gitter waren entfernt worden. Surprises Bett. Exzentrisch, aber wer war er schon, darüber zu urteilen?! "Nett hier." Bemühte er sich um weltläufige Souveränität, zwang ein verräterisch wackliges Lächeln auf sein flächiges Gesicht. Surprise, die sich ohne sein Zutun in wenigen Sekunden aus ihrem Kleid schälte, zwinkerte katzenhaft. "Gleich wird es noch netter." Sie pirschte sich auf allen Vieren an ihn heran. In HaHas Kopf funkte die vage Befürchtung auf, er möge an einem Blutsturz versterben. Eine kleine, ungemein kräftige Hand um seine Mehrfachkinns erstickte diesen Gedanken jedoch eilig. "Keine Angst." Die verführerisch lispelnde Stimme hatte eindeutig einen Nacht-samtigen Klang. "Ich bin ausgesprochen versiert in Erster Hilfe. Mein Zauberstab hat noch niemanden umgebracht." Haha lief dunkelrot an. "Äh... Liebste, denkst du nicht, dass deine Leute hellhörig werden könnten?" Nicht, dass seine eigene Reaktion ihn nicht demonstrativ, fast schmerzhaft deutlich verriet. Surprise beugte sich vor, störende Kostümierung achtlos mit ihren lackierten Nägeln zerteilend, wisperte verheißend. "Das will ich doch stark hoffen. Genug geredet, mein mächtiger Sonnenschein, nun will ich spielen!" HaHa fügte sich wie stets beglückt und sorgenfrei. Ganz egal, was andere sagen mochten, wie exotisch ihnen seine geliebte Surprise erscheinen mochte: er liebte sie über alles und würde sie heiraten! Alle Extras, die ihren herrlich geschmeidigen und feurigen Körper zu einer Einzigartigkeit krönten, gehörten untrennbar dazu. ~?~ Elvis vs JXL - A Little Less Conversation A little less conversation, a little more action please All this aggravation ain't satisfactioning me A little more bite and a little less bark A little less fight and a little more spark Close your mouth and open up your heart and baby satisfy me Satisfy me baby Baby close your eyes and listen to the music Drifting through a summer breeze It's a groovy night and I can show you how to use it Come along with me and put your mind at ease A little less conversation, a little more action please All this aggravation ain't satisfactioning me A little more bite and a little less bark A little less fight and a little more spark Close your mouth and open up your heart and baby satisfy me Satisfy me baby Come on baby I'm tired of talking Grab your coat and let's start walking Come on, come on Come on, come on Come on, come on Don't procrastinate, don't articulate Girl it's getting late, gettin' upset waitin' around A little less conversation, a little more action please All this aggravation ain't satisfactioning me A little more bite and a little less bark A little less fight and a little more spark Close your mouth and open up your heart and baby satisfy me Satisfy me baby ~?~ Sax lächelte dem rosigen Morgen entgegen, lauschte amüsiert der Kakophonie von Lustlauten, die ihm verrieten, dass sich Surprise prächtig auslebte. Wie vorausschauend, einen Partner zu wählen, der über gewisse Reserven verfügte, nicht bemerkte, wann diesen nachgeholfen wurde. Er küsste in gewohnter Hitze, dennoch zärtlich, die arktisch kühle Stirn unter den nachtschwarzen Seidenhaaren. Aurelius erwiderte sein Lächeln mit spöttelnd gelupfter Braue. "Ich beginne, ernsthafte Befürchtungen zu hegen, dass es dir in der Tat gelingen könnte, die Welt zu bezwingen." Bemerkte er in seiner exakten Diktion, von nordischem Akzent durchdrungen. Sax fletschte siegessicher die Raubtierzähne, Aurelius auf Augenhöhe an sich hochziehend. "Jetzt ist es zu spät, mich zu bremsen." Neckte er provozierend, ließ seine schweflige Aureole aufflammen in der Gewissheit, dass das Asbest ihm, zumindest für eine Weile, standhalten würde. Ein gleißend grelles Blitzen aus frostiger Kälte mischte sich elektrisierend in den Reigen. Dampfende Kondenswasserschwaden nebelten sie ein. "Ich habe nicht die Absicht, dich aufzuhalten." Aurelius tupfte einen Kuss auf die zuckenden, dunkel getönten Lippen, flocht seine Finger in die ungebändigten Strähnen. "Allerdings könntest du dafür sorgen, dass ich etwas Angenehmeres höre als dieses Geturtele." Sax' kehliges Wolfsgeheul erschütterte die alten Mauern. Er wusste, dass ihre Hängematte dieser Aufforderung nicht standhalten würde, doch alles, was seine Welt bestimmte, waren große Augen in kaleidoskopierendem Wechsel zwischen violetten Blitzen, blauem Firmament und grünen Ozeantiefen, die seine Leidenschaft einforderten. ~?~ ENDE ~?~ ~~> Fortsetzung in "Zyklon" Danke fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Hier nun ein Spätsommer-Fest mit den Trickstern... die sich nicht nur auf Wohnungssuche begeben, sondern auch in die tumultartigen Ereignisse an der Fakultät verwickelt werden.... Auf Wunsch vieler Leser hier auch mehr zu Mira und Melody ^_^ Wie immer geht es rund, besonders horizontal, und das Ganze begleitet von Auszügen des Soundtracks zu "Dirty Dancing", einem Film, der meine Generation beeinflusst hat und zu zünftigen Veranstaltungen gehörte wie eine vermurkste Bowle in amerikanische Spielfilme. Dass nicht alles Zucker ist, was rosig glänzt: nun ja, es ist nicht schwer, ein Freak zu werden, doch nicht leicht, einer zu sein ^_~