Titel: Das Geisterfest Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Fan Fiction FSK: ab 0 Kategorie: Komödie Ereignis: Halloween 2001 Erstellt: 31.10.2001 Disclaimer: Slayers gehört den Autoren/Zeichnern Yoshinaka, Kanzaka und Arazumi (siehe Informationen). ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ ^w^ Das Geisterfest "Na, was meinst du?" Lina Inverse, nach eigener Überzeugung die schönste und mächtigste Jung-Magierin im gesamten Universum, drehte sich posierend vor einem Spiegel. Und vor ihrem selbst ernannten Beschützer Ghourry, strich durch die aufgerüschten Stoffbahnen. Ihr schmächtiger Körper steckte in einem tief ausgeschnittenen Ballkleid, an dem taillenabwärts flammenfarbene Stoffbahnen in Kaskaden herabregneten. Obgleich das Mieder geschickt geschnürt, die mangelnde Masse der Oberweite kaschiert wurde, die langen Haare sich malerisch über die Schultern legten, wirkte der Gesamteindruck seltsam lächerlich. Was durchaus dem Anlass nicht zuwiderlief, immerhin bereiteten sie sich auf das Geisterfest vor. Aber Linas Intention bestand darin, sich wie eine Prinzessin auszustaffieren. Dass sie mehr einem Kind in den Kleidern der Mutter ähnelte, konnte man von Ghourrys frischen, sehr attraktiven Gesichtszügen ablesen. Auch wenn er ausnahmsweise vorausschauend einen Kommentar unterdrückte, konterkarierte das mitleidige Tätscheln der feuerroten Mähne all seine wohlmeinenden Bemühungen. "Blöder Kerl!" Fauchte Lina knurrend und verließ Türen schlagend ihre Unterkunft in einem Gasthof. Wortlos schraubte sich Zelgadis in die Höhe und klopfte gelassen verschiedene noch züngelnde Brandherde an Ghourrys ehemaligem Kostüm aus. Er ersparte sich jeden Hinweis, als er dem verständnislos-bekümmerten Blick aus den bewölkten Blauaugen begegnete. "Mein... mein Kostüm!!" Wimmerte Ghourry erschrocken und sah an sich herab. Er hatte sich für ein kleidsames Grün entschieden. Die enge Hose und das luftige Hemd war von einigen Verehrerinnen, die ihm wie Schatten folgten, mit glitzernden Pailletten besetzt worden. Ghourry als König Nautilus, wie er sich vorgestellt hatte. Selbst ein Dreizack war aus einem Besen gefertigt worden. Nun wirkte er wie ein angekokelter Bückling, der sich kopftechnisch in einer Wolke goldenem Lametta verfangen hatte. "Netter Aufzug." Komplimentierte Zelgadis reserviert und schnickte eine angesengte Strähne, die sich wie der gesamte Rest des hüftlangen Haars in Locken aufgedreht hatte, aus dem schwärzlichen Gesicht. Ghourry stieß einen herzerweichenden Seufzer aus und plumpste auf sein einfaches Bett, sodass die Strohsäcke quiekten. "So bekomme ich nie Seelenkuchen und Totenkekse!" Jammerte er zutiefst unglücklich. Zelgadis verdrehte die Augen und wandte sich dem Fenster zu. Draußen tummelten sich bereits verkleidete Menschen, Ghouls, Zombies, Dämonen und Tiermenschen. Schlenderten zwischen den aufgebauten Ständen hin und her, schimpften auf die Kinder, die ihnen zwischen den Beinen hindurchhuschten. Der verdichtete Geruch von vergorenen Äpfeln, Met, erhitztem Gewürzwein mischte sich mit pikantem und süßlichem Aroma von diversen Süßigkeiten und Grillwaren aller Art. Er zuckte zusammen, als Ghourry zu schniefen begann, wie immer vollkommen verwirrt durch die Lina-typischen Grausamkeiten. »Es ist ihm nicht gegeben, seine wahren Gedanken zu verhüllen.« Dozierte Zelgadis in der Einsamkeit seiner Gedanken. »Eigentlich ein Wunder, dass er ein so hervorragender Schwertkämpfer geworden ist und als Söldner überlebt hat.