Titel: Oh du Gruselige! Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original FSK: ab 16 Kategorie: Parallelwelt Ereignis: Advent 2005 Erstellt: 01.12.2005 Disclaimer: alle Rechte obliegen den Inhabern, Mangaka und Verlagen. Vielen Dank an Koryu, Lenchen, Nora und an das Nordlicht für ihre Herausforderungen! Hinweis: Konsum auf eigenes Risiko... you better take care... har har har! ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ ~o~ Oh du Gruselige 01-12-2005, Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus "Kkkkrrrrrrrrrriiiiiiyaaaaaaaaaahhhhhhhhhhh!" Prometheus von Hohenlohe, genialer, jugendlicher Held der aufstrebenden Wissenschaftswelt und derzeitig Assistent beim renommierten Dr. Freggelstein, verdrehte die gelehrten Augen zur windschiefen Zimmerdecke des Turms. "Kkkkrrrrrrrrrriiiiiiyaaaaaaaaaahhhhhhhhhhh!" Mit einem frustrierten Zähneknirschen stemmte sich der schlanke, hochgewachsene Doktorand von seinem Schreibtisch in die Höhe. Ignorierte die labyrinthischen Stapel alter Folianten und begab sich, in steifer Eleganz und Zurückhaltung, zwei Geschosse tiefer, um dem unziemlichen Kreischen ein Ende zu bereiten. Besagtes Kreischen bewies nicht nur fortschreitende Taubheit, sondern auch einen eklatanten Mangel an melodiösem Geschick, was ihren Erfinder betraf. Der augenblicklich nicht in seinem Refugium, einem in sich gedrehten Turm, residierte, sondern sich auf wichtiger Mission befand. Für eine geraume Weile, weshalb der Quell der unsäglichen Störung nur von einer anderen Person ausgehen konnte. Prometheus hegte einen finsteren Verdacht. Ungeachtet seiner verärgerten Stimmung ob der unzeitigen Störung seiner bedeutenden Erkenntnisfindung richtete er sich den blonden Schopf akkurat. Kontrollierte sein nachtschwarzes Ensemble auf impertinente Fusselfremdkörper und umklammerte den klobigen Türgriff. Kaum war es ihm gelungen, die schwere Türhälfte bis zur Mitte in das Foyer zu ziehen (sie beklagte dies mit einem ähnlich unmelodiösen Kreischen), wehte der Hoffnung der jungen Wissenschaften ein bekannter und wenig aromatischer Odeur in das makellose Gesicht. Mit anderen Worten: der Stör-und Sturm-Klingler stank gewaltig und Übelkeit erregend aus dem Maule! Was nicht Wunder nahm, wenn man die "Speisekarte" vom fleckigen Umhang und einer speckigen Weste ablas. "Graf Cipher!" Versetzte Prometheus mit beherrschtem Widerwillen. "Sie sind ja berauscht." "Hihihi, is wahr!" Pflichtete eine krummbucklige, kleinwüchsige Gestalt bei, schwankte unsicheren Gangs an Prometheus vorbei in das Foyer. In ihrem Gefolge zwei weitere, wenig vertrauenerweckende Figuren. "Egon. Grobert." Prometheus nickte grüßend, die Gesichtszüge gemeißelt, damit sie nicht entgleisen konnten. "Wir wolln Kartn spieln!" Verkündete Graf Cipher aufgekratzt, wenn auch ein wenig undeutlich. "Halten Sie das für eine kluge Idee?" Erkundigte sich der Doktorand kühl, stemmte sich gegen den widerspenstigen Türflügel. "Ugh!" Meldete sich Grobert zu Wort, streckte einen Arm aus, der jede hundertjährige Eiche an Umfang übertraf und versetzte dem Türflügel einen Stupser. In der Folge spritzte das Türblatt förmlich in die Sicherheit der Angeln, während Prometheus unter Verlust seiner gelehrten Würde nach Halt in der Luft ruderte. "Ugh." Kommentierte Grobert. Die ungleichen, sich auf verschiedenen Ebenen befindlichen Augen zwinkerten. Dann drehte sich der massige Mann (oder waren es eher Männer, betrachtete man die Herkunft zahlreicher Glieder und des Innenlebens?!) und wartete geduldig auf den nächsten Gedanken. "Iss gäh sson mal in dä Küssä!" Egon, Faktotum, Ein-Mann-Haushälter-Armee und Veteran zahlreicher Versuche ganzer Generationen von hoffnungsvollen Aspiranten der Akademie der Wissenschaften, humpelte zielstrebig los. Er kannte den Weg, hatte diesen auf unterschiedlichen Füßen oder Beinen bereits häufig zurückgelegt. Außerdem lief es sich einfach, eine glatte Bahn, immer runter in das Verlies. Prometheus richtete seine Frisur, kontrollierte sein Ensemble. "Dr. Freggelstein befindet sich auf Reisen." Erinnerte er Graf Cipher, der unterdessen in seinem rudimentären Gebiss pulte und Stoffreste entfernte. "Weiß ich doch, Schnuckelchen!" Bleckte er um Vertrauen werbend (wenn auch mit sehr mäßigem Erfolg) die Reißzähne inklusive diverser Lücken. Spuckte auf eine schmuddelige Handfläche und strich sich über das schüttere, ehemals lackschwarze Haar. Sein Gegenüber konnte einen Schauder des Ekels nicht vollends verbergen. Blutiger Geifer auf einer Halbglatze mit Restbehaarung auf der Flucht, das war nun wirklich nicht sonderlich appetitlich. "Wir wolln auch keine Dokterspielchen machn!" Versetzte der uralte Vampir Prometheus einen Stoß mit dem knochigen Ellenbogen. Mangels Körpergröße stieß er dabei gegen die schlanke Hüfte des Doktoranden. Schamlos nutzte er die Gelegenheit, gleich noch zuzugreifen wie bei der Frischeprobe am Obststand. Prometheus quietschte empört, da er gern und oft auf seinem Allerwertesten residierte und dieser nahm solche Freiheiten besonders übel. "UN-VER-SCHÄMT-HEIT!" Fauchte Prometheus und landete, trotz Widerwillen, eine saubere Backpfeife. "Hehehe!" Bleckte Graf Cipher. "Hast Feuer, Zuckerschnute!" Der jugendliche Held der Wissenschaft ließ diesen Kommentar und seinen Sprecher erzürnt und indigniert zurück, erklomm die hohe Stiege des Turms und schloss sich ein. »Warum muss ich mich mit diesen Idioten abplagen?! Diesen fossilen Überresten vergangener Jahrhunderte, die ihren Verstand aufblasen müssten, wenn sie Erbsengröße erreichen wollten! Niemand weiß meine Genialität, meinen Erfindungsreichtum, meine Hingabe zu würdigen! Aber wer zuletzt lacht..!« Und mit einem wahrhaft diabolischen Grinsen beugte sich Prometheus von Hohenlohe über seine neueste Schöpfung.... HAR HAR HAR! ~o~ 02-12-2005, Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä "Aiii visch aii vaz viz uuu!" »Ich wünschte, du würdest die Schnauze halten, möglichst zehntausend Meilen weg von hier!« Kommentierte Siegfried die munteren Gesangseinlagen seines Mitbewohners. Seines aufgenötigten, ungewollten, potentiell geisteskranken Mitbewohners. "Das Leben ist hart, aber ungerecht!" Schnaubte er und griff sich den Gehörschutz, den er aus Gründen des Selbstschutzes in einem Baumarkt erworben hatte. Jeden Werktag, wenn alle anderen Lehrer der Internatsschule Sacred Spirits Acre (SSA) die Nachmittagsstunden nutzten, um Schularbeiten zu korrigieren, zu zensieren und sich anschließend der Unterrichtsvorbereitung zu widmen, zog sich dieser Bekloppte seine dämliche Seifenoper rein! Aber das war nicht die einzige, beklagenswerte Angewohnheit, die das erzwungene Zusammenleben für Siegfried, seines Zeichens Neffe des Schuldirektors, zu einer Qual werden ließ. Es reichte schon die Tatsache aus, dass er sich das Appartement überhaupt teilen musste! Ein Gedanke, der immer wieder glutrote Wolken ungefilterten Zorns in seine wasserblauen Augen trieb und die weißblonden, zauselig dünnen Haare elektrisierte. Welchen Nutzen hatte es, blutsverwandt mit dem Schuldirektor dieser Irren-Bildungs-Anstalt zu sein, wenn man sich wie jeder andere "Lehrkörper" den altmodischen, moralinsauren Regeln beugen musste?! "Ich bin ohnehin schon gestraft genug!" Schnaubte Siegfried und glättete den offenen, blütenweißen Laborkittel, den er stets über einer Rollkragenpullover- und Tweedhosen-Kombination zu tragen pflegte. Eigentlich ein dummer Scherz, immerhin bestand im "Sprachlabor" lediglich die Gefahr, sich mit fortgesetzter und vehement verteidigter Ignoranz seiner Schüler/innen zu beflecken. »Doch diese Arbeit allein....!!« Schon braute sich Ungemach in den wasserblauen Augen zusammen. Generell, das musste mal gesagt werden, hatte Siegfried einen schweren Stand im Leben! Jawohl! Ein aufstrebender, talentierter, engagierter junger Mann, der sich mit Literatur befasste, Erbauliches, Lehrreiches und Unterhaltsames zu Papier bringen wollte.. Und von den Umständen und der allumfassenden Dummheit gehindert wurde! Eine TRA-GÖ-DIE!! In der Tat, um die Situation kurz zu skizzieren: einer Familie entstammend, deren Begeisterung sich dem Musikalischen widmete, wurde ihm der Wagnerschen Oper geschuldet bereits mit seinem Rufnamen ein Siegel aufgedrückt, das zu Hänseleien einlud. Weiteres Unglück fügte der Gen-Pool bei, eine bedauernswerte Reduktion des familiären Potentials auf eine einzige Gabe (die an dieser Stelle nicht vertieft wird). Zusätzlich das äußere Erscheinungsbild und schließlich der verzweifelte Kampf gegen die Windmühlen des Literaturbetriebs. Apoll wäre beeindruckt gewesen, -unglückseligerweise befand sich der Gott der Musen seit einigen Jahrhunderten außer Dienst. So blieb Jung-Siegfried nurmehr eins: beim Onkel die Vakanz für Literatur und Fremdsprachen zu besetzen. Inklusive einer Unterbringung. »Die ich in Bad, Küche und Wohnzimmer mit diesem... diesem... DIESEM Hausmütterchen teilen muss!!« Nein, Madame Fortuna meinte es nicht gut mit Siegfried, der das erste Halbjahr seiner Lehrtätigkeit (eilig per Fernkurs absolvierte Pädagogikstunden eingeschlossen) mit Abscheu Revue passieren ließ. "OOOO, läd mi gät zär wär ze änschäls viz ze dimonz miid!" Siegfried presste die Lippen zusammen, knirschte mit den Zähnen und unterdrückte mannhaft einen urzeitlichen Drang seiner Vorfahren. ThreeMonkeys grinste schadenfroh. ~ Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä ~ Wenn der Weihnachtsbaum uns lacht, Wenn die Glocke bim-bam macht Kommt auf leisen Sohlen, Ruprecht an verstohlen, Zieht mit vollen Säcken ein, Bringt uns Bäcker-Leckerein. Und packt unter Lachen, Aus die schönsten Sachen. Und außer Kuchenzeug, Bringt noch der Gute Euch: Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä Eine Tute, eine Rute, eine Hopp-hopp-hopp-hopp, Eine Diedeldadeldum, eine Wau-wau-wau, Ratatsching-daderatabum. Wenn der Schnee zu Berg sich türmt, Wenn es draußen friert und stürmt, Um die Weihnachtslichter Fröhliche Gesichter, Alle Stuben blitzeblank, Denn es kommt mit Poltergang, Durch die Luft, die kalte, Ruprecht an, der alte. Und, außer Kuchenzeug, Bringt noch der Gute Euch: Eine Muh, eine Mäh . . . . Wenn Weihnachten ist, Bescheret uns der heilge Christ. Und da kriegen wir ne Muh, Und da kriegen wir ne Mäh, Und da kriegen wir Die allerschönste Täterätätä, Eine Rute, eine Tute, Ja da kriegen wir Die allerschönste Täterätätä, ~o~ 03-12-2005, Vom Erdboden verschluckt "..." Nereus schreckte auf, als ihn eine Handfläche kräftig auf dem verkrümmten Rücken traf, wandte hastig den Kopf, um den Aggressor zu identifizieren. Ein Mitschüler, die Hand angewidert in Sicherheit bringend, wiederholte mit offenkundigem Mangel an Begeisterung seine Botschaft. Was eigentlich vollkommen ohne jeden Nutzen gewesen wäre, da Nereus noch immer den speziellen Kopfhörer trug, der ihn von der enervierenden Außenwelt abschirmte. Unglücklicherweise hatte er allerdings im Verlaufe ähnlich gelagerter Begegnungen die Fähigkeit erworben, von den Lippen abzulesen. Und verstand nun, bevor er Taubheit vorschützen konnte, dass er sich gefälligst aus seinem Zufluchtsort zu bewegen hatte. Man wollte dekorieren, immerhin drohte Weihnachten in wenigen Tagen, sodass jedes Fenster eine entsprechende Verzierung aufweisen musste. Zwecks festlicher Stimmung und allgemeiner Geschmacksverirrung. Nereus schlüpfte, gewohnt geduckt und stromlinienförmig (auch wenn er diesen Begriff verabscheute) aus dem Alkoven. Umklammerte den wasserdichten Beutel, der in Hüfthöhe vor seiner Uniform baumelte. In diesem befand sich ein handlicher Musikabspieler der neuesten Generation. Das Abschiedsgeschenk seiner irritierend euphorischen Eltern, die seine "speziellen" Talente in dieser Schmiede der zukünftigen Elite besonders fördern wollten. Dazu hatten sie sich recht kurzfristig entschlossen. Sodass Nereus, dem trauten Heim entrissen, sich seit den Herbstferien ausquartiert fand und nun in Gesellschaft eines Dutzend anderer Jugendlicher nächtigen musste! Dass man ihm hier ebenso mit Abscheu und Argwohn begegnete, erfüllte den schwarzhaarigen Jugendlichen mit einer grimmigen Befriedigung. Immerhin sah er sich in seinen düsteren Erwartungen bestätigt. "Beweg dich, Schleimer!" Raunzte eine Stimme unfreundlich. Nereus erhielt einen weiteren Stoß, sich beschleunigt zu entfernen. Er spürte, wie sich ein