Titel: Ikea-Blues Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original FSK: ab 16 Kategorie: Romantik Erstellt: 03.03.2002 Disclaimer: der Song gehört den zitierten Autoren, Ikea-Eigennamen gehören Ikea, die Challenge Judy-chan, der Rest resultiert aus schmerzvollen eigenen Erfahrungen der letzten Tage *g* Für Ma und den Wombat, danke! [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] [¬] Ikea-Blues "Jem, wir hatten das doch besprochen!" Carters Stimme hörte sich in seinen eigenen Ohren kläglich an, ein um Aufmerksamkeit quengelndes, misstönendes Jaulen. Jeremy, genannt Jem, streckte seine fast 1,90m in Richtung Decke, ließ die Knochen vernehmlich knacken. Bevor er mit elegantem Schwung seine morgendliche Dosis Koffein mit einem entschlossenen Schlürfen hinunterstürzte, unempfänglich für die verbrühende Hitze. "Cutie, ich habe dir gesagt, der Job geht vor", seine Hand fing Carters Kinn ein, der Daumen streichelte nachlässig verstreute Krümel aus dem Mundwinkel. "Es liegt nicht in meiner Macht, den Release-Wechsel zu terminieren." Die Hand löste sich achtlos, Jem richtete den Krawattenknoten und streifte Weste und Sakko im extravagantem Nadelstreif über, wischte seinen lackschwarzen Zopf über diverse Krägen. Carter stemmte sich wütend von seinem Karton hoch, die Hände zu Fäusten geballt, die Halt an seinen Hüften suchten. "Und jetzt willst du einfach so abhauen?! Mich hier mit den ganzen Möbeln und der Arbeit allein lassen?! Mein Job ist also so unbedeutend, dass ich ja immer Urlaub opfern kann, wie?!" Hätte das Gift seiner Worte eine Farbe gehabt, wäre es wohl fluoreszierendes Grün mit Limone und violetten Sprenkeln gewesen, doch Carter verschloss hastig die Augen vor dieser Eingebung, drängte sie zurück. »Immer verlangt er von mir Verständnis und Rücksichtnahme! Und jetzt rechtfertige ich mich schon vor mir selbst!« Jem fischte seinen dicken Wintermantel aus schwerem Wollstoff von einem Umzugskarton, schlüpfte mühelos hinein und wickelte sich einen Seidenschal in gedecktem Paisley-Muster um den Hals. Hinter den runden Gläsern seiner verchromten Brille, die sich attraktiv von seiner gebräunten Haut absetzte, funkelten die kornblumenblauen Augen unwillig. "Cutie, ich habe keine Zeit, mit dir zu diskutieren. Du wolltest alles organisieren und du hast das doch wunderbar hinbekommen." Er beugte sich hinunter auf Carters gerade 1,72m Lebensgröße, um einen flüchtigen Kuss auf dessen fahle Stirn zu hauchen. "Bis heute Abend, Cutie." Carter starrte eine geschlagene Minute auf die Wohnungstür, die an allem vollkommen unbeteiligt war, versengte sie mit zornbebenden Blicken aus seinen braunen Augen. »Er geht einfach. Ich kann es nicht glauben!! Lässt mich einfach hängen!! Na warte!! Dir werde ich es zeigen, ich komme auch prima ohne dich klar!!« [¬] Die Spedition traf gegen elf Uhr ein, lud den Aufzug des Appartementhauses bis an die Belastungsgrenze mit unzähligen Kartonpackstücken voll und verteilte diese nach Gutdünken in ihrer rudimentär ausgestatteten Wohnung. Carter hatte kaum Gelegenheit, diese Praxis zu steuern, da er mit der finanziellen Abwicklung befasst war, was einiges an Papierkram mit sich brachte. Dann leerte sich sein neues Heim schlagartig, man hatte noch einige Zustellungen abzuliefern, und er blieb verlassen in einem schieren Chaos zurück. "Nur die Ruhe", beschwor Carter seine Nerven, zumindest waren alle Paketstücke vollzählig und äußerlich unbeschädigt. Er legte eine CD ein, drehte die Musik