Titel: Der Überfall Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Fan Fiction FSK: ab 0 Kategorie: Komödie Erstellt: 24.01.2001 Disclaimer: Slayers gehört den Autoren/Zeichnern Yoshinaka, Kanzaka und Arazumi (siehe Informationen). ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ ~@~ Der Überfall Lina und Ghourry pirschten sich durch das Unterholz an ihre Verfolger heran. Diese folgten nicht gerade lautlos dem magischen Echo, das Lina kreiert hatte, um die Illusion zu erzeugen, sie trampelten völlig arglos durch den dichten Wald. Lina kroch voran, ihre Augen blitzten vor Unternehmungslust. Und wenn Ghourry ehrlich war, lag auch eine gewisse Mordgier in diesem zähnefletschenden Grinsen. Er folgte ihrem wippenden Hinterteil auf allen Vieren und verwünschte stumm die tiefhängenden Äste, die seine langen blonden Haare zerzausten. Grumbl! Während Ghourry noch eine Strähne aus der liebevollen Umarmung einer Dornenranke wickelte, bremste Lina abrupt. Was Ghourry im Blindflug natürlich erst bemerkte, als er heftig gegen ihr Hinterteil prallte. Linas Reaktion bestand in einem Fireball, eilig gefolgt von einem Schwall feuchten Drecks. Ghourry war also in einem Moment im wahrsten Sinne Feuer und Flamme, im nächsten nur noch schmutzig. Er warf Lina ein gequältes Lächeln zu, die ihm mit einer wütenden Geste zu verstehen gab, er solle bloß die Klappe halten! Direkt vor ihnen zog eine bunt zusammengemischte Gruppe über den Trampelpfad. "He, riechst du das auch, Snorre? Riecht wie Abendessen!" Lina starrte Ghourry vorwurfsvoll an, der verlegen an seinem angesengten Hemd zupfte. "Hmm, Schweinefleisch? Nein, nicht ganz." "Wohl eher Eselsfleisch." Knurrte Lina unterdrückt. Die Bande schob sich an ihnen vorbei, ohne sie zu bemerken. "Lina, was wollen die wohl von uns?" Ghourry beugte sich weit hinüber, um Lina ins Ohr flüstern zu können. Eine kleine, flache Hand patschte ihm auf die Nase. "Das kitzelt, du Trampel!!" Aber Lina war nicht mit dem Herzen bei ihrem Tadel, ihr funkelnder Blick verriet, dass sie in Gedanken weit weg war. Ghourry, der von einer angesengten Front mehr als bedient war, wartete geduldig auf den nächsten Schritt. "Hm, Trolle, ein Hexer, ein paar Schläger und ein Werwolf. Eine ziemlich ungewöhnliche Mischung." Ghourry klopfte umständlich Dreck von seinem Hemd und der leichten Rüstung, hüllte sie dabei in eine Staubwolke ein. Sein Hygienetrieb brachte ihm eine Kopfnuss ein. "Lass den Blödsinn! Hast du einen von denen erkannt?" Ghourry kaute gekränkt durch die fortwährenden Misshandlungen auf einer Haarsträhne herum. "Nmmpfhh!" "Was?!" Ghourry prustete die Haare heraus. "Nö." Plötzlich erhob sich Lina und sprang aus ihrem Schlupfwinkel auf den Weg. "Also gut, finden wir es auf die altmodische Tour heraus!" Ghourry stellte sich auf die Beine und sah sie fragend an. Lina verdrehte die Augen und warf dann die Haare über die Schulter. "Wir verdreschen sie so lange, bis sie es freiwillig sagen." Und damit schritt sie voran. Ghourry fühlte sich nicht qualifiziert, die Lina-typische Unlogik zu hinterfragen. Also tapste er einfach hinter ihr her. Es begann bereits dunkel zu werden, als die Geräusche der Bande wieder verstärkt an ihr Ohr drangen. Was bedeutete, dass sie ihnen sehr viel näher gekommen waren. Und tatsächlich, die Stimmen klangen verwirrt und wütend. Offensichtlich hatte man nun bemerkt, dass man einem leeren Echo folgte, einen magischen Spielzeug. "He, ihr mottenverseuchten Penner, wer hat euch das Recht gegeben, hinter einer so unvergleichlichen Schönheit wie Lina Inverse herzulaufen?!!" Die Köpfe wandten sich ruckartig zu Lina herum, die beide Hände in die schmächtigen Hüften gestützt hatte und angriffslustig in die Runde sah. "Ist das das Gör?" Ghourry zog instinktiv den Kopf ein, während die Mischpoke in der breit getrampelten Lichtung in dröhnendes Gelächter ausbrach. Man konnte förmlich sehen, wie aus Linas Ohren Rauch aufstieg, während in ihren Augen pure Mordlust brodelte. "Was hast du gesagt?" Höflich, leise, beinahe beiläufig. Der Sprecher der Gruppe, ein Werwolf, lachte grollend, und wieder stimmten die anderen ein, wie ein Trupp verblödeter Ziegen. Einzig der verhutzelte Hexer meckerte nicht mit, sondern beäugte Lina misstrauisch. Ghourry bestritt einen kurzen inneren Kampf zwischen Pflichterfüllung und Selbsterhaltungstrieb, dann rückte er näher an Lina heran, um ihr den Rücken zu stärken. Insgeheim verabschiedete er sich schon von den noch intakten Flächen Haut und Haar an seinem Körper. "Kleine Mädchen sollten nicht mit so strammen Kerlen in den Wald gehen. Davon kriegt man einen schlechten Ruf!" Ein hässlicher Gnom mit einem nur noch rudimentär vorhandenen Gebiss nuschelte Lina an. Zu ihrer größten Scham liefen sowohl Ghourry als auch Lina dunkelrot an. "He, he, was meinst du denn damit?" Ghourry vermutete eine Sottise hinter dieser Bemerkung, der lüsterne Blick der Umstehenden indizierte es. Lina verdrehte trotz der Unverschämtheit die Augen. "Hör auf zu denken, Ghourry, sonst tust du dir noch weh!" Während Ghourry