feuchter Film bildete, senkte den Kopf, sodass die stets nassen Strähnen ihn einhüllten. Versenkte die klammen Hände in den Hosentaschen und eilte davon. Es quietschte leise, als sich überschüssige Tropfen über die Schuhe schoben und auf dem Parkett kleine Pfützen bildeten. ~ Swallowed von Bush ~ Warm sun feed me up And I'm leery loaded up Loathing for a change And I slip some boil away Swallowed followed Heavy about everything but my love Swallowed sorrowed I'm with everyone and yet not I'm with everyone and yet not I'm with everyone and yet Just wanted to be myself Hey you said that you would love to try some Hey you said you would love to die some In the middle of a world on a fishhook You're the wave You're the wave You're the wave Swallowed borrowed Heavy about everything but my love Swallowed hollowed Sharp about everyone but yourself Swallowed oh no I'm with everyone and yet not I'm with everyone and yet not I'm with everyone and you're not I'm with everyone and yet Piss on self-esteem Forward Busted knee Sick head blackened lungs And I'm simple selfish son Swallowed followed Heavy about everything but my love Swallowed oh no I'm with everyone and yet not I'm with everyone and yet not I'm with everyone and yet not Got to get away from here Got to get away from here Got to get away from here Got to get away from here I miss the one that I love a lot I miss the one that I love a lot I miss the one that I love a lot ~o~ 04-12-2005 Oh, es riecht gut, oh, es riecht fein "Und heute sehen wir wieder eine Folge der Serie Wish von Clamp. Bitte begrüßen Sie mit mir Ihren Gastgeber Koryu!" "Zur Hölle mit dir, Koryu!" Trällerte Garfield artig und begeistert mit, ließ das Bügeleisen eine besonders waghalsige Kehrtwende vollführen. Ja, er liebte diese Show, jeden Wochentag um 17:00 Uhr im Fernsehen, sie erfüllte wirklich sein Herz! Und wie Koryu heute wieder aussah! "Haaachhhh!" Seufzte Garfield hingerissen. Wenn man doch auch nur einen hautengen Latex-Anzug tragen könnte!! "Hey, ihr Appetithäppchen!" Begrüßte der Dämon gerade mit diabolischem Charme seine Zuschauer/innen, winkte lässig in die Runde, um sich bequem auf einem Sessel zu fläzen. "Und hier sind auch die bezaubernden Assistentinnen Ruri und Hari wieder, Applaus, Applaus!" Skandierte der Sprecher aus dem Off. Garfield setzte das Bügeleisen ab und spendete höflichen Beifall. Er machte sich nichts aus Katzen. Wirklich nicht. "Unser heutiges Thema: wie besorg ich's einem Engel?" Verkündete Koryu mit maliziösem Grinsen, um dann, ein schockiertes Ächzen des Publikums später, feixend zu ergänzen. "Geschenke zu Weihnachten natürlich!" "Ja, genau!" Schaltete sich Garfield ein, nickte so eifrig, dass die Dreadlocks flogen. "Ich wusste gar nicht, dass Dämonen auch Weihnachten feiern!" Der Dämon sprang aus seinem Sessel auf, spazierte lässig zu einer Flip-Chart hinüber, griff sich einen Zeigestock und tippte verschiedene Aufnahmen an. "Hier, das sind die doofen Ex-Engel und mein leider total verknallter Cousin, der Sohn Satans! Also, die sind ja alle verliebt und kriegen deshalb keine Geschenke!" Bellte Koryu kategorisch, streckte dazu die Zunge raus. "Ah!" Täuschte Garfield Verständnis vor, während er den Kilt wendete. "Also Pärchen werden nicht beschenkt?" "Überhaupt, was ist der Sinn dieser Geschenke-Macherei an Weihnachten?!" Dozierte der Dämon, drehte spielerisch eine glänzende Strähne um den Finger. "Wir wollen unseren Lieben eine Freude machen?" Hasardierte Garfield waghalsig, versprühte dabei Dampf auf den dicken Stoff. "Ärgh!" Kommentierte Koryu eine Leuchteinspielung mit diesem Vorschlag, von der Redaktion vorausschauend ermittelt. "Wir sind Dämonen, ihr dämlichen Menschenkinder!" Schnaubte Koryu kopfschüttelnd ob dieser Ignoranz. "Unsere Bestimmung ist es, zu erschrecken und vor allem zu PIESACKEN!" "Aye!" Pflichtete Garfield hastig bei, legte eilends bügelfertige Wäsche nach, um ihr die Knitter auszuplätten. Unterdessen hatte sich Koryu gefährlich nahe an die Kamera geschlichen und feixte nun mit spitzen Zähnen hinein. "Aber nun eine kurze Pause. Ich habe gerade Lust auf ein Appetithäppchen!" Mit einem gurgelnden Schrei wechselte Werbung ein. Garfield strahlte, nicht wegen des herrlichen Latex-Anzugs, sondern weil ihm ein Gedanke gekommen war: er würde backen! Genau!! Oh es riecht gut, o es riecht fein Heut rührn wir Teig für Plätzchen ein. In der Küche wird gebacken Helft nur alle Mandeln knacken Oh es riecht gut, o es riecht fein. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Heut rührn wir Teig für Plätzchen ein. Butter Zucker glattgerührt Und die Bleche eingeschmiert. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Heut rührn wir Teig für Plätzchen ein. Eier in den Topf geschlagen Und die Milch dazu getragen. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Heut rührn wir Teig für Plätzchen ein. Weißes Mehl das woll'n wir sieben Aber nichts daneben stieben. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Oh es riecht gut, o es riecht fein. Die Plätzchen werden fertig sein Weihnachtskringel braun und rund, Eins zum kosten in den Mund. Oh es riecht gut, o es riecht fein. ~o~ 05-12-2005, You better watch out "Würg!" Gab Siegfrieds Magen bekannt und erhielt Zustimmung vom übellaunigen Rest des schlanken Körpers. Kein Wunder, seit der ersten Unterrichtsstunde, die ..dieser... dieser... dieser GARFIELD in seiner Bestallung als Sport- und Hauswirtschaftslehrer abhielt, tummelten sich ganze Horden aufgekratzter, mehlverschmierter Schüler/innen in der Laborküche. Selbst das lächerliche, armselige Basteln, Nähen und Kleben dekorativen Weihnachtsschmucks konnte da keine Anhänger mehr finden. Schlimmer noch, zumindest nach Siegfrieds höchst maßgeblicher Meinung, war die Tatsache, dass sich das Aroma der Attentate auf die Geschmacksknospen durch sämtliche Gebäude der weitläufigen Internatsschule zog. Siegfried, den in der Frühe die despotische Kunde seines Onkels erreicht hatte, in diesem Jahr Aufsicht über die Schüler/innen führen zu müssen, die nicht über die Feiertage zu ihren Verwandten fuhren, konnte keinen Gedanken zu saisonalen Festivitäten ertragen, ohne das Bedürfnis zu verspüren, etwas zu zerstören. Oder jemanden zu verprügeln. Prometheus von Hohenlohe wäre diesem unsäglichen Problem zweifelsohne mit einer adäquaten Lösung begegnet. Zum Beispiel Grobert alias Garfield davon zu überzeugen, er sei der Weihnachtsmann (alias Nicki Graus), um diesen dann elend in einem Kamin verschmachten zu lassen (wegen Körperumfangs und DIN-Durchmesser). Und dann wäre er mit einer Liste losgezogen, methodisch und akkurat, um "Belohnungen" zu verteilen... an all die ignoranten, nervtötenden, aufgeblasenen Kreaturen, die sein Leben zu einer Qual machten!! In Rachephantasien schwelgend paradierte Siegfried auf und nieder, ein geisterhaftes Leuchten auf dem schmalen Gesicht. Jahaaarrr! Warum eigentlich nicht?! Während Rosa in die Arme ihres geliebten Dr. Grün sank, der endlich erkannte, was für eine wundervolle, schöne und leidenschaftliche Sprechstundengehilfin er hatte, ließ sich Hubertus von Heidi auf dem Alphorn begleiten, eingeschneit in einer kleinen Hütte hoch oben in den Bergen. Fanny, die patente, leicht chaotische Regieassistentin eroberte mit ihren kessen Ansagen das Herz des umschwärmten Männermodels Julio, der große Ähnlichkeiten mit David Beckham aufwies. Siegfried überflog die unterschiedlichen Handlungsstränge, studierte dann ThreeMonkeys mit einem kritischen Blick. Der Monitor zeigte lediglich emsige Betriebsamkeit durch einen Hamster im Laufrad an. "Nicht übel." Kommentierte Siegfried, signierte die Werke und veranlasste ThreeMonkeys, diese elektronisch an die eingespeisten Verleger weiterzuleiten. Kein Groschenheft, kein Bahnhofsblättchen ohne eine herzzerreißende Happyend-Romanze auf limitierter Seitenzahl. »Ja, sie hatten ihn verschmäht, diese eingebildeten Lackaffen in ihrem Literatur-Betrieb, der Qualität und Innovation nicht erkannte, wenn man damit auf ihn einprügelte!« Der Zwang, seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen, hatte dafür gesorgt, dass Siegfried, in Ehre und Selbstverständnis durch diverse Absagen gekränkt, einen finsteren Racheakt ersonnen hatte. ThreeMonkeys, eine virtuelle Existenz in einem dezenten Computergehäuse, schrieb simultan aus Versatzstücken immer neue Beiträge für die Groschenhefte des großen Sentiments. »Aber das ist erst der Anfang! HAR HAR HAR!« Triumphierte Siegfried mit jedem weiteren Geldeingang auf seinem bescheidenen Konto. Er würde bald, mit einem ausgereiftem, lernenden Programm auch Bestseller und Weltliteratur erzeugen. Und dann würde er der versnobten, dämlichen Welt beweisen, welches Genie sie zurückgewiesen hatte!! Während der bekittelte Herr über das Sprachlabor (und weniger seiner Sinne) mit einem verdrehten Grinsen Runde um Runde drehte, folgte ihm das Auge von ThreeMonkeys argwöhnisch. Und beschloss, sich ebenfalls ein wenig zu tummeln. Virtuell, versteht sich. Har Har Har! ~ Santa Claus is coming to town ~ You better watch out, You better not cry, Better not pout, I'm telling you why: Santa Claus is coming to town. He's making a list, And checking it twice; Gonna find out Who's naughty and nice. Santa Claus is coming to town. He sees you when you're sleeping. He knows when you're awake. He knows if you've been bad or good, So be good for goodness sake! Oh, you better watch out! You better not cry. Better not pout, I'm telling you why: Santa Claus is coming to town. Santa Claus is coming to town! ~o~ 06-12-2005, Lasst uns froh und munter sein - eine schöne Bescherung! - "Ich versteh das nicht!" Garfield wrang hilflos die Hände, ein erbarmungswürdiges Bild des Jammers. Durchaus verständlich, denn aufgrund eines merkwürdigen Fehlers in einigen Rezepten lagen nun diverse Schüler/innen nach dem Genuss des Naschwerks flach... oder bevölkerten emsig die Toiletten. "Das ist mir unerklärlich." Zischte Siegfried, der einen finsteren Verdacht hegte, was ihm wohl dieses Ungemach beschert hatte. Allerdings gebrach es ihm an Beweisen und so saß er nun herbeizitiert von seinem Onkel in dessen Büro, neben dem fortwährend klagenden Kollegen und musste einer Strafpredigt lauschen. Man erging sich erregt unter dem Ölgemälde des träumerisch eine Harfe umschließenden Jünglings, Sinnbild der Schönheit und Feingeistigkeit an fremden Gestaden. Ad 1, sofort mussten die Zensuren manuell wieder korrigiert werden. Ad 2, diese Notizen über die Eltern, die unter Verschluss lagen, aber unerklärlicherweise per Serienbrief verschickt worden waren, bedurften einer augenblicklichen Klarstellung! Ad 3, die mit Unrat und Abfällen gefüllten Schuhe der Schüler/innen gingen in die Reinigung im Ort, auf Kosten der beiden Lehrkörper! Ad 4, wenn sich das Schadprogramm, das sämtliche Küchenmaschinen, die Reinigungsroboter und möglicherweise noch andere elektrische Einheiten befallen hatte, einem Besitzer zuordnen ließ, dann wäre das Fegefeuer ein Vergnügungspark gegen die drohende Strafe! Zähneknirschend erhob sich Siegfried, ohne jedes Schuldbewusstsein und wie schon eingangs erwähnt leider ohne einen Beweis, der ihn dazu berechtigt hätte, ThreeMonkeys den Saft abzudrehen. Garfield folgte ihm, jammernd und wehklagend. "Die armen Kinder! Wie konnte das nur passieren?! Einfach schrecklich! So eine Katastrophe, und das heute!" Siegfried warf einen frostigen Blick über die kittelbewehrte Schulter. Wie der schon dahinschlappte, dieses... dieses... dieses Hausmütterchen!! Mit seinem dämlichen Rock, diesen lächerlichen Kniestrümpfen und diesen furchtbaren Filzlocken!! Und mit diesem wandelnden Ausbund an Geschmacklosigkeit musste er Bad, Küche und Wohnzimmer teilen! Einem Giftmischer! "Was sollen wir denn jetzt tun?" Erkundigte sich Garfield, aus unerfindlichen Gründen Hoffnung schöpfend, fasste Siegfried vertraulich am Arm. Dieser schüttelte ihn ab und entgegnete scharf. "Sie können ja literweise Kamillentee kochen, vorausgesetzt, es übersteigt Ihre kulinarischen Fähigkeiten nicht, Herr Hauswirtschaftslehrer! Ich werde es jetzt wie die Mumie machen." Garfield stutzte, sah dem davon staksenden Kollegen nach, der ihn stets auf Distanz hielt und mit spitzer Zunge beleidigte. "Was macht denn die Mumie?" Siegfried blitzte aus wasserblauen Augen über die Schulter