auf, die nun angesichts der Menge an neuem Inventar, sei es auch noch zerlegt und kartonverhüllt, nicht mehr kathedralenartig in der Diele schallte. Es schien das Vernünftigste zu sein, zunächst die Lampen auszupacken und zusammenzusetzen. Nachdem Carter sich mit der Ausbeulung des kurvenreichen Handklaver-Papierschirms herumgeschlagen hatte, erklomm er die Leiter und kämpfte mit der Aufhängung. So weit, so gut, befand er, um sich hernach den Standleuchten zuzuwenden, die ihrem kombinierten Wohn-Schlafzimmer Glanz verleihen sollten. Was zwei tiefe, kartonursächliche Schnitte in den Handballen später zu der Erkenntnis gereichte, dass auch das wundervolle Deckenfluter-Leselampen-Duo Jökel nur mit Leuchtmitteln funktionierte, die Carter aber vergeblich in den Kartons suchte. »Richtig... Leuchtmittel extra...«, seufzend und an den Schnitten saugend sackte er inmitten des Verpackungswustes auf die Knie, um dann Sekunden später laut zu niesen. Und dies war erst der Anfang. [¬] Es war bereits 16 Uhr, stockdunkel, und nicht einmal die hübsche, neue Papierlampe konnte Carter einen Funken Trost spenden. Die Wohnung ähnelte den Trümmern eines atomar detonierten Möbellagers. Sorgfältig gestapelte Kartonagen und Plastikhüllen waren ineinander verkeilt und verstreut, gesammelte Schrauben und Dübel über den gesamten, frisch verlegten Teppich ausgerollt. Carter wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, schmeckte das Blut aufgeplatzter Lippen und kämpfte mit rauer Kehle gegen heiße Tränen an. Wer war auf den perfiden Gedanken verfallen, das verfluchte Schranksystem PAX zu nennen?! Seinem Seelenfrieden waren die umher liegenden Einzelteile, die man nur mit Hilfe eines unsichtbaren Partners zusammensetzen konnte, keineswegs zuträglich! Überhaupt, wo war dieser verdammte Partner, der unerwartet in jeder hübsch bebilderten Anleitung urplötzlich erschien?! Den mussten sie bei der Verpackung vergessen haben!! Das blöde Bettsofa Beddinge, erworben, um dem Platzmangel Rechnung zu tragen, ruhte noch immer auf dem schier tonnenschweren Gestell. Die Matratze war wie ein Jack-in-the-Box explodiert, als Carter unvorsichtigerweise die Halteriemen gelöst hatte. Mit letzter Kraft war es ihm zumindest gelungen, die verstärkte PVC-Hülle aufzutrennen. Sodass nun der betäubende Plastikgestank sich mit dem beißenden Apfel-Essig-Geruch der Reinigungslösung mischte, die Carter bemühen musste, um die Regentschaft von Kartonstaub und Holzspänen zu bezwingen. Auch hier hatte er sich ein Fiasko eingehandelt. Glänzend, alle seine Bemühungen verspottend, bezuckerten sie den nagelneuen Teppich, der überlastete Staubsauger hatte sich mit akuter Motorüberhitzung für diesen Tag verabschiedet. Einzig die fünf silbergrauen Benno-Medienregale reckten wie Grabstelen stumm ihre einlegebödenlosen Häupter gen Zimmerdecke, behüteten das halbe Dutzend Inbusschlüssel, das sich angesammelt hatte. Carters tränenschmieriger Blick wanderte zu den umgestürzten, vielmehr niemals aufgerichteten Resten ihres neuen Kleiderschrankes. »Ausreichend Platz für ein Erster Klasse-Begräbnis«, befand er hart schluckend, übersah großzügig die nicht in den Untiefen des Sperrholzes versenkten Schraubenköpfe. Seine Handteller waren mit Schwielen und aufgeplatzten Blutblasen derart verunstaltet, dass seine zitternden Muskeln keine einzige Umdrehung, und sei sein Wille titanisch, vollführen wollten. Inzwischen schmerzte sein gesamter Leib von der ungewohnten Anstrengung, schwerer aber wog noch die Frustration und Enttäuschung, die ihn nun ungehindert, -er war ja schließlich allein!! allein gelassen!!