die irritierenden Gedanken ohne einen Abschiedsblick aus seinem Gedächtnis löschte, verzogen einige der Lumpen abschätzig die Gesichter. "He Mann, bist du kein Soldat?! Warum lässt du dir so was von dem Gör da sagen?" Ghourry grübelte einen Augenblick. "Äh, wie war die Frage?" "Schluss mit dem Quatsch! Schnappt euch das Balg und holt euch das Amulett!" Ghourry zückte augenblicklich das Lichtschwert, während Lina betont gähnte. "Ja, kommt doch her, na los!" Gesagt, getan, man stürzte sich auf sie mit Gebrüll! Lina griff zu ihrer bevorzugten Waffe, dem Dragon Slave. Ghourry versuchte vergeblich, den Bannkreis zu erreichen, der Lina vor den Folgen ihrer eigenen Magie schützte. Er wurde wie die anderen durch die Luft geschleudert, landete dann nach einem langen Fall sehr hart. Als er endlich wieder Luft in seine Lungen pumpen konnte, sah er sich blinzelnd um. "Was für ein Glück!" Ein überhängender Ast hatte seinen Sturz abgefangen. Leider wohnten auf diesem Ast auch die sehr dornigen Angehörigen einer Familie des Kletter-Efeus. Und diese waren von Ghourry Anwesenheit in ihrer Domäne sehr angetan, sie schmiegten sich eng an seine Kleidung und in seine Haare. Ghourry zappelte hilflos herum, was dazu führte, dass er sich noch inniger in das Gestrüpp verwickelte. Endlich hielt er inne. "Okay, Ghourry, ganz ruhig. Denk nach!" Mit vor Anstrengung in Furchen gelegter Stirn grübelte er, wie er sich aus dieser misslichen Lage befreien konnte. Ein Geistesblitz verirrte sich in seine Gedanken, bevor er vor der Einsamkeit dort Reißaus nehmen konnte. Ghourrys Gesicht erstrahlte bei diesem seltenen Ereignis. "Ja, ich hab's!" Er brauchte eine Viertelstunde, bis er sich so weit durchgebissen und gezerrt hatte, dass er sein Lichtschwert erreichen konnte. Mit spitzen Finger zerrte er es aus der Lederschlaufe und angelte es unbeholfen an seiner rechten Seite entlang hoch. Er konzentrierte sich kurz, und das Schwert flammte auf, so hell und durchdringend, dass die untergehende Sonne harte Konkurrenz bekam. Die Ranken mochten diese Behandlung überhaupt nicht und gaben flugs ihren widerspenstigen Gast frei. Ghourrys Triumph währte nur einen sehr kurzen Augenblick. Genau genommen so lange, wie er brauchte, um zu bemerken, dass der Baum, den er gerade im Sturzflug hinter sich ließ, an einem sehr steilen Abgrund gewachsen war. Mit einem schrillen Angstschrei raste Ghourry rettungslos der Erde entgegen. ~@~ Zelgadis stapfte missmutig durch die enge Schlucht und hoffte, dass der Pfad, den offensichtlich nur Bergziegen locker bewältigen konnten, bald ein Ende hatte. Er mochte die beklemmende Enge der überhängenden Felsen überhaupt nicht, sie drückte ihm aufs Gemüt. Endlich öffnete sich der schmale Canon zu einem weiten Raum, und Zelgadis atmete erleichtert auf. Er hob den Kopf, um die glühenden Berggipfel zu betrachten, durch die untergehende Sonne in Flammen gehüllt. In diesem Moment hörte er einen Schrei, und eine Gestalt stürzte direkt auf ihn herunter. Zelgadis stieß eine Verwünschung und dann einen Schutzzauber aus. Die Gestalt prallte hart gegen den unsichtbaren Schild, federte zurück und knallte dann heftig auf einen Felsbrocken. Zelgadis keuchte und bahnte sich hastig einen Weg durch die Gesteinstrümmer zu Füßen der Berge. Wer auch immer das gewesen war, er musste von diesem Aufprall zerschmettert worden sein! Er sprang über einen Fels und erstarrte förmlich in der Luft. Die Gestalt war auf einem plateauartigen Gesteinsbrocken gelandet, der schräg in der Erde steckte. Über die hohe Kante hingen lange, blonde Strähnen, die sich langsam blutigrot färbten. "Gh-ghourry?!!" Zelgadis flog über die letzten Hindernisse, huschte um den flachen Brocken herum. Sein Gesicht bekam feine Risse in der steinernen Haut, als er die abgestürzte Gestalt erkannte. Eilig schleuderte er Reisebeutel, Mantel und Waffen von sich, kniete neben dem blonden Mann. Blut sickerte über den rauen Fels, tränkte ihre Kleidung. Ghourrys Gesicht war, abgesehen von ein paar Kratzern, unversehrt, es lag in stiller Ruhe, die blauen Augen waren geschlossen. Lediglich zwischen den verlockenden Lippen sickerte ein dünner Blutfaden heraus, wand sich am Kinn hinab und stürzte sich dann in die Kuhle beim linken Schlüsselbein. Die leichte Rüstung war völlig verbogen, die Kleider zerrissen. Zelgadis schlug sich zweimal heftig ins Gesicht, um den Schock zu überwinden, dann machte er seinem Entsetzen mit einigen Verwünschungen Luft. "Verdammt, du blonder Idiot, was hast du jetzt wieder angestellt?! Hast du gedacht, du könntest fliegen, oder was?!" Ghourry rührte sich nicht. Langsam zeichnete sich eine leichenhafte Blässe auf seinem Gesicht ab. Zelgadis biss sich auf die Unterlippe, streckte hilflos die Hand aus und berührte zaghaft die fahlen Wangen. »Verdammt, er hat innere Verletzungen! Er verblutet, zur Hölle!!