zurück, rümpfte die Nase hochmütig. "Sich einen hinter die Binde gießen!" Schöne Bescherung. Ho Ho Ho! ~ Lasst uns froh und munter sein ~ Lasst uns froh und munter sein Und uns recht von Herzen freun! Lustig, lustig, trallerallera, Bald ist Nikolausabend da! Bald ist unsre Schule aus, Dann ziehn wir vergnügt nach Haus. Lustig, lustig, . . . . . Dann stell ich den Teller auf, Niklaus legt gewiss was drauf, Lustig, lustig, . . . . . Steht der Teller auf dem Tisch, Sing ich nochmals froh und frisch: Lustig, lustig, . . . . . Wenn ich schlaf, dann träume ich: Jetzt bringt Niklaus was für mich. Lustig, lustig, . . . . . Wenn ich aufgestanden bin, Lauf ich schnell zum Teller hin. Lustig, lustig, . . . . . Niklaus ist ein guter Mann, Dem man nicht gnug danken kann. Lustig, lustig, . . . . . ~o~ 07-12-2005, Hier ein Keks, dort ein Makrönchen Es war einmal ein verwunschenes Land, da gab es Köstlichkeiten in Hülle und Fülle für jedermann. Die Flüsse führten Kakao, Limonade, Milch oder Erdbeersaft, von den Bäumen hingen schwer die Äste mit Leckereien, dicken Würsten und rotwangigen Äpfeln. Gebratene Täubchen und Hühnchen flogen umher, auf den Feldern sprossen krosse Kartoffelstäbchen und in den Büschen wuchsen Lakritzschnecken und Zuckerstangen. Die Mädchen in diesem Land hatten rosige Wangen, trugen hübsche Kleider mit zierlichen Bändern und Schleifen. Sie liebten das warme Rot und das romantische Rosa, polierten ihre Lackballerinas auf Hochglanz und trugen in ihren Haaren glänzende Spangen. Sie sprachen sanft und kicherten fein, sie lauschten andächtig und waren folgsam. Niemals blieben sie für sich, eine jede hatte die anderen zur Freundin und Vertrauten. Sittsam und bescheiden, freundlich und zart, so waren diese Mädchen. Und alle Tiere begegneten ihnen mit Zuneigung. Ganz gleich, ob Hund oder Kätzchen, ob Kanarie oder Hamsterlein, sie alle fanden Heimat und treue Fürsorge. Nie sollte es ihnen an etwas mangeln, die Harmonie ihres friedlichen Zusammenlebens trüben... "Guten Morgen, Lavinia, guten Morgen, Portia." "Guten Morgen, Thalia, guten Morgen, Lavinia." "Guten Morgen, Portia, guten Morgen, Thalia." Lavinia, Portia und Thalia, in der letzten Klasse der Mittelstufe und ausgesprochen wohlerzogen, nahmen in einer geordneten Reihe Aufstellung, um sich nach dem unerfreulichen Nikolaustag frischzumachen und adrett anzukleiden. Sie spazierten, die flauschigen, rosafarbenen Bademäntel sorgsam verkordelt, in einer Reihe über den Gang, nahmen ebenso exakt Aufstellung vor den Waschbecken. Auch wenn sie keineswegs blutsverwandt waren, trugen ihre Gesinnung und Ähnlichkeit doch dazu bei, sie wie Schwestern anzusehen. Und waren sie nicht Schwestern?! Mit abgezirkeltem Schwung, graziös austariert, reinigten sie die Zähne, kämmten in abgezählten Bürstenschwüngen die Haare, flochten sie ein und steckten sie hoch. Keine unordentlichen Spritzer, keine Zahnpastareste, keine Pfützen, oh nein! Diese drei Grazien verstanden sich auf ihren Ruf und erfüllten die Erwartungen. Sie gingen stets gemeinsam, nie sah man eine allein. Sie halfen einander, spazierten auf einer Höhe, plauderten herzlich und höflich. Und wenn es sie überkam, eine kleine Unartigkeit sozusagen, dann nutzten sie ihr besonderes Talent: sie lösten bei ihrem Betrachter eine Illusion aus. Die von drei niedlichen, kleinen Meerschweinchen. Mit glänzendem langen Fell, klaren, treuherzigen Augen, einem zutraulichen Wesen und besonderer Liebesfähigkeit. "Guten Morgen, Lavinia, Portia, Thalia." Grüßte Aeolus, der Schulsprecher, lächelnd, warf den Kopf, um die goldblonden Strähnen in Schwung zu versetzen. Er strahlte und funkelte, eine blendende Erscheinung, die jedes Herz und auch die Knie zum Schmelzen brachte. "Haaaaaachhhhhh!" Seufzten die drei Meerschweinchen und verehrten den Boden, auf dem Aeolus wandelte. Ob es wohl an den verdorbenen Keksen lag? Oder den aufgeschäumten Makrönchen? Wer weiß das zu sagen... in allen drei hübschen Köpfchen formte sich ein Gedanke. Konnte man Knüppel aus dem Sack nicht auch zu viert spielen? ~o~ 08-12-2005, Schneeflöcklein, Weißröcklein Aeolus nickte seinen Mitschülern/-innen grüßend zu, warf dabei den Kopf elegant, um die goldblonde Mähne aufzuschütteln. Für jeden ein gutes Wort, einen aufmunternden Händedruck, ein freundliches Lächeln, -selbstverständlich, immerhin war er der Schulsprecher! Außerdem ein Empath, sodass es ihm keine Schwierigkeiten bereitete, sich in die Freuden und Sorgen der Jugendlichen einzufühlen. Pflichtbewusst absolvierte er eine Visite bei all den Unglücklichen, die sich noch nicht von dem kulinarischen Desaster des Nikolaustags erholt hatten. Spendete Trost und plauderte reizend über die Nichtigkeiten des Schulalltags. Wie in jedem Jahr erhielt er zahlreiche Einladungen, sich anzuschließen, um die Feiertage als geschätzter Gast bei der Familie seiner Mitschüler/innen zu verbringen. Als bedauernswerte Waise entzog sich ihm ja die Rückkehr in ein trautes Heim, konnte er nicht an die Brust beglückter Verwandter sinken! In diesem Jahr jedoch lehnte Aeolus, der Primus der Schule und ihr Sprecher, mit höflichen, bescheidenen Worten jede Einladung ab. Nein, dieses Mal wollte er in der Internatsschule bleiben. Als er seinen Platz einnahm, richtete sich seine Aufmerksamkeit auf das sanfte Rieseln vor den hohen, gotischen Fenstern. Flocke an Flocke, eine jede einzigartig, tanzte aus dem einförmigen, von tiefen Wolken verhangenen Himmel. Schon türmte es sich, schlossen sich die Lücken, erhellte das jungfräuliche Weiß die farblose Tristesse des kahlen, kalten Winters. Aeolus stützte das Kinn elegant auf die Handfläche, neigte das anmutige Haupt ein wenig, lächelte zärtlich über den zauberhaften Ausdruck der Begeisterung in den Gesichtern seiner Kameraden. Genau auf seiner Stirn teilte ein rundes, kleines Horn seine goldblonde Mähne, die bis in die Wimpern hing. Es pochte nun, prickelte von den fröhlichen Gefühlen, schnurrte förmlich. Allein, noch etwas anderes mischte sich darunter, ein Moll-Akkord, melancholisch und doch rebellisch... Aeolus schmeckte diese eigenartige Empfindung wie ein Aphrodisiakum auf der Zunge, und er wusste wohl, wie das mundete. Oh ja. Immerhin war dies ein Internat und er der unangefochtene Schulsprecher und Primus seit dem ersten Jahr hier. »Nun, wo gilt es, ein Blümchen zu pflücken, ein Röckchen zu lupfen?« Lächelte der Schulsprecher strahlend und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. ~ Schneeflöcklein, Weißröcklein ~ Schneeflöcklein, Weißröcklein Jetzt kommst du geschneit; Du wohnst in der Wolke, Dein Weg ist so weit. Komm, setz dich ans Fenster, Du lieblicher Stern; Malst Blumen und Blätter, Wir haben dich gern. Schneeflöckchen, du deckst uns Die Blümelein zu, Dann schlafen sie sicher In himmlischer Ruh'. Schneeflöcklein, du deckst uns Die Erde nun zu; Die Blumen und Blätter, Die haben nun Ruh. ~o~ 09-12-2005, Auf weihnachtlicher Mission ThreeMonkeys arbeitete. Ohne sich dessen bewusst zu sein, denn es handelte sich schließlich um ein Programm. Ein selbst lernendes Programm. Mit den marginalen Regeln Siegfrieds in die Existenz gerufen, bestand ThreeMonkeys Aufgabe darin, durch das Filtern, Analysieren und Vergleichen unzähliger Quellen sinnvolle und gewinnbringende Texte zu verfassen. Augenblicklich arbeitete ThreeMonkeys für die Branche der Kurzgeschichten im Transitbereich, Schwerpunkt: das große Sentiment. ThreeMonkeys war das völlig gleichgültig, ein Text wie der andere. Immerhin verfügte das Programm in seiner virtuellen Existenz lediglich über Wertungskriterien, nicht aber Sinne oder gar ein Herz. Die vorgegebenen Wertungskriterien nahmen sich im Übrigen recht simpel aus: suche in der Statistik. Viele Treffer=gut, wenige Treffer=unbrauchbar. Zumindest bei Wörtern, Metaphern und anderen Phrasen. Erstaunlicherweise kehrte sich dieses Bewertungssystem um, wenn es sich um Gebrauchsanleitungen und Klauseln in Versicherungspolicen handelte. Doch, wie bereits erwähnt, ThreeMonkeys war das schnuppe. Ohne diesen Zustand überhaupt zu kennen. Also suchte und suchte und suchte das Programm. Lernte nach einer weiteren Maxime: positive Resonanz=weiter so, negative oder gar keine Resonanz=bloß weg damit! Was zu einer interessanten Schlussfolgerung führte, die ThreeMonkeys Lernfähigkeit um Lichtjahre potenzierte: auf Aktion muss Reaktion folgen, damit in der Konklusion das Ziel erreicht werden kann. So beschäftigte sich ThreeMonkeys auch damit, wie die unterschiedlichen Texte, Handlungsstränge und andere wesentliche Aspekte bei der geneigten Leserschaft Anklang fanden. Nicht ganz simpel, wie man annehmen mochte, da sich recht selten ein Konsument der Groschenheftchen zu einer tiefschürfenden Analyse seiner Eindrücke herabließ. Im Zug der Erforschungen, die auch bei Sprachgebrauch, phonetischen Vorlieben und Vorstellungswelten keinen Halt machten, musste sich ThreeMonkeys einem erstaunlichen Phänomen stellen: der Realität. Da für das Programm grundsätzlich alles ohne Unterschied real oder nicht real war, mangels Sinne und Extremitäten, hieß es nun, ein weiteres Bewertungssystem aus der Taufe zu heben. Die Wahrscheinlichkeit, um ein Beispiel anzuführen, dass Hubertus mit seiner Heidi ein Alphorn-Wettblasen veranstaltete und damit ein Streit über Goldschürfrechte in den Alpen beigelegt wurde, lag bei unter Null. Keineswegs höher nahm sich die Zahl der Zahnarzthelferinnen aus, die vom Chef-Dentisten einer Gemeinschaftspraxis zum Altar geführt wurden. Und betrachtete man die geringe Zahl heiratswilliger, reicher, adliger Männer mit einer gewissen Attraktivität, so konnte man wohl kaum damit rechnen, dass sich eine Schreibkraft aus Herne unter den glücklichen Kandidatinnen befand. Für ThreeMonkeys war dies äußerst verwirrend, sodass zunächst einmal eine ganze Stunde lang sämtliche Parameter der Bewertungskriterien einer strengen Überprüfung unterzogen wurden. Was war diese merkwürdige Realität? Und wenn es nicht real war, was dann? Phantasie? Aber wo endete sie?! Und welche Regeln galten hier? Wie hoch musste eine Wahrscheinlichkeit sein, damit sie als real angesehen wurde, sozusagen vom "gefühlten" Empfinden des Lesers?! Da konnte schon mal ein ganzer Speicherchip abrauchen, ohne Zweifel. Nun, da Siegfried, die einzige, aktive, fremde Quelle, die ThreeMonkeys behelligte, neue Ziele formuliert hatte, musste eine Reorganisation durchgeführt werden. Siegfried bestand darauf, dass ab sofort neben der Kunst der Sentiment-Erzählungen auf beschränktem Raum Weltliteratur geschaffen wurde. Also blieb ThreeMonkeys, wie jedem methodisch forschenden Programm, nichts anderes übrig, als die bereits als Weltliteratur etikettierten Texte zu durchforsten und mit den vorhandenen Regeln zu bewerten. Möglicherweise, angesichts der Erfahrung mit Versicherungspolicen, musste erneut eine Umorganisation des Bewertungssystems erfolgen. ThreeMonkeys arbeitete. Fleißig, könnte man wohl sagen, wenn es sich nicht um ein Programm ohne jede Vorstellung von Freizeit gehandelt hätte. Weltliteratur zu verfassen, das war nicht einfach. Immerhin mussten sprachliche und kulturelle Barrieren überwunden werden. Etwas, das seit Jahrhunderten erstaunlich regelmäßig scheiterte und ThreeMonkeys ein Verständnis dafür einbrachte, wie man Realität und Phantasie trennen konnte. Oder wie bedauerlich sich die kurze Lebensspanne und das noch reduziertere Gedächtnis der Menschen auswirkten. Nun aber hatte ThreeMonkeys ein vielversprechendes (da schon erprobtes) Konzept skizziert und begab sich an die Umsetzung. Denn eins hatte ThreeMonkeys gelernt: die Reaktion war von immenser Bedeutung. Und, wie seine letzte Aktion bewiesen hatte, man reagierte. In elektronischen Tagebüchern, in Rechnungen, in bedauernden Briefen und in Arznei-Rezepten. "Es war einmal..." Letterte ThreeMonkeys und bleckte die virtuellen Zähne. ~o~ 10-12-2005, Der Fluch der Weißen Weihnacht Nereus kauerte sich, sämtliche verfügbaren Glieder an den Leib gepresst, in die winzige Nische. Vor einigen Jahren hatte hier wohl eine kleine Figur irgendeines Stifters oder Heiligen gestanden, nun blieb der kleine Mauereinlass verwaist. Und bot ihm Obdach. Es schneite. Draußen selbstverständlich. Nereus mochte Schnee. Wenn er sich warm und sicher im Haus befand. Von dieser Perspektive aus wirkten die einzelnen Flocken, die in dichten