Titel: Tanpo (Pfand) Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original FSK: ab 16 Kategorie: Romantik Erstellt: 08.08.2004 Disclaimer: alles meins. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig. ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ ~#~ Tanpo (Pfand) Sie saßen auf umgedrehten Obstkisten, beäugten einander kritisch, gleichzeitig bemüht, ein preiswürdiges Pokerface aufrechtzuerhalten. Und "preiswürdig" traf den Kern absolut, denn neben dem Stapel Karten lagerten die Besitztümer, die als Einsatz gebracht worden waren. Mit der Ernsthaftigkeit zu allem entschlossener Zwölfjähriger hielten die letzten drei ihr hochgetriebenes Spiel im Gang. Schweiß stand auf sonnengebräunter Stirn, ließ die schwarzen Haare, allesamt kurzgeschoren, glitzern. Die Finger umklammerten die Karten. Zwischen zusammengepressten Lippen klemmte eine ungeschickt gerollte Zigarette, glimmte vor sich hin. Das Publikum wartete in gebannter Stille, lediglich der alte Mann, den sie nur "Oji-san" riefen, döste unter einer aufgeschlagenen Zeitung im Schatten. Er genoss die Ruhe, die er sich verdient hatte, nachdem er die ungebärdigen Bengel, die nach der Schule die Straßen durchstreiften, das Pokerspiel gelehrt hatte. Nun hockten sie im Kreisrund um die vier aufgestellten Obstkisten, erwarteten die letzten Augenblicke einer spannungsgeladenen Partie. Würde Akira mit den listigen Augen gewinnen? Oder Kato, dessen Ohren wie Flügel abstanden? Aber es konnte auch der wilde Ran das Rennen machen, dessen Entourage die meisten Zuschauer aufbot. Wie es dem einzigen Sohn eines Yakuza anstand. Natürlich nahm niemand der Anwesenden diesen Begriff in den Mund. In die atemlose Stille voller Erwartungen platzierte Ran mit ausdruckslosem Gesicht seinen letzten Einsatz: eine handsignierte Baseballkarte der ersten Liga. "Und ich will sehen", setzte er süffisant hinzu, brach mit der kühlen Pose eines Yakuza aus dem Kintopp. Sein Blick fiel auf Kato, der seine Karten offenlegte. "Drillinge und Zwillinge", wie es die Jungen nannten. Nun legte auch Akira ab, zwei Asse, zwei Damen. Alle Augen richteten sich nun auf Ran, der seine Zigarette in pompöser Geste wegschnickte, sie mit der Sandale austrat. Langsam Karte für Karte präsentierte. Royal Flush. Unschlagbar. Ein entsetztes Keuchen störte die kontemplative Stille. Ran hatte den Jackpot gewonnen. Nun bleckte er triumphierend die Zähne, perlweiß im Kontrast zur sonnengebräunten Haut. "Also", blätterte er durch seinen neuen Besitz, sortierte die handgeschriebenen Schuldscheine aus, "Akira, ich möchte die Karten bis heute Abend haben." Der Angesprochene erhob sich bereitwillig. "Kein Problem, Ran." "Nicht so schnell." Ran lächelte ungetrübt. "Dein Einsatz in Schuldscheinen", er wedelte mit den Papierstücken, "ist sehr hoch. Ich will eine Sicherheit", bestimmte er kategorisch, erhob sich geschmeidig. Ran war nicht sonderlich groß gewachsen, ja, einige der Jungen in seinem Gefolge überragten ihn sogar. Doch er machte dies mit einer sehr kompakten, athletischen Figur wett, die seine Jugend Lügen strafte. Wie ein Turner formten sich seine Muskeln unter dem lässig übergeworfenen Hemd, aus den Bermudas ragten wohlgestaltete Waden ohne die verbreitete Fehlstellung der Beine. Mit einer lässigen Bewegung zückte er den Taschenrechner, der stets in Reichweite aufbewahrt wurde, tippte flink Zahlen ein, die den Wert seiner Gewinne und Akiras Schuld summierten. "Ja", dehnte er die Silbe, funkelte aus hellbraunen Augen scharf, "gib mir ein Pfand." Seine Begleiter, im Wesentlichen die Söhne anderer Yakuza von ähnlich niedrigem Rang, blockierten unverblümt jeden Fluchtweg, schmeichelten sich mit ihrer Bedeutung für ihren ungekrönten Anführer. Akira, ein schlaksiger Junge, erwiderte Rans Zähne starrendes Lächeln in entsprechender Feindseligkeit. "Kein Problem", wiederholte er seine vorhergehende Zusicherung, wandte sich dann betont selbstsicher ab. Adressierte einen zusammengekauerten Jungen, der sich in den Schatten neben den alten Mann geflüchtet hatte. "He, Natsu-chan", demütigte er den Jungen, der seine Beine noch enger an den Leib zog. "Bleib bei Ran!" Die Order hätte ebenso einem Hund gelten können, bar jeglichem Raum für einen eigenen Willen oder abweichende Vorstellungen. "Was soll ich mit ihm?" Ran zog eine fein getuschte Augenbraue hoch. "Der ist zu mager zum Fressen." Akira grinste frech. "Das ist mein kleiner Bruder. Er ist das Pfand." Ran studierte Akiras unbekümmerte Haltung. Dann kehrte er sich um, durchquerte die winzige Distanz bis zu dem schattigen Platz, ging vor dem kleinen Jungen in die Knie, inspizierte das angebotene Pfand. Streckte die Hand aus, um die seidig schwarzen Haare, in einen banalen Seitenscheitel gezwungen, zwischen seine Finger zu zwirbeln. "Steh auf", gebot er ruhig, die Hand flach auf dem Schädel des jüngeren Jungen. Der wie eine aufgezogene Puppe der Aufforderung folgte. Ohne Gegenwehr ein beschämendes Schauspiel über sich ergehen ließ. In dem Ran zur Gaudi seiner Zuschauer die unvollständigen Zahnreihen begutachtete, die dünnen Glieder betastete, sogar das T-Shirt lüftete, um die Rippen nachzuzählen. "Nun ja", mit einem leidgeprüften Seufzer trat Ran zurück, "für dieses Mal akzeptiere ich den Winzling als Pfand. Aber sieh zu, dass du meine Karten beibringst, ich habe es eilig." "Sicher doch!" Akira lachte, wandte sich ab und verschwand rasch im Labyrinth der kleinen Gassen, die einen Teil des Hafens ausmachten. Die großen Augen des kleinen Jungen folgten seinem abschiedslosen Aufbruch stumm. Ran indes legte seine Hand auf den Kopf des Jungen, winkte seinen Vasallen, die die Karten einsammelten, die Obstkisten verstauten. "Gehen wir", bestimmte er, nickte dem alten Mann zu, "man sieht sich, Oji-san!" ~#~ Die Schatten wurden länger, während die Jungs in einem Hinterhof von der anhaltenden Sommerhitze ermattet träge einen Tennisball herumrollten, dösten oder darauf warteten, dass ihre Mütter sie energisch zum Abendessen riefen. Ran verabschiedete seine Gefolgsleute mit einem Handschlag. Ehrensache, dass sie am nächsten Morgen seine Abfahrt in das Ferienlager verfolgen würden! Schließlich blieb nur noch der "harte Kern" von Rans Mannschaft