« Er wagte nicht sich umzudrehen, denn er fürchtete den Anblick eines tränenüberströmten Freundes, der entgangenen Süßigkeiten hinterhertrauerte. Aber erstaunlicherweise folgte dem ersten Schniefen keine weitere Ausführung. Stattdessen summte Ghourry selbstvergessen vor sich hin, was Zelgadis, wenn dies noch möglich gewesen wäre, eine unbehagliche Gänsehaut verursacht hätte. Einen Schauer, den alle Eltern kannten, wenn es im Kinderzimmer verdächtig ruhig wurde und die Kleinen sich selbst beschäftigten. Mit einem Ruck fuhr Zelgadis herum. Ghourry stand in knappem Lendenschurz vor ihm, zupfte geduldig die Reste seiner Verkleidung ab, um dann, sich Zelgadis' Blick bewusst werdend, ein gutgelauntes Zwinkern zu entsenden. "Ich werde einfach eine neue Verkleidung basteln!" In den blitzblauen Augen funkelte es entschlossen und vergnügt zugleich. "Ich will meinen Anteil an Totenkeksen haben, und den kriege ich auch!" Zelgadis seufzte lautlos. Diese Pose markierte eine offenkundig zu enge Beziehung mit Lina. Mit verschränkten Armen beobachtete er, wie Ghourry in eine alte Lederhose stieg, ein einfaches Hemd überstreifte und dann, mit gewinnendem Grinsen, den Raum verließ. ^w^ "Kannst du mal eben..?!" Zelgadis murmelte Unverständliches und befestigte die bunten Herbstblätter an Ghourrys nacktem Oberkörper und der alten Hose. "Das Harz riecht gut, findest du nicht?" Plapperte Ghourry unbekümmert weiter, während er gleichzeitig damit beschäftigt war, seine Haare mit Draht zu umwickeln, damit sie wie Blitze in alle Richtungen von seinem Kopf abstanden. Zelgadis nickte stumm, verstrich vorsichtig die harzige Schicht über Ghourrys Brust. Er fühlte sich ein wenig unbehaglich, den anderen Mann derart zu berühren, auch wenn dies ohne Zweifel ein vollkommen abwegiger und haltloser Impuls war. Ghourry phantasierte derweil von den Unmengen an Leckereien, die er zu "ernten" gedachte. Das Geisterfest zu Ehren der Ahnen war willkommener Anlass zu Mummenschanz und ausgelassenen Vergnügungen. Zudem erlaubte es Ausgestoßenen, für einen Tag und eine Nacht in die Siedlungen zu kommen und ihre Verwandten zu besuchen. Dass sich auch allerlei Gelichter und Bösewichte tummelten, machte den besonderen Reiz des Festes aus. Dieses gewisse Prickeln des Adrenalins, wenn man nicht sicher sein konnte, ob man am nächsten Morgen nicht ebenfalls zu den Ahnen gehören würde. "Du kommst doch aber mit, oder?" Ghourrys feuchtem Hundeblick zu widerstehen kostete Zelgadis einiges an Anstrengung. "Das ist ein Fest für Kinder!" Blaffte er unfreundlich und klatschte ein Ahornblatt direkt über Ghourrys Schlüsselbein, wie eine klaffende Wunde gefärbt. "Ach, Zel!! Es macht Spaß!! Wir lachen, tanzen, reißen Witze...!" Zelgadis schnappte nach Luft. Zupfte dieses geistige Wickelkind tatsächlich ungeduldig an seinem Umhang!! "Ghourry!" Fauchte er warnend und schlug betont hart auf die Finger, die sogleich wehleidig in einem Schmollmund verschwanden, um dort liebkosend gelutscht zu werden. "Daf war nift nett!" Zelgadis wandte sich mit elegantem Schwung ab und zog sich in die abendlich einflutenden Schatten im Zimmer zurück. "Denk nur an all die Süßigkeiten!" Versuchte Ghourry einen weiteren Anlauf, seine Begeisterung weiterzutragen. "Klar, Rasierklingen darin oder Glassplitter!" Zelgadis wickelte seinen Umhang enger um sich herum und zog die Halbmaske über seine Nasenspitze. Er konnte sich nicht erinnern, jemals das Geisterfest gefeiert zu haben. Als Kind war er nur von einem Wunsch besessen, der stärkste Schwertmeister aller Zeiten zu werden. Sein Leben gehörte dem Training. Dann, nach seiner verhängnisvollen Begegnung mit dem roten Bonzen Rezo, hatte er nicht mehr oft unter Menschen gehen wollen. Aber es war wohl zwecklos, Ghourry dies begreiflich machen zu wollen... Ghourry drehte sich einmal im Kreis und testete die Haltbarkeit seines