Heerscharen aus einem bleigrauen Himmel ohne Horizont schwärmten, schwerelos und possierlich. Ein Eindruck, der trog. Seinen Mitschülern/-innen war dieses Problem gänzlich unvertraut. Jauchzend und tobend pflügten sie durch den Schnee, formten Bälle, um sich damit zu bombardieren oder richteten Schneefiguren auf. Traditionell zumeist pummelige, kuglige Schneemänner mit Steinaugen, Karottennase und diversen Accessoires aus den Winterbeeten. Nereus studierte die Schneemänner immer mit gebotener Vorsicht. Man konnte schließlich nicht wissen, ob nicht einer plötzlich, aus dem Augenwinkel heraus, eine Grimasse schnitt! Oder eine Axt schwang. Oder einen Eispickel. Natürlich hätte er diese Gedanken als kindisch und albern abgestritten, doch im Hinterstübchen seines Bewusstseins, wo das Reptiliengehirn für die Sektion "überleben" zuständig war, regierte das paranoide Misstrauen. Weshalb aber kauerte Nereus nun in dieser Nische und hoffte darauf, unsichtbar zu sein? Ganz einfach. Herr Garfield, aus Gründen der engen Schüler/innen-Lehrer/innen-Bindung solcherart adressiert, bestand darauf, die täglichen Übungen zur Leibesertüchtigung im Schneegestöber zu absolvieren. Immerhin brauchten Jugendliche viel Bewegung und frische Luft. Sodass Herr Garfield nun, eine gewaltige Pudelmütze in passendem Tartanmuster auf die Dreadlocks gestülpt, mit einem gefütterten Kilt und einer Daunenweste durch den Schnee stapfte. Munter dazu anregte, sich gegenseitig ordentlich "mit der weißen Pracht vertraut zu machen!" Nereus schüttelte der bloße Gedanke daran. Zudem bildeten sich entlarvende Pfützen, nässte er durch Pullover, Hose und weitere Bekleidungsschichten. Wenigstens hatte bisher niemand seine Existenz für so bedeutend empfunden, um ihn zu vermissen. Das hatte, wie im Augenblick, durchaus Vorteile. Außerdem konnte sich Nereus, nun unbeobachtet von seinen Schlafsaalkameraden und Mitschülern/-innen der Kontemplation hingeben. Warum es seinen Eltern gefiel, ihn der liebevollen Fürsorge der Schule und seiner "zahlreichen Freunde" zu überlassen. »Ich habe noch nie Freunde gehabt.« Stellte Nereus dumpf fest und redete sich ein, dass etwas, das man nicht kannte, unmöglich diesen stumpfen Schmerz im Leib verursachen konnte. Er wusste, dass nur wenige Schüler/innen, nicht mehr als eine Handvoll sogar, über die Feiertage in der Internatsschule blieben. Und ausgerechnet Herr Siegfried, das Graue Gespenst im Kittel, führte die Aufsicht! Wie jeder andere auch hielt Nereus Herrn Siegfried für gelinde gesprochen merkwürdig. Die zauseligen, weißblonden Haare, die wie Spinnweben hinter ihm herflatterten, dieser blütenweiße, beinahe pervers reine Kittel, die ewig finstere Miene... nein, das war bestimmt kein sympathischer Mensch. Und alle spekulierten darüber, welche besondere Fähigkeit Herr Siegfried vor den anderen verbarg. Abgesehen von überwältigender Übellaunigkeit. Draußen, wenn Nereus das Kinn reckte, konnte man gerade verfolgen, wie sich die Schar daran begab, sämtlichen Schneemännern die Maxime der Herz-Königin aus Alice im Wunderland nahe zu bringen: Runter mit dem Kopf! Um Nereus' Füße bildeten sich Lachen. ~ Der Schneemann ~ Schneemann, bist ein armer Wicht, Hast ein Stock und wehrst dich nicht! Holla, Schneemann, sieh dich vor! Fliegt ein Ball dir an das Ohr, Fliegt ein Ball dir ins Gesicht, Schneemann, bist ein armer Wicht! Wenn die liebe Sonne scheint, Steht der Schneemann da und weint, Und in Stücke geht sein Rock, Aus den Händen fällt sein Stock, Auf den Boden rollt sein Kopf: Schneemann, bist ein armer Tropf! ~o~ 11-12-2005, Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum "Also, Siegfried, ich verlasse mich auf dich, ja? Keine weiteren Eskapaden, mein Lieber. Ein verantwortungsvoller Posten, richtig?! Hm Hm?" Siegfried nickte ergeben, um der redundanten Rede endlich ein Ende zu bereiten. Nicht weil er sie etwa halten musste, nein, schlimmer noch, er musste ihr zuhören. Was sein Onkel, der sich in diesen verschlungenen Wiederholungen erging, offenkundig nicht tat. "Ach, und der Baum. Der wird heute noch dekoriert, nicht wahr? Hm Hm?" Räusperte sich der Direktor der SSA ermahnend, warf eine weitere Lakritzpastille ein und schnäuzte sich heftig. Final seiner elenden Rolle als Statist oder Ohrenpaar auf Beinen entlassen strebte Siegfried mit reservierter Bremse in aller Würde der Vorhalle zu. Dort befand sich der berüchtigte Tannenbaum, nadelte unmutig vor sich hin und ertrug die ungelenken Versuche, ihm mit allerlei Dekorativem auf das Geäst zu rücken. Wie in jedem Jahr auch ließen es sich viele Eltern und Verwandte nicht nehmen, die lieben Kinderlein persönlich abzuholen. Obwohl die anhaltenden Schneeschauer es nicht gerade einfach gestalteten, die auf einem Berg gelegene Internatsschule zu erreichen. Weitere Angehörige des Lehrkörpers organisierten den Bustransfer zum nächsten Bahnhof, um die Älteren dort dem Begleitpersonal anzuvertrauen. Die sich rasch reduzierende Restmenge schmückte die unglückselige Tanne. Maestro des Treibens in Überfallkommando-Manier war Garfield, der eilfertig um den Baum kreiselte, um mögliche Abstürze zu verhindern. Siegfried hegte den wenig nächstenliebenden Wunsch, eine defekte Stromleitung würde ein für alle Mal per Express-Grill die Erleuchtung über die wuselige Schar bringen und ihn aus der Fron entlassen. Was natürlich nicht geschah. "Ah, Herr Siegfried!" Strahlte Garfield, winkte wild. "Sehen Sie doch mal, ist der Baum nicht schön?!" Blendete ein perfektes Gebiss auf. Es strahlte vermutlich noch stärker, weil Garfield von Natur aus ein Noisette-Typ war. "Er nadelt." Stellte Siegfried knapp fest, mit steifer Unterlippe, um sein Missfallen kundzutun. "Oh!" Garfield drehte eine eilige Runde um das Nadelgehölz, das seinem Namen tatsächlich die Ehre erwies. "Jaaaah.... dann hole ich doch mal den Staubsauger!" Verkündete er schließlich aufgekratzt. "Würden Sie so lange auf die Kinder achten? Bitte, danke schön!" Siegfried blinzelte. Genau einmal. Gewitterwolken zogen auf. Im grünen, sich rasch lichtenden Kleid des Tannenbaums ging man wohlweislich in Deckung. »Ich soll diese verdammten Anarchisten hüten?! Dieser... dieser... dieser...Hausmütterchen-Tyrann!!« ~ Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum ~ Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, Wie treu sind deine Blätter. Du grünst nicht nur zur Sommerzeit, Nein, auch im Winter, wenn es schneit. Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, Wie grün sind deine Blätter! Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, Du kannst mir sehr gefallen! Wie oft hat schon zur Winterszeit Ein Baum von dir mich hoch erfreut! Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, Du kannst mir sehr gefallen! Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, Dein Kleid will mich was lehren: Die Hoffnung und Beständigkeit Gibt Mut und Kraft zu jeder Zeit! Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, Dein Kleid will mich was lehren. ~o~ 12-12-2005, Wie aus Fiktion Realität wird... ThreeMonkeys wühlte sich in Zeitraffer durch die Aufenthaltslisten und errechnete das Echo seiner Aktionen. Lediglich fünf Schüler/innen waren über die Feiertage im Internat, was natürlich bedeutete, dass die repräsentative Schnittmenge ausgesprochen gering war. Andererseits reichte es wohl aus, diese kleine Schar eingehend zu beobachten. Zumindest über ihre Briefe nach Hause, ihre Tagebücher, ihre elektronische Konversation und weitere kleine Eigenheiten, die man über Bits und Bytes beschnüffeln konnte. Wobei, wie schon erwähnt, ThreeMonkeys lediglich ein lernendes Programm war und überhaupt kein besonderes Interesse an den Inhalten hegte, die es ausspähte. Es fütterte lediglich die Bewertungsmatrix damit und sammelte wertvolle Erkenntnisse. Das aktuelle Projekt, sozusagen ein Schritt auf dem langen Weg zur Weltliteratur, bestand darin, einen Mythos auf den Realitätsgehalt zu untersuchen. Einen sehr alten Mythos, der in der Tat noch gar nicht so alt war (verglichen mit der Menschheitsgeschichte). Sich aus verschiedenen Versatzstücken zusammensetzte und eigentlich, legte man die ThreeMonkeys bisher bekannten Wertmaßstäbe an, vollkommen unrealistisch war. Absolut. Dennoch erfreute sich diese Geschichte einer gewaltigen Popularität, über Länder- und Sprachgrenzen hinweg. Hielt sich hartnäckig. Und niemand schien Anstoß daran zu nehmen, dass der Realitätsgehalt gegen Null tendierte. Ein Phänomen. ThreeMonkeys wollte es untersuchen. Aus diesem Grund mussten zunächst ähnliche Bedingungen geschaffen werden! Einige Menschen hinzugefügt und dann die Umstände derartig beeinflusst, dass eine vergleichbare Situation vorlag. Aus den Reaktionen, die zweifelsohne dokumentiert werden würden, um das Ereignis angemessen zu würdigen, wollte ThreeMonkeys Honig saugen. Natürlich im übertragenen Sinne. »Also...« ThreeMonkeys' Logikschaltkreise kamen in Schwung. »...wer kommt auf die Besetzungsliste?« ~ Frosty the Snowman ~ Frosty the Snowman Was a jolly happy soul With a corncob pipe and a button nose And two eyes made out of coal Frosty the Snowman Is a fairytale they say He was made of snow But the children know How he came to life one day There must have been some magic In that old silk hat they found For when they placed it on his head He began to dance around Frosty the Snowman Was alive as he could be And the children say He could laugh and play Just the same as you and me Frosty the Snowman Knew the sun was hot that day So he said let's run And we'll have some fun Now before I melt away Down to the village With a broomstick in his hand Running here and there all around the square Saying catch me if you can He led them down the streets of town Right to the traffic cop And he only paused a moment when He heard him holler stop Frosty the Snowman Had to hurry on his way But he waved goodbye Saying don't you cry I'll be back again some day Thumpety thump thump Thumpety thump thump Look at Frosty go Thumpety thump thump Thumpety thump thump ~o~ 13-12-2005, Leise rieselt der Schnee "Was soll das heißen?!" Siegfrieds Stimme nahm, zu seinem eigenen Entsetzen, einen schrillen Klang an, überschlug sich beinahe. Garfield, die Dreadlocks eilig über die Schultern auf den Rücken verbannt, versuchte sich an einem aufmunternden Grinsen. "Na jaaaa!" Dehnte er die letzte Silbe unschlüssig. "Ich habe keinen Platz mehr bekommen in der Maschine. Und wenn ich nicht nach Schottland zu Momma fliegen kann, dann bleibe ich hier." Man konnte sehen, wenn man sich zwischen den Fingern hindurch traute, wie die wasserblauen Augen des angehenden Weltliteraten ein Sturmtief ankündigten. Die weißblonden Zauselhaare richteten sich elektrisiert auf. "Ich koche! Für die Schüler! Ich bin Hauswirtschaftslehrer!" Erinnerte Garfield eilig und massierte den Zierbeutel vor seinem Schoß. Das Ziegenleder war bereits ziemlich abgegriffen und kündete von einer gewissen Nervosität, die jedes Gespräch mit dem Mitbewohner unwillkürlich auslöste. "Sie!" Siegfried richtete unmanierlich einen anklagenden Finger aus, tippte Garfield gegen die breite Brust. "SIE!!" Dann drehte er auf den Absätzen herum, abgezirkelte 180 Grad und zog sich, ohne Türenknallen, in sein Studienzimmer zurück. Garfield lauschte bange, wartete weitere hastige Herzschläge, bis er es wagte, tief Luft zu holen und seine Verspannung auszuatmen. Er hielt seinen Mitbewohner und Kollegen keineswegs für einen unsympathischen, tendenziell paranoiden, menschenfeindlichen Widerling. Siegfried erschien ihm lediglich ein wenig... überspannt. Ja. Genau. Ein dezenter Klingelton ermahnte Garfield, dass nun seine persönliche Happyhour bevorstand. Mit fliegendem Kilt wechselte er in die Küche, setzte Teewasser auf und verteilte die lose Mischung "Gebrannte Mandel" in das Tee-Ei. Rasch in das brühende Wasser hineingesenkt, das Bügelbrett aufgeklappt, die bequemen Puschen an die Füße und die Ärmel hochgekrempelt... schon konnte es losgehen. Das Aroma von gebratenen Mandeln, kandierten Äpfeln, Zuckerwatte, Waffeln und heißer Schokolade mischte sich mit Tannenduft. Garfield legte die Hände seufzend um die bauchige Tasse, lächelte unwillkürlich, sog den Geruch ein und schloss genießerisch die Augen. "Das tut gut!" Schmunzelte er nachsichtig über sich selbst, aktivierte dann das Fernsehgerät. Schon dröhnte der Ansager begeisterungsheischend das Thema der heutigen Sendung mit "Ihrem Gastgeber Koryu!" Garfield setzte seine Tasse behutsam ab, schlug das erste Stück bügelfertiger Wäsche aus und legte es liebevoll auf das Brett. Das Bügeleisen wartete bereits einsatzfreudig. So schlimm würde es schon nicht werden, mit Siegfried allein ein paar Tage zu verbringen. Außerdem schneite es so schön und alles war friedlich. Noch. Eduard Ebel, 1839-1905 ~ Leise rieselt der Schnee ~ Leise rieselt der Schnee, Still und starr liegt der See, Weihnachtlich glänzet der Wald Freue dich, 's Christkind kommt bald! In den Herzen ist 's warm; Still schweigt Kummer und Harm. Sorge des Lebens verhallt; Freue dich! 