-, schluchzen ließ. Jem hatte ganz recht daran getan, ihn hier zurückzulassen, in seine Welt der Hochfinanz zu fliehen. »Zu ungeschickt, zu schwach, um ein paar lumpige Möbel zusammenzubauen. Erbärmlich.« Zudem hatte er mit den eingestürzten und natürlich aufgeplatzten Umzugskisten auch noch den Blick auf den Fernseher blockiert, den Jem zu Carters Überraschung ständig auf Bloomberg-TV laufen ließ. Zusätzlicher Zündstoff auf dem Trümmerfeld ihrer gemeinsamen Zukunft. Vielleicht war es gar keine glückliche Idee gewesen zusammenzuziehen. Immerhin war Jem ständig unterwegs, während er selbst eine häusliche, ordentliche Atmosphäre schätzte, einen sicheren Hort des Friedens in einer rastlosen Zeit. Würden sie miteinander auskommen im Alltag? Wenn sich schon der Start derart katastrophal ausnahm, einer vor dem anderen floh? »Wieso muss ich eigentlich den ganzen Mist hier machen?! Bin ich Hausfrau, oder was?!« Carter nieste kräftig und schleuderte in einem letzten Aufbäumen von Verzweiflung den Schraubendreher gegen einen Karton, der seine wacklige Aussichtsplattform auf einem babylonischen Turmbau verlor. Eine elegante Drehung absolvierte und sich in Zeitlupe dem tiefen Fall ergab, um dann krachend seine Gedärme im Form von CDs auf dem Boden auszuleeren. Carter weigerte sich, eine Bestandsaufnahme des Schadens zu machen. Er kroch in die sargähnlichen Reste des Kleiderschrankes, der sich PAX nannte und hoffte, dass seine kraftlosen Schluchzer in der Einsamkeit verklingen mochten. [¬] Jem drehte den Schlüssel in der Wohnungstür, strich dann die dünne Schicht schmelzender Flocken von der Plastiktüte, die seine Einkäufe barg. Mit hochgezogenen Augenbrauen bewältigte er den Hindernisparcours, unterdrückte jeden Laut. Vage konnte er in den Trümmern einzelner Verpackungen und Sperrholzstücken die Anfangsschritte einer geplanten Wohnlandschaft erkennen. "Cutie?", seine Stimme mischte sich in ein Lied, das in der Anlage die gespenstische Atmosphäre eines verlorenen Traums untermalte. [¬] Tainted Love (Soft Cell) preformed by The Palast Orchester mit seinem Sänger Max Raabe Sometimes I feel I've got to Run away I've got to Get away From the pain that you drive into the heart of me The love we share Seems to go nowhere And I've lost my light For I toss and turn I can't sleep at night Once I ran to you (I ran) Now I'll run from you This tainted love you've given I give you all a boy could give you Take my tears and that's not nearly all Oh...tainted love Tainted love Now I know I've got to Run away I've got to Get away You don't really want any more from me To make things right You need someone to hold you tight And you think love is to pray But I'm sorry I don't pray that way Don't touch me please I cannot stand the way you tease I love you though you hurt me so Now I'm going to pack my things and go Tainted love, tainted love Tainted love, tainted love Touch me baby, tainted love Touch me baby, tainted love Tainted love Tainted love Tainted love [¬] Jem beging die Landkarte der Verwüstung ruhig, studierte die wie verwehtes Laub verstreuten Bauanleitungen mit gerunzelter Stirn. Rümpfte die Nase über dem Eimer dunkelgrauer Brühe, in dem verloren die traurigen Überreste eines Putzlappens trieben. Ohne weitere Überlegungen schälte er sich aus seinem Mantel, deponierte diesen samt Sakko und Weste auf einem intakten Kartonturm, um