Titel: Suche nach dem Zauberbuch Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Fan Fiction FSK: ab 0 Kategorie: Komödie Erstellt: 31.12.2000 Disclaimer: Slayers gehört den Autoren/Zeichnern Yoshinaka, Kanzaka und Arazumi (siehe Informationen). -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- -#- Suche nach dem Zauberbuch "Och, bitte, Lina, ich will aber nicht weg!!" Ghourrys Hundeblick hätte einen Stein zum Erweichen gebracht, aber bei Lina prallte er auf eisiges Starren. "Geh-jetzt-weg!!" Ghourry kämmte die lange blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und bettelte weiter. "Lina, ich bin doch dein Beschützer! Ich kann dich nicht einfach hier allein lassen!" Lina presste eine Hand an die Stirn, unterdrückte krampfhaft den Wunsch, die Erde zu spalten und Ghourry darin zu versenken. "Ghourry? Würdest du mir zuhören?" Lina flötete und klapperte mit den Augenlidern. Ghourry nickte automatisch mit dem Kopf. Wäre er ein Hund gewesen, hätte er nun mit der Rute den Staub aus dem Boden geklopft. "Ja, ja, ja???" "Ghourry, das ist sehr wichtig für mich. Ich muss hier meditieren, damit ich dieses Zauberbuch verstehen kann. Dafür brauche ich absolute Ruhe. Totenstille, klar?! Also wirst du jetzt weggehen und die nächsten drei Tage nicht mehr hier auftauchen. Hast du alles verstanden?" Ghourrys Gesichtsausdruck war blank, dann schmollte er kindlich. "Aber wieso muss ich von dir weg?!!" "Jetzt reicht's, du Einzeller!! Du wirst jetzt deinen hohlen Schädel in die entgegengesetzte Richtung bewegen, sonst brenn ich ihn dir von den Schultern!!" "Aber Lina..." "HAU AB!!" Ghourry erkannte erschrocken den Fireball, aber da war es bereits zu spät... -#- "Sie ist echt gemein!" Ghourry hockte rittlings in einem munter plätschernden Bächlein und starrte trübsinnig auf seine angesengten Haarspitzen. "Ich bin immer so nett zu ihr, und dann macht sie so was! Versteh' ich gar nicht! Außerdem bin ich doch ihr Beschützer!!" Seufzend kramte Ghourry einen kleinen Dolch hervor und säbelte unglücklich die verbrannten Spitzen ab. "Wenn das nicht Ghourry ist!!" Ghourry hob überrascht den Kopf, blinzelte hinter den dichten blonden Haarsträhnen nach oben. Vor ihm stand Zelgadis, spöttisch grinsend, die Hände in die Hüften gestützt. "Wieso hockst du hier im Wasser? Du versuchst doch nicht etwa, so Wäsche zu waschen, oder?" Zelgadis vorsichtiger Frageton wies daraufhin, dass diese Theorie bei Ghourry nicht vollkommen ausgeschlossen war. Ghourry schoss in die Höhe und zog Zelgadis in eine knochenbrechende Umarmung. "Zeldagis!! Wie schön!!" "Ich heiße ZELGADIS! Und jetzt lass mich los, sonst verpass ich dir was auf deine Denkmurmel!!" "Och." Ungeachtet der Drohung grinste Ghourry Zelgadis erfreut an. Der Kimera rieb sich über die Arme. Auch wenn er zu einem Drittel ein Steingolem war, so konnte er durchaus Ghourrys Kräfte spüren. "Was tust du denn hier? Und wo ist Lina?" Ghourry kehrte Zelgadis seine verschmorte Rückseite zu. Offensichtlich hatte er das Ergebnis seiner letzten Begegnung mit Lina vergessen. "Sie hat mich weggeschickt. Will medi-dingsbums, oder so." Zelgadis lief dunkel an unter der Steinhaut. "Äh, ja,...Ghourry, ähm, deine Hose ist hinten völlig verbrannt!" "Oh, stimmt." Ghourry verrenkte sich den Hals und kämmte umständlich die hüftlange Mähne aus dem Weg. "Sie war wegen