Titel: Kabinett Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original FSK: ab 16 Kategorie: Phantastik Ereignis: Halloween 2016 Erstellt: 20.10.2016 Disclaimer: Alles Meins. [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* [___]* Kabinett Kapitel 1 - Heimlich-unheimliches Geheimnis »Mist!« Dachte Jonathan van de Keuck sehr zivil und still, als er das gedämpfte, aber unmissverständliche Gebrabbel identifizierte. In der Toilettenanlage herrschte Andrang, nicht unbedingt zwecks Inanspruchnahme der primären Nutzungsbestimmung. Nach dieser verlangte jedoch mit rapider Frequenz in der Notwendigkeit seine Blase. Mit anderen Worten: er musste dringend austreten. Andererseits verspürte er keinerlei Lust, sich dem gelangweilten Spott von Klassen- und Stufenkameraden auszusetzen, die dort, dem unfreiwilligen Lauschangriff nach zu urteilen, über ihre gestrigen Erlebnisse am Valentinstag prahlten. »SOOOOOO groß war der Fisch!« Spöttelte er selbst grimmig, doch der Ruf der Natur ließ persönliche Eitelkeiten in den Hintergrund treten. Welche Alternative bot sich aber an?! Er trippelte leicht auf der Stelle und erwog Möglichkeiten, um nicht eine Pfütze zu hinterlassen. Eigentlich war es ja lächerlich, der lärmenden Horde so viel Gewicht beizumessen, doch auf blöde Sprüche über seinen "Piephahn" und seinen allgemeinen Status als Maskottchen konnte er mit Grußhand verzichten. "Genau!" Ohne eine Kopie des kleinen, rothaarigen, sehr schlauen Wikingerjungen ließ der Blitz der Erkenntnis sein "Streuselkuchen"-Gesicht aufleuchten. Eilig wandte er sich folglich dem fernen Ende des Schulflurs zu, betrat das kleine Treppenhaus und stieg über eine Verbindung auf halber Höhe in den Altbau, der ehemaligen Knabenoberschule. Hier schlug, aufgrund zeittypisch hoher Decken, das "Halbe Treppen"-Prinzip zu: der platzsparend direkt angesetzte Neubau verfügte über die normale, moderne Deckenhöhe. Weshalb es an den "Klebekanten" beider Gebäudeteile kuriose Ecken, Nischen und andere Lösungen gab. Und eben auch noch einen bescheidenen Trakt mit ehemaligen Fachräumen, Lehrerzimmern und diversen Wandschränken aller Art. Ein Wandschrank jedoch, wie die übrigen mit einer Holztür bedacht, Drehknauf und winziger Lochleiste in Fußbodennähe, erwies sich nach zufälliger Inspektion als Überbleibsel des Luxus für den männlichen Lehrkörper des vorvergangenen Jahrhunderts. Ein zierliches Pissoir mit Wasserhahn darüber, kleinteilig gekachelt und ausgesprochen sparsam dimensioniert. "Not kennt kein Gebot!" Murmelte er leise, drehte probeweise am Knauf. Die Tür öffnete sich mühelos, die Glühbirne jedoch, in einer schlichten Einfassung mit Zugschnur, ließ keine Lebenszeichen mehr erkennen. Der letzte Funke war wohl schon vor geraumer Zeit ausgebrannt. »Egal!« Mahnte er sich, lehnte die Tür an. Das private Kabinett war so klein, dass er auch ohne Licht unfallfrei agieren konnte. Er drehte behutsam den Hahn auf, lauschte einem dezenten Wasserstrahl, öffnete den Hosenschlitz seiner Winterjeans, angelte eilig nach dem protestierenden Organ und mischte einen zweiten Strahl im Porzellanbecken dazu. An dem grellbunten Haken, der in Blütenform für einen Spülmittelhersteller der 70er Jahre warb, befand sich kein nützliches Tuch, die feuchten Hände zu trocknen. Da musste eben der dicht gewebte Hosenstoff herhalten. In diesem Moment, da profunde Erleichterung mit Wohlbefinden einherging, huschte ein Luftzug über den Stichflur durch das alte Gebäude. Und die Tür schlug ins Schloss. [___]* "Uhh!" Keuchte er erschrocken, schüttelte dann die Beklemmung aus seinem zierlichen Körper. Jetzt war es tatsächlich stockfinster in seinem privaten Kämmerlein! Und in just diesem Augenblick registrierte er, dass er nicht länger allein war. »Wa-...?!« Schoss ihm durch den Kopf, doch da lag bereits eine große Hand auf seinem Mund und Kinn, während ihr Begleiter ihm unterm Sweatshirt am Hosenbund vorbei zwischen die Beine griff. Zielgerichtet, ohne das geringste Zögern. Reflexartig wollte er den Arm, der ihm den Mund versiegelte, wegschieben, doch die andere Hand mit ihrem festen Griff an einer ausgesprochen neuralgischen Stelle seiner Anatomie bremste ihn abrupt. In seinem Rücken spürte er einen breiten Brustkorb, Beine mit resolutem Stand, dazu muskelbepackte Arme, die ihn vermuten ließen, dass der Aggressor aus der Finsternis ihn mindestens um Haupteslänge überragen musste. Er konnte lediglich Protest und Panik wimmern. "Schhhh!" Raunte eine sonore Stimme an seinem Ohr. "Wir wollen doch nicht gestört werden, wenn wir hier Spaß haben, oder?" »SO einen Spaß will ich nicht haben!« Winselte er verzweifelt, überlegte fieberhaft, wem Gestalt und Stimme gehören konnten. Aber niemand kam ihm in den Sinn. Und überhaupt, das Kabinett war vollkommen leer gewesen! Woher kam der Vergewaltiger?! "Leg die Arme auf die Muschel" Wies der ihn gerade an und referierte damit zum Pissoir. Die Augen zukneifend schüttelte Jonathan den Kopf so heftig, dass seine dünnen Zöpfe, die auf dem Oberkopf mit einem breiten Band zusammengefasst waren, wild flogen. »Ich will nicht ich will nicht ich will nicht ich will nicht!« Letterte ein Spruchband endlos durch seinen Kopf. Die Hand, die seinen Penis umschlossen hielt, massierte etwas energischer, entlockte ihm ein unwillkürliches Aufstöhnen. "Das wäre aber bequemer." Erläuterte ziemlich gelassen die tiefe Stimme an seinem Ohr. "Außerdem werden dir ohnehin gleich die Knie weich." Was leider zutraf. Unerwartet löste sich die andere Hand von seinem Mund, schob sich unter Sweat- und T-Shirt, kreiste zunächst über seinen Bauch, bevor sie hoch wanderte und seine Brustwarzen kraulte. Niemand hätte dieses perfide Vorgehen unkommentiert verstreichen lassen können. Folgerichtig stöhnte Jonathan kehlig auf und schluchzte ob des Geräusches. Das klang nämlich so sehnsüchtig und wollüstig, dass ihm noch mehr Blut in die Wangen stieg. "Wie heißt du?" Erkundigte sich der Urheber seiner Qualen beiläufig, leckte ihm dazu auch noch über die Wange! »...der...der kennt mich nicht mal?!« Zwischen Empörung und Hilflosigkeit schwankend schniefte Jonathan vernehmlich. Ein Bein mit kräftigem Oberschenkel schob sich zwischen seine, demonstrativ das streifend, was die große Hand gerade nicht im Griff hatte. "Na, ich kann auch raten..." Schnurrte es sonor an seinem Hinterkopf. "Aber ob du so lange durchhältst..." Gegenwehr war aussichtslos. Und mit erheblichen Schmerzen verbunden. Jonathan schluchzte leise auf, spürte die vorhergesagte Schwäche in den Knien und stützte sich mit den Armen über der Armatur ab, leicht vorgebeugt. "...Jonathan... Jonathan van de Keuck." Krächzte er. "...Cookie." Seinen bürgerlichen Namen benutzten schließlich nur die Erwachsenen. "Cookie? Mmmmmhhhhmmmm, klingt lecker!" Lachte die Stimme in seinem Nacken, dann spürte Jonathan einen heißen Kuss direkt auf den knochigen Wirbel unter seinem Haaransatz. "Schön, mein Keks!" Gurrte es basslastig. "Dann lass dich von mir vernaschen..." "...das... das geht nicht!" Protestierte Jonathan ängstlich. Aber auch beschämt, denn sein Körper übte bereits Verrat. Hinter ihm lachte der Unbekannte amüsiert. "Es wird dir so gut gefallen, dass du nicht mehr darauf verzichten willst!" Prahlte er. Jonathan schnaubte darob entgegen seinem Selbsterhaltungstrieb. "Du kannst mir nen Scheitel ziehen, wenn's nicht so ist." Bot ihm sein Angreifer an, während er sich hauteng anschmiegte und deutlich verriet, dass IHM sein Tun auch gefiel. "...sicher! Mit welcher Armee?!" Fauchte Jonathan. Um aufzustöhnen, denn gerade hatte die Massage einen kritischen Punkt erreicht. "Mach dir darüber keine Gedanken." Raunte es kehlig an seiner Wange. "Ich seh mit Scheitel beschissen aus..." [___]* Erst war es ja nur die Wange. Und der Nacken. Die Ohrläppchen. Aber als dann die Hand von seinen prickelnden Brustwarzen, die sich pulsierend zusammenzogen und mit seinem Unterleib im Stakkato verräterische Botschaften morsten, sein Kinn herumbog, war es zu spät. Eine gewaltige Zunge füllte fast seinen gesamten Mundraum aus. Feuchte Hitze, die elektrische Spannungsschläge auslöste. Jonathan fühlte sich mitgerissen, ohne Hoffnung auf Rettung. Der andere schmeckte... eigentümlich. Würzig-süß... vor allem aber zündete er ein Feuerwerk nach dem anderen. In Jonathan kochte es, seine Nervenstränge schienen verrückt zu spielen. Ohne zu schwitzen, glühte er förmlich, rang nach Atem, nach Erlösung. Und während er endlich wieder Luft schnappen konnte, die Lippen speichelbenetzt, der gesamte schmächtige Oberkörper pumpend, verschaffte die rechte Hand seines engagierten Vergewaltigers ihm einen heftigen Erguss. Er wäre wohl benommen zusammengesackt, der Kreislauf für Sekunden überfordert, doch der zweite Arm umfasste ihn sichernd, das kräftige Bein fing ihn gerade so in einer einknickenden Position ab. Wasser lief, dann leckte ihm die gewaltige Zunge über das Gesicht. Jonathan musste spontan niesen. Der andere lachte, drückte ihn einen Augenblick fester, als sei er ein possierliches Haustier, das gerade etwas besonders Drolliges geleistet hatte. "Ein bisschen Knabbern als Aperitif ist ja nicht schlecht, aber jetzt hätte ich gern den Hauptgang!" Verkündete die sonore Stimme aufgeräumt. Jonathan unternahm einen ungelenken Versuch, sich zu befreien. "Nein! Wirklich, das geht nicht!" Er begriff sehr wohl, trotz des hormonverseuchten Glücksnebels in seinem Verstand, dass das stramme Gemächt an seinem Lendenwirbel nicht als Wünschelrute dekorierte. "Klar geht das!" Wurde ihm selbstsicher verkündet. "Denk positiv! Es wird phantastisch sein! Ein Experte verwöhnt mich, ich muss nichts tun! Garantiert geil!" Sein Zappeln und Winden verstärkend widersprach Jonathan bange. "Ich will das nicht! Das klappt so nicht! Man braucht.. Gummis! Und Gleitgel! Außerdem bin ich viel zu klein..." Er sah sich schon verblutend in höchst beschämender Weise hier in der Finsternis sein klägliches Ende nehmend. "Als wenn ich so ein Pfuscher wäre!" Grollte der andere nun hörbar konsterniert. "So'n Dilettant für dein Debüt wäre ja wohl ne echte Katastrophe!" "Bitte!" Flehte Jonathan verzweifelt. "Bitte, das geht nicht!" Er fand sich unvermittelt gegen die Holztür geschoben, konnte kaum mehr mit den Zehen den Boden berühren, so hoch hielten ihn die kräftigen Arme unter den Achseln. Während sich seine verräterische Jeans Richtung Knöchel abrollte, um seinen Socken Gesellschaft zu leisten, erstickte der selbst proklamierte Profi seine Proteste sehr versiert. Jonathan sah erneut Sterne, fühlte Lavaströme durch seinen Körper mäandern und vermutete mit den Resten seines sich verabschiedenden Verstandes, dass ihm gerade oral gefährliche Drogen verabreicht wurden. Da war er ohne Chance, eindeutig. [___]* Seine Beine zitterten, während ein heftiges Fieber ihn resolut im Griff hatte. Ein muskulöser Arm wickelte sich unter seiner linken Achsel um sein rechtes Schlüsselbein, sicherte ihn vor dem Zusammenbruch. "Mein lecker Kekschen!" Gurrte es sonor an seinem Ohr, unterbrochen von einem genüsslichen Ablecken seiner rechten Wange. "Du wirst gar nicht mehr aufhören wollen..." Jonathan schnaubte schwächlich, registrierte durch die Wolke in seinem Verstand, dass ein kräftiger Oberschenkel mit einem Haarpelz bedeckt war, nicht unangenehm rau, jedoch aufreizend im Kontakt. Ihn schwindelte. Er hatte einfach nicht die Kraft, die Katastrophe, die sich anzubahnen drohte, zu verhindern. Die rechte Pranke massierte seine Kehrseite, obwohl es dort kaum Angriffsfläche gab, wie man ihm stets versichert hatte. Sie hieß bloß "Kehrseite", weil sein Gesicht in die andere Richtung schaute. Flach wie ein Brett, definitiv. Das schien seinen Aggressor nicht zu stören. Der leckte ihm sogar Tränenspuren aus den Augenwinkeln! "Mmjammmm!" Hollerte es an seinem Rücken. Wie groß war dieser Koloss überhaupt?! Etwas Ungewohntes schob sich in seinen Anus, verleitete die Sehnen dort zu reflexartigen Zuckungen. »Jetzt tut er mir weh! Gleich reißt die Haut und ich verblute hier!