übrig. Jungs, deren Mütter keinen Wert auf gemeinsame Mahlzeiten legten oder nicht mehr bei den Vätern lebten. "Kommt, Leute." Ran blies zum Aufbruch, führte seine müde trottende Schar zu einem kleinen Park. In dessen unmittelbarer Nähe eine Kolonne von Automaten dem modernen Menschen für alle Belange ihren entgeltlichen Dienst anbot. Geübt entlockte Ran dem Warensortiment gekühlte Dosen mit Softdrinks, dazu Snacks. Einer der Gründe, die seinen großen Erfolg bei der treuen Anhängerschaft ausmachte, bestand darin, dass Ran sich um sie kümmerte, sie versorgte. Wenn sich die Gelegenheit bot, trieben sie sich in den Markthallen herum, hofften auf Gemüse, Fisch und Obst, das ausgesondert wurde. Doch heute stand diese Option nicht zu Gebote. Sie aßen schweigend, in der niedergedrückten Stimme loyaler Gefolgsleute, die um die Bedeutung regelmäßiger Mahlzeiten und geregelter Tagesabläufe wussten. Mit Rans Abreise in das Sommerlager würde sich ihre Situation zweifelsohne verschlechtern. Ran warf einen Seitenblick auf sein Pfand, die Sicherheit für sehr wertvolle Karten. "Komm her", winkte er den Jungen, den er auf ungefähr acht Jahre schätzte, herbei. Reichte ihm eine Dose und ein verpacktes Lunchpaket. Er tätschelte geistesabwesend den seidig schimmernden Schopf des Jüngeren, während er die Situation kontemplierte. Es war schon spät, selbst für sommerliche Verhältnisse in den Ferien, die die Tage verlängerten und von einem Aufenthalt im Haus abhielten. Trotzdem beschlich ihn die Gewissheit, sozusagen eine Bestätigung seiner Ahnung, dass Akira versuchte, ihn zu betrügen. Eine Hand auf die Schulter des Jungen gelegt begleitete er seine Freunde nach Hause, um sich dann seinem Pfand zuzuwenden. Die schwarzen Augen fixierend konzentrierte er sich voll und ganz auf ihn. "Hör mir gut zu, Tanpo, ich will, dass du mich zu deinem Haus führst. Dein Bruder schuldet mir zwei wertvolle Baseballkarten oder ihren Gegenwert, und langsam werde ich wirklich ärgerlich." Mit einem knappen Lächeln klopfte er auf die Tasche, die seinen Rechner barg. "Und das bedeutet, dass ich Zinsen einfordern werde." Ohne Vorankündigung befestigte er eine geknotete Schlinge um den dünnen Hals des Jüngeren, wickelte das Ende um seine Linke. "Ich möchte nicht, dass wir uns unvermutet trennen, Tanpo. Ich rate dir, keine unüberlegten Schritte zu unternehmen." Ran lächelte, von sich selbst eingenommen, weil er sich wie eines seiner großen Vorbilder fühlte: dunkle Herrscher und Anführer der Halbwelt. Andererseits ließen diese sich wohl nicht so einfach hinter das Licht führen... und der feingliedrige Junge an seiner Seite stolperte vor Müdigkeit über die eigenen Füße. An einem Automaten zog Ran eine Rolle mit Kaugummis, schob einen in die widerstrebend geöffnete Hand des Kleineren. Der mechanisch auf der bunten Kugel herumkaute, bevor er Rans Beispiel folgte und große Blasen aufblähte. Sie wanderten stumm durch die Straßen, misstrauisch beäugt von den wenigen Passanten, immer wachsam, nicht einem Streife fahrenden Polizisten zu begegnen. "Ist es hier, Tanpo?", erkundigte sich Ran, als sein kleiner Führer endlich stehen blieb. Ein Appartementhaus. Vollständig in Dunkelheit gehüllt. Das konnte nicht sein. "Bist du sicher?" Ran fasste die Hand des Jungen, studierte die schwarzen Augen eindringlich. Ein knappes Nicken antwortete ihm. Ran richtete sich auf, rieb sich mit der Rechten nachdenklich und in wachsender Verärgerung das Kinn. Akira hatte wohl nicht im Traum daran gedacht, seinen Bruder auszulösen. Und den Eltern war bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen, dass einer ihrer Söhne fehlte?! Mit energischem Schritt, von Empörung angefeuert, hielt Ran auf das Tableau mit den Briefkästen, Klingeln und Namen zu. Ohne viel Federlesens drehte er das Etikett im T-Shirt des Jüngeren herum, entzifferte den Familiennamen und suchte die Übereinstimmung, die Rechte einsatzbereit zur Alarmierung schwebend. Und klingelte. Zumindest drückte er nachhaltig die polierte Plastikkappe in das Tableau hinein. Ohne eine erkennbare Reaktion. Mit einem kritischen Blick betrachtete er die schmächtige Gestalt neben sich, ging dann vor Tanpo auf die Knie, um die Hosen abzuklopfen. "Sieh an", bemerkte er ruhig, fädelte ein langes, geflochtenes Band mit einem Schlüssel heraus. "Zeig mir den Weg", bestimmte Ran, legte die Hand flach auf den Schopf des Jüngeren, ließ sich führen. Einen geräuschlosen Aufstieg mit dem Aufzug später zählte Ran die Türen ab, bis sein Pfand vor einer der gleichförmigen Wohnungseingänge anhielt. Dieses Mal hielt Ran sich nicht mit einer akustischen Ankündigung auf. Er führte den Schlüssel ein, entriegelte die Tür und trat leise ein, tastete nach dem Lichtschalter. Kartons und Umzugskisten stapelten sich bereits in dem kleinen Vorraum. Die Aufkleber trugen Adressen in Miyazaki. Abgesehen von den Hindernistürmen kasernierten Besitzes lauschte das Appartement auf jede fremde Regung. Ran fasste die Hand seines Pfands, inspizierte mit nackten Füßen jeden einzelnen Raum. "Man könnte den Eindruck gewinnen, dass dein Bruder mich reingelegt hat. Vermutlich übernachtet deine Familie bei Bekannten in der letzten Nacht vor dem Umzug, nicht wahr?" Der kleine Junge schwieg, starrte auf seine nackten Zehen. Ran tätschelte nachdenklich den seidigen Schopf, drehte sich prüfend. "Mich wundert Akiras Mangel an Respekt gegenüber seinen Mitmenschen und dem Ehrenwort eines Mannes. Außerdem finde ich es bedenklich, dass niemand nach dir sucht", bemerkte er betont erwachsen. Wie ein souveräner Anführer einer Gruppe "Nachbarschaftsvertreter". Beherrschung bewahren und die Übersicht behalten. Allerdings war es bereits spät, und auf ihn selbst wartete am nächsten Morgen eine lange Reise zu seinem Sommerlager. "Gehen wir", seine Hand fixierte sich auf dem Nacken des Jüngeren, "du übernachtest bei mir, Tanpo." ~#~ Ran begrüßte respektvoll die Männer, die in Unterhemden oder T-Shirts vor der Garage saßen, Karten spielten, rauchten, tranken, sich unterhielten. Da und dort schimmerte kolorierte Haut durch, vermittelte einen subtilen Eindruck der Gesellschaft, in der man sich befand. Nachbarschaftsvertreter. "Besuch?" Rans Vater, ein untersetzter, vierschrötiger