Pseudo-Kostüms. Er wirkte wie ein Waldgeist oder Faun, voller Kraft und Energie in den warmen Herbstfarben des Blätterkostüms. "Und du willst wirklich nicht mitkommen??" Ghourry stand vor ihm, den Kopf mit dem absurd abstehenden Blondhaaren schief gelegt, die Hände auf die schmalen Hüften gestützt. "NEIN!" Zelgadis zog die Kapuze bis zur Nasenspitze und kehrte Ghourry den Rücken zu. Augenblicke später schloss sich leise, ein wenig widerstrebend, die Zimmertür. ^w^ Von ihrem Fenster aus konnte man das wirbelnde Treiben in den engen Gassen gut beobachten. Die ausgehöhlten Rüben und Kürbisse waren mit Kerzen illuminiert und beleuchteten die verwinkelten Straßenzüge. Aber Zelgadis bedurfte dieser optischen Hilfe gar nicht. Seine magische Sicht konnte auch mühelos die tiefste Dunkelheit durchdringen. Ebenso jede Verkleidung. Mit einem leichten Stich verfolgte er die herumhopsenden Gestalten, die anmutig aufgeputzten Mädchen, die um ein offenes Feuer tanzten und ihrem Favoriten in kleinen Beutelchen Süßigkeiten schenkten. Umschwärmter Mittelpunkt war, wie nicht anders zu erwarten, der großgewachsene Faun, der mit jedem weiblichen Wesen tanzte. (Außer einem wutschnaubenden "Kleinkind" mit feuerroten Haaren, das ihn zutiefst empört abgewiesen hatte.) Und der mit Leckereien förmlich überschüttet wurde. Dabei schien er keinerlei Berührungsängste zu haben, ob sein Gegenüber nun Ghoul, Mumie oder Gespenst war, er drehte sich fröhlich im Kreis. Dass er begehrliche Blicke auf sich zog, mehrdeutige Angebote ihm offeriert wurden, entging ihm jedoch anscheinend. Zelgadis setzte sich auf, als er in Ghourrys Nähe eine verführerisch aussehende Frau mit tief ausgeschnittenem, nachtschwarzem Gewand erkannte. Ihre blassen Finger mit den scharlachroten Nägeln streiften begehrlich über Ghourrys beblättern Rücken, während er scherzend einer mittelalten Matrone mit beachtlichem Körperumfang den Vorzug gab. "Wo steckt diese verflixte Lina?!" Murmelte er alarmiert, erspähte dann die Gesuchte, wie sie, einer Klette gleich, sich an einen stattlichen, weißgekleideten Prinzen hängte und mit ihm die Gasse verließ. "Verdammt!" Zelgadis' Augen irrten hinter der Entschwindenden und Ghourry hin und her. Aber es half alles nichts, er musste selbst eingreifen, und dies bedeutete, sich in das Getümmel dort unten zu stürzen. ^w^ "Hi." Hauchte kehlig eine schlanke, mitternachtsschwarz gekleidete Frau und zwang Ghourry förmlich, einen abgrundtiefen Blick in ihr ausgeschnittenes Kleid zu nehmen. "Hi." Trällerte er fröhlich und pflückte die gierigen Arme von seinen Schultern. Unterdrückte dabei ein Niesen, denn dem Dekolletee entströmte ein betäubender Geruch nach Vergissmeinnicht. "Ich bin Mallory." Schnurrte die Frau und senkte die Augenlider auf Schlafzimmerniveau. "Ghourry." Antwortete Ghourry ein wenig reserviert und brachte vorsorglich seinen prallgefüllten Leckereiensack in Sicherheit. "Warum gehen wir nicht in die lauschige Ecke dort?" Raunte Mallory und blinzelte heftig. "Äh." In Ghourrys Gesicht arbeitete es. "He, du Blätterwicht, ich fordere dich heraus!" Ghourrys Kopf, wie auch die der umstehenden, flog herum. Ein athletischer junger Mann mit pechschwarzem Haar und sandfarbenem Anzug hob einen geschnitzten Stock in die Höhe und zielte direkt auf Ghourrys Herz. "Lass sehen, wer von uns beiden der bessere Geisterritter ist!" Die Anspielung bezog sich auf eine volkstümliche Legende, dass ein geheimnisvoller Mann erschien, um die Geister zu bändigen und ihr Anführer zu werden für die Nacht des Geisterfestes. Dies war verbunden mit den "Opfergaben" in Form von Süßigkeiten oder herzhaften Gerichten, die man ihm zur Besänftigung zu übergeben hatte, eine Art von Tribut. Denn wer unter dem Schutz des Geisterritters stand, konnte, zumindest in der Theorie, davon ausgehen, dass er am nächsten Morgen seine Ahnen noch nicht um sich versammelt fand. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung waren selbstredend Duelle dieser Form verboten. Andererseits diente es der öffentlichen Moral und dem Einkommen der Taschendiebe, wenn zwei kostümierte Figuren mit Holzstöcken aufeinander eindroschen. Ghourry plinkerte mit den langen Wimpern und lächelte dann hingerissen. Was für eine Gelegenheit! Vor seinem geistigen Auge sah er bereits die "Tributzahlungen" in Berge von Keksen, Würsten, Bonbons und Zuckerstangen ausarten. "Ich nehme die Herausforderung an!" Krakeelte er gut gelaunt und schob die anhängliche, aber stark riechende Dame von sich. ^w^ Zelgadis kniff die Augen zusammen und atmete flach. Er zwang sich, die verschiedenen Verkleidungen und Zauber, die in seiner Nähe wie unsichtbare Nebelwolken in der Atmosphäre lagen, zu ignorieren und seinen Holzstock mit beiden Händen sicher zu umfassen. Ghourry tänzelte vor ihm hin und her, den Oberkörper vorgebeugt, die blitzblauen Augen leuchtend vor Vergnügen und Kampfeslust. Zelgadis unterdrückte einen Seufzer. Sie traten nicht zum ersten Mal gegeneinander an. Er kannte den Freund gut genug, um seine Schläge einschätzen zu können. Allerdings erwies sich Ghourrys Einfallsreichtum immer noch als eine nicht zu verachtende Gefahrenquelle. Und dieses Mal traten sie einander verkleidet gegenüber. Zelgadis war sich nicht mehr sicher, ob seine spontane Idee die richtige Lösung darstellte. ^w^ Ghourry schlich im Kreis, beäugte neugierig den Fremden mit dem wirr abstehenden pechschwarzen Haar und den steingrauen Augen ohne irgendwelche Einschlüsse. Die Art, wie dieser den Holzstock hielt, verriet ihm, dass er keinem blutigen Anfänger gegenüberstand. Ein rascher Ausfall nach vorne - der andere wich zurück. Ghourry grinste. Für einen so lautstarken Herausforderer schlich sein etwas kleinerer Gegenüber verdächtig vorsichtig und katzenhaft außerhalb der Schlagweite herum. ^w^ Zelgadis verfluchte im Stillen seine heillose Freundschaft zu dem blonden Riesenbaby. Da hatte dieser ihn doch tatsächlich dazu gebracht, sich selbst mit einem Schwur zu belegen, um sein Äußeres unter größter Anstrengung zu verändern!! Nun hampelten sie hier herum, im Namen einer schwachsinnigen Legende irgendwelcher halbgebildeter Mondkälber, während ihm langsam die Kräfte verloren gingen. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er Mallory. Wie auch einige andere der Umstehenden war sie nicht, was sie schien. Unter der attraktiven Hülle verbarg sich ein geschickter Tarnzauber, der über der faltigen und grünlich-bleichen Fratze eines mordgierigen Vampirs lag. Und dieser schien förmlich besessen davon, sich an Ghourry gütlich zu tun. ^w^ Ghourry wirbelte herum und jagte eine Serie von Schlägen durch die Luft, um seinen schweigsamen Gegner aus der Reserve zu locken. Dieser wich aus, mit einem ungeduldigen Knurren, schraubte sich dann in die Höhe, um dem forschen Angreifer einen mahnenden Klaps auf den Allerwertesten zu verpassen. Ghourry quiekte indigniert auf, während unter den Umstehenden die mitleidigen Schluchzer hemmungslos romantischer Schulmädchen ertönten. "Oh, mein Schöner, lass mich deine Wunde pflegen!" Echote auch Mallory, die sich noch immer in vorderster Front befand und nun begehrlich die langen, spinnenbeindürren Finger in seine Richtung ausfuhr. "Äh..." Entschied Ghourry sehr eloquent, um blitzschnell, rücklings und heimtückisch, erneut einen Stockhieb auf sein apartes Hinterteil zu empfangen. Die Menge buhte, aber der andere konzentrierte sich nur auf ihn. "Das war nicht nett!" Legte Ghourry für das Protokoll Protest ein, was ihm zu seiner offenen Faszination eine ausgestreckte Zunge einbrachte. Mallory schlich sich an Ghourry heran, was ihr nicht wohl bekam, denn dieser sah sich einer akuten Attacke gegenüber und trampelte sie nieder. "Hau ab!" Fauchte eine Stimme messerscharf leise in Mallorys Gesicht, dann stieg der unbekannte Gegner über sie hinweg. Wutschnaubend kam sie in die Höhe, -nach so viel Demütigung musste ein Happen einfach drin sein!