« Dachte Jonathan betäubt und schluchzte auf. Das beeindruckte den Besitzer des mutmaßlichen Fingers kein bisschen. Andererseits musste man auch konstatieren, dass trotz des Drucks nichts schabte, aufriss oder kratzte. Vielmehr verspürte er eine seltsame Geschmeidigkeit, ohne Glibber oder Schleim! "Tada, zwei Finger!" Dröhnte es sonor in seinem Nacken, mit demselben Enthusiasmus, der einen Drei-Punkte-Wurf beim Basketball unterstrich. Jonathan keuchte verblüfft, denn allein die Verkündigung dieses Fortschritts zündete Eruptionen in seinem Unterleib, eine brodelnde Mischung aus Erwartung, Befürchtung... und Wollust. "Das... kann nicht sein..." Krächzte er atemlos. Immerhin hatte er genug technische Details im Aufklärungsunterricht erfahren. "Hab ich doch versprochen, garantiert geil!" Dröhnte der andere selbstbewusst. "Regeln für normale Menschen gelten nicht für mich!" »Huh?!« Huschte verdattert durch Jonathans Kopf. Doch diese Verblüffung hatte keine Zeit, sich auszubreiten, weil sich etwas Hocherhitztes in perfekter Passform in seinen Unterleib arbeitete, gemächlich, aber unbeirrt in der Zielrichtung. Japsend, sich instinktiv zusammenrollend, bemühte sich Jonathan, auf dem Wellenkamm zu reiten, doch die unregelmäßigen Impulse warfen ihn schlicht um und ließen ihn in ungekannter Lust versinken. [___]* "...verrückt!" Wisperte Jonathan heiser, registrierte, dass seine heiße Stirn ohne Transpiration die Fensterscheibe merklich beschlug. Er kauerte in einer Fensternische, vollständig angezogen und ohne Zuschauer, in Blickweite des vermeintlichen Besenschranks. Aber er KONNTE diese Episode schlichtweg nicht geträumt haben. Dazu pochten seine Glieder, vor allem jedoch sein Unterleib, viel zu stark. Es prickelte noch immer von Zehen bis zu Zopfenden! Mühsam lupfte er einen Arm, um die schlichte Uhr an seinem Handgelenk zu konsultieren. Nicht mal eine halbe Stunde war vergangen in seiner Suche nach einer freien Toilette. Jonathan rutschte von der breiten Fensterbank und musste sich eilig an einem alten Leitungsrohr festhalten, um nicht in die Knie zu sacken. "...hoppla..." Kommentierte er hilflos. Drückte dann jedoch entschlossen die Knie durch. Stand, wenn auch angezählt. Sollte er es wagen? Erneut den Knauf drehen, in das Kabinett spähen? Stimmengewirr drang unverständlich zu ihm vom Hof, lenkte ihn ab. "Das ist verrückt." Konstatierte Jonathan leise im Selbstgespräch. Dann huschte ein verlegenes Grinsen über sein Gesicht. Denn er stellte sich vor, wie schlecht all die Prahlereien seiner Kameraden abschnitten im Vergleich zu seinem TATSÄCHLICHEN Erlebnis am Tag nach dem Valentinstag! [___]* Eigentlich war das gar nicht sein Fall. Aber man musste ja, quasi. Der ungewöhnlichen Konstellation von Herbstferienende, Ultimo und einem weiteren Feiertag an einem gewöhnlichen Dienstag geschuldet hatte man sich entschlossen, eine Art Schulfest zu veranstalten. Zutreffend zum neumodischen Halloween eine Kostümparty, selbstredend ohne Alkohol, mit Einlasskontrolle und zünftigem Zapfenstreich. Die konservativen Elternvertreter hatten vergeblich dagegen protestiert, am Reformationstag sich an dem imperialistisch hereingebrochenen Konsumrausch mit fragwürdiger Botschaft zu beteiligen. Ein Mummenschanz jedoch, einige Tage vor dem offiziellen Beginn der Fünften Jahreszeit, unter gemäßigter Kontrolle, das fand die Schulleitung durchaus akzeptabel. Der Schulgemeinschaft gedeihlich. Jonathan aka Cookie hielt sich heraus. Auch wenn die Teilnahme freiwillig war, wusste jeder, dass der niedrige Eintrittspreis in Höhe eines Anteils der täglichen Schulspeisung benötigt wurde, die Aufwendungen zu decken. Eventuelle Überschüsse kamen dem Schulförderverein zugute. Man musste sich schlichtweg sehen lassen, wollte man sich nicht gleich an den Rand (oder darüber hinaus) stellen. Für eine tatsächliche Kostümierung in preiswürdigen Kategorien (verschiedene Ausrichtungen sollten prämiert werden) fehlten ihm die Mittel. Außerdem empfand er es als durchaus herausfordernd, er selbst zu sein. Für Maskeraden blieb da keine Motivation. Um guten Willen zu beweisen im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten, hatte er sich in schwarze Stoffhosen, einen entsprechenden Rollkragenpullover und Turnschuhe gewandet. Die dünnen Zöpfe wurden im Nacken gebunden (eine alte Geschenkschleife diente hier als Schmuckband). Aufgrund seiner empfindlichen Haut verzichtete er auf Puder oder Schminke, sodass er noch immer (wie all überall) als "Streuselkuchen" zu erkennen war. Doch wenigstens Draculas Dritte in Plastik hingen als Fingerzeig an einem Schnürsenkel um seinen Hals. Das hatte auch den praktischen Vorteil, sich nicht Wollmäuse aus der Hosentasche in den Mund zu bugsieren, wenn man die falsche Dentalausrüstung zwecks Foto-Pose einsetzen musste. Auf einen Umhang aus einem aufgeschnittenen, schwarzen Müllsack verzichtete Jonathan, denn das lästige Stück hätte sich bloß mit seinem abgewetzten Anorak verknuddelt, der die Neigung zu statischer Aufladung verspürte. Er hatte bis dato der Musik gelauscht, im Hintergrund Kostümierungen bewundert, einen Donut mit grellgrünem Überzug verputzt und sich ein wenig gelangweilt. Nun huschte er auf leisen Sohlen durchs Treppenhaus, hoffte auf sein Glück. Wenn die hintere Treppe nicht verschlossen war, sondern nur zugefallen, dann könnte er sich in SEIN Kabinett begeben! Was ihn mit einer verheißungsvollen Woge von Lust und Vorfreude erfüllte. Das Schicksal erwies sich als ihm hold. Auch wenn keine Flurbeleuchtung prangte und er sich allein am Zwielicht orientieren musste, fand er zielsicher sein Refugium. Vor der Finsternis fürchtete er sich nicht länger, ließ die alte Holztür unbekümmert ins Schloss gleiten. Er atmete tief durch... und große Hände glitten über die schäbigen Kunstfasern seines Rollkragenpullovers. "Da bist du ja!" Lächelte Jonathan, schmiegte sich an eine vertraute breite Brust. "Wen hast du denn erwartet?" Schnurrte es sonor an seinem Ohr, dann empfing er den ersten Kuss auf die Wange. "Dich." Antwortete Jonathan entwaffnend, fasste mit der Rechten nach oben, um sich ein Siegel auf die Lippen brennen zu lassen. "...nanu?" Stellte der Unbekannte fest, verhedderte sich dabei im Schnürsenkel-Gehänge. "Was ist das?" "Falsche Zähne." Erläuterte Jonathan, dirigierte die freie Linke unter seinen Pullover. Der Andere strahlte immer eine so angenehme Hitze aus, die ihm gerade in der Herbstkälte sehr willkommen war. "...aha..." Klang es grollend, dann wurden die störenden Objekte abgefischt. Auch das schmucke Band in Jonathans Nacken verschwand, damit seine dünnen Zöpfe aufgefächert werden konnten. "Heute ist Halloween." Erklärte er leise, kuschelte mit einem imponierenden Brustkorb, von dem er bereits wusste, dass ein dichter Pelz ihn besetzte. "Das ist eine Art... Feiertag. Für Geister. Man verkleidet sich..." Jonathan war sich nicht sicher, was genau er erklären sollte. Weil er keine Ahnung davon hatte, wer sein Liebhaber war. Offenbar kein Mensch, doch was sonst...? Wenn er die Tür des Kabinetts von außen schloss... befand sich beim nächsten Öffnen niemand drinnen. Selbstverständlich war es zu schön, um wahr zu sein. Doch mit einem gewissen "Anteil" Wahrheit konnte er sehr gut leben. Er wollte nicht zerstören, was ihm so unerwartet, regelmäßig und sehr aufmerksam zugedacht wurde. Nicht, wenn es die Höhepunkte seiner langweiligen Tage darstellte. Wenn eine Freistunde oder das bevorstehende Unterrichtsende so eingeläutet werden konnten! Der Pullover verschwand über seinem Kopf, ohne dass sich Fouls, ungelenke Ellenbogen, ausgerissene Strähnen oder potentielle Veilchen anschlossen. Genauso verlor er auch seine Hosen. Sein namenloser Liebhaber verwöhnte ihn immer. Leidenschaftliche Küsse, die ihm den Atem raubten, die rau-zärtliche Liebkosung der behaarten Hauptpartien, beeindruckende Muskeln, eine herrliche Wärme ohne Schweiß oder unangenehme Gerüche. Es war schlichtweg perfekt. Keine Schmerzen, kein Zwang, keine Peinlichkeiten, keine Komplikationen. Nicht realistisch, ohne Zweifel. Aber Jonathan, der es über alle Maßen genoss, auf souveräne Weise geliebt zu werden, durchdrungen von Begehren und unstillbarem Appetit, wollte diesen Zustand nicht missen. Um keinen Preis! [___]* Mit einem leichten Lächeln um die Mundwinkel trat Jonathan durch das Schultor. Es war kalt, selbstredend dunkel, Wolken trieben tief über den Himmel und versperrten immer wieder den Blick auf ferne Gestirne. Ihn fror nicht, denn noch immer spürte er das lebendige, aufreizende Prickeln und Pochen seines Intermezzos im Kabinett. Es ließ ihn vergessen, dass er sich selbst als zu dürr, zu klein, zu "verpixelt" und zu seltsam einschätzte. Dieser Abend, der üblicherweise einer weiteren Demonstration seiner Randständigkeit in Sachen Schulgemeinschaft Ausdruck verliehen hätte, war wunderbar gewandelt worden. Er fühlte sich keineswegs im Hintertreffen mit seinen Klassenkameraden. Mochte es auch ein Geheimnis sein, konnte er sich niemandem anvertrauen-DAS war es wert! Jonathan entschied, über den kleinen Park den Heimweg abzukürzen. Dieser bestand aus einem ehemaligen Friedhof, der in Teilen der Erholung umgewidmet worden war. Man fand dort noch, eng gruppiert, alte steinerne Zeugnisse vergangener Biographien, die Gräber selbst waren jedoch längst geebnet. Tagsüber tobten hier Kinder auf den Spielgeräten der Freiflächen unter den großen Platanen, die schon Jahrzehnte auf der Borke hatten. Weil es keine Beleuchtung gab, nutzte Jonathan sein in die Jahre gekommenes Telefon als Taschenlampe. Als er vom gekiesten Weg abbog, eine Abkürzung durch dürres Strauchwerk zu wählen, hätte ihn eigentlich der aufdringliche Odeur warnen müssen. Doch hormontrunken und glücklich registrierte er zu spät, dass der ehemalige Friedhof an diesem Abend auch andere Besucher hatte. [___]* "He! Los, schnapp ihn!" Jonathan, der sich eilig abwenden wollte, prallte rücklings gegen eine massive Gestalt, die seine unbeabsichtigte Attacke mit einem dumpfen Grunzen quittierte. Dann befand er sich im Klammergriff, beide Arme nach außen gebogen, wie unter Stahlklammern. "Ich hab kein Geld!" Verkündete er erschrocken, denn die zwei Gestalten, die VOR ihm aufragten, wirkten nicht gerade vertrauenerweckend mit Bomberjacken, Baseballmützen, Jogginghosen und dem Gebaren von Preisringern. "Dafür n Scheiss-Handy!" Nölte der eine, während der andere eine seltsame Geruchswolke aufpaffen ließ. "Ich sag niemandem etwas!" Versprach Jonathan eilig, verabschiedete sich schon von seinen wenigen Besitztümern. "Nich, wenn ich dir die Fresse polier." Der zweite Karussellbremser atmete einen fauligen Atemzug in seine Richtung. Hinter Jonathan kollerte der Dritte im Bunde, der ihn so unnachgiebig festhielt. Nun wurde in seinen Anorak- und Hosentaschen gefingert, dabei auch die Einlasskarte inspiziert. "Scheiße...da komm'n noch mehr..." Konstatierte man ernüchtert, die ungestörte Idylle verabschiedend. "Verpass ihm n paar, wir haun ab." Entschied sich das frontale Duo. Jonathan hustete und rang nach Luft, weil ihm von den Ausdünstungen rapide übel wurde. "Bitte!" Flehte er. "Lass mich gehen! Ich hab nichts gesehen und ich verrate auch nichts! Und wenn du das Telefon..." "Will nicht telefonieren." Krächzte es hinter ihm. Es klang, als gurgele der Besitzer der tiefen Stimme mit Sargnägeln und spüle mit Salpetersäure nach. Diese Auskunft verdatterte Jonathan für einen Augenblick, sodass er keine Gegenwehr leistete, als er unbarmherzig zum Kiesweg expediert wurde. Dort kam er frei, jedoch nur in einer beschleunigten Pirouette, die ihn gegen den massiven Stamm einer Platane beförderte. [___]* Die Arme vors Gesicht reißend wollte Jonathan sich nach dem Schreck zu einem kompakten Paket zusammenrollen. Dazu kam er jedoch gar nicht, weil der Schmirgelpapier-Bass seine Zöpfe im Nacken packte und ihm dann mit einer gleißenden Stablampe blendend ins Gesicht leuchtete. Er hörte ein kollerndes Krächzen. Bevor er den scheinbaren Moment der Verwunderung ausnutzen konnte, packte ihn der zweitürige Kleiderschrank vorne am Anorak (mit einer Pranke!). Zerrte ihn unnachgiebig den Kiesweg herunter, bis sie jenseits der Friedhofsmauer eine Straßenlaterne erreichten. Passanten, die zur Hilfe eilen könnten, waren nicht in Sicht. Aber Jonathan bezweifelte auch, dass er sich laut verständlich machen konnte angesichts des fast erstickenden Zugriffs. Die Stablampe offenbar im hinteren Hosenbund verstauend packte der Hüne ihn... und öffnete den Anorak. Rollte mit grobem Griff sogar den Pullover hoch. Jonathan keuchte verschreckt, kam dann unvermittelt frei. Sein Gegenüber, massiv gebaut, in Collegejacke, Jeans und mit einer Schiebermütze samt gewaltigem Dreieckstuch bekleidet, trat in den Lichtpegel. Komplettiert durch eine verspiegelte Sonnenbrille! »Lauf!