Mann musterte den zierlichen Jungen, der stumm mit gesenktem Haupt vor ihm stand. Sein Sohn erklärte in knappen Worten, wie er in den Besitz dieses Pfands gekommen war. Zugleich aber auch die Problematik, mit dem Umzug seine Ansprüche unbefriedigt aufgeben zu müssen. "Da lässt sich doch was drehen", beschied der Anführer, die Männer hoben aufmerksam die Köpfe, nickten beifällig. Man konnte keineswegs akzeptieren, dass sich ein solch ungebührliches Verhalten herumsprach. "Setz Tanpo neben dich und halte seinen linken Arm hoch", ordnete Rans Vater an, winkte einen älteren Mann herbei, der auf Getas O-beinig herantrabte. "Großer Bruder?", erkundigte der sich servil. "Stich ihm das Pfandsiegel ein und den Namen meines Sohnes. In der Größe, unter die Achsel." Während der Tätowierer eine zylinderförmige Lupe vor seiner Brille montierte und Nadel und Farbe beschaffte, zwang der Yakuza das "Pfand" mit hartem Griff um den Kiefer, in seine Augen zu blicken. "Hör mir gut zu, Tanpo, damit du nichts verpasst! Was dein Bruder getan hat, ist schändlich, und diese Schande wird auf deinem Körper so lange ungetilgt bleiben, bis die Schulden beglichen sind. In der Zeit bis dahin bist du nicht mehr als ein Ding, eine Sache. Der Gegenwert plus Zinsen. Es wäre also ratsam, niemanden dieses Siegel sehen zu lassen, verstehst du mich?" Fahl-bleich, ob vor Schreck oder Müdigkeit, nickte der kleine Junge hastig. Ließ sich das T-Shirt ausziehen, den linken Arm von Ran über den Kopf halten. Mit einer starken Lampe angestrahlt presste der Tätowierer eine sonnenverbrannte Hand auf die helle, weiche Kinderhaut und stanzte mit Geschick die drei Schriftzeichen ein. Auf der Höhe eines Rippenbogens, gewöhnlich unter dem linken Arm verborgen. Kein Laut entrang sich beiden Jungen, die stumm der Prozedur zusahen, von den Aktivitäten erschöpft. Einen Wundverband später trottete Ran ermattet mit Tanpo die Treppe hinauf in sein kleines Zimmer. Rollte einen Futon aus, schlüpfte aus Hemd und Hosen, um im Slip unter einer leichte Decke zu gleiten. "Komm schon", zerrte er an einem dünnen Knöchel, "ich bin müde!" Ohne einen Kommentar entkleidete sich sein Besitz, kroch neben ihn auf die Matratze und schmiegte sich verhalten an den bereits Schlafenden an. ~#~ Einer der Männer weckte die beiden Jungen, dann übernahm Ran wie gewohnt die Führung. Absolvierte die morgendliche Routine von Waschen, Anziehen und Frühstück. Sein Pfand folgte stumm den Anweisungen. Anschließend hieß es Abschied nehmen. Der Transporter für das Ferienlager wartete auf seine Insassen. Ran legte die Rechte flach auf den Kopf des Jüngeren, konzentrierte sich auf die großen, schwarzen Augen. "Tanpo, vergiss nicht, dass ich Zinsen erhebe. Du stellst also einen Wert dar und musst darum sorgsam mit dir umgehen, verstanden?! Das ist ein Befehl." Der Jüngere erwiderte den ernsthaften Blick ohne Regung. Ein knappes Klopfen auf die Schulter später blieb er allein unter den Fremden zurück. ~#~ Rans Vater setzte den Jungen, der nun in den Besitz seines Sohns übergegangen war und ein entsprechendes Tattoo trug, in der Nähe der Adresse ab, die ihm genannt worden war. Er bezweifelte, dass Ran die Schulden würde einfordern können, hielt sich aber nicht sonderlich lange mit einer Bewertung der Situation auf. Das Leben ging weiter. ~#~ Vier Jahre später Die Glocke läutete melodisch das Ende des ersten Schultags nach den Ferien ein. Schülerscharen in den Uniformen der öffentlichen Institution strömten aus dem Portal, wandten sich der Buslinie zu, die einige Meter entfernt eine Station aufbot. Andere hielten auf die Fahrrad- und Motorradständer zu. Eine duftige Wolke angeregter Gesprächsfetzen begleitete sie wie ein emsiges Hintergrundgeräusch. Die älteren Semester, die etwas auf sich hielten und über die erforderlichen Mittel verfügten, lösten die Bügel- und Kettenschlösser, öffneten Uniformjacken und Hemden, verwirrten die sorgsam gekämmten Mähnen. Eine Gruppe sorgte für absichtsvolle Distanz, in ihrem Gebaren bedrohlich und betont lässig. Der unbestrittene Leitwolf trug helle Strähnen in seinem sonnengebleichten, braunen Haar, die Uniformjacke offen, das Hemd aufgeknöpft und mit wehendem Saum. Seine Entourage, etwa ein Dutzend nahezu gleichaltriger, junger Männer, -mit sechzehn Jahren konnte man wohl kaum von 'Jungs' sprechen-, erwarteten sich Anweisungen zur Gestaltung des Abends. 'Yakuza' hing wie ein Menetekel in der Luft, unaussprechlich, doch für alle deutlich dechiffrierbar. Der Anführer studierte konzentriert die sich zerstreuende Schülerschar. Dann fixierte er den scharfen Blick auf eine zierliche Gestalt. Leicht gebückt, die Schultern schützend nach vorn gezogen, die Uniformjacke hochgeknöpft, als biete sie Schild und Wehr gegen die Unbillen des Alltags. Dieser Unbekannte weckte sein Interesse, irritierend bekannt und doch... Ein signalisierendes Kopfnicken, und drei seiner Anhänger lösten sich aus der geschlossenen Gruppe, umstellten mit eiligen Schritten den etwa zwölfjährigen Jungen. Drängten ihn aus der sich rasch teilenden Herde von Schülern ab. In unverändert gebückter Haltung wurde das Objekt des Interesses eskortiert. Der Anführer der örtlichen Nachbarschaftsvertreter beugte sich über den Lenker seines Motorrades, einer sportlichen Ausführung. Inspizierte in sezierender Genauigkeit seinen Gegenüber. Winkte einen Vasallen heran. "Die Jacke und das Hemd herunter, bitte", kommandierte er mit hypnotisierend ruhiger Stimme, den Blick nicht von dem zartgliedrigen Jungen wendend. Seiner Anweisung wurde ohne Rückfragen Folge geleistet, die Uniformjacke sorgsam auf die Schultasche des Jüngeren drapiert, bevor das Hemd abgestreift wurde. Das doppelrippige Unterhemd verbarg einen knochigen Oberleib mit schlechter Haltung, bleiche Haut ohne Anflüge von kindlicher Polsterung. Ein zielgerichteter Griff um das schmale Handgelenk, das Anheben des linken Arms bei gleichzeitigem Hochschieben des Stoffs. "Tanpo", stellte der junge Mann bestätigend fest. In der Frühlingssonne des neuen Semesters prangten drei Schriftzeichen in schwarzer Tinte auf dem fahlen Teint. ~#~ Gewöhnlich sammelten sie sich zwischen alten Containern im Hafen, frisierten die jeweiligen Fortbewegungsmittel. Drehten