irgendetwas sauer." Zelgadis schmunzelte, als er Ghourry blankes Hinterteil betrachtete. "Sie zielt bemerkenswert gut, würde ich sagen." "Sie wollte meinen Kopf treffen!! Hat sie zumindest gesagt." "Dann wären ja keine edlen Teile verletzt worden." Murmelte Zelgadis. Ghourry drehte sich wieder zu Zelgadis herum. Er lächelte wie immer, der Kummer war schon vergessen. "Was machst du denn hier, hm? Irgendeinen Schatz suchen?" Zelgadis grinste. "Vielleicht, mal sehen. Und was machst du nun?" Ghourry legte die Stirn in Denkerfalten, dann hellte sich sein Gesicht wieder auf. "Ich werde dem Bach folgen und mir ein paar Fische fangen." Lobheischend sah er zu Zelgadis hinüber. Der machte im Geist drei Kreuze. »Der Kerl ist ja wirklich eine Augenweide, aber dumm wie Bohnenstroh. Kein Wunder, dass Lina ihm den Hintern versengt hat!« Laut schlug er freundlich vor. "Meinst du nicht, du solltest erst mal deine Hose flicken?" Ghourry rieb sich unschlüssig über das Kinn. "Da hast du wohl Recht. Ich brauche ein bisschen Stoff. Aber wo krieg ich den her?" Ratlos starrte er in den Himmel, stöhnte dann. "Mit Lina ist das viel einfacher! Da kommen immer ein paar Räuber, die wir verdreschen können!" Zelgadis glotzte ihn ungläubig an. "Was haben denn Räuber damit zu tun, dass dein Hintern blank ist?!" Ghourry warf ihm einen ebenso verständnislosen Blick zu. "Na, wir nehmen den Kerlen einfach ein paar Klamotten weg! Die meisten brauchen sowieso eher Verbände." Angesichts Linas Angriffstaktiken konnte Zelgadis nur unwillkürlich zustimmen. "Sollen wir ein paar Räuber suchen gehen, ja, ja?!?!" Zelgadis seufzte. »Bin doch keine Kinderschwester für diesen übergroßen Welpen!« -#- Zelgadis bahnte sich den Weg durch das Dickicht. Er hatte Ghourry eindrücklich ermahnt, hinter ihm zu bleiben. »Hab schließlich keine Lust, ständig auf den nackten Hintern dieses großen Trottels zu gucken!« Nun lauerten sie der örtlichen Räuber-Bande auf, die zu jedem finsteren Wald gehörte. Die Kerle hockten ahnungslos vor ihrer Höhle, auf einem Grillfeuer brieten dicke Fische. Die meisten waren trotz des späten Nachmittags schon stockbesoffen. Zelgadis brach aus dem Gebüsch hervor. "Jetzt haben wir..." "Warte mal eben! Tschuldigung, Leute!" Ghourry packte Zelgadis am Arm, der ihn sofort wütend abschüttelte. "Was zum Teufel ist mit dir los??!!" "Wir können die nicht einfach verprügeln. Lina hat immer einen Grund." Zelgadis zählte stumm bis Zehn, während seine Zähne knirschten. "Du willst einen Grund? Ich gebe dir einen!!" Zelgadis drehte Ghourry schwungvoll herum und entblößte so dessen nacktes Hinterteil. "Der Trottel hier braucht eine Hose. Irgendwelche Kleiderspenden?!" Die Kerle hatten sich von ihrem Schreck trotz des Alkoholkonsums rasch erholt. Nun platzten sie vor Lachen. Ein schmieriger Räuber baute sich vor Zelgadis auf, der Ghourry noch immer am Schlafittchen hielt. Er glotzte kuhäugig auf Zelgadis herab. "Du Zschwerg willscht wohl ne Reibung? Abbbbreibung, mein isch?" Zelgadis ignorierte das menschliche Gebirge vor sich und sah Ghourry in die blitzblauen Augen. "Die wollen uns verprügeln. Ist das Grund genug?!" Ghourry nickte eifrig, seine Mähne wehte wild. "Oh ja, oh ja, das reicht sonst auch immer!" Zelgadis rieb sich die steinernen Hände. "Dann wollen wir mal!" -#- Einträchtig hockten sie um ein bequemes Lagerfeuer und kauten die gegrillten Fische. Ghourry zupfte dabei immer wieder an "seiner neuen" Hose. "Bist du sicher, dass mir die Farbe steht?" Zelgadis verdrehte die Augen. "Das fragst du mich schon zum dritten Mal! Ja, die Farbe steht dir!! Okay?!!" "Schön!" Lächelnd zwinkerte ihm Ghourry zu. Zelgadis schüttelte ratlos den Kopf. Er wurde aus diesem Burschen einfach nicht schlau. »Kämpft wie ein Weltmeister, sieht umwerfend aus, aber sonst...?!