« Zelgadis schloss für einen Moment die Augen, dann schob er entschlossen einen Arm unter die blutige Mähne. Mit dem anderen sammelte er Ghourry Beine unter den Kniekehlen auf. Auch wenn Zelgadis es definitiv begrüßte, dass Ghourry nicht bei Bewusstsein war, so knirschte er doch heftig mit den Zähnen, denn in diesem Zustand schien Ghourry Tonnen zu wiegen. Zelgadis schleppte ihn keuchend zu einem Stück mit flachem Moosbewuchs hinüber und ließ ihn behutsam auf die sanft nachfedernden Pflanzen sinken. Hastig schaffte er seine Habseligkeiten heran, befeuchtete ein Tuch und wischte Blut ab, aber bald brach er dieses Unterfangen hilflos ab. Es half nichts, das Blut abzuwaschen, wenn neues ständig nachsickerte. Er bettete Ghourrys Haupt auf seinen Schoß und tastete den Hinterkopf unter der blonden Mähne ab. Er konnte keine Knochensplitter oder ähnliches fühlen, was ihm eine kurze Atempause bescherte. "Du dummer Kerl, was hast du dir bloß gedacht?!" Zelgadis beugte sich in der hereinbrechenden Dunkelheit tief über Ghourrys bleiches Gesicht, das plötzlich feuchte Flecken bekam. Zu seiner großen Verlegenheit erkannte Zelgadis, dass es seine Tränen waren, die die fahlen Züge benetzten. Energisch wischte er sich mit dem Ärmel über die Augen und musterte dann prüfend seine Umgebung. "Also gut, dann richten wir uns hier mal für die Nacht ein, was, Ghourry?!" Zelgadis bemühte sich angestrengt um eine ruhige, nicht bebende Stimme. Er ließ Ghourrys Kopf auf seinen Lederbeutel sinken, stand dann auf und sammelte rasch Feuerholz von abgestorbenen Bäumen ein. Glücklicherweise schien ein Sturm erst vor kurzem die Bäume von den Gipfeln gerissen zu haben, es lag genug Brennholz herum. Zelgadis stapelte das Holz geübt, entzündete dann mit einer Beschwörung den Scheiterhaufen. Das warme Licht beruhigte seine flatternden Nerven ein wenig. Er warf einen Blick zu Ghourry hinüber, suchte nach den winzigen Bewegungen, die zeigten, dass dieser noch atmete. Zelgadis wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, wenn er Ghourry retten wollte. Er atmete tief durch und schickte ein kurzes Stoßgebet an alle für solche Fälle zuständigen Götter. Dann zog er den Dolch aus seinem Ärmel und begann, Ghourrys Rüstung und Kleidung aufzuschneiden. Die blutigen Fetzen schleuderte er achtlos hinter sich, keinen Blick von der geschundenen Haut abwendend. Und langsam konnte er auch erste Anzeichen von inneren Blutungen erkennen, dunkle Flecke schimmerten unter der hellen Haut. Zelgadis seufzte, rieb kurz die steinernen Hände aneinander. Für einen Sekundenbruchteil betäubte ihn grauenhafte Panik, dass seine Fähigkeiten nicht ausreichen konnten, um Ghourry dem Tod aus den Klauen zu entreißen. Er unterdrückte ein herzzerreißendes Schluchzen, strich durch die blonden Ponyfransen. "Wehe dir, Ghourry, wenn du jetzt den Löffel abgibst! Ich schwöre dir, dann schlag ich dich windelweich!" Zelgadis schloss die Augen, konzentrierte sich auf seine Handflächen, dann auf die Fingerspitzen. Er konnte die glühende Wärme pulsieren spüren, das Prickeln wahrer Magie. Langsam, tastend, suchend glitten seine Fingerspitzen über Ghourrys Haut, zuerst der Kopf, dann langsam über den Rumpf, zuletzt die Gliedmaßen. Vor seinem inneren Auge entstand eine Landkarte der Verletzungen, die Ghourry erlitten hatte. Er begann leise vor sich hin zu singen, Laute, die keiner lebenden Sprache entstammten. Dann legte er zärtlich die flachen Hände auf die verletzten Hautstellen. Die Magie strahlte durch den reglosen Mann hindurch, verteilte sich in die kleinste Zelle, emsig summend, versetzte den Leblosen in eine leichte Vibration. Zelgadis spürte beiläufig, wie ihm der Schweiß über die Stirn rann vor Anstrengung, eine ungewohnte Erfahrung seit seiner Verwandlung zum Steingolem. Wieder und wieder legte er die Hände auf die Verletzungen, horchte tief in Ghourrys Körper hinein, um den Heilungsprozess beaufsichtigen zu können. Er bemerkte nicht, wie die Sterne den Himmel erleuchteten und der Halbmond schweigend seine Bahn über das Firmament zog. Zelgadis glühte vor Anstrengung, Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper. Er kämpfte mit ganzer Seele um Ghourrys Leben gegen die endlose Weite der Finsternis. Nur das magische Lagerfeuer spendete ihm Trost. ~@~ Zelgadis Arme zitterten unkontrolliert, über seine zerbissenen Lippen wollte sich ein Fluch stehlen, aber seine Kehle war ausgedörrt. »Ich gebe dich nicht auf!!« Er zwang sich mit der Kraft des Berserkers, die eigenen rebellischen Gliedmaßen wieder auf Ghourrys Brust zu legen, als dieser völlig unvermittelt die blauen Augen aufschlug. "Die Sonne scheint ja!" In Ghourrys Gesicht leuchtete eine kindliche Freude, während Zelgadis fassungslos erstarrte. "He, Zeldagis, was machst du denn hier?" Zelgadis keuchte, suchte mit weit aufgerissenen Augen nach Worten. "Scht, schon gut! Willst du mit mir fischen gehen?" Zelgadis warf einen letzten ungläubigen Blick in Ghourrys entspanntes Grinsen, dann brach er von Erschöpfung überwältigt zusammen. ~@~ "Na, ausgeschlafen?" Zelgadis blinzelte in ein atemberaubendes Blau, dann erkannte er langsam wieder Umrisse, die sich zu Ghourrys Gesicht formten. Er wurde wie ein Welpe am Nacken hochgepackt und in eine sitzende Haltung