Titel: Moviestar Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original + Fan Fiction Hinagiku-The Eve Of Lust-Serie (siehe Informationen), Teil 6 FSK: ab 16 Kategorie: Drama Erstellt: 13.04.2005 Disclaimer: Hinagiku gehören mit Leib, Seele und jedem Song kimera- eve of pleasure- records, alle Rechte vorbehalten ^_~ Kouji Nanjou, Takuto Izumi und Tatsuomi Nanjou gehören zur Welt von Zetsuai/Bronze, Mangaka Minami Ozaki. ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ ~?~ Moviestar Kapitel 1 - Das Grauen auf Band Mosquitos Finger glitten sanft über die beinahe schulterlangen honigblonden Haare, während er mit geschlossenen Augen der Melodienfolge lauschte, die sein "Schüler" dem Multiboard entlockte. "Hmmm, gut", schnurrte der Leadsänger kehlig, zwinkerte vertraulich. Was Tatsuomi ein Grinsen entlockte, seine von Konzentration in einer attraktiven, aber leblosen Maske verhärteten Züge vitalisierte. Geschmeidig und ansatzlos reichte Mosquito seine Lieblingsgitarre und ein Plektrum weiter. "Und nun versuch es hiermit", wies er Tatsuomi an, lehnte sich bequem gegen die ausgestopften Kissen auf dem übergroßen Bett, das ihrer Übungsstunde Heimat bot. Während sich der Jüngere eifrig damit befasste, Akkorde zu greifen und seiner Geschicklichkeit mit dem Multiboard eine ebensolche mit den Saiten folgen zu lassen, studierte Mosquito seinen Schüler unter halb gesenkten Lidern. Müßig eine lange, schwarze Locke um einen Finger drehend. Tatsuomi wirkte auf den ersten Blick so verzehrend anziehend und verführerisch wie sein berüchtigter Onkel Kouji Nanjou, Schauspieler, Rocksänger und Modell. Doch unter dem beinahe unmenschlich schönen Gesicht verbargen sich die Spuren seiner Odyssee. Die großen, faszinierenden Augen fokussierten sich auf einen leeren Fleck, die Finger benötigten keine visuelle Vergewisserung. Der honigblonde Schopf glatter Haare umspielte das ebenmäßige Gesicht wie ein goldener Fluss eingefangener Sonnenstrahlen, ergoss sich auf die breiten Schultern. Niemand konnte bestreiten, dass Tatsuomi, -den seine Freunde "Sunny" zu rufen pflegten-, auf dem besten Weg war, seinem Onkel Konkurrenz zu bereiten. Mit schmalen Hüften, einem hochgewachsenen, athletischen Leib und der katzenhaften Grazie, die ihre Bewegungen kennzeichnete. Aber auch der dunkle Schleier von Tragödien wehte wie ein drohender Schatten im Glanz ihrer verlockenden Attraktivität. Dessen war sich der Leadsänger der Hinagikus nur zu bewusst. Und bereit, jede Möglichkeit zu nutzen, um seinem fünfzehnjährigen Freund das Leben zu verschönern, die finsteren Wolken von selbstzerstörerischen Zweifeln und Unsicherheiten zu zerstreuen. Mit einem ungeduldigen Knurren kommentierte Tatsuomi einen schweren Lauf, der ihn vor Hindernisse stellte. "Wirklich, Mako, ich sollte bei den Drums bleiben. Das hier ist einfach nicht mein Ding!" Mosquito erteilte seinem Schüler einen Nasenstüber zwecks Disziplinierung. "Und was schwebt dir als Alternative vor?", erkundigte er sich mit Funken stiebendem Augenaufschlag. Achselzuckend verabschiedete Tatsuomi die Gitarre, schmiegte sich in einen komfortabel wirkenden Arm, den Mosquito einladend offerierte. Abwesend glitt der Blick des Jüngeren über die sehnig-muskulöse Gestalt des Leadsängers, die schwarzen, langen Locken, die sich mit weißen und royalblauen künstlichen Strähnen lose um den nackten Oberkörper kringelten. Es störte ihn wenig, dass Mosquito kaum mehr als eine zebragestreifte Bermudas trug, sah man von diversem Schmuck und seinen Tätowierungen ab. Trotz der Klimaanlage, die das Hotelzimmer regulierte, entsprachen die Temperaturen doch einer wohligen Wärme, die nur unwesentlich der hochsommerlichen Gluthitze in der Metropole nachstand. Der Leadsänger begriff ohne Worte, rückte noch ein wenig näher heran, spendete durch seine Anwesenheit, seine sanfte Berührung Trost und bewies seine Zuneigung. Für eine geraume Weile, die auf Zehenspitzen verstrich, lagerten sie nebeneinander, so vertraulich in einer zärtlichen Umarmung, dass man sie für ein Liebespaar hätte halten können. Dann, widerstrebend, schlug Tatsuomi die großen Augen auf, wirbelte einen Tusch durch die langen, dichten Wimpern. "Du musst ins Studio zu den Proben, nicht wahr?" Den frappierend fragilen Nacken seines Schülers massierend wischte sich Mosquito mit der freien Hand lockige Strähnen aus dem Gesicht, schenkte Tatsuomi ein aufreizendes Lächeln. "Ich würde ja auch hier proben...", schnurrte er rollig, in Erwartung eines sanften Nasenstübers. Dieser folgte mit einem nachsichtigen Lächeln. "Aber die Pflicht geht vor, Meister", tadelte der jüngste Spross des berüchtigten Nanjou-Clans streng, richtete sich aus der Umarmung auf. "Ich sollte besser nach Hause gehen..." Die dunkle, ihrem älteren Pendant so ähnliche Stimme verlor sich heiser. Mosquito streichelte mit der Handfläche aufmunternd über den gekrümmten Rücken, kraulte dann die hervorstehenden Wirbel spielerisch. "Du könntest auch bei Weevil vorbeischauen. Er hat jede Menge Spiele in seinem Zimmer." Ein rascher Schulterblick, ein interessiertes Aufblitzen in den großen Augen. "Keine Probe heute?" Ein genüssliches Räkeln und Strecken später bestätigte Mosquito die Vermutung seines Schülers. "Richtig, und ich glaube, ein wenig Gesellschaft kann ihm nicht schaden. Außerdem verlasse ich mich darauf, dass du ihn abziehst!" Der Leadsänger bleckte boshaft die weißen Zähne. Tatsuomi antwortete mit einem entsprechend maliziösen Grinsen. "Ist gebongt!" ~?~ Weevil, Rhythm Gitarrist der Hinagikus, kauerte bequem auf dem Teppichboden. Die Finger in vertrauter Beschäftigung einer Konsolen-Liebkosung, während seine Augen hinter den mächtigen Gläsern einer Brille dem hochgeschwindigen Treiben auf dem Fernsehbildschirm folgten. "He, Wee!" Mosquito ließ sich selbst in das Hotelzimmer ein, dehnte den Vokal träge. "Juhu, Jungs!" Weevil schwenkte zur Begrüßung ein poppig-grelles Plastikrohr, was durch den Luftzug ein Heulen hervorbrachte. "Ich lasse Sunny bei dir, okay?" Mosquito schob seine gewaltige Sonnenbrille auf die Stirn in den lockigen Wust, der in einem nachlässig hochgebundenen Zopf schwarzer, weißer und royalblauer Locken bestand. Er stellte wie gewohnt eine herausragende Erscheinung dar mit den bis zur Hüfte ausgeschnittenen, weiten Hosenbeinen im Stil einer Pluderhose. Dazu ein wadenlanges Chasuble aus blutroter Organza, das um die schwarzen Hosenbeine strich, die sehr viel Einblick auf die helle Haut gestatteten. "Coole Schuhe", komplimentierte Weevil die feingeschnürten Ledersandalen des Leadsängers, blinzelte dann eulenhaft hinter den flaschenbodendicken Brillengläsern, als sein Blick auf den weiteren Gast fiel, der noch immer Mosquitos Hand hielt. "Hey, Kleiner", begrüßte der Gitarrist Tatsuomi, ignorierte wie alle den Umstand, dass der Schüler sie schon überragte und seinem Onkel in der Statur und Größe nacheiferte, "nimm dir ein Kissen, ja?" Tatsuomi ließ einen großen, mit unzähligen Bändern geschmückten Rucksack auf den Boden sinken, streifte sich die Espandrillas von den Füßen und glitt geschmeidig durch das Hotelzimmer, machte es sich neben Weevil bequem. "Dann seid schön artig, Kinder", ermahnte Mosquito halb drohend, bevor er mit einer gewissen Erleichterung die Zimmertür hinter sich schloss. So gerne er Tatsuomi hatte, -und er liebte den erschreckend schönen Jugendlichen wirklich von ganzem Herzen-, so erdrückend war die Verantwortung, die auf ihnen lastete. Seit sie sich gegenüber Kouji Nanjou bereit erklärt hatten, dem wissbegierigen, hochintelligenten, aber unausgeglichenen Schüler den Alltag von Musikern nahezubringen. »Wir sind eben keine Therapeuten«, stellte Mosquito einmal mehr fest, »auch wenn Musik der Schlüssel ist. Die richtige Zeit liegt nicht in unserem Ermessen.« ~?~ Tatsuomi ergriff bereitwillig die angebotene Konsole, fühlte sich rasch in das Spiel und die Bedienung ein. Er spielte nicht zum ersten Mal an der Seite dieses veritablen Paradiesvogels, doch gewöhnlich verfügte der Schüler nicht über die Möglichkeiten, diesem Vergnügen zu frönen. Nicht etwa, dass sein Onkel keine Spielkonsole besessen hätte, -ganz im Gegenteil, die neuesten Varianten verschiedener Hersteller warteten im Wohnzimmer auf Besucher und Freunde. Doch ein kategorisches Verbot hielt Tatsuomi von den reaktionsschnellen Spielen fern. Und er hatte keine Absicht, dies zu umgehen. Was sich auch nicht als notwendig erwies, denn Weevil bot eine Runde "Hausfrauen-Olympiade" an, einen Parcours durch die täglichen Arbeiten einer standardisierten Hausfrau, allerdings mit Schikanen, Pannen und Zeitlimits. Dabei trällerte der Gitarrist lautstark den Soundtrack mit, feuerte sich selbst an und heulte bemitleidenswert verzweifelt auf, wenn ihm zum zweiten Mal die Eier in der Pfanne platzten, während der Kaffee sich über den Fußboden ergoss. Tatsuomi lächelte unwillkürlich, musterte seinen Spielgefährten von der Seite. Filzig und zu wirren Nestern verklettete Haare in einem grellen Giftgrün hingen wirr um ein munteres, offenes Gesicht, das gewöhnlicherweise den Blick auf die vielfarbigen Kontaktlinsen lenkte. Ebenso bunt erwies sich Weevils Kostümierung: eine Bermudas mit rosa Häschen zu einem zitronengelben Muscle-Shirt mit einer grünen Handgranate aus angenagten Äpfeln, dazu eine der unvermeidlichen, wadenlangen Yukata, die der Gitarrist so liebte. Sie waren handgefertigte Unikate aus den Stoffstreifen von Werbefahnen, entsprechend grell und wild. Zusätzlich verfügten die Yukata über spezialgefertigte Ösen, Haken und Kletttaschen. Die all die wichtigen Dinge verwahrten, die Weevil ohne sie ständig verlegen würde: Schlüssel, Geld, diverse Plastikkarten, Mobiltelefon, Taschentücher, Haarbänder, Kaugummi und weiteren Krimskrams, der seinen Besitzer erfreute. So exzentrisch seine äußere Erscheinung dem unvorbereiteten Betrachter erscheinen mochte, so liebenswert unkompliziert erwies sich der Gitarrist selbst. Tatsuomi lächelte besänftigend auf einen fragenden Blick, der seinen intensiven streifte. »Es ist gut, eine Weile bei ihm zu sein und die Welt leicht zu nehmen.« ~?~ Kevin lauschte aufmerksam der verzerrten Stimme, die seinem Mobiltelefon eine merkwürdige Offerte offenbarte. Der Manager der Hinagikus ignorierte die Hitze in seinem dreiteiligen Anzug, auch wenn er der Jahreszeit geschuldet einen Cremeton gewählt hatte. "Wenn dem so ist, wie Sie mir berichten, dann bin ich natürlich an einem Kauf interessiert", erklärte er in kühler, distanzierter Diktion seinem Gesprächspartner, der offenkundig einen Verzerrer nutzte. »Und vermutlich kann man seinen Anruf nicht zurückverfolgen«, mutmaßte der Manager gelassen, da er eine vage Vermutung hegte, mit wem er es zu tun hatte. Einige der etwas ungewöhnlicheren Bekannten von Kouji Nanjou verfügten über Mittel und Wege, sich in ihrem "Dschungel" zu bewegen und hatten sich über seinen Kontakt "Mission Control" verpflichtet, über die Hinagikus zu wachen. Und irgendjemand hatte Treibgut aus den unendlichen Weiten der Informationen aufgelesen, das eine nicht zu unterschätzende Sprengkraft besaß. "Welche Gegenleistung wird gefordert?", erkundigte Kevin sich zurückhaltend, bereits die Finanzierungsmöglichkeiten kalkulierend. Die Antwort, die knisternd zu ihm drang, verblüffte ihn für ganze Augenblicke. Dann gestattete sich der junge Manager ein erfreutes Lächeln in der Abgeschiedenheit des Büros. "Selbstverständlich. Geben Sie mir die Details, und ich kümmere mich persönlich darum", sicherte Kevin zu. ~?~ Mosquito wischte sich mit einem Handtuch über den nackten Oberkörper, lauschte dann konzentriert den Aufnahmen, während er verlorene Flüssigkeit mit einem Gemisch aus Ingwer- und Limonentee ersetzte. Leidlich zufrieden ließ er sich auf einen der Regiestühle sinken, im Kreisrund seiner Kollegen Spider und Bug. Der Drummer kämpfte mit Ermüdungserscheinungen, die seine hünenhafte Gestalt noch mehr zusammenkrümmten, als es die unpassende Sitzgelegenheit vermochte. Spider leerte methodisch die Vorräte der Wasserflaschen, krakelte dabei auf einem Notizblock herum. "Die Melodien sind okay, aber wir brauchen wirklich bald Texte, sonst verfliegt der ganze Zauber", stellte er fest, was die beiden anderen ebenfalls bewegte. "Mit anderen Worten, es wäre an der Zeit, Flea dazuzuholen", Mosquito gurgelte. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, denn der Bassist hasste den Sommer, die Hitze und die Sonne mit jeder Faser seines überschlanken, blassen Körpers. Und wie so oft hatte er sich bisher nicht dazu bequemt, die Stadt zu durchqueren, um dem Studio seine Aufwartung zu machen. Allerdings kostete jeder Tag Geld, und verschiedene Termine rückten immer näher heran. "Hat er denn schon was geliefert?", erkundigte sich Bug matt, die Augen reibend, denn eine der wichtigsten Funktionen in der Band oblag auch Fleas kompliziertem Wesen: Songtexte zu verfassen. "Ich habe ihm die Aufnahmen geschickt, damit er sie im Ohr hat, aber bisher noch keine Rückmeldung", der Leadsänger löste sich von dem anhänglichen Regiestuhl, dehnte und streckte seine Glieder anmutig. "Aber kein Grund zur Aufregung. Ich werde ihn schon aus seinem Bunker locken", versprach er aufmunternd. Seine beiden Kollegen nickten beipflichtend. »Im Notfall jagen wir eben Weevil in die Höhle des Grufties!« ~?~ Weevil blinzelte, bemühte sich angestrengt, seine besorgten Seitenblicke nicht zu augenfällig zu werfen. Unbestritten fühlte er sich unbehaglich neben dem Jugendlichen, der seit einiger Zeit ruhelos und irritiert neben ihm agierte. Die nervöse Anspannung kontrollierte Tatsuomis Körper, ließ diesen rastlos im Zimmer auf und nieder gehen, Spielrunden aussetzen, um etwas zu trinken, sich durch die Haare zu streichen und über die Lippen zu lecken. »Es wäre gut, wenn Mosquito endlich käme«, seufzte der Gitarrist innerlich hilflos. Wenn es gelang, Tatsuomis Aufmerksamkeit zu bündeln, auf eine bestimmte Aufgabe zu fokussieren, dann wurden die Hyänen der Vergangenheit zurückgetrieben, doch mittlerweile hatte Weevil jede ihm erdenkliche Möglichkeit erprobt. »Das Arsenal leer und keine Ahnung, wie es weitergehen soll!« Beinahe beschwörend streichelte er über einen nackten, mit einem dünnen Schweißfilm überzogenen Arm, um Tatsuomi daran zu hindern, sich manisch die eigenen Haare vom Kopf zu "kämmen". "Was denkst du, wollen wir bei Mosquito vorbeischauen, ob er schon da ist?", griff Weevil zum letzten Strohhalm, der Rettung verheißen konnte. Zur Unterstreichung seiner Idee rappelte er sich auf, schraubte statt der ungetönten Brille eine Sonnenbrille mit vergleichbarer Dioptrienstärke auf die Nase, schlüpfte in seine blaulackierten Getas. "Komm, Sunny, gehen wir!", forderte er Tatsuomi auf, der bereitwillig die Gelegenheit ergriff, sich zu beschäftigen, ein T-Shirt über seinen unbedeckten Oberkörper streifte, bevor er seinen Rucksack auflas und in seine Espandrillas stieg. Drei Stockwerke höher erreichten sie Mosquitos Hotelzimmer, doch die Tür wies sie unnachgiebig ab: ohne die passende Karte kein Einlass. Unbeeindruckt von dieser Abfuhr überredete der Gitarrist seinen Begleiter, mit ihm in das Erdgeschoss zu fahren, wo sich die Direktion in der Lobby befand. Dort stellte sich heraus, was beide bereits erfahren hatten: Mosquito war noch nicht zurückgekehrt. "So ein Pech", bemerkte Weevil ratlos, "wahrscheinlich quakt er wie ein Frosch und vermurkst die Aufnahmen." Tatsuomi grinste bei der Vorstellung amüsiert, was dem Gitarristen ein erleichtertes Durchatmen gestattete. In diesem Augenblick sprach ein Kurierbote vor, in seinen ungeachtet der Hitze vorschriftsmäßig in blütenweiße Handschuhe gehüllten Händen ein schmales Paket. Die Mitarbeiter an der Rezeption wollten die Sendung nicht annehmen, immerhin sollte sie ausdrücklich Mosquito oder einem der Hinagikus ausgehändigt werden. Weevil sprang in die Bresche, versicherte,- angesichts seiner Aufmachung glaubhaft-, dass er ein Bandmitglied sei und somit befugt, das Paket in seine Obhut zu nehmen, bis Mosquito von den Proben zurückkehrte. Der Kurierbote akzeptierte die Erklärung, übergab das Päckchen, nahm seine Quittung unterzeichnet entgegen und eilte davon. Weevil studierte die Sendung neugierig, schüttelte sie, lauschte. "Eine Bombe ist es wohl nicht", spekulierte er grinsend, bevor sein Augenmerk auf den Versender fiel. "Was ist das für ein komischer Stempel? Die Tiere?!", kommentierte der Gitarrist verwirrt, verwahrte das Paket dann aber in seiner weiten Yukata. "Komm, lass uns ein Eis essen und dann bei mir auf Mako warten, ja?" Schon preschte Weevil voran, in seinem Schlepp Tatsuomi, der sehr wohl begriff, wer "Die Tiere" waren und sich fragte, was wohl der geheimnisvolle Inhalt des Pakets war. ~?~ Ein resignierender Seufzer verstummte ungehört in Kevins Innerem, als er den Versuch aufgab, Mosquitos Mobiltelefon zu erreichen. Entweder hatte der Leadsänger den Empfang verweigert oder, was eine sehr viel größere Wahrscheinlichkeit versprach, schlichtweg einmal mehr das Aufladen der Akkus versäumt. Im Vertrauen auf die Urteilsfähigkeit seines Freundes beschloss Kevin, seinen Tag mit einer Tasse frisch gebrühten Tees ausklingen zu lassen. Und dann auf die Rückkehr des zierlichen Maskenbildners zu warten, der seit einiger Zeit die Wohnung mit ihm teilte. ~?~ Erfrischt durch gewaltige Portionen Eis ließen sich Weevil und Tatsuomi auf der Couch des Hotelzimmers nieder, verfolgten beiläufig eine bizarre Spiel-Show. Nach mehreren Seitenblicken wagte der Gitarrist endlich die Ouvertüre zu einem Opus, "was, glaubst du, ist da drin?" Tatsuomi nahm wie schon zuvor das Pakt inspizierend in die Hände, drehte es, schüttelte es. "Ich würde sagen, es ist eine Kassette. Für einen Camcorder", entschied der honigblonde Jugendliche schließlich. "So groß?!", staunte Weevil, "muss ja ne Antiquität sein!" "Vielleicht eine alte Konzertaufnahme?", schlug Tatsuomi vor. "Wäre möglich. Wir müssten eben mal reingucken", gab Weevil gedehnt das Stichwort, zwinkerte seinem Verschwörer zu. Einer stillschweigenden Übereinkunft folgend löste der Gitarrist behutsam die Verpackung und enthüllte auf diese Weise in der Tat eine Kassette, die vor einigen Jahren zur Aufnahme von Filmen gedient hatte. Bar jeglicher Aufschrift und ohne ein begleitendes Schreiben wartete die schmucklose Hülle darauf, dass man ihr Geheimnis offenbarte. "Wir könnten am Empfang fragen, ob man uns einen alten Camcorder leiht, damit wir auf dem Fernseher die Aufnahme abspielen können", wies Tatsuomi auf eine mögliche Lösung ihres Problems hin. "Okay", entschlossen stemmte sich Weevil auf die Beine, "ich fahre runter und frage. Und dann finden wir raus, was Mosquito von diesen komischen Figuren bekommen hat!" Einige Minuten später beschäftigten sich beide Musiker damit, eine Verbindung zwischen unterschiedlichen Geräten herzustellen, die die Wiedergabe des Films versprach. "Ich musste meinen Schlüssel als Pfand hinterlegen!", bekundete Weevil gespannt vor Neugierde, "erinnre mich daran, dass ich das Ding wieder zurückgebe, Sunny." Der Angesprochene nickte, startete dann das Abspielen. Machte es sich neben dem Gitarristen auf der Couch gemütlich. ~?~ Weevil vermochte nicht zu sagen, wie viel Zeit genau vergangen war, bevor ihn die lähmende Schockstarre aus ihrem Griff entschlüpfen ließ und er mit steifen Gliedern schwankend zum Fernseher wanken konnte. Hart auf die Knie prallte, nicht mehr Herr seines Körpers, bevor er endlich die Wiedergabe unterbrechen konnte. Mit zitternden Fingern stellte er den Camcorder zurück, verharrte weitere dumpfe Herzschläge lang, bis er sich gefasst hatte. Sich umwenden konnte, seinem jungen Freund in das Gesicht blicken. Tatsuomi erhob sich langsam, schwerfällig. "... ich gehe besser nach Hause...", flüsterte der honigblonde Jugendliche leise, stützte sich auf die Rückenlehne der Couch. "Warte!" Weevil raffte die langen Schöße der Yukata, um sich mühsam vom Boden zu lösen, "sollte ich dich nicht besser nach Hause bringen?" Der Gitarrist streckte die Hand aus, nach Tatsuomi greifend, der zurückschreckte, sich dann eingedenk des fahlen Gesichts seines "Sitters" eines Besseren besann. "Ich nehme ein Taxi", versprach der Schüler ernsthaft, wischte beiläufig einen verkletteten, giftgrünen Strang von Weevils Schulter, "mach dir keine Sorgen um mich, Kazu." "...okay", stimmte Weevil zu, während ein geisterhaftes Lächeln über seinen eingefrorenen Gesichtsausdruck irrlichterte, "dann bringe ich dich runter." Mit einiger Anstrengung schlüpfte er in seine Getas. "Aber wenn du reden möchtest...", bot Weevil an, warf seinem Schutzbefohlenen einen hilflosen Blick zu. Tatsuomi schulterte seinen Rucksack, nahm den Gitarristen an der Hand, verzichtete aber auf erklärende Worte. Sie hätten nicht ausgereicht, die chaotisch wirbelnden Gefühle in seinem Inneren in Begriffe zu fassen. ~?~ Mosquito rieb sich verstohlen über die Schläfen, während er gemächlich, den Sandalen geschuldet, auf das Hotel zuschlenderte. Die Nacht war bereits angebrochen, die Aufnahme im Studio hatte mehr seiner Zeit beansprucht, als er eingeplant hatte. Höchste Zeit also, Weevil bei seinem "Job" abzulösen, auch wenn sich der Leadsänger nur ungern von dem munteren, hochsommerlichen Treiben der Passanten verabschiedete. Als er den Empfang konsultierte, überreichte man ihm eine Nachricht und die Türkarte, die den Zugang zu Weevils Zimmer ermöglichte. Stirnrunzelnd, allerdings im Sichtschutz der dichten, schwarzen Lockenstränge, studierte Mosquito die Gaben. Die Nachicht von Kevin war kurz und bündig: »lade deinen Akku auf und ruf mich an, es ist dringend!« Seufzend kontrollierte der Leadsänger sein Mobiltelefon und fand die Vermutung des Managers bestätigt. »Blöder Akku«, grummelte Mosquito still, »ich werde ihn wohl mal ersetzen müssen.