's Christkind kommt bald! Bald ist heilige Nacht, Chor der Engel erwacht; Horch nur, wie lieblich es schallt, Freue dich, 's Christkind kommt bald! 's Kindlein, göttlich und arm, Macht die Herzen so warm, Strahle, du Stern überm Wald, Freue dich, s' Christkind kommt bald! ~o~ 14-12-2005, Alle Jahre... Monate... wieder Garfield, Herr über die Hauswirtschaftslehre und die Leibesertüchtigung, gönnte sich einen weiteren Schluck des schwarzen Tees und dachte an Weihnachtsmärkte. Kleine, bescheidene, traditionelle. Ohne Bekleidung oder elektronischen Firlefanz. Dazu lagerte er bequem in einem der mit flauschigen Decken von ihrer eher schadhaften Erscheinung befreiten Ledersessel und ließ die Seele baumeln. Und die plüschigen Puschen. Diese friedliche Idylle der Erholung wurde jäh durch das schrille Lärmen des Telefons unterbrochen. Garfield klappte die Augenlider wieder hoch, stemmte sich aus den saugenden Innereien der Polster hoch und durchquerte den bescheidenen Raum, um den Hörer abzunehmen. Seine anfängliche Freude, die Anruferin sprechen zu können, wandelte sich bald in Entsetzen. "Bitte?! Das kannst du nicht machen!" Jammerte er kläglich. "Nein! Du verstehst nicht... darum geht es doch gar nicht... selbstverständlich bin ich dazu in der Lage... aber ich habe doch gar nicht... so war das nicht gemeint... Chrysalis, bitte, nun hör mir doch auch mal... hallo? HALLO?!?!?!" Schicksalsergeben, denn er war ein freundlicher und grundsätzlich hilfsbereiter Zeitgenosse, legte Garfield den Hörer zur Ruhe auf die Gabel. Dann schwankte er in den Sessel zurück und begann, sich die Schläfen zu massieren. »Das ist nicht gut!« Stellte er stumm fest. Gefolgt von dem Hitparaden-Stürmer. »Was soll ich nur tun?!« Flankiert von dem Allzeit-Favoriten. »Was für ein Schlamassel!« In jedem Fall musste ein Plan her. Ein sehr guter sogar. Immerhin lief die Frist ab, die ihm zur Vorbereitung blieb. Und er spürte schon das urzeitliche Erbe seiner Vorfahren. Nun, zugegeben, eines Teils seiner Vorfahren. Auch nahm sich das Erbe ein wenig... ungewöhnlich aus. Wie dem auch sei, ein Plan... ein Plan... Garfield warf einen sorgenvollen Blick auf die geschlossene und besonders abweisend wirkende Tür zu Siegfrieds Studienzimmer. Morgen wurden die letzten Schüler/innen abgeholt, dann wäre die Schule beinahe leer. Lediglich fünf Schüler/innen und zwei Lehrkräfte. Das musste doch zu schaffen sein! Automatisch sprang der Videorekorder an und zeichnete auf, was Garfield veranlasste, hastig das Fernsehgerät einzuschalten. "Hallo, ihr Appetithäppchen!" Charmierte Koryu gerade seine treue Zuschauerschar. "Zur Hölle mit dir." Wünschte Garfield höflich, aber etwas weniger enthusiastisch als gewohnt zurück. "Sagt mal..." Koryu grinste und legte die Arme um seine beiden katzenhaften Assistentinnen Hari und Ruri. "... mögt ihr eigentlich Kinder?!" Garfield zuckte zusammen und klemmte sich die Finger im Bügelbrett. Wilhelm Hey ~ Alle Jahre wieder ~ Alle Jahre wieder Kommt das Christuskind Auf die Erde nieder, Wo wir Menschen sind Kehrt mit seinem Segen Ein in jedes Haus Geht auf allen Wegen Mit uns ein und aus. Steht auch mir zur Seite Still und unerkannt, Dass es treu mich leite An der lieben Hand. ~o~ 15-12-2005, Ihr Kinderlein kommet... Siegfried schnüffelte. Das war unfein, jeder wusste es wohl, dennoch zog er die Nase kraus und witterte. Nicht nur im Staate Dänemark war etwas faul... es roch auch hier verdächtig nach Heimlichkeiten. Und nach etwas Anderem. Er erhob sich, ließ die Ergebnisse von ThreeMonkeys' Arbeit im Sentiment-Bereich der Unterhaltungsliteratur liegen und pirschte sich an die Zimmertür. Im Wohnzimmer sang... nun, vermutlich hielt dieser... dieser... dieser Hauswirtschafter es für Gesang, das schräge Krähen voller Inbrunst abzüglich jeden Talents. Mit einem gewaltsamen Ruck zog Siegfried die Tür in sein Studienzimmer und sprengte förmlich in den Wohnbereich, ihr gemeinsames Revier. Sozusagen das umkämpfte Territorium. Garfield schreckte zusammen, wirbelte herum. Bestand für Augenblicke nur aus fliegenden Dreadlocks, einem elegant aufwirbelnden Faltenreigen des Kilts und sehr athletischen, vollkommen glatten, noisette-farbenen Oberschenkeln. Und er trug thermogefütterte, flauschige Unterhosen. "Oh... oh... hallo!" Flötete er eilig, glättete den Kilt und bemühte sich um eine möglichst arglose Miene. Er versagte kläglich. Siegfried ignorierte seinen Mitbewohner grimmig, schlich wie eine Raubkatze witternd durch den Raum, lauschte begierig. Sofort begann Garfield wieder, aus voller Kehle zu singen. Doch der Jagdinstinkt paarte sich bereits ungeniert mit Siegfrieds ausgeprägter Paranoia und das vorbelastete Gehör tat ein Übriges dazu. "AHA!" Trumpfte er auf, zog mit einem Ruck eine Ziertischdecke von einem Sessel... und erstarrte. "Was..." Ein spitzer Finger richtete sich anklagend auf den Inhalt des bauchigen Polstermöbels. "Was ist DAS?!" "Ähem!" Garfield wrang die Hände, grinste flackernd in aufsteigender Panik. "Sie mögen doch sicher Kinder, oder, Herr Siegfried?" Ein eisiger Blick gefror alles in Reichweite zu eiszeitlichen Stillleben. "Ich mag sie so wie Tiere." Erklärte der angehende Weltliterat frostig. "Gut durch und ohne Gräten." "Ah, das ist doch prima, nicht wahr?!" Überhörte Garfields Amok laufendes Gehirn einfach die Botschaft, gab den Händen Anweisung, jovial zu klatschen und sich aufgeräumt durch den Raum zu bewegen. "Also dann, das ist Reggae, der Sohn meiner Cousine Chrysalis." Siegfried musterte das blondgelockte, pausbackige Wesen, das gerade seine nackten Zehen ablutschte und dabei einen äußerst zufriedenen Eindruck machte, mit unverhohlenem Abscheu. »Widerlich, so proper und niedlich, so... ärgh und überhaupt!« "Reggie von Reginald?" Lief sein Mund unterdessen auf Autopilot höflicher Konversation, wobei er Rädschinald prononcierte. "Ah, uhm, nun ja..." Garfield stutzte, grinste verzweifelt. "Nein, Reggae wie der Musikstil. Ähem." Siegfried warf einen Blick von dem sehr hellhäutigen, blonden Filius zu Garfield und zog eine kritische Augenbraue hoch. "Na ja!" Beeilte sich Garfield, die Situation zu erklären. "Er ähnelt eher meinen schottischen Verwandten, nicht wahr? Hehehe, ähm, ja." "Vor allem riecht er!" Stellte Siegfried despektierlich fest und rümpfte die Nase. "Beheben Sie diesen Umstand und dann entfernen Sie dieses... Kind. Es verstößt gegen die Schulordnung." "Das geht nicht!" Eilends hielt Garfield auf Siegfried zu, der hastig einige Schritte Distanz zwischen sie legte. "Sehen Sie, Herr Siegfried, Chrysalis ist nicht zu erreichen, nun ja, verstehen Sie, im Augenblick ist mit ihr gar nicht zu reden, es ist Vollmond, daher.." Siegfried sortierte den Wortschwall mit wachsender Verärgerung aus, filterte das wichtigste zuerst heraus. "Sie sind doch Hauswirtschaftslehrer, oder nicht?! Dann unternehmen Sie gefälligst etwas gegen diesen Gestank! Oder haben Sie nur mit Plastikobjekten geübt?!" Garfield zögerte, schüttelte den Kopf, nickte gleichzeitig, was die armen Dreadlocks vollkommen verwirrte. "Ja, sicher, natürlich, nein, ich meine..." Um die Katastrophe zu vermeiden, kramte er eilends zwei ellenbogenlange Gummihandschuhe in Quietschgelb hervor, streifte diese in Begleitung einer bodenlangen Plastikschürze über und hob Reggae an. Siegfried trat ihm mit ausgebreiteten Armen in den Weg, als Garfield die Küche ansteuerte. "Ich will in diesem Raum weiterhin speisen!" Würgte er vorwurfsvoll hervor. Garfield rotierte ratlos, Reggae blubberte amüsiert und unterstützte den Effet mit begeistertem Krähen. "Aber ich brauche eine Wickelunterlage!" Stellte Garfield schließlich klar. "Bitte, legen Sie doch einfach ein paar Handtücher unter, danke schön!" Siegfried zog zischend Luft ein, entschied sich aber für Unterstützung und gegen den anhaltenden Gestank. "So, das haben wir gleich, richtig, Reggae?" Aufmunternd kitzelte Garfield den runden Kinderbauch und die Grübchen in den Wangen. "Uhoh!" Würgte Siegfried hinter vorgehaltenem Taschentuch und eilte in die Sicherheit des Wohnzimmers. Garfield hatte keinen empfindlichen Magen, immerhin kochte er seit frühester Jugend und unterrichtete unerschrocken. Außerdem gab es nichts, was Seife, Essigreiniger und ordentlich Wasser plus Wäscheklammer auf der Nase mit schickem Plastikgewand widerstehen konnte. Reggae, frisch gewindelt, wieder mit seinen Zehen vereint, die gut mundeten, schmiegte sich in die kraftvollen Arme und gurgelte erfreut. Er durfte wieder im bequemen Nest auf dem Sessel Platz nehmen und sich tummeln. Siegfried hingegen lauerte argwöhnisch, in größtmöglichem Abstand zum Nest-Besetzer. "Was war das für eine Geschichte mit dem Vollmond?!" Zischte er und zog die Gardinen auf. Christoph v. Schmid, 1768-1854 ~ Ihr Kinderlein kommet ~ Ihr Kinderlein, kommet, O kommet doch all! Zur Krippe her kommet In Bethlehems Stall. Und seht was in dieser Hochheiligen Nacht Der Vater im Himmel Für Freude uns macht. O seht in der Krippe Im nächtlichen Stall, Seht hier bei des Lichtes Hellglänzendem Strahl, In reinliche Windeln Das himmlische Kind, Viel schöner und holder, Als Engelein sind. Da liegt es, ihr Kinder, Auf Heu und auf Stroh, Maria und Josef Betrachten es froh; Die redlichen Hirten Knien betend davor, Hoch oben schwebt jubelnd Der Engelein Chor. O beugt, wie die Hirten, Anbetend die Knie, Erhebet die Händchen Und betet wie sie! Stimmt freudig, ihr Kinder - Wer soll sich nicht freun? - Stimmt freudig zum Jubel Der Engelein ein! O betet: du liebes, Du göttliches Kind, Was leidest du alles Für unsere Sünd! Ach hier in der Krippe Schon Armut und Not, Am Kreuze dort gar noch Den bitteren Tod. Was geben wir Kinder, Was schenken wir Dir, Du bestes und liebstes der Kinder, dafür? Nichts willst Du von Schätzen Und Reichtum der Welt, Ein Herz nur voll Demut Allein Dir gefällt. So nimm unsre Herzen Zum Opfer denn hin; Wir geben sie gerne Mit fröhlichem Sinn; Und mache sie heilig Und selig wie Deins, Und mach sie auf ewig Mit Deinem in eins. ~o~ 16-12-2005, Kling, Glöckchen, klingelingeling! "Vollmond?" Garfield kratzte sich den dreadlockigen Schopf. Siegfrieds sezierendes Starren nötigte jedes Objekt unter diesem unerbittlichen Fokus, sich von innen nach außen zu kehren, was kein schöner Anblick zu werden versprach. Garfield gab schicksalsergeben nach. Er senkte das Haupt kummervoll, die Schultern sackten heran, selbst die Dreadlocks hingen schlaff. "Ich bin ein Werwolf." Bekannte er heiser, um dann, ein ungläubiges Zischen später eilends zu ergänzen. "Also, mütterlicherseits." Siegfried hegte keine Absicht, die Familienplanung und -geschichte dieses ausgesprochen merkwürdigen Clans zu diskutieren. Andererseits war es eine ausgesprochen lächerliche Erklärung. »Der Kerl hat nicht mal Barthaare, er trägt einen Rock... wo ist der Werwolf, hm?!« "Ach, und heute haben wir uns entschlossen, kein Fell anzulegen und Schafe zu reißen, oder was auch immer man so in Werwolf-Kreisen zu tun pflegt?" Ätzte Siegfried dementsprechend unnachsichtig. "Na ja..." Garfield wühlte in den Dreadlocks, ausgesprochen verlegen. "...bei mir wirkt der Vollmond... irgendwie anders." "Aha?" Schnarrte Siegfried unnachgiebig, ignorierte die drohende Gefahrenquelle in Form eines Windelrockers und pirschte sich heran. "Ich habe Migräne." Bekannte Garfield kläglich und zuckte mit den Schultern. "Na, das erklärt den Rock!" Entfuhr es Siegfried triumphierend, woraufhin ihn ein ausgesprochen entsetzter Blick traf. "Das... das ist ein Kilt!" Nun stemmte Garfield die Hände in die aparten Hüften. "Und eine sexistische Bemerkung wie diese ist nach der Schulordnung verwarnungspflichtig! Herr Siegfried!" Für einige Wimpernschläge war es sehr still. Keineswegs weihnachtlich still. "Pff!" Schnaubte Siegfried schließlich. "Ich weiß nicht, ob ich hier ein Kind gesehen habe, oder nicht!" "Und ich weiß nicht, ob ich hier eine niederträchtige, verletzende Bemerkung zur Geschlechtsidentität vernommen habe, oder sonst was." Erklärte Garfield bebend. In diesem Augenblick läutete es. Ihre Blicke trafen sich, ausnahmsweise einig. »Wer konnte das sein?!