gehievt. "Hier, trink das." Zelgadis war nicht in der Lage, die Feldflasche festzuhalten, seine Finger tanzten wirrig in der Luft. "Ich helf dir, Zeldagis. Siehst ganz schön fertig aus." Ghourry schob sich hinter Zelgadis, schlang beide Arme um ihn und legte eine Hand unter Zelgadis Kinn, um dieses gegen seine Brust in den Nacken zu schieben. Mit der anderen Hand flößte er Zelgadis langsam eine warme Flüssigkeit ein. "Hühnerbrühe, hilft gegen alles!" Zelgadis war vollkommen mit Schlucken befasst, er registrierte Ghourrys Plappern nur beiläufig. "Wa..." Zelgadis hustete würgend, während die Hühnerbrühe beleidigt wieder den Rückweg antrat und durch seine Luftröhre zu entkommen versuchte. Hilfsbereit klopfte Ghourry ihm kräftig auf den Rücken, was die Sache nur unwesentlich verschlimmerte. Endlich schaffte es Zelgadis, sich von Ghourrys gemeingefährlicher Fürsorge zu befreien. Auf allen Vieren krabbelte er auf die andere Seite des abgebrannten Lagerfeuers und warf Ghourry einen bitterbösen Blick zu. "Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, diesen bescheuerten Berg hinunterzuspringen? Und..." Zelgadis hielt inne, blinzelte mehrfach ungläubig. "Wie siehst du denn aus?!!" Ghourry erhob sich, drehte sich einmal um die eigene Achse und posierte dann mit stolzgeschwellter Brust. "Du hast meine Sachen zerschnitten, also hab ich mir deinen Umhang geborgt." Etwas verlegen fügte er dann hinzu. "Mir war so furchtbar kalt." Zelgadis musterte Ghourry von oben bis unten prüfend. Ghourry hatte den burgunderfarbenen Umhang wie eine Toga um sich geschlungen. Der kontrastierte hervorragend zu der hellen, nun fleckenlosen Haut und den honigblonden Haaren. Kurzum, Ghourry war eine Augenweide! Zelgadis spürte, wie sich seine steinernen Wangen dunkel färbten, während Ghourry ihn unschuldig anlächelte. Er senkte den Kopf eilig und versuchte, müßig Grashalme aus dem Moos zu pflücken. "Kannst du mir wenigstens erklären, warum du mir gestern beinahe auf den Kopf gesprungen bist?" Ghourry schlug die Beine unter und drehte eine Strähne um einen Finger. "Also, mal überlegen... Der Baum hat plötzlich losgelassen." Damit sah er Zelgadis lobheischend an. Dieser guckte erwartungsvoll zurück, wartete auf eine weiterführende Erläuterung. Er nickte Ghourry leicht zu, was dieser mit einem Freudestrahlen erwiderte. Zelgadis verdrehte die Augen. "Warum hat der Baum plötzlich losgelassen?" Gab er das Stichwort vor. "Ich hab die Ranken durchgesäbelt." Zelgadis flehte innerlich um Geduld. "Wie bist du denn in die Ranken geraten?" Ghourry verzog das Gesicht. "Ich bin hineingeschleudert worden, durch die Luft!" Ghourry beschrieb mit einer Hand ein Fluggeste, die abrupt in einen Sturzflug mündete, untermalt von einem lautstarken "Huiiiii!!!". Zelgadis massierte sich die Schläfen. "Also gut, wieso bist du durch die Luft geflogen?" "Lina hat einen Dragon Slave gegen die fiesen Kerle benutzt." Ghourry schob eine Haarsträhne in den Mund und kaute darauf herum. "Ifmm glff..." "Pardon?" Ghourry stoppte das Malmen und pustete die Haare weg. "Ich glaube, sie hat einfach vergessen, dass ich auch noch da war." Dann senkte er betrübt den Kopf, der lange Pony verbarg seine tiefblauen Augen vollständig. Gegen seinen Willen verspürte Zelgadis Mitgefühl mit diesem blonden Trottel. Er wurde fast getötet, aber die einzige Sorge, die ihn beschäftigte, war die vage Idee, dass Lina ihn einfach übersehen hatte. Ein Stich von Eifersucht schoss in Zelgadis Herz. "Ich muss sie suchen!" Ghourry stemmte sich in die Höhe, fest entschlossen. Dabei trampelte er aber auf einen Zipfel des Umhanges und entblößte sich nun total. "Ups." Ohne irgendwelche Anzeichen von Verlegenheit klaubte er den Umhang von der Erde und warf ihn sich schwungvoll über die Schultern. "Du Blödmann!! Du stirbst fast, und jetzt...!!" Zelgadis war ebenfalls in die Höhe geschossen. Die grauen Haare standen elektrisch aufgeladen von seinem Kopf, während er die Fäuste ballte, erste Anzeichen von Schaum vor dem Mund. "Ich bin ihr Beschützer, Zeldagis." Ghourry zwinkerte ihm ohne die geringste Beunruhigung zu. Zelgadis Augen sprühten glühendes Feuer, nun tiefrot gefärbt. Er stürzte sich mit einem unartikulierten Schrei auf Ghourry. ~@~ Ghourry wich nicht aus, lächelte den Berserker einfach tiefgründig an. "Danke, Zelgadis." Hauchte er sanft in das steinerne Gesicht. Zelgadis stoppte, als sei er gegen eine Mauer gelaufen. Sein Mund öffnete sich, enthüllte die spitzen Raubtierzähne. Er keuchte, streckte die Hände nach Ghourry aus, dann brach er ohnmächtig zusammen. ~@~ "Hier, koste mal den Fisch!" Zelgadis stieg der Geruch von gebratener Forelle in die Nase. Mühsam kämpfte er sich an das Licht der Gegenwart, öffnete schließlich stöhnend die Augen. Ghourry zwinkerte ihm zu, zupfte geschickt ein Stück gebratenen Fisch von den Gräten und schob es Zelgadis ohne viel Federlesens zwischen die Lippen. Dann streichelte er über Zelgadis' Wange. "Geht's dir wieder besser?" Zelgadis kaute auf dem Fisch herum, verfolgte Ghourry mit den Augen. Er konnte sich daran