« Weevils Türkarte sorgte ihn nicht sonderlich, da sich der Gitarrist gelegentlich absonderte, um zur Abwechslung mal eine Spielhölle heimzusuchen und nur ungern noch weitere Karten seiner umfangreichen Sammlung an der Yukata hinzufügte. »Vielleicht hat er mir eine Nachricht in seinem Zimmer hinterlassen«, mutmaßte Mosquito und bestieg den Aufzug. Mehrere Höhenmeter später spazierte der Leadsänger über den Teppich, zog die Karte durch den Schlitz an der Tür, öffnete diese und blinzelte in das vorsorglich gedimmte Licht, das ihn empfing. Mit einem Naserümpfen quittierte Mosquito den Geruch, der ihm unverkennbar entgegenschlug und von einer gewaltsamen Rückführung bereits halbverdauter Nahrung kündete. Er folgte der Spur zerknüllter, durchweichter Papiertücher bis in das angeschlossene Badezimmer, fand einen Vorleger, der zur ersten Schadensbegrenzung in der Sitzwanne einweichte. Und weitere Anzeichen dafür, dass der abwesende Bewohner sich augenblicklich keiner guten Gesundheit erfreute. "Verdammt, Wee, was ist hier los?!", beunruhigt suchte Mosquito nach einer Nachricht, die er schließlich auf einem aufgerissenen Paketpapier fand, das neben einer alten Videokassette zwischen den Kissen der Couch lungerte. Mosquito stutzte über den Absender "Die Tiere", der ihn auf noch unbestimmte Weise an ein Gespräch mit Kouji erinnerte, dann strengte er sich an, Weevils ungelenke Handschrift zu dechiffrieren. "Was soll das bedeuten, 'Sunny ist nach Hause, muss allein sein'?!", fauchte Mosquito verärgert, zerdrückte das verstärkte Papier in seiner Hand. Da sich auch nach einer anschließenden intensiven Suche kein weiterer Hinweis auf das Geschehen fand, beschloss Mosquito, die Kassette samt Verpackung in einer Hand, in sein eigenes Zimmer zu gehen. Er vertraute sein Mobiltelefon der Ladestation an, nutzte dann den hoteleigenen Apparat, um seine Sprachbox abzuhören. Wie erwartet hatte Kevin eine Nachricht hinterlassen, um nicht mehr zu nächtlicher Stunde gestört zu werden. »Ich habe zu deinen Händen eine Sendung losgeschickt, die uns einige Premium-Ausgaben samt Autogrammen kosten wird. Es handelt sich um eine Kassette, nach Auskunft meines Kontakts das Mastertape. Bitte bewahre sie sicher auf, bis wir uns treffen. Dann erkläre ich dir Näheres.« Unschlüssig drehte Mosquito das nichtssagende Gehäuse mit seinem geheimnisvollen Inhalt in den beringten Fingern. "Was hast du da wieder ausgehandelt, Manager?!", murmelte er matt, ließ sich dann die nächste Nachricht zu Gehör bringen. Tatsuomis Stimme klang beschlagen, galvanisiert von einer immensen Erschütterung, an sein Ohr, in dem angestrengten Bemühen, die Fassung zu bewahren. »Mako? Ich bin jetzt zu Hause.« Ein merkliches Zögern, dann setzte der Schüler seinen Monolog fort. »Hör mal, sei Weevil nicht böse, ja? Wir waren nur neugierig. Ich schätze«, für einen langen Augenblick blieb die Aufnahme ohne Laut, »ich mache mir ein bisschen Sorgen um ihn. Vielleicht kannst du noch mal nach ihm sehen? Ich werde mich jetzt hinlegen. Bis dann, Mako.« Die Müdigkeit, die Mosquito sich verdientermaßen nach einem langen Tag gestattet hatte, vaporisierte sich in wachsendem Unbehagen. Was auch immer diese Kassette enthielt, sie hatte zwei seiner engsten Freunde vollkommen aus dem Konzept gebracht. Entschlossen verzichtete Mosquito auf die Wiedergabe weiterer Nachrichten, legte sich einen Schlachtplan des weiteren Vorgehens zurecht. Zunächst würde er herausfinden, was auf der vermaledeiten Kassette war und dann hieß es, nach Weevil zu sehen. ~?~ Das Taxi hielt, die hintere Tür entriegelte und öffnete sich mit dem servilen Geräusch dienstbarer Kleinstmotoren. Mosquito kletterte aus dem Fond, beförderte die Sonnenbrille auf seinen Oberkopf, wischte einige schwarze Locken von seinen Schultern auf den Rücken. Vor ihm lag eine bescheidene Rasenfläche, in deren Mitte neben einem Pfosten mit einem Briefkasten im amerikanischen Stil eine Einstiegsluke aus der Erde ragte. Der Eingang zu Fleas unterirdischem Reich, einem umgebauten Bunker. Das gewaltige Rad widersetzte sich Mosquitos Versuchen, es in jegliche Richtung zu drehen, sodass der Leadsänger verärgert gegen die stählerne Konstruktion trat. Und dies dank geprellter Zehen in seinen geflochtenen Sandalen ausgiebig bereute. Mit verkniffener Miene angelte Mosquito das frisch geladene Mobiltelefon aus seiner offen schwingenden Tunika, wählte eine Nummer des Kurzspeichers an. "Flea? Ich bin's, lass mich rein!" "Ja, ich weiß, dass es spät ist. Na los, es ist wichtig!" Ein pneumatisches Seufzen später schwang die große Kuppel der Einstiegsluke herum, gab den Zugang in die unterirdischen Gefilden ihres Besitzers preis. Behände kletterte Mosquito die Leiter hinab, orientierte sich in dem spärlich beleuchteten Hohlraum. Irgendwo in der nur beschwerlich auszumachenden Welt der Schatten bewegte sich eine überschlanke Gestalt. "Verdammt, Flea, mach das Licht an, bevor ich mir hier den Hals breche!", fauchte der Leadsänger ungewohnt übellaunig, tastete sich in die vage Richtung seines Bandkollegen. Wortlos addierte dieser den fahlen Schein einer bescheidenen Glühbirne. Starrte hinter den schwarzen, glatten Haaren, die bis zu den Hüften ihrem Besitzer einen kompletten Sichtschutz vor neugierigen Blicken ermöglichten, ungerührt auf die angespannte Gestalt, die sich zu seinem auf verschiedenen Boxen aufgebockten Futon kämpfte. "Was ist los?", erkundigte er sich, der Höflichkeit geschuldet, wischte mit einer komplett beringten Hand lange Strähnen aus den Augen. "Hast du eine Ahnung, wo Kazu steckt?" Mosquito lehnte sich an den schwarz lackierten Kühlschrank, keuchte mit trockenem Hals. So langsam schwanden ihm die Kräfte, was er ausgerechnet in der "Höhle des Grufties" gern vermieden hätte. Besagter "Gruftie" glitt anmutig von seiner Lagerstatt, schob sich an Mosquito vorbei, öffnete den Kühlschrank, dessen Glühbirne er schon kurz nach der Anschaffung gegen eine gedimmte ausgetauscht hatte. Angelte einen Energiedrink heraus, der angeblich den Koffeinpegel in kürzester Zeitspanne multiplizierte. Mosquito nickte dankbar, entließ das leise Ächzen der hochgezogenen Lasche in die kühle Luft des Bunkers, bevor er eilige Schlucke nahm. Die kondensierende Dose über Nacken und Stirn gleiten ließ, um sich abzukühlen. "Also, wo steckt er?" Flea zuckte gleichgültig mit den Schultern, obwohl ihn nicht entgangen war, dass Mosquito Weevils bürgerlichen Namen benutzt hatte. Etwas, was er nur tat, wenn er beunruhigt war. "Woher soll ich das wissen, bin ich seine Mutter?", schnaubte der Bassist schnippisch, um dann mit giftigem Hochmut zu ergänzen, "er fickt mich bloß gelegentlich, nichts weiter." Wie eine eisige Welle schwappte Mosquitos Erstarrung zu ihm herüber, kristallisierte seinen Körper mit dem Frost des Abscheu, während ihn die dunklen Augen des Leadsängers aufspießten. "Du hast also keine Ahnung, wo er sein könnte?", stellte Mosquito zwischen zusammengepressten Zähnen zischend fest, zerdrückte seine Getränkedose, um ein Ventil für seinen Zorn zu finden. "Korrekt", bestätigte der Bassist betont lässig, lehnte sich mit trotzig verschränkten Armen gegen eine der gewaltigen Boxen, "war's das? Dann kann ich ja wieder arbeiten." Er hatte eine halbe Drehung noch nicht vollendet, da gruben sich kräftige Finger in seinen Nacken, packten ihn so hart, dass selbst große Beherrschung einen erstickten Schmerzlaut nicht vollends unterdrücken konnte. Mosquito schleuderte Flea in den angegliederten Raum, wickelte sich lange, glatte Strähnen um die Finger, damit Flea nicht unter seinem Zugriff hinwegtauchen konnte. Drehte das Wasser der Dusche auf und stieß den Bassisten hinein, der sich nun heftig gegen das warme Wasser wehrte, das ihn besprühte. "Weißt du, was ich hier habe?!" Blitze detonierten in Mosquitos gewittrigen Augen, ein Sturm aus Emotionen und widerstreitenden Interessen. Flea blinzelte Wassertropfen und klebrig-nasse Strähnen aus seinen Augen, identifizierte eine unbeschriftete, überdimensionierte Kassette. "Das hier ist dein Meisterwerk", fauchte der Leadsänger gallenbitter, "sieh es dir an, Moviestar!" Abrupt gab er Flea frei, donnerte die Kunststoffhülle der Kassette auf den Toilettendeckel, wandte sich ab. Im Türrahmen bemerkte er über eine Schulter hinweg, "Kazu hat deine Vorstellung gesehen. Auch wenn dich das keinen Deut kümmert, ihn hat das furchtbar mitgenommen. Ich könnte bei deinem Anblick auch kotzen." Wimpernschläge später, die Flea nutzte, seine durchtränkten Haare auszuwringen, verklang in der warmen, nächtlichen Luft das Klirren von metallischen Gegenständen. Dann war Mosquito über die Leiter hinauf verschwunden. ~?~ Flea wickelte sich ein schwarzes Tuch um den Kopf, das seine frei fliegenden Strähnen zügelte, schraubte sich eine der unzähligen Sonnenbrillen auf die Nase, die ihn vor der grellen, aufdringlichen Welt schützten. Selbst nach Mitternacht hielt er diese Ausrüstung für erforderlich, streifte seinen weiten, ebenfalls schwarzen Staubmantel über. Er hasste den Sommer, die klebrige Hitze, die Menschen und ihr nervtötendes Geplapper, das noch viel länger andauerte, weil die Tage einfach kein Ende nehmen wollten. Hinauszugehen, in diese wogende Menge von Zombies, die geistlos irgendwelchen banalen Vergnügen nachgingen, missfiel ihm. »Lächerlich, der ganze Aufstand«, knurrte er, schob sich mit hochgezogenen Schultern durch die engen Gassen. Bald schon kam sein Ziel in Sicht: ein Kinderspielplatz, die einzige großzügig begrünte Anlage. Unter der Straßenlaterne tanzten suizidale Falter wie besoffen um das Licht, das sie nicht mehr verbrannte, aber ihnen die ganze Kraft raubte. Und ihrem Liebeswerben niemals stattgeben würde. In einer der Halbschalen schaukelte eine zusammengesunkene Gestalt. Die grell bedruckte Yukata, die zottelige Mähne verfilzter Haarsträhnen in einer kreischenden Farbe: Flea zweifelte nicht daran, dass er seinen vermissten Bandkollegen entdeckt hatte. »Der sich wegen jedem Scheiß aufregt und einen Riesenzirkus veranstaltet«, knurrte es übellaunig in seinem Hinterkopf, als er sich vor die sanft schwingende Gestalt postierte, mit einem schweren Stiefel gegen ein Schienbein trat. "Los, heb deinen Hintern und verzieh dich hier. Unser Obermotz hat mich gerade mit seiner Präsenz beglückt, weil du nicht längst in deiner Heia liegst und Daumen lutschst", ätzte er heiser, verwünschte die Hitze. Das wütende protestierende Aufbegehren blieb aus. Stattdessen zog der Rhythm Gitarrist die Schultern noch höher wie einen schützenden Panzer, wickelte sich die Arme um den eigenen Leib. "Bitte, lass mich in Ruhe", wisperte er kaum hörbar, von angestrengten Atemzügen unterbrochen. "Fällt mir gar nicht ein!" Flea versetzte Weevil einen kräftigen Stoß, der diesen beinahe aus der Schaukel warf. "Schwing deinen Arsch und geh heim! Ich habe keine Lust, Mako anzurufen und mich zu deinem verdammten Babysitter degradieren zu lassen!" Anstelle einer Replik umklammerte Weevil die Stangen der Schaukel wie ein Ertrinkender, offenkundig nicht bereit, seinen Zufluchtsort aufzugeben. "Du bist so ein dämlicher Spießer! Was kümmert dich, mit wem ich was treibe?!" Wie Mosquito zuvor grub nun Flea seine Finger in die filzige Masse giftgrüner Strähnen, zwang den Gitarristen, ihn anzusehen. Er ignorierte die von Tränen verschmierten Züge, schimpfte weiter in beißendem Tonfall. "Denkst du, dass ich dir was schulde? Nicht mal meinen Arsch, den du so gerne fickst! Also hör auf, hier die Mimose zu markieren! Und kümmre dich um deine Angelegenheiten, verstanden?!" Damit zwang er Weevil auf die Beine, wollte dieser nicht einige Strähnen einbüßen. "...wie konntest du nur?", brach sich mit fassungslosem Schluchzen Weevils Entsetzen Bahn, "wieso...?" Doch seine Frage blieb ungestellt, denn eine schallende Ohrfeige färbte seine Wange ein. Mit angeekeltem Ausdruck stieß ihn Flea von sich. "Du stinkst! Und mach mich nicht verantwortlich dafür, dass du zu blöd bist, um die Welt so zu sehen, wie sie ist. Werd endlich erwachsen!" Flea setzte Gewalt ein, um Weevils Hand von seinem Mantelaufschlag zu lösen, versetzte dem Gitarristen einen Stoß, der diesen in eine Sandgrube beförderte, bevor er sich mit betonter Abfälligkeit abbürstete, den Heimweg antrat. Weevils kummervoll zusammengekauerte Gestalt in der Gesellschaft der todessehnsüchtigen Falter zurückließ. ~?~ Mosquito schreckte aus einem unruhigen Halbschlaf hoch, als er das Klicken der Zugangskarte vernahm, setzte sich im Bett auf. "Kazu?", flüsterte er sanft, schob das seidige Laken von seinen Beinen, durchquerte den unbeleuchteten Raum. Im Badezimmer opferte Weevil mit quälenden Geräuschen wieder auf Knien dem weißen Porzellangott, doch nicht einmal Galle wollte sich noch finden, die das zwanghafte Würgen exilieren konnte. Der lediglich mit zebragestreiften Boxershorts bekleidete Leadsänger wischte seine langen Locken auf den Rücken, befeuchtete einen Waschlappen. Er legte mittels eines Stirnbands die filzigen Strähnen mit ihrem grellen Grünton gebändigt auf eine Schulter, dann tupfte er Weevils Nacken feucht ab. "Beruhig dich, Kazu." Mit der freien Hand streichelte er großflächig über den gekrümmten Rücken, kniete sich neben die geduckte Gestalt. "Das wird schon wieder", tröstete er mit dem dunklen, samtigen Timbre, das seine Stimme unverwechselbar kennzeichnete. Ruckartig schnellte der Gitarrist herum, warf die Arme um Mosquito und umklammerte ihn Schutz suchend. Erschrocken wiegte ihn der Leadsänger wie ein kleines Kind, summte besänftigende Tonfolgen, um das fassungslose Entsetzen seines Freundes zu lindern. Noch nie hatte er Kazuhito so verstört und unglücklich erlebt. ~?~ »Unscheinbar und doch so verheerend wie eine Bombe...« Flea beäugte die Kassette, die ihn von seiner Arbeit ablenkte, den Block mit der Spiralbindung noch immer geschlossen auf seinen untergeschlagenen Beinen ruhen ließ. »Warum sollte ich mir das anschauen? Ich kenne die Story zur Genüge«, argumentierte er stumm mit sich selbst, ebenso ätzend und unversöhnlich wie zuvor mit seinem Bandleader. »Außerdem würde das Mako gerade so passen, wenn ich mir den Mist noch mal reinziehe«, schnaubte der überschlanke Mann übellaunig, kramte in seinem Reservoir technischer Gebrauchsgegenstände herum, bis er einen passendes Gegenstück fand. "Warum eigentlich nicht?!", zischte er mit grimmigen Grinsen in das unsichtbare Publikum. "Meine Damen, meine Herren", imitierte er einen Conferencier, "seien Sie herzlich willkommen zu unserem Lichtspielabend. Wir wünschen viel Vergnügen!" Geübt verband er seine technische Landschaft, legte die Kassette ein und griff demonstrativ nach einer Tüte Kartoffelchips, die sich mit Bier besonders gut herunterspülen ließen. "Und Film ab!", flüsterte Flea hämisch, löschte alle Lichter. ~?~ Die Aufzeichnung konnte unmöglich der gefühlten Zeit entsprechen, allerdings war Zeit eine relative, persönliche Angelegenheit. Langsam erhob sich der Bassist, löste sorgsam sämtliche Verbindungen, verstaute die jeweiligen Gerätschaften ordentlich und legte die Kassette auf der kleinen Ablage ab, die üblicherweise seiner Post diente. Mit überkreuzten Beinen in sicherer Entfernung in die Kissen auf seinem aufgebockten Futon gelehnt betrachtete er die trügerisch unspektakuläre Aufmachung des schwarzen Kunststoffs ohne jede Kennzeichnung. »Erstaunlich«, sinnierte es tonlos in seinem Hinterkopf, »ich kann mich gar nicht erinnern, dass es so war...« Mit einer schwerfälligen Bewegung wischte sich Flea schwarze Strähnen aus den Augen, sank matt in die stützende Masse der Kissen, spähte in die lediglich von einer lackierten Funzel durchbrochene Dunkelheit. Er verband, im Gegensatz zu den anderen Eingeweihten in seine Vergangenheit, mit seinem ehemaligen Sportlehrer keine unfreundlichen Gefühle. Auch nun wollten sich diese nicht einstellen. Stattdessen fühlte Flea aufsteigenden, aber wohlvertrauten Selbstekel. Eine profunde Abneigung gegen sich selbst. »Weil ich es nie gefühlt habe... eigentlich gar nichts gefühlt habe.« Ein fahles Grinsen irrlichterte über sein geisterhaft bleiches Gesicht. »Und wir haben wirklich alles getrieben. Oh ja.« Für ganze zwei Jahre hatte sein Alltag darin bestanden, einem Roboter gleich seinen Pflichten als Schüler nachzukommen, unterbrochen von immer wilderen Eskapaden, Fluchten aus dem grauen Einerlei, das ihn nicht berührte. Gefühle waren nicht involviert, -zumindest war Flea noch immer davon überzeugt. »Ein Trieb. Ein Hunger nach Leben. Nach dem Einzigen, Wahren.« Unwillkürlich schmunzelte der hagere Mann über diesen kindlichen Gedanken. Der Jugendliche auf dem Film dagegen zeigte keine leidenschaftliche Sehnsucht. »Ein Zombie, der es sich besorgen lässt.« Flea schloss die Augen, den Kopf in den Nacken gelegt. Ein verklärender Rückblick auf die Vergangenheit kam einer verdammenswerten Schwäche gleich, die er sich auf keinen Fall gestatten wollte. »Ich habe es eben einfach vergessen«, rechtfertigte er sich vor sich selbst. Die gefährliche Steigerung ihrer Beischlaf-Aktionen, die immer ungehemmter, ungezügelter einen nicht bekannten Höhepunkt anstrebte. »Bis zur Selbstzerstörung verlaufen wäre, hätte sich nicht Kevin mit seiner Drohung eingemischt.« Unversehens liebkoste Flea eine Narbe an seinem Bauchnabel, die ein Ring verdeckte. Das Band zeigte schonungslos und nahezu dokumentarisch, wie ihnen die Situation aus den Händen geglitten war. Zuerst hatten sie einfach versucht, mit Stellungen zu experimentieren, den Kick gesucht an Orten, wo sie immer in der Gefahr der Entdeckung standen. Schneller, härter, rauer. »Aber das hielt nicht lange vor«, und zum ersten Mal in dieser Nacht schauderte es Flea, als er realisierte, dass zwei Drittel des Bandes davon handelten, was DANACH geschehen war. »Rollenspiele«, jedoch hatten diese nichts Spielerisches mehr an sich, waren Ausdruck ihrer wachsenden, wilden Verzweiflung. Flea verweigerte sich der Aufzählung, wie oft er blutend und unter Schmerzen aus diesen "Gefechten" hervorgegangen war. Welche Gegenstände des Haushalts seinen Körper gefoltert hatten, in ihn eingeführt worden waren. Wie sich Lustempfinden in Qual und Agonie verwandelte, eine untrennbare Melange bildete. Mit einem Sog, der ihn nicht freigab. Gelähmt von einer überraschenden Müdigkeit fragte sich der Bassist ziellos, warum sich sein "Partner" die Mühe gemacht hatte, ihre "Kämpfe" zu filmen. Eine kommerzielle Verwertung, selbst in einschlägigen Kreisen, käme einem beruflichen und gesellschaftlichen Selbstmord gleich. »War das sein ultimativer Kick?« Methodisch spülte Flea aufkommende Übelkeit mit Bier hinunter, wischte sich kalten Schweiß von der Stirn, den Handflächen. Und bemerkte mit steigender Panik, dass etwas geschah, das er vor Jahren überwunden geglaubt hatte. Er verlor das Gefühl für sich selbst. Wurde ganzkörperlich taub. ~?~ Ein energisches, nachdrückliches Klopfen jagte Mosquito aus unruhigem Schlaf in die Senkrechte. Sich die verklebten Augen wischend erkannte der Leadsänger auch, wem er das Stöhnen an seiner Seite zuordnen konnte. An ihn gekuschelt hatte Weevil genächtigt. Die verfilzten, grellgrünen Strähnen verteilten sich wie eine parasitäre Flechte auf den Kopfkissen. Mit einem beruhigenden Streicheln von Weevils Kehrseite schraubte sich Mosquito aus seiner Lagerstatt, verzichtete darauf, einen Morgenmantel überzuwerfen, strich stattdessen seine langen Locken aus dem Gesicht und öffnete die Zimmertür. "Guten Morgen." Von dem durchaus zu goutierenden Anblick keineswegs beeindruckt entbot Kevin, der Bandmanager, seinen Gruß, wartete gewohnt wohlerzogen darauf, dass er hineingebeten wurde. "Kevin..." Mosquito unterdrückte ein geplagtes Stöhnen, lehnte sich an einen Türpfosten und wies mit graziöser Handbewegung den Weg. "Ich denke, wir sollten uns unterhalten", eröffnete Kevin in einem cremefarbenen Dreiteiler so korrekt wie stets gewandet den Schlagabtausch. Der Leadsänger atmete tief durch, schloss die Zimmertür und folgte, unwillkürlich die Muskeln auflockernd, sein laszives Lächeln illuminierend. »Das Morgengrauen holt uns sein...« ~?~ "Wie geht es dem Jungen?", lautete Kevins erste Frage, nachdem die Fakten vorlagen. Zum ersten Mal an diesem Morgen zuckte Weevils Kopf hoch, blinzelte er hinter den flaschendicken Gläsern seiner Brille erschrocken. "Ich rufe ihn sofort an!" In seinem verzweifelten Eifer konnten die beiden anderen Männer seine Schuldgefühle förmlich greifen. "Nein, warte!" Mosquito schnellte vor, umklammerte ein Handgelenk, um seinen Kollegen wieder auf das Sofa zu ziehen, beschützend einen Arm um die verspannten Schultern zu legen. "Wenn Kouji oder Takuto den Anruf annehmen, dann könnten wir noch größere Schwierigkeiten auslösen", erklärte der Sänger sich düster, nahm Kevins eisernen Blick mit einem knappen Nicken entgegen. "Kouji wird mich umbringen", verkündete Weevil trostlos, stützte die Ellenbogen auf seinen nackten Oberschenkeln, die Schläfen in seinen Handflächen geborgen. "Wird er nicht!", versicherte Mosquito eilig, kraulte die filzige, grellgrüne Mähne, bevor er mühsam seine Finger samt des Schmucks aus der ungebärdigen Masse evakuierte. "Wir sollten uns auf das nächste Vorgehen konzentrieren", brachte sich Kevin in Erinnerung, denn es hatte keinen Sinn, sich mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen zu blockieren. "Wo ist das Band jetzt?", eröffnete der Manager gewohnt systematisch den Reigen. "Ich habe es bei Flea gelassen", gab Mosquito ungewohnt kleinlaut zurück. Ohne einen Hinweis seiner Freunde hatte er bereits erkannt, dass seine verständliche Wut nicht unbedingt der beste Ratgeber gewesen war. "Wir werden es abholen und vernichten. Nach den Informationen meines Kontakts handelt es sich um das einzige noch verfügbare Exemplar. Weitere so genannte Partyversionen, wie die, die wir damals gesehen haben, sind nicht mehr im Umlauf. Allerdings habe ich eine Vereinbarung darüber getroffen, dass auch in Zukunft nach diesen Objekten gesucht wird", offenbarte Kevin seine Vorgehensweise, studierte die Reaktion seiner beiden Freunde aufmerksam. "Und was ist mit Sunny?", erkundigte Weevil sich mit jammervollem Unterton, "wie soll ich ihm das erklären?! Ich verstehe es selbst nicht mal!" Mechanisch massierte Mosquito den verspannten Nacken seines Rhythm Gitarristen, nagte mit geistesabwesendem Blick an seiner Unterlippe. Kevin unterbrach das lähmende Schweigen schließlich mit einem reservierten Räuspern. "Wir sollten die Entscheidung über ein Gespräch vertagen und Sunnys Disposition überlassen. Immerhin hat der Junge in der Vergangenheit durchaus bewiesen, dass er Krisensituationen gewachsen ist." »Allerdings sparst du damit aus, dass er eine fundamentale Krise durchlebt«, stellte Mosquito richtig, hütete sich aber, diesen Gedanken laut zu äußern. Denn die Taktik seines Freundes leuchtete ihm ein: hier galt es, Weevil zu beruhigen. Die Initiative zu übernehmen. Sich nicht von den Ereignissen treiben zu lassen. "Also gut", geschäftig kam Mosquito auf die Beine, lächelte kämpferisch auf seine beiden Verschwörer hinab, "gehen wir frühstücken, und dann verbrennen wir dieses Machwerk!" ~?