das dezent müffelnde, ehemalige Reinigungsutensil in der Badewanne auszuleeren, diese sorgfältig auszuspülen und heißes Wasser einlaufen zu lassen. In der Wundertüte, wie er seinen feierabendlichen Beutezug grinsend bezeichnete, verbarg sich ein Entspannungsbad, dazu noch einige Räucherstäbchen. Eine Leidenschaft, von der sein Cutie noch nichts wusste. Zudem würde ihr Einsatz die Luftqualität erheblich verbessern. Jem beugte sich vorsichtig über den unfertigen Bausatz des Kleiderschrankes, der mit seinem Zwilling ihren zukünftigen Raumteiler darstellen würde. Vorsichtig strichen seine sorgfältig manikürten Fingerspitzen über die staubigen Haarspitzen des kleineren Mannes, der zusammengerollt und ausgekühlt inmitten der Holzwände lag und offenkundig der absoluten Erschöpfung zum Opfer gefallen war. "Wieso hast du nur geglaubt, du könntest diese Bauteile allein zusammensetzen, Cutie?" Jems leise Stimme vibrierte rau vor Zärtlichkeit und kopfschüttelnder Dankbarkeit. "Mein kleiner Nestbauer", flüsterte er sanft, bevor er Carter etwas kräftiger an den Schultern schüttelte und diesem ein augenverklebtes Erwachen bescherte. "Der Fernseher, ich rücke ihn...", schreckte Carter hoch, taumelte in die Senkrechte, bevor sein Kreislauf ihm folgen konnte. Jems eiliger Griff um Carters Hüften verhinderten im letzten Augenblick eine schmerzhafte Kollision mit der Schrankwand. Dann lag Carter, von kalten Schweißperlen benetzt und vor Schwindel schwer atmend, an Jems makelloser Hemdbrust, ließ sich wie ein kleines Kind wiegen. "Das ist okay, Cutie", hauchte Jem in die staubigen Haarspitzen, löste dann behutsam seinen Griff und fasste nach Carters Hand, um ihm beim Überwinden der Schrankwand zu assistieren. Doch dessen schriller Schmerzschrei fuhr ihnen gleichermaßen ernüchternd durch das Mark. Carter beeilte sich, die lädierten Handflächen hinter dem Rücken zu verbergen, doch Jems rascher Zugriff verhinderte die Ausflüchte. Seine Augen verdunkelten sich merklich und Carter zog schuldbewusst die Schultern hoch, erwartete eine Standpauke über die Verwerflichkeit der Selbstmisshandlung. Noch schlimmer jedoch gestaltete sich Jems Reaktion, der die Hände freigab, stattdessen die Ellenbogen umfasste, die Lippen so fest aufeinander gepresst, dass diese sich weiß gegen die übliche Bräune absetzten. Er sah Carter nicht an, als er diesem aus den Trümmern des Schranks half. "Zieh dich aus und steig in die Wanne", kommandierte er beherrscht. Carter fühlte sich wie ein geprügelter Hund, unfähig und zu ausgelaugt, Widerstand zu leisten, Trotz zu zeigen. Er schlich geknickt durch die Menetekel seiner eigenen Selbstüberschätzung, schälte sich im Badezimmer gehorsam aus seinen Kleidern, die er ungeachtet ihres schmuddeligen Zustands akkurat faltete. Das erhitzte Badewasser, eine dichte Mischung aus Thymian, Kampfer, Melisse und Kamille, raubte ihm für Augenblicke Atem und Stimme, betäubte seine Sinne, bevor er sich ihrem kombinierten Angriff auf seinen verkühlten und schmerzenden Leib ergab. Jem schnalzte mit der Zunge, ordnete mit scharfen Blick eine Gasse zwischen die einzelnen Haufen, besprengte die frisch erworbene Matratze mit einem Duftreiniger, bevor er die Deckenlampe löschte und sich Dunkelheit über das Schlachtfeld eines zerbrochenen Traums senkte. [¬] "Schlaf nicht ein, mein Prinz", neckte Jem Carter, als er ohne Präliminarien zu diesem in die Eckwanne stieg und sich wie ein schmeichelndes Tuch um dessen Leib wickelte. Carter sackte bequem