die Musik auf, rauchten, tranken, prahlten. Und erledigten, sobald Ran dies anordnete, ihre Hausaufgaben. Heute aber konnte mit dem Auffinden des legendären Pfands keineswegs die Routine greifen. Vielmehr gruppierten sich alle Mitglieder der Nachbarschaftsvertreter um Ran. Und den Jungen, der von seinem Bruder verpfändet worden war, auf dem Boden kniete, den Kopf gesenkt, ohne eine Regung das allgemeine Interesse ertrug. Ran unterdessen, charismatischer und souveräner Anführer des "Freundeskreises" addierte und verrechnete mit unbewegter Miene Zahlen. Ausgangswert, Verzinsung, Abzug von Preissteigerung für Unterhaltskosten, Einbeziehung der teilweisen Wertsteigerung... der Taschenrechner präsentierte eine nicht unbeträchtliche Summe. "Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, Tanpo", adressierte Ran den vor ihm Knienden, "dass mein Schuldner, dein Bruder, weder zurückgekehrt ist, noch sein Pfand auslösen will?" Tanpo blieb stumm, doch niemand erwartete angesichts des ruhigen Tons eine andere Reaktion. "Nun, dann müssen wir wohl überlegen, wie ich meine Ansprüche einfordere, nicht wahr?", bemerkte der Ältere rhetorisch, initiierte bei seiner Entourage emsiges Sinnieren. Obgleich Ran sich nicht offiziell in der Hierarchie der Nachbarschaftsvertreter bewegte oder gar ansprechen ließ, so behandelten ihn seine Gefolgsleute mit aufrichtigem Respekt. Unter anderem auch deshalb, weil Ran ein ausgezeichneter Aikido-Sportler war, seine athletische Gestalt Eindruck machte. Ganz zu schweigen von seinem herausragenden Gespür für wirtschaftliche Zusammenhänge und Investitionsmöglichkeiten. "Er müsste die Schulden abarbeiten", volontierte ein Umsitzender mit Beifall heischendem Blick in die Runde. "Denn vom Taschengeld...also, da wäre er ja Jahre..." Mit einer Handbewegung wurde der trügerische Grund mathematischer Untiefen überwunden. "In der Tat", bemerkte Ran nachdenklich, studierte die kauernde Gestalt eingehend. "Aber eine legale Anstellung für einen Zwölfjährigen?" Das Plenum wagte sich aus der Deckung. "Das geht doch nicht!" "Und sieh mal hier!" Ein dienstbeflissener Vertrauter sondierte den Inhalt der Schultasche mit kritischem Blick. "Ein Inhaliergerät. Ein Asthmatiker taugt nicht viel." Somit schloss sich schwere, körperliche Arbeit aus: kein Lieferdienst, kein Einräumen von Regalen, kein Verladen oder Sortieren von Waren im Hafen. Ein ohnehin nicht besonders reichhaltiges Angebot an Aushilfstätigkeiten reduzierte sich um ein Vielfaches. Ran lehnte sich zurück, überließ dem brodelnden Hexenkessel seiner freiwilligen "Mit-Unternehmer" die Regie. "Wenn es ein Rennpferd wäre, könnte man es zum Abdecker bringen", steuerte ein Jugendlicher bei. "Der füllt doch keine drei Konservendosen", bemerkte ein anderer abschätzig, zupfte an dem losen Hemd des Objekts ihrer Studien. "Oder als Deckhengst", warf ein Nachzügler ein, erntete tadelnde Ausrufe des Missfallens. Allein Ran saß aufrecht, sehr aufmerksam. Sofort wurde es still, betrachtete man ihn mit angespannter Neugierde. "Vielleicht ist es gar kein so abwegiger Gedanke...", stellte Ran fest. Streckte die Rechte aus, um Tanpo unter das Kinn zu fassen, das blasse, zarte Gesicht unter den ungekürzten, seidig schwarzen Haaren aus unterschiedlichen Winkeln zu betrachten. ~#~ Den Entschluss gefasst hieß es nun, Investitionen zu tätigen, um das "Produkt" ansprechend zu präsentieren und am Markt zu platzieren. Begleitet von seiner Schar Anhänger legte Ran einen kurzen Fußmarsch zurück, dirigierte seinen Besitz in einen kleinen Laden. Während er Tanpo auf einen der altmodischen Frisierstühle schob, verhandelte er bereits mit der Inhaberin über die Konditionen für einen modischen Haarschnitt, eine Hautbehandlung sowie eine Maniküre. Eine Stunde später wirkte das Pfand erstaunlich verändert, von einer noch androgynen, klassischen Schönheit. So weit, so gut, wie Ran konstatierte. Der weitere Weg an diesem Abend führte durch die Hintergassen der Lagerhäuser, die reduzierte Bekleidung verkauften. Eine Varianz von Ausstattungen füllte bauchige Taschen und Tüten, von Gala bis sportlich eine neue Garderobe. "Was genau hast du vor, Ran?", erkundigte sich schließlich ein wagemutiger Begleiter verunsichert. Ran, eine Hand auf der Schulter des zierlichen Tanpo, lächelte nachsichtig. "Ich mache einen Star aus ihm, was denn sonst?" ~#~ Wenn Kleider und Stil Leute machten, so ließ sich der Start des Unternehmens Tanpo durchaus gut an. Ran organisierte Ruhezeiten in Solarien, um der ungesunden Blässe den Garaus zu machen. Beschaffte ein Fahrrad, mit dem sein Pfand den Schulweg zu absolvieren hatte, was Kondition und Haltung verbesserte. Er besorgte Unterlagen und Aufzeichnungen zum Thema "Auftreten, Gestik und Mimik, Rhetorik, Ausstrahlung und Umgangsformen". Selbstverständlich wurde die Schule mitsamt ihrem Bildungsanspruch nicht ausgeklammert, sondern durch einen sorgsam geplanten Tagesablauf integriert. Es galt allerdings ein wesentliches Hemmnis zu beseitigen: die Kommunikationsunlust seines Investitionsobjekts. Ungemein rasch zeichnete sich ab, dass Asthmatiker nicht unbedingt eine erfolgreiche Gesangskarriere in kurzer Frist realisieren konnten. Sodass Ran seine Ambitionen darauf kaprizierte, einen Schauspieler aus dem "Material" zu formen, das sein Pfand darstellte. Konnte man Haltung, Gang, Gestik und Mimik noch in anstrengenden Übungseinheiten ändern, so stieß er bezüglich Charme und Ausstrahlung an seine Grenzen. "Das ist nichts als eine Anziehpuppe", kapitulierte einer seiner Mitstreiter zornig angesichts der leblosen Performance seines Schülers. Ran hielt es für angebracht, eine Pause einzuläuten, den Beteiligten Dosenbier zu spendieren und Tanpo zu einer ernsthaften Unterredung einzubestellen. Wie gewohnt heftete sich der Blick des Jüngeren ins Leere, nun nicht mehr dem Boden zugewandt, sondern der Wand in Schulterhöhe hinter Ran. "Tanpo", die Hände vor der Brust zeltartig gefaltet bemühte sich der Anführer der Nachbarschaftsvertreter um einen konzilianten Tonfall. "Ich möchte, dass du verstehst, wie bedeutend die Ausstrahlung eines Menschen ist. Sie ist von vitalem Interesse für einen Star. Und das", er lehnte sich zurück, "ist deine