~ Sie boten einen merkwürdigen Anblick, die drei jungen Männer auf ihrer Mission. Mosquito lustwandelte mit der trügerischen Leichtigkeit eines Raubtiers elegant dahin. Die Schöße seines offenen Chasuble umspielten seine Beine. Ganz in chargierende Seide gehüllt bildete sein sehnig-trainierter Körper ein Wechselspiel aus pflaumenblau und bordeaux, unterbrochen von schwarzen Lederschnürungen und Spitzeneinsätzen, die seine nackte Haut durchblitzen ließen. Die aufreizenden Augen hinter einer klassischen Sonnenbrille verborgen, die langen, schwarzen Locken zu einem einfachen Zopf im Nacken zusammengefasst, dem kunstvoll zwei Strähnen an der Schläfe entschlüpft waren, wirkte er wie ein Neo-Kavalier des 18. Jahrhunderts. Neben ihm schritt gewohnt zügig, aber ohne unbotmäßige Eile Kevin aus, in seinem cremefarbenen Dreiteiler mit passendem Borsalino und einer Sonnenbrille vom Scheitel bis zur Sohle perfekter Gentleman. Allein Weevil bot den größten Kontrast. Die filzige, grellgrüne Mähne steckte in einem orangefarbenen Obstnetz, die bunt gemusterte, Flicken übersäte Yukata verbarg nur marginal eine Spandexhose in Himmelblau und ein geripptes Unterhemd, dessen Farbe unwillkürlich an Urin erinnerte. Die nackten Füße schleppten hohe Geta mit aufgeklebten Stoffwürfeln in rosafarbenem Plüsch herum. "Hey, Flea, mach auf!" Mosquito trommelte aufgekratzt nach einer gewaltigen Dosis Koffein gegen die Halbkugel der Einstiegsluke. Nichts rührte sich. "Dieser blöde Hund...", tat der Bandleader knurrend seine Verärgerung kund, wählte mit dem Mobiltelefon die Nummer des Bassisten an, um sich auf diese Weise Gehör zu verschaffen. Seine beiden Begleiter verfolgten stumm, wie sich das Gesicht des Sängers verdüsterte, als auch dieser Versuch einer Kontaktaufnahme scheiterte. "Ich mach das schon." Weevil klopfte Mosquito matt auf eine Schulter, überquerte die Rasenfläche, ging in die Hocke, um einen kleinen Ausschnitt des Rasens anzuheben und umzuklappen. Darunter befand sich eine verborgene Aussteuerung der Eingangsluke, die mit einem Code entriegelt werden konnte. Offenkundig handelte es sich um die zutreffende Eingabe, denn ein pneumatisches Ächzen später ließ sich die Halbkugel öffnen und umkippen. "Flea, wir kommen jetzt rein!", brüllte Mosquito in die Luke hinab, bevor er sich an den Abstieg machte, gefolgt von Weevil. Im breiten Lichtstrahl, den die sommerlich gleißende Sonne in den Bunker warf, tanzten nur wenige Staubteilchen, als sich beide Männer zu orientieren suchten. "Flea, wo steckst du?!" Mosquito blinzelte in die Finsternis hinein, sondierte Schattenwürfe, während Weevil sich bereits Richtung Boxen-Futon vortastete. "Flea?" Unsicher streckte der Rhythm Gitarrist eine Hand aus, umfasste eine nackte, bleiche Schulter, schüttelte behutsam. Der allgegenwärtige Geruch von Bier benebelte seine Sinne, die klamme, kalte Haut alarmierte seine ohnehin aufgeschreckte Wahrnehmung. "Flea?!" Sehr viel lauter brach sich sein panischer Ausruf, als Weevil bereits das aufgebockte Futonlager erkletterte, die leblose Gestalt auf seinen Schoß zog, nach Puls und Herzschlag suchte. "Großer Gott...", wisperte er tonlos, wandte keinen Atemzug den Blick von Flea ab, während er gleichzeitig den herbeistolpernden Leadsänger anschrie, "ruf einen Notarzt!! Sie müssen sich beeilen!" ~?~ Kapitel 2 - Unter Verschluss Es bedurfte einer gemeinschaftlichen Aktion, den bewusstlosen Bassisten auf Weevils Rücken zu heben, damit dieser den wagemutigen Aufstieg über die Leiter angehen konnte. Von unten gestützt durch Mosquito, über der Grasnarbe empfangen von Kevin, dessen sorgenvoller Miene man ungewohnt offen seine Gedanken ablesen konnte. Während Mosquito eilig die Luke wieder umschwenkte und einrasten ließ, positionierte Weevil Flea in stabiler Seitenlage auf dem Rasen. Dabei zitterte er unkontrolliert und derartig heftig, dass Mosquito sich unwillkürlich hinter ihn kniete und ihn mit beiden Armen fest umschlang. "Das wird schon wieder, Hilfe ist unterwegs. Wir schaffen das", wiederholte der Bandleader unablässig, rieb Oberarme nachdrücklich, wiegte seinen Rhythm Gitarristen beruhigend. Und tatsächlich, von Kevin angeleitet, traf auch rasch ein Rettungswagen ein, ein schmales Gefährt, das grelle Lichter auf Hauswände warf und alarmierend lärmte. Mit effizienter Geschäftigkeit las man Flea auf, schnallte ihn sichernd auf eine fahrbare Trage und lud ihn in den Fond des Rettungswagens. Kaum, dass sich die Türen schlossen, fuhr der Wagen bereits an, bahnte sich den Weg durch einen sommerhitzigen Vormittag. Während Mosquito Weevil stützte, durch seine körperliche Nähe Halt bot in dieser kritischen Situation, bestellte Kevin ein Taxi ein, informierte gefasst die anderen Bandmitglieder, dass heute an eine Probe nicht mehr zu denken war. Stumm verwünschte er die sorglose Nachlässigkeit, die diese katastrophale Kette von Ereignissen ausgelöst hatte. Allein, Reue half niemandem mehr. ~?~ Ernüchtert bis erschüttert warteten die Hinagikus im Besucherbereich der Intensivstation auf neue Nachrichten. Mosquito tigerte unablässig den Gang auf und nieder, zwang sich professionell zu einem gewinnenden Lächeln, wenn ihn der besorgte Blick der Stationsschwestern streifte. Spider kauerte neben einem Getränkeautomaten, in praktischer Reichweite, da er systematisch Becher um Becher des Wasserspenders leerte, zerdrückte und in den bereitgestellten Behälter schnickte. Unterdessen konferierte Bug, die große, athletische Gestalt zusammengeschrumpft, per Mobiltelefon mit seiner Freundin Hana, in gedämpften Tönen. Kevin organisierte so beherrscht wie stets die Vergabe des Studios, besprach sich mit anderen Partnern, verschob Termine und informierte auch den ausführenden Produzenten. Glücklicherweise erwiesen sich alle Beteiligten als kooperativ und verständnisvoll, sogar der gefürchtete Kouji Nanjou. Ein Umstand, der Kevin bewies, dass Tatsuomi die Episode des vergangenen Abends nicht zur Sprache gebracht hatte. Die Zeit verstrich langsam. Immer wieder wurden neue Patienten eingeliefert, in der Mehrzahl Opfer der heißen, schwülen Witterung. Endlich trat eine übernächtigt wirkende Ärztin zu der betäubt wartenden Gruppe, ein Klemmbrett wie einen Schutzwall vor die schmächtige Brust gepresst. Knappe Worte verkündeten die erlösende Nachricht: Flea war es nicht gelungen, sich letal mit Alkohol und Tabletten zu verabschieden. ~?~ Einstimmig entschieden die Hinagikus, dass Weevil das Privileg wahrnehmen durfte, für einige Minuten an Fleas Bett zu treten. Mit allerlei Kanülen, einer Sauerstoffmaske und Elektroden zu einem vitalen Bestandteil eines Maschinenparks geworden, lag der Bassist fahl in einem steril weißen Bett. Seine magere Gestalt zeichnete sich zierlich unter dem Laken ab. Die glatten, schwarzen Haare waren zu einem losen Zopf gebunden, der sich achtlos über das steife Kissen schlängelte. Ohne das klingende Zierrat von unzähligem Silberschmuck, den blickdichten Schirm der Sonnenbrille und dem trotzig-eisigen Air seiner schwarzen Bekleidung wirkte Flea verletzlich und sehr viel jünger. Den niedrigen Hocker missachtend, den man in sicherer Entfernung von der Bettseite aufgestellt hatte, kniete sich Weevil auf den glänzenden Boden, kaperte eine schmale, von ihrer Profession gezeichnete Hand. Wärmte sie zwischen den eigenen Handflächen, von der Kälte in dieser hochsommerlichen Hitze überrascht. Worte wollten sich nicht aus seiner Kehle entwinden, ballten sich zu einem gewaltigen Kloß, der ihn am Atmen hinderte. Wie zuvor bestürmte ihn eine Melange unausgegorener Befürchtungen, Unklarheiten und Ängsten. Mit der freien Hand massierte der Rhythm Gitarrist seine Schläfen, konzentrierte sich auf eine ruhige Atmung. Einmal bereits hatte er seinen Freund und Liebhaber in vergleichbarer Lage erblickt, sich mit Selbstvorwürfen gequält, die Mitverantwortung an der unglücklichen Entwicklung gesucht. »Allerdings hatte ich damals keine Vorstellung, was...« Weevil schluckte eilig, um aufsteigendes Unwohlsein zu unterdrücken. Er hatte sich nicht vorstellen können, wie genau sich die Vergangenheit des Bassisten zusammensetzte. Und eine direkte, schlichte Frage an Flea scheiterte stets an der demonstrativen Abwehr des anderen Mannes. Ganz so, als existiere diese nicht, habe keine Bedeutung. »Doch das stimmt nicht«, seufzte Flea stumm, senkte das Kinn in die Matratze, um die erschreckend knochige "Landschaft" zu betrachten. Es gab durchaus Zeiten, in denen sich der Bassist zugänglich zeigte und wie ein "normaler" Mensch reagierte. Und dann kamen Phasen, die Weevil zu fürchten gelernt hatte, gefüllt mit Grobheiten, Ablehnung, Provokationen und Drohungen. "Es muss einen Ausweg aus diesem Teufelskreis geben", flüsterte der Rhythm Gitarrist kaum hörbar, sprach sich selbst Mut zu. Er hatte seinen Freunden versprochen, auf Flea zu achten, ihm zu helfen. Und Freunde gaben einander nicht auf. "Also gibt es eine Lösung für die vertrackte Situation", folgerte er entschlossen, drückte versichernd die kalte Hand, bevor er sich erhob, auf den Bassisten hinabsah. "Schlaf dich aus, Mamoru, dann hole ich dich ab und bringe dich nach Hause", verabschiedete Weevil sich ruhig. Vor jedem Helden, der seinen schlafenden Prinzen aus den Fängen der Schatten erretten wollte, lag ein langer, gefahrvoller Weg. Doch wenn er sich wappnete, seine Konzentration nicht verlor, -dann würde er gewinnen. ~?~ Dank der Bemühungen der Ärzte gelang es in den nächsten Tagen, Fleas Allgemeinzustand auf ein zufriedenstellendes Niveau zu heben. Nahrungsergänzungsmittel sorgten dafür, dass der Bassist körperlich zu Kräften kam. Auch die Folgen der kombinierten Vergiftung konnten reduziert werden. Flea bestritt unterdessen, -sobald er wieder bei Bewusstsein und Stimme war-, dass es in seiner Absicht gelegen hatte, sich zu töten. Vielmehr machte er geltend, den Überblick über seinen Alkoholkonsum in jener Nacht verloren zu haben, weil es so unerträglich schwül gewesen sei. Und Durst wolle eben gelöscht werden. Obwohl auch die diensthabende Ärztin große Bedenken hegte, verzichtete man darauf, einen Suizid festzuhalten. Immerhin wiesen Fleas Krankenblätter bereits deren zwei auf. Übellaunig passte der Bassist einen Augenblick zwischen der mittäglichen Versorgung der stationären Patienten und der wohlverdienten Pause des Personals ab, um sich selbst aus der Fürsorge zu entlassen. Unter den argwöhnischen Blicken zweier älterer Männer, die seinen Aufzug und sein Auftreten offenkundig nicht billigten, streifte er sich aus der prall gefüllten Plastiktüte seinen Silberschmuck über. Wickelte sich in den locker fliegenden, schwarzen Staubmantel und schraubte sich die Sonnenbrille vor die düsteren Augen. Die Aussicht, sich durch die Gluthitze zu schleppen, stimmte Flea nicht gerade froh, doch er hoffte, sich rasch in seiner unterirdischen Gruft akklimatisieren zu können. Endlich wieder zu Hause zu sein, in der Ruhe und Einsamkeit seiner eigenen Gesellschaft, weg von dem piependen Lärm der Maschinerie und dem sterilen Weiß der Wände und Bettwäsche. Mit den neu beringten Fingern kämmte er den losen Zopf aus, zu dem man seine langen, glatten Haare zusammengefasst hatte, verbarg sein Gesicht hinter dem dichten, schwarzen Vorhang und marschierte mit hochgezogenen Schultern los. Trotz tropischer Temperaturen und ebensolcher Luftfeuchtigkeit waren die Straßen mit Menschen bevölkert, die ihre Mittagspause genossen. In gemäßigtem Tempo dahinschlenderten, Eis oder gekühlte Früchte lutschten und durchscheinende Wasserflaschen an ihrem Hals schwenkten. Flea zwängte sich durch die Mengen, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Er verschwendete keinen Gedanken daran, welche Aufregung sein Verschwinden auslösen würde. »Kevin wird das schon regeln... wie sie das alle ja immer tun!«, versetzte er in Gedanken grimmig. Überhaupt schienen alle prima klar zu kommen, ein Geschick, das sie ihm offenkundig absprachen, denn sonst hätte man ihn kaum so "bemuttert". Endlich erreichte Flea, von einem dünnen Schweißfilm ganzkörperlich überzogen, seine Zuflucht, den Bunker. Konsterniert hielt er inne, als er bemerkte, dass die pneumatisch zu lüftende Luke geöffnet worden war. »Na toll!«, knurrte Flea mit zusammengepressten Lippen, kletterte dann geschwind die Leiter hinunter. Als er sich umwandte, glaubte er, seinen Augen nicht trauen zu können. Überall an den Wänden glänzte und glitzerte es, bunte Lichterketten verströmten ein farbiges Kaleidoskop warmer, freundlicher Farben. Und als trage diese Lichtshow nicht bereits zu seiner Erschütterung bei, fanden sich bunte Tücher in psychedelischen Farben an den offenen Regalen, dazu blubberte eine Wassersäule amüsiert vor sich hin. "Verdammte Scheiße!", entfuhr es dem Bassisten endlich fassungslos. "Flea?!" Ein giftgrüner Schopf tauchte zwischen den Boxen auf. Und Flea schob die Sonnenbrille auf die Nasenspitze. "Wie siehst du denn aus?!", zischte er knapp, entgegen seiner Absicht, alle Versuche der Kommunikation im Ansatz abzublocken. "Hä?" Weevil kratzte sich am Hinterkopf, dann hellte sich seine Miene auf, "oh, du meinst das!", signalisierte er mit ausgestrecktem Zeigefinger. In der Tat hatte sich sein Erscheinungsbild seit ihrer letzten Begegnung ebenso verändert wie Fleas trautes, tristes Heim. Die filzige, verklettete Matte giftgrüner Zotteln hatte sich Mick geschlagen geben müssen, der einige der beinahe hüftlangen Strähnen mühsam mit Essigkuren wieder geglättet und ausgekämmt hatte, bevor er sie zu dicken Zöpfen einflocht. Der traurige Rest knotiger Rastas war mittels Gartenschere und danach per elektrischem Rasierapparat auf einen streichelfreundlichen Pelz reduziert worden. Damit dieses ominöse Bild einzelner, geflochtener Antennen, die aus dem akkurat gestutzten Fell herausragten, einen Wiedererkennungseffekt auslöste, prangte das gesamte Schauspiel in dem geliebten Grün grellgiftiger Pflanzen. Oder wahlweise dem Teint von Marsmenschen. Flea dirigierte die Sonnenbrille zurück auf ihre angestammte Position. "Was zum Teufel treibst du hier?! Nimm diesen Dreck und verzieh dich", fauchte Flea gallig, die Hände hilfsbereit ausgestreckt, um die erste Stoffbahn, auf der muntere Hunde herumtobten, von einem Regal zu zerren. "Ne-in", gab Weevil bedächtig zurück, wandte sich herum, um die Luke und einzige Verbindung zur Außenwelt zu schließen. Flea drehte sich langsam um die eigene Achse bis er den Rhythm Gitarristen ins Auge fassen konnte. "Was hast du gerade gesagt?", erkundigte er sich mit drohendem Unterton leise. Weevil richtete sich auf, streifte nachlässig einen Träger des übergroßen Unterhemds mit neckischen rosa Häschen wieder seine Schulter hoch. Er schenkte seinem Bandkollegen ein freimütiges Grinsen, wienerte die dicken Gläser seiner Brille beiläufig und erklärte sich unbeeindruckt von dem brodelnden Ärger in kleidsamem Schwarz. "Na ja, ich bin aus meiner Bude rausgeflogen. Und da wir der Meinung sind, dass du ein bisschen Gesellschaft brauchen könntest, bin ich einfach bei dir untergeschlüpft." Weevil schnickte einen Zopf auf den Rücken, justierte die Brille auf seinem Nasenrücken. "Hotel ist auf die Dauer auch nicht so gemütlich", plauderte Weevil ungezwungen weiter, zog einen kreischenden Brummkreisel auf, während er Stecker einstöpselte, die zu einer Spielkonsole gehörten. Zwischen zusammengebissenen Zähnen zischte Flea frostig, "und wieso ist das MEIN Problem? Hau ab mit deinem grässlichen Krempel!" "Nöö", beschied der Rhythm Gitarrist unbeeindruckt, "mir gefällt's hier wirklich gut", ein breites Grinsen flözte sich auf seinem Gesicht. Mit einem gutturalen Knurren machte Flea auf den Absätzen kehrt, steuerte die Leiter an, um sie mit unterdrückter Wut zu entern, bevor er handgreiflich wurde, weil ihn das letzte Quäntchen Beherrschung abschiedslos verließ. "Öhm", räusperte sich Weevil, doch sein Kollege hatte bereits entdeckt, dass sich abgesehen von der Dekoration noch ein bedeutendes Detail geändert hatte: so oft er auch den Code für die Ausstiegsluke eingab, -diese öffnete sich nicht. "Was geht hier vor?", schnaubte Flea ungläubig, wandte sich dann langsam um, nahm Weevil ins Visier. Dieser kratzte sich verlegen den Nacken, blinzelte nachsichtig, "na ja, wir haben uns schon gedacht, dass du abzischen willst, deshalb haben wir den Code geändert." "WER hat den Code geändert?", erkundigte sich Flea trügerisch ruhig, schlenderte heran. Sie wussten beide, dass es nicht einfach war, den Code zu ändern, selbst wenn man die korrekte Eingabe kannte. "Ein paar Freunde von Mosquito", tat Weevil das Problem ab. "Wir haben auch nichts kaputtgemacht", versicherte er dann eifrig. "Mach die Tür auf", flüsterte der Bassist drohend, die schlanken Hände zu Fäusten geballt, aus denen die zahlreichen Ringe wie Fremdkörper herausstachen. Weevil hielt dem brennenden Blick ungewohnt ernst stand, wich nicht zurück. "Das geht nicht, Mamoru. Das Schloss ist mit einem Zeitschalter gekoppelt worden. Es öffnet sich erst in sieben Tagen wieder." ~?~ Weevil warf einen kontrollierenden Blick auf den aufgebockten Futon. Flea hatte sich nach der Ankündigung, dass sie die nächsten sieben Tage gemeinsam auf engstem Raum ohne Ausweichmöglichkeiten verbringen würden, in sein Bett verzogen. Eine schwarze, blickdichte Decke um sich geschlungen und war darin verschwunden. Vermutlich mangelte es ihm noch an Energie, entschied Weevil gelassen, denn sonst wäre ihm zweifelsohne ein Wutausbruch mit schneidenden Beleidigungen zugedacht worden. Gelassen vollendete der Gitarrist seinen Einzug in den Bunker, sah sich zufrieden um. Mit der bunten, hellen Beleuchtung, den farbigen Tüchern, Windspielen und allerlei Krimskrams, den er hier und da aufgelesen hatte und nun endlich aus der Verbannung in einem Mietcontainer befreien konnte, wirkte der unterirdische Schutzraum nicht mehr wie eine Gruft. Ein dezentes Knurren knapp unter der Gürtellinie erinnerte Weevil daran, dass er ein Abendessen zu bereiten hatte. Folgerichtig wandte er sich dem Regal zu, das zum ersten Mal eine große Menge Nahrungsmittel lagerte, wählte mit kritischem Blick diverse Schachteln und Konserven aus. Mangels einer eigenen Küche versorgte er sich selbst meistens in den überall verbreiteten Convenience Stores, die Kühlschrank und Mikrowelle überflüssig machten, da sie zusätzlich auch Tag und Nacht geöffnet hatten. Dennoch war er der festen Überzeugung, mit ein wenig Konzentration und aufmerksamem Studium der Gebrauchsanweisung ein passables Mahl zu kreieren. Vor sich hin summend hopste er wahlweise auf einem Bein vor der kleinen Küchennische herum, befüllte den Reiskocher, orgelte an der Mikrowelle herum und nippte an Zitronentee. "Läuft doch ganz prima!", strahlte der Gitarrist betont munter. ~?~ "Ähm", räusperte sich eine verlegene Stimme hinter dem schützenden, jedoch durchlässigen Stoff der schwarzen Decke, die Flea um sich gehüllt hatte, "hör mal, Schatz, wir haben ein Problem..." Flea zog die Schultern noch höher, ballte sich zu einem winzigen kompakten Päckchen zusammen, unwillig, sich seinem Bandkollegen zu widmen. Er konnte nicht schlafen mit der steten Geräuschkulisse und der Anwesenheit des anderen in seinem Bewusstsein. Und das vergrößerte seinen ohnehin kaum zu bändigenden Zorn noch mehr. "Was willst du, verdammt?!", schoss er wütend hoch, schleuderte die nutzlose Decke von sich, funkelte auf Weevil hinab, der mit verschränkten Armen auf dem Futon lehnte, ihn Hilfe suchend anblickte. "Also, na ja..." Doch ein scharfer Blick, der bereits die ungewohnte Helligkeit in seiner Heimstatt verfluchte, identifizierte die Quelle des Ungemachs sofort. "Was machst du denn da?!" Eilig kletterte Flea von seinem aufgebockten Futon herunter, studierte rasch das Bild des Grauens, bevor er Stecker zog und den Verheerungen ein Ende bereitete. "Ich verstehe das nicht", erklärte Weevil hinter ihm mit jammervoller Miene, "beim Spiel war ich darin ziemlich gut. Abgesehen von den Eiern", setzte er wahrheitsgemäß hinzu. Der Bassist musterte ihn mit einer Mischung aus Zorn und Hilflosigkeit. Die seine Wut potenzierte, weil es ihn dazu bewegte, mit seinem ungeschickten Kollegen Nachsicht zu üben. Den ganzen Ärger über die Situation zu vergessen, nur damit sich der Paradiesvogel in seinem Windschatten wieder zu einem breiten, sorglosen Grinsen hinreißen ließ. "Das ist eure Absicht, nicht wahr?", versetzte er in einem düsteren Plauderton, "mich hier einsperren mit dir, um mich zu einem pflegeleichten Sonnyboy umzuerziehen. Aber das funktioniert nicht." "Nein", widersprach ihm Weevil ungewohnt vehement, "niemand will dich umerziehen. Ich habe dir gesagt, was für uns wichtig ist, nämlich dass es dir besser geht. Deshalb bin ich hier." "Mir geht's gut, und noch besser würde es mir gehen, wenn DU mit deinem Krempel nicht hier wärst! Oder ist das deine Art von Hilfe, meine Küche zu verwüsten?!", sprühte Flea Gift und Galle. Wandte sich mit vor der Brust gekreuzten Armen seinem Bandkollegen zu. Dieser blinzelte, presste die Lippen zusammen und sammelte sich, bevor er eine Replik formulierte. "Ich weiß, dass ich das hier vermasselt habe. Ich bin ein Idiot. Aber ich bin nicht so dumm, dass ich nicht merke, dass es dir nicht gutgeht. Und da ich versprochen habe, mich um dich zu kümmern, werde ich erst gehen, wenn es dir wirklich besser geht." Flea stemmte die Hände in die schmalen Hüften, "du willst mir also helfen?! Prima! Fick mich, und gleich geht's mir besser!", provozierte er ätzend. "Das", versetzte Weevil leise, "werde ich nicht tun." Und wandte sich der Küchenzeile zu, um aus dem Reiskocher zu retten, was noch genießbar war. "Pass auf!", schnaubte Flea automatisch, stieß den Rhythm Gitarristen auf die Seite, "du siehst doch, dass es heiß ist!" Schweigend arbeiteten sie nebeneinander, verzehrten dann die Reste, bevor sich jeder in eine andere Ecke des Bunkers verkroch. Flea zog sich auf sein Futon zurück, setzte sich Kopfhörer auf und lauschte grimmig den Melodien, die auf Texte warteten, während Weevil sich vor dem kleinen Fernseher niederließ und in die Welt seiner Spiele eintauchte. ~?