gegen die athletische Brust des Freundes, legte die Arme über dessen angewinkelte Kniescheiben, schloss ermattet die Augen. "Deine armen Hände", bekümmerte sich Jem bedrückt, angelte dann Badeöl heran, mit dem er Muskelpartie für Muskelpartie Carters Körper in Angriff nahm, Sehnen massierte und aufgeraute Haut beruhigte. Carter seufzte leise unter der erregenden Mixtur aus Schmerz und prickelnder Wärme, die Jems Bemühungen kennzeichnete. Er versank in einem meditativen Zustand der Semi-Schläfrigkeit, eingelullt von Jems besänftigendem Summen und dem leisen Plätschern des aufspritzenden Wassers. "Das reicht jetzt, sonst laufen wir noch ein", entschied Jem das Ende ihres entspannenden Bades, um Carter dann behutsam um die Taille fassend aus dem trüben Wasser zu hieven. Er wickelte sich selbst das Handtuch um die Hüften, um dann Carter auf dessen Handtuch zu platzieren und mit Massageöl erneut einzureiben. Carter starrte auf den lackschwarzen, gelösten Schopf seines Freundes hinab und schluckte Tränen hinunter, die sich aus Dankbarkeit und Erschöpfung zusammenbrauten. Wie fürsorglich er doch war. Wie konnte er, selbst in diesem Stress, nur glauben, dass ihre Zukunft nur eine farbig schillernde Seifenblase war, die bei der geringsten Komplikation zerplatzte?! Jem merkte überrascht auf, als sich etwas auf seinem Nacken niederließ und langsam sein Rückgrat hinabglitt. Er hob den Kopf an, wischte dann mit den Daumen die hervorquellenden Tränen aus nunmehr rehbraunen Augen. "Cutie...", wisperte er aufmunternd und wurde mit einem zittrigen Lächeln belohnt. "Am Liebsten möchte ich gar nicht hier raus", bekannte Carter gequält und zog vernehmlich die Nase hoch. "Na na", Jem balsamierte Carters Hände mit Wundcreme ein, um dann diverse offene Blasen und Schnittwunden mit Tapes zu verpflastern. Derart zur Bewegungsunfähigkeit verdammt ließ Carter sich gehorsam von Jem Boxershorts überstreifen und in dicke Socken einfädeln. Jem selbst schleuderte seine langen Haare aus und schlüpfte in seine Satinhosen, die ihm das Aussehen eines fernöstlichen Kriegers verliehen. Mit einem provozierenden Schulterblick ging er zielsicher in die Dunkelheit hinaus. So sehr Carter auch auf die winzigsten Geräusche einer Kollision lauschte, er wurde enttäuscht, was ihm bedeutete, dass er sich aufraffen musste und den Gang nach Canossa antreten. Zu seiner Verwunderung war ihr Wohnzimmer in blaues, mattes Licht getaucht, das von einem üblicherweise kitschig anmutenden, kniehohen Gummibären stammte, den Jem in ihre Beziehung eingebracht hatte. Nun aber verströmte der verschmähte Bär behagliche Ruhe und hüllte eine liebliche Decke des Vergessens über Carters vielfältige Zeugnisse der Niederlage dieses langen Tages. Jem hatte seine Zeit genutzt, den Beddinge-Lattenrost auf dem Boden ausgerollt, darüber die Matratze gezogen und mit einem Laken bedeckt. »Also diese Nacht kein unbequemes Lager in Schlafsäcken?« Carter senkte den Kopf, eigentlich sollte die erste Nacht im gemeinsamen, neuen Bett viel festlicher und vielversprechender verbracht werden... und ihm war es nicht gelungen, dieses zugegeben beschämend romantische Ansinnen umzusetzen. »Zu schwach. Körperlich. Und willentlich?