« Wies Jonathan sein Verstand an. Zu spät, auch ohne eine perfekte Körpertäuschung! Rücklings umklammert wurde er erneut gegen eine imposante Front gepresst, dann schnappte die andere Hand nach seinem Telefon. "HE!" Selbstmörderisch zappelte Jonathan, allein, der Arm um seinen Brustkorb klammerte so fest, dass er kaum noch Luft bekam. "Pscht." Kollerte es scharrtig an seinem Ohr. Hilflos musste Jonathan mitansehen, wie der andere eine Nachricht tippte und an seine Mutter versandte. [Übernachte bei Freunden. Komme morgen heim] [___]* Jonathan hätte gern um Hilfe geschrien. Sein Angreifer jedoch entledigte sich mit blitzartiger Gewandtheit des eigenen Dreieckstuchs, knebelte ihn damit, ohne Jonathans Winden zu beachten. Anschließend wurde der Reißverschluss des Anorak heruntergezogen, die Arme aus den Ärmeln gezerrt, dann das lädierte Kleidungsstück wieder geschlossen...um somit effektiv Jonathans Arme einzuzwängen. Ein muskelbepackter Arm legte sich schwer um seine eingerollten Schultern. "Wrmssnrddn." Kollerte krächzend der Kleiderschrank. »Kann ich nicht!« Protestierte Jonathan wütend-panisch. »Will ich auch nicht!« Er hatte ja schon Mühe, an dem Stoffknäuel in seinem Mund nicht zu ersticken! Man hätte einen Sprint hinlegen müssen... was sich jedoch ausschloss, wenn man die technischen Hindernisse ins Kalkül zog. Halb erstickt, gefesselt, eingeschüchtert... Jonathan schickte sich für den Moment drein. Sein Entführer dirigierte ihn mit energischen Schritten, jedoch ohne weitere Übergriffe oder Misshandlungen in entgegengesetzter Richtung zu Jonathans Heimweg. Wieso war hier niemand unterwegs?! Bemerkten die Autofahrer nicht, was hier vorging?! Aber niemand schenkte ihm Beachtung. Dann bogen sie in eine ältere Reihenhaussiedlung ein. Schmalere Gehwege, enge Straßen, kleine Vorgärten, ausgedünnte Beleuchtung. Ein Fußgängerweg führte zum Garteneingang kleinerer Grundstücke. Der Herkules drückte die Klinke eines altmodischen Jägerzauns mit veralgten Kreuzholzstreben. Lenkte ihn mit einer großen Pranke zwischen den Schulterblättern über Trittsteine eines moosgeplagten Garten-Handtuchstücks zu einem zweigeschossigen Haus. Eine Außentreppe führte zu einem Anbau über der Remise/Garage. Jonathan erklomm resigniert die Stufen. Hier zu entwischen und sich rasch zu verstecken, um den Verfolger abzuschütteln...das klappte doch nie! Der griff an ihm auf der obersten Plattform vorbei, produzierte einen Schlüsselbund und ließ sie hinein. Altmodische Keramikschalen an einem Deckenleuchter erhellten ein Studio-Appartement, das hauptsächlich von abgewetzten, sehr alten Möbelstücken und einer mit niedrigem Vorhang geschmückten Küchenzeile beherrscht wurde. Die kleinteilige, vergilbende Tapete mit Mustern der frühen 50er wurde an jeder freien Stelle durch Abbildungen alter Rennwagen in billigen Kunststoffrahmen kontrastiert. Es wirkte ganz und gar nicht wie die Unterkunft eines jungen Mannes. Der gerade hinter ihm die Tür schloss, aus seiner Collegejacke schlüpfte, die Turnschuhe mit ihren geringelten Schnellverschlüssen abstreifte und sich dann ihm zuwandte. "gnblck!" Er räusperte sich donnernd, schälte Jonathan aus dem Anorakgefängnis und befreite ihn auch von dem Dreiecktuch. "Bitte, ich sag niemandem was!" Beschwor Jonathan ihn, wich automatisch aus der Reichweite der imponierenden Arme in einem karierten Hemd. "Schh aszhn. Btt." Sein gewaltiger Gegenüber deutete auf Jonathans Füße. Jonathan zögerte. Der Andere bedrohte ihn nicht, war sogar höflich... Mit einem bitteren Aufseufzen, weil er seine Chancen als gering schätzte, an dem Herkules vorbei durch die Tür zu entwischen, ging er wechselseitig in die Hocke, um auch seine Turnschuhe aufzuschnüren und auszuziehen. "Dnk!" Über ihm kollerte es mit einem basslastigen Husten. Vorsichtig wich Jonathan zurück, doch viel Platz gab es nicht. Ein großes Bett an der Wand, mit hochgezogenen Aufbauten wie eine Koje in einer Schiffskajüte, davor ein alter Ohrensessel mit Fußbank, gegenüber ein offenes Regal mit einem herunterklappbaren Schreibbrett. Vor dem Fenster hingen schwere Vorhänge, eine Heizung konnte Jonathan nicht entdecken, und prompt überfiel ihn ein Zittern. "Tee?" Der Herkules wandte sich gerade zur Küchenzeile. Elektrischer Wasserkocher, mobile Kochplatte, Mikrowelle, kleines Spülbecken, kleiner Kühlschrank. Im Hängeregal bunt gemischtes Geschirr, in einem angeschlagenen Krug Besteck, kopfüber. Das Wasser polterte bereits laut im Kocher, während der breitschultrige Hüne Teebeutel aus einer Pappschachtel angelte und in zwei Henkelbecher mit alten Rennwagenmotiven verankerte. "Ich verstehe nicht, was du von mir willst." Jonathan zog sich zwischen Bettkante und Ohrensessel zurück, umklammerte frierend seinen Oberkörper. Mit beiden dampfenden Henkelbechern bewaffnet wandte sich ihm der Andere zu. Entriegelte geübt mit dem Ellenbogen die Schreibplatte des Regals, woraufhin diese gemächlich herabsackte und zuließ, dass man nicht nur ihr Innenleben entdeckte, sondern auch die Becher abstellen konnte. Der Hüne ließ sich auf der Fußbank nieder, nahm die verspiegelte Sonnenbrille ab, faltete sie zusammen, um sie neben seinem Becher abzulegen. Jonathan erblickte hellblaue Augen mit roten Einschlüssen und fast violetten Schatten ringsherum. Sein Gastgeber gestikulierte ihm, sich auf der Bettkante niederzulassen, reichte ihm einen Becher. »Schön dumm, ich könnte dich jetzt verbrühen...« Doch Jonathan nahm den Becher mit beiden Händen, verabschiedete diesen Impuls. Für so eine gewalttätige Aktion fehlte ihm der Mumm, das wusste er selbst. Außerdem hatte er schlicht Skrupel, einen anderen zu verletzen. Ärgerliche Empathie! Sein Gegenüber blies Dampf weg und schluckte vorsichtig, aber entschlossen. "Wie heißt du?" Seine Stimme klang noch immer grässlich, aber nun konnte Jonathan ihn besser verstehen. Er seufzte. "Jonathan. Jonathan van de Keuck..." Er holte Luft und ergänzte mit sackenden Schultern. "Cookie." "Cookie?" Augenbrauen wanderten hoch, schlugen Bögen in einem eher kantigen Gesicht. Jonathan hob das Kinn an, funkelte hinüber, bereit, souverän über blöde Sprüche hinwegzugehen. "Ich heiße Henry." Der Hüne schüttete Tee nach, räusperte sich mehrfach. "Doofe Halsentzündung!" Er erhob sich, ließ sich neben Jonathan nieder, der nervös ein wenig abrückte. Er erstarrte, als Henrys Linke ihm Zöpfe aus dem Gesicht strich und ihn eingehend musterte. "Kannst du deinen Pulli mal ausziehen?" Den Becher eilig abstellend verkroch sich Jonathan in die Ecke. "Nein! Ganz bestimmt nicht!" "Bitte, ich tu dir nichts!" Henry kroch nach, auf allen Vieren. "Lass mich dich bitte ansehen." "Nein!" Jonathan schüttelte den Kopf so stark, dass seine Zöpfe flogen. "Ich will nicht!" Ihm machte der konzentrierte Blick aus den blauen Augen Angst. Wollte der Kerl ihn vergewaltigen?! Henry senkte den Kopf einen Moment, atmete dann tief durch. "Entschuldige." Murmelte er sonor. Dann packte er Jonathans Knöchel, zog ihn beinahe in die Höhe und wirbelte ihn herum. [___]* Das Gesicht im fremden Kopfkissen konnte Jonathan nicht aufschreien, viel zu schnell fand er sich auf dem Bauch, eine Pranke im Rücken, die ihn bannte. Während die andere Hand Jeans und Unterhose herunterzog, dann seinen Pullover bis in die Achseln rollte. Er zitterte, stemmte verzweifelt die Fäuste in die Matratze, um sich irgendwie zu befreien, rang schluchzend nach Luft. Über ihm hörte er ein beinahe gequältes Stöhnen. Darauf löste sich die Linke zwischen seinen Schulterblättern, er wurde an der Schulter herumgedreht, dann hielten ihn die kräftigen Oberschenkel auf seinen Beinen nieder. Henry beugte sich über ihn... inspizierte seine linke Brustpartie. Richtete sich schließlich auf, mehrfach tief Luft holend, ihm das angespannte Profil zuwendend. "Du hast keinen eineiigen Zwilling... oder einen Doppelgänger, nicht wahr?" Jonathan schluckte Tränen herunter, stieß ein gewürgtes "Nein!" hervor. Sich mit beiden Händen mehrfach über das Gesicht rubbelnd, das kurzrasierte Haar kraulend, hörte er Henry sonor murmeln. "Verrückt. Total irre." Schließlich wandte er sich Jonathan zu, ein gequältes Lächeln auf den Lippen. "Dann habe ich wohl mit dir seit dem Frühjahr Sex." [___]* "Was?!" Ein schrilles Quieken entrang sich Jonathan, der selbst zusammenzuckte. Henry stieg nicht nur von seinen Beinen, sondern schnippte auch, in angemessener Distanz, seine Bettdecke über Jonathans blanke Front. Der zog eilig die Beine an und justierte hastig im Schutz der wärmenden Textilien seine Bekleidung. Sein offenbar geistig verwirrter Gastgeber erhob sich, tigerte unruhig durch das kleine Studio. "Ich WEISS, dass das verrückt klingt." Nickte er Jonathan zu, eine traurige Grimasse ziehend. "Ich würde es gern erklären, bitte!" Angesichts seiner schlotternden Knie, die das Nachlassen der Anspannung vertraten, sah Jonathan keine Veranlassung, diesem Gesuch um Aufmerksamkeit auszuweichen. "Also...." Henry holte tief Luft, was einen beeindruckenden Brustkasten samt abzeichnender Muskulatur noch dreidimensionaler potenzierte. "Es hat im Frühling angefangen. Da hatte ich sehr explizite Träume. Nur dass es keine Träume waren!" Er seufzte, hieb wechselseitig die Fäuste in die flache Hand, vermied einen direkten Blick auf Jonathan. "Da war dein... Doppelgänger. Er sagte, er sei in mich verliebt. Und weinte, weil das ja total sinnlos sei, und er war wütend auf sich selbst..." Ein Lächeln huschte über das kantige Gesicht. "Und ich habe ihm geantwortet, dass es nicht sinnlos ist. Dass ich ihn gern kennenlernen möchte." Jonathan starrte stumm, immer noch die eigenen Beine umarmend, ein kompaktes Paket. "Es fühlte sich nicht an wie ein Traum. Nie!" Nun wandte sich Henry zu ihm um. "Ich konnte ihn fühlen, riechen und schmecken. Seine Stimme hören. Alles war real!" Er seufzte, schulterzuckend. "Zumindest bis zu einem gewissen Grad. Wenn ich in meinem Bett morgens die Augen aufschlug, war er nicht mehr da." Unwillkürlich beäugte Jonathan die Lagerstatt, in der er selbst gerade präsidierte, verunsichert. Henry trat näher an das Bett, registrierte Jonathans Nervosität und ging an der Bettkante in die Hocke. "Als ich dich im Park sah und hörte, ehrlich... ich dachte, mich trifft der Schlag.", Ein schiefes Grinsen huschte über die angespannten Züge. "Und da wollte ich einfach sichergehen. Dass es nicht bloß eine Ähnlichkeit ist. Deshalb MUSSTE ich einfach... die Galaxien überprüfen." "Galaxien?!" Echote Jonathan nach einem bangen Augenblick schrill. "Na ja." Henry platzierte sich auf der gepolsterten Fußbank. "Du hast auf dem ganzen Körper diese Galaxien. Einzigartig!" Nun fiel der Groschen, Erkenntnis und Verärgerung paarten sich. "Ach, du meinst meine PIGMENTSTÖRUNG!" Stellte Jonathan selbstverächtlich fest, grimmig und vorgeblich ungerührt. "Der 'Streuselkuchen-Freak', mein besonders unveränderliches Kennzeichen!" Henry studierte ihn einen Moment länger, als Jonathan lieb war. "Für mich sind es einzigartige Galaxien. Und du bist kein Streuselkuchen-Freak, sondern sexy." "...Phff!" Schnaubte Jonathan schließlich, sich abwendend, verräterische Röte in seinem Gesicht verwünschend. Der Kerl war ja total durch den Wind! Dieser seufzte erneut, von einem traurigen Auflachen begleitet. "Ich habe nie einen Namen erfahren. Aber ich