erinnern, in eine mörderische Berserkerwut geraten zu sein und ein Erwachen danach pflegte stets grauenhaft zu sein, zerstückelte Leichen, Blut... Aber Ghourry saß neben ihm, fütterte ihn wie ein Kleinkind mit Fisch und summte vergnügt vor sich hin. "Das ist ein Traum." Ghourry lächelte geschmeichelt. "Och, weißt du, so gut kann ich gar nicht Fische braten." Seine Wangen brannten vor Stolz. Zelgadis biss sich auf die Zunge, kein Grund, dieses Missverständnis aufzuklären. "Ich hab mir Sorgen gemacht!" Ghourry warf Zelgadis einen strengen Blick zu. Zelgadis knurrte. Er hatte genug davon, bemuttert zu werden, vor allem, wenn er vermehrt den Eindruck gewann, dass ausgerechnet dieser honigblonde Einzeller das Regiment führte. "Dazu hattest du auch allen Grund, verdammt!! Wenn ich dich nicht mit einem Zauber aufgefangen hätte, dann wärst du Bärenfutter gewesen!! Und dich überhaupt wieder zusammenzuflicken war auch nicht gerade ein Spaziergang!" Ghourry grinste verschmitzt. "Das meinte ich gar nicht. Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, so blass und schwach. Und dann immer diese Aufregung, das ist ganz schlecht für den Blutdruck." Zelgadis fehlten die Worte. Ghourry lächelte ihm aufmunternd zu. "Aber du musst keine Angst haben, ich pass ein bisschen auf dich auf." Zelgadis sprang wackelig auf die Füße, ballte die Fäuste. "Ich... ich... ich bring dich um!! Hörst du?!!" Ghourry kaute schmatzend auf dem Fisch herum. "Wäre wirklich besser, du setzt dich wieder hin. Deine Augen sind schon wieder rot." Zelgadis zitterte vor hilflosem Zorn. Er kam sich plötzlich sehr lächerlich vor. Mit dem letzten bisschen Würde ließ er sich wieder auf den Boden sinken und warf Ghourry finstere Blicke zu. "Ähm, Zeldagis, da ist noch was..." Zelgadis unterbrach seufzend. "Ghourry, wenn du solche Schwierigkeiten hast, dir meinen Namen zu merken, nenn mich einfach Zel, okay?" Ghourry strahlte. "Also, Zel, da ist noch was... Erinnerst du dich daran, dass ich dir Hühnerbrühe gemacht habe?" Zelgadis zog die Augenbrauen zusammen, ihm schwante Übles. "Jaaaa?" Fragte er gedehnt. "Also, dieses Zeug war aus deiner Tasche, und irgendwie hat es wohl ein paar Nebenwirkungen..." Zelgadis war mit einem Satz auf den Beinen. "Was?!! Du hast es aus meiner Tasche...?!!" In Zeitlupe und mit komischen Entsetzen führte er die Hände an seinen Kopf. Federn!! Wo seine Haare gewesen waren, hingen nun Federn!! "Uaaaahhh!" Ghourry warf ihm einen um Verzeihung flehenden Blick zu. "Also, so schlimm ist es gar nicht, sieht ein bisschen aus wie Kükenflaum, du weißt schon, bei den ganz Kleinen...." "Du... du verdammter Tölpel!!" Zelgadis zerrte mit beiden Fäusten am Flaum, aber die Federn leisteten erbitterten Widerstand. "Sieh... sieh dir das an, verdammt!!! Ich sehe aus wie ein Löwenzahn mit diesen Federn!!" Zelgadis schäumte, die Augen glommen tiefrot. Ghourry pflückte eine Gräte von seinem Fisch, lächelte zu ihm hoch. "Ich weiß." Zelgadis schnaubte hilflos, ließ die Arme mehrfach geräuschvoll gegen die Seite schlagen. Ghourry kicherte. "Und jetzt willst du wohl wie ein Küken fliegen, was, Zel?" Zelgadis war zu keiner menschlichen Äußerung mehr fähig, seine Raubtierzähne rieben knirschend aneinander. Ghourry streckte lässig den Arm aus und bot das zerpflückte Stück Fisch an. "Komm, Zel, hock dich neben mich und iss noch was. Sich aufregen bringt bloß Falten." Nach einem nachdenklichen Blick in Zelgadis Gesicht fügte er dann hinzu. "Na ja, zumindest bei den meisten Leuten." Zelgadis starrte ihn fassungslos an. »Ich rette dem Kerl das Leben, und was passiert? Ich kriege Entenflaum auf dem Kopf! Jedes Mal, wenn ich ihn treffe, endet es mit einem Desaster!!« "Ich HASSE dich!!" Ghourry sah völlig entgeistert zu Zelgadis hoch. Dann begann seine Unterlippe zu zittern, die blauen Augen füllten sich mit Tränen. "Das... das ist ganz gemein von dir!" Hastig den Umhang raffend stolperte Ghourry den Pfad entlang, weg von ihrem gemütlichen Lager. Zelgadis stemmte die Hände in die Hüften. »Wenn er jetzt denkt, mit seinem Kleinkinderauftritt, dass ich hinter ihm her laufe, dann hat er sich aber geschnitten! Undankbarer Blödmann!« Zelgadis verschränkte die Arme vor der Brust, zog unbewusst einen Schmollmund. »Und überhaupt!!« Wenn Ghourry nicht das Zauberbuch kaputtgemacht hätte...!! »Macht immer nur Ärger mit seinem Spatzenhirn!« Zelgadis unwilliger Blick fiel auf das heimelige Feuer, die Fische, das Lager, das Ghourry ihm bereitet hatte. Verärgert wandte er den Blick ab, starrte in die einbrechende Finsternis. »Und das ist mal wieder typisch für ihn!! Rennt halbnackt im Dunkeln durch die Gegend, wenn er gerade einer Bande Totschlägern entkommen ist!« Zelgadis stapfte unruhig von einem Fuß auf den anderen, versuchte, die Nacht zu durchdringen. »Ach, zur Hölle!!