« Musik schmeichelte sich in seine Selbstanklage. Carter hob den Kopf an und suchte Jems funkelnden Blick. [¬] Sex Bomb preformed by Tom Jones & Mousse T. Spy on me baby use satellite Infrared to see me move through the night Aim gonna fire shoot me right I'm gonna like the way you fight (And I love the way you fight) Now you found the secret code I use To wash away my lonely blues Well, so I can't deny or lie cause you're there Only wan't to make me fly Sexbomb, sexbomb you're a sexbomb You can give it to me when I need to come along (Give it to me) Sexbomb sexbomb you're my sexbomb And baby you can turn me on (Baby you can turn me on You know what you're doing to me don't you. ha ha, I love you do) Now don't get me wrong ain't gonna do you no harm This bomb's for lovin' you can shoot it far I'm your main target come and help me ignite Love struck holding you tight, hold me tight darlin' Make me explode although you know The route to go to sex me slow, slow baby And yes I must react to claims of those Who say that you are not all that, ha ha ha Sexbomb, sexbomb you're my sexbomb You can give it to me when I need to come along Sexbomb sexbomb you're my sexbomb And baby you can turn me on (Turn me on darlin') Sexbomb ,sexbomb you're my sexbomb You can give it to me when I need to come along Sexbomb, sexbomb your're my sexbomb And baby you can turn me on You can give me more and more counting up the score You can turn me upside down and inside out You can make me feel the real deal And I can give it to you any time because you're mine [¬] Jem schlug einladend auf dem provisorischen Lager eine eilig bezogene Decke hoch, unter die Carter ächzend kroch. Um seinen schmerzenden Rücken zu entlasten, rollte er sich auf den Rücken, legte die Arme angewinkelt um den Kopf und schloss die Augen. Jem schmiegte sich an seine Seite, bot einen angewinkelten Arm als Kopfstütze an, während seine Linke scheinbar müßig über Carters weichen, hellen Bauch strich. Carter lächelte unbewusst, ging ihm doch die Erinnerung an ihre erste intime Begegnung durch den Sinn. Keineswegs dem athletischen Modell entsprechend, weder muskelgestählt noch braun gebrannt, hatte er sich trotz der rosaroten Brille, die absolute Verliebtheit kennzeichnete, geniert, Jem ohne das Feigenblatt der verhüllenden Kleidung gegenüberzutreten. Doch Jem hatte sich nicht eine Sekunde an Carters scheinbaren Makeln gestört, der Abweichung zum eigenen, sehr attraktiven Körperbau. Stattdessen hatte er sich frech über Carter geworfen und mit den Augen dessen Torso verschlungen, dabei begeistert "special effects, ich liebe special effects" gemurmelt. Carter hatte mehrere Augenblicke benötigt, um zu realisieren, dass Jems Hingabe den vielfältigen Leberflecken galt, die Jem mit einer Sternenkarte verglich und darüber spekulierte, was man wohl aus dieser oder jener Konstellation herauslesen konnte. Zu Demonstrationszwecken hatte er Kuss um Kuss mit jedem Fleck Bekanntschaft geschlossen, diese mit feuchten Zungenspiel über der weichen Haut verbunden und Carter an den Rand des Selbstverlustes getrieben. Eine neue Erfahrung, die sich wohltuend von dem ernüchternden Ran-Rauf-Rein-Raus-Schema abhob, das sie beide gleichermaßen verabscheuten. Auch jetzt tanzten die infernalisch geschickten Fingerspitzen über Carters Leib, massierten die weichen Partien, bestrichen die Beckenknochen, um zielstrebig in Carters Schritt auf Schatzsuche zu gehen. Dieser keuchte und hob die Hände, selbst nicht sicher, ob er zulassen oder seine Erschöpfung als Entschuldigung anführend den Liebesdienst zurückweisen sollte. Jem jedoch ermahnte sanft, "vorsichtig, die Wunden", ließ von Carter ab, der tief einatmete und sich auf den Schlaf vorbereitete. Zunächst aber wurde ihm Jems Arm als