wollte es auch nicht kaputtmachen. Weil d...dein Doppelgänger sonst vielleicht nicht mehr erschienen wäre." Henry wechselte von der Fußbank auf die Bettkante, in höflicher Distanz. "Du brauchst keine Angst zu haben...Cookie. Ich bin zwar Kapitän der Rugby-Mannschaft, aber ich prügle mich nicht herum." Jonathan musterte ihn abwartend. Nun, das erklärte wohl die bemerkenswerte Statur. Und die bedauerliche Geschicklichkeit, ihn festzusetzen. "Die zwei Buchstützen von vorhin sind bloß Kumpels." Henry zog eine Grimasse. "Sie stehen total auf E-Kippen und die E-Shishas. Aber mit 15 ist die Pafferei illegal, und ich glaube, sie klauen die Dinger von ihren Eltern." Er zuckte mit den Schultern. "Ich hab die ganzen Ferien flachgelegen, deshalb war mir nach Gesellschaft, auch wenn mein Hals mich nervt." Ein diskretes Räuspern des Reibeisens. "Ich selbst trinke nicht, rauche nichts, nehme keine Drogen. Ich hab bloß Sex." Zu seiner Verblüffung reagierte Jonathan auf das neckende Zwinkern mit einem schiefen Grinsen. Henry betrachtete ihn unterdessen einfach. Versonnen, gründlich, die Zeit vergessend. Jonathan jedoch bemerkte jeden verstreichenden Herzschlag, reagierte mit beunruhigtem Zappeln. "Guck nicht so!" Platzte er schließlich heraus. "Entschuldige." Henry lächelte melancholisch. "Ich kann nicht anders. Ich befürchte, wenn ich die Augen schließe, bist du verschwunden." "... so... so schnell schaffe ich es nicht zur Tür raus!" Retournierte Jonathan überrumpelt, sich bewusst, dass sein Gesicht vermutlich in Flammen stand. Denn er begriff, dass sich Henry vermutlich daran erinnerte, wie er mit dem Doppelgänger...!! Man musste DRINGEND das Thema wechseln! Zumindest, wenn man nicht zum Hummer im Kochtopf mutieren wollte. "...wohnst du wirklich hier?" Jonathan wagte, einen Arm zu lösen und in den vollgestopften Raum zu gestikulieren. Henry nickte, ohne den Blick abzuwenden. "Eigentlich ist es die Bude von meinem Opa. Als er gestorben ist, bin ich umgezogen." Seine dunkle Stimme klang gepresst, er atmete hörbar durch. "Ich bring es aber noch nicht über mich, etwas zu verändern." Betroffen von dem unverkennbaren Kummer wisperte Jonathan beklommen. "Das tut mir leid..." Ein wackliges Lächeln huschte über Henrys kantiges Gesicht. "Danke. Manchmal zählt einen das Leben echt an, hm?" Verunsichert zuckte Jonathan mit den Schultern, wusste nicht, was er tröstend äußern sollte. Oder warum ihm trotz der Umstände der Impuls beherrschte, Empathie zu bekunden. "Ich weiß nicht, wie es kommt, aber..." Henry kraulte seine militärisch knapp gestutzten Haare. "Ich bin SICHER, dass es keine bloßen Träume waren. Es ist ja doch ein Unterschied, ob man von Sex träumt oder ihn hat, richtig?" Hastig wandte Jonathan den Kopf ab. Dazu wollte er sich lieber nicht äußern. Er zuckte zusammen, als Henry sich von der Bettkante stemmte, im Regal einen Karton öffnete, eine Medizinflasche entnahm. Mit dem kindersicheren Verschluss rang und dann zähflüssigen Inhalt auf einen beschmierten Löffel bugsierte. Mit einer Grimasse schluckte er, räusperte sich, gurgelte verhalten. "Hatte eine Grippe." Noch immer hörte man die Reißnägel mit rostigem Belag. "Aber keine Angst, ich bin nicht mehr ansteckend. Zwischendrin war ich aber wirklich elend dran." Er verdrehte die beschatteten Augen. Wieder schien er in Jonathans Betrachtung förmlich zu versinken. Der wusste sich nicht anders zu helfen, als schließlich die Zunge zu blecken und wütend zu funkeln. Henry lächelte schief, hockte sich wieder auf die Bettkante. "Du hältst mich für einen Spinner." Nickte er. "Ich würde mir ja auch nicht glauben... aber ich WEISS genau, wie du aussiehst. Wie du klingst. Wie du dich anfühlst..." "Nicht ICH!" Fauchte Jonathan in nervöser Aggression. "Mein... Doppelgänger! Oder was auch immer!" "Wenn ich dich... deinen Doppelgänger küsse..." Henry konzentrierte sich unverwandt auf Jonathan, der immer kribbliger wurde, weil Henry so ÜBERZEUGT schien. "...dann kann ich die kleine Zahnlücke spüren, hinten, wo ein Backenzahn fehlt." Jonathan spürte, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Tatsächlich fehlte ihm ein Backenzahn ganz hinten, eine Laune der Natur. Nur sah man das nicht direkt, und damit ging er auch nicht hausieren. Woher also...?!! Ohne es registriert zu haben, war Henry näher gerutscht, strich ihm wieder lose Zöpfchen in den Nacken. "Cookie?" Raunte er leise, erstaunlich sanft. Eine Gänsehaut huschte über Jonathans Körper, ließ ihn erschauern. Langsam schüttelte er den Kopf, wollte etwas nicht wahrhaben, was sich hier abzeichnete. Trotzdem zuckte seine Rechte hoch, zur karierten Hemdpartie. Und erstarrte, als Jonathan bewusst wurde, was er zu tun im Begriff war. "...soll ich es ausziehen?" Henry ignorierte Jonathans noch energischeres Kopfschütteln, knöpfte am Hals auf, bevor er überkreuz den schmalen Bund umfasste und sich das Hemd über den Kopf zog, es beiläufig auf das Fußbank ablegte. Jonathan keuchte, presste die verräterische Rechte auf seinen Mund. Er fühlte sich, als hätte man ihm einen Faustschlag mitten in den Solarplexus verpasst. Zwar hatte er noch nie die vertraute Brustpartie seines Kabinett-Liebhabers gesehen, aber er WUSSTE, wie sie sich anfühlte. Ein erstaunlich angenehmer Pelz... und vor ihm präsentierte sich ein Brustkorb mit erstaunlich dichtem Flor, der Sorte, die man an Sean Connery in frühen James Bond-Filmen bewundert hatte. Henry kaperte Jonathans freie Linke und führte sie an seine Brust, trotz zittrigem Widerstand. "Cookie?" Wisperte er erneut, im Bass, durch die geringe Lautstärke weniger beeinträchtigt. Nein, kein Zweifel. Jonathan verschluckte sich an einem würgenden Aufkeuchen, krümmte sich hustend zusammen, hörte sich selbst schluchzend nach Luft schnappen. Bevor er protestieren konnte, schlangen sich die muskulösen Arme um seine zuckenden Schultern, wurde er eng umarmt, besänftigend gewiegt. "Alles okay, atme ganz ruhig!" Warmer Atem wehte über seinen Nacken. "Tief Luft holen, Cookie." Eine Hand wanderte auf seinen Nacken, den obersten Wirbel, direkt am Haaransatz, streichelte ihn zärtlich. Nein, es gab kein Vertun. Er KANNTE diesen Körper. Diese Gesten. [___]* Kapitel 2 - Originale statt Doppelgänger Schockiert wollte sich Jonathan befreien, stemmte die Arme gegen die nackte Brust, verwünschte die knisternde Vertrautheit des Pelzes unter seinen Handflächen. Henry konterte den Ausbruchsversuch mit einer geschickten Gewichtsverlagerung, senkte Jonathan auf die Matratze ab, dirigierte mit seinen großen Händen Jonathans Haupt... und erprobte ungeniert seine Vermutung ob der Zahnlücke. Jonathan hätte sich wehren müssen... aber dieser Kuss entsprach dem, was er am frühen Abend in der Finsternis genossen, ja, gefordert hatte! Und Henry wälzte sich nicht wie ein Seeelefant auf ihn, sondern lagerte sich auf der Seite, bedeckte ihn mit Küssen, während er ihm über die rechte Seite, Arm und Oberschenkel, streichelte. "Wieso hast du mit der falsche Röhre geatmet, hm?" Brummte er sonor, ließ ihn keinen Wimpernschlag aus den Augen. Prompt presste Jonathan die Lippen fest aufeinander, wollte keinen verräterischen Laut entschlüpfen lassen. DAS...also war sein Liebhaber, den er nie gesehen hatte? Der ihm niemals einen Namen verraten hatte? Ein fünfzehnjähriger Rugbyspieler, der im Studio-Appartement seines Großvaters hauste?! Da Henry die deutlichen Anzeichen eines inneren Freistilringens erkannte, arbeitete er höchst eigennützig zu seinem Vorteil. Liebkoste die einzigartig gefleckte, sehr zarte Haut, bewunderte die ungewöhnliche Augenfarbe, spielte mit den Zöpfchen und verteilte sanfte Küsse auf erreichbare Partien. Schließlich ergab sich Jonathan dem Unausweichlichen, denn Henry hatte bestimmt Lunte gerochen, kein Zweifel! Er MUSSTE ja vermuten, dass etwas vor sich ging. »Wie gut, dass ich nie Gelegenheit zum Pokern hatte!« Konstatierte es bitter in seinem Hinterkopf. Aber man musste sich der Schande ja nicht sehenden Auges ausliefern. Deshalb legte Jonathan einen Unterarm über seine entschlossen gesenkten Lider. "In meiner Schule, da gibt es im Altbau verschiedene Schränke... wie Besenkammern. In einem der Schränke befindet sich aber kein Lager, sondern ein Pissoir. Ist also eher... ein Kabinett. Im Frühjahr musste ich ziemlich dringend..." Jonathan gestand nur in groben Zügen ein, was sich ereignet hatte. Gefühle und (GANZ SICHER!) Details ließ er aus. "... das ist ziemlich verrückt...oder Schicksal." Konstatierte Henry schließlich, jedoch ohne einen Anflug von Spott. Nachdenklich fügte er an, Jonathan weiterhin betrachtend. "Gibt mir aber zu denken, dass DU mein Alter Ego nie gesehen hast." »Mir nicht.« Dachte Jonathan, leidlich geschützt unter seinem Unterarm, der nach wie vor seine Augen verdeckte. Typen wie Henry vermied er, so gut er nur konnte. "He..." Nun pflückte der ihm prompt den Arm ab, was Jonathan mit einem Knurren beantwortete. "Das mit unseren... Doppelgängern hat doch was zu bedeuten, meinst du nicht?" Es lag ihm auf der Zunge, aber Jonathan schluckte es entschieden runter. »Dass wir erbärmliche Sex-Junkies sind und höchst wahrscheinlich schwul, von schlechtem Geschmack ganz zu schweigen!« Klang doch arg nach sauren Trauben! Angesichts des leichten Lächelns, dass Henrys Mundwinkel umspielte, wäre ohnehin eine bissige Replik nicht möglich gewesen. Nicht, wenn jemand trotz Grippe-Restauswirkungen so beseelt schmunzelte, von innen heraus, ohne lästige Forderungen! "Glaubst du, dass unsere Doppelgänger noch... im Dienst sind? Ich meine, jetzt, wo wir beide das Original kennen?" "...weiß ich nicht." Murmelte Jonathan und drehte den Kopf zur Seite, um dem forschenden Blick auszuweichen. "Außerdem ist das nur äußerlich..." Er verstummte, verwünschte sich selbst für die verräterische Farbe in seinen Wangen. Was hieß hier auch schon kennen?! Das waren... Phantasien! Es war nicht... echt. Genau, auch wenn es sich so anfühlte, es waren nur... Wunschträume! "...was bedeutet, dass wir jetzt die Chance auf mehr haben. Die inneren Werte auch kennenlernen können." Sprach Henry ungeniert das aus, was Jonathan zu vermeiden hoffte. "Das wird nicht funktionieren!" Warf er eilig ein, versuchte, sich auf die Ellenbogen aufzustützen. "Wie soll man auch mit einem Ideal konkurrieren?!" Henry studierte ihn überrascht. "Schön, wir haben vielleicht nur eine Seite von uns gesehen, aber das macht doch Lust auf all die anderen Seiten!" Jonathan rappelte sich entschieden auf. "Und wenn es bloß enttäuschend ist?!" "War mein Alter Ego so gut?" In Henrys tiefe Stimme mischte sich ein Lachen. "Hast du ihn etwa heute auch getroffen? In der Besenkammer?" "Kabinett, nicht Besenkammer!" Brauste Jonathan peinlich berührt auf, mühte sich, seine Beine unter der Decke und Henry hervorzuziehen. "Außerdem geht dich das nichts an!" "Süß, du bist also schüchtern!" Nun lachte Henry wirklich, beugte sich auch noch vor, um Jonathans Blick aufzufangen! Der fauchte, wütend auf seine Scham, seine Hilflosigkeit, diese ganze verzwickte Situation. "Ich bin nicht SÜSS! Und außerdem 17, also spar dir den Gönnerton!" Definitiv lebensmüde, so etwas zu so einem Schrank in der freien Wildbahn zu sagen. Es konnte also nur die verflixte Vertrautheit sein, die er verspürte! "17?! Wirklich?!" Henry rückte etwas ab, tatsächlich verblüfft. "Du bist zwei Jahre älter als ich?!" In seiner Miene konnte man unzweifelhaft ablesen, dass er von dieser Enthüllung getroffen war. "Ich wachse noch, okay?!" Zischte Jonathan, bevor er sich hastig abwandte und verbittert wisperte. "Zumindest theoretisch." So, und nach diesem Auftritt musste Henry ja wohl überzeugt sein, dass er nichts mit seinem Doppelgänger gemein hatte! Der offenbar recht freizügige Aktionen in DIESEM Bett startete und auch noch heulend Liebesgeständnisse von sich gab! "... wenn ich so blöd wäre, wie du dir gerade wünschst, würde ich darauf reinfallen." Mit einem blitzartigen Bodycheck klemmte Henry Jonathan unter sich ein. Fing dessen zur Gegenwehr hochgerissene Arme ab und drängte unerbittlich seine Finger