-, setzte zum Sprung auf Ghourry an. Nun keinesfalls mehr damenhaft, als der Holzstock des geheimnisvollen Herausforderers sich heftig zwischen ihre Kiefer bohrte. "HrgnHrnghgnrrrnnnghhh!" Ein boshaftes Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Holzstockschwingers ab. Dann, schlangenhaft, schnellte er vor und zischte ihr kaum hörbar zu. "Verschwinde sofort, Vampirschlampe, oder du bekommst meine Faust zu spüren." Sekundenbruchteile löste sich die Camouflage auf, und Mallory erkannte die wahre Natur ihres Gegners. Den Holzstock zerbeißend suchte sie fluchend das Weite. Ghourry starrte betrübt auf die zernagten Überreste. "Hat jemand einen Besen? Einen Dreizack?" ^w^ Zelgadis knurrte leise, als sich unerwarteterweise eine Hexe zu einer edlen Spende im Sinne der öffentlichen Unterhaltung und Kultur von ihrem verluderten Exemplar trennte. Er hatte insgeheim gehofft, ohne größere Umstände aus dieser Sache herauszukommen, aber nun verschlechterten sich seine Chancen rapide. Da half nur die Flucht nach vorn. Einen lästerlichen Fluch ausstoßend ließ er seinen Körper wie Kohle erglühen, setzte in einem Salto über die Gaffer hinweg und rauschte in die Büsche, die zum nahegelegenen Flussufer führten. ^w^ "He!" Enttäuscht ließ Ghourry den Besen sinken und runzelte die Stirn. So war das nicht fair! Weglaufen zählte nicht! Er gürtete sich seinen prallgefüllten Schnappsack um, schnappte beide Holzprügel und hechtete hinter dem Entflohenen her. ^w^ Zelgadis schlug sich eiligst durch die Büsche. Stöberte dabei zu seinem Missfallen und Verlegenheit Liebespaare, Wegelagerer, Vertreter des horizontalen Gewerbes und allerlei Gesindel auf, das sich lieber im Schatten begegnete. Ohne eines Spiegels zu bedürfen wusste er, dass seine Kräfte nicht mehr reichten, die Verkleidung aufrechtzuhalten. Außerdem wurde ihm unangenehm bewusst, dass die geliehenen Kleider nicht der Qualität seiner eigenen entsprachen und das Reiben der Steinhaut an Ästen und Büschen mit reißendem Effekt quittierten. Wenn nicht bald etwas geschah... In diesem Augenblick gab es hinter ihm statt des Raschelns und Trampelns, das Ghourrys Verfolgung ausmachte, einen dumpfen Knall und einen überraschten Wehlaut. Automatisch machte Zelgadis kehrt, was er verärgert bemerkte. »Als ob ich eine Art 'Pass auf Ghourry auf'-Komplex hätte!« Aber zurück konnte er nun auch nicht mehr, da sich just der pralle Vollmond hinter den Wolken hervortraute und ein neugieriges Auge auf die Zustände am Flussufer wagte. Ghourry hing nach Atem schnappend zwischen zwei verkrüppelten Erlen, quer über den apportierten Holzstücken. Unzweifelhaft hatte es einige Nachteile, diese horizontal zu transportieren, wenn man durch unwegsames Gelände eilte. Zelgadis schüttelte wortlos den Kopf und schnickte ein Ende der Stöcke an, das sich dem Boden entgegenwarf, die Gegenseite hochkatapultierte und Ghourry seiner Stütze beraubte. Er torkelte nun, leicht gebückt, einige Schritte von den heimtückischen Erlen weg, verlor dann langsam, Arme rudernd, das Gleichgewicht und plumpste, ohne jede Grazie, rücklings in eine dornige Hecke. ^w^ "AIIIEEEEE!" Der Mond verkrümelte sich eilends