Gelegenheit zur Begleichung der Außenstände deines Bruders. Ich wäre dir also verbunden, wenn du ein wenig mehr emotionale Beteiligung zeigen würdest. Es ist keineswegs eine Schande für einen Mann, seine Gefühle bei passender Gelegenheit zu offenbaren." Das Pfand senkte den Kopf in Akzeptanz des Tadels, aber keineswegs, wie Ran befand, in entsprechender Bereitschaft, die Kritikpunkte aus der Welt zu schaffen. "Nun denn", wechselte er in den gewohnt geschäftsmäßigen Tonfall über, "hier ist dein Stundenplan für die kommende Woche. Wir werden mit Aufnahmen für einen ortsansässigen Bekleidungsvertrieb beginnen, dann einige Fotostrecken im Hafen als Modell für eine Teenager-Postille. Das könnte bereits ein vielversprechender erster Schritt für deine Karriere werden." Die ausbleibende Reaktion irritierte Ran nicht weiter. Er erhob sich, entnahm dem ausgedienten Eisschrank zwei Dosen Sodawasser und reichte eine, fürsorglich geöffnet, seiner "Investition". "Mach dich bitte noch ein wenig frisch, dann werden wir heute einen Tanzkurs absolvieren." ~#~ Ran brütete über Zahlenkolonnen, deren krönende Spitze auf dem Mount Papier sein altgedienter Taschenrechner fand, der eine nicht unbeträchtliche Summe auswies. Den Wert von Tanpo, der neben ihm saß, wie gewohnt den Kopf gesenkt hielt, schwieg. »Irgendein wesentliches Hindernis ist mir entgangen«, mutmaßte der Anführer der schrumpfenden Gruppe der Nachbarschaftsvertreter in der Stille seiner Kontemplation. Tanzunterricht, Rhetorik, Stimmbildung, Sprachschulung, nicht zu vergessen Einweisungen in Stil und Auftreten, regelmäßige Schönheitspflege. Für einen bald dreizehnjährigen, schlanken Jungen mit seidig schwarzem, stufig geschnittenem Haar und großen nachtschwarzen Augen hatte er doch jede erdenkliche Vorkehrung getroffen? Alles, was man ihm jedoch anbot, belief sich auf ein einziges Thema: Sex. Laszive Posen, eindeutige Gesten bei Aufnahmen, den dringenden Rat "wohlmeinender" älterer "Interessenvertreter", sein "Pferdchen" auf die altmodische Art und Weise auf den Markt zu bringen. In seinem Milchkaffee rührend streichelte Ran geistesabwesend über den glänzenden Schopf, der nach einem exotischen Shampoo duftete. Nach seiner persönlichen Auffassung sollte kein dreizehnjähriges Kind über Sexappeal verfügen. Und der Gedanke, Tanpo auf diesen Erwerbszweig anzusetzen, missfiel ihm deutlich. Andererseits,-und dies war ein gewichtiges Andererseits-, konnte es nicht so weitergehen. Er hatte einige Mittel investiert, die üblicherweise anderen Geschäftsinteressen zugeflossen wären und nun stand er unter der verstärkten Beobachtung seiner Kameraden, die Erfolge erwarteten. Erfolge, die er stets zu erbringen pflegte. Ausgenommen Tanpo. "Wie sieht es mit der Schule aus?", erkundigte sich Ran gelassen, ließ sich Hefte und Testergebnisse aushändigen, widmete sich ausführlich den Resultaten. Aus Tanpo ein Idol zu machen scheiterte am Asthma, einen intellektuellen Überflieger konnte er ebenfalls nicht geben... was blieb nun? "Steh bitte auf", forderte er den Jüngeren auf, "dann entkleide dich bitte langsam." Sein "Investitionsgut" leistete widerspruchslos Folge, streifte den leichten Blouson, das Poloshirt, die Hosen ab, entschlüpfte graziös den Strümpfen, hakte die Daumen in den Slip. Ran gebot Einhalt. Tanpo war noch immer schlank, zart gebaut, mit dezent getönter Haut dank der Solariumbesuche, sehnig aufgrund der Fahrradtouren, aber sexy? Der Jüngere posierte mechanisch, in der Trance der Aufnahmen, die man von ihm in wesentlich bekleideterer Form gefertigt hatte. Der Ältere sinnierte stumm. »Zugegeben, er ist nicht mehr das dürre Kerlchen von damals, aber...«, zögerte Ran. Aus einem gewissen Betrachtungswinkel konnte er widerwillig erkennen, worauf die "Empfehlungen" gründeten. Ein zerbrechlich-ätherisch schöner Jüngling mit klassisch symmetrischem Gesicht, großen Augen, seidigen, schulterlangen Haaren, ohne übertriebene Körperbehaarung der Pubertät... »Sollen wir denn wirklich ein Klientel bedienen, das solcherlei Vorlieben hegt?!« Jedoch konnten monetäre Aspekte nicht romantischer Verklärung nachgeordnet werden. Immerhin befleißigte sich Ran eines Rufs als Entrepreneur mit Erfolgsgarantie. »Nun gut«, bestimmte er mit Wehmut, »Zeit für weitere Lektionen.« ~#~ Analytisch wie stets näherte er sich dem Kern seines neuen Projekts, skizzierte den Kreis der Kunden, ihre Vorlieben und Interessen vor einer aufmerksam schweigenden Anhängerschar. Ran besaß die Gabe, über jedes Thema mit großem Ernst und Respekt referieren zu können, -und man hörte ihm zu. Sodann wurden Task-Forces gebildet, die der Informations- und Materialbeschaffung dienen sollten. Ein Zeitplan aufgestellt, der Etat beziffert und die ersten Aktionen umgesetzt. Nach Rans Vorstellung führte die Kenntnis um Bedürfnisse und ihre Befriedigung unmittelbar zum Erfolg. Drei Tage später begann er sein "Seminar", nicht nur für Tanpo, sondern allen Interessierten seiner Anhänger offenstehend. Das Klientel ihrer neuen Geschäftsorientierung bestand nach entsprechenden Recherchen und Empfehlungen hauptsächlich aus Männern. Die homoerotisch interessiert waren, jüngere Partner bevorzugten und aus plausiblen Gründen diesen Neigungen nicht öffentlich nachgingen. Auswertungsmaterial wurde diversen Videotheken und Geschäften entliehen, von Porno-Manga aus der Homosexuellenszene über Lolicon zu einschlägigen Videofilmen. Sein Vortrag nahm einen Exkurs auf Fetische, Vorlieben bei Bekleidung und Erscheinen der Lustobjekte, um eine Vorführung gebräuchlicher Stimulanzien und Hilfsmittel anzuschließen. Als Gastrednerin hatte er eine Dame des horizontalen Gewerbes gegen eine Anerkennungsgebühr geladen. Die erfrischend unkompliziert den Umgang mit allerlei Phallusersätzen, Liebeskugeln und anderen Hilfsmitteln demonstrierte. Versiert über Schutzmöglichkeiten gegen Geschlechts- und andere Krankheiten referierte und aus praktischer Anwendung Empfehlungen für Kondome, Gleitcremes und andere Artikel gab. Vor allem Anekdoten und Ausflüge in den Bereich "bitte nicht nacheifern" würzten den erheiternden und lehrreichen Ausflug. Dann wurde eine Filmsession begonnen, selbstverständlich zu Informationszwecken. Ran beobachtete, notierte, rezensierte, wenn