« "Sag mal, wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, mit Lina durch die Lande zu ziehen?" Ghourry zog die Beine an und rückte näher ans Feuer, schnurrte dann behaglich wie eine Katze. "Da waren fiese Typen, die ein Mädchen belästigt haben. Da musste ich natürlich helfen. Nun ja, und dann war das Mädchen nur Lina, aber trotzdem, ich konnte sie doch nicht so einfach allein lassen!" "Nur Lina?" "Na ja, ich dachte halt, es wäre eine richtige Frau, nicht so ein flachbrüstiges Gör." Instinktiv zog Ghourry den Kopf ein, was Zelgadis zum Schmunzeln brachte. »Das ist wohl ein konditionierter Reflex?!« Da der erwartete Schlag ausfiel, richtete sich Ghourry wieder auf "Ich vermisse sie irgendwie." "Sie hätte dir für das 'flachbrüstig' das Fell gegerbt!" "Och, weißt du, sie ist gar nicht so übel. Sie hat ein paar Macken, aber mit ihr ist es auch immer spannend!" "Darauf wette ich!" Spottete Zelgadis trocken. "Und du willst sie wirklich dein Leben lang beschützen?" "Ja, warum auch nicht." Zelgadis runzelte die Stirn. "Willst du denn... keine Familie gründen, oder so?" Ghourry stützte das Kinn auf die Knie und lächelte versonnen in das Feuer. "Ich bin Söldner, weißt du? Da kann man am nächsten Tag schon tot sein. Ich habe nie über eine Zukunft nachgedacht. Und mit Lina ist das einfach, sie hat immer einen Plan für den nächsten Tag, da brauche ich mir keine Gedanken zu machen." Zelgadis schwieg nachdenklich. Ghourry schien trotz seiner limitierten geistigen Fähigkeiten zumindest gelegentlich ein bisschen Selbsterkenntnis zu erlangen. "Zeldagis?" "Zelgadis." Korrigierte Zelgadis zum wiederholten Mal an diesem Tag. Mittlerweile war er sich nicht mehr sicher, ob Ghourry diese Verdrehungen nicht doch absichtlich produzierte. "Ja, ja, also sag mal... deine Haut, tut das eigentlich weh?" Zelgadis zog die Augenbrauen zusammen. Er hasste Fragen nach seinem Aussehen. "Hm? Hm? Sag mal!" Ghourrys Hundeblick war zu simpel, um dahinter eine tiefere Absicht zu vermuten. "Warum willst du das wissen?" "Hm, ich stell mir das komisch vor, ich meine, hart wie Stein, und so... Ist sie eigentlich kalt?" Bevor Zelgadis zurückweichen konnte, hatte Ghourry bereits seine langen Glieder entrollt und ihn am Arm berührt. Hastig riss Zelgadis seinen Arm zurück. "Ist gar nicht kalt!! Wow, das ist erstaunlich!" Ghourry hockte sich völlig unbeeindruckt von Zelgadis Reaktion wieder dicht neben das Feuer. "Fühlt sich an wie bei Reptilien, deine Haut. Und, jetzt sag schon, tut es weh?" Neugierig streckte Ghourry seinen Kopf vor, die blauen Augen waren wissensdurstig aufgerissen. Zelgadis musterte ihn sprachlos, dann rieb er sich missmutig über die Stirn. "Nein, es tut nicht weh, okay?! Und jetzt hör auf, mich solche Dinge zu fragen!" "Also, das finde ich gut, ich meine, dass es nicht wehtut. Wär sicher nicht schön, so was. Aber praktisch ist so eine Haut doch, oder? Ich meine, wenn du kämpfst, prallt doch alles ab?!" "Ich dachte immer, Lina wäre von euch zweien die Quasselstrippe!?! Und jetzt halt die Klappe, klar?!!" Zelgadis rollte sich in seinen Umhang ein und kehrte Ghourry demonstrativ den Rücken zu. Er schloss die Augen, da hörte er Ghourry herankrabbeln. »Oh Mann, bitte nicht, für heute reicht es wirklich!