« Missmutig stakste er in die Richtung, in die Ghourry geflohen war. Er brauchte nicht lange zu suchen. Ghourry hatte mit untrüglichem Instinkt die einzige Dornenhecke weit und breit gefunden und sich mit Zelgadis' Umhang in ihr verfangen. Nun zerrte er splitternackt am Stoff herum, murmelte dabei bittend auf das Gebüsch ein. "Ich brauch den Umhang, lass doch bitte los, hm?" Zelgadis schob ihn beiseite, zischte einen Zauberspruch. Die Dornenhecke qualmte kurz, dann war der Umhang frei. Er wickelte Ghourry grob darin ein und zerrte ihn am Handgelenk unwillig brummelnd zum Lager zurück. "Nur Ärger... Nichtsnutz... Tollpatsch... splitternackt..." Mit einem leichten Schubser platzierte er Ghourry auf dem Lager, das dieser für ihn aufgeschlagen hatte. "Und überhaupt, seid wann verhandelst du mit Gemüse?!!" Ghourry kaute bekümmert auf einer Haarsträhne, wich Zelgadis Blick aus. Der zischte einen weiteren Fluch, packte dann einen leicht angesengten Fisch und hielt ihn Ghourry vors Gesicht. "Hör auf, an deinen Haaren herumzukauen, das ist ekelhaft! Iss lieber einen Fisch!" Zögernd ging Ghourry auf das ungeschickte Versöhnungsmanöver ein, nagte langsam an dem Fisch herum. "Was du gesagt hast, war nicht nett." Zelgadis lief vor Scham dunkelrot an, hoffte, dass die Dunkelheit ihn tarnte. "So was sagt man nicht zu seinem Freund." Mit leichter Verspätung. "Auch wenn ich auf den Haaren kaue." Dann bebte der gesenkte, honigblonde Schopf plötzlich. "Oder... oder willst du nicht mehr mein Freund sein?!" Ghourry zog die langen Beine an, umklammerte sie mit den muskulösen Armen und sah Zeldagis an, die blitzblauen Augen vor Tränen blind. Zelgadis keuchte erschrocken. Hastig ließ er sich neben Ghourry fallen, schlang Trost spendend einen Arm um den zusammengekrümmten Körper. Nun erst bemerkte er, wie angespannt sie beide waren und dass Ghourry vor Kälte schlotterte. "Was für ein Unsinn!! Natürlich sind wir Freunde!!" Unbeholfen tätschelte er den blonden Schopf mit der flachen Hand. "He, es... es tut mir leid. Was ich gesagt habe." Ghourry ließ die eigenen Knie los und umarmte Zelgadis zittrig. "Ich mag einfach keine Federn, das ist alles. Blöde Federn." Mit einem verlegenen Grinsen schnippte Zelgadis gegen eine vorwitzige Feder, die trotzig zurücksprang. Ghourry löste einen Arm und tätschelte Zelgadis' flaumiges Haupt. "Ich find es eigentlich ganz niedlich, Zel. Sonst meint man immer, dass du ein ganz harter Brocken bist, aber mit den Federn hab ich wenigstens was zum Kuscheln." Geflüstert, getan, Ghourry schmiegte sich noch enger an Zelgadis und schloss mit einem glücklichen Seufzer die Augen. Zelgadis wurde stocksteif. "Aber... aber nicht, dass du denkst, ich lass das jetzt so, nur weil du es niedlich findest." Unruhig hippelte er auf seinem Platz herum, versuchte verzweifelt, der Tuchfühlung, die auf Ghourrys Seite ja nicht mal mehr vorhanden war, auszuweichen. "Ich will auch gar nicht niedlich sein!! Ich bin ein Schwertkämpfer und ein Magier!!" "Hmmm,hmmm." Ghourry pustete sanft durch den eiergelben Flaum, streichelte dann Zelgadis' Wange. "Nun ist aber genug, du zerdrückst mich ja." Zelgadis kämpfte sich hastig aus der Umarmung, rückte ein Stück weg. Ghourry zog ein enttäuschtes Gesicht und kauerte sich näher an das Lagerfeuer heran. "Machst du das eigentlich bei jedem? Auch bei Lina?" Zelgadis bemühte sich um einen betont beiläufigen Frageton. Ghourry sah ihn verwirrt an. "Was meinst du, Zel?" Zelgadis lief feuerrot an, nun in der Verlegenheit, die doch offensichtlichsten Handlungen auch noch erläutern zu müssen. Er öffnete ein paar Mal den Mund, brabbelte, stockte, fuhr einen Neustart. Und gab entnervt auf. "Nicht so wichtig. Vergiss es!" Ghourry zwinkerte. "Was soll ich vergessen?" Zelgadis dunkle Augen zogen sich zusammen, während er in Ghourrys Gesicht knurrte. Der grinste bloß noch breiter, spielte dabei müßig mit einer Strähne. Zelgadis griff zur einzig erwachsenen Reaktion: er streckte Ghourry die Zunge heraus. Dieser kicherte begeistert und antwortete mit einer wilden Fratze. Was Zelgadis natürlich nicht unwidersprochen lassen konnte. Schließlich gähnte Ghourry so laut, dass sein Kiefer knackte. "Bin müde, Zel. Lass uns schlafen gehen, okay?" Ghourry angelte mit einem Arm Zelgadis' Handgelenk heran, während er sich schon seufzend auf dem schmalen Lager ausrollte. "He... was...?!!" "Kalt." Murmelte Ghourry und schnatterte deutlich mit den Zähnen. Zelgadis warf einen unsicheren Blick in die Umgebung. Niemand zu sehen. Dann schmiegte er sich behutsam an Ghourry an. "Ghourry?" "Hm?" "Ich zeig' dir einen Trick, wenn du versprichst, es niemandem zu sagen?!" Ghourrys blaue Augen glitzerten erfreut. "Versprochen." Zelgadis schloss die Augen und konzentrierte sich kurz. "Waaoohhh!" Ghourrys begeisterter Ausruf entlockte ihm ein Schmunzeln. "Du glühst ja wie Holzkohle!! Kuschelig warm!!" Zelgadis lief vor Freude und Verlegenheit rot an, aber das fiel durch seinen Zaubertrick nicht mehr auf. "Schlaf'", hauchte er Ghourry zu und reiste selbst in das Traumland. ~@~ Zelgadis erwachte angenehm erfrischt aus tiefem Schlaf. Er blinzelte in die Morgensonne, die ihm das Gesicht wärmte, dann drehte er langsam den Kopf. Nun direkt Nase an Nase zählte Ghourry noch immer Schäfchen. Der Gedanke amüsierte Zelgadis. Ob Ghourry wohl die Füße zu Hilfe nahm, wenn das zehnte Schaf den Zaun überwunden hatte? Verstohlen strich er blonde Strähnen aus dem sanften Gesicht. »Auch wenn du ein furchtbarer Trottel bist,... ich kann nicht anders, als dich zu mögen!