er nicht seine engagierte Kollegenschar um solche Kandidaten reduzierte, die der Filmvorführung zu viel persönliches Interesse beimaßen. "Gewichst wird draußen" wurde zur beständigen Anweisung. Sein Pfand verfolgte die Unterrichtsinhalte mit stoischer Reglosigkeit. Drei Tage später, nach eingehender Überlegung, hatte Ran ein Trainingskonzept erstellt. Erotische Bilder, Videos, Kostüme, -er wollte einen Kult initiieren, Tanpo als neues Lustobjekt in der Szene manifestieren. Folglich choreographierte er Bewegungsabläufe, besorgte Be- und Entkleidungsstücke, buchte ein Studio und organisierte die Propaganda. Bondage, S&M-Praktiken, Anleihen aus Phantasien der Gothik-Szene: in kürzester Zeit stampfte er Fan-Devotionalien aus dem Boden. Serien um Serien von Bildern entstanden, kurze Videoclips, Auktionen für bestimmte Artikel aus den Filmen. Wie es schien, machte sich die Änderung seines Geschäftsinteresses bezahlt. Schon summierten sich die illegalen Einnahmen und deckten die Investitionssumme ab. Natürlich noch kein wirtschaftlicher Erfolg, aber Ran befand, dass es in der kurzen Zeitspanne, in der Tanpo noch ein "Jüngling" war, ausreichend Hoffnung gab, die verzinste Pfandsumme zu erlangen. Dennoch ließ er die persönliche Betreuung nicht schleifen, begleitete seinen Besitz zu jeder Veranstaltung. Stellte Begleiter ab, die den Jüngeren schützen sollten, überwachte den Einsatz von Sexspielzeug, damit kein körperlicher Schaden entstand. Tanpo fügte sich schweigend in seine Bestimmung, wurde umhegt und mit höflichem Respekt über das Fortschreiten seiner "Karriere" informiert. Allerdings währte die Idylle des Unternehmens nicht lange unbeobachtet. Der Erfolg, der sich einstellte, beraubte andere "Interessenvertreter" auf dem Gebiet eines Teils ihres Einkommens, was selbstverständlich nicht unkommentiert bleiben konnte. Andere beabsichtigten, sich in das Geschäft einzukaufen, eine wohlgehegte Tradition bei den Nachbarschaftsvertretern. Ran wehrte Übernahmeversuche ab, organisierte seine Anhänger, um Auseinandersetzungen zu vermeiden und wurde bei seinem Vater einbestellt, der seinerseits eine "Empfehlung" bekommen hatte. Tanpo war eine potentielle Goldgrube. Die man aufgrund seiner Unberührtheit für eine immense Geldmenge versteigern und als Call-Boy noch vermehren konnte. ~#~ Der Plastikbecher mit den Mikrowellennudeln dampfte vor Ran auf dem Zement der Hafenmole, doch er unternahm keinerlei Anstalten, sein Abendessen zu verzehren. In der Nähe drehten seine Anhänger ihre Runden auf geländegängigen Motorrädern, schwatzten, lauschten japanischem Rap oder Reggae, sonnten sich in der Frühlingssonne. Sein Besitz saß mit untergeschlagenen Beinen neben ihm, noch immer zierlich, gerade dreizehn Jahre alt, stumm. Rans Hand lag wie üblich auf dem seidig schwarzen Schopf, so ungleich seinem eigenen mit den dunkelbraunen, modisch blond gesträhnten Haaren. Es galt, ein ernstes Thema zur Sprache zu bringen, und er hatte keine Ahnung, wie er beginnen sollte. "Man hat", äußerte er sich schließlich bedächtig, "mir nahegelegt, deine Karriere auf eine andere Spur auszurichten. Mit einigem Nachdruck, um deutlich zu sein." Natürlich erntete er keine Reaktion. Der Blick des Jüngeren richtete sich unverwandt auf Wellen, Schiffe, Bojen und Begrenzungspfosten. "Es wird erwartet, dass ein Lustobjekt mit einer gewissen Marktposition", Ran rührte mit den Essstäbchen in den Nudeln, eine Geste der vorgeblichen Konzentration auf das Thema, "auch physisch Dienstleistungen anbietet. Hochpreisig und exklusiv, versteht sich." Die Stille zwischen den beiden unterschiedlichen Gestalten dehnte sich aus. "Begreifst du, was ich dir sagen will?", hielt Ran endlich eine Klarstellung für angebracht, studierte das Profil seines Pfands eindringlich. Der Jüngere nickte knapp, erwiderte den Blick nicht. "Also gut", der Anführer der Nachbarschaftsvertreter erhob sich mit athletischer Grazie, "dann verlange ich eine Probe. Komm." ~#~ Der hintere Bereich des Containerhafens war aufgrund seiner Größe und Ausdehnung regelmäßig schlecht frequentiert und bot durchaus eine industrialisierte Kulisse für eine "Kostprobe" der erwarteten Fähigkeiten. Ran lehnte sich an einen Container, verbat sich, die Arme abwehrend vor der Brust zu verschränken und kommandierte mit einem aufmunternden Ruf. Der Jüngere verharrte reglos, straffte dann die schlanke Gestalt, öffnete mit beherrschten Fingern Rans Hose, streifte diese mit aufmerksamer Geste auf dessen Knöchel, bevor der Slip heruntergezogen wurde. Eine kühle Brise überzog die entblößten Genitalien mit einer prickelnden Gänsehaut. Ran presste die Lippen aufeinander und erlegte sich Entspannung auf. Kühle Hände umfassten seinen Hintern, Fingerspitzen pressten sich in die muskulös-pralle Fläche, dann wanderte der seidig schwarze Schopf vor seinen Unterleib. Warmer Atem bot einen Kontrast zur abendlichen Kühle, der eine erregende Wirkung auf den Älteren ausübte. Die Atemzüge beschleunigten sich... doch weitere Aktionen blieben aus. "Tanpo", mahnte Ran mit mühsamer Beherrschung. Diese Haltung war unbequem und zudem exponierte er sich ungern ohne eine fortschreitende Entwicklung. "Du weißt doch, was du zu tun hast, nicht wahr?", unternahm er einen weiteren Anlauf, legte die Hände auf die schmalen Schultern in Höhe seines Unterleibs. Sie bebten unter seinem Griff, dann presste der Jüngere das Gesicht gegen seinen Unterbauch, weinte unterdrückt. Ran senkte den Kopf, streichelte über den seidigen Haarschopf, der stets angenehm duftete. "Ist schon gut, Tanpo", beschied er leise, "steh auf. Lass uns etwas essen, ich habe plötzlich ungeheuren Appetit auf Yakitori." ~#~ In dieser Nacht sinnierte Ran lange über seine Möglichkeiten. Bald würde er siebzehn Jahre alt sein, die Schar seiner Anhänger sich lichten, denn die Verlockungen und Abwerbungen Dritter würden sich als stärker erweisen als Freundschaft und Respekt. Er würde eine Wahl treffen müssen, welchen Weg er einschlagen wollte: in die Fußstapfen seines Vaters steigen oder ein bürgerliches Leben jenseits der Nachbarschaftsvertreter führen. Und was sollte er wegen Tanpo unternehmen? Die Schuld war nicht getilgt, aber er konnte den Jüngeren niemals