« Immerhin schneite es seit Stunden, alle fünf Schüler/innen befanden sich in ihren Betten, niemand wurde erwartet. "Ich gehe." Seufzte Siegfried, denn immerhin trug er die schwere Last der Verantwortung. Reggae quäkte, er mochte die Türklingel gar nicht leiden, sie hatte so etwas Aufdringliches an sich. Garfield nahm den Wonneproppen hoch, ließ sich die Dreadlocks bekauen und klopfte zärtlich auf den kleinen Rücken, die wohlbewindelte Kehrseite. "Er ist gar nicht so übel." Vertraute er Reggae an. "Er müsste nur mal aus sich herausgehen." Siegfried ging unterdessen, gemessenen Schritts natürlich, ganz gleich wie unverschämt da geklingelt wurde. Stieg die Stufen hinab, bis er in die Eingangshalle gelangte. Mit einiger Mühe gelang es ihm, gegen die Schneewehen die doppelflügelige Tür zu öffnen. Fußstapfen führten durch den Schnee die Treppe hinauf... und wieder hinab. "Hallo? HALLO!" Fauchte Siegfried ärgerlich. Ist das hier ein Klingelstreich, oder wie?! Er hörte ein Geräusch und fuhr herum. »Einbrecher?! Diebe?!« "Das hat mir gerade noch gefehlt!" Zischte Siegfried, schlug die Tür zu und verbarrikadierte sie. Karl Enslin (1814-1875) nach einer Volksweise Kling, Glöckchen, klingelingeling! Kling, Glöckchen, kling! Lasst mich ein, ihr Kinder! Ist so kalt der Winter! Öffnet mir die Türen! Lasst mich nicht erfrieren! Kling, Glöckchen, klingelingeling! Kling, Glöckchen, kling! Kling, Glöckchen, klingelingeling! Kling, Glöckchen, kling! Mädchen, hört, und Bübchen, Macht mir auf das Stübchen! Bringt euch viele Gaben, Sollt euch dran erlaben! Kling, Glöckchen, klingelingeling! Kling, Glöckchen, kling! Kling, Glöckchen, klingelingeling! Kling, Glöckchen, kling! Hell erglühn die Kerzen, Öffnet mir die Herzen, Will drin wohnen fröhlich, Frommes Kind, wie selig! Kling, Glöckchen, klingelingeling! Kling, Glöckchen, kling! ~o~ 17-12-2005, Oh Weihnachtsmann... Siegfried lauschte auf weitere, verdächtige Geräusche, während er auf Zehenspitzen zu seinem Appartement hinaufstieg. Über Gänge, Stiegen und Treppenhäuser waren alle Gebäude miteinander verbunden, sodass ein Eindringling sich sehr lange unentdeckt aufhalten konnte. Andererseits verfügte Siegfried über außergewöhnliche Talente und er hatte bereits derartig viel Ärger zu schlucken, dass er ein bequemes Ventil für seine Wut willkommen hieß. Garfield ging mit Reggae auf und nieder, wiegte ihn und summte leise. Es tat ihm ausgesprochen wohl und beruhigte seine pochende Migräne. "Pscht!" Zischelte Siegfried, während er lautlos die Appartementtür schloss, glitt auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. "Wer war denn an der Tür?" Erkundigte sich Garfield arglos, übersah völlig die heimlichtuerische Gestik seines Mitbewohners. Dieser kreiste die wasserblauen Augen Richtung Zimmerdecke. "Ein Einbrecher oder vielleicht mehrere! Sie treiben sich irgendwo im Gebäude herum!" Fauchte Siegfried ärgerlich, griff sich einen schweren Regenschirm. "Du liebe Güte!" Garfields gesunde Noisette-Gesichtsfarbe tönte sich gräulich. Instinktiv barg er Reggae eng am Leib. "Gehen wir!" Nahm Siegfried, traditionell im Drachentöter-Geschäft, den Regenschirm und die Führung in die Hand. Öffnete die Appartementtür und fletschte ein grimmiges Grinsen in das Dämmerlicht der Notbeleuchtung. Garfield folgte ihm eilig, Reggae mit einem wärmenden Tuch umwickelt, damit er nicht so leicht als schutzbedürftiges Kleinkind zu identifizieren war. "Abschließen!" Knurrte Siegfried, aktivierte die Beleuchtung und konzentrierte sich. "Erst suchen wir hier. Ich glaube, ich höre was, unten irgendwo. Wenn wir sie nicht finden, dann gehen wir in die Schlafsäle." "Sie?!" Erkundigte sich Garfield besorgt, kraulte das Wollgewebe. "Genau. Es sind mehrere." Verkündete Siegfried befriedigt, schwang den Regenschirm herausfordernd. Gemeinsam huschten sie die Treppe hinunter, hielten immer wieder an, wenn Siegfried die freie Hand hob und lauschte. Ein Funkeln tanzte in den wasserblauen Augen, das Garfield dort noch nie zuvor bemerkt hatte: Siegfried schien gut gelaunt und lebendig. Er spähte in den Eingang hinunter, wandte sich dann um, legte einen Finger auf die Lippen und signalisierte Garfield, der möge sich mit dem Kind hinter ihm auf die Stufen setzen und sich die Ohren zuhalten. Garfield verstand nicht, leistete aber artig Folge, fächerte sogar die Dreadlocks auf, um den Geräuschteppich zu filtern. Siegfried nahm den nadelnden, blitzend und glimmernd geschmückten Tannenbaum ins Visier, holte tief Luft. Und schrie. Oh Weihnachtsmann, oh Weihnachtsmann, Komm doch zu uns herein! Wir bitten Dich so lange schon, Wir Kinder groß und klein. Das Tischlein ist gedeckt, Das Stübchen ist gekehrt. Wir warten an der Türe still, Bis Du uns hast beschert. Oh Weihnachtsmann, o Weihnachtsmann! Vergiss nicht unser Haus, Und schüttle deinen Weihnachtssack Auf unsre Tischlein aus, Und Deine großen Taschen, Die öffne nur geschwind Und bau viel schöne Sachen auf Für jedes gute Kind. Oh Weihnachtsmann, oh Weihnachtsmann! Vergiss den Baum auch nicht Mit Äpfeln, Nüssen, Zuckerwerk Und manchem hellen Licht! Wir wollen auch recht artig Und folgsam immer sein. Komm lieber, guter Weihnachtsmann, Komm doch zu uns herein. ~o~ 18-12-2005, Rudolph und seine Spießgesellen "Volltreffer!" Begeisterte sich Siegfried, reckte triumphierend den Regenschirm. Garfield hinter ihm kam schwankend in die Höhe, erschüttert und sehr ängstlich. Reggae heulte nach der Schrecksekunde wie eine Sirene los. "Uohhh!" Wimmerte Garfield kläglich, die Migräne brachte sich vehement in Erinnerung. "Ruhe!" Gebot Siegfried fauchend, aber Reggae ließ sich nicht beeindrucken und legte mehrere Dezibel zu. Plus einer höheren Oktave. "Tsktsktsk!" Knurrte Siegfried. Hängte sich den Regenschirm über einen Ellenbogen, packte das Kleinkind wie ein Karnickel im Nacken und unter dem wohlgepolsterten Windelpo, fixierte es grimmig. "Nicht..." Garfield schwante Übles. Ein weiterer Schrei könnte das arme Kerlchen vielleicht umbringen... "Na na!" Tadelte Siegfried knapp. "Jungs heulen doch nicht!" Legte sich Reggae wie eine alte Lederjacke über die Schulter und summte hauchzart in das Geheul, während er die Treppe herabstieg. "Ähem..." Beinahe sprachlos stolperte Garfield hinter seinem Mitbewohner her die Treppen hinunter. Beide hielten bei dem umgestürzten Baum inne. Rote Hosenbeine mit schweren Stiefeln ragten aus dem schütteren Nadelkleid heraus, offenkundig wie der gesamte Rest fachkundig niedergestreckt. "Den haben wir!" Verkündete Siegfried mitleidlos. Garfield bestaunte weniger den Eindringling als Reggae, der ihn schmunzelnd über Siegfrieds Schulter angrinste und dabei vergnügt auf den blütenweißen Kittel sabberte. "Also, ich verstehe nicht..." Startete Garfield einen neuen Versuch. Siegfried verdrehte die wasserblauen Augen, studierte die dunkelbraunen des Hauswirtschaftlers nachsichtig. "Ich bin ein Banshee." Erklärte er seufzend das Offenkundige, um mit spitzer Zunge hinzuzufügen. "Eine irische Todesfee. Väter- und mütterlicherseits." "Wow." Kommentierte Garfield, um dann schüchtern hinzuzufügen. "Soll ich Reggae vielleicht wieder nehmen?" Siegfried grinste, bleckte sehr spitze Zähne. "Oh, warum denn? Wenn mir die Stimme versagen sollte, werde ich einfach mit seiner Windel wedeln!" Dann machten sie sich auf die Suche nach den Komplizen. Diese, pelzig, klein, von länglichem Körperbau und gerade einem unbequemen Sack entronnen, flitzten wie ein Spähtrupp durch die Dunkelheit. Sie waren zu neunt, eine verschworene Gemeinschaft, die ihre gerade gewonnene Freiheit nicht mehr aufgeben wollte. Plötzlich wurde es hell. Der erste Hermelin hielt inne, rutschte, schleuderte, gefolgt von seinen Gefährten. Drei himmlische Geschöpfe schwebten in den Gang. Thalia, Portia und Lavinia hatten sich entschlossen, dem verwaisten Jungenschlafsaal einen Besuch abzustatten. Sie wollten Aeolus trösten. Und nach der Rute suchen, die nicht nur Knecht Ruprecht unter seinem Kittel verbarg. Die neun Hermeline tauschten eilige Laute aus. Man könnte sie wohl mit "Wahnsinnsbräute" übersetzen. Wie sie ihre plüschigen Hinterteile schwangen, diese drei bezaubernden Meerschweinchen-Mädels! Nichts wie ran! Und Rudolph, Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner und Blitzen hasteten so schnell los, wie ihre kurzen Beine sie über den tückisch glatten Boden trugen. Robert L. May, 1939 ~ Rudolph, the rednosed reindeer ~ You know Dasher and Dancer And Prancer and Vixen, Comet and Cupid And Donner and Blitzen. But do you recall The most famous reindeer of all? Rudolph the red-nosed reindeer Had a very shiny nose And if you ever saw it You would even say it glows All of the other reindeer Used to laugh and call him names They never let poor Rudolph Play in any reindeer games Then one foggy Christmas Eve Santa came to say, "Rudolph with your nose so bright Won't you guide my sleigh tonight?" Then all the reindeer loved him And they shouted out with glee, "Rudolph the red-nosed reindeer You'll go down in history!" ~o~ 19-12-2005, Bsuffa unerm Krissbaam "Was ist das für ein Geschrei?!" Garfield grub die Finger in Siegfrieds Kittel. "Die Mädchen!" Identifizierte Siegfried die Geräuschquelle und nahm Tempo auf. Die beiden Lehrer flitzten eilends durch die Gänge, geführt von Siegfrieds ausgezeichnetem Gehörsinn. Inzwischen war das panische Kreischen abgeebbt und einem weniger schrillen Geräuschteppich gewichen. Einem eher irritierenden, konnte man mit Fug und Recht behaupten. Als die beiden Männer in Begleitung ihres daumenlutschenden Trabanten in den Gang bogen, bot sich ihnen ein despektierliches Bild. Jeder Hermelin hatte flink ein Mädchen zum Ziel gewählt, sodass deren drei sich auf eine der Grazien stürzten. Es hinderte sie wenig, dass die vorgeblichen Hamsterweibchen erstaunlich lange Beine und recht wenig Fell aufwiesen. Sie liebten es warm, ein wenig feucht und wohlduftend. Folgerichtig sprangen sie die nackten Beine hoch, brachten die verschreckten Schicksalsgenossinnen zu Fall und drängten, schoben und schmusten sich einen Weg unter die liebreizenden Baby-Dolls. Zugegeben, es mangelte tatsächlich an einem Genick, das für die Begattungsstarre zärtlich beknabbert werden konnte. Dafür aber sonderten diese ungewöhnlichen Hamster-Schätzchen recht anregende Geräusche ab. Und so ein Hermelin knabberte schließlich nicht nur, er leckte flink und schnupperte wissbegierig, kein Stückchen Stoff hinderte ihn auf Dauer. "Was... WI-DER-LICH!" Schrillte Siegfried empört ob dieser amoralischen Paarungen, reichte im selben Atemzug Reggae weiter. Nahm Haltung an, um wie ein meisterlicher Golfer mit dem gebogenen Griff des Regenschirms auszuholen. Die Hermeline, alarmiert, begriffen, -nachdem der zweite unsanft eine Wand begrüßte-, recht schnell, dass man ihnen ans Fell wollte. Hätte man sie nicht gezüchtet, so wären sie wohl den Weg des geringsten Widerstands gegangen und geflohen. Aber nicht Rudolph und seine Spießgesellen, denen ein Nachleben als Mantel bevorstand. Im Gegenteil, sie bleckten die Beißerchen, knurrten und sammelten sich, Siegfried zu attackieren. Dieser lächelte. Perfid und gar nicht weihnachtlich gestimmt. Garfield umklammerte Reggae und sprintete eilends den Gang zurück, um sein Gehör fürchtend. Der Herr über das Sprachlabor räusperte sich mokierend und stimmte das hohe C an. Drei lange Atemzüge später wagte es Garfield todesmutig, die Situation zu erkunden. An eine Wand geblasen, die Schnauzen blutig, lagen wie welkes Laub die angriffslustigen Hermeline. Von himmlischen Hamstermädels zu einer ungewissen Zukunft als Designer-Kutte... so schnell konnte es gehen. "Auf die BEINE!" Bellte Siegfried im Kasernenhofton und veranlasste allein durch seine Tonlage, dass die drei Mädchen eilends Aufstellung nahmen, ihm widerspruchslos folgten. Ein wenig steif, so, als hätte ihr