« Und für einen einsamen, ausgestoßenen Berserker war das eine beängstigende Erkenntnis! Hastig setzte Zelgadis sich auf und rutschte von Ghourry weg. »Besser, ich trenne mich schnell von ihm! Aber dann wird er wieder eine Schnute ziehen! Und ich hasse das!!« Ratlos zerraufte Zelgadis sich das Haupt, viele, kleine Federn schwebten langsam auf den Boden. »Ich... ich habe meine Haare wieder!!« Zur Bestätigung fuhr er sich mit den Fingern durch die steingrauen Strähnen. Dann seufzte er erleichtert. "Ohhh, schade!" Ghourry rieb sich den Schlaf aus den Augen und fischte betrübt in den Daunen herum. Dann warf er einen blitzvergnügten Blick in Zelgadis Augen. "Und, Zel, was gibt's zum Frühstück?" Zelgadis blinzelte irritiert, knurrte dann zurück. "Fische. Alte. Von Gestern. Kalt." »Also so was?! Was denkt der Kerl denn, wo er ist?! In einem Gasthaus?!« "Oh, lecker!" Ghourry wälzte sich aus dem zerdrückten Umhang, erhob sich katzengleich und absolvierte ein paar Kniebeugen. Das Ganze natürlich textilfrei. Zelgadis wandte hastig den Blick ab und ordnete ihre Habseligkeiten. "Wenn wir gegessen haben, trennen sich unsere Wege, klar?" Die anhaltende Stille veranlasste ihn schließlich sich herumzudrehen. Ghourry hockte auf den Knien und sah ihn wie ein verlorener Welpe an. Zelgadis ballte die Fäuste. »Der Kerl ist ein erwachsener Mann! Ist ja nicht so, dass... er völlig nackt auf dem Boden hockt mit feuchtem Hundeblick und absolut nicht weiß, was er machen soll.« Zelgadis seufzte. "Schon gut!" Er tätschelte den blonden Schopf. "Erstmal essen wir was, dann suchen wir dir ein paar Kleider. Und dann schauen wir nach, wo Lina abgeblieben ist. Einverstanden?" Ghourry nickte eifrig. "Ja, ja, das ist ein klasse Plan!" Zelgadis verdrehte die Augen. "Steh' jetzt auf, wir essen im Gehen. Wo hast du Lina zuletzt gesehen?" Ghourry wickelte sich in den Umhang, den Mund mit Fisch so vollgestopft, dass sich seine Backen wie bei einem Hamster blähten. "Dghh grmmbhh!" Zelgadis schüttelte hilflos den Kopf. "Nein, nein. Erst schlucken, dann reden." Ghourry kaute gehorsam, der Fisch trat seine letzte Wanderung in die unbekannten Weiten von Ghourrys Magen-Darm-Trakt an. "Da oben auf dem Fels! Sie wollten ein Amulett haben!" Zelgadis nickte lobend. "Gut! Dann suchen wir uns einen Pfad nach oben und sehen nach, ob wir irgendwelche Hinweise finden." ~@~ Die Sonne stand schon am Zenit, als sie endlich den Kampfplatz erreichten. Der Boden war schwarz versengt, ein leichter Krater war entstanden. In den umliegenden Sträuchern und Bäumen hingen Fetzen von Kleidungsstücken und Pelz. Wenn ihre Besitzer den Flug und die Landung überstanden hatten, so hatten sie offensichtlich die Flucht ergriffen. Zelgadis studierte die Spuren, suchte dann nach einer magischen Präsenz. Wenn schon Lina keine Spur hinterlassen hatte, so würde es das Amulett tun. Ghourry warf ihm einen erschrockenen Blick zu. "Kannst du irgendeine Spur von Lina entdecken?" Zelgadis schüttelte konzentriert den Kopf. "Nein, aber das hat nichts zu bedeuten. Jeder Magier versteht es, seine Spuren zu verwischen." Irritiert kratzte er sich dann am Kinn. "Sag' mal, was war das eigentlich für ein Amulett?" Ghourry zwirbelte eine Strähne um einen Finger. "Lina sagte, es sei sehr selten und unheimlich wertvoll." Zelgadis verdrehte die Augen, die Beschreibung war ja wirklich vielsagend! "Komm' weiter!" Mit energischen Schritten wandte er sich dem Dickicht zu, folgte einem unsichtbaren Pfad. ~@~ Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen. Er gab Ghourry ein verstohlenes Zeichen, hinter ihm zu bleiben und sprang dann in einen Erdwall neben dem Weg. "Was haben wir denn hier? Den lokalen Club der einsamen Herzen?!" Zelgadis entblößte sein imposantes Gebiss und ließ Funken auf den Fingerspitzen tanzen. Der Werwolf quietschte schrill, während die Trolle kreischend die Hände vor die Augen schlugen. "Schnauze!" Die quäkige Fistelstimme eines verwachsenen Alten ließ die Kakophonie verstummen. "Was willst du, Kimera?" Zelgadis lächelte zähnefletschend. "Eine Auskunft. Wo ist die Frau mit dem Amulett?" "Hoffentlich in der Hölle." Der Alte spuckte vor Zelgadis' Füße. Zelgadis zog die Augenbrauen zusammen, schnippte beiläufig mit den Fingern. Eine elektrische Ladung ließ den Alten greinend in die Höhe schießen. "Ich möchte dich nur darauf hinweisen, dass sie eine persönliche Freundin ist. Könntest du deine Antwort noch einmal überdenken?" "Geradeaus den Berg runter. Sie hat das Amulett noch." Zelgadis lächelte breit. "Wie gut sich doch zivilisierte Menschen unterhalten können, nicht wahr? Und um deinen guten Willen zu beweisen, kannst du mir sicher noch sagen, was es mit dem Amulett auf sich hat?" Der Alte lief unter den Runzeln rosig an. "Es... erfüllt Wünsche. Ganz bestimmte Wünsche." Vielsagend zwinkerte