« "Also, du bist doch nicht sauer, oder? Oder?!" Zelgadis knurrte wütend. Sein Berserker-Blut machte sich bemerkbar. Eine Hand streichelte ihm über den Kopf. "He, he, nicht aufregen, okay? Sag, dass du nicht sauer auf mich bist, und ich leg mich auch brav schlafen!" Zelgadis richtete sich wieder auf und starrte Ghourry an, der ihm lächelnd ins Gesicht sah. "Ich-bin-dir-nicht-böse! UND JETZT SCHLAF'!!" "Das kann ich aber so nicht glauben!!" Ghourry trällerte Zelgadis fröhlich ins Ohr. Der grub die Finger in den Boden und senkte mühsam den Kopf, um seine Wut zu unterdrücken. »Ich bring dieses Riesen-Baby um, ich bring ihn um!!« Tief durchatmend hob er dann wieder den Kopf. "Ich bin nicht böse. Bitte, schlaf jetzt, okay?" "Mach ich." Ghourry grinste zufrieden, verstrubbelte dann Zelgadis graue Mähne. "Schlaf gut Zeldagis!" "ZELGADIS!!!" -#- Zelgadis lag auf dem Rücken und beobachtete die Sterne durch die Baumwipfel. Ein paar Meter weiter schnarchte Ghourry leise vor sich hin, den Umhang halb weggestrampelt, die blonde Mähne zu einem einfachen Zopf zusammengebunden. Zelgadis betrachtete ihn verstohlen. »Was ist bloß an diesem thumben Thor, dass man ihm einfach nicht böse sein kann? Bist du wirklich so simpel, wie du dich gibst?« -#- "Zeldagis!!" "Zelgadis." Korrigierte Zelgadis automatisch, während er sich aus seinem Umhang schälte, um sich dann zu räkeln. "Guten Morgen!!" Ghourry trällerte fröhlich vor sich hin, erhitzte aufgekratzt Wasser, um den Tee zu machen. "Wie kann man am frühen Morgen bloß so aufgedreht sein?" Zelgadis rieb sich den Schlaf aus den Augen, versuchte, seine wirre Mähne zu striegeln. "Ich helf dir, Sekunde!" Bevor sich Zelgadis widersetzen konnte, hatte Ghourry einen Kamm aus seiner Hosentasche gezaubert und fuhr ihm vorsichtig durch die Haare. "Sag mal, wieso sind deine Haare eigentlich nicht zu Stein geworden?" Zelgadis presste eine Hand an die Stirn, massierte dann seufzend seine Schläfen. »Großer Gott, nicht schon kurz vor dem Frühstück...!« "Gefallen mir so aber auch viel besser! Hast du Kopfweh? Das muss echt schlimm sein, Lina bekommt das auch manchmal. Ich komischerweise nie!" "Kann mir gar nicht erklären, warum." Murmelte Zelgadis verzweifelt. »Wo soll was schmerzen, was gar nicht vorhanden ist!« "Du bist ganz schön verspannt, ich massier dich mal, bis der Tee fertig ist!" Zelgadis fühlte sich zwar überrumpelt, außerdem hasste er Körperkontakt wie die Pest, aber Ghourry loszuwerden würde mehr Kraft erfordern, als er jetzt hatte. "Na, tut doch gut, oder?" "Mhh." Zelgadis bemerkte verärgert, dass Ghourrys Massage ihm tatsächlich gut tat. "Okay, Frühstück mit Tee und frischen Beeren. Hab ich selbst gesammelt!" Zelgadis zog eine Augenbraue hoch, Ghourrys Gesicht leuchtete vor Eifer. "Sehr schön. Toll." Ghourry strahlte wie eine Hundert-Watt-Birne. Erstaunlicherweise waren sowohl Beeren als auch Tee genießbar. -#- "Und was machen wir heute?" Ghourry strahlte Zelgadis erwartungsvoll an. "Wir?! Wieso wir?!!" "Na, ich begleite dich eben, bis ich mich wieder bei Lina blicken lassen darf, ganz einfach!" Zelgadis unterdrückte ein verzweifeltes Stöhnen. "Das ist wirklich nicht nötig, ich kann auf mich selbst gut aufpassen." "Oh, aber nicht doch, mach ich doch gern!" Ghourry kämmte schwungvoll die blonde Mähne über die Schulter und winkte bescheiden ab. Zelgadis schüttelte den Kopf. »Was versuche ich es mit Höflichkeit bei diesem geistigen Tiefflieger?!