~ Flea wälzte sich unruhig umher, konnte einfach keinen Schlaf finden, was nicht nur daran lag, dass ihn die sommerliche Witterung, die selbst im Bunker einen Temperatursprung verursachte, umtrieb. Nein, es war der warme, vertraute Körper an seiner Seite. Der atmete, sich im Schlaf drehte, Unverständliches murmelte, einen Duft verströmte, der Flea daran erinnerte, wie sehr er sich an Weevils Nähe gewöhnt hatte. Obwohl er regelmäßig Mühe hatte, neben ihm Ruhe zu finden. »Aber ich habe schon immer allein geschlafen, da ist das ja kein Wunder!«, begründete er sein Unbehagen vor sich selbst, richtete sich in eine sitzende Position auf. »Was denken die sich eigentlich, mir einen Babysitter aufzunötigen, der nicht mal auf sich selbst aufpassen kann?!«, schürte er seine Wut an, die ihm noch immer besser erschien als die nervöse Unruhe, die ihn am Schlafen hinderte. »Behandeln mich wie einen Bekloppten! Die haben es gerade nötig...«, knurrte eine agitierende Stimme in seinem Hinterkopf. »Wer passt denn auf Mosquito auf, unseren bisexuellen, promiskuitiven Bandleader? Oder Kevin, unseren Saubermann, der es mit Mick treibt?! Wieso schießen die sich auf mich ein?! ICH treibe es nicht wild, ich besaufe mich nicht besinnungslos, nehme keine verdammten Drogen...!« Mit einem Ruck wandte sich der Bassist herum, fasste seinen schlafenden Kollegen an Schulter und Hüfte, beförderte diesen mit wohlkalkuliertem Schwung aus dem aufgebockten Bett. Weevil landete mit einem erschrockenen Stöhnen eine Boxenhöhe tiefer auf dem Boden. Verwirrt kam er auf die Beine, in der leichten Decke verheddert, tastete blindlings umher, ohne Sehhilfen extrem kurzsichtig und erschrocken. "Flea, was ist los?!", erkundigte er sich betäubt, lehnte schwer an einer Box, sich abwechselnd ein malträtiertes Knie reibend. "Ich kann nicht schlafen", versetzte der Bassist spitz. "Oh", kommentierte Weevil Augen reibend. "Na gut... wollen wir jammen?", zwinkerte er freundlich in die vage Richtung seines Kollegen. Flea zog die Augen gewittrig zusammen, allein, welchen Sinn hatte es, wenn Weevil so blind wie ein Maulwurf war und ebenso dickfellig?! Und besagter Maulwurf packte bereits die jeweiligen Lieblingssaiteninstrumente aus ihren Koffern, kabelte sie an die Verstärker an und enterte waghalsig im Blindflug den Futon, um seine Gitarre lächelnd zu liebkosen. Resignierend nahm Flea seinen Bass, schloss sich Weevil an, probierte unterschiedliche Läufe in den neuen Stücken. Unmerklich wurde er ruhiger, verflog seine Verärgerung. ~?~ Weevil warf einen Seitenblick auf seinen Kollegen, der attraktiv nur mit einem schwarzen Tanga auf seinem Futon kauerte, die Augen vor jeder Beleuchtung hinter einer Sonnenbrille verborgen. Zwischen Übungen und den Alltagspflichten eines Haushalts hatte es seit zwei Tagen keine Fortsetzung ihrer Auseinandersetzung gegeben. Aber der Gitarrist ließ sich nicht so leicht täuschen. Er spürte mit jedem Haar auf seinem Körper, dass die nächste Explosion bevorstand. Auch die Konzentration auf die Musik konnte auf Dauer nicht verhindern, dass sich Fleas Stimmung veränderte. Initiativ leitete sich die nächste Eruption damit ein, dass Flea seinen Bass verstaute, die Anlage abschaltete und somit auch Weevil der Akustik beraubte. Eingedenk des Wertes seiner Gitarre entschloss sich der Rhythm Gitarrist, besser Fleas Beispiel zu folgen und seinen Besitz in den Koffer umzubetten. "Komm", eine schmale, aber kräftige Hand okkupierte bereits sein Handgelenk, zerrte ihn Richtung Boxen zum Futon. "Nein", widersetzte sich Weevil, stemmte die nackten Fersen in den Betonboden. Ein gutturales Knurren warnte ihn, dann fegte Flea herum, legte ohne Verzögerung "Hand" in Weevils weit geschnittener Bermudas an. Keuchend stemmte dieser die Handflächen gegen die nackte Brust seines Kollegen, starrte in die spiegelnden Flächen der Sonnenbrille. "Hör auf, Flea, ich möchte das nicht!" "Aber ich will!", fauchte der Bassist schneidend, "und du wolltest mir doch helfen, nicht wahr?! Oder hast du wegen dem blöden Film plötzlich Schiss?!" Weevil spürte, wie seine eigenen Gesichtszüge versteinerten, seine Zähne sich verhakten, der Verlockung widerstanden. "Ich werde jetzt nicht mit dir schlafen", versetzte er langsam, konzentriert. Schloss die Augen und ballte die Fäuste, weil Flea boshaft seine Leidensfähigkeit austestete... und ihn dann unerwartet von sich stieß. "Fein! Dann eben nicht! Ich brauche dich nicht, klar?" Und mit diesem vernichtenden Ausspruch in seine Nasszelle strebte. Weevil seufzte und lehnte sich schwer atmend gegen eine Box, als er das leise Summen eines elektrischen "Hilfsmittels" vernahm. ~?~ Es war nicht genug, und Flea wusste das nur zu genau. Es war nie genug. Keines der Dinge, die er selbst zu seiner Befriedigung unternahm, erfüllte ihn mit derselben. Ein mechanischer Akt, reduziert auf unwillkürliche Reflexe, mit dem schalen Nachgeschmack der Niederlage. Er wollte, dass Weevil mithörte, was er tat, ihn für seine Weigerung bestrafen, den Beweis antreten, dass er niemanden brauchte. Unglücklicherweise war ihm selbst bewusst, dass er keinen Erfolg haben konnte. »Aber ich brauche es...« Fiebrige Augen mit dunklen Schatten stierten Flea aus dem Spiegel entgegen, als er sich die Hände wusch. Zyklisch schrie etwas in seinem Inneren danach, ließ sich nicht allzu lange hinhalten, stellte Ansprüche, diktierte seine Handlungen, ja, nahm seine Gedanken derartig in Beschlag, dass nichts anderes mehr Raum darin fand. »Wenn ich allein bin, habe ich es unter Kontrolle!«, grollte er und verleugnete den Umstand, dass auch diese Konstellation dem Verlangen nicht unbegrenzt Einhalt gebot. »Und natürlich muss er sich jetzt zieren!«, konzentrierte der Bassist seine unerfüllte Begierde auf den unerwünschten Hausgast. Sein Spiegelbild studierend fragt er sich ernsthaft, ob Weevil ihn tatsächlich nach den Enthüllungen des Films verschmähte. Sie waren beide keine Kinder von Traurigkeit, also sollte sich eigentlich nichts verändert haben, und doch... und doch leistete Weevil Widerstand. "Möchte wissen, was für einen Schwachsinn Mosquito in diesen armen Schädel reingeflüstert hat", brummte der Bassist frustriert. Weevil platzierte sich inzwischen vor dem Fernseher, verfolgte mit großem Interesse eine Koch-Show. Mit der Notwendigkeit konfrontiert, seinen ersten Lapsus vergessen zu machen, strengte sich der Rhythm Gitarrist an, seine Fertigkeiten zu verbessern. »Im Grunde genommen«, ermunterte er sich selbst stumm, »ist Kochen ja auch nichts anderes als ein Adventure. Man braucht die richtigen Hilfsmittel, Timing, Geschicklichkeit... und dann klappt es auch!« Oder sah zumindest auf der Mattscheibe so aus. Und wenn er sich nicht in Flea irrte, so würde dieser die nächsten zwei Stunden mit dumpfem Brüten und Schmollen verbringen, sodass weitere Tiefausläufer hitziger Wutausbrüche zunächst nicht mehr zu erwarten standen. ~?~ Weevil schluckte an dem nagenden Kummer, mühte sich um eine tapfere, gutgelaunte Miene, auch wenn ihm die Kehle zugeschnürt blieb. Flea weigerte sich glattweg, etwas zu essen und nahm lediglich Wasser zu sich, während er unruhig durch den Bunker lief. Auf einem Block kritzelte, durchstrich, Blätter herausriss und zerknüllte, Papierbälle durch den Raum kickte. Der Rhythm Gitarrist musste sich anstrengen, nicht die Schultern hochzuziehen, auf einem giftgrünen Zopf zu nagen oder sich wahlweise in Unsichtbarkeit zu üben. Langsam zehrte ihre erzwungene Gemeinschaft ohne Möglichkeiten des Rückzugs an den Nerven. So, wie es erwartet worden war. Und für ihn nun bedeutete, dass in absehbarer Zeit die wirklich großen, entscheidenden Schwierigkeiten auftreten würden. Die Kontaktlinsen vorsichtig entfernend gönnte sich Weevil einen Augenblick der inneren Einkehr. Er erinnerte sich einzelner Aufnahmen aus dem Film, und diese waren Motivation genug, ihn zu stählen und jeden Kleinmut zurückzuweisen. Von allen Hinagikus kannte er Flea am Besten, folglich war es an ihm, seinem Freund zu helfen. Ein existentielles Problem zu bewältigen. »Und trotzdem habe ich Schiss«, gestand Weevil sich ein, justierte die Brille auf seiner Nase. Aber noch war der Siedepunkt nicht erreicht. ~?~ Natürlich wusste Flea, dass er nach zwei Tagen ohne feste Nahrung, nur mit Wasser, nicht mehr auf der Höhe war. Sein Körper reagierte jedoch auf diese trotzig erzwungene Askese, eine willkürliche Laune, mit hektischem, beinahe hysterischem Aktionismus. Hatte er zuvor einen fahrigen Eindruck beim Betrachter hinterlassen, so konnte man nun gerechtfertigt behaupten, dass Flea wie ein Rumpelstilzchen durch den Bunker fegte. Wenn er etwas hochhob, lag es Wimpernschläge später wieder auf dem Boden. Er fing etwas an, schob es sofort beiseite, paradierte kurz, um sich hinzulegen und nicht einen Moment danach wieder aufzuspringen. Weevil schlug die Saiten seiner Gitarre, konzentrierte sich auf die verklingenden Töne, ihre beruhigende Vertrautheit. "Komm", zwei kalte Hände umklammerten Weevils Oberarm, bestrebt, diesen von seinem Sitzkissen hochzuziehen. Der eisige Kontrast zu seiner warmen Haut in der Hochsommerhitze ließ ihn erschauern. "Was ist los?", erkundigte er sich arglos lächelnd, als begreife er die unterschwelligen Signale nicht, die auf ihn einprasselten. "Ich will, dass du mit mir spielst!" Flea bleckte kurz die Zähne auf. "Lass uns ein bisschen Spaß haben", drängte sich ein fiebriger Unterton in seine heisere Stimme. Weevil registrierte den kränklichen Glanz in den schwarzen Augen und die fahle Haut mit ihren gespenstischen Schatten. Die Nägel, die sich in das Fleisch seiner Oberarmmuskeln bohrten. "Weevil!", drohend, unangenehm schrill schloss sich die zweite Aufforderung an. Der Rhythm Gitarrist schüttelte den Kopf so energisch, dass die giftgrünen Zöpfe die laue Luft peitschten. "Jetzt tu bloß nicht so tugendhaft!" Flea fauchte guttural, stieß seinen Kollegen vor die Brust, funkelte aufgebracht auf diesen hinab. "Was ist los mit dir?! Bist du zu schlapp, um es mir richtig zu besorgen?! Was ist, oh großer Stecher?! Nicht mehr genug Zwirn auf der Rolle?!" Weevil überhörte die bissigen Beleidigungen entschlossen, schob seine Gitarre von den Beinen, außerhalb der Nahkampfzone. "Flea, ich habe es dir schon einmal gesagt", wiederholte er geduldig, um augenblicklich unterbrochen zu werden. "Das ist mir egal! Ich will jetzt Sex haben! Ein bisschen Spaß, so wie du es mir doch immer vorschreibst! Also los, amüsieren wir uns!", provozierte der Bassist gallig, die Hände bereits auf Tauchstation. Allerdings war es für Weevil ein Leichtes, die Handgelenke abzufangen und von neuralgischen Punkten fernzuhalten, die seine Entscheidungsfähigkeit trüben konnten. Er fixierte die brennenden Augen über sich, die strähnigen Haare, die an dem fahlen, von einem klammen Schweißfilm bedeckten Gesicht klebten. "Du bist mein Freund und kein Sex-Spielzeug, das ich benutze, wenn es mich juckt", versetzte Weevil energisch, "und ich bin auch kein Stecher, der auf Rekordjagd ist!" "Oh nein, wie dumm von mir!", ätzte Flea theatralisch mit gehässigem Ton zurück, nun bemüht, sich aus Weevils eiserner Umklammerung zu befreien. "Wie konnte mir dein edles Gemüt entgehen?! Selbstredend würde der Herr niemals primitiven Gelüsten nachgeben! Wir stehen nur auf Blümchen-Sex, nicht wahr?!" "Wir könnten kuscheln." Weevil ermahnte sich stumm, jede Gemeinheit abprallen zu lassen. Es waren die letzten Zuckungen eines gefangenen, verunsicherten, ängstlichen Menschen, -das erkannte sein Herz genau. Wie hätte er da unnachsichtig reagieren können? "Kuscheln?!" Flea spie die Silben aus wie einen tödlichen Fluch, eine infame Beleidigung. "Bist du irre?! Sind wir hier im Kindergarten?! Ich bin nicht dein Stofftier! Entweder machen wir's richtig oder gar nicht!" "Und woher weißt du, was genau 'richtig' ist?", setzte Weevil entschlossen nach. Es mochte gefährlich erscheinen, dass ausgerechnet er sich auf einen verbalen Schlagabtausch mit Flea einließ, doch der Rhythm Gitarrist steuerte zuversichtlich sein Ziel an. "Diese sentimentale Rumgemache ist doch nichts anderes als Augenwischerei!", fauchte der Bassist aufgebracht, "ein feiger Versuch, davon abzulenken, was jeder wirklich will!" "Und das wäre?", gab Weevil artig das Stichwort. "Ficken!", zischte es ihm hitzig entgegen, "es einem so richtig zu besorgen, dass ihm Hören und Sehen vergeht! Hoch, rein und rammeln, schneller, härter, länger. Die eigene Macht ausleben!" Weevil lehnte sich auf dem Kissen zurück gegen eine von Stoff verhangene Regalwand, musterte die überschlanke, nahezu nackte Gestalt seines Freundes für lange Augenblicke. "Wenn ich ein Sportgerät brauche, dann melde ich mich", äußerte der Rhythm Gitarrist mit einem verschmitzten Grinsen, verschränkte die Arme im Nacken. "Du bist so ein Kleinkind", grollte Flea, wandte sich abrupt ab, denn Bitten stand für ihn nicht zur Debatte. "Wir könnten es trotzdem mal auf meine Weise versuchen", nahm Weevil den Gesprächsfaden auf, "es muss ja nicht immer Sex sein." "Es muss ja nicht immer Sex sein", äffte ihn der Bassist höhnisch nach, verkroch sich unter einer Decke auf seinem aufgebockten Futon, "wann hatten wir denn Sex?! Du tändelst doch immer nur herum!" Weevil erhob sich langsam, wischte vorwitzige Zöpfe auf seinen Rücken, schlängelte sich an die Boxen heran. "Warum versuchst du nicht mal was Neues?", ließ er nicht locker, lehnte sich über den Futon. "Neu? Das ist nicht neu! Außerdem versuchst du auch nichts Neues!", schoss der Bassist giftig zurück, schleuderte die dünne Decke mit Grandezza von sich, funkelte seinen Bandkollegen zornig an. "Tue ich nicht?" Weevil runzelte die Stirn verwirrt, doch Flea hielt ihn nicht lange in Ungewissheit, ergänzte höhnisch. "Warum lassen wir uns nicht durch meinen Film inspirieren? Na, was würde dir gefallen?!", triezte er den Rhythm Gitarristen mit galliger Bosheit. Dieser ballte unwillkürlich die Fäuste, zwang aufsteigende Übelkeit hinunter, studierte die aufgelösten Strähnen, die an Fleas nacktem Oberkörper klebten. "Okay", stimmte er zur völligen Überraschung des Bassisten zu, machte auf dem nackten Absatz kehrt und angelte die Kassette aus einem Regal heraus. Zwei Schritte weiter griff er nach einer Schere, zerrte blitzartig das Band an das künstliche Tageslicht, zerstückelte den beschichteten Kunststoff wieselflink. "Verbrennen wäre eine schlechte Idee in geschlossenen Räumen", erläuterte er im Plauderton, während er systematisch Fitzel zu Fitzelchen verarbeitete, selbst das Gehäuse in winzige Stücke zerschlug, methodisch sein Zerstörungswerk fortsetzte. "Denkst du, damit wäre es getan?", versetzte Flea maliziös von seiner Lagerstatt aus, die Arme vor der Brust verschränkt. Weevil wandte den Kopf zu ihm herum, lächelte unbekümmert und breit. "Oh, den Rest kriegen wir auch noch hin", versicherte er gutgelaunt, als habe der Streit zuvor nicht stattgefunden. Sammelte die Überreste der Kassette in einer Plastiktüte, die er besonders fest verknotete und feierlich neben der Aufstiegsleiter deponierte, damit sie nicht vergessen würde. "So!", die Hände aneinander reibend kehrte Weevil zur Küchenzeile zurück, "jetzt habe ich Hunger!" ~?~ »Er kann mich nicht täuschen!«, knurrte Flea lautlos, warf einen kritischen Seitenblick auf Weevil, der Popcorn einfuhr und gleichzeitig seine Spielkonsole bepflasterte. »Trotzdem....« Unwillig musste sich der Bassist eingestehen, dass sein Kollege nicht das geringste Anzeichen von Aggression oder Vergeltung für die Beleidigungen zeigte. Konnte der Rhythm Gitarrist wirklich so unbefangen über ihren Streit hinwegsehen, die Vorwürfe abstreifen?! Oder war er nur ein begnadeter Schauspieler?! Flea war sich nicht sicher, konnte die Wahrheit nicht ergründen. Allein der Umstand, Weevil könne tatsächlich so selbstsicher und freundlich sein, wie es den Anschein hatte, raubte ihm den letzten Nerv. Weil er über keine Vorstellung verfügte, wie er mit dieser Souveränität umgehen sollte. »Ganz zu schweigen davon, dass es ein ganzes Weltbild zerstören würde«, schnaubte er stumm, kehrte Weevil demonstrativ den Rücken zu. Wie konnte es auch angehen, dass der unbekümmerte Band-Clown, der kindliche Tolpatsch mit seinen Spielekonsolen und grässlich-bunten Kleidern so viel Größe in sich vereinigte?! In jedem Fall musste etwas geschehen... und mit fortschreitender Intensität seiner aufgestauten Bedürfnisse sorgte sich Flea nicht mehr um die Konsequenzen. Er streifte sich achtlos den Tanga vom Unterleib, trat um Weevil herum, beugte sich vor und zerrte die Stecker aus ihren Halterungen, beendete somit abrupt das Spiel auf der Konsole. Der Rhythm Gitarrist blickte von seiner bodennahen Position auf einem Kissen hoch, die Augen mit purpurfarbenen Kontaktlinsen verziert. Flea ballte die Fäuste. Auch wenn er wie nun vor Weevil aufragte, so konnte er sich nicht überwinden, seiner lustgierigen Wunschvorstellung nachzugeben. Das Gesicht seines Freundes einfach gegen die eigenen Genitalien drücken, sozusagen ein Wink mit dem "Zaunpfahl". Er spürte, wie sein Herzschlag beschleunigte, sein Atem hastig dahinflog, eine hysterische Trommel in seinen Schläfen rasend pochte. "Tu es", zischte er zwischen versteinerten Kiefern hervor, von einer nervösen Anspannung elektrisiert. Weevil blinzelte einmal. Dann, langsam, beinahe behäbig, kam der Rhythm Gitarrist auf die Beine, wedelte seine farbenfrohe Yukata nach hinten. Auf Augenhöhe studierte er das fahl-bleiche, mit einem dünnen Schweißfilm benetzte Gesicht seines Bandkollegen, verzerrt von einem verzweifelten Drang. "Nein", wisperte Weevil kaum hörbar, wappnete sich gegen jede Attacke, verhüllte sein schmerzendes Herz, das kaum das Unglück seines Freundes ertragen wollte. Mit einem gezischten Fluch gruben sich Fingernägel in seine Schultern, presste sich Flea gegen ihn, ein hilfloser Angriff eines Menschen, der üblicherweise Körperkontakt strikt vermied. Beherzt schloss Weevil die Arme um den abgemagerten nackten Torso, verstärkte die unmittelbare Nähe vehement. Und sofort zappelte der Bassist mit wachsender Hysterie, unkontrolliert und panisch, als könne ihn diese freiwillige Berührung brandmarken. Doch Weevil ließ nicht locker, die Zähne fest aufeinander gebissen, die Lider gesenkt. Er wusste, dass es dem ausgelaugten Körper in seiner Umklammerung nicht über eine längere Zeitspanne gelingen würde, sich gegen diese Intimität zu wehren. In der Tat, Flea verließen seine spärlichen Kräfte. Zudem konnte er sich einfach nicht überwinden, Weevil mit Kopfstößen oder Tritten zu begegnen. Von einem erstickten Stöhnen begleitet rutschte er schwer an dem vertrauten Körper des Rhythm Gitarristen hinab, der sich eilig besann, der gleitenden Bewegung zu folgen, um einen harten Aufprall auf dem nackten Boden zu verhindern. Unkontrolliert zuckten die Glieder matt dahin, ein Rinnsal Speichel sickerte aus einem Mundwinkel, während sich Weevil eisernen Willens darum bemühte, einen weiteren Schwächeanfall zu behandeln. Er schaffte Raum, hielt Flea in der Seitenlage, flüsterte mit belegter Stimme Versicherungen, dass alles wieder gut werden würde. »Wenn ich dir etwas Reisbrei eingetrichtert habe«, fügte er in Gedanken grimmig hinzu, um sich von den ausgestandenen Ängsten abzulenken. Allein, sie hatten noch nicht einmal die Hälfte des Weges beschritten. ~?~ Es war die vertraute Stimme, eine Melodie unverständlicher Laute, die Flea sanft aus der bleiernen Schwärze lockte. Die schweren Lider geschlossen versuchte er sich daran, dem Geräuschfluss zu dechiffrieren. "... ich weiß ja", schluchzte die warme Stimme erstickt, "aber du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich fühle, wenn er mir hier verhungert!" Flea blinzelte, drängte sein betäubtes Gehirn, einen Sinn in diese Botschaft zu bringen. »Das ist Wee... telefoniert... verhungert?«, wunderte sich träge eine somnambule Stimme im Hinterkopf des Bassisten. »Wer verhungert?« Nachdrücklich schüttelte Flea die Lethargie seiner Gedanken ab. »Ich doch nicht! Pff!«, schnaubte er innerlich, »ich brauchte nur eine Pause.« Doch trotz dieser kleidsamen Behauptung nagten Zweifel an seiner Überzeugung. Zugegeben, er hatte nicht wirklich viel Nahrung zu sich genommen, »aber Weevil überdramatisiert doch mal wieder!« Unfeines Schniefen und Schnäuzen unterbrach die interne Urteilsfindung, dann senkte sich die Matratze ein, als sich der Rhythm Gitarrist hochzog und neben Flea abrollte. Allerdings in einigem Abstand und ohne jeden Versuch, körperlichen Kontakt aufzunehmen. Dann strichen Finger über Fleas gekrümmten Rücken, stahlen eine der langen, schwarzen, mittlerweile fettigen Strähnen, wickelte sie wie einen Talisman um einen wagemutigen Finger. Ein weiterer bekümmerter Seufzer schloss sich an. Der Bassist atmete flach, wagte nicht, sich zu rühren. Erst als er die tiefen Züge ermatteten Schlafs auf seiner nackten Haut spürte, entspannte er seine Haltung minimal. Wie sollte es bloß weitergehen?! ~?~ Eine Frage, die Weevil kontemplierte, als er sich nach einem erholsamen Nickerchen unter der Dusche abkühlte. Mosquito teilte mit ihm die Einschätzung, dass nur eine Willensprobe Flea dazu bewegen konnte, sich endlich seinem profunden Problem zu stellen. Allerdings hatten sie wohl beide unterschätzt, wie verzweifelt sich der Bassist gegen eine Revision seines Selbstbildnisses verwahrte. »Das ist nicht mehr stur, sondern schon selbstmörderisch!