in einer Wolkenbank, während Zelgadis um Ruhe zischte. Er streckte in der Dunkelheit eine Hand aus, um den Unglücksraben aus der Botanik zu ziehen, als sich ein leises Grollen bemerkbar machte. "DAS IST KEIN KERL!!" Dieser Schrei, eine unausgewogene Mischung aus Entsetzen und übermächtiger Empörung kam aus vertrauter Kehle. Unwillkürlich zogen beide den Kopf ein. Allein, die gewohnte Reaktion ließ nicht auf sich warten. Mehrere Flammenkugeln stoben in den Himmel, senkten sich elegant in schwungvoller Bahn, um dann ihren Aufprallpunkt in all seine Bestandteile zu zerlegen. ^w^ "Hab ich's nicht gesagt?!" Knurrte Zelgadis schicksalsergeben, als er sich fremdbeschleunigt in der Luft wiederfand, den Fluss überwand und auf der anderen Seite in einem gepflegten Park niederging. Ihm folgte ein undurchschaubares Gewirr aus Ranken und Waldschrat. Zelgadis rappelte sich auf und strich der Ordnung halber über die traurigen Fetzen seiner Bekleidung. Sie rudimentär zu nennen, wäre eine schamlose Übertreibung gewesen. "Zeee~~eeeelll!" Wimmerte es aus dem wirren Haufen an ausgerupftem Unkraut, Dornenhecke und Geäst. Zelgadis seufzte und näherte sich dem noch rauchenden Trümmerhaufen. Behutsam legte er verschiedene Körperteile frei, die glücklicherweise noch anatomisch korrekt angeordnet waren. "Ich sehe nichts!" Quengelte ein wenig ängstlich das kompakte Gestrüpp. "Soll im Dunkeln schon mal vorkommen." Knurrte Zelgadis verärgert und versuchte, die abgestürzte Frisur aus Ghourrys Stirn zu klappen und Haare, Draht, Äste und Ranken gütlich von einander zu trennen. Eine elende Fummelarbeit, vor allem, weil er kaum noch Kraft hatte, seine Nachtsicht einzusetzen. Zu allem Überfluss kuschelte sich Ghourry auch noch bequem vor ihn und legte den Kopf auf Zelgadis' Schoß, um sich während der Entrankungsaktion mit erbeuteten Süßigkeiten vollzustopfen. "Fertig!" Brummte Zelgadis und schob Ghourry demonstrativ von sich, um den niedergemähten Baumstamm sich selbst zu überlassen. "Ich seh immer noch nichts." Merkte Ghourry an. Zelgadis ignorierte ihn und suchte nach Orientierungspunkten. Tatsächlich waren sie von mehr als mannshohen dichten Hecken umgeben. Nur ihr Absturz hatte eine Wand niedergerissen samt dem schmückenden Baum, sodass man einen Durchgang hatte. "Ist wohl das Labyrinth des verrückten Kupferstechers." Stellte Zelgadis ermattet fest. Das war mal wieder typisch für sein Glück... Der Kupferstecher, dessen bürgerlichen Namen man schon längst aus dem Bewusstsein verdrängt hatte, war durch diverse Gaunereien zu einem ansehnlichen Vermögen gekommen. Er hatte auf der üblicherweise überschwemmten Seite des Flusses eine Villa auf Pfählen errichten lassen. Passend zu dieser originellen Variante fortschreitender geistiger Umnachtung mit Realitätsverlust musste ein Lustgarten her, der als Labyrinth angelegt wurde. Die Entwürfe hatte der Kupferstecher selbst während seiner unermüdlichen Arbeit gefertigt, was man ihnen durchaus anmerkte. Es ließ sich lediglich darüber streiten, ob er schon immer wahnsinnig gewesen war, oder ob die giftigen Dämpfe ihm den Rest gaben. Welchen Sinn machte auch ein Labyrinth ohne Ein- oder Ausgang, versehen mit Ankerbojen für die kleinen Gondolieren, die bei Hochwasser über die versunkenen Hecken glitten? Es war nicht nur dunkel, zumindest für einen normalen Menschen, nein, es roch auch unangenehm brackig und miefig. "Wir schlagen uns zum Fluss durch." Kommandierte Zelgadis anfeuernd und kramte aus dem Absturztrichter einen erstaunlich widerstandsfähigen Besen heraus. Ohne viele Umstände zerrte er sich die Fetzen seines Hemdes vom Leib, tastete in der Dunkelheit nach Ghourry und wischte mit dem lädierten Stoff