Kopfkissen entzogen, dann verließ ihn auch dessen beschützende Wärme an seiner linken Seite. Wimpernschläge später verlor er die Boxershorts, dann drängten sich Jems breite Schultern zwischen seine ausgestreckten Beine, brach sein glühender Atem wie ein Wüstenwind über Carters Brust. Zärtlich wob er ein Spinnennetz aus feuchten Spuren über Carters Leib, markierte die Knotenpunkte mit heißen Küssen, um sich unmerklich, aber stetig der Erektion, die zwischen Carters Beinen ein viriles Eigenleben führte, anzunähren. Dieser stöhnte leise, hieb die Fersen in die Matratze, die Finger über dem Kopf ineinander verschlungen, schwankte zwischen Genuss und Qual angesichts der flirrenden Irrlichter vor dem Dunkel seiner geschlossenen Augen. Jem belächelte die rosigen Wangen, die rötlichen Flecken, die wie eine fremdartige Zeichnung Carters Haut in Flammen setzten, eine Landkarte der Lust und Erregung. »Mein Cutie«, dachte er ergriffen und hungrig zugleich, »so sensibel und anschmiegsam...« "Jem?", Carters Stimme meldete sich zögerlich in seinem Bewusstsein. "Schsch, Cutie, ausruhen", kommandierte er diktatorisch, um seine Hände über Carters Hüften zu schieben. Seine Zunge umschmeichelte beharrlich die empfindliche Haut, zog winzige Kreise, massierte kundig Äderchen und Sehnen, um dann mit kehligem Grollen Carters Penis in seinen Mund aufzunehmen. Die Lippen um die gespannte Haut schließend erkundeten seine Zähne jeden Millimeter, dann saugte er mit Muskelspiel, das Carter katzenhafte Töne der Lust entlockte, die sich in Lautstärke und Intensität steigerten, bis Carter sich ruckartig aufbäumte und mit schrillem Schrei in Jems Hals kam. Dieser schluckte eilig, genoss die intime Kenntnis von Carters Timing, die Vertrautheit von Geschmack und Hitze, jede Melodie, die er Carter entlocken konnte. Er robbte bäuchlings neben Carter hoch und schmiegte sich an die Seite seines des Atem beraubten Freundes, der noch immer artig die Hände über dem Kopf hielt. Schlang vertraulich einen Arm um dessen Taille und rieb die Nasenspitze an einer erhitzten Wange. "Morgen machen wir weiter", versprach er raunend und vieldeutig, doch Carter hatte sich bereits ermattet in das Reich der Träume verschleppen lassen. [¬] Carter blinzelte in die fahle Morgensonne, die schüchtern seine Zehen streifte. Wohlbekannt lag Jems Kopf auf seiner Brust, ruhig flogen seine Atemzüge über Carters sanft prickelnde Haut. Unter der Decke war es kuschelig warm, gestattete wohliges Räkeln und wonnige Träume. Carter lächelte an die Zimmerdecke. Inbusschlüssel, schwedische Möbel, seltsame Namen... ganz gleich, was kam, gemeinsam würden sie das Beste daraus machen, davon war er überzeugt. Und daran konnten auch blaue Bären und wunde Hände nichts ändern. [¬] ENDE [¬] Vielen Dank fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Der dritte Beitrag zu Judy-chans Ikea-Challenge, dieses Mal durch tatsächliche Bastelarbeiten inspiriert. Ich kämpfte mich selbst durch den Auf- und Zusammenbau diverser Regale, Schränke usw., dazu lief Max Raabes Version von "Tainted Love" und "Sex Bomb", um die Laune hochzuhalten. Wer schon mal Möbel allein zusammengebaut hat, weiß, wie hoch der Frustpegel nach einer Weile sein kann und dies ist ein Resultat meiner wunden 10 Daumen an zwei linken Händen und Muskelkater. Für eine junge Beziehung kann Möbelzusammenbau eine ernste Krise bedeuten, hier wollte ich aufzeigen, wie man diese Klippen umschiffen kann und aus den Schwierigkeiten herauswachsen ^_~