zwingen, eine Karriere als sexueller Dienstleister zu beginnen. Würde er sich zurückziehen, gäbe es wohl genug andere Interessenten, die Tanpos Popularität vermarkten würden. Damit wäre seinem Pfand nicht gedient. Nur ein Pfad blieb, den er beschreiten konnte, -und dieser barg ein immenses Risiko. ~#~ Ran blätterte durch die Negative der Aufnahmen, die sich besonderer Nachfrage erfreuten. Da sein Pfand sich niemals gegen Vorschläge verwehrt hatte, erfuhr der schlanke, pubertierende Körper Behandlungen, die Erwachsene zum Lustgewinn praktizierten. »Und ich habe niemals Einwände erhoben«, konstatierte Ran mit stummer Scham. Wie viel Sexspielzeug, Phalli, Vibratoren und andere Stimulanzien vertrug ein jugendliches Gemüt? Und warum zeigte Tanpo nie Abwehr?! Er ordnete die Ausbeute konzentrisch in der Eisentonne, leerte Lampenöl darüber aus und entzündete das Gemisch. "Tanpo? Nimm deine Sachen. Wir machen einen Ausflug." ~#~ Während die Polizei aufgrund eines anonymen Hinweises Lagerräume durchsuchte und festgesetzte Verdächtige befragte, fraß das geländegängige Motorrad mit den beiden ungleichen Passagieren Kilometer. Ran, in eine dunkle Ledermontur gekleidet und mit klassisch-schmucklosen Helm, steuerte einen ruhigen Familienstrand in einem kleinen Badeort an. Die Jahreszeit schloss Badegenuss natürlich aus, doch ein ausgedehnter Spaziergang durch den nachgiebigen Sand würde die Anspannung lindern. »Ich habe Verrat begangen.« Beweismittel vernichtet, die einen Hinweis auf die Identität des jugendlichen "Idols" geben konnten. Vasallen an Dritte vermittelt, damit diese nicht unbedacht verfängliche Auskünfte gaben. Konkurrenten angezeigt. »Doch die schwerste Aufgabe steht mir noch bevor.« ~#~ Sie schlenderten, die Hände in den Hosen- bzw. Jackentaschen vergraben, über den feuchten Sand, von der Gischt besprüht. Ran betrachtete das Profil seines Pfands eingehend. Schlank und zierlich, mit einem ätherischen Porzellanteint, dichtem, seidig schwarzem Haar, großen, dunklen Augen... Tanpo war schön. Von der Qualität einer exquisiten Puppe, wie ein kostbares Porträt. Entrückt, nicht gänzlich menschlich. Keine Pose, kein verfängliches Bild hatten diesen Eindruck trüben können. Das Mysterium seines Schweigens trennte ihn von seinen Altersgenossen. Ran seufzte lautlos. »Wer diesen Besitz aufgab, muss von allen guten Geistern verlassen sein.« "Tanpo", begann er dennoch ruhig, "es gibt etwas sehr Wichtiges, das ich mit dir besprechen muss." Unwillkürlich zuckte seine Rechte, wollte sich auf den gewohnten Platz auf dem schimmernden Schopf legen, doch gerade noch rechtzeitig hinderte er sie daran, verschränkte die Hände auf dem Rücken. "Sieh mal, von verschiedenen Seiten wurde sehr starkes Interesse daran bekundet, dass du sexuelle Dienstleistungen anbietest. Da mir deine Haltung bekannt ist, halte ich es für unumgänglich, dass wir unsere Geschäftstätigkeit mit sofortiger Wirkung beenden." »Ein schöner Vortrag«, lobte er sich selbst mit Verbitterung. "Das bedeutet auch", geschäftsmäßiger, ruhiger Tonfall, "dass du ab dem heutigen Tag nicht mehr in der Nähe des Hafens, unserer Produktionsstudios oder in meiner Nähe in Erscheinung treten wirst." Tanpo fiel hinter ihm im Schritt zurück. Verharrte. Den Blick auf den Sand zu seinen Füßen gerichtet. Ran holte tief Luft, ballte die Fäuste in seiner Jacke. »Ich habe ihnen stets verboten, mich mit "großer Bruder" anzusprechen und doch habe ich mich immer um ihr Wohlergehen bemüht. Gerade jetzt möchte ich kein "Bruder" sein.« Er packte Tanpos Handgelenk mit grobem Griff, hob den Arm an und wies mit der freien Hand auf die tätowierte Stelle unterhalb der Stoffbahnen. "Ich kann das Siegel nicht tilgen, doch hiermit gebe ich dich frei. Alle Besitzansprüche, mit Zinsen, sind mit diesem Augenblick verfallen. Du bist frei, Natsuya." Schwarze Augen bohrten sich in seine braunen, fassungslos, blank. Die Lippen zusammenpressend entließ Ran das fragile Handgelenk. "Leb wohl", beschied er knapp, kehrte sich um. Durchquerte den saugenden Sand eilig. Bestieg sein Motorrad und trat den Gang der Verräter an. ~#~ Vier Jahre später Er mochte die schweren Lederbänder um seine Handgelenke, besprenkelte sie regelmäßig mit Rasierwasser. Man tadelte ihn nicht mehr, wenn sie unter den Ärmeln der Uniformjacke oder der Schulhemden hervorragten. Winzige Stecker glitzerten in seinen Ohrläppchen, lockten durch die dichten, seidig schwarzen Haare, die in einem modischen, gerade noch die Grenze des Erlaubten touchierenden Schnitt schwangen. Auch wenn er nur 1,75m maß und jedes weitere Wachstum ausgeschlossen war, so spürte er doch die Aufmerksamkeit, die sich auf seine Erscheinung konzentrierte. Er ignorierte sie, mit unleserlichem Blick, der ein Mysterium kreierte, das ihn manchmal zum Lachen reizte. Ein einsames Lachen, denn sein Auftreten grenzte an Hochmut, Arroganz. Und wer wollte schon einem so hoffährtigen Menschen Gesellschaft leisten? Trotzdem hielt er sich aufrecht, achtete sorgsam auf sein Äußeres, pflegte sich. Trotzig, unnahbar, beharrlich. Seine kühle Gleichgültigkeit entmutigte die Grapscher und heimlichen Päderasten in der U-Bahn, das Gedränge zu nutzen, sich einem verschüchterten Jugendlichen aufzudrängen. Niemand berührte ihn auf diese Weise. Er wechselte eine Handschlaufe, streifte eine Hand, die dort bereits Halt suchte, erwartete, dass ihr Besitzer sie zurückziehen würde, im antrainierten Reflex der geübten Passagiere. Die Hand blieb. Seine Augen suchten den unsensiblen, ignoranten Besitzer. Fanden braune Augen, ungebärdige, modisch gesträhnte braune Haare, in denen eine Sonnenbrille ruhte. Eine athletische Gestalt mit breiten Schultern und schmaler Hüfte, gerade einen halben Kopf größer. Seine Finger verschränkten sich mit denen des jungen Mannes, der ihm gegenüberstand im Gedränge der Fahrgäste. ~#~ Er wusste, dass er sich verändert hatte. Eine Notwendigkeit, die nicht zu umgehen gewesen war. Aber auch die Stadt, seine Heimat, hatte sich verändert. Der schwere Anzug in mattem Schwarz, das aufgebügelte, blütenweiße Hemd, die gelockerte, schwarze Krawatte, -die Witterung trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Sie wiederzusehen hatte Erinnerungen geweckt, doch nun fiel der Abschied leicht, eingedenk des traurigen Anlasses. Den Vater zu beerdigen, als Schandfleck der "Familie" mit Ekel und Abscheu gestraft zu werden. Doch nun war es zu Ende... bis er in die schwarzen Augen des Oberschülers sah, dessen Finger er berührt hatte. Und auch Tanpo hatte ihn sofort erkannt. ~#~ Station um Station wurde in melodischer Ansage passiert. Das Gedränge lichtete sich ein wenig, Ran konnte einen Sitzplatz erlangen. Tanpo, -nein! Natsuya!