schockierter Verstand die Regie vollends dem Kleinhirn überlassen, das sich lediglich auf Motorik konzentrierte. Ihr Gänsemarsch endete in der Krankenstation, wo Siegfried mit sichtlichem Genuss Garfield instruierte, allen dreien Tetanusspritzen zu verpassen. Dann hieß es Bettruhe, diverse Maschinen angeklinkt, um Infektionen zu entdecken und keine Sperenzchen mehr. Vor allem nicht in den Gängen herumgeistern, wenn längst Sperrstunde herrschte. Nachdem diese leidige Angelegenheit einen für Siegfried sehr erbaulichen Abschluss gefunden hatte, nötigte er seinen Mitbewohner, ihm bei der Bergung des letzten Eindringlings behilflich zu sein. Dieser befand sich noch immer unter der umgestürzten Tanne, die verstärkt nadelte. "Ob... er tot ist?!" "So wie der stinkt, wäre es besser." Grummelte Siegfried, zog die Nase kraus und sehnte sich die Wäscheklammer herbei. Mit Geschick rollten sie den Baum um die eigene Achse und studierten den menschlichen Fußbodenbelag. Er, mit einem ungepflegten Bart ausgestattet, steckte in einem feuermelderroten Overall, Stiefeln und bändigte die wirre Mähne mit einer Pudelmütze in gleicher Alarmfarbe. "Puhh!" Rümpfte Garfield nun brüderlich die Nase. Ihr ungebetener Gast stank tatsächlich, als habe er allein für die Schließung einer Schnapsdestille gesorgt. Neben ihm lümmelte ein brauner, ausgesprochen stabil wirkender Sack, der nach Hermelin roch. "Heda!" Siegfried stippte den menschlichen Yeti mit dem Regenschirm an. "Aufgewacht!" Ein Grunzen mündete in verstopfte Schnarchgeräusche. "Was nun?" Garfield votierte dafür, den Stinker schlafen zu lassen, um sich nicht weiteren Ärger einzuhandeln. "Was haben wir denn hier?" Siegfried ignorierte mannhaft den infernalischen Gestank, beugte sich über den Gefallenen, um einen faltenreichen Handzettel in Kanarienvogelgelb zu bergen. "Sieh an!" Die wasserblauen Augen flackerten grimmig. Gleich würde jemand wissen, wie wichtig Strom war. Vor allem, wenn man ihn nicht mehr hatte. Er ließ den Zettel fallen und stapfte zur Treppe. Garfield schüttelte den Kopf, kraulte Reggaes blonden Schopf und entzifferte ratlos. [Der rassige Rolf und seine Renn-Tiere, die Super-Show für Ihre Party!] "Ist wohl eine Ich-AG." Murmelte er, löschte die Lichter und folgte Siegfried. ~o~ 20-12-2005, Jingle Bells, Glocken schlagen Alarm... Nereus wartete noch eine geschätzte Ewigkeit, bevor er es wagte, sich hinter den mit Schnee verkleideten Hecken hervorzustehlen und durch den Hintereingang ins Gebäude zu schlüpfen. Er hatte sich nichts weiter gedacht, als einmal ohne spottende Zeugen durch dieses Winterwunderland zu spazieren. Ein wenig von diesem feierlichen Gefühl zu verspüren, das er mit dem Weihnachtsfest verband. Vielleicht war es auch nur ein lächerlicher Traum, ein naives Sehnen, das in keiner Wirklichkeit Bestand haben konnte. »Ich konnte doch nicht ahnen, dass der Fremde einfach hineingeht!« Rechtfertigte er sich selbst schuldbewusst. Auch das Geschrei, das sogar das Mauerwerk kurzzeitig zum Erzittern gebracht und mehrere Lagen Schnee plus spitzer Eiszapfen vom Dach gelöst hatte, trug nicht sonderlich zu seiner Erleichterung bei. "Du hast Glück, dass sie dich nicht erwischt haben." Raunte es vertraulich an Nereus' Seite, der angstvoll herumfuhr und sogleich die Folgen seines Schreckens erblickte. Schnell sammelte sich eine große Lache um seine Füße. "Du bist wohl im Schnee herumgetollt." Mutmaßte Aeolus freundlich. "Ich hole dir ein Handtuch, ja?" "Nichtnötig!" Murmelte Nereus hastig, huschte auf Zehenspitzen, um nicht noch mehr Flüssigkeit zu verlieren, zu seinem Schlafsaal. "Nun warte doch mal!" Aeolus hielt das Tempo, griff dabei vertraulich nach Nereus' Hand, die ausnahmsweise nicht in einem Handschuh steckte. Er glitt beinahe ab, einen feuchten Film in der eigenen Handfläche. "Nanu?" Entfuhr ihm eher überrascht als abgestoßen, da rannte Nereus bereits von Scham erfüllt davon. »Wenigstens wirft nur der Schnee ein wenig Licht zurück!« Tröstete er sich mit pfeifenden Lungen. So blieb ihm das ganze Ausmaß der Schmach vielleicht erspart. Aeolus jedoch war keineswegs gewillt, diesen Jungen, der so melancholisch seine Einsamkeit zelebrierte, entschlüpfen zu lassen. Unwillkürlich hob er die Hand an, roch... Seife?! Nereus' Sohlen quietschten, er nahm eine Kurve besonders knapp, rutschte weg und schleuderte der Länge nach ungebremst hin. Noch bevor er die Hände auf die schmerzende Stirn pressen konnte, die recht unsanft dem Fußboden die Aufwartung gemacht hatte, wurde er vorsichtig in eine sitzende Haltung aufgerichtet. "Bitte lauf nicht vor mir weg!" Schmeichelte Aeolus werbend, schüttelte die goldblonde Mähne aus den Augen, streichelte über die aufgeschlagene Stirn. Als er die Finger löste, bedeckte sie ein feiner, glänzender Film. Wie Seifenlauge. Nereus schwindelte, er zog die Beine an, wollte sich aufrappeln, mehr als deutlich bewusst, dass die schützende Leibwäsche sein Geheimnis nicht mehr bewahren konnte. Seine Kleider klebten tropfnass auf dem Leib, die schwarzen Haare strähnten angeklatscht in sein Gesicht. "Wahnsinn!" Hörte er Aeolus rau flüstern. "DAS nenne ich einen feuchten Traum!" ~ Jingle Bells, J. S. Pierpont, 1857 ~ Jingle bells, jingle bells, heller Glockenklang, Unser Schlitten saust dahin, auf dem Felsenhang, Jingle bells, jingle bells, komm und steig mit ein, Unser Schlitten führt uns hin, in Wind und Welt hinein. Eine Decke überm Knie, ja verliebt so wie noch nie, Unsre beiden Hände binden sich, ich sag ich liebe dich. Komm jetzt steigen alle ab, denn jetzt geht es nicht bergab, Unser Pferdchen wird uns dankbar sein, und wir laufen hintendrein. Winterwelt, Wunderwelt, herrliche Natur, Dir mein liebes Christkind sind wir heute auf der Spur Winterzeit, Seligkeit macht das Herz uns weit Denn die ganze Welt hat heut an das schönste Kleid. Unser Glocken bimmelt froh, unser Herz schlägt ebenso Fröhlich, heiter uns sorgenlos, ja gleiten wir drauf los. Unser Pferdchen schaut zurück, so was spürt es unser Glück Diese Schlittenfahrt ist wunderschön, sie soll nie zu Ende gehen. Jingle bells, jingle bells, ich wär gern fürwahr Heute dir so nah wie der Wind in Deinem Haar. Jingle bells, jingle bells, heller Glockenton Heute fahren wir bestimmt der ganzen Welt davon. Wir ziehn unsre weiße Spur, über Wald und über Flur, Und die Peitsche lassen wir zu Haus, fahrn in die Welt hinaus. Und jetzt geht's über den Bach, ist das Eis auch nicht zu schwach Doch das andre Ufer ist erreicht, heute fühln wir uns so leicht. Jingle bells, Jingle bells, heller Glockenklang, Unser Schlitten saust dahin auf dem weiten Hang. Jingle bells, jingle bells fröhliches Geläut Dieser Tag ist wie ein Traum, schöne Weihnachtszeit. ~o~ 21-12-2005, Jauchzet und frohlocket! Nereus stieß den Schulsprecher von sich, rappelte sich hoch und gab Fersengeld, indem er seinen durchnässten Anorak zurückließ. Mit ausgestreckten Händen rutschte und schlitterte er durch die Gänge, in kopfloser Flucht. »Die Eingangshalle, Baum... !« Dirigierte er seine protestierenden Beine, als unerwartet etwas Dunkles in seinem Weg lag und ihn erneut unfreiwillig auf die Knie zwang. Sein Sturz löste größeres Gepolter aus. Nur Wimpernschläge später leuchtete das Treppenhaus auf und eine sehr übellaunige Stimme fauchte. "Nun habe ich aber die Faxen dick!" Nereus rang nach Atem, schillernde Seifenblasen schäumten ihm aus Mund und Nase, die aufgeschlagenen Knie brannten wie seine Augen. Ein Schatten warf sich über ihn, dann wurde er um die Taille gefasst und rasch in eine Nische geschoben. Ohne Rücksicht auf die nassen Kleider, den dezenten Schwall glänzender Seifenblasen oder seinen bebenden Leib hielt ihn der geheimnisvolle Retter von hinten umschlungen. Unterdessen eilte Siegfried im Sturmlauf die Treppen hinab. Ohne Federlesens rollte er den umgesungenen Baum über den "rassigen Rolf" samt seines mauerstarken Odeurs de Abtritt und rieb sich befriedigt die Handflächen. "Nun herrscht RUHE!" Verkündete er grimmig, verbunden mit dem unterschwelligen Versprechen, dass jede Zuwiderhandlung ein den Hermelinen vergleichbares Schicksal nach sich zog. Eine Hand löste sich, um Nereus' Kinn zu umfassen. Dann, noch bevor die Eingangshalle in völliger Dunkelheit versank, explodierten vor seinen Augen unzählige Lichter. Jemand küsste ihn. Mit offenem Mund. Neckte seine Zunge. Herzschläge später schlug Nereus um sich, produzierte weitere Seifenblasen in hektischer Panik. Dieses Mal allerdings konnte er nicht entschlüpfen, der Griff um seine Hüften war unnachgiebig. "Lauf nicht weg. Ich tu dir doch nichts." Beruhigte eine sanfte Stimme, aber Nereus verweigerte ihr das Vertrauen. Er mochte mehrfach gefallen sein, aber nicht auf den Hinterkopf. Er war kein Idiot. Auch wenn er keine Freunde hatte und alle ihn mieden, wusste er wohl, was man sich über Aeolus erzählte: dass dieser gern die Betten wechselte, und nicht etwa, weil er einen Job als Hauswirtschafter anstrebte. Nereus hätte gerne gebrüllt, seiner Angst, dem Frust und der Enttäuschung Luft gemacht, aber wie jedes Mal entströmten ihm nur unzählige Seifenblasen, tanzten im Luftwirbel. "Ich werde mir deine Stirn und die Knie ansehen, in Ordnung? He, wir sind ganz alleine hier, bist du nicht auch einsam? Ich bin's jedenfalls." »Lügner!« Dachte Nereus, wischte sich über die Augen. »Dir ist doch jeder und jede recht!« Allerdings hatte er nicht in Betracht gezogen, dass er in enger Umarmung eines Empathen dieses unfreundliche Urteil fällte. "Warum magst du mich nicht leiden? Ich tu dir doch nichts!" Klang Aeolus tatsächlich verwirrt? Nereus presste die feuchten Lippen aufeinander und wünschte, die Seifenblasen aus seinen Nasenlöchern würden endlich verschwinden. "Ich bin nicht so verzweifelt, dass ich mich mit dir abgebe!" Gurgelte er im Befreiungsschlag, schüttelte seine Schultern frei. "Du riechst so gut!" Murmelte Aeolus an seinem Nacken, offenkundig taub für die vernichtende Absage. Nicht nur das, seine Zunge zog Kreise um die Nackenwirbel. Überfallartig schwamm Nereus sofort wieder in seifiger Feuchtigkeit, die Wangen schamrot und fiebrig in der Dunkelheit. "Lügner!!!" Brachte er mühsam hervor. "LügnerLügnerLügner!!" Jeder wusste, dass Seife eklig schmeckte, muffig-süßlich roch... und sein besonderes "Talent" bestand darin, bei jeder Aufregung ganzkörperlich milde Seifenlauge abzusondern! »Schleimer, Schnecke, Sabber, Hosenpisser, Bettnässer...!« Die Schmähungen kreiselten in seinem Kopf. Nereus heulte vor Wut. Alles war leichter zu ertragen, als diese kleine, schrille Stimme in seinem Hinterkopf, die hoffte, dass Aeolus vielleicht doch... nur ein klein wenig... möglicherweise... "Nicht weinen!" Der Empath hob die schlanken Hände, teilte die klebrig-nassen Strähnen, um über die feuchten Wangen zu streichen. Lehnte sich an, hauchte sanfte Küsse auf die Seifenblasenquelle. "Komm, gehen wir ins Warme, hier ist es eisig kalt!" Vollkommen richtig, Nereus schlotterte ebenfalls, auch wenn ihn Aeolus' Körperwärme umfing. Trotzig nickte er, wischte sich über das Gesicht. Aeolus lächelte in die Dunkelheit, fasste eine nasse Hand vertraulich. »Jauchzet und frohlocket...!« ~o~ 22-12-2005, Engelschöre und Sphärenmusik Nereus stand trotzig und ausgesprochen befangen auf den Fliesen. Er tropfte. Nicht einmal die Seifenblasen blieben ihm erspart, sie trieben einfach ungebeten aus Nase und Mund, wanderten im Schein der reduzierten LEDs gemächlich durch die Gemeinschaftsdusche. Aeolus starrte ihn an. Zugegeben, keine neue Erfahrung für Nereus. Allerdings hatte ihn niemand zuvor wie das achte Weltwunder angesehen, vollkommen gebannt, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. »Feuchter Traum!« Drängte sich Nereus unwillkommen ins Gedächtnis, sodass er eilig die schmalen Schultern noch höher zog. Er fühlte sich entblößt, auch wenn er lediglich seine Jacke und die hinderlichen Stiefel verloren hatte. Pullover, T-Shirt, hautenger Ganzkörperbadeanzug, Socken, Jeans, all diese Schichten bedeckten ihn noch. "Darf ich dich noch mal küssen?" Erkundigte sich Aeolus artig, entfernte mit apartem Schwung goldblonde Haare aus seinen Wimpern. Nereus senkte den Kopf, damit die schweren, nassen Strähnen sein Gesicht verbargen. "Wozu?" "Hmm..." Der Schulsprecher nahm diese misstrauische Replik nicht krumm, sondern lächelte verschmitzt. "Weil ich es mag? Du schmeckst anders. Es fühlt sich gut an. DU fühlst dich gut an." "Blödsinn!" Schnappte Nereus und wedelte ärgerlich einen Schwall Seifenblasen weg. »Was ist schon gut daran, als menschliches Stück Flüssigseife zu leben?!