«, knurrte Weevil im Schutz des prickelnden Tropfenmantels. Und eingestandenermaßen hatte er noch nie in seinem Leben so sehr um etwas kämpfen müssen. Oder es für wert befunden, sich selbst in die Waagschale zu werfen. Denn wenn er Flea verlor, dann gab es nur wenig, das eine Anstrengung lohnen würde. ~?~ Flea lauschte der leisen "Wassermusik" aus seinem Badezimmer. Er fühlte sich zu schwach, um aufzustehen und sich selbst eine Abkühlung angedeihen zu lassen. Außerdem wäre es wohl ratsam, gegen die fiebrige Hitze, die ihn fest in ihrem Griff hatte, etwas zu trinken... doch mit dem Schwindel, der ihn bei jeder Bewegung befiel, ließ er diesen Gedanken fallen. Schlaf bot verlockende Optionen, von Frieden und Befreiung. ~?~ Eine Boxershorts mit Küken bekleidete Weevils Hüften, als er das Badezimmer verließ, in Begleitung eines Sacks von Schmutzwäsche. Er warf einen hastigen Blick auf den zerwühlten Futon, die trockene, rissige Haut seines Kollegen... und umklammerte den Sack fester. "Dann wollen wir mal!", verkündete er betont munter, mit aller Willensanstrengung positive Schwingungen einfordernd, befüllte die Waschmaschine und studierte sorgfältig die Betriebsanleitung, bevor er sich an die Bedienung machte. Anschließend wandte er sich der bescheidenen Kochplatte zu, wählte einen Topf aus, in den er eine Fertigmischung pikant-würziger Instant-Suppenbasis krümelte. "Das kocht jetzt erst mal auf", kommentierte er seine Handgriffe, angelte sich Reis aus einem Regal, um den allgegenwärtigen Reiskocher zu befüllen. "So weit, so gut", konstatierte der Rhythm Gitarrist, drehte sich entschlossen auf den nackten Sohlen herum, justierte seine Brille entschieden. "Schatz, wie denkst du über eine Dusche?", trällerte er wie ein Seifenopernstar, zupfte die dünne Decke von Fleas nackter Gestalt. Ohne auf Widerstand zu stoßen. Dafür umfing Weevil eine unsichtbare Wärmewolke, die von dem mageren Körper wie einem Heizstrahler abgegeben wurde. »Alles wird gut!«, prügelte sich der Rhythm-Gitarrist einmal mehr in den Kopf, schob die Arme unter die glühende Gestalt, um sie unter den Schultern und Kniekehlen anzuheben und an sich zu ziehen. "Dann geht's mal los, eine Runde um den Park, Kutscher!", trompetete der Rhythm Gitarrist in angestrengter Fröhlichkeit, balancierte seine untergewichtige Last auf den Armen aus. Die wenigen Schritte bis in das angegliederte Bad bewältigte er mühelos, lehnte den spannungslosen Leib seines Kollegen an eine gekachelte Wand. Kehrte rasch um, reduzierte die Hitzezufuhr für die Instantsuppe, beäugte den Reiskocher kritisch, ob dieser wohl zu einem Sabotageakt ansetzte. Dann gesellte er sich wieder zu seinem Freund, streifte sich die Bermudas ab, flaggte sie ordentlich an einem Haken, bevor er sich auf die Knie sinken ließ. Und Flea wie ein Kind auf seinen Schoß bugsierte, ihn mit einem Arm absicherte, während er mit der freien Hand die Handbrause aufdrehte. Der dünne Strahl glitt über Füße und angewinkelte Beine, erreichte dann den Torso. Der Bassist reagierte reflexartig, drängte mit dem fiebrigen Leib der Abkühlung entgegen, schluckte gierig, wenn Weevil nicht rasch genug auswich. "Es gibt gleich etwas Besseres zu trinken", besänftigte Weevil zärtlich die ersten Anzeichen von hilflosem Unmut, "das ist besser für dich als das Wasser hier!" Zufrieden mit den Reaktionen, die er registrierte, drehte Weevil die Brause ab, verzichtete auf das Frottieren, da die vorherrschende Temperatur ohnehin in Kürze die Feuchtigkeit aufgesogen haben würde. "Kannst du aufstehen?", versuchte Weevil seinem Kollegen zu assistieren, dessen Blick noch immer unsicher flackerte, doch Flea fehlten längst die Kraft und Kontrolle, seinen Körper zu manövrieren. "Dann also retour wie gewohnt", verkündete Weevil mit einer hörbaren Erleichterung, für sich das Positive herausstreichend. »Er wehrt mich nicht ab, und er hat Durst.« Ebenso unkompliziert konnte er Flea auf die Arme nehmen und zurück in den Wohnraum tragen, auf dem Futon absetzen. "Noch einen Tick, dann geht es los!", versprach er zwinkernd, ignorierte entschlossen den fliehenden Atem des Ausgestreckten. Kurzerhand mischte er den klebrigen Reis mit der würzigen Suppe, bis ein flüssiger Brei entstand, der genug Nährwert besitzen sollte, um zumindest einen soliden Grundstein für Fleas Kondition zu legen. Die Schüssel mit akrobatischem Geschick transportierend kletterte der Rhythm Gitarrist ebenfalls auf den aufgebockten Futon. Und bettete Fleas Oberkörper gegen den eigenen, um ihn dann wie ein kleines Kind Löffel für Löffel zu füttern. Obgleich es Flea sichtbar Anstrengungen kostete, zu kauen und zu schlucken, hielt er tapfer durch, bis die Schüssel blitzblank war. Weevil genoss den kleinen Triumph, indem er seinen Freund warm in den Armen hielt, die Wange an Fleas glühende schmiegte. "Das hast du gut gemacht", lobte der Rhythm-Gitarrist sanft, gestattete dann, dass Flea auf die Seite sank, die Augen schloss und der Erschöpfung nachgab. Doch bevor sich Weevil selbst eine Mahlzeit gönnte, band er die feuchten Strähnen seines Kollegen in einen kunstvollen Zopf. Ohne Flea zu wecken. ~?~ Als Flea das nächste Mal die Augen aufschlug, glaubte er, sich an einem fremden Ort zu befinden. »Möglicherweise bei einem tibetischen Tempel mit bunten Gebetsfahnen..« Dann erkannte er, dass Weevil mit chaotischem Genie Wäscheleinen quer durch den Bunker gespannt hatte und nun die Wäsche trocknete. Vor allem eine Vielzahl farbenfroher Bermudas, Yukata und Tücher. "Es ist angerichtet!", verkündete der Herr der vielformigen Flaggen und zu Fleas mildem Amüsement hegte er keinen Zweifel daran, dass das Ergebnis von Weevils Bemühungen genießbar war. Reis wechselte mit Nudeln, dazu Gemüsetunken und einmal eine Portion eingelegter, besonders fetter Fisch, der als Potenzmittel galt. »Es ist ihm wirklich ernst damit, mich wieder in Form zu bringen«, registrierte Flea schwankend zwischen Dankbarkeit und beschämter Verärgerung. Sein Zeitgefühl wollte sich nicht einstellen, allerdings kümmerte ihn dieser Umstand auch nicht sonderlich. Wenn er aufwachte, gab es eine herzhafte Mahlzeit, wenn er danach duschte, lüftete Weevil die Matratze aus, wechselte Laken und Bezug, um auch die letzten Spuren der anhänglichen Schwäche auszumerzen. Anschließend spielten sie zusammen, diskutierten Inhalt und Zielrichtung der Songtexte, die Flea erstellen sollte. Und dann, wenn dem Bassisten die Lider schwer wurden, durfte er in sorgenfreien Schlaf sinken. Als wäre es Weevil tatsächlich gelungen, die in der Tiefe schlummernden Dämonen zu bezwingen. ~?~ Dieses Mal weckte Flea der Geruch von gebratenen Eiern. Den letzten, die noch im Kühlschrank gewartet hatten, bis Weevil sich von seinem ersten Versuch erholt hatte. Flea stemmte sich auf die Ellenbogen hoch, drehte den Kopf. "Ah, du bist schon wach! Guten Morgen!" Ein fröhliches Grinsen hinter bespritzten Brillengläsern begrüßte den Bassisten, der sich nun aufsetzte. Betriebsam wirbelte Weevil mit wehenden Yukata-Schößen umher, breitete dann eine schwere Decke aus, die als Unterlage für ihre Mahlzeiten auf dem Futon diente. »Wirklich dekadent, Picknicks im eigenen Bett!« Flea erwog, sich zunächst frischzumachen, doch Weevil enterte bereits den aufgebockten Futon, zwinkerte ihm zu. "Guten Appetit!", wünschte der Rhythm Gitarrist gutgelaunt, präsentierte seinem Kollegen den ersten Gang: ein Spiegelei mit Ketchup-Grinsen, einem Lockenschopf eingelegter Zucchini-Scheiben und Paprikaohren. "Das sieht... wirklich nett aus", schloss der Bassist schwächlich seinen ersten heiseren Satz ab. »Wie bei einem Kindergeburtstag«, allerdings stieß ihm dieser zynische Gedanke ungewohnt sauer auf. Warum sollte man sich nicht ein fröhliches Gesicht zum Frühstück gönnen?! Irritiert, aber mit zunehmendem Appetit folgte Flea dem Beispiel seines Freundes, arbeitete sich methodisch durch die aufgebotenen Speisen. "Uuhhh, genau richtig, das Frühstück für Supermänner!", befand Weevil grinsend, schnickte grüne Antennenzöpfe auf seinen Rücken. Lächelte Flea an, der seine gewohnt stoische Haltung aufsetzte. Der Rhythm Gitarrist streckte einen Arm aus, nahm mit der Fingerspitze abtrünnige Spritzer von Tomatenketchup auf, die sich auf Fleas Wange verirrt hatten. Leckte sie sich gelassen vom Finger. Flea blinzelte, von einer blitzartig aufziehenden, ganzkörperlichen Starre eingefroren. Hastig riss er den Arm hoch, wischte sich mit dem Handrücken großflächig über das Gesicht, um weitere "Hilfsangebote" im Keim zu ersticken. Sein Herz raste, und er konzentrierte sich darauf, mit abgewandtem Gesicht aus seinem Futon zu klettern und eilig im Bad zu verschwinden. Dort konnte er sein klopfendes Herz ohne Zeugen verwünschen. ~?~ Das Aufräumen ging Weevil an diesem Morgen besonders gut und flüssig von der Hand. Mit freudiger Erregung lauschte er auf das bezeichnende Geräusch, das ihm verraten würde, dass der Countdown Null erreicht hatte. Und sie an die Oberfläche gelangen konnten. Er warf einen Blick auf Flea, der vor einer Box kauerte, den Schopf mit Kopfhörern bestückt, während er Notizen aufschrieb, immer wieder in einem Wörterbuch blätterte. »Gleich... gleich...«, feuerte sich Weevil an, kombinierte eine Cargo-Bermudas in Tarnmuster mit einem himmelblauen Muscle-Shirt und einer Patchwork-Yukata aus Werbefahnen. Als er in seine Geta schlüpfte, die rosafarbenen Kontaktlinsen mit ihrem herzförmigen Ausschnitt hinter einer strassbesetzten Sonnenbrille versteckte, bemerkte er, wie sich Flea hinter ihm aufrappelte. "Was ist los?" Der Bassist wischte sich klebrige Strähnen aus der Stirn. "Hast du Lust, einen Spaziergang zu machen?" Weevil konnte nicht an sich halten, wippte vor und zurück in prickelnder Erwartung. Flea zögerte, äugte zu seiner Ausstiegsluke hinüber und rang einen inneren Kampf. Mit einem knappen Nicken akzeptierte er die Einladung schließlich und hielt auf seine Kleiderstange zu. "Ich mache das schon, ja?" Unaufgefordert schnellte der Rhythm Gitarrist an ihm vorbei, zupfte zielsicher eine dünne, schwarze Hose, ein ärmelloses Hemd mit weinroten Totenköpfen und ein gleichfarbiges Stofftuch heraus. Flea schlüpfte ohne Diskussion in Hemd und Hose, starrte dann kritisch auf das Stofftuch, das er gewöhnlich um seinen Bass wand. "Sekunde!", trällerte Weevil aufgekratzt, tänzelte auf seinen hohen Geta um Flea herum. Ein Kamm schnurrte genießerisch durch die seidigen, schwarzen Strähnen, dann band Weevil das weinrote Tuch in der Art der Piraten um Fleas Schopf. Und ergänzte den Freibeuter-Auftritt um entsprechende Ohrringe, eine Sonnenbrille mit runden nachtschwarzen Gläsern und elegante Halbstiefel. Schulterzuckend ob seines Spiegelbildes angelte der Bassist nach einem seiner langen Mäntel, von einem energischen Griff um sein Handgelenk gehindert. "Dazu ist es viel zu warm! Komm, gehen wir!!", drängte der Rhythm-Gitarrist ungeduldig, dirigierte Flea vor sich her, der entgegen jeder Erwartung einlenkte. An der Oberfläche empfing sie ein strahlender, von feuchter Hitze vibrierender Hochsommertag. "Gehen wir, gehen wir!" Aufgeregt wie ein Kindergartenkind drängte Weevil, stürmte voran, im sicheren Vertrauen darauf, dass Flea ihm folgen würde. Obgleich die Sonne sengte, befanden sich viele Passanten auf den Straßen, verschafften sich eine kleine Auszeit von der anstrengenden Arbeit oder genossen die Freiheit jenseits von einkerkernden Mauern und frostigen Klimaanlagen. Diese satte, schwere Hitze mit ihrer körperlichen Komponente, die sich wie ein gläserner Film auf die Haut legte, weckte eine animalische Sehnsucht. Weevils Gelüste konzentrierten sich zunächst auf die nächste Möglichkeit, ein schrill-buntes Eis zu erwerben, mit dem er sich bekleckern konnte. Stumm folgte Flea seinem Beispiel, lutschte an seinem gedrehten Schneckenhäubchen aromatisierter Eissplitter, schauerte unter der Atmosphäre. »Angefüllt mit Erwartungen und mühsam gezähmten Sehnsüchten...« Unwillkürlich zog er die Schultern hoch, verwünschte die Tatsache, ohne seinen schützenden Mantel inmitten dieser Menschen ohne Ziel dahinzuschlendern. Weevil ging voran, ließ sich treiben, von unsichtbaren Passantenströmen lenken. Nach einer Weile hielt er vor einem Convenience Store inne, berührte unbekümmert Fleas Oberarm. "Ich hole uns eine Kleinigkeit!" Und verschwand im klimatisierten Inneren. Flea wartete ungeduldig, zwang sich, die neugierigen Blicke der Kunden und Fußgänger zu ignorieren. Es fehlte noch, wenn ihn jemand erkannte und Smalltalk einforderte! "Na endlich", grummelte der Bassist, als Weevil wieder an seiner Seite war. Doch der Rhythm Gitarrist kümmerte sich nicht weiter um die Missstimmung, sondern flitzte voran. Bald erreichten sie Weevils Ziel, einen kleinen Park mit schattigen Bäumen, die einen bescheidenen Kinderspielplatz einzäunten. Mütter und andere Aufsichtspersonen hatten die Sitzbänke belegt, unterhielten sich, gaben dem Nachwuchs Erfrischungen aus. Und die Kinder tobten ungeachtet der Hitze zwischen Rutsche, Schaukeln und Sandkasten herum. Flea verdrehte im sicheren Schutz seiner Sonnenbrille die Augen. Einige der anwesenden Erwachsenden taten es ihm nach, aber weniger nachsichtig. Was Weevil nicht zu bemerken schien, denn er machte es sich auf einer freien Schaukel bequem und stieß sich jauchzend ab. Die Antennenzöpfe wirbelten um den giftgrünen Pelz herum, die Yukata flatterte und die Kinder bestaunten diese merkwürdige Erscheinung mit unverhohlenem Interesse. Bis auf die, die sofort von ihren Erziehungsberechtigten "in Sicherheit" gebracht wurden. Der Rest durfte in die Bonbontüte greifen, die Weevil großzügig offerierte, bevor er mit den Kindern eifrig um die Wette wiederkäute und farbenfrohe Kaugummiblasen mit verfärbter Zunge produzierte. Wenn sie platzten, die Gesichter verklebten, dann löste dies allgemeine Heiterkeit aus. Flea, der sich auf die Rückenlehne einer Sitzbank geflüchtet hatte, verfolgte aus dem Schatten heraus das ungewöhnliche Schauspiel. Ein erwachsener Mann und Punk-Rocker hockte inmitten von Kindern in einer Sandkiste, backte eifrig Sandkuchen, malmte Kaugummi mit großen Blasen und wirkte überhaupt nicht fehl am Platze. Im Gegenteil, die Schar der eifrigen Spielplatzbesucher schienen Weevil sofort als Gleichgesinnten zu akzeptieren! Der Bassist studierte das Treiben wie ein Mysterium, das sich ihm nicht erschließen wollte. Er konnte sich nicht entsinnen, jemals in einer solchen Gemeinschaft aufgenommen worden zu sein. Sorg- und sinnlos herumzuspielen, seine Zeit mit "Müßiggang" zu verschwenden, sich einfach ohne größere Anstrengungen zu amüsieren. »Es liegt eindeutig an Weevil«, stellte Flea stumm fest, drehte gedankenverloren an den Ringen, die seine Finger wie Waffen beschwerten. »Er ist wie einer dieser Hunde, Golden Retriever, die Kinder lieben, geduldig und fröhlich sind...« Es nicht übelnahm, wenn man an den grünen Zöpfen zupfte, die Yukata neugierig betastete, seine Grimassen mit Kichern begleitete. Ein merkwürdiger Gedanke spülte in Fleas Innerem hoch, bitter-süß und beängstigend: er konnte Weevil nicht für sich behalten. Von den Menschen trennen, die ebenso unbefangen und freundlich auf ihre Umwelt zugingen. Ihn in der Unterwelt, in der Schwärze seiner kalten, traumatischen Abgründe gefangen halten. Flea schluckte hart, von der Beklemmung überrascht, die ihm Kehle und Brustkorb einschnürte. »Es ist nur vernünftig«, versuchte er sich einzureden, die unüberbrückbaren Differenzen in den Vordergrund zu ziehen. Waren sie nicht vollkommen unterschiedlich, ja, gegensätzliche Naturen? Welche Gemeinsamkeiten verbanden sie denn schon? Da war doch das Ende schon einprogrammiert. »Das Ende von was?« hakte eine leise Stimme in Fleas fiebrigem Gedankensturm nach. »Du bildest dir doch nicht etwa ein, er würde mit dir...!«, zischte eine andere Stimme vernichtend frostig, verhöhnte das beschleunigte Schlagen des Herzens, »was für eine lächerliche Hoffnung!« Blinzelnd, die Zähne zusammenbeißend, bis die Kiefergelenke warnend knackten, fokussierte der Bassist seine Aufmerksamkeit wieder auf den Sandkasten. In dem Weevil lachend mit den Zehen im Sand spielte, zum Entsetzen der Mütter von einer Schar Kinder mit abgestreiften Söckchen und Schuhen begleitet. Gewohnt unbekümmert, mit dem treuherzigen Augenaufschlag eines Welpen, reagierte der Rhythm Gitarrist auf die finsteren Blicke, die ihn ins Visier nahmen, zückte aus einer der unzähligen Taschen seiner Yukata einen handtellergroßen Zylinder. Drehte die Kappe ab und produzierte mit schelmischem Grinsen eine erste Wolke schillernder, dickbäuchiger Seifenblasen, die sich träge Richtung Firmament aufmachten. Begeisterung umwogte den Gitarristen, der sogleich einen neuerlichen Schwarm mit Sauerstoff befüllte, dann die ersten Kunststücke vorführte. Seifenblasenketten bildete, mit den hauchdünnen Kugeln scheinbar jonglierte und schließlich großzügig das handliche Seifenblasengerät seinen aufgeweckten Zuschauern überließ. Lachend und klatschend wurden die Versuche der Aspiranten kommentiert, nicht einmal der kleinste Streit brach über die Reihenfolge aus, allein das gemeinsame Amüsement beflügelte die bunte Rasselbande. Flea zog die Arme enger an den Oberkörper, fröstelte trotz der tropischen Temperaturen, verteilte den dünnen Schweißfilm gleichmäßig. Wehmut legte sich wie eine bittere Medizin auf seine Zunge, betäubte seinen Mund, verhinderte jede Äußerung. Doch hätte er sich wirklich zugetraut, einfach zu Weevil zu gehen und sich an dem gemeinsamen Spiel zu beteiligen? »Nie im Leben«, seufzte eine trauernde Stimme in Fleas Ohren. »Weil ich nicht so bin... weil ich nicht verstehe, wie es funktioniert...wie er einfach...« Der Bassist erhob sich, streckte die Glieder, erwog, den Spielplatz zu verlassen, in die gewohnte Zuflucht zu fliehen, wenn die Welt ihn einmal mehr auszuspeien schien. "Hey, Flea, magst du auch mal?" Lächelnd wedelte Weevil mit dem Zylinder herum, sprudelte gutgelaunt eine wohlgenährte Sammlung perfekter Riesenperlen in die Luft. Abwehrend schüttelte der Bassist den Kopf-, und verabscheute sich dafür. Einen kurzen Wortwechsel später, sandige Handabdrücke auf der Yukata, einige Umarmungen und Abschiedsgrüße, dann stakste Weevil zur Sitzbank hinüber, klopfte sich nachlässig ab, bevor er abwechselnd die Geta und seine Füße vom Sand befreite. "Lust, nach Hause zu gehen?", erkundigte er sich, kommentierte das verschlossene Gesicht seines Kollegen nicht, der stumm blieb, die Hände in den Hosentaschen vergraben ballte. "Na, dann!", ungeniert hängte sich Weevil bei Flea ein, winkte und sandte mit der freien Hand freche Kusshändchen an seine Spielgefährten aus, die johlend ihren Kameraden verabschiedeten. Dieses Mal gab Flea das Tempo und die Marschrichtung vor, allerdings hielt er sich in moderater Geschwindigkeit, da er seine Kondition nicht überfordern wollte. Die Seitenblicke der Passanten prasselten wie Stecknadeln auf sein ohnehin innerlich "gesträubtes Fell" ein, fügten dem bitteren Geschmack des bevorstehenden Verlusts eine gallige Note des Hasses hinzu. "Ah, warte mal einen Augenblick!" Unerwartet bremste Weevil ihr Fortkommen, kramte und klopfte suchend seine Taschenparade ab. Schraubte sich die Sonnenbrille zwischen einige Zopfantennen auf den Oberkopf, bot ein parodistisches Schauspiel für Zuschauer in seiner zunehmend hilflos wirkenden Suche. »Clown«, grummelte es in Flea, der wortlos neben Weevil die Stellung hielt, aber darauf verzichtete, die übliche Maske gelangweilter Überdrüssigkeit zur Schau zu stellen. "A-Ha!", triumphierte der Rhythm-Gitarrist schließlich, fasste Flea ungeniert bei der Hand und schlenderte, diese schwingend, vergnügt weiter. "Weevil", warnte der Bassist knurrend, doch ohne eine Reaktion von seinem Bandkollegen. Allerdings war der Zugriff auch sichernd genug, dass Flea sich nur durch ein unwürdiges Kräftemessen hätte befreien können. An der nächsten Ampel, inmitten einer Menschentraube, die Abstand zu den Paradiesvögeln hielt, als könne ihre Verletzung der Normen ansteckend sein, wandte sich Weevil Flea zu. Zauberte in der freien Hand verdeckt den Gegenstand seiner aufwändigen Suche zutage. Einen weiteren Zylinder für Seifenblasen. "Für dich", zwinkerte der Rhythm-Gitarrist launig, schob die kurze Röhre in Fleas Hosenbund, der nun nicht umhin konnte, sie dort herauszupflücken. Unterdessen hatte Weevil bereits das Visier wieder vor seine Augen gesenkt, hüpfte fröhlich auf seinen Geta über die Straße, schuf sich einen eigenen Pfad im Rudel der Passanten. Flea, der seinem Kielwasser folgen musste, durch ihre verschränkten Finger verbunden, schwenkte sein Geschenk unschlüssig in der freien Hand. »Was denkt er, wer ich bin?! Ein Kleinkind?!«, empörte sich eine agitierte Stimme in seinem Inneren. »Du bist bloß ein konformer Schisser!«, grollte eine andere energisch, »wer lebt dein Leben eigentlich?!« Diese Frage traf Flea ins Herz, ließ ihn einfach anhalten, das Brummen der anderen Verkehrsteilnehmer ignorieren, die das "Hindernis" umgehen mussten. Weevil stand vor ihm, hinter seiner Sonnenbrille nicht einzuschätzen, noch immer mit ihm verbunden, ohne Anzeichen von Ungeduld oder Verärgerung. »Ja, wer lebt mein Leben eigentlich? Und wann... wann werde ich endlich nicht mehr das Gefühl haben, im falschen Film zu sein?« ~?