zwischen Jonathans. "Aber das bin ich nicht." Jonathan schnappte nach Luft, versuchte, sich nach der anderen Seite abzudrehen, wand sich wie ein Fisch. Vor allem aber wich er dem forschenden Blick aus. "Wenn du meinen Doppelgänger gemocht und ihm vertraut hast, kannst du das auch bei mir tun, ich bin schließlich das Original." Argumentierte Henry geduldig, verlagerte dabei sein Gewicht. Unerwartet heftig presste sich etwas Spitzes in Jonathans Leiste, was ihn aufschreien ließ. Hastig gab Henry ihn frei, schlug die hinderliche Decke zurück, rollte ganz selbstverständlich Jonathans schwarzen Rollkragenpullover hoch und die Stoffhose runter. "Oh, verdammt!" Er fahndete in seiner Hosentasche, beförderte Draculas Dritte, nun zerbrochen, samt Schnürsenkel zutage. Offenbar hatte er sie dort deponiert und vergessen... bis jetzt. "Das wird vielleicht ein Bluterguss." Sofort inspizierte er die helle Haut über der Leiste eingehend, wandte sich dann Jonathan zu, der sich bemühte, seine Blöße zu bedecken. "Warte!" Henry bremste seine Hände. "Ich habe vom Rugby da eine Salbe..." "Brauch ich nicht!" Zischte Jonathan und hasste den Umstand, dass ihm ein feuchter Film die Augen verklebte. Es tat gar nicht mehr weh, aber die ganze Situation wuchs ihm über den Kopf, er fühlte sich unzulänglich, einfach erbärmlich... und würde gleich heulen, was er noch mehr verabscheute! "Es tut mir leid!" Henry schien das nicht zu bemerken, tupfte behutsam einen Kuss nach dem anderen um die sich abzeichnenden Verfärbungen, fing Jonathans ungelenke Schwinger ab, der ziellos einfach nur entwischen wollte. "He, Cookie, alles okay." Versuchte er es mit der konventionellen Herangehensweise, eine wüste Klopperei umgehend. Als das nichts fruchtete, nutzte er seine kniende Position aus, Jonathan hochzuziehen und in seinen muskulösen Armen einzukerkern. "Entschuldige, Cookie, ich wollte dich nicht verletzen!" Wiederholte er geduldig im sanften Bass, wieder und wieder, unbeeindruckt von dem zornigen Schluchzen und Schnauben an seiner Schulter. "Ich will gehen!" Fauchte Jonathan würgend. "Ich will nach Hause!" Es klang erniedrigend kindlich, er verabscheute sich selbst, ein gewohntes Gefühl, doch jetzt wollte er bloß weg. Raus aus dieser Situation, sich irgendwo verkriechen. Allerdings ließ Henry keineswegs locker, dazu kam noch der Brustpelz an Jonathans Wange, der ihn aufreizend berührte und die enorme Körperwärme, die Henry freigiebig ausstrahlte. "Bitte lauf nicht weg!" Raunte die tiefe Stimme an seinem Ohr tröstend. "Du hast meinem Doppelgänger doch auch vertraut." Ja, immer wieder war er trotz der unmöglichen Ausgangslage in das Kabinett gegangen, hatte sich in der Finsternis dem Fremden überantwortet! Wie bekloppt war das denn?! Wie verkorkst musste man sein?! Es hatte nur funktioniert, weil niemand etwas wusste. Weil alles verborgen blieb. Er keinen Anstoß erregen konnte. Wütend stemmte er sich gegen den breiten Brustkorb, funkelte hoch. "Ich bin ein Feigling, okay?! Ein Schisser, ein Angsthase, ein Loser! Ich bin nicht mein perfekter Phantasie-Doppelgänger, klar?! Willst du, dass alles rauskommt?! Denk mal daran!" Henry zog die Augenbrauen zusammen. "Das wäre nicht gerade... prima. Beim Rugby wäre ich wohl draußen, was schade ist, obwohl wir echt lausig sind." "Siehst du?!" Jonathan nickte heftig. "Und deine Freunde..." Doch bevor er in finstersten Farben ausmalen konnte, wie desaströs es wäre, mit den Originalen fortzusetzen, was die Kopien heimlich ermöglicht hatten, sprach Henry weiter, bedächtig, aber entschieden. "Andererseits würde es nichts daran ändern, wer ich bin. Ich hab kapiert, dass ich auf Jungs stehe, dass das angeboren ist. Egal, wen das anpisst, so bin ich nun mal." "Schön, trotzdem..." Jonathan versuchte es erneut. "Und ich brauche keinen perfekten Liebhaber, sondern meinen Freund." Er holte tief Luft. "Mir ging's wirklich schlecht, bevor dein Doppelgänger mich gefunden hat. Das hat mich aufgerichtet, getröstet, mir Selbstbewusstsein eingeflößt. JETZT habe ich die Chance auf etwas noch Besseres: dass du da bist, auch wenn ich die Augen öffne." Jonathan setzte zur Gegenrede an, klappte den Mund auf... doch ihm fehlten die schneidenden Worte, mit denen er Henry auf seinen Platz verweisen konnte. In dessen blauen Augen, von den tiefen Schatten noch gezeichnet, las er den entschlossenen Ernst eines charakterstarken Menschen, der sich nicht einfach einschüchtern ließ, verkroch, möglichst unsichtbar werden wollte. Kein erbärmlicher Feigling, wie er selbst es war. "Cookie..." Henry kämmte in einer vertrauten Geste Zöpfchen hinter eine Ohrmuschel. "Wir sind doch beide schon gesprungen, richtig? Und unser Mut ist belohnt worden, oder?" Hastig senkte Jonathan den Kopf. Er wollte keine vernünftigen Argumente hören, garniert mit Beteuerungen, dass alles schon gut werden würde, Happyend mit Zuckerguss und Regenbogen! Weil es nicht so geschehen würde. Weil man sich nicht darauf verlassen konnte. Dann musste er sich wieder vom Fußboden aufkratzen und erneut das bisschen Selbstbewusstsein, über das er verfügte, auf Erbsengröße aufblasen! "Hast du wirklich so viel zu verlieren, wenn wir zusammen sind?" Raunte Henrys tiefe Stimme an seiner Wange. "... du verstehst das nicht." Antwortete Jonathan grimmig. "Du bist groß, stark, siehst gut aus, hast Freunde. Ich dagegen bin eine verkümmerte, hässliche Missgeburt, die man prima als Blitzableiter benutzen kann." "... wer sagt solche Dinge über dich?" Hakte Henry nach einem scharfen Atemzug beherrscht nach. Nun lachte Jonathan bitter auf, vermied aber hartnäckig jeden Blickkontakt. "Unter anderem mein Spiegel, meine alltägliche Erfahrung? Nicht zu vergessen mein Vater. Und hätte ich Freunde, was ich nicht tue, würden die das genauso erkennen." Weshalb sein Leben im Wegducken, Ausweichen, Verstecken, Unsichtbarmachen, auf keinen Fall Auffallen bestand. Unerwartet energisch wurde er in eine beinahe erdrückende Umarmung gezogen, richtete Henry sich auf, sodass Jonathans Beine von der Decke freigeschüttelt wurden. Reflexartig zog er sie an, was Henry zupass kam, der ihn so mühelos auf seinen Schoß hievte und umklammerte. Gegenwehr war zwecklos, Jonathan konnte sich nicht rühren, gerade noch genug Luft schöpfen, um zu japsen. "...ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll!" Wisperte Henry rau. "Aber das alles ist Unsinn. Du bist keine verkümmerte, hässliche Missgeburt. Du bist schön, sogar sehr sexy. Ich liebe es, dich anzuschauen, all die Galaxien auf deiner Haut, deine ungewöhnliche Augenfarbe, deine perfekte Figur. Ich kann nicht genug davon bekommen, durch deine Zöpfe zu streichen. Wenn ich dich küsse, spüre ich das von den Zehen bis zur Schädeldecke. Wenn wir miteinander schlafen, bin ich glücklich, weil es sich so gut anfühlt, weil ich dir so nahe sein darf." Er atmete tief durch. "Und das sollst du wissen: ich gebe nicht auf. Ich bin dein Freund. Und auch dein Spiegel, wenn du einen brauchst. Ich will nicht aufgeben, was mich so glücklich macht." "... Egoist!" Schimpfte Jonathan erstickt, doch er konnte die Entschlossenheit nicht abtun. Nicht nur wegen des eisernen Griffs. "Bitte schau auch auf die positiven Seiten!" Henry ließ nicht locker. "Wir vertrauen einander, helfen uns, stehen uns bei. Wir verbringen Zeit miteinander, teilen viele schöne Erlebnisse. Unser Alltag wird ein bisschen heller, netter, zuversichtlicher." "... und wenn es vorbei ist..." Jonathan schrumpfte in sich zusammen. Darin hatte er Übung. "Warum sollte es vorbei sein? Sind wir nicht seit dem Frühjahr quasi zusammen? Also schaffen wir dieselbe Zeit bestimmt noch mal locker! Und dann noch mal! Und zwar, weil wir das wollen, weil es uns viel besser geht, wenn wir zusammen sind!" Jonathan seufzte leise, hob dann mühevoll die Arme, um das breite, nackte Kreuz zu umschlingen. Wenn er sich darauf einließ, würde das Ende qualvoll werden, davon war er überzeugt. Weil es so lange her war, dass er so viel positive Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. "Bitte, Cookie!" Raunte Henry beinahe flehentlich. "Lass es uns versuchen! Ich werde mein Möglichstes tun, das verspreche ich dir! Bitte... bitte gib mich nicht auf..." "... du hast geschwindelt!" Wisperte Jonathan erstickt. "Dir geht's gar nicht um den Sex. Du bist verliebt..." Henry lachte gepresst auf. "Wie sollte ich mich nicht verlieben, wenn du mir so nahe bist, mir geholfen hast, als ich so übel dran war? Mal abgesehen davon, dass du so sexy bist!" Eigentlich wollte Jonathan widersprechen, denn weder fühlte er sich anziehend, noch hatte ER etwas getan. DAS konnte nur sein Doppelgänger, der offenbar all die positiven Eigenschaften in sich vereinigte, die ihm abgingen. Aber er schwieg, weil es eine ausweglose Situation war. Entweder wagte er den Sprung... oder er verweigerte sich. "Bitte!" Wiederholte Henry leise, löste die Umklammerung, um Jonathans Rücken bestreichen zu können. "Bitte vertrau auf uns, Cookie." Jonathan atmete mehrfach tief durch, verabscheute das krächzende Geräusch aus seiner Kehle, das wie ein Schluchzen klang. "...lass mich bloß nicht im Stich!" Flüsterte er an die breite Brust. "...werde ich nicht, versprochen!" Henry verlagerte rasch sein Gewicht, ließ sich mit Jonathan auf die Matratze sinken, strahlte ihn zutiefst erleichtert an. "Oh, danke! Vielen Dank, Cookie!" Und weil schnöde Worte nicht ausreichen konnten, seine Erleichterung zu transportieren, machte er sich im Überschwang über Jonathan her. Der sich von Küssen bedeckt fand, liebkost, atemlos beschmust, warm gekuschelt, während sein Spitzname immer wieder in seinen Ohren echote, zärtlich, flehend, anspornend. Obwohl ihm die leidenschaftliche Aufwartung vertraut war, registrierte Jonathan die Unterschiede, nämlich bequem zu liegen (statt zu stehen), partiell von einem sehr aufreizenden "Pelz" abgeschmirgelt. Er keuchte schließlich leise, bremste Henry, blinzelte hoch. "...das Licht blendet so." Wisperte er. "Ich mach es aus!" Sofort kam Henry hoch, eilte zur Tür, um das Deckenlicht auszuknipsen. Dann entzündete Henry ohne Mühe eine Sturmlaterne, deren Glasfronten mit Leuchttürmen an Klippen zierlich bemalt worden waren, was farbige Flecke an die Wände zauberte. Henry stellte sie ins Regal, wandte sich dann Jonathan zu. Entkleidete sich vollständig. "Lass uns herausfinden, wie weit wir gehen wollen, ja, Cookie?" Jonathan setzte sich mühsam auf, schauderte, als die Decke herunterrutschte. Aber er wehrte sich nicht gegen Henrys behutsame Unterstützung, ihm die Kleider abzustreifen, aufmerksam unterhalb der Bettdecke agierend. Als Henry sich vor ihm auf der Bettkante ausstreckte, konnte Jonathan sich nichts vormachen: jede Berührung, Muskeln, Haut, Pelzbeflockung... das alles war ihm vertraut. »Jetzt ist es ohnehin gleich!« Vagabundierte in seinem Hinterkopf. Also ließ er sich fallen, wie er es im Kabinett getan hatte. Bald schon glühten sie beide vor Hitze, waren außer Atem, hatten sich immer wieder versichert, dass zwischen Original und Doppelgänger kein Unterschied bestand. Henry fischte unterhalb des Betts in einem offenen Fach herum, deponierte Kondome und eine Tube Gleitgel auf der Matratze. Jonathan zog die Augenbrauen hoch. Konnte sein Traum-Doppelgänger solcher Hilfsmittel bedurft haben?! "...wollte vorbereitet sein..." Henry zuckte mit den imponierenden Schultern, lächelte dann. "Aber jetzt bin ich doch nervös... wollen wir es wagen?" "Das fragst du jetzt?!" Ächzte Jonathan betont empört, zappelte leicht, denn Henry spürte ohne Zweifel, dass sie beide sehr erregt waren. Ganz zu schweigen von den Spuren, die Jonathans Körper bereits zeichneten! Über ihm lachte Henry leise, kämmte ihm sanft durch die Zöpfchen. "Du hast Recht, Cookie." Er beugte sich wieder über ihn, küsste ihn, erst zärtlich, dann mit wachsender Begierde. »Der spinnt!