« "Hör zu, du langweilst dich bestimmt furchtbar. Ich will alten Zauber-Krempel aufstöbern, da macht man sich schmutzig und zerreißt sich die Kleider, und du hast doch gerade erst wieder eine neue Hose!" Ghourry gürtete sich sein Lichtschwert um die Hüften. "Mach dir darüber keine Gedanken, Magie ist okay, und mir machen weder Dreck noch kaputte Klamotten was aus. Okay, wo geht's lang?!" Zelgadis seufzte inbrünstig, dann ging er vorweg. -#- Sie erstiegen einen Hügel, von dem sich Zelgadis einen Überblick über die Landschaft erhoffte. Ghourry plapperte zwar nicht, pfiff aber ausdauernd und fröhlich vor sich hin, was Zelgadis schon bald schwer auf die Nerven ging. "Ghourry, ich würde es begrüßen, wenn du mit dem Gepfeife aufhören könntest." "Hä?" "Sei einfach ganz still!!!" "Okay." Ghourry grinste Zelgadis freundlich an und tapste hinter ihm her. Auf dem Hügel suchte Zelgadis die Landschaft ab. Irgendwo in dem dichten Gehölz zu ihren Füßen musste sich ein vergrabener, magischer Artefakt befinden. Er schloss die Augen und konzentrierte seine magischen Fähigkeiten, lauschte auf das Echo. »Aha!« Zelgadis öffnete die Augen und fuhr erschreckt zurück. Ghourrys Gesicht war nur wenige Zentimeter von seinem eigenen entfernt, der Ausdruck war von freundlicher Neugier. "Was hast du denn gerade gemacht, Zeldagis?" "ZELGADIS!!" "Oh, richtig. Also?" "Ich habe das ausfindig gemacht, was ich suche. Und jetzt mach Platz, ich muss hier runter!" Zelgadis musste sich nicht umsehen, er wusste, dass Ghourry ihm weiterhin treu auf den Fersen blieb. Bald wurde das Unterholz so dicht, dass sie sich durch die Dornenranken und abgestorbenen Äste kämpfen mussten. "Lass mich mal!" Ghourry schob sich eifrig an Zelgadis vorbei, zückte das Lichtschwert und sengte Äste und Ranken ab. "Ghourry..?" "Ich mach das schon, bleib einfach hinter mir!" Zelgadis schüttelte den Kopf, ließ Ghourry aber gewähren. Nach fast einer Stunde waren Ghourrys Arme lahm. "Du erlaubst?" Zelgadis schob sich an Ghourry vorbei, konzentrierte sich kurz und brannte mit einer gewaltigen Flamme den Weg frei, mit jedem Feuerstoß etwa hundert Meter. "Boahh! Toll!!" Zelgadis warf Ghourry einen verstohlenen Blick zu. »Jeder andere wäre sicher vor Wut geplatzt, aber nicht dieser blonde Tölpel! Der bewundert mich jetzt auch noch!!« -#- "Wir sind da." "Äh, und wo genau?" Zelgadis schmunzelte über Ghourrys ratloses Gesicht, nicht gerade ein Unterschied zu seinem Alltags-Gesicht. "Es liegt in der Erde. Ich hole es mit einem magischen Spruch heraus." Zelgadis schloss die Augen kurz, öffnete sie dann aber eilig wieder. "Du bleibst da drüben und rührst dich nicht, klar?!" Ghourry salutierte gekonnt. Zelgadis brummte etwas, konzentrierte sich dann erneut. Die Erde spaltete sich mit einem heftigen Knall, Dreck flog in alle Richtungen, dann tauchte aus der Tiefe langsam eine flache Schatulle auf. "Klasse! Einfach Wahnsinn! Zeldagis, du