~ Kapitel 3 - Weevil wartete gelassen, bis sich Flea wieder in Bewegung setzte, mechanisch, offenkundig in bedeutenden Gedanken versunken. »Das ist doch mal ein Erfolg«, beglückwünschte er sich selbst, streichelte sanft mit dem Daumen über den Handrücken seines Kollegen. Sie verabschiedeten sich von den Hauptstraßen, tauchten in das labyrinthische Gewimmel der kleineren Seitenstraßen und Gassen ab, die Fleas Viertel durchzogen. Der Rhythm Gitarrist bedauerte zwar, schon wieder die Weite der oberirdischen Welt verlassen zu müssen, andererseits konnten sie möglicherweise gleich feiern, die sieben Tage gemeinsam durchgestanden zu haben? Die Einstiegsluke glühte in der Sonne, als sie den schmalen Platz über dem Bunker betraten. Vorsichtig kletterten die beiden Männer in die kühle Semi-Dunkelheit des Bunkers hinunter, sofort von einer weiteren Kondensschicht benetzt, die dem Temperaturunterschied geschuldet war. "Dusche?", schlug Weevil vor, bereits seine Yukata abstreifend, während er die Geta hopsend abschüttelte. Flea nickte, senkte mit der Fernbedienung die pneumatisch bewegte Kuppel wieder über den Einstieg. Stumm entkleideten sie sich, wanderten in das sanft beleuchtete Badezimmer. Eifrig stellte Weevil den niedrigen Plastikhocker in Position, suchte Waschschüssel, Shampoo und Duschgel zusammen. "Bitte sehr, der Herr", verneigte er sich parodistisch, ein Handtuch über den Unterarm gelegt, zwirbelte einen unsichtbaren Bart wie der Barbier von Sevilla. Der Bassist ließ sich langsam nieder, schloss die Augen. Geschäftig kauerte sich Weevil hinter ihm in die Hocke, angelte die Brause heran, um vorsichtig die hüftlangen, seidig-schwarzen Haare zu befeuchten. Bevor er Shampoo in die Kopfhaut massierte und dann mit einem grobzinkigen Kamm die schimmernde Pracht durchpflügte. Seifenschaum gurgelte um seine nackten Füße herum über die Fliesen im Abfluss. Weevil wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht, blinzelte dann noch einmal aus Gewohnheit, denn er hatte noch immer seine Kontaktlinsen eingesetzt. Vor ihm stiegen träge Seifenblasen in die Höhe. Ein winziger, beinahe lustvoller Schauer durchlief die bleiche, nackte Gestalt vor ihm, wenn sie Atem schöpfte, um ihren Kreationen Leben einzuhauchen. Weevil ließ sich auf seine Fersen zurücksinken, lächelte selbstvergessen, unterdrückte den Drang, den Freund von hinten in seine Arme zu ziehen und nicht mehr freizugeben. ~?~ Es fühlte sich entschieden besser an als alles, das er jemals unternommen hatte, um gegen das Korsett der Regelungen und Verpflichtungen zu protestieren. Ein sanfter, steter Kuss genügte, und schon tanzten sie vor seinen Augen in die Höhe, kollidierten miteinander, ohne sich gegenseitig zu zerstören. »Schön«, seufzte eine Stimme andächtig, lockerte den gewohnten Panzer, der Brustkorb und Kehle verschnürte. »Simpel und gewöhnlich, aber so bezaubernd...« Flea bemerkte in diesem Moment erst, dass kein Schwamm ihn benetzte, kein Kamm durch seine Haare glitt, keine Bürste seine Haut massierte. Ertappt wollte er reflexartig die Hand sinken lassen, den Zylinder eilig verbergen... Entschloss sich dann aber trotzig, einfach mit seiner Beschäftigung fortzufahren. Warme, seifig-geschmeidige Arme legten sich um seine Schultern, begleitet von einem Kinn, dann strahlte Weevil in Fleas linkes Ohr. "Cool, nicht wahr?" "Hmmm", kommentierte der Bassist nonchalant, ließ sich dann auf die Beine ziehen, damit der schäumende Kollege sie beide mit der Brause abspritzen konnte. Trocken, die langen Haare in buntem Turbanbau eingewickelt, teilten sie sich anschließend den spärlichen Platz vor Fleas Kochnische. Schnippelten Gemüse, dämpften Reis und vorgefertigte Teigtaschen, rührten würzige Tunke an. Wie gewohnt "picknickten" sie auf dem aufgebockten Futon, tageslichthell angestrahlt, auf die Nahrungsaufnahme konzentriert. »Eine seltsame Feier«, erwog Weevil die kontemplative Stille. Sollte er nun forsch verkünden, dass zwar die Frist erfüllt worden war, doch er nicht auszuziehen gedachte? Und wie stand es um Flea? Konnte man wirklich davon ausgehen, dass sich seine zyklische Aggressivität verabschiedet hatte? »In jedem Fall sollte ich mich stärken«, entschied der Rhythm Gitarrist und langte kräftig zu. ~?~ Flea lag auf dem Rücken, studierte das an der Decke aufgespannte Stofftuch, ohne dies wirklich wahrzunehmen. Er wusste Weevil vor seiner Spielkonsole, munter vor sich hin plappernd. Zwar hatte ihm der Rhythm Gitarrist angeboten, zusammen etwas zu unternehmen, doch der Bassist hatte es vorgezogen, sich seinen Gedanken zu stellen. Den Erkenntnissen dieses Tages, die darin kulminierten, sich zu fragen, wessen Leben er eigentlich führte. Es wäre am Besten, sich möglichst rasch seines unerwünschten Mitbewohners zu entledigen, riet ihm eine Stimme. Während eine andere einwarf, dass sie einander nicht aus dem Weg gehen konnten, wenn er daran festhielt, in dieser Band zu spielen. Unruhig wälzte sich Flea auf eine Seite, zog beinahe schützend die Knie an. Er hatte nie große Ansprüche gestellt, bedeutende Träume gepflegt. Es schien ihm vermessen, Hoffnungen zu hegen, das Herz in den Himmel zu heben, wenn er bereits zwei Mal in die absolute Leere gestarrt und nichts gefunden hatte, das ihn davon abhielt, seinem Leben ein Ende zu bereiten. Einem unbedeutenden Leben, das eine Last darstellte, derer man sich abschiedslos entledigen konnte, um dem gewaltigen Nichts zu entfliehen. Zumindest der Tod bot eine gewisse Sicherheit: er verhandelte nicht, verstellte sich nicht, blieb zuverlässig als Grenzpunkt in der Biographie. Machte der Suche, den Zweifeln und Fragen ein Ende. Wie sollte er da mit Weevil mithalten können? Oder diesen gar in die Abgründe hinabziehen, die in der Dunkelheit lauerten? Durfte er das einem Menschen antun, der Herzen mit einem tollpatschigen Grinsen gewann, mit guter Laune Missmut vertrieb, jeden Tag wie ein neues Abenteuer begrüßte? Mit verkniffenem Gesicht rollte sich Flea von seinem Futon herunter, überwand die kurze Distanz zu seinem bescheidenen Kühlschrank, entnahm diesem eine Dose Bier. Er öffnete sie hastig, schluckte gierig, wischte sich lose Strähnen aus dem Gesicht und wandte den Kopf. Flea hatte nicht erwartet, dass Weevil ihn beobachten würde, augenzwinkernd seinen Durst komplimentierte. »Jetzt wäre der Augenblick günstig«, soufflierte eine Stimme. »Genau«, fauchte eine andere, »das erste Mal ein richtig altruistischer Akt! Verscheuche ihn, verlasse die Band und dann, wenn du allein in einem Loch hockst, kannst du dir mal richtig generös vorkommen! Ein echter Held!« Flea wandte den Kopf ab, hielt den Blick auf ein verhängtes Regal fixiert. »Ich wollte nie ein Held sein«, stellte er aufbegehrend fest, »das ist wie König für einen Tag sein und den Rest des Lebens ein absoluter Narr!« Und in seinem Leben hatte es nun wirklich nichts Heldenhaftes gegeben. Warum ausgerechnet jetzt damit beginnen? Der Bassist lehnte sich schwer gegen eine Box, rieb sich einen nackten Oberarm, tief in Gedanken versunken, die weiterhin die Beweisführung antraten. Wenn er Weevil tatsächlich aus seinem Leben jagte, dann ging alles mit ihm, was seine augenblickliche Existenz ausmachte: die Musik, die wenigen Freundschaften, seine Beschäftigung, seine Einnahmequelle. »Das ist so lächerlich!«, schüttelte er selbstvergessen den Kopf, verdrängte unwillkürlich ein fahles Grinsen. So unglaublich es ihm in diesem Moment erschien: der Mann mit dem giftgrünen Schopf, den Zopfantennen, seiner gelinde gesprochen merkwürdigen Bekleidung war erst der zweite Mensch, mit dem der Bassist intim geworden war. »Sofern man das so nennen kann«, schnaubte eine kritische Stimme in seinem Hinterkopf boshaft. »Und wie soll es nach ihm weitergehen?«, hakte eine andere gehässig nach. »Dein erster Kerl war ein notgeiler Pauker, nun hast du einen verrückten Rhythm Gitarristen an deinen mageren Backen! Ist dir klar, wie viele Chancen du bei deinem offenen, charmanten Wesen hast, noch mal jemanden aufzureißen, der dich nicht nur durchvögeln und dann wegwerfen will?!« Flea schluckte, obwohl er seine eigenen hämischen Worte erkannte. Man konnte nicht ständig am Abgrund stehen und mit der Aussicht kokettieren. Irgendwann blickte der Abgrund in einen selbst hinein und was konnte er dann bestellen?! Welche Sicherheit gab es dann noch? Eine, die nicht wie alle anderen versagte? Der Bassist wischte sich mit der leeren Dose über die Stirn, kühlte die fiebrige Haut mit dem Kondenswasser. »Ich werde mich jetzt nicht entscheiden!«, trotzte er zornig, zerdrückte die Getränkedose, deponierte sie mit energischer Gestik in einer Mülltüte, bevor er wieder auf den aufgebockten Futon kletterte. Sich in seine Decke wickelte und demonstrativ die Lider herabsenkte. »Morgen ist auch noch ein Tag!« ~?~ Weevil konnte nicht sagen, was genau ihn weckte, doch das unbestimmte Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung war, drängte ihn aus seinem Schlaf. Der Wohnraum im Bunker dämmerte vor sich hin, lediglich eine gedämpfte Leuchte sorgte dafür, dass die beiden Musiker nicht vollends in undurchdringlicher Schwärze nächtigten. Der Rhythm Gitarrist wandte den Kopf, bemerkte anhand der Silhouette, dass Flea auf der Matratze kauerte, ein schmales kompaktes Paket, die Beine angezogen, von den Armen eingekerkert. "Hast du schlecht geträumt?", erkundigte Weevil sich heiser, rappelte sich ungelenk hoch und blinzelte automatisch, obwohl er seine schwache Sicht ohne Hilfsmittel nicht verbessern konnte. Zögerlich bewegte sich der Schattenwurf mit Fleas Gestalt. Gewohnheitsmäßig rieb sich Weevil die Augen mit dem Handrücken, bemerkte dann eine Ahnung von Salz in der Luft. Hatte Flea etwa geweint? Im Schlaf passierte einem so was schon mal. Und sicher war es ihm nun unangenehm, dass sein Kollege ihn so sah! Weevil rollte sich bequem auf den Rücken, legte einen Arm einladend aus. "Ich könnte dich ein bisschen bekuscheln, vielleicht hilft das?", bot er hilfsbereit an. Ein wohlbekanntes Schnauben ertönte, ein wenig erstickt. Dann aber kroch Flea tatsächlich an seine Seite, schmiegte sich an, steif und beinahe Schutz suchend. "... mir ist kalt...", krächzte der Bassist heiser, vergrub sich förmlich in jeder Mulde, die Weevil offerierte. "Ja-a, so was gibt es, wenn man schlecht geträumt hat", plauderte der Rhythm Gitarrist unangestrengt. Unternahm aber keine Anstalten, die offenen Haare mit den Fingern zu durchstreifen oder über die nackte Haut seines Freundes zu fahren. Stattdessen schaltete er seinen Mund auf Autopiloten, ließ ihn dahin plappern als Hintergrundgeräusch für einen weiteren Schlafversuch. "Weißt du, ich habe was Verrücktes geträumt. Vorhin, auf dem Spielplatz, da bin ich durch den Sand gelaufen, mit nackten Füßen. Also, das ist dann ja wie Urlaub, ich meine, blauer Himmel, Hitze, Sand unter den Füßen. Da kann man sich doch vorstellen, man ist am Meer! Unter Palmen, obwohl ich gehört habe, dass diese dicken Wedel ganz schön knattern, wenn da der Wind durchgeht! Na ja, jedenfalls, da fiel mir ein, dass es doch so Fußbäder gibt mit Massage, weißt du, wo Luftblasen hervorblubbern? Und da dachte ich, also im Traum, hey, warum gibt es das nicht mit Sand statt Wasser?! Wäre das nicht ein Verkaufsschlager?" Weevil schwenkte über von der häuslichen Sandmassage für arme Großstadtfüße unter der heimischen Höhensonne zu der gemeinen, letzten Episode des Spiels, das er gerade betrieben hatte. Häschen mit großen Augen, denen durfte man einfach nicht trauen!! Erst hatten sie Maschinengewehre in den Möhren, dann legten sie Molotow-Cocktails als bunte Eier getarnt, -wo doch jeder wusste, dass Hasen keine Eier legen! Schlussendlich hatten sie seinen kohlblätter- und hamsterbetriebenen Propeller abgeschossen, damit er in ihre Fallgruben stürzte!! Nun rechtschaffen empört hielt der Gitarrist inne, lauschte auf die tiefen Atemzüge, die über seine Brust wehten, die entspannten, schlafschweren Glieder, die keinen Millimeter Distanz zwischen ihnen zuließen. Behutsam streichelte er mit den Fingerspitzen hauchzart über eine knochige Wange. »Also hat dein Kampf jetzt begonnen, mein Freund.« ~?~ Weevil kämpfte noch gegen die boshaft-martialischen Hasen an, als Flea sich aus seiner Decke schälte und vorsichtig von seinem Futon kletterte. Er fühlte sich ungewohnt energiegeladen, bereit, sich unter der Dusche abzukühlen und dann ein Frühstück für Zwei zuzubereiten. Die langen, nassen Strähnen zu einem dicken Zopf zusammengebunden, gewohnt mit Silber in allen Variationen geschmückt, bewegte sich Flea geschmeidig vor seiner Küchenzeile. "Hmmm, ich muss wohl träumen", schnurrte es in Höhe seiner Schultern behaglich, während der Bassist den Reis auf zwei Schüsseln verteilte. "Guten Morgen." Flea wandte den Kopf, um festzustellen, was Weevil zu dieser Äußerung bewegt haben konnte. Der eindeutige, wenn auch sehr kurzsichtig-blinzelnde Blick des Rhythm-Gitarristen wanderte bezeichnend über Fleas Gestalt, in eine dünne Pyjamahose aus schwarzer Seide und eine Stoffschürze in der gleichen Farbgebung gekleidet. "Ich steh auf Schürzen", grinste ihm sein Bandkollege zu, rollte sich unkoordiniert in einem Wust aus Kopfkissen, Laken und Bezug vom Futon herunter. "Wir können gleich frühstücken", gab Flea bekannt, unterdrückte ein winziges Lächeln angesichts der merkwürdigen Prozession, die in das angegliederte Bad überwechselte. Ein Kissenhintern, eine Lakenschleppe und ein Bezug, der sich über einige der giftgrünen Zopfantennen gelegt hatte. "Klasse", strahlte ihm Weevil breit zu, massierte sich unbekümmert die beiden Pobacken und wirbelte den Kopf herum, damit der Bezug sich lösen konnte. Flea konzentrierte seinen Blick eilig wieder auf seine schmale Arbeitsplatte, presste die Handflächen nachdrücklich auf das kühle Material. Sein Herz raste. »Was soll das?!«, schnaubte er verschreckt, »was ist mit dir los?!« Wie konnte ihn ein Grinsen, eine nachlässige Geste, ein vertrauter Auftritt von charmantem Chaos so durcheinanderbringen?! »Sieht so aus, als hättest du dich verknallt, Schnellmerker!«, spottete eine boshafte Stimme frech, während Flea sich dazu zwang, betriebsam die Picknickdecke über der Matratze auszubreiten. "Das ist idiotisch", murmelte der Bassist verunsichert. »Ich kenne den Verrückten schon länger, warum sollte ich mich ausgerechnet jetzt in ihn verlieben?! Und überhaupt, ich habe mich noch nie verliebt! Wahrscheinlich bin ich noch immer krank...« Kontrollierend presste er einen Handrücken auf die eigene Stirn. Ein zweiter Handrücken streichelte über seine Wange, bevor die zweite Meinung kundgetan wurde. "Also, ich würde sagen, normale Betriebstemperatur, geringe Luftfeuchtigkeit, eine leicht rosige Komplexion..." Weevil grinste ihm fröhlich ins Gesicht, sichtbar stolz auf seine Urteilsfähigkeit. "Fühlst du dich nicht gut?", erkundigte sich der Rhythm Gitarrist besorgt, nachdem Momente ohne eine merkliche Reaktion seines Freundes verstrichen. "Doch, sicher", grummelte der Bassist abweisend, verteilte geschäftig Schüsseln und Schalen. Wenn Weevil seine Brille trug, war es nicht so einfach, ihn zu täuschen. Sie nahmen beide auf dem von Bettzeug befreiten Futon Platz, wünschten sich einen guten Appetit und griffen hungrig zu. Essen kompensierte eine Menge ungelöster Spannungen. "Was wollen wir heute machen?" Weevil wippte aufgeregt auf der Matratze, erneuerte einige der langen Zöpfe, die von seinem Kopf abstanden, absolvierte Dehnübungen. Flea stapelte Schüsseln und Schalen in seiner kleinen Spüle, kehrte seinem Kollegen den Rücken zu. "Würdest du gehen, wenn ich dich darum bitten würde?", flüsterte er leise gegen die mit einem farbenprächtigen Poster verkleidete Betonwand. Lautlos verstrich die Zeit, fror beide Männer reglos ein, abwartend, in der Schwebe. "Na ja", Weevil nahm das Wippen wieder auf, "gehen vielleicht, wiederkommen ganz bestimmt." Dann glitt er geschmeidig von der Lagerstatt hinunter, platzierte sich nahe hinter dem Bassisten. "Warum möchtest du, dass ich gehe?", raunte er sanft in Fleas linkes Ohr, legte behutsam die Hände auf die Schultern des anderen Mannes. "Nicht!", schüttelte der Bassist fauchend jeden Körperkontakt ab. Fegte herum, um eilig in sein Badezimmer zu fliehen. Er kauerte sich zusammen, die Arme fest um seinen Oberkörper geschlungen, wiegte sich fassungslos. »Angst«, registrierte er mit wachsender Panik, »ich habe Angst!« Angst, berührt zu werden. Und sich dann zu lösen, die Trennung auszuhalten. "Flea?" Vorsichtig, besorgt drängte sich die Stimme seines Kollegen in sein Bewusstsein. "Geh weg!", fauchte der Bassist heftig. Niemand sollte ihn so sehen. »Obwohl er dich ja schon in allen Lagen gesehen hat, nicht wahr?«, plauderte eine boshafte Sirene in seinem Hinterkopf. "Das geht nicht!", jammerte es vor dem Türblatt, "ich muss mal! Hey, Flea, bitte!", klopfte es nun unterstützend. Der Bassist verdrehte die Augen. "Darauf falle ich nicht rein!", brüllte er zurück. "Flea!! Bitte!!", drängelte es nun hochnotpeinlich. Gefolgt von einem "Oh-oh". Und einer Pfütze, die sich unter dem Türblatt ausbreitete. "Was...?!" Bevor die Lache sich um Fleas Zehen ausbreiten konnte, schnellte er hoch, entriegelte die Tür und starrte hinunter auf Weevils bekümmerten Schopf. "Äh, mir ist eine Packung Saft geplatzt?", versuchte der Rhythm Gitarrist ein scheues Grinsen. Flea presste die Lippen so fest zusammen, dass sie einen weißen Strich bildeten, überwand mit einem großen Schritt das feuchte Hindernis. Riss einen Mantel im Laufschritt von seinem Bügel und kletterte in Höchstgeschwindigkeit die Leiter hinauf. Ungeduldig schob er die sich pneumatisch lüftende Ausstiegsluke an, empfangen von grellem, bereits fiebrigem Sonnenlicht. Hastig tastete er in den Manteltaschen, fand eine seiner unzähligen Sonnenbrillen und stürmte weiter. Ihm war es gleich, dass die Passanten ihn anstarrten, den überschlanken Mann in schwarzen Pyjamahosen, einer Kochschürze, barfuß und mit wehenden, hüftlangen Haaren. »Nur weg!«, trieb ihn ein panischer Impuls richtungslos vorwärts. So lange er sich bewegte, seine Füße auf dem glühenden Asphalt abrollten, blieb keine Zeit für eine Reorganisation seiner Gedanken. Er wollte sich nicht damit abfinden, dass Weevil sich in sein Herz geschlichen hatte, jeder Blick, jede Berührung einen Ausnahmezustand hervorrief. »Das ist lächerlich«, fauchte es in seinem Inneren. »Rede dir bloß nicht irgendwelchen sentimentalen Unsinn ein! Sich von ihm flachlegen zu lassen, ist eine Sache, aber dieser Rumturtelei: du machst dich zum Idioten! Oder glaubst du ernsthaft, dass du zu einem Romantiker wirst?! Dir fehlt der Glauben!!« »Ja«, stimmte sich Flea stumm zu, reduzierte sein Fluchttempo, wie sollte er auf so unbestimmte Empfindungen wie Liebe vertrauen?! Und wenn er sich nun Weevil anvertraute und der überlegte es sich anders?! »Dieses Mal stehst du nicht mehr auf«, kommentierte eine Stimme hämisch. Unwillkürlich wickelte der Bassist die Arme um den eigenen Oberkörper, fröstelte. Er wollte sich nicht erinnern, an die Leere, die er empfunden hatte, die Erkenntnis der Sinnlosigkeit seiner Existenz. Selbst eine Gefangenschaft in einer unendlichen Tretmühle des banalen Alltags hätte er akzeptiert. Wenn er sie nur verstanden hätte. Ihm der Glauben geblieben wäre. Aber das konnte er einem Menschen wie Weevil niemals begreiflich machen. Schließlich hieße es, jede Grundfeste eines Lebens, eines Bewusstseins zu erschüttern, seinen Kollegen ewigen Zweifeln auszuliefern. ~?~ Es war für Weevil nicht sonderlich schwer, die Spur eines so ungewöhnlichen Menschen wie seines Freundes aufzunehmen. Nicht nur sein eher merkwürdiges Erscheinungsbild trug zur Einprägsamkeit bei, auch der Air verzweifelt-trotziger Einsamkeit in einer attraktiven Hülle. Der Rhythm Gitarrist wusste, dass viele der weiblichen Anhänger ihrer Band sich besonders über diese Eigenschaften ausließen: für sie war Flea ein vom Licht gestürzter Engel. Weevil, der genau wusste, wie ungern sich Flea mit Licht befasste, lächelte immer wieder, wenn er dieser Einschätzung begegnete. Für ihn war sein Freund kein Engel, sondern ein einsamer Kämpfer gegen den eigenen Schatten in einer Welt, die keine Sicherheit oder Wärme bot. Zugegeben, er hätte seine Vorstellung nicht laut ausgesprochen, aber das änderte nichts an seiner Überzeugung. Und gerade steuerten sie beide auf den Punkt zu, der aus dem solitären Krieger einen Mitstreiter für die Hoffnung machen konnte. Deshalb galt es, möglichst nahe auf Fleas Fersen zu bleiben, ihn an seine Grenzen zu treiben, damit er seine Feuerprobe bestehen konnte! ~?~ Die Betonröhre wirkte in ihrer eintönigen, groben Beschaffenheit so roh und hässlich wie die Retorten-Hochhäuser in den Satellitenstädten um sie herum. Flea raffte seine Mantelschöße, kletterte hinauf, zog die Beine vor die Brust und senkte das Kinn auf die Knie. Seine Füße schmerzten, verfärbt vom Dreck der Straßen, während ihm der Schweiß den Rücken hinablief. Er fühlte sich schwindlig und außer Atem, verdammte die eigene Kopflosigkeit. Die Nervosität. Die unterschwellige Angst. Angst, der Versuchung nachzugeben. Zu glauben. "Aber ich glaube nicht!" »Nein«, schüttelte der Bassist den Kopf, »ich glaube nicht... ich kann einfach nicht glauben...« ~?