« Geisterte es durch Jonathans fiebernden Verstand. Trotzdem konnte er nicht abstreiten, dass Henry TATSÄCHLICH von seiner gefleckten Haut fasziniert war. Ihn überall küsste, mit den Fingerspitzen vorgebliche "Milchstraßen" nachzog, knabberte und leckte, ein verschmitztes Lächeln auf den kantigen Zügen. Jonathan entschied endlich, den Spieß umzudrehen. Indem er eine Rolle initiierte und sich selbst auf Henry ausstreckte, sich räkelte (genug Auflagefläche wurde ja geboten!) und dann reibend forcierte, was bereits heftig pochend nach voller Aufmerksamkeit verlangte. Henrys gutturales Aufstöhnen ging ihm durch Mark und Bein. Herrje, wenn sie im Kabinett so laut gewesen waren... doch nein, da war schließlich...Magie im Spiel gewesen, richtig? Und der Andere kein Mensch! Hier jedoch, ganz bodenständig in der prosaischen Realität, absolvierten sie beide zum ersten Mal das jeweilige Applizieren des Präservativs, um allzu merkliche Spuren zu verhindern. Jonathan schwirrte bereits der Kopf, denn obwohl er sich auf Henry eingerichtet hatte, erhitzte ihn die schützende Decke bis zum Delirium. Als hätte eine Gedankenübertragung stattgefunden, rotierte Henry behutsam, sodass sie jeweils auf der Seite zu liegen kamen, griff dann beherzt zu. Warum sollte es auch NICHT funktionieren?! Unzählige Male vorher hatte er seinen namenlosen Geliebten verwöhnt, der ihm aufreizend und leidenschaftlich Dank gezollt hatte, da konnte jetzt alles nur besser werden! Denn Jonathan würde noch da sein, wenn er die Augen öffnete. Der bemühte sich wiederum, nach dem ersten Klimax, nicht zu verkrampfen, die erforderliche Entspannung irgendwie zu erreichen. Dabei verspürte er schon jetzt eine satte Mattigkeit, gepaart mit einem ganzkörperlichen Sonnenstich! Henry half ihm schließlich in eine leichte Hocke, hielt ihn sicher trotz der abblätternden Decke, die bei Jonathan heftige Schauder auslöste. Nach vorne kippend, die Zungenspitze in einem Mundwinkel eingeklemmt, um in voller Konzentration bloß keine Ungeschicklichkeit zu begehen, verteilte Henry das Gleitgel. Vorher bedurfte es dieser Vorkehrungen nicht, aber er empfand eine gewisse Zuversicht, weil Jonathan kaum Widerstand leistete, es vielleicht gar nicht mehr konnte. Trotzdem konnte er ein zutiefst erleichtertes Aufseufzen nicht unterdrücken, als der ihm mit einem Neigen des Beckens entgegen kam, so sehr keuchend, als hätten sie einen Sprint in Weltrekordzeit hingelegt. Eng, heiß...und ein wenig glitschig, aber Geschmeidigkeit war Trumpf! "... Cookie..." Stöhnte er leise. "... geht's?" Jonathan antwortete ihm nicht, folgte jedoch mangels Alternativen ihrer eng verschweißten Bewegung, ächzte leise bei jedem Ruck, der seinen schmalen Körper durchlief. Schließlich verlor Henry den Kampf mit sich selbst, steigerte die Frequenz seines Schwungs, hielt Jonathan mit dem linken Arm fest, während er ihr gemeinsames Gewicht auf der Matratze ausbalancierte. Und sorgte mit der einfühlsamen Rechten dafür, dass Jonathan zuerst die finalen Sternchen sah. [___]* Jonathan erwachte, vom Druck seiner Blase energisch angetrieben. Verwirrt blinzelte er in die unbekannte Dämmerung, bis er begriff, dass er sich noch bei Henry befand. Der die Flurseite des Kojenbettes gewählt hatte und offenbar eine innere Heizung betrieb, denn sein muskelbepackter, nackter Arm ragte unter der Decke hervor und beschwerte Jonathans Brustkorb. Sehr vorsichtig, mit angehaltenem Atem, expedierte Jonathan den hitzigen Ausläufer, wickelte sich aus der Bettdecke und kletterte ungelenk über den gefällten Hünen hinweg. Der Boden unter seinen bloßen Füßen war eisig, und da er seine Kleider nicht gleich fand, huschte er blank mit Entenparka am ganzen Körper in die mit Vorhang abgeteilte Nische hinter der Küchenzeile. Das schmale Gelass verfügte nur über Lüftungsschlitze, aber wenigstens fand er einen Lichtschalter. An der Stirnseite wartete, von Haltegriffen förmlich eingekerkert, eine schmucklose Toilette. Davor stieg man über ein aufgeblasenes Kinderplanschbecken, in dem ein Schlauch mit Sprühaufsatz müßig herumlungerte. »Du liebe Güte!« Dachte Jonathan, verschwendete aber keine Zeit darauf, denn es pressierte nun wirklich. Er hockte sich, zog die Beine hoch, um die Fußsohlen vom Boden zu lösen, rollte sich ein, die Arme um seinen Oberkörper schlingend. Eisig, eisig, eisig! Mit nachlassendem Druck meldeten sich allerdings andere Körperpartien, die gänzlich unerwünscht daran erinnerten, was sich ereignet hatte, bevor er in tiefe Traumschwärze versunken war. »Uoh...« Man musste konstatieren, dass sich die Realität von der Kabinett-Wirklichkeit durchaus unterschied, aber potenziert! Wieso war es so anstrengend?! Vorher hatte er sich wohlig entspannt, zusätzlich aber belebt gefühlt, jetzt jedoch musste Jonathan sich eingestehen, dass er nicht mal die Kondition für einen Durchgang hatte! Wie peinlich! Was zu einem weiteren Gedanken führte, da sich Details einschlichen, die ihm die Röte in die Wangen trieben, trotz der Kälte. Genau, er musste sich... säubern. Wegen des Gleitgels... was ganz und gar nicht seinem magischen Vorbild entsprach (da brauchte man solche Hilfsmittel nicht mal!). Zugegeben, er wollte sich gar nicht ausmalen, wie es ohne gelaufen wäre, trotzdem war es angezeigt, dass er...! Jonathan drückte die Spültaste, biss die Zähne zusammen und stellte sich wieder auf die Beine. Diese seltsame Planschbecken-Schlauch-Kombination stellte wohl die Dusche dar... und dann knickten ihm doch die Knie ein! Die schwarzen Punkte vor seinen Augen wegblinzelnd ächzte Jonathan, fing sich mühsam mit den Händen ab. Nun schnatterte er förmlich, sein verräterischer Kreislauf schien sich hingegen verabschieden zu wollen! "Cookie?!" Der grelle Lichtschein wurde partiell verdunkelt, dann hatten große, sehr warme Hände schon seine Handgelenke umfasst, dirigierten seine Arme um imponierende Schultern. "Halt dich fest, ja?" Henry, nackt, verführerische Hitze verströmend, zog ihn an sich und richtete sich ohne Mühe auf. Durch seine überlegene Körpergröße musste er sich allerdings unbequem verrenken. "Stell die Füße auf meine, okay?" Und während Jonathan tappend dieser Aufforderung nachkam, wurden seine dünnen Arme unter Henrys Achseln geführt, sodass sie nun sehr viel kommoder kuscheln konnten. Also ächzte Jonathan genüsslich ob der warmen Front, die seinen Entenparka nach hinten vertrieb. "Ist alles in Ordnung?" Henry kreiste mit den großen Händen über Jonathans Rückenpartie, massierte behutsam die sparsame Kehrseite. "Hast du Schmerzen?" "Mmmhmmm." Jonathan seufzte. "Nein, nur ein bisschen schwindlig. Und kalt!" Er legte den Kopf in den Nacken. "Wieso bist du immer so warm?! Wie machst du das?!" Henry schmunzelte. "Letzte Woche hatte ich Schüttelfrost, da war ich ein Eisblock! Ich schätze, an mir ist einfach viel dran, was sich aufheizen kann." "Hrmpf!" Grummelte Jonathan, der selbst wusste, dass er ein Kümmerling war und daran nicht erinnert werden wollte. "Außerdem bist du größer als... dein Alter Ego!" Was ihm durchaus Anlass zur Beschwerde gab, denn Original und Doppelgänger sollten sich doch gleichen, oder nicht?! "Kann sein, dass ich dieses Jahr ein bisschen gewachsen bin." Gestand Henry gutmütig. Löste eine Hand von Jonathans knochigem Rückgrat, um sanft über dessen Wange zu streichen und Zöpfchen hinter die Ohrmuschel zu kämmen. "Aber so geht es doch ganz gut, oder?" "Pah!" Schnaubte Jonathan, wandte eilig den Kopf ab, rieb die andere Wange an Henrys breiter Brust. "Bild dir bloß nicht ein, dass ich Absätze trage!" Seine gallige Replik brachte Henry zum Lachen, bevor er beteuerte, keineswegs diese finsteren Absichten zu hegen. "Lass uns duschen, ja? Dann wird dir vielleicht auch ein bisschen wärmer!" Schlug er vor und trat tatsächlich, trotz Jonathan vor seinem Körper, in das Planschbecken. Um nicht völlig unnütz herumzustehen (auf Henrys Füßen!), entschlüpfte Jonathan der wärmenden Umarmung, ging in die Hocke und sammelte den Sprühaufsatz auf. "Bin ja näher dran!" Knurrte er dazu. "Bodennah eben." "Danke schön!" Geübt justierte Henry den Aufsatz, der TATSÄCHLICH von einem Hersteller für Gartenzubehör stammte, ließ ein wenig Wasser rieseln, bis endlich eine anständige Temperatur erreicht war. Jonathan klammerte unterdessen, weil ihn schon wieder erbärmlich fror, wenn er zu Henry auf Abstand ging. "Nicht meine Haare, ja?" Klapperte er mit den Zähnen. Bis die geflochtenen Zöpfe trocken waren, dauerte es immer EWIG! "Nein, ich passe auf." Versicherte ihm Henry sanft, begleitete den Wasserstrahl mit einer großen Hand. "...danke." Murmelte Jonathan an dessen Brustkorb leise. "Dass du... mir den Gummi abgenommen hast. Vorher war es nie so anstrengend!" Henry lachte leise. "Nicht wahr?! Ich hätte auch nicht gedacht, dass Sex zum Marathon ausartet." Etwas verhaltener ergänzte er. "Ich habe dir... doch nicht weh getan, oder?" Eilig schüttelte Jonathan den Kopf, wagte aber nicht aufzusehen. Plötzlich überfiel ihn Scham, weil er sich so empfänglich gezeigt hatte. "Und..." Henry atmete tief durch. "Ich glaube, man sollte auch spülen. Wegen des Gleitgels. Aber ich habe nichts..." "Das... das kann ich selbst! Wirklich!" Beteuerte Jonathan hastig. "Aber dann frierst du wieder!" Unerbittlich ging Henry in die Hocke, was Jonathan, seiner Wärmequelle folgend, instinktiv kopierte. Sodass er auf den kräftigen Oberschenkeln kauerte, das Gesicht in Henrys Halsbeuge vergraben. "Ich bin ganz vorsichtig." Raunte der angespannt an seinem Ohr, ließ warmes Wasser rieseln, während seine andere Hand über Jonathans Kehrseite wanderte und dann mit einem Finger Einlass begehrte. Keuchend bemühte sich Jonathan um Entspannung, umklammerte Henry noch fester. Heiß und kalt, durch Atemzüge und Wasser wechselseitig in die Extreme beeinflusst, zitterte er erneut. Wortlos beendete Henry seine Bemühungen, angelte nach einem großen Handtuch, mit dessen abgetragenen Frottee er Jonathan massierte. "Geh schnell wieder unter die Decke!" Instruierte er ihn, bevor er sich selbst abtrocknete. Als Jonathan schon wieder zusammengeschnürt wie ein Päckchen im Deckeniglu kauerte, schob er auch dessen Bekleidung darunter. "Dann ist sie warm, wenn du dich anziehst." Lächelte er, um sich unbefangen selbst anzukleiden. "Magst du frühstücken? Meine Auswahl ist allerdings nicht groß." Ließ er Jonathan wissen, illuminierte wieder die Deckenleuchte. Einer Antwort wurde der enthoben, weil sein Magen vernehmlich knurrte. "Alles klar!" Grinste Henry amüsiert. "Also, ich habe Toastbrot, ich habe ertrunkene Haferflocken mit Kakaopulver, Trockenfrüchte, Erdnussbutter, süßen Senf und Pflaumenmus. Und Malzkaffee oder Pfefferminztee." Jonathan zuckte hilflos mit den Schultern. "Was frühstückst du denn sonst?" Unbeeindruckt von dieser Reaktion werkelte Henry geübt an der Front, sammelte Geschirr zusammen. "...meistens kaufe ich was auf dem Weg." Murmelte Jonathan. Was es gab, hing stark davon ab, wie viel Geld er noch hatte. Henry schwieg einen Moment, dann variierte er das Thema. "Na, ich muss jedenfalls aufpassen, was ich esse. Sonst verwandle ich mich in General Blitzkrieg!" "General Blitzkrieg?" Wiederholte Jonathan verwirrt. "Mein Vater." Henry leerte den polternden Wasserkocher in zwei Becher. "So hat ihn mein Opa genannt. Oberst der Reserve. Oben Billardkugel." Er tippte sich an die Stirn. "Unten Festbierfriedhof." Gestikulierte er eine imposante Körperfülle. "Aber felsenfest der Überzeugung, dass er alles und jeden mit Disziplin übertreffen kann." "...verstehe." Murmelte Jonathan, der den Eindruck gewann, dass zwischen Vater und Sohn nicht gerade eitel Sonnenschein herrschte. Allerdings konnte ER sich da wohl überhaupt kein Urteil erlauben! Henry verstaute zwei Töpfchen in der Mikrowelle, wandte sich zu Jonathan um, reichte ihm einen Becher mit dampfendem Gerstenkaffee. "Tja, es ist bei uns besser, wenn wir ein bisschen Abstand zwischen uns haben." Erläuterte er mit einer Grimasse. "War bei meinem Opa auch schon so." Jonathan blies über die dunkle Oberfläche, nippte dann. Heiß, aber gar nicht mal übel! Er stellte den Becher vorsichtig auf der Fußbank ab, schlüpfte dann unter Verrenkungen in seine Kleider, vom wärmenden Deckenkokon sicher geschützt. Unterdessen hatte Henry einen alten Atlas umgedreht, mit einem dünnen Tuch abgedeckt und benutzte diese Unterlage als Tablett. Toastbrotscheiben schossen in die Höhe, die Mikrowelle klingelte ihr Arbeitsende heraus...er jonglierte geschmeidig mit allen Anforderungen. "...isst du immer so?" Erkundigte sich Jonathan beeindruckt. Henry lächelte. "Wenn ich mich nicht am Riemen reiße, wäre es schlimmer, das kannst du glauben! Ich habe einen fürchterlichen Hang zu Süßkram und fetten Kalorienbomben. Aber mit dem Vorbild von General Blitzkrieg vor Augen..." Er zwinkerte. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass du... so eine Form annimmst." Wagte sich Jonathan aus der Deckung. Bei persönlichen Anmerkungen erwartete er grundsätzlich eine boshafte, niederschmetternde Replik. "Ich schon, leider." Henry nahm neben ihm Platz, verstrich Erdnussbutter auf einem Toast, reichte ihn Jonathan. "Aber noch kann ich dagegen angehen! Bloß..." Er zog eine schiefe Grimasse. "Wenn ich mit Dreißig auch eine Glatze habe... ich glaube nicht, dass ich mir Haare verpflanzen lasse. Das sieht aus, als würde es übel schmerzen!" Jonathan lächelte. "Werden Glatzen nicht eher von den Müttern weitergereicht?" Neben ihm funkelte Henry finster. "Schon möglich, aber Ausnahmen gibt's bestimmt! Und viel Haare habe ich jetzt schon nicht auf dem Schädel..." Er wandte sich Jonathan zu, der reflexartig den Rest Toast sinken ließ. "Wenn ich mir einen Bart stehen ließe, das ginge doch, so als Ausgleich, oder? Nahe dran, kämmbar..." Obwohl er sich eilig die Hand vor den Mund hielt, konnte Jonathan ein vernehmliches Prusten nicht unterdrücken. "Ich mein's ernst!" Behauptete Henry steif, doch in seinen blauen Augen tanzten freche Funken. "Du willst doch bloß hören, dass du mit poliertem Schädel auch gut aussiehst!" Stichelte Jonathan tollkühn. "Gar nicht wahr!" Dröhnte Henry mit jämmerlichem Unterton, grinste dann breit. "Aber du könntest es ja mal versuchen?" Jonathan kicherte, ließ sich einen Mikrowellenbecher reichen. Nach gründlichem Rühren konnte er den Haferflocke-Kakao-Trockenfrucht-Brei löffeln. Sie kauten eine Weile in stummem Einvernehmen, für Jonathans Empfinden eine üppige Mahlzeit, und das sogar in Gesellschaft! "Ich merke gerade, dass ich kaum was über dich weiß." Stellte Henry leise fest, betrachtete Jonathan eingehend. "Das sollten wir unbedingt ändern, meinst du nicht?" Verlegen und eingeschüchtert zog Jonathan die Knie vor den Körper. "Ich bin total langweilig, überhaupt nicht interessant." "Davon möchte ich mich selbst überzeugen." Henry streckte einen Arm aus, um über Jonathans Wange zu streicheln. Seufzend gab Jonathan seine instinktive Abwehrhaltung auf. "Ich kann dich ja doch nicht abschrecken." "Stimmt." Pflichtete ihm Henry großzügig bei, wandte sich dann ab, um aus dem Durcheinander den Schnürsenkel zu fischen, der eigentlich Draculas Dritte hüten sollte. In einer großen Vertrautheit rückte er an Jonathan heran, kämmte dessen Zöpfchen geschickt hoch und wickelte das Schuhband geübt herum. "So trägst du die Haare meistens, oder?" Henry lächelte verhalten. "Oder vielmehr dein Doppelgänger." "...das stimmt." Jonathan rutschte verlegen herum. "Anstelle von Absätzen.." Das entlockte Henry ein Schmunzeln. Anschließend beugte er sich vor, tippte einen sanften Kuss auf Jonathans Lippen. »Er... hat mich ziemlich gern. Wirklich gern!« Stellte Jonathan einmal mehr fest, durchaus verblüfft. "Danke, dass du hier bist, Cookie. Vielen Dank!" Raunte Henry an seinem Ohr, umarmte ihn behutsam. Jonathan schloss die Arme um die muskulöse Gestalt, hauchte einen schüchternen Kuss auf Henrys Wange. So viel aufrichtige Zuneigung machte ihn wehrlos, unterwanderte seinen verängstigen Zynismus. "Du hast mir so sehr geholfen..." Henry wisperte weiter. "Nachdem Opa gestorben ist, war mir so elend zumute, ich war so verzweifelt. Dann hast du mir gesagt, dass du mich liebst, was aber aussichtslos sei. Du hast geweint, warst wütend, noch verzweifelter als ich." Henry schluckte hörbar. "Das hat mich voll getroffen. Ich konnte einfach nicht zulassen, dass du so unglücklich bist, wo wir doch die Chance haben, zusammen zu sein! Ohne dich hätte ich es nicht ausgehalten, und deshalb bin ich so froh, dass du hier bist." Weil ihm die Kehle in Mitgefühl zugeschnürt war, konnte Jonathan nichts entgegnen. Deshalb verstärkte er einfach den Druck seiner Arme ein wenig, ließ sich auch halten. Erstaunlich, dass jemand wie er, ein erbärmlicher Mickerling mit desaströsem Hintergrund, einem anderen Menschen tatsächlich helfen konnte! Das hatte er wirklich nicht vermutet. [___]* Selbstredend bestand Henry darauf, Jonathan nach Hause zu begleiten. Weil der Nebel in Schwaden so dicht wie Erbsensuppe waberte, okkupierte er auch ungeniert Jonathans Linke in seiner Hand. "Tut mir leid, dass es in meiner Bude so ungastlich ist." Wandte er sich Jonathan zu. "Eigentlich wollten wir das Heizungsproblem in diesem Jahr angehen, aber..." Er zuckte mit den Schultern, nicht jedoch aus Gleichgültigkeit, sondern zur Selbstbeherrschung. "Das... ist nicht so schlimm!" Versicherte Jonathan beklommen. "Bei uns läuft die Heizung auch nur selten." Vor allem, weil seine Mutter gerade nicht häufig zu Hause war und das Geld ohnehin kaum reichte. "Weißt du, General Blitzkrieg ist nicht damit einverstanden, dass ich bei Opa eingezogen bin. Also muss ich sehen, wie ich zurecht komme." Henry lächelte entschlossen. "Aber bisher ging es immer noch. Irgendwas wird mir schon einfallen." Er rückte mit der freien Hand seine Schiebermütze zurecht. "Es ist alles ein bisschen schwierig. Opa hat jahrelang auf Bohrplattformen und Schiffen gearbeitet, war immer auf Montage. Mein Vater hat ihm das sehr übel genommen. Vermutlich lag es auch daran, dass Opa sich mit meiner Großmutter nicht gut verstanden hat. Aber geschieden und alleinerziehend, das wollte er ihr auch nicht zumuten, also hat er sich rar gemacht und ihr auch zu verstehen gegeben, dass ihm Hausfreunde nichts ausmachen würden. Ich weiß nicht, ob sie von diesem Angebot Gebrauch gemacht hat, jedenfalls hat General Blitzkrieg jeden Kontakt verweigert." Er seufzte. "Tja, und dann kam die Sache mit dem Dach. Nach dem Abschied von der Bundeswehr hat mein Vater eine Anstellung in einer Behörde als Bote, Fahrer, Ersatz-Hausmeister, Mädchen für alles gefunden. Das ist nicht üppig bezahlt, deshalb steckten wir in ernsten Schwierigkeiten, als sich herausstellte, dass unser Hausdach undicht war und vollkommen neu gedeckt werden musste. Opa wollte sich zur Ruhe setzen und bot meinem Vater an, gegen lebenslanges Wohnrecht in der klapprigen Bude seine Ersparnisse beizusteuern. Ich fand es toll, endlich einen Opa zu haben, und dann noch einen, der so viele, spannende Geschichten erzählen konnte. General Blitzkrieg beschränkte sich dagegen auf knappste Höflichkeit und meine Mutter schlug sich auf seine Seite. Tja." Henry dirigierte sie in den Park mit dem ehemaligen Friedhof, ging langsam. "Ich habe mich prima mit Opa verstanden. Er ist sogar zu unseren Rugbyspielen gekommen, obwohl wir jedes Mal verlieren." Ein Lächeln huschte über sein kantiges Gesicht. "Wir hatten so viel Spaß. Und dann..." Er holte tief Luft, spannte sich so sehr an, dass Jonathan den Druck in ihren verschränkten Fingern spürte. "Und dann haben sie Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt. Heilung aussichtslos. Man kann nichts mehr tun, muss zusehen, wie..." Henry biss sich in die Oberlippe. "Ich bin bei ihm eingezogen, mit Schlafsack und ein paar Klamotten. Damit er nicht allein ist, damit ich ihm helfen kann, auch wenn..." Henry wischte sich mit der Linken über die Augen. Er räusperte sich, doch seine tiefe Stimme blieb belegt von Gram. "Opa wollte einfach einschlafen. In seinem Sessel. Aber er war immer ein zäher Brocken, wie er selbst gesagt hat, deshalb dauerte es... er hat sich aber nie beklagt, kein einziges Mal! Obwohl er kaum etwas essen konnte und nur noch Schmerzmittel bekam, hat er sich nicht beschwert!" Henry nickte vehement, um Fassung ringend. "Und dann, als ich in der Schule war..." Jonathan blieb stehen, reckte die freie Hand nach oben und wischte über tränennasse Wangen. Henry rang mit aller Kraft ein Schluchzen nieder, blinzelte ihm durch einen Tränenfilm zu. "Entschuldige, es geht gleich wieder..." Er wollte sich höflich abwenden, doch Jonathan ließ das nicht zu, schlang den freien Arm um die imposanten Schultern. Er hatte keine tröstenden Worte, traute seiner Stimme auch nicht, weil ihm ein Kloß im Hals saß. "...danke." Henry schnüffelte leise. "Eigentlich sollte ich dir doch was Lustiges erzählen, nicht wahr? Ich bin ein grottiges Date..." "Wolltest du nicht einen FREUND haben?!" Erinnerte Jonathan betont streng. "Als Fan oder Publikum tauge ich nämlich nicht." Um seiner Replik die Schärfe zu nehmen, streichelte er aber über die breiten Schulterblätter. Henry lachte erstickt auf. "Stimmt! Und es ist ja nicht fair, dich über meine Leute im Unklaren zu lassen." Er zog sich ein wenig zurück, um Jonathan betrachten zu können, der ihn besorgt musterte, ein schiefes Lächeln wagte. "Nun, das Schlimmste habe ich dir ja jetzt offenbart, samt Androhung einer Glatze." Henry grimassierte. "Also kann es jetzt nur noch aufwärts gehen, oder?" Jonathan streichelte sanft über Henrys Wange, trocknete letzte Spuren von Feuchtigkeit. Der beugte sich ein wenig herunter, um ihn zu küssen. Die ausgetauschte Hitze zündete eine Woge wohliger Zuversicht in Jonathan, der sich entschloss, nun seinerseits seine eigene Situation zu offenbaren. Während Henry wieder ihren Schlendergang aufnahm, sammelte Jonathan sich, drückte die warmen Finger etwas fester. "Also...was meine Familie betrifft... ich lebe mit meiner Mutter zusammen. Sie hat Sozialpädagogik studiert, aber keinen Abschluss gemacht, deshalb arbeitet sie meist befristet irgendwo..." Nun war es an Jonathan, tief zu seufzen. Er registrierte Henrys ungeteilte Aufmerksamkeit, was ihn einschüchterte. "Sie ist eine 'Hobby-Ethnologin', wie mein versoffener Vater mal gehässig festgestellt hat. Sie kann sich für alles Mögliche begeistern, Hauptsache fremde Kultur, alles so spannend, bloß nicht zögern, mitten rein!" Jonathan zog die Schultern hoch. "Aber es klappt nie. Ganz gleich, ob Pakistani oder Berber oder Chilene oder Kenianer, immer geht es entzwei. Schon fängt sie eine neue Liebelei an und alle bekommen es mit. Auffällig wie ein bunter Hund!" "...und dein Vater?" Nun schnaubte Jonathan abschätzig. "Der taucht hin und wieder mal auf, meistens, um besoffen zu lamentieren, dabei verlange ich gar keinen Unterhalt! Aber wenn sie mal wieder keinen Job hat, dann sind wir auf Sozialhilfe angewiesen, zusätzlich zum Wohngeld..." Er seufzte. "Meine Großeltern kenne ich kaum, die hatten von ihrem Lebenswandel gleich die Nase voll. Ich habe immer das Gefühl, dass nur ein weiterer Fehltritt kommen muss, und alles ist vorbei." Er atmete tief durch, zum ersten Mal seine größte Sorge tatsächlich offenbarend. "...und deshalb möchtest du dich möglichst unsichtbar machen, oder?" Henry streichelte mit dem Daumen über Jonathans Handrücken. Der knurrte, gab jedoch die fruchtlose Scharade von selbstgewisser Arroganz rasch auf, ließ die schmalen Schultern sacken. "Ich kann mich auf nichts verlassen. Alleine kriege ich mein Leben nicht auf die Reihe. Also versuche ich, in Deckung zu bleiben, keinen Ärger zu machen, ein bisschen Zeit rauszuschinden, bis ich einen Weg gefunden habe, mich über Wasser zu halten." Henry schwieg eine Weile, ließ Jonathan den Vortritt, der seinen Heimweg natürlich am Besten kannte. "Nun", konstatierte er endlich aufmunternd, "jetzt sind wir zu zweit. Wir halten uns gemeinsam über Wasser! Uns wird bestimmt was einfallen." Jonathan blickte skeptisch zu Henry hoch, der zwinkerte, die Schiebermütze in den Nacken dirigierte. "Hab mal ein bisschen Vertrauen in uns, ja?!" "...na schön." Ließ Jonathan sich brummig herab. Nicht mal einen Wimpernschlag später fand er sich unter die Achseln gefasst, angehoben und wild im Kreis