über dessen Oberkörper. Ghourry quietschte vor Vergnügen und piepste, er sei so kitzelig. "Lass den Unsinn!" Fauchte Zelgadis ungnädig und wickelte die verharzten Stoffbahnen um ein Ende des Besens. Zufrieden betrachtete er seine Fackel, als sich Ghourrys Hand vertraulich in seine schob. "Isch mag diesche Käksche." Schmatzte er malmend. Zelgadis knurrte. Dunkel oder nicht, Händchenhalten war nicht!! "Ghourry, ich entzünde gleich die Fackel hier, also könntest du mich bitte SOFORT loslassen?!" Mit einem Schnicken flammte ein heimeliges Feuerchen auf, das sich gierig durch Stoff und Harz fraß. "Ghourry!!" Drohte Zelgadis. "Äh..." Kommentierte dieser verlegen und leicht hilflos, zerrte verunsichert an Zelgadis' Hand. "Was zur Hölle..?!!" Aber so sehr sie sich auch anstrengten, beide Handflächen wollten sich nicht voneinander lösen. "Isch schätsche mal, dasch schind die Totänkäksche." Stellte Ghourry fachmännisch fest, während er weiter die Materialprobe leise schmatzend fortführte. Zelgadis franste der letzte Geduldsfaden aus. Halbnackt mit einem anderen Mann Hand in Hand im Mondschein... "Hör bloß mit der Futterei auf!! Ist das alles, woran ihr denken könnt?!" Mit einem animalischen Wutschrei gegen das boshafte Schicksal und die Umstände im Allgemeinen zerrte er Ghourry hinter sich her. Bei der ersten Hecke sondierte er die feuchten Äste und modrigen Blätter. "Das brennt nicht gut." Stellte er gedankenverloren fest, grübelte über eine Alternative nach. "Lass mich mal." Ghourry, der sich gerade über die freie Hand leckte, grinste freundlich im Fackelschein. Zelgadis stutzte, denn eigentlich musste der gefährliche Süßkram nun Ghourrys Zunge an seine Hand kleben, aber dies geschah zu seiner Verwunderung nicht. Ghourry griff nach Zelgadis' Hand mit der Fackel, zog sie sich vor das Gesicht und hauchte sanft in die Feuerblume. Eine wahre Stichflamme mähte kochend-heiß durch die modrige Vegetation und hinterließ auch einige Wände später noch ein praktisches Loch zum Durchstieg. Zelgadis blieb die Spucke weg. Ghourry trällerte fröhlich und zog ihn behutsam hinter sich her. "Ich hab mir gleich gedacht, dass die nette Oma das Rezept für den Schauerwein nicht ganz richtig zusammengebraut hat." Plauderte Ghourry leichthin. "Es roch gleich so stark nach Spiritus." "Verdammt explosiv." Murmelte Zelgadis und kämpfte gegen akute Migräne an. "Oh, sie ist nur ein wenig kurzsichtig, Spiritus und Sprit und all diese komplizierten Wörter... da kann man schon mal durcheinander geraten." Nahm Ghourry seine Wohltäterin in Schutz. Zelgadis seufzte, bemerkte dann aber im schüchternen Mondlicht das schimmernde Band des Flusses. Auf der anderen Seite schwangen Laternen als warme Lichtpunkte in der Finsternis. Ohne Umstände schleppte Zelgadis Ghourry hinter sich in das kalte Wasser, tunkte ihre verschlungenen Hände in die undurchsichtige Brühe. "Iieekk.. willst du einen Keks?" Ghourry schauderte neben ihm und kramte schon wieder in seinem Schnappsack. "Nein!" Fauchte Zelgadis ungehalten, als sich ein dumpfes Grollen erhob. Allerdings war es keine Ankündigung eines weiteren Lina-typischen Wutanfalls oder ein ausgehungerter Wolf, sondern Zelgadis sträflich ignorierter Magen. "Aha." Kicherte Ghourry und stopfte Zelgadis unaufgefordert eine Brühwurst in den Mund. Gleichzeitig mühte er sich, ihre Hände voneinander zu lösen und sich danach von den Resten seines Kostüms zu befreien. Zelgadis rückte sofort von ihm ab, kehrte ihm schamhaft den Rücken zu und begann, seine versteinerte Haut abzureiben. "Sag mal, Zel, wie bekomme ich meinen Leckereiensack trocken hinüber?" Ghourry umklammerte beschützend den schon sehr viel schlankeren Stoffsack mit