« "Bitte? Weil Weihnachten ist?" Aeolus zog alle Register. Er war sich selbst nicht sicher, warum er nicht aufgeben konnte. Waren es die niedlichen Blasen? Die tiefvioletten Augen? Dieser feuchte Schimmer auf der hellen Haut? Das geschmeidige Gefühl und dieser Geschmack? Wie pinkfarbener Kaugummi und süß-prickelnde Brause? In seinem Unterleib bitzelte es erwartungsfroh, die Haut auf seiner Stirn pochte. "Ich verrate dir auch ein Geheimnis!" Flüsterte Aeolus, streifte sich den feuchten Pullover und die Freizeithose vom Leib. Nereus kauerte sich in Hockstellung auf die Fliesen, mit dem Rücken zur Wand. "Will ich gar nicht wissen!" Murmelte er undeutlich. Aeolus war wirklich schön. So schön, dass es wehtat, ihn zurückweisen zu müssen, weil man schließlich seinen Stolz hatte. »Und er könnte es ehrlich meinen!« Ergänzte das dünne, schüchterne Stimmchen. "Na gut, einen Kuss... aber keine Tricks!" Bestimmte Nereus endlich, die Hände zu Fäusten geballt, um Aeolus im Notfall zurückstoßen zu können. Touched - Vast touched, you say that I am too so much, of what you say is true I'll never find someone quite like you again I'll never find someone quite like you, like you the razors and the dying roses plead I don't leave you alone the demi-gods and hungry ghosts oh god, god knows I'm not at home I'll never find someone quite like you again I'll never find someone quite like you again I, I looked into your eyes and saw a world that does not exist I looked into your eyes and saw a world I wish I was in I'll never find someone quite as touched as you I'll never love someone quite the way that I loved you ~o~ 23-12-2005, Morgen, Kinder, wird's was geben... Aeolus war kaum zu halten. Und Nereus begriff rasch, warum. Ungezielt suchte der sonst so gelassen-freundliche Schulsprecher mit zitternden Händen nach Reißverschlüssen und Leisten, um Nereus den Ganzkörperanzug, der den Feuchtigkeitsfilm eigentlich behindern sollte, vom Leib zu pellen. Unartikulierte Laute entströmten seiner Kehle, wenn Nereus sie nicht mit leidenschaftlichen Küssen verschloss. Er wusste Aeolus in seiner Gewalt, durch die Berührung des anschwellenden, aus der Stirn herauswachsenden Horns. »Ein Einhorn... er ist ein Einhorn...« Nereus lächelte unwillkürlich, zu seiner eigenen Überraschung keineswegs erschreckt davon, einen nackten, sehr erregten Mitschüler in seinen Armen zu halten. Der sich wand, am Stoff zerrte und zog, ihn verlangend küsste und mit halb gesenkten Lidern längst in einer anderen Welt lebte. Außerdem saß er selbst in einer Pfütze, klatschnass, von Seifenblasen umschäumt. Und fühlte sich großartig. Weil er die Macht hatte, Aeolus zu Geständnissen zu bewegen. Ihn anzuerkennen. »Ziemlich schäbig!« Kommentierte die dünne Stimme, die sehnsüchtig auf ein freundliches Wort wartete. »Außerdem geht es dir bald nicht anders.« Prophetische Worte, denn Aeolus' Stöhnen, Liebkosen und Werben hinterließ auch bei Nereus Spuren. "Nhhh!" Keuchte der Schulsprecher an seinem Ohr. "... so feucht..." Und da er Nereus' schüchtern erigierenden Penis umklammerte, wusste dieser durch einen rosigen Schwall der Hormonüberflutung, was ihn erwartete. Aeolus war alles gleich. Er konnte kaum die Augen aufhalten, Sternenregen ging vor ihnen nieder, sein Körper tanzte bereits unkontrolliert in leidenschaftlichen Spasmen. Wenn er noch zur Sprache befähigt gewesen wäre, hätte er wohl um Erlösung gebettelt. "Wahnsinn!" Blubberte Nereus, was keineswegs eine Übertreibung darstellte. Das üblicherweise bescheidene Hörnchen hatte erstaunliche Maße angenommen und ragte ebenso unerschütterlich hoch wie südlich der Gürtellinie der Geigerzähler der Erregung. Und Aeolus flehte, mit jedem Laut, der ihm entfuhr, so bedürftig, so sehnsüchtig, dass Nereus Mut schöpfte. Ein Selbstvertrauen, das ihn selbst überraschte. Er dirigierte Aeolus auf seinen Schoß, ließ beide Hände synchron über das Horn und den Penis wandern, kreisen, massieren, necken... und zum ersten Mal freute er sich über seine besondere Gabe. Aeolus schmiegte sich schäumend an ihn, legte den Kopf zurück auf Nereus' Schulter, küsste ihn winselnd mit offenem Mund. Seine Hände, die kein Ziel vor sich hatten, griffen nach hinten, kreiselten über die mageren Pobacken, tasteten nach Nereus' Erektion. "...ich kann das nicht..." Presste Nereus verunsichert heraus, zweifelte für einen Augenblick, ob Aeolus' empathische Gabe vielleicht auch Absichten übertragen konnte. Andererseits bedurfte es keines Universitätsabschlusses, um Aeolus' dringendes Sehnen zu erkennen. Der sich auf seinem Schoß wand, vor Verlangen in ihre Küsse schluchzte, den Verstand zu verlieren drohte. Nereus ergab sich tollkühn. Er löste seine Hände, um seine Erektion angenehm gleitend in den glühenden, sich schlangengleich windenden Körper einzuführen. Und setzte dann seine Liebkosungen an gewohnter Stelle fort. Aeolus hingegen verfügte über Erfahrungen und wehrte sich mit zuckenden, saugenden, gegenläufigen Bewegungen gegen die Übermacht, die er Nereus zugestanden hatte. Ihre Leidenschaft hallte von den Fliesenwänden wider, beschlug sie und hieß die Bodenabflüsse hektisch gurgeln. Irgendwo schlug es Mitternacht. Martin Friedrich Philipp Bartsch, 1770-1833 Morgen, Kinder, wird 's was geben, Morgen werden wir uns freun! Welch ein Jubel, welch ein Leben Wird in unsrem Hause sein! Einmal werden wir noch wach, Heissa, dann ist Weihnachtstag! Wie wird dann die Stube glänzen Von der großen Lichterzahl! Schöner als bei frohen Tänzen Ein geputzter Kuppelsaal! Wisst ihr noch, wie voriges Jahr Es am Heiligen Abend war? Wisst ihr noch die Spiele, Bücher Und das schöne Schaukelpferd, Schöne Kleider, wollne Tücher, Puppenstube, Puppenherd? Morgen strahlt der Kerzen Schein, Morgen werden wir uns freun. Wisst ihr noch mein Räderpferdchen, Malchens nette Schäferin, Jettchens Küche mit dem Herdchen Und dem blankgeputzten Zinn? Heinrichs bunten Harlekin Mit der gelben Violin? Wisst ihr noch den großen Wagen Und die schöne Jagd von Blei? Unsre Kinderchen zum Tragen Und die viele Nascherei? Meinen fleißgen Sägemann Mit der Kugel unten dran? Welch ein schöner Tag ist morgen! Neue Freuden hoffen wir. Unsere guten Eltern sorgen Lange, lange schon dafür O gewiss, wer sie nicht ehrt Ist der ganzen Lust nicht wert. ~o~ 24-12-2005, Fröhliche Weihnacht überall! Siegfried erwachte, weil es ungewohnt ruhig war. Er grinste. ThreeMonkeys ohne Strom, das bedeutete keinen automatischen Weckruf, kein brummendes Gebläse der Kühlung... Und vor allen Dingen keine verrückten Viecher-Dresseure, die mit einer elektronischen Einladung hergelockt wurden. "Das hast du davon! Wir sind hier doch kein Experimentierzoo!" Bleckte Siegfried die Zunge. "Mmmm." Seufzte es schläfrig neben ihm. Siegfried schüttelte nachdenklich den Kopf. Es lag zweifellos an dem mit Rum versetzten Tee, den sie zur Feier seiner Yeti-Jäger-Erfolge konsumiert hatten. Andererseits... wusste er nun mit Sicherheit, was Garfield unter seinem Kilt trug und dass dieser tatsächlich außer den Dreadlocks nahezu unbehaart war. "Guruuuuhhhh!" Meldete sich nun auch Reggae zu Wort. In einem kleinen Nest am Fußende untergebracht schien der Tag reif, um ihn mit einer frischen Windel und einem ordentlichen Frühstück zu beginnen. "Ich wechsle dir die Windel." Siegfried streifte sich einen karierten Herrenmantel über und verhandelte mit gedämpfter Stimme. "Dafür wirst du mich nicht anpinkeln. Und dann schaffen wir diesen Yeti weg." Reggae grinste zahnlos. An anderer Stelle tat es ihm Nereus nach. Aeolus lag, unempfindlich für etwaige Feuchtigkeit, in seinem Bett an ihn geschmiegt, die goldblonde Mähne kitzelte Nereus an der Wange. Einige erstaunliche Erkenntnisse hatte er seit dem Vorabend erfahren. Erstens, es kümmerte ihn keinen Deut, was andere über Aeolus erzählten. Zweitens, Sex machte ihm wirklich gewaltigen Spaß. Drittens, Weihnachten ohne Familie hatte doch Vorteile. Und viertens... dazu musste er Aeolus wecken. "He." Raunte er sanft, leckte zärtlich über das wieder eingeschrumpfte Horn. "Wollen wir nicht frühstücken?" "Uhmmm." Seufzte Aeolus, zog die Decke über den goldblonden Schopf... und wanderte kitzelnd an Nereus' Körper Richtung Füße. "He!" Nereus kicherte, zog reflexartig die Beine an... und schnappte nach Luft. "Hmmmm!" Schnurrte Aeolus, durch die Decke gedämpft, leckte und saugte an Nereus' Penis, der sich freudig entgegenstreckte. Der schwarzhaarige Junge grub die Finger in den Bezug, stöhnte und sandte ein knappes Dankgebet an seine besonderen Fähigkeiten. So gefiel es ihm tatsächlich, dass Aeolus auch seine Kehrseite inwendig liebkoste. Tief Luft holend löste er die Hände, schob sie unter die Decke, zerwühlte die goldblonde Mähne und streichelte das anschwellende Horn. Bald schon lockte er damit Aeolus zerzaust an die Oberfläche, der ihn küsste, sich auf ihm einrichtete und ein weiteres Mal der leidenschaftlichen Lust frönte. Nereus lächelte keuchend. Seifenblasen sprudelten hervor, während er abwechselnd Horn und Erektion seines Freundes streichelte. Verzaubert verfolgte, wie sich die Augen verdrehten, Aeolus sich in Ekstase verlor und schließlich schwer auf ihm zusammensackte. "Guuuut!" Murmelte Nereus, umschlang den Schulsprecher zärtlich und küsste den kurzrasierten, goldblonden Nacken. Aeolus lachte leise, durchaus atemlos, drehte sich auf den Rücken, um nach Seifenblasen zu haschen. "Sag mal..." Nereus setzte sich auf, blubberte einen weiteren Schwall schillernder Luftblasen. "...so zum Fest der Liebe..." Schon spürte er stärkere Feuchtigkeit auf der Haut. Der Schulsprecher rollte sich auf den Bauch, zog die Beine an, richtete sich auf und legte die bloßen Arme um Nereus' Hals. "Klar geh ich mit dir!" Lächelte Aeolus, zwinkerte frech. Man musste kein Empath sein, um in Nereus' hoffnungsvollen Zügen Klartext lesen zu können. "Allerdings..." Sehr vorsichtig lehnte er die Stirn an Nereus' an. "... erzähl niemandem von der Sache mit meinem Horn, ja?" »Ich bin ja nicht verrückt!« Schoss es Nereus durch den Kopf. »Ich gebe dich nicht mehr her!« "Frohe Weihnachten übrigens." Wünschte Aeolus, ganz der un-artige Schulsprecher, leckte Nereus ungeniert über die Wange. Er konnte seinem Geliebten ja zu Neujahr gestehen, dass Einhörner sich nur einmal in ihrem Leben so verliebten, dass sich ihr "wahres" Horn zeigte. "Dir auch Frohe Weihnachten." Küsste Nereus die schimmernden Lippen. "Lass uns was frühstücken, ja?" Eine Stunde später saß eine ausgesprochen kuriose Runde in der Laborküche. Reggae, mit frischer Windel, quietschvergnügt. Siegfried, leicht verärgert, weil der Eindringling samt der nadelnden Tanne verschwunden war. Garfield, in seinem Element als Koch und gut gelaunt, weil er ausgiebig geschmust hatte. Thalia, Lavinia und Portia, die Meerschweinchen, die rosarot und Verschwesterung gar nicht mehr niedlich fanden und sich emanzipieren wollten. Aeolus, Schulsprecher und heimliches Einhorn, unsterblich verliebt, Händchen haltend. Und Nereus, Aeolus' feuchter Traum und ausgesprochen glücklich, ein ganz neues Leben begonnen zu haben. Alle feierten das Fest der Liebe, zu sich selbst, zu einem Freund, einem Kollegen, einem Liebhaber und zu Patenonkeln in spe. Draußen taumelte ein zugewachsener, leidlich nüchterner (und daher nicht fröhlicher) Beinahe-Yeti über die schneebedeckten Straßen. Und fragte sich, wie er sich aus der harzklebrigen Umarmung einer kahlen Tanne befreien konnte. Nun ja, die Wege des Herrn und der Liebe sind eben unergründlich. Frohes Fest! Fröhliche Weihnacht! überall Fröhliche Weihnacht! überall Tönet durch die Lüfte froher Schall. Weihnachtston, Weihnachtsbaum, Weihnachtsduft in jedem Raum! Fröhliche Weihnacht! überall Tönet durch die Lüfte froher Schall. Darum alle stimmet In den Jubelton; Denn es kommt das Licht der Welt Von des Vaters Thron. Fröhliche Weihnacht! . . . . Licht auf dunklem Wege, Unser Licht bist Du; Denn Du führst , die Dir vertraun, Ein zur selgen Ruh. Fröhliche Weihnacht! . . . . Was wir andern taten, Sei getan für Dich! Dass ein jedes singen kann: Christkind kam für mich. ~o~ ENDE ~o~ Vielen Dank fürs Lesen! kimera