bist wirklich genial!!" "Zelgadis. Sag mal, redest du mit Lina genauso?" Ghourry grinste. "Macht sich gut, wenn man mit ihr ums Essen kämpfen muss!" Zelgadis erwiderte das breite Grinsen unwillkürlich, er kannte Linas gewaltigen Appetit. Ghourry hockte sich erwartungsvoll neben die Schatulle. "Und, was ist da drin?" Zelgadis nahm die Schatulle vorsichtig in Augenschein, konnte aber keine Flüche oder ähnliche Abwehr-Zauber erkennen. Er ließ die Schnallen aufschnappen. "Oh, ein Buch." Ghourrys enttäuschte Miene konnte Zelgadis nicht aus dem Konzept bringen. Behutsam blätterte er in dem alten Folianten. »Vielleicht...??« "Wir sollten besser gehen, es ist hier viel zu dunkel zum Lesen." Ghourry schob Zelgadis ohne viel Federlesens einfach den Weg entlang, den sie gekommen waren. Zelgadis machte sich wütend frei. "Verdammt, ich kann alleine gehen, klar?!!" Ghourry zuckte nicht mal, im Gegenteil, er beugte sich vor und studierte interessiert Zelgadis Augen, der verwirrt zurückwich. "Was... was ist?" "Ich wollte sehen, ob deine Augen rot werden, na ja, ich hab gehört, dass das bei Berserkern so läuft, wenn sie ausrasten." "Du... du wolltest dir das ansehen?!! Bist du bescheuert?!! Wenn dich ein Berserker erwischt, dann solltest du abhauen, so schnell du kannst!" "Och, du würdest mir doch nichts tun, nicht? Immerhin sind wir Freunde." Zelgadis fühlte sich plötzlich schwach und ausgelaugt. Dieser Kerl war eine wahre Landplage!! Sich mühsam beherrschend trabte er neben Ghourry her. "Hör mir mal zu, du Schnarchsack! Ein Berserker erkennt niemanden, wenn er loslegt, nicht mal seine eigene Mutter, klar?!" Ghourry bremste, warf Zelgadis einen verletzten Blick zu. "Aber du würdest doch deiner Mutter nichts antun, oder?!" "Blödmann! Es geht hier ums Prinzip!!" "Wen?" "VERGISS ES!" "Jetzt bist du wieder sauer, oder? Oder?!" Zelgadis fauchte wütend und hämmerte mit beiden Fäusten gegen eine unschuldige Eiche. Ghourry tätschelte ihm den Rücken. "Geht's dir wieder besser?" Zelgadis begann ernsthaft daran zu zweifeln, dass die Hölle erst nach dem Tod existierte. -#- "Guck mal, Zeldagis! Eine heiße Quelle!" Zelgadis ließ sich von dem unermüdlich gut gelaunten Ghourry zu der warmen Quelle zerren. "Wie niedlich, die Affen!!" "Bis sie mit Steinen schmeißen." Knurrte Zelgadis missmutig. "Ach was, komm schon!" Ghourry schlüpfte unbefangen aus seinen Kleidern, legte das Lichtschwert in Reichweite und ließ sich in das Wasser gleiten. Zelgadis zögerte, er badete am Liebsten allein. Andererseits war hier ja nur Ghourry, also... Er wickelte sich aus seinen Kleidern, klemmte sich den Folianten unter einen Arm und hockte sich ein wenig von Ghourry entfernt in das heiße Wasser. Konzentriert entzifferte er die alten Schriftzeichen, da fiel ein Schatten auf die Seiten. "Ist irgendetwas, Ghourry?" "Lies doch mal was daraus vor, okay? Mir ist langweilig!" "Das ist keine Schulfibel, kapiert?!" "Um was geht es denn?" Zelgadis seufzte. Ghourrys Fragerei würde wohl kein Ende nehmen, bis er ihn irgendwie abgelenkt hätte. "Ich glaube, dass hier etwas steht, wie man die Verwandlung in den Steingolem und den Berserker zurücknehmen kann." "Wirklich? Oh, das ist ja spannend! Wie würdest du denn dann aussehen?!" Zelgadis seufzte leise. "Ich hab schon fast vergessen, wie ich früher aussah. Ich hatte... schwarze