~ Trotz der Yukata und seinen offenen Turnschuhen erwies es sich nicht als schwierig, an Flea heranzuschleichen, da dieser offenkundig in Gedanken versunken war, die ihn mit höchstem Beschlag belegten. "Was glaubst du nicht?", trällerte der Rhythm Gitarrist, schnellte mit einem Satz hoch und umarmte seinen Kollegen von hinten. Er spürte das erschrockene Zusammenzucken, dann die panische Verspannung, die seinen Kollegen verkrampfte. "Geh weg!", knurrte Flea übellaunig, die Schultern hochziehend. "Nur, wenn du mitkommst", stellte Weevil unbeeindruckt fest, kletterte neben seinen Freund auf die Betonröhre. "Puh, ganz schon heiß", füllte er die entstehende Stille fröhlich, "da grillt man ja förmlich! Tun dir die Füße nicht weh?" Und schon pflückte er einen Fuß, um diesen zu inspizieren. "Hey!", hastig suchte Flea nach seiner Balance, durch das Manöver unerwartet in eine fragile Lage gebracht. Seine Arme ruderten durch die träge feucht-heiße Luft, bis er sich weit nach hinten auf der Röhre lehnen musste. Weevil nutzte den Augenblick, den Mantel von Fleas Schultern auf die Höhe der Ellbogen zu schieben, ein wirksamer Knebel. "Sexy", schnurrte der Rhythm-Gitarrist anzüglich, zwinkerte herausfordernd. Sein Kollege reagierte fuchtig, zischte etwas Unflätiges. Allein, er konnte sich nicht befreien, denn Weevil umklammerte noch immer einen Knöchel, hielt diesen in die Höhe. "Was soll das?!" Flea presste die Hände flach auf den groben Beton, um nicht abzustürzen, funkelte in das freimütige Grinsen seines Kollegen. Ohne große Wirkung, da die Sonnenbrille undurchlässig filterte. "Ich sehe besser mal nach, dass du dir keine Scherben oder kleine Steinchen in die Sohle getreten hast", verkündete der Rhythm Gitarrist schelmisch, inspizierte die geschwärzten Fußsohlen eingehend mit zusammengekniffenen Augen. Flea ließ sich gänzlich auf den Rücken sinken, schloss die Augen, wandte den Kopf zur Seite. Ungeachtet der gewissen Würdelosigkeit dieser Position hatte sie doch eine entschieden erotische Komponente. Und er hegte keinen Zweifel daran, dass Weevil dies beabsichtigte. Der Spielplatz war zu dieser Stunde noch verwaist, zu den umgehenden Straßen boten Fangzäune und Büsche einen Sichtschutz, wenn auch vom Himmel herab die Hochsommersonne unbarmherzig sengte. Weevil setzte die blanken Füße seines Kollegen vorsichtig wieder auf dem Beton auf, umfasste die schlanken Hüften, um einen möglichen Absturz von der Röhre zu verhindern. Er beugte sich über den Bassisten, studierte die blassen, von einem feuchten Schimmer benetzten Züge, die ausgebreiteten, seidig-schwarzen Haarfluten, die helle, nackte Haut. »Das ist nun wirklich eine gemeine Versuchung«, seufzte der Rhythm Gitarrist innerlich. Wirbelte dann den eigenen Kopf energisch hin und her, als könne er aufkeimende Phantasien abschütteln. Die giftgrünen Antennenzöpfe verquirlten die stehende Luft. "Hey", raunte Weevil sanft, "wollen wir nicht zurückgehen?" Er konnte nicht ermessen, ob Flea ihn ansah. Die blickdichten Gläser der Sonnenbrille schlossen ihn aus. "Wir können zusammen duschen", lockte der Rhythm Gitarrist unverdrossen weiter, "ich ziehe uns auch danach am Automaten Wassereis, ja?" Flea stemmte sich mit einiger Vorsicht auf die Ellenbogen, die Miene noch immer betont ausdruckslos. »Schön, die Folter geht also weiter. Du spielst mit mir, köderst mich... und dann weist du mich wieder ab... ist doch richtig, oder? Nicht wahr?!«, resignierte er stumm. Er ließ zu, dass Weevil ihn von der Betonröhre zog, einen Arm um seine Schultern legte und ihn vertraulich plappernd durch die Straßen führte. Was kümmerte ihn, dass der Mantel noch immer in Höhe seiner Ellbogen hing, beinahe über den Boden schleifte?! Dass er wie ein Verrückter wirken musste in seinem Aufzug mit der Schürze?! »Nun, im Vergleich zu Weevil sieht doch jeder zivil aus«, tröstete eine boshafte Stimme in seinem Inneren. Doch Flea registrierte, dass er den Aufzug seines Kollegen nicht sonderlich bemerkenswert fand. Es war eben Weevil, Punkt. Der natürlich hier und da noch Halt machen musste, ein Sodawasser aus einem Automaten flipperte, einen angeleinten Hund kraulte, eine abgelegte Zeitung studierte und aus ihr vorlas. Flea glühte vor Hitze, als er mit großer Mühe die Leiter in das abkühlende Innere seines Bunkers hinabkletterte. Jetzt war er mehr als willig, unter der Dusche in sich zusammenzusinken und sich nicht mehr zu rühren. "Warte, ich komme mit!" Schon flogen Weevils Kleiderstücke ungeniert umher, landeten flatternd, bevor sich der Mann mit dem giftgrünen Schopf zu Flea gesellte. Vor diesem auf die Knie ging, behutsam einen Fuß auf seine Oberschenkel bettete und mit der Handbrause der schmutzigen Verkrustung zu Leibe rückte. Ebenso geschickt massierte er den sorgsam gereinigten Fußballen, spielte mit den Zehen. Flea, der sich rücklings auf den Fliesen ausgestreckt hatte, unterdrückte ein Seufzen. "Das ist Folter", flüsterte er kaum verständlich, entzog seine Füße aber nicht. Er spürte, mit geschlossenen Augen, wie ein Finger über seinem Brustkorb kreiste, dann nahm der Bassist einen leichten, jedoch ungewohnten Geruch wahr. Blinzelnd schlug er die Augen auf. "Was...?!" Ruckartig kämpfte er sich auf die Ellenbögen, um seinen Brustkorb zu betrachten, auf dem Weevil mit Hingabe und Fingerfarben malte. "Cool, nicht? Lebensmittelecht und abwaschbar!", verkündete der Nachwuchs-Künstler begeistert, tupfte eine weitere knuffig-runde Wolke unter Fleas Rippenbogen. Dieser kam nun wirklich in die Senkrechte, starrte an sich hinunter, wo rote Herzen mit grünen Kleeblättern, rosa Häschen (freundlich!), blauen Puschelwolken und einer Wolke gelber Schmetterlinge wetteiferten. "Was tust du da?", erkundigte sich Flea, schwankend zwischen Resignation und Unglauben. »Erst drapiert er mich lasziv auf einer Betonröhre, lutscht an meinen Zehen und nun planscht er hier mit Farben herum?!« "Malen", beantwortete Weevil die Frage aufrichtig, dippte einen Finger in den grünen Farbtopf, um mit seinem Werk fortzufahren. "Und dann?" Flea traute seinen eigenen Ohren nicht. Stellte er wirklich diese Frage so langmütig und betäubt?! "Oh", der Rhythm Gitarrist lächelte sonnig, "keine Sorge, das wäscht sich wieder ab! Da, magst du auch mal?", eine großzügige Geste lud zur Teilnahme ein. Flea studierte die dunklen Augen seines Gegenüber eindringlich. Er war sich nicht wirklich sicher, ob Weevil lediglich einen harmlosen, albernen Zeitvertreib vorschlug, oder... »Ob er nicht doch viel klüger ist, als ich annehme!«, formulierte der Bassist einen beunruhigenden Schluss. Mit gespreizten Beinen richtete er sich hoch auf, tippte alle Fingerspitzen in sämtliche verfügbaren Farbtöpfe und bestrich den Oberkörper seines Freundes mit langen Schwüngen. "Abstrakte Kunst?", mutmaßte Weevil, wedelte einige vorwitzige Zopfantennen auf seinen Rücken. Was nicht sonderlich viel nutzte, denn Flea rückte so nahe heran, dass er förmlich die Knie mit Weevils Achselhöhlen bedecken konnte und streichelte mit den Fingern jede erreichbare Stelle. Er fühlte sich seltsam linkisch dabei, konnte sich nicht erinnern, wann er sich zum letzten Mal die Mühe gemacht hatte, einen anderen ...zu liebkosen. Flea hielt inne, als sich die Worte in seinem Kopf manifestierten. In der Tat, er "liebkoste" seinen Kollegen. Jeder Kontakt war mehr als eine zweckorientierte Berührung, damit die notwendige Spannung erzeugt wurde, um intim zu werden. Und mit wachsender Sicherheit bewies diese Beschäftigung, das immer wildere Farbgemisch auf der warmen Haut, eine ungeahnte Sogwirkung, verschlang Fleas Bewusstsein in ihrem bunten Wirbel. Aber auch der Rhythm Gitarrist zögerte nicht, seine darstellende Kunst zu vernachlässigen und sich bisher unbefleckten Partien zuzuwenden. Zärtlich streifte er Schlüsselbeine und Hals, über Kiefer, Wangen und Schläfen, kämmte Farbe in das lange Haare, bevor er hauchfeine Küsse verteilte. Auf die schimmernden Augenlider, die dichten Wimpern, die feinen, willensstarken Augenbrauen, die elegante Nase, den Schwung der Wangen, die winzigen Haarwirbel an den Schläfen... Wie ein milder Regen linder Liebesbekundungen betupfte er das geliebte Gesicht. Flea stellte unterdessen seine künstlerischen Ambitionen hintan, verharrte unentschlossen im fragilen Nebel der Aufmerksamkeiten. Spürte Weevil wohl, dass ihm das Herz bis in die Kehle hochschlug?! Die pochenden Adern mit ihrem hochfrequenten Schlag?! Auch der Rhythm Gitarrist hielt inne, beide Handflächen wie Blütenblätter um Fleas Gesicht gebogen, sein Atem eine glühende Brise auf feucht-warmer Haut. Der Bassist starrte schutzlos in die Augen seines Kollegen, fühlte sich auf einschüchternde Weise "nackt". Entblößt und ohne irgendeine Wehr. »Wie lächerlich!«, schnaubte eine schrille, misstönende Stimme hämisch in seinem Hinterkopf, »wie oft hast du es mit ihm...« Doch sie wurde abgeschnitten. Von Weevil, der sich nur ein Quäntchen annäherte und Flea sanft auf die leicht geöffneten Lippen küsste. ~?~ Keiner der kämpferischen, leidenschaftlichen, prahlenden Hollywood-Küsse schloss sich diesem ersten Kuss an. Jeder weitere blieb ebenso zärtlich, behutsam und warm wie der Vorgänger, so leicht und sicher wie die Handflächen um Fleas Gesicht. Die Erzählungen von Schmetterlingsschwärmen: Flea hatte sie niemals geglaubt, sondern explodierende Hormone und chemisch berauschte Synapsen dafür verantwortlich gemacht. Vielleicht waren sie das auch.... aber in diesen Augenblicken spielte die "Wahrheit" keine Rolle. Sein Herz kletterte noch höher, eine unbekannte, verschmuste, schelmische Wärme invahierte seinen Leib, Knochen für Knochen, breitete sich aus und nistete sich ein. Zauberte ein unwillkürlich hingerissenes Lächeln auf seine Züge, hieß Knie und Ellbogen zittern, die Fingerspitzen beben, die sich nicht wagten, auf den Schultern des Freundes notzulanden. Der Bassist keuchte schließlich, blinzelte Schwindel hinfort und war dankbar, bereits auf dem Boden zu sitzen, sonst wäre er nach seiner Vermutung sicher in die weichen Knie gebrochen. Weevil lächelte noch immer, auf eine verwandelte Weise, erwachsener, ernsthafter und zielstrebiger. Streichelte sanft mit den bunten Fingerspitzen über Fleas Wangen, tupfte mit weichen Lippen Küsse auf die Nasenspitze, glitt mit der Zunge neckend den Schwung der Mundpartie nach. Ein unerwartetes, mächtiges Zittern raste durch den schlanken Körper des Bassisten. Hastig wandte Flea den Kopf ab, verbarg seine Stirn in Weevils Halsbeuge. Dieser schlang versichernd die Arme um den gebeugten Rücken seines Freundes, wiegte ihn sanft und streichelte beruhigend über die bebenden Glieder. Flea ballte zornig und hilflos die Fäuste, presste die Lippen zusammen. Was geschah ihm hier?! Woher kam diese Schwäche?! Weevil drückte warme Küsse auf Fleas Schopf, wischte lange Strähnen auf den Rücken des Bassisten, um in das ihm zugewandte Ohr besänftigend zu summen. Sie verharrten eine geraume Weile ineinander verschlungen, lauschten auf ihre Herzschläge und Atemzüge. Der Rhythm Gitarrist wartete geduldig ab, bis sein Freund ruhig in seinen Armen lehnte, sich entspannt hatte. Er raunte leise in Fleas Ohr. "Wollen wir nun duschen?", küsste das Ohrläppchen liebevoll. "Mhmmm", brummte der Bassist nachdenklich, assistierte dann, die jeweiligen Glieder auseinander zu sortieren und ließ sich auf die Beine helfen. Ohne Anstoß zu nehmen folgte er Weevil an dessen Hand unter die festmontierte Brause, lehnte sich an die gekachelte Wand. Weevil summte animiert vor sich hin, während er Duschgel auswählte und einen grobzinkigen Kamm akquirierte. Er wandte sich um, streckte die Hand aus, um Strähnen aus Fleas Gesicht zu streichen. Mit der anderen Hand parkte er Kamm und Duschgel auf einer Ablage, die auf eine Kachel montiert worden war, baute sich direkt vor Flea auf, sodass sich ihr Atem zwischen beiden Körpern fing. Der Rhythm Gitarrist testete die Temperatur der Handbrause, bevor er mit der freien Hand beide Arme des Bassisten nacheinander um seinen Nacken drapierte. In dieser intimen Distanz begann Weevil, langsam mit der Handbrause von Fleas Handgelenken abwärts die Haut zu besprühen. Um ihre Füße bildeten sich bunte Schlieren im ablaufenden Wasser, gurgelten behäbig in den Bodenabfluss. Sobald jede Strähne feucht war, jedes Fleckchen Haut einen nassen Schimmer aufwies, angelte sich Weevil das Duschgel heran, schäumte es zwischen den Handflächen auf. Sanft ließ er die schwarzen Strähnen seines Freundes durch den Schaum gleiten, streichelte dann zärtlich über Fleas Kopf, um auch dort einen seifigen Schimmer zu hinterlassen. Ein wenig mehr Schaum, und Weevil streifte nun über die glänzende, beperlte Haut, vermischte bunte Farbrückstände mit dem schillernden Seifenfilm, streichelte warm über die helle Haut, die Sehnen und mageren Muskeln. Dann ließ er sich langsam vor Flea auf die Knie hinab, um Unterleib und Beine sorgsam einzuschäumen. Die Hände des Bassisten folgten seiner Bewegung, ruhten auf seinen Schultern, während Fleas Augenlider sich schlossen, er den Kopf senkte, um sich hinter seinen nassen Haaren zu verbergen. "Okay", wisperte Weevil leise, legte den Kopf in den Nacken, "dreh dich bitte, ja?" Für einen Moment schien es, als wolle Flea sich diesem Ersuchen verweigern, dann, langsam, beinahe ungeschickt, drehte er sich um die eigene Achse, wandte sich der Kachelwand zu. Presste Handflächen und Unterarme bis zu den Ellenbogen gegen die weiße Fläche. Der Rhythm Gitarrist legte eine Hand auf Fleas Hüfte, um sich leichter vom Boden aufzurappeln, wanderte dann mit der Handfläche auf dessen verlängertes Rückgrat und ließ sie wärmend dort ruhen. Die freie Hand tröpfelte Duschgel in die Kuhlen der Schlüsselbeine, damit Weevil auch mit einer Hand seine Arbeit fortsetzen konnte. Sorgfältig arbeitete er sich von den hervorstehenden Schulterblättern hinunter bis zu den mageren Pobacken. Auch hier ging er behutsam vor, massierte kurz und hauchte jeweils einen vorwitzigen Kuss auf eine Sitzhälfte. Lächelnd wischte Weevil über die schlanken Beine, kitzelte die Knöchel, bevor er sich mit einem übertriebenen Ächzen in die Höhe stemmte. Um ihre Füße trudelte noch immer ein Kaleidoskop der Fingerfarben. Weevil wartete geduldig. Sammelte schließlich den Kamm aus der Ablage, um jede einzelne Strähne wieder auf den Rücken von Flea zu befördern, sie aufzufächern und zu glätten. Dieser lehnte noch immer leicht vorgebeugt an der Kachelwand, die Schultern ein wenig hochgezogen, als friere ihn. Mit einem neckenden Kuss auf eine nackte Schulter brachte sich Weevil in Erinnerung. "Ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen", schnurrte er schelmisch. Aber Flea zögerte immer noch, und der Rhythm Gitarrist konnte dies durchaus verstehen. Spielerisch drehte er eine feuchte Strähne um einen Finger, zeichnete gleichzeitig ein herzförmiges Doodle auf Fleas rechtes Schulterblatt. Dieser straffte sich, blickte langsam über seine Schulter, nahm dann prüfend Weevils ins Visier. Sehr langsam wandte sich der Bassist nun herum, lehnte sich rücklings gegen die kühlende Kachelwand. Er streckte eine Hand aus, nahm die ihm bereitwillig dargebotene des Rhythm Gitarristen, um sie sich auf die Schulter zu legen, die zweite ebenso zu platzieren. Flea hielt sich nicht damit auf, die Temperatur zu erproben oder sich langsam vorzuarbeiten. Er taufte Weevil mit einem Tropfenschleier, zerstrubbelte den giftgrünen Pelz und blinzelte, als ihn ein feiner Regen bespritzte. Nun hieß es, mit dem Duschgel fortzufahren... und Weevil konnte an der konzentrierten Miene seines Kollegen ablesen, dass Flea sich für diese Aufgabe sammeln musste. Obwohl sie einander bereits eine ganze Weile kannten, miteinander schliefen. »Aber das hier ist etwas anderes, nicht, Mamoru?«, lächelte der Rhythm-Gitarrist zurückhaltend. Und in der Tat, zunächst glitten nur Fingerspitzen sehr vorsichtig über Weevils Torso, zeichneten seifige Spuren in die ohnehin in Mitleidenschaft gezogenen Farbmuster. Der Bassist fokussierte seine Aufmerksamkeit auf seine Finger, Details, um nicht in das Gesicht seines Bandkollegen sehen zu müssen, sich in einem unbekannten Gefühl zu verlieren. Wie hatte er vergessen können, dass der Rhythm Gitarrist so muskulös und sehnig war? Flea zögerte, versuchte, tief durchzuatmen, sich zu beruhigen, schließlich hatte Weevil es doch auch geschafft! Dessen Hände nun sanft von Fleas Schultern glitten, den Armen bis zu ihrem Handgelenk locker folgten. Er fasste sie behutsam, lenkte sie dann flächig über seinen Brustkorb, ließ sie kreisen, bis Flea erneut zu zittern begann, sich verspannte. Der Rhythm Gitarrist beugte sich vor, um die marginale Distanz zu überbrücken, hauchte einen Kuss auf Fleas Stirn, bevor er ihn in seine Arme zog, einfach warm festhielt. Sie standen eine Weile nur Arm in Arm, während Seifenschaum und Tropfen an ihrer Haut abperlten. Dann aktivierte Weevil die feste Brause über ihren Köpfen. Der Schauer erwies sich beim ersten Kontakt als erfrischend kühl, dann wärmte die aufsteigende Körpertemperatur der beiden Männer die Atmosphäre auf, hüllte sie in einen feinen Kondensschleier. ~?~ Flea lag auf seinem Futon, die Arme untergeschlagen unter seinem Kinn, die langen Haare offen auf seinem Rücken ausgebreitet, damit sie trocknen konnten. Er hörte Weevil, der umherging, sich frottierte, ihn befragte, was er essen wolle, mit seinen vereinzelten Zopfantennen kämpfte. Und sich endlich für eine seiner geliebten Bermudas entschied. "Willst du nichts anziehen?", erkundigte sich der Rhythm Gitarrist fürsorglich, streifte ein dünnes Laken bis über Fleas Hüften, streichelte behutsam über den schwarzen seidigen Schopf. Aber er wartete nicht auf eine Antwort, sondern wuselte weiter umher, stets geschäftig. Widerstrebend setzte sich Flea auf, verfolgte das emsige Treiben seines Mitbewohners. Der sich ihm nun zuwandte, aufmunternd lächelte, während er mit einem besonders widerborstigen Zopf am Oberkopf kämpfte. "Ja?", zwinkerte der Rhythm Gitarrist aufmerksam. Flea ließ den dichten Haarvorhang über eine Schulter gleiten, murmelte kaum hörbar die Aufforderung. "Komm her." Arrangierte ablenkend das Laken auf seinem Schoß. Weevil baute sich direkt vor dem aufgebockten Futon auf, blickte erwartungsvoll hoch. Zunächst ergriff Flea die Gelegenheit des ungebührlichen Zopfes, nahm die langen, giftgrünen Strähnen aus Weevils Händen, um mit Geschick einen glatten, schlanken Strang daraus zu winden. Nun, da seine Hände sich bereits auf dem grellen Schopf befanden, konnten sie auch leichthin über die Wangen hinuntergleiten, auf den Schultern eine Rast einlegen. Der Rhythm Gitarrist assistierte nachsichtig, indem er seine Hände um Fleas Hüften schmuggelte, den Kollegen Millimeter um Millimeter näher an sich heran beförderte. Den Kopf zu recken, sich rasch auf die Zehenspitzen zu stemmen, um einen wagemutigen Kuss auf die Lippen des Bassisten abzusetzen, kostete Weevil nicht einmal einen Wimpernschlag. Ebenso wenig wie die gleitende Bewegung auf dem Laken abzubremsen, mit der er Flea an sich heran vom Futon zog, diesen gleichzeitig liebevoll küsste. Ihn hautnah an sich zu ziehen, das aufsteigende Zittern zu kompensieren, durch seine Nähe und die nonverbale Versicherung, dass Flea nichts zu fürchten habe. Der Bassist erschauerte, verwünschte machtlos den "Pudding" in seinen Knien, ein Phänomen, das er bisher in das Reich der Fabeln verwiesen hatte. »Und dabei macht er noch nicht mal was...«, stöhnte es ungläubig in seinem Hinterkopf. Tatsächlich hauchte und tupfte ein warmer, freundlicher Mund neckend-zärtliche Küsse, drängte sich nicht auf, invahierte nicht mit gelenkiger Zunge oder preschte mit Leidenschaft vor, um im Sturm jede Gegenwehr zu überrennen. Nichts dergleichen, obwohl Flea wusste, dass sein Kollege dieses Repertoire durchaus beherrschte. »Er setzt es nur nicht ein. Warum? Ekelt er sich vor mir... nach dem Film?«, spekulierte es dumpf in dem aufwühlenden Chaos von Ratlosigkeit, das den Bassisten erfüllte. »Das kann nicht sein, dass er mich mit läppischen Blümchen-Küssen in die Knie zwingt!«, protestierte trotziger, abwehrender Widerstand. Die Realität entwickelte sich jedoch genau wie befürchtet: Fleas Knie gaben nach, das Flattern in seinem Unterleib löste das Laken von seinen Hüften. Adrenalin vermischte sich mit Panik zu einer hochdosierten Droge. Flea presste die Hände gegen die Schultern seines Kollegen, wollte dem Fluchtimpuls nachgeben, sich aus der Nähe befreien, die ihn ohne Gegenwehr für jede Berührung empfänglich machte. "Schsch", summte Weevil an seiner Schläfe, die Arme unter Fleas Achseln geschlungen, um den schwankenden Stand seines Freundes auszubalancieren. "Spiel nicht mit mir!", entrang sich Flea ein gequälter Aufschrei. Dann zog er, über sich selbst erschrocken, die Schultern hoch, wandte den Kopf ab. Weevil ließ nicht locker, lehnte die Stirn an die ihm zugewandte Schädelseite seines Kollegen und atmete tief den Geruch ein, der für ihn die Essenz seines Freundes darstellte. "Was wünschst du dir?", raunte er leise in die seidig-schwarze Mähne, die sie trennte, hielt Flea eng umschlungen. Diesen drückte die harte Matratzenkonstruktion in Höhe seiner Schultern, gleichzeitig verbrannte er förmlich in der Hitze, die der Rhythm Gitarrist ausstrahlte. Was wünschte er sich?! »Dass es ein Ende hat... diese Ungewissheit, das elendige Schwanken zwischen Mut und Selbstverleugnung.« Er spürte, wie Weevil einen Arm löste, eine warme Handfläche auf seine Wange legte, den Kopf des Bassisten vorsichtig in seine Blickrichtung drehte. "Was wünschst du dir?", hauchte der Rhythm Gitarrist mit halb gesenkten Lidern nachsichtig auf die bebenden, zusammengepressten Lippen. Flea brachte kein Wort hervor, zu sehr in seinem verzweifelten Drang nach Selbstbeherrschung gefangen. Doch nacheinander verlor sich seine Kontrolle: die Knie zitterten wieder, sein Herz raste besessen gegen die Brust, sein Unterkiefer zuckte unter der Belastung, eine ausdruckslose Miene zu wahren. Weevil lächelte liebevoll. Weniger als ein letztes, trotziges Aufgebot hatte er nicht erwartet. Nun jedoch war es an der Zeit, Farbe zu bekennen. Er senkte die Lider vollends herab, kippte den Kopf in einen angenehmeren Winkel und küsste Flea erneut, tippte mit der Zungenspitze sanft auf die bebenden Lippen, bis ihm mit einem Ächzen nach Sauerstoff der Eintritt gewährt wurde. ~?~ Ein Kuss war nur ein Kuss, das wusste der Bassist selbstredend, und mehr als Küssen taten sie augenblicklich nicht. Doch er glaubte, sein Herz müsse zerspringen. Ein gewalttätiger Wirbel von Emotionen, Aufregung, Hingabe, Leidenschaft, Lust und Begehren schleuderte jede Ratio, aber auch jede Befangenheit hinaus. Ein paar kraftvolle, muskulöse Arme boten den Anker in diesem Universum, ein warmer Leib schmiegte sich schützend gegen die Kälte des Zweifels an Fleas Körper. Während sein Gesicht, zuvorderst aber seine Lippen zu einem ekstatischen, nicht enden wollenden Reigen aufgefordert wurden. »Sturmreif geküsst«, war eine Redewendung, die sich dem Bassisten zum ersten Mal bewies. Da war kein Raum mehr für lockende, spielerische Tändeleien, nein, mit jeder Faser, mit jedem rasenden Herzschlag konnte Flea spüren, dass es Weevil ernst war. Und zum ersten Mal fürchtete sich der Bassist davor, es möge enden... in einer kurzen Triebbefriedigung. ~?