er Zelgadis zu, was auf diesen wie ein epileptischer Anfall wirkte. Bevor dem Alten der Sabber das Kinn heruntertropfen konnte, beschloss Zelgadis, der Spur zu folgen. "Los, Ghourry, suchen wir Lina." Ghourry wickelte sich enger in Zelgadis Umhang, sein Gesicht strahlte vor Erwartung. "Und, Zel?! Hast du rausgekriegt, was dieses Amu-Dings kann?" Zelgadis schmunzelte leicht. "Sagen wir, ich habe eine Vermutung." ~@~ Lina hockte am Waldrand und rieb verärgert und auch ein bisschen ratlos über den großen Saphir, der in das Amulett eingesetzt war. "Doofes Mistding!! Wieso geht das nicht? Hab' alle bekannten Sprüche ausprobiert, und nichts passiert?!" "Lina!! Lina!!" Ein blonder Wirbelwind hechtete aus dem Wald und riss Lina stürmisch in die Höhe. Dabei löste sich erneut der Umhang, aber Ghourry ignorierte das. Lina dagegen lief dunkelrot an und trommelte hilflos auf die breiten Schultern. "Ghourry, du Idiot!! Lass' mich sofort runter!" Ein amüsiertes Lachen ertönte aus dem Dickicht. "Warum gönnst du ihm nicht die Wiedersehensfreude, Lina? Einen so begeisterten Freund findest du nicht so leicht." "Zelgadis?!" Lina sengte Ghourrys Schultern an, der mit einem Schmerzlaut das Lina-Karussell anhielt. "Was tust du denn hier?!" Nur ein ganz klein wenig Misstrauen in der Stimme. "Ich habe Ghourry aufgegabelt. Du solltest ihn nicht so leichtfertig der Gefahr aussetzen." Zelgadis wurde ernst. Lina zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Wenn er nicht auf sich aufpassen kann, wie will er mich dann beschützen?" Ghourry beachtete die beiden nicht, sondern stolperte auf Linas Lager zu. "Lina, kann ich eine Decke leihen?" "Sicher, sicher." Mit einer genervten Handbewegung winkte Lina ihn ab, während sie Zelgadis kritisch musterte. Ghourry wickelte sich in eine Decke, betrachtete dann interessiert den überdimensionierten Anhänger mit dem klobigen Stein. "Hm, bisschen schmierig geworden." Mit gerunzelter Stirn prüfte Ghourry die Oberfläche, dann leckte er einfach über den Stein. Dieser schimmerte sanft. Ghourry lächelte fasziniert. "Hübsch! Würde gut zu meiner alten Rüstung passen." Ein Knall zerriss die Stille. ~@~ Weißer Rauch hüllte die Lichtung ein, der sich nur langsam verzog. "Ghourry?! Bist du in Ordnung?!" Zelgadis durchdrang mit magischer Sicht den Qualm ohne Schwierigkeiten. Ein ziemlich überraschter Ghourry hockte auf seinem Hintern. "Was hast du gemacht?!" Linas verärgerter Sopran durchbrach die Stille. "Äh, keine Ahnung." Ghourry blinzelte verwirrt. Zelgadis betrachtete Ghourry aufmerksam, dann begann er zu lachen. "Was ist so komisch?!" Lina schnaubte genervt. Zelgadis konnte ein spöttisches Grinsen nicht aus seinem Gesicht bannen. "Ich glaube, Ghourry hat herausgefunden, wie das Amulett funktioniert." "WAAS???!!!" Lina stürzte sich auf Ghourry, versuchte, ihn zu erwürgen. Ghourry wehrte sich halbherzig, suchte verständnislos in Zelgadis' Gesicht nach einer Antwort. "Das war mein Stein!! Wie konntest du nur?!!" "Ich hab' doch gar nichts gemacht?! Er war bloß ein bisschen angelabbert, da hab' ich ihn sauber gemacht. Kann ja nicht ahnen, dass das Ding explodiert!" "Mistkerl!! Das war meine Chance!! Meine Chance!! Ich hatte schon ein paar Goldmünzen für größere Mieder beiseite gelegt!!" "Hä?" Lina lief rot an, stieß Ghourry von sich und raffte ihre Sachen zusammen. "Lass' mich bloß in Ruhe!!" Wütend stapfte sie den Pfad entlang. "Aber...?!" Ghourry rieb sich verwundert über die Augen. Zelgadis legte sanft eine Hand auf seine Schulter. "Komm', Ghourry, hoch mit dir. Sonst werden deine Sachen noch schmutzig." Ghourry war ihm einen hilfesuchenden Blick zu. "Zel, was hab' ich denn jetzt wieder falsch gemacht?" Zelgadis strubbelte ausgelassen durch die blonden Haare. "Es war ein Amulett, dass die körperliche Schönheit erhöht, samt Verpackung. Ich vermute mal, Lina wollte ihre... Reize ein bisschen dreidimensionaler gestalten." Er kicherte hinter vorgehaltener Hand. Ghourrys Gesicht war ein einziges Fragezeichen. "Aber er hat doch gar nicht richtig funktioniert?! Ich meine, abgesehen von den Klamotten." Verwirrt sah er an sich herunter. Zelgadis lächelte mild in Ghourrys blitzblaue Augen. "Komm', mein Freund, folgen wir unserer furchtlosen Führerin." Damit schob er Ghourry sanft auf den Pfad. Das Amulett hatte hervorragend funktioniert. Ghourry konnte bloß nicht anziehender werden, als er schon war. Zelgadis begann, selbstvergessen vor sich hin zu summen. Plötzlich hatte er gar keine Lust mehr, sich eilig von Ghourry zu trennen. »Ich komm' deinem Geheimnis schon auf die Spur!« ~@~ ENDE ~@~ (Fortsetzung in "Dude Looks Like A Lady") Crack me a smile! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Die zweite Fan Fiction zu Slayers, nachdem Nummer 1 sehr freundlich aufgenommen wurde, und ich muss wohl nicht erklären, dass ich eine Schwäche für G(h)ourry entwickelt habe, von Zelgadis ganz zu schweigen ^_~ Die beiden eignen sich einfach hervorragend für Comedy, auch wenn ich nicht gerade talentiert in dieser Hinsicht bin, ich lese es aber gerne ^-^