Haare. Ich glaube, meine Haut war braungebrannt." "Und deine Augen?" "Ich weiß es nicht mehr!" Zelgadis lief vor Verlegenheit und Zorn unter der Steinhaut dunkel an. Ghourry streichelte ihm zutraulich durch die Haare. "Macht doch nichts, wenn es klappt, werden wir es ja sehen." Zelgadis schüttelte finstere Erinnerungen ab und konzentrierte sich wieder auf den Text. Sein Unterbewusstsein registrierte, dass Ghourry die Quelle verließ und ein wenig später mit ein paar Fischen zurückkam. Dann entzündete er ein Feuer und steckte die Fische zum Grillen auf Stöcke. "Es ist schon zu dunkel zum Lesen. Mach morgen weiter. Soll ich dir den Rücken schrubben?" "Nein!! Lass das!! ... Ach, was soll's, du tust ja doch, was du willst!" Ghourry lachte, rieb Zelgadis über den Rücken, umarmte ihn dann kurz. "Was... was soll das?!!" "Och, ich dachte, du brauchst mal ein bisschen Ermunterung!" "Mach das nie wieder, klar!!" Hochrot krabbelte Zelgadis aus dem Wasser und stieg eilig in seine Sachen. Ghourry machte es sich derweil am Feuer gemütlich, drehte die Fische und kämmte seine langen Haare sorgfältig. Zelgadis sah ihm dabei zu. Dieser Anblick hatte etwas seltsam Verzauberndes an sich. »Und dabei ist der Kerl der lebende Beweis, dass nicht alle Witze über Blonde unhaltbar sind!!« "Hier, der ist schon durch!" Ghourry reichte ihm einen Fisch. Zelgadis bemerkte erst jetzt, wie hungrig er war und knabberte eifrig auf dem angesengten Fisch herum. Ghourry lächelte und biss auf seinem Fisch herum, da veränderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich. Auch Zelgadis wurde ernst. Irgendwas belauerte sie!! -#- Ghourry zog das Lichtschwert und ging in Position. Zelgadis kehrte ihm den Rücken zu und versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen. "Gebt das Buch zurück!!" Eine quäkige Stimme ließ sie zusammenfahren. "Wer bist du?" "Geht dich gar nichts an, du Dieb! Das Buch gehört mir!" "Gar nicht wahr, es war vergraben und wir haben es gefunden!" Ghourry schwenkte bekräftigend das Lichtschwert. "Ghourry, lass mich reden!" "Ich will nicht reden, ich will mein Buch! Gib es raus!" "Ich denke nicht daran, ich brauche es selbst!" "Weil du wieder ein Mensch werden willst?!" Gelächter ertönte. "Das passiert niemals, du dummer Kimera!" Ein Feuerball raste auf sie zu, aber Zelgadis konnte ihn ablenken. Dann flogen aus allen Richtungen Feuerbälle. "Verdammt!!" "Vorsicht!" Ein Feuerball raste direkt auf Zelgadis zu, der sich viel zu spät umdrehte... -#- "Puh, das war aber knapp! Nanu, wo sind sie hin?" Zelgadis starrte Ghourry an, der sich suchend umblickte. "Das... das ist nicht wahr..." Ghourry blickte wieder zu Zelgadis. "Ich hab ihn weggeschleudert, sonst wärst du jetzt Grillkohle!" "Du... DU!!! DU HAST DAS ZAUBERBUCH VERBRANNT!!" Ghourry starrte auf die schwelenden Überreste in seinen Händen. "Ups." "Ich könnte dich umbringen, du Idiot!!" Zelgadis floh in die Dunkelheit, bevor sein Berserker-Erbe hervorbrach. -#- Nachdem er sich fast zwei Stunden durch die Wälder getobt hatte und eine Spur der Verwüstung hinterlassen, kehrte Zelgadis erschöpft und unglücklich zum Lager zurück. Zu seinem Erstaunen schlief Ghourry nicht längst den Schlaf der Unfähigen, sondern hockte zusammengekauert beim Feuer und kaute trübsinnig auf einer Haarsträhne herum. Als er Zelgadis erkannte, sprang er auf die