~ Ihr Engagement zeigte, wie zu erwarten war, Wirkung. Weevil keuchte leise in seinen Küssen, leckte Speichelspuren aus Mundwinkeln und wünschte sich, die Bermudas wäre noch weiter geschnitten. Bevor sich ihm das Blut an einer kapitalen Stelle einschnürte! Schwindlig vor Verlangen legte er die Stirn gegen die seines Kollegen, hechelte hilflos. Von diesem Punkt an gab es keinen Plan mehr oder eine Strategie, die er verfolgen konnte. Fleas Hände glitten zögernd über seine Seiten, stationierten sich kurz auf den Hüften, bevor sie zwischen die von Atemstößen bebenden Körper krochen und hastig die Kordel lösten, die den bunten Stoff in Position hielt. Dieser sackte, von einem vorstehenden Hindernis leicht gebremst, auf die Knöchel des Rhythm Gitarristen, der ungelenk aus dem gefallenen Textil stieg, nun noch näher an Flea lehnte. Mit jedem Atemzug schmiegte sich nun ganzflächig ein Torso an den anderen an, trennte sich für schmerzliche Sekunden, bis ein hastiges Luftholen sie wieder zusammenbrachte. Der Bassist hob den Blick, ein wenig verschleiert, glitt ziellos über die geröteten Wangen seines Kollegen, blinzelte in die froschgrünen Kontaktlinsen. »Er sieht so verändert aus... so erwachsen... männlich...« Ja, der überwältigende Eindruck war der eines starken, entschlossenen und virilen, jungen Mannes, nicht mehr der eines bunten Hofnarren der Band. Flea öffnete unwillkürlich den Mund, als könne er sein Erstaunen über die veränderte Wahrnehmung in Worte fassen, doch es blieb bei einem unerwartet sonoren Stöhnen. »Er darf mich nicht zurückweisen!«, funkte es hektisch in seinem Kopf, »ich ertrage es nicht, wenn er...« Weevil nutzte die Wimpernschläge der Ratlosigkeit, senkte die Arme geschwind auf die schlanken Hüften, hielt diese fest, federte aus den Knien hoch und beförderte Flea mit ausgezirkeltem Schwung auf den aufgebockten Futon. Er selbst setzte mit einem energiegeladenen Sprung nach, kauerte auf allen Vieren über seinem ausgestreckten Freund. »Und... Action!« ~?~ Ewigkeiten schienen zu verstreichen, in denen Weevil einfach über ihm kauerte, die mit grünen Kontaktlinsen geschärften Augen über seine nackte Gestalt wanderten. Flea spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss, seine Hände zuckten, sich bedecken wollte. Das war ihm nun wirklich noch nie zuvor passiert! Narben und schwerer Silberschmuck woben eine unsichtbare Rüstung, die er jedem ins Gesicht schleudern konnte, doch nun fühlte er sich... entblößt. Weevil lächelte auf eine konzentrierte, selbstsichere Weise, die nichts mehr mit der gewohnt überschwänglichen Freude gemeinsam hatte, die sonst seinem breiten Grinsen ein Markenzeichen verpasste. Langsam ließ er sich auf die Fersen sinken, noch immer über dem Bassisten hockend, allein eine Aura von Körperwärme ausstrahlend. Behutsam fasste er eine Hand, hob sie an seine Lippen, küsste den Handrücken, die Fingerspitzen, jede einzelne Kuppe, bevor er über die Nägel leckte, die dünne Haut unter den Ringen mit seinem Speichel befeuchtete. Ring um Ring wurde entfernt, bis eine schmale, von ihrer Profession gezeichnete Hand zurückblieb. Der Rhythm Gitarrist dekorierte sie sanft unterhalb einer Brust, bevor er auch Fleas andere Hand von ihrer silbernen Zier befreite. Dann beugte er sich weit vor, knickte die aufgestützten Arme nach außen, tupfte geduldige Küsse auf das rosige Gesicht seines Kameraden, wählte dann ein Ohr, um auch hier jeglichen Schmuck abzuschmeicheln. Systematisch, mit großer Ruhe und ohne Worte zu verlieren, arbeitete sich der Mann mit den giftgrünen Antennenzöpfen Richtung Äquator, entfernte Ketten, weitere Ringe, Stecker und Armbänder. Über Fleas sich rasch hebender Bauchdecke hielt Weevil inne. Der Ring, der oberhalb des Bauchnabels die helle Haut durchstach, lenkte von einer weiteren Narbe ab und bot die letzte Abwehrbastion auf. Behutsam blies er seinen fiebrigen Atem auf die weiche Haut, kreiselte mit der Zunge unentschlossen um das Schmuckstück. Aus den Augenwinkeln registrierte der Rhythm-Gitarrist, wie sich die Finger des Kollegen tiefer in die Matratze gruben, das Laken zusammenrafften. Er legte die Lippen auf die erwärmte Haut, spürte einen schnellen Pulsschlag und spielte mit dem Ring, ließ die Zungenspitze hindurchgleiten, zupfte und saugte neckend. Flea stöhnte, zog reflexartig die Beine an, zitterte heftig, als sich der Rhythm Gitarrist aufrichtete. Der Ring würde bleiben. ~?~ Flea verwünschte das Wasser, das ihm aus den Augen lief, hervorgerufen durch stetes Blinzeln, die Anstrengung, still zu bleiben, verklebte Wimpern, die sich ineinander verhakten. Weevil hatte sich zwischen seinen aufgestellten Beinen eingerichtet, borstige Antennenschwänze kitzelten über die nackte Haut des Bassisten, während warme Handflächen über seine zuckenden Oberschenkel auf und nieder glitten. Er hatte immer die Regie übernommen, das Tempo vorgegeben, und nun... wand er sich in spasmischen Muskelkontraktionen unter Weevil, wusste nicht, was und wie er sich einbringen sollte! Wenn er Laken und Matratze aus seinem Griff ließe, würde er den letzten Halt verlieren. Ohnehin bäumte sich sein von Lust gezeichneter Leib dem Rhythm Gitarristen entgegen, wollte verschlungen und besessen werden. Von Beherrschung konnte keine Rede sein, und im Gegensatz zu seiner gewohnten Manier gab es keine mentale oder emotionale Brandmauer, die ihn vom verzehrenden Feuer in seinem Leib abschirmte. Er hatte, -wie lächerlich!-, Angst vor dem nächsten Kontakt, gleichzeitig schrie jede Faser in ihm danach, noch intensiver, noch näher, noch fiebriger gehalten und liebkost zu werden. In einen Rausch zu versinken, sich einfach fallen zu lassen, keine Gedanken mehr zu verschwenden. Ginge es um Macht, so wäre er vollkommen machtlos, wäre es ein Wettstreit, so hätte er bereits seine Unterlegenheit dargeboten... aber dieses Mal verhielt es sich ganz anders. Es spielte keine Rolle mehr, wie er auf Weevil wirken mochte, ob er schwach oder albern anzusehen war, wie lange er auf eine Erlösung zu warten vermochte: er hatte sich verliebt und war aller Gewissheiten verlustig gegangen. ~?~ Der RhythmGitarrist lächelte erhitzt auf seinen Freund hinunter, streichelte beiläufig lange Strähnen aus dem rosig überhauchten Gesicht, nahm feuchte Spuren von Augenwinkeln und Wangen mit der Zunge auf. Er studierte die zusammengekniffenen Augen, die nahezu pfeifenden Atemzüge, den Kampf, der zwischen der Sehnsucht nach Nähe und trotzigem Stolz ausgefochten wurde. Sanft legte er eine Hand um die pulsierende Erektion, kreiselte mit der Daumenspitze über ihren hochsensiblen Kopf, während er eine behutsame Massage aufnahm. Flea zuckte und stöhnte guttural, warf den Kopf von der einen auf die andere Seite, hilflos, ausgeliefert. Weevil beugte sich hinab, küsste die speichelfeuchten Lippen intim, imitierte seine Massage unter dem Äquator. Einmal nur wollte er ohne die zupackenden, zielgerichteten Handhabungen seines Freundes vom Anfang bis zum Ende beweisen, was ER unter "Liebe machen" verstand. Auch wenn es sich als gar nicht so einfach erwies, die erzeugte Spannung und erotische Atmosphäre zu halten, wenn er mit der freien Hand um Herrschaft über die Schutzvorkehrungen kämpfte. Da half Ablenkung, flaches Atmen und das Spiel mit dem Ring im Bauchnabel, während er selbst eilig die eigene Erektion verpackte, eine Tube entkapselte und dankbar für die winzige Schublade im Bettrahmen war. Ohne Flea quälen zu wollen, dehnte der Rhythm Gitarrist die Zeit ins Unendliche, streichelte hier, massierte dort, bestrich den rektalen Eingang in den sich windenden Leib mit einer Creme. Das initiierende Zucken verklang ohne Echo, nicht einmal die Augenlider hoben sich, was nicht verwunderlich war, denn der Bassist bewegte sich bereits nahe an der Ekstase. Weevil hob das Becken seines Kollegen auf den eigenen Schoß, streichelte die gespreizten Sehnen an der Innenseite der Oberschenkel und konzentrierte sich mit fliegendem Atem darauf, langsam in Flea einzudringen. Dieser krallte sich förmlich in die Matratze, zuckte und wand sich, stieß heisere Laute aus, bis Weevil sein Ziel erreicht hatte, bis zum Ansatz in der heißen, erstickenden Enge eingeführt war. Die Arme, auf der Matratze aufgestützt, zitterten ihm wie Espenlaub, sodass der Rhythm Gitarrist mit geschlossenen Augen mehrfach tief Luft schöpfte. Diese minimale Bewegung reichte bereits aus, Flea gutturales Stöhnen zu entlocken, die Schulterblätter zusammenzuziehen und sich mit in den Nacken gelegten Kopf aufzubäumen. Weevil beugte sich hinunter, verlagerte sein Gewicht auf einen Unterarm, während er die freie Hand um Fleas Erektion legte. Er verzichtete auf großspurige, heftige Stoßbewegungen, nahm ein bescheidenes, kreiselndes Momentum auf, kombiniert mit seinen beschleunigten Atemzügen. Der Bassist sprühte Speichel mit jedem Laut, der sich heiser seiner Kehle entrang, umklammerte Weevil mit Armen und Beinen. Wie ein gewaltiger, einzelner Muskel durchzogen ihn Erschütterungen in unregelmäßigen Abständen, aber mit einer solchen Gewalt, dass Flea bald die Waffen strecken musste. Mit einem matten Seufzer in einem letzten, ekstatischen Aufbäumen ohne Bewusstsein auf die Matratze sank. ~?~ Für einen Wimpernschlag erstarrte der Rhythm Gitarrist, als ihn das reglose Gewicht seines Freundes auf das Laken zog. Dann fasste er sich und betrieb ohne Hast seine eigene Befriedigung, die nicht lange auf sich warten ließ. Keuchend, von einem feuchten Film der Transpiration überzogen, kauerte er über seinem Kollegen, löste sich aus ihrer intimen Verbindung. Nicht einmal eine Hand konnte er freimachen, um Strähnen aus dem Gesicht des Bassisten zu kämmen, so schwach und mitgenommen fühlte er sich. Und gleichzeitig von einer euphorischen Energie durchdrungen, die alles möglich werden ließ. Ungelenk ließ Weevil sich vom aufgebockten Futon herab, wechselte, sich an den Wänden abstützend, in das Badezimmer, um einen Lappen zu befeuchten und sich ein Handtuch über eine Schulter zu hängen. Im zweiten Anlauf gelang es ihm, auf den Futon zu krabbeln, zu Flea hinüber zu robben und langsam die Spuren ihres Beischlafs zu tilgen. Das erhitzte Gesicht seines Freundes abzukühlen, die Haut trockenzureiben. Reflexe, die einsetzten, verrieten ihm, dass Flea wieder in diese Welt zurückkehrte. Dann öffneten sich die schwarzen Augen, zunächst verhangen und von Feuchtigkeit verschleiert, schließlich klar... und verängstigt. Flea zog die Knie vor die Brust, presste das Gesicht in ein zerwühltes Kissen, versuchte, ein aufsteigendes Schluchzen ebenso zu unterdrücken wie das Beben seiner Glieder. Weevil schmiegte sich an den verkrümmten Rücken, breitete eine dünne Decke über ihnen aus, schlang die Arme um das kompakte Paket seines Kollegen. Er wartete, ob das Erschrecken sich in Wut verwandeln würde oder gar Aggression, Fleas üblichem Schutzmechanismus. Doch nichts geschah, die Fäuste blieben vor den Mund gezogen, um jeden verräterischen Laut zu dämpfen. Weevil streichelte unbeeindruckt über die nackten Glieder, schob das Gesicht in die seidige Haarpracht und atmete tief aus. Bald würde der Schlaf sie einholen und der Schreck verklingen. ~?~ Flea verwünschte das vermaledeite Zittern seines ungebärdigen Körpers, die widerlichen Tränen, die einfach nicht versiegen wollten. Und Weevils verdammtes Verständnis, der wie eine große Heizdecke um ihn geschlungen friedlich vor sich hin schlummerte. »Das gibt es einfach nicht!!«, dröhnte eine zornige Stimme im Hinterkopf des Bassisten, »das ist ja beileibe nicht dein erstes Mal, warum heulst du?!« »Wenn ich das wüsste!«, giftete Flea zurück, mühte sich, die Verkrampfungen zu lösen, die Glieder zu entfalten und der angebotenen Entspannung nachzugeben. Er fühlte sich zittrig, bange und gleichzeitig erlöst. »Wie konnte mir das geschehen?«, wunderte er sich beruhigter, drehte sich vorsichtig in der Umarmung auf den Rücken, blinzelte, bis sich die verklebten Wimpern voneinander lösten. Alles war auf die Spitze getrieben worden, seine Angst, die Zweifel, die Lust, die Sehnsucht... und deshalb, -vermutlich-, hatte er sich vollkommen verloren in diesem Wellengang der Gefühle. Nun, da er wieder bei Verstand war, schaltete sich seine überkritische Selbstanalyse ungefragt ein... und blieb weitgehend ratlos. Vielleicht war es geschehen, weil er sich verliebt hatte? Oder so verrückt war, noch einmal seinen verlorenen Glauben in einen Menschen zu setzen? Flea wandte sich herum, versetzte Weevil einen behutsamen Schubs, damit er sich auf dessen Brust einrichten konnte, auf die ruhigen Herzschläge lauschen. "Du weißt hoffentlich, was du tust, Kazu", flüsterte er kaum hörbar, "denn sonst bringe ich mich um." ~?~ Weevil erwachte träge aus einem erholsamen Schlaf, räkelte sich eingedenk des Gewichtes auf seinem Leib eher verhalten und rieb sich vorsichtig die Augen. Auf ihm kam Bewegung in das Geschehen, seidige Haarspitzen streiften herausfordernd die nackte Haut des Rhythm Gitarristen, als sich Flea über ihm auf die Hände stemmte, zu ihm heruntersah. Die offenen, schwarzen Haare verdunkelten die Atmosphäre gedämpfter Beleuchtung, kreierten eine Intimität, die nur sie beide verband. "Hi", schmunzelte der Rhythm Gitarrist schelmisch, strahlte ungekünstelt. "Hi", erwiderte der Bassist ernst, die Miene konzentriert, während die schwarzen Augen über Gesicht und Torso des Kollegen wanderten. "Geht es dir gut?", erkundigte sich Weevil gelassen, streichelte mit einer hochgereckten Hand über Haar und Wangen. "Ich... bin nicht sicher", gab Flea zurück, drehte den Kopf weg, setzte sich auf. Auch der Rhythm Bassist richtete sich auf, zog die Beine an und legte zärtlich die Arme um Fleas Schultern. "Sag mir, wie ich dir helfen kann, mh?", raunte Weevil fürsorglich in die schwarze Flut seidiger Haare, allein beglückt durch den Umstand, dass er nicht sogleich mit einem spitzen Ellenbogen zurückgewiesen wurde. Flea starrte in eine undurchdringliche Ferne, verzog die Lippen zu einem bitteren Grinsen. "Willst du mal was Lustiges hören?", wisperte er mit galliger Stimme, warf einen knappen Seitenblick auf seinen Kollegen. Dieser wusste, dass ihm zweifelsohne etwas Unerfreuliches vermittelt werden würde, schmiegte sich enger an die schlanke Gestalt. "Ich weiß, dass ihr mich alle für total versaut und pervers haltet, aber", Flea kehrte ihm den Kopf zu, "außer dem Lehrer gab es nur dich." Ein verächtliches Ächzen schloss sich an, dann starrte der Bassist wieder auf die Wand. Weevil senkte das Kinn auf eine spitze Schulter. "Hmm, das ist echt ein Problem", stellte er gelassen fest, "du führst mit einem Mann. Nimmst du Azubis?! Ich bin praktisch bildbar! Zeig mir alles, ja?!", schon zupfte er eifrig an den ineinander verkrallten Händen des Bassisten. "Nimm mich gefälligst ernst!!", fegte Flea fauchend herum, in den Augen blitzten neben Zorn auch Tränen. Eine Hand lösend streichelte Weevil besänftigend über eine fiebrig glühende Wange, kämmte lange Strähnen auf den Rücken. "Ich nehme dich so ernst, wie ich kann, ohne mir das Herz zu brechen", gab der Rhythm-Gitarrist zurück. "Aber meins, oder wie?!", kämpfte Flea auf verlorenem Posten mit mehr Pathos, als er verspürte, funkelte trotzig in die grünen Kontaktlinsen. "Das will ich nicht", versicherte Weevil leicht verunsichert, "ich will dir nicht wehtun." "Aber das tust du!!", sprang ihn Flea unvermittelt an, umklammerte zwei Antennenzöpfe, "erst schläfst du nicht mit mir, dann doch, dann küsst du mich einfach und immer bist du nett und verständnisvoll und freundlich..." Flea brach ab, weil ihm Tränen über die Wangen liefen, die doch so gar nicht mit seinem gerechten Zorn zu vereinbaren waren. Weevil ersparte ihm größere Schmach, indem er einfach eine Umarmung initiierte, das feuchte Gesicht des Bassisten in seiner Halsbeuge verbarg. "Es könnte daran liegen, dass ich dich liebe, Mamoru", bekannte er mit einem wehmütigen Lächeln, drückte einen Kuss auf den seidigen Schopf. "Ja", Fleas Kopf flog in die Höhe, die glitzernden Augen sprühten Emotionen, "aber wieso tut es MIR weh?! Ich liebe dich und alles wird immer konfuser, während du..." Hochrot angelaufen biss sich der Bassist auf die Zunge und wandte eilig den Kopf ab. Zugegeben, er hatte Weevil nicht gerade zuvorkommend behandelt, aber... der hätte ja auch wegbleiben können, nicht wahr?! »Das hätten sie alle können!«, trotzte es in Fleas gesenktem Kopf. Aber allein der Gedanke, der Rhythm Gitarrist würde weggehen und nicht mehr wiederkommen, löste eisige Schauer aus, die wie Blitze den schlanken Leib durchzuckten. Flea verschränkte die Arme schützend vor der Brust, krümmte sich zusammen. Hände, warm und vertraut, wischten lange Strähnen auf den Rücken, zogen ihn in kraftvolle Arme, wiegten ihn sanft. "Ich denke", verkündete Weevil mit einem leisen Seufzen, "dass es eine gute Sache ist, dass wir uns lieben. Wir müssen uns vielleicht hier und da noch ein wenig zusammenraufen, aber grundsätzlich ist doch alles gut?", suchte er Zustimmung. Der Bassist erstickte ein machtloses Auflachen. Das war so typisch Weevil: naiv, simpel... und doch... er hob den Kopf, studierte das freundliche Gesicht intensiv. Möglicherweise schätzte er den Rhythm Gitarristen erneut falsch ein. Vielleicht war es nicht so kompliziert, wie er annahm. "Wenn du mich liebst", schniefte Flea kritisch, "dann sag mir mal, warum ICH heulen muss, ja?! Das ist so peinlich!" Gedankenvoll zog Weevil die Augenbrauen zusammen, dann leuchtete sein Gesicht im Lichte der Erkenntnis. "Ist ganz einfach", verkündete er konspirativ, "du findest mich absolut scharf. Und bei scharfen Sachen tränen einem die Augen, weiß doch jeder!", schloss er die Beweisführung triumphierend ab. Flea starrte ihn an, schwankend zwischen Indignation und Unglaube. Dann löste sich ein übermütiges Kichern aus seinem Leib, wanderte beschwingt die raue Kehle hoch und drängte ans Tageslicht. Weevil grinste, stimmte in das befreiende Lachen ein, ließ sich dann mit Flea rücklings wieder auf die Matratze sinken. »Jetzt könnte das Happyend eingeblendet werden.« ~?~ Mosquito studierte die handgeschriebenen Zeilen, lauschte zu der Melodie, die sie bereits vor einigen Wochen aufgezeichnet hatten. Um ihn herum herrschte geschäftiges Treiben, die Band wirkte entspannt und eifrig zugleich. Er mochte den drängenden Puls, die aufgestaute Emotion, aber auch die fast narrative Ruhe, die der Refrain eingrenzte. Wenn man bedachte, dass sie eine der größten Krisen seit der Gründung der Band überstanden hatten, konnte er sich wirklich nicht beklagen. Der Bandleader blickte auf, registrierte, wie Bug mit seinen Drumsticks Kunststückchen einübte, während Spider gleichzeitig auf seinem Multiboard spielte und methodisch eine Flasche Wasser nach der nächsten leerte. "Wo sind Flea und Weevil?", erkundigte sich Mosquito, schraubte sich in die Höhe und streifte die anhänglichen Lederhosen wieder ein wenig tiefer. "Wahrscheinlich vor der Spielkonsole", brummte Bug abgelenkt, ließ die Drumsticks beinahe fallen, als die herrische Melodie seines Mobiltelefons einen Kontrollanruf von Hana, seiner Freundin, herausplärrte. "Das musst du aber noch üben", neckte ihn Mosquito mit einem anzüglichen Grinsen, tigerte dann aus dem Probenraum hinaus in die Lounge. Die beiden Sitzkissen vor der Spielkonsole waren verwaist. Und sie erweckten auch nicht den Eindruck, als hätten sie an diesem Tag bereits Gäste zu beherbergen gehabt. Mosquito folgte seiner Intuition, wählte das Treppenhaus, -möglicherweise holten sich beide an den Automaten im Erdgeschoss eine Kleinigkeit-, als ihm eine Spur von Seifenblasen in Auge stach. Oder vielmehr beschwingt vor dem Fenster vorbei trudelte. Also revidierte der Bandleader seine Einschätzung, stieg die Treppen hinauf, bis er das ausgebaute Dach erreichte. Behutsam öffnete er die schwere Tür, die vom Windfang hinaus auf die gekiesten Flächen führte. Wo man mit einigen Bänken, einem hohen Sicherheitsgitter zwischen Antennenanlagen und Aufzugsaufbauten den Versuch einer Gestaltung unternommen hatte. Flea und Weevil standen an der Reling. Die farbenprächtige Yukata wehte um den Rhythm Gitarristen herum, der hinter seinem Kollegen stand, schützend die Arme um diesen auf das Gitter gelegt hatte. Auch Fleas Mantel flatterte, das weinrote Stirnband wehte synchron mit den langen, schwarzen Haaren auf. Die Rücken Mosquito zugewandt konnten sie seine Anwesenheit nicht bemerken, aber der Bandleader hatte auch nicht die Absicht, seine Kollegen aufzustören. Neben den prallen, schillernden Seifenblasen wehten auch Ahnungen einer Unterhaltung zu ihm hinüber, die Fetzen durchsetzt von vertrautem Lachen. Mosquito lächelte, lehnte sich an den Windschutz an. Endlich ein Film, der ihm wirklich zu Herzen ging! ~?~ Moviestar (lyrics: Flea, performed by Hinagiku, courtesy kimera-Eve of pleasure records) You want to be a moviestar Pretty clever, damn sexy as you are You think everything's just made up for you Special brand, delivered with an I.O.U. Who do you think you are? A fucking sexy moviestar?! Who's got control, who writes the script? It isn't you, I bet! There's this lovely setting You wander every day Meeting all those nice people Having fun and joy You think You run the place You make the pace You know the way You win the prize Who do you think you are? A fucking sexy moviestar?! Who's got control, who writes the script? It isn't you, I bet! You're wrong, my dear It's their schedule you're trapped in It's their imagination you're feeding It's their choice you're making It's their game you're playing They got you, my dear Won't leave you, I fear Caught you, my dear Kill you, I swear Who do you think you are? A fucking sexy moviestar?! Who's got control, who writes the script? It isn't you, I bet! Smarten up! Start fighting! Who's life are you living? Take what you need Leave the rest! Wanna be a moviestar? Who do you think you are? Well, make up your mind, take over now All bets are off, ready, steady, action and go! ~?~ ENDE ~?~ Vielen Dank fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Dieser Geschichte gehört zu einem größeren Zyklus und schafft eine freche Verbindung zu meinen Zetsuai/Bronze-FanFictions. Bereits in der Geschichte "Shabon dama/Seifenblasen", die im Bishounencastle spielte, wird Bezug auf den größeren Zyklus genommen, sodass man zum besseren Verständnis zunächst mit ihr beginnen sollte. Wie immer geht es bei den Jungs ganz schön zur Sache, aber Exzentriker machen schließlich die beste Musik, no da ^_~ In diesem Sinne... und Action!