besorgtem Blick. Zelgadis, nur noch mit einem unverwüstlichen Lendenschurz bedeckt und peinlich berührt von dem schmunzelnden, prallen Vollmond, zuckte mit den Schultern. "Tut mir leid, aber meine magischen Fähigkeiten sind noch nicht wiederhergestellt. Wir werden beide schwimmen müssen." Ghourrys Stirn legte sich in Dackelfalten. Dann erleuchtete sich seine Miene glückselig. "He, ich weiß was!" Zelgadis wagte noch immer nicht sich umzudrehen, blickte lediglich über eine Schulter. "Ist nicht wahr." Grummelte er leise. "Wir essen sie alle hier! Wäre doch schade, sie wegzuwerfen!" Und, gesagt- getan, begann er, seine Beute gerecht zwischen ihnen aufzuteilen. ^w^ "Wrr dch wrrklchh nttt." Schnatterte Ghourry ausgekühlt, als sie sich heimlich über die Häuserdächer schwangen, um zu ihrem Gasthof zurückzukommen. Zelgadis, der sich immer in den Schatten hielt, warf einen besorgten Blick auf die bläulich schimmernde Hand des Freundes. Ghourry hielt sich wacker, keinerlei Ungeschicklichkeit verriet ihren Trip über die alten Dachschindeln, aber das Zittern am ganzen Leib war zu deutliches Anzeichen einer starken Unterkühlung. "Wie kannst du so was nett finden?" Versuchte er mit einem leisen Gespräch von Ghourrys Zustand abzulenken. "Süßigktn, Tttnzzz, Kmpff, Msskk, sssönnn!" Fasste Ghourry den Abend und die Nacht zusammen. Zelgadis drückte das Fenster ein, das zu seinem Zimmer führte, half dann dem schlotternden Ghourry hinein. "Und nun rasch in dein Zimmer!" Wies er Ghourry an und schob diesen auf den Flur hinaus. Dieser hallte wider von einem beleidigten Schnarchen, das stark nach dem Ende eines gestopften Kürbisses klang, der in einem ausbaufähigen Magierinnenbauch gelandet war. Unschöner Nebeneffekt war eine Horde sich jagender und vollfressender Kobolde, die schon den gesamten Flur eingesponnen hatten. Kein Durchkommen also. Zelgadis unterdrückte einen leisen Seufzer und kam einen Hundeblick aus blitzblauen Ghourry-Augen zuvor. "Komm schon rein." Ghourry strahlte mit zuckenden Gesichtszügen, huschte wieder an Zelgadis vorbei und schlüpfte ungeniert unter die klammen Laken. "Dann... leg ich mich mal auf den Boden." Murmelte Zelgadis. "Kaa~~aaalt!" Quengelte Ghourry und rollte sich zusammen. Zelgadis musterte die wirren, blonden Strähnen, die sich auf dem Strohsack ausbreiteten, das zerknüllte Laken und die schnatternden Zähne. Schicksalsergeben rutschte er neben das zitternde Bündel und versuchte, seine wenigen magischen Kräfte dazu zu nutzen, sich wie ein Stück Kohle aufzuheizen. Doch noch bevor er einen bemerkbaren Temperatursprung verzeichnen konnte, schmiegte sich Ghourry eng an ihn und lachte leise. Zelgadis schloss verlegen die Augen und genoss die warme Wolke aus Süßigkeitenaroma, die Ghourry anhaftete. Dieser schnurrte behaglich und kuschelte sich ohne Verlegenheit an Zelgadis an. "Weißt du..." Raunte er leise in Zelgadis' staubgraue Mähne. "...was bei einem Fest am Schönsten ist?" Zelgadis heizte noch ein paar Grade stärker auf, was nichts Magisches an sich hatte, sondern an einem stark klopfenden Herzen lag. "Mit einem Freund zusammen zu feiern." Wisperte Ghourry zart und schlief dann sofort leise schnorksend ein. ^w^ ENDE ^w^ (Fortsetzung in "Die alte Windmühle") Happy Halloween, may the Great Pumpkin be with you! kimera, huibuh >^w^< PRODUKTIONSNOTIZEN Pünktlich zu Halloween habe ich Ghourry und Zel auf ein Fest geschickt, um die Leser in Stimmung zu bringen, und zwar die Fest-Verabscheuer wie auch die Fans ^_~ Es ist immer wieder eine Herausforderung, den grummeligen Zel mit einem euphorischen Ghourry zu kombinieren und den Kimera rätseln zu lassen, was wohl wirklich hinter der blonden Mähne vorgeht ^_^