Füße, traute sich aber nicht näher heran. "Schon gut, ich hab mich wieder im Griff." Ghourry stellte sich ihm in den Weg. "Es tut mir leid, wirklich! Ich hab es nicht mit Absicht gemacht." Zelgadis wollte Ghourry nicht ins Gesicht sehen, er starrte beharrlich auf den Boden. "Ich sagte doch, es ist gut." "Aber für mich nicht!" "Hör endlich auf!! Oder willst du mal in Berserker-Augen blicken?!" Ghourry sah Zelgadis bekümmert an, wischte ihm dann behutsam über die steinerne Wange. "Du weinst ja." Zelgadis blickte nun entgeistert auf Ghourrys Finger, der feucht im Schein des Lagerfeuers glänzte. »Aber...?« Da wurde er auch schon in eine warme Umarmung gezogen. "Tut mir leid, wirklich, Zelgadis!!" Zelgadis erste Reaktion wäre das Zurückstoßen von Ghourry gewesen, aber dann ließ er sich einfach in die tröstende Umarmung sinken. "Komm, wir kuscheln ein bisschen." »Waahh?« "Das meinst du doch wohl nicht ernst?!!" Ghourry breitete seinen Umhang als Decke auf den Boden. "Warum denn nicht? Oder magst du nicht kuscheln?" Zelgadis hatte Mühe, seine Kinnlade wieder zwischen den Kniekehlen hochzuholen. "Wir-sind-beide-Männer!" "Und? Sei nicht so kompliziert." Während Zelgadis noch gegen absolute Fassungslosigkeit ankämpfte, angelte Ghourry kurzerhand nach Zelgadis' Umhang und zog ihn neben sich auf den Boden. "So, jetzt geht's dir gleich besser." Zelgadis fühlte sich an eine breite Brust gedrückt, während Ghourrys Hände beruhigend über seinen Rücken streichelten. »Dieser Kerl ist verrückt!!« Aber dann seufzte er bloß und schloss die Augen. »Ich möchte wieder Mensch sein...« -#- "Gut geschlafen?" Ein fröhlicher Ghourry weckte Zelgadis aus finsteren Träumen. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen, packte dann schweigend seine Sachen zusammen. "Du willst lieber alleine weiterziehen, oder?" Ghourrys Frage war so leise, dass er sie fast überhört hätte. Zelgadis starrte auf seine Fußspitzen. "Es ist besser so, zumindest für den Augenblick." "Verstehe." Zelgadis schnürte sein Bündel und machte Anstalten, ihr Lager hinter sich zu lassen. "Warte mal, ich habe noch etwas für dich!" Überrascht drehte sich Zelgadis nach Ghourry um, der ebenfalls abmarschbereit war. "Ja?" Ghourry lächelte, legte dann eine Hand auf Zelgadis Wange und flüsterte ihm ins Ohr. "Meine Oma hat immer gesagt, es kommt nur auf das Herz an!" Damit küsste er Zelgadis sanft auf die Lippen. Dann zwinkerte er freundlich und verschwand. Zelgadis starrte ihm nach, die wippenden Blond-Haare, das riesige Schwert... »Wenn wir uns wiedersehen, werde ich dir eine passende Antwort geben!« -#- ENDE -#- (Fortsetzung in "Der Überfall") Vielen Dank fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Meine erste Slayers-Fan Fiction, ich hatte gerade die Manga entdeckt und sogleich Gourry und Zelgadis "adoptiert", weil sie einfach eine herrliche Kombination darstellen ^_^ Da ich mit anderen Publikationen zu der Zeit sehr viel schwerwiegendere Kost veröffentlicht hatte, sollte diese Komödie einen Ausgleich bieten. Warum Ghourry und nicht Gourry? Gute Frage, die Antwort ist nicht einfach und erklärt vermutlich gar nichts, aber spontan gefiel mir das Schriftbild einfach besser ^_~ Die Inspiration für diese erste Episode wurde durch Riccis Chibi-Ghourry in Blau gefördert, der damals neu kreiert worden war und so wonnig dreinschaut ^_^