herumgeschleudert! Nach einigen Umdrehungen setzte Henry ihn wieder auf den Schuhsohlen ab, lächelte breit, keineswegs eingeschüchtert ob des eigentlich fälligen Tadels. Doch Jonathan betrachtete ihn nur zögerlich. Sich ein wenig albern aufzuführen, ausgelassen zu sein, lauthals herauszulachen...das hatte er sich seit Ewigkeiten versagt, um nicht aufzufallen. Jetzt war er sich nicht sicher, wie er reagieren sollte. "Hör mal, Cookie!" Henry legte ihm die Hände auf die Schultern. "Es ist vielleicht ein Schock für dich...aber du fällst auf. Immer. Du kannst gar nicht unsichtbar sein. Und das ist auch gut so. Du musst dich nicht verstecken. Du bist vollkommen in Ordnung, verstehst du?" Die gewohnte bissige Replik, dass sich solche Äußerungen nur jemand in Henrys Kampfklasse leisten konnten, versandte unausgesprochen in Jonathans Kopf. Die Feststellung kam ja nicht überraschend, er hatte sie bloß nicht akzeptieren wollen, um sich vor den Konsequenzen verstecken zu können. "...du machst wohl weder halbe Sachen noch Gefangene, wie?" Murmelte er schließlich, ließ sich in eine warme Umarmung ziehen. Henry lachte leise. "War mein Doppelgänger etwa diplomatischer?" Nun konnte Jonathan ein Kichern nicht unterdrücken. "Eher sehr selbstbewusst! Und er hat mich immer sein 'lecker Kekschen' genannt." "Lecker Kekschen?" Ein Kuss wärmte Jonathans Wange, dann raunte Henry. "Und, hat dir das gefallen?" Stumm deutete Jonathan ein Nicken an, denn der lässige, vertraute Umgang mit dem Fremden hatte ihn herausgefordert, sich selbst souverän und locker zu geben. "Jetzt bist du mein lecker Kekschen." Flüsterte Henry an Jonathans Ohr. "Ich bemühe mich aber um Diskretion, in Ordnung?" Jonathan drehte den Kopf und tupfte einen Kuss auf Henrys lächelnde Lippen. "In Ordnung." Und weil die Schwaden noch immer dicht trieben und niemand einen Fuß vor die Tür setzte, hielt er sich noch ein wenig länger schadlos an Henrys generös verströmender Wärme und Zärtlichkeit. [___]* Jonathan erstarrte, als er Henry im Gespräch mit gleich drei der bulligsten Unruhestifter seiner Altersstufe erblickte. Hatten sie ihm aufgelaufert? Wollten sie Ärger machen? Henry wirkte jedoch weder eingeschüchtert noch herausgefordert, im Gegenteil, er hob die Hand und winkte Jonathan zu sich. Die drei anderen Jugendlichen verabschiedeten sich lässig, schlenderten in der gewohnt breitbeinigen Weise davon. Das wirkte immer wie starker Seegang kombiniert mit dem Zureiten eines Wildschweins. Nicht, dass Jonathan diese Beobachtung jemals ausgesprochen hätte. "Hallo, wie geht's dir?" Die blauen Augen funkelten, die dunklen Schatten der überstandenen Grippe verschwanden langsam. Auch Henrys tiefe Stimme klang nun sehr vertraut. "Na ja." Murmelte Jonathan, registrierte erstaunt den muskulösen Arm um seine Schultern, ganz selbstverständlich dort platziert. "Ein bisschen Muskelkater..." "Ehrlich? Oje!" Henry schenkte ihm einen besorgten Blick. "Ist es sehr übel?" Jonathan zog eine schiefe Grimasse. "Ich behaupte nicht, dass es schmerzhaft ist." Dozierte er, aber sehr leise. "Nur, dass ich noch deutlich merke, was wir angestellt haben." "Das tut mir leid, wirklich!" Henry seufzte. "Ich bin wohl doch nicht so geschickt, wie ich gehofft habe. Trotz der Übung mit deinem Doppelgänger." Sie schwiegen einen Augenblick, spazierten stumm, durch Henrys kräftigen Arm zusammengeschweißt. "...war mein Alter Ego in der Besenkammer?" Sprach Henry schließlich das aus, was sie beide beschäftigte. "Kabinett." Korrigierte Jonathan prompt, schüttelte dann den Kopf. Nicht, dass er trotz der magischen Umstände etwas anderes erwartet hatte. "Puh!" Entließ Henry einen tiefen Atemzug. "Also keine Konkurrenz von mir selbst mehr! Da steigen meine Chancen doch gleich an, oder?" Jonathan warf ihm einen kritischen Seitenblick zu, konnte aber ein Schmunzeln nicht vollends unterdrücken. "Und bei dir?" Erkundigte er sich, denn er zweifelte nicht daran, dass SEIN Doppelgänger Henry garantiert nicht vor so viele Schwierigkeiten gestellt hatte. "Nichts!" Henry lächelte freimütig. "Außerdem bist du jetzt mein lecker Kekschen! Das Original!" Mit einem Prusten wandte sich Jonathan rasch ab, von Henrys Enthusiasmus beeindruckt. "Hast du Ärger bekommen, weil du bei mir geschlafen hast?" Fragte Henry gemäßigter nach. Nun zuckte Jonathan mit den Schultern. "Sie hat nicht mal gemerkt, dass ich nicht da war." Selbstverständlich nicht, ihr aktueller Wasauchimmer-Typ füllte ihren Horizont nahezu komplett aus, wie üblich. Und in Lala-Land hatte er schon lange keinen Zutritt mehr. "Schön." Stellte Henry prompt fest. "Das hilft uns beim Stichwort 'Diskretion', richtig?" Versonnen lächelte Jonathan vor sich hin. Offenbar neigte Henry dazu, immer nach dem positiven Aspekt zu fahnden und diesen zu betonen. Ganz im Gegensatz zu ihm, der immer mit dem Schlimmsten rechnete. Und das dann gleich noch potenzierte, um ganz sicher zu gehen. Was ihm die Begegnung mit seinen drei Schulkameraden in Erinnerung rief. "Was wollten die drei Unruhestifter von dir? Haben sie dich bedroht?" "Bedroht?" Wiederholte Henry verblüfft. "Nein nein! Einer von ihnen hat mich erkannt, weil er mal bei einem Rugbyspiel zugesehen hat. Er wollte mich für sein American Football-Team anwerben, aber ich habe dankend abgelehnt. So eine teure Montur kann ich mir einfach nicht leisten. Ich bin schon froh, wenn meine ollen Stollenschuhe noch ein wenig länger halten." Er drückte behutsam Jonathans schmale Schultern. "Außerdem wollten sie wissen, auf wen ich warte." "Was hast du ihnen gesagt?" Jonathan richtete sich besorgt auf. Mit diesen wandelnden Kleiderschränken wollte er nichts zu schaffen haben! "Dass ich auf dich warte." Henry grinste. "Weil du mir Nachhilfe gibst. Klingt doch ungefährlich, oder?" "...Nachhilfe..." Seufzte Jonathan. Zugegeben, seine Leistungen waren recht ordentlich, aber als Nachhilfelehrer konnte er sich überhaupt nicht sehen! Was genau sollte er bloß glaubwürdig einem anderen vermitteln können?! "Jetzt schau nicht so erschrocken, Cookie!" Henry zwinkerte ihm zu. "Details haben sie gar nicht interessiert. Übrigens finden sie, dass du eigentlich ein netter Kerl sein musst, wenn du so etwas machst. Weil du aber so still bist, kennen sie dich gar nicht richtig." "Sollen sie auch nicht!" Knurrte Jonathan, denn er wollte sich nicht ihrem groben Spott aussetzen. Ohnehin hatte er schon genug Sorgen, dass sich die amourösen Eskapaden seiner Mutter herumsprachen, von der traurigen Gesamtsituation ganz zu schweigen. Henry schwieg, was Jonathan vermuten ließ, dass er seine Sicht der Dinge nicht gänzlich teilte. Klar, man sollte sich Freunde suchen, wenn es schon mit der Familie derart haperte, doch Jonathan hatte sich so sehr in seinem Kokon aus Heimlichkeiten eingesponnen, dass er nicht den Mut aufbrachte, Offenheit zu riskieren. "Dann genieße ich das Privileg, dich kennenzulernen." Raunte Henry ihm zu, bog auf den schmaleren Weg in die Einfamilienhäuser-Siedlung ein. Okkupierte, entgegen jeder Versicherung von Diskretion, Jonathans Hand. Dem schlug das Herz bis zum Hals, doch es waren keine Passanten in Sicht und Henry schien es aufzumuntern, deshalb unternahm er keine Anstalten, seine Linke dem warmen Griff zu entziehen. "...haben deine Eltern etwas gesagt...ich meine, meinetwegen?" Fragte Jonathan, als sie durch den schmalen Garten hintereinander die Außentreppe anstrebten. "Ich glaube nicht, dass sie was gemerkt haben." Antwortete Henry leichthin, schloss die Eingangstür auf und trat hinein. Er half Jonathan aufmerksam beim Ablegen des Anoraks. Nachdem sie beide aus ihren Schuhen geschlüpft waren, fand sich Jonathan sofort in eine enge, aufheizende Umarmung gezogen und leicht gewiegt. Er streichelte über das imponierende Kreuz und schmiegte sich an die breite Brust. Henry beugte sich herunter, küsste Jonathan, erst zärtlich, dann nachdrücklicher, leidenschaftlicher. Jonathan hielt sich an Henrys Armen fest, schwankte leicht, außer Atem, durchaus beeindruckt von der Intensität ihrer Liebkosungen. Schließlich gab Henry ihn langsam frei, löste das dicke Gummiband, das Jonathans Zöpfe am Oberkopf fixierte, streifte es sich in vertrauter Gelassenheit auf das linke Handgelenk. Jonathan verfolgte diese Aktion mit einer Mischung aus Amüsement und Verblüffung. "...oh!" Stellte Henry überrascht fest. "Die Macht der Gewohnheit! Ich meine..." Er zuckte verlegen mit den Achseln, verstummte. Schmunzelnd entzog sich Jonathan Henrys Streicheleinheiten für seine Wange, nahm seine Hand und führte ihn zum Kojenbett. Henry nahm artig Platz, dann kletterte Jonathan auf die Oberschenkel und nahm rittlings Platz. "Du hast etwas aufgeräumt, oder?" Betrieb er Konversation, während Henrys Hände erneut über seinen Körper wanderten, als wollten sie sich seiner Gestalt in jedem Detail versichern. "Bisschen." Nickte Henry mit verträumten Blick. "Können wir kuscheln? Trotz Muskelkater?" Jonathan konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. Henry erprobte an ihm gerade einen SEHR unglaubwürdigen Dackelblick! "Wir können." Stimmte er zu und holte unvermittelt Schwung, damit Henry auf dem Rücken landete und er sich bequem auf ihm einrichten konnte. Er seufzte behaglich, als ihn Henrys Hände sanft massierten, eine wohlige Wärme in ihm entzündeten. "...komisch." Sinnierte Henry unter ihm, keineswegs außer Atem, obwohl er ja Jonathans schmalen Körper ausbalancieren musste. "Eigentlich hätten wir ja Grusel und Schrecken erleben sollen, oder? Aber mir kommt es eher wie.. na ja, wie Valentinstag vor." "Grusel und Schrecken hatten wir genug!" Konterte Jonathan entschieden, verschränkte die Arme auf Henrys Brustkorb und stützte sein Kinn ab. "Und die Geister der Vergangenheit sind uns auch noch auf den Hacken. Da kommt mir eine Veränderung gerade recht..." Er seufzte. "Obwohl ich ein notorischer Pessimist bin." Henry lächelte ihm zu. "Dann gehen wir jetzt miteinander? Ganz diskret?" Jonathan funkelte in die blauen Augen. "Das fragst du jetzt?! Nachdem ich DEIN Keks bin, du mein Haarband geschnappt hast und wir hier schon Bettgymnastik betrieben haben?!" "Wollte nur sichergehen!" Feixte Henry glücklich, drückte Jonathan ein wenig fester an sich. "Vergiss das bloß nicht!" Tadelte Jonathan streng, schmiegte sich jedoch eng an. Auch wenn es allen Erfahrungen widersprach, keine Garantien zu erwarten waren... er wollte es wagen. Sich Henry anvertrauen. "Werde ich nicht." Raunte Henry leise. "Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe." Einen Augenblick später entschlüpfte Jonathan Henrys Umarmung, richtete sich auf und streifte sich Pullover und T-Shirt über den Kopf. Henry setzte sich auch auf, folgte Jonathans Beispiel, entkleidete sich. Rasch dirigierte er Jonathan unter die Bettdecke, folgte ihm dann. "Brrr, kalt!" Schnatterte der gerade. "Nicht mehr lange." Wisperte Henry rau, tauchte ab, um die schmale Gestalt zu liebkosen. Aufs Ganze würde er nicht gehen, doch das fiel auch nicht ins Gewicht. Sein Kekschen hatte Recht. Nach dem Ende der Schrecken war es höchste Zeit, all die negativen Emotionen umzukehren in Freundschaft, Vertrauen, Zuneigung, Vergnügen und Zuversicht! "Ich hab dich lieb, Cookie." Flüsterte er, fühlte sich gleichermaßen kindlich und doch erwachsen, denn diese wenigen Worte fielen zu selten, oft zu spät. Sein Nacken wurde fester gedrückt, mit einer Antwort rechnete er nicht, denn sein Kekschen war eben scheu. Jonathan hingegen bewunderte Henrys Mut, die Offenbarung seiner Gefühle, seinen unerschütterlichen Optimismus. All das entwaffnete ihn, gewährte ihm die Aufmerksamkeit, die er sich so sehr wünschte. "...ich dich auch, Henry." Wisperte er errötend, aber tapfer. Was auch immer dieses kleine Wunder bewirkt hatte, ob Geist oder Amourette, er wollte diese Chance nutzen! »Danke!« Wiederholte er in Gedanken, was er vorher im Kabinett in die einsame Finsternis ausgesprochen hatte. »Vielen Dank!« Und es war ihm, als hätte er die Ahnung eines fröhlichen Lachens gespürt. [___]* ENDE [___]* Vielen Dank fürs Lesen! kimera