-, hing vor ihm in den Hängeschlaufen, auf die herausfordernde, raumgreifende Weise von Halbstarken, jedoch in einer ungleich malerischen Pose. »Trotzdem ist es nicht dasselbe«, entschied Ran, den Blick nicht von dem attraktiven Gesicht seines ehemaligen Pfands hebend, »er hat sich verändert. Er lebt.« Als seine Station angekündigt wurde, erhob er sich, streifte sich in ruhiger Gelassenheit die schwarze Anzugjacke von den Schultern, legte sie sorgsam gefaltet über seinen linken Unterarm. Lockerte den straffen Knoten des schwarzen Binders. Befreite sich gleichsam aus der Umklammerung von Schuld, Trauer und Wehmut. »Vater hätte nicht gewollt, dass ich mich plage. Es wäre unvernünftig.« Er hatte stets gepredigt, dass ein Mann zu tun habe, was erforderlich sei. Sich in melancholischer oder selbstverliebter Anklage zu verlieren entsprach verachtungswürdiger und unangebrachter Eitelkeit. Als er vor den pneumatisch aufzischenden Türen auf den Bahnsteig trat, wusste er Natsuya hinter sich. Der schlenderte mit einigen Schritten Abstand hinter ihm her, ebenfalls der Uniformjacke ledig, das weiße Hemd darunter bis zu den Ellenbogen aufgekrempelt, die obersten Knöpfe geöffnet. Eine Sonnenbrille verdeckte die schwarzen Augen. Ran tat es ihm nach, verbarg seinen Blick hinter dem eigenen geschwärzten Visier, schottete sich von der Umgebung ab, die gemächlichen Schritts dem Feierabend entgegenwanderte. Die Sonne verfügte noch über ausreichend Strahlkraft, dass der Marsch zu seinem kleinen Haus für genügend Erhitzung sorgte, er Schweißperlen von der Stirn tupfen musste. Über diverse schmale Eisenstege hinweg, die kleine, künstliche Teiche überspannten, betrat er die kleine Veranda seines Hauses, das wie über einem See zu schweben schien mit der Stelzenkonstruktion. Fischzucht, Muscheln, Algen... nicht viel, aber zum Leben genug. Sein jüngerer Begleiter schlüpfte hinter ihm aus den Schuhen, wählte die einfachen Strohsandalen, die auf die spärlichen Besucher warteten. Im Inneren des kleinen Hauses empfing sie eine angenehme Kühle, die nicht von den allgegenwärtigen Klimaanlagen stammte, sondern von sorgfältiger Verdunklung und traditionellem Geschick der Küstenbewohner kündete. Ran hatte dies ebenso wie die Aufzucht bei einfachen, aber freundlichen Dorfbewohnern gelernt, die es nicht kümmerte, dass er keinen Schulabschluss besaß und seine Biographie zwei Jahre ohne Nachweis enthielt. Im Gefängnis lernte man nur wenig, auch wenn es sich um eine Einrichtung für Jugendliche und junge Erwachsene handelte. Das Kapital seiner "früheren Unternehmungen" hatte ihm eine Partnerschaft eingebracht, die einen neuen Start in ein anderes Leben bedeutete. Während Ran grünen Tee mit Limone anrichtete, fand Natsuya eines der wenigen Memorabilien aus der Zeit ihrer gemeinsamen Jugend. Rans berühmten Taschenrechner. Unaufgefordert ließ er sich auf einem Sitzkissen nieder, tippte müßig Zahlen in das Gerät, wurde mit nachlassenden Anzeigen im LCD-Display belohnt. Sich neben ihm niederlassend starrte Ran auf die Summe, die der Jüngere ihm präsentierte. "So viel bin ich heute wert, nicht wahr?" Ran zuckte unwillkürlich zusammen, von einem unheimlichen Schauder überrascht. Er hatte Natsuya als Kind selten sprechen gehört. Als Jugendlicher in ihrer Anstrengung, ein Idol zu kreieren, wirkte Natsuyas Stimme ungenutzt, flach, monoton. Aber dies war die Stimme eines jungen Erwachsenen, galvanisiert, rau, mit einem herausfordernden, schneidenden Unterton. "Du bist kein Pfand mehr, Natsuya", bemühte Ran sich um Contenance. "Das ist richtig", Natsuya schnurrte eisig, ein Fauchen streifend, "du hast mich vor vier Jahren weggeworfen." Sein älterer Gegenüber zog die Augenbrauen zusammen, doch eine Erwiderung wurde im Keim durch Natsuyas Ausführungen gehindert. "Verständlich", reflektierte der Oberstüfler ironisch, "immerhin habe ich die Arbeit verweigert, nicht wahr? Trotzdem, ist es nicht bemerkenswert, dass man so einen Wert einfach aufgibt? Eingedenk all der Investitionen..." "Natsuya, bitte, ich habe dich freigegeben..." "Du hast mich weggeschmissen wie Müll!", explodierte der Jüngere. Stieß mit einer heftigen Bewegung den niedrigen Tisch beiseite, beugte sich zu Ran hinüber, die Arme zangenartig gegen die Wand hinter dessen Rücken gestützt. "Du hast mich allein auf dem Strand zurückgelassen, bist untergetaucht, hast alle Spuren verwischt", zischte Natsuya Speichel sprühend. "Obwohl ich so viel wert war. Aber egal, heute werde ich mich nicht weigern. Obwohl es sicher eine Zeit dauern wird, bis ich annähernd einen Gegenwert erwirtschaftet habe!" Ran zögerte. Die Worte wollten sich nicht dechiffrieren lassen, allerdings blieb ihm auch keine Zeit zur Kontemplation dieses unerwarteten Ausbruchs von Hass und Aggression. Natsuya zerrte den Reißverschluss seiner Anzughose herunter, fasste ihm in den Schritt, beugte sich über die Ausbeulung, die der Schreck initiiert hatte. "...was tust du denn da?!" Von Panik überschwemmt grub Ran die Finger in die schmalen Schultern, zerrte am Hemdkragen, schließlich an den seidig schwarzen Strähnen. "Ich tue das, was du wolltest! Gebe dir eine Kostprobe!", schmetterte Natsuya ihm entgegen, die Lippen feucht von Speichel, der auch auf Rans entblößter Erektion glänzte. Der blinzelte fassungslos. Sodass Natsuya sich ungehindert wieder über seinen Schoß beugen konnte, sein Werk fortsetzen wollte. "Hör auf! Hör auf, Tanpo", entfuhr es Ran hektisch. Mit einem ansatzlosen Faustschlag fegte er Natsuya nicht nur von sich, sondern nahezu bis zur Veranda hin. Der schüttelte sich benommen, versuchte mühsam sich aufzusetzen. Ran richtete sich hastig wieder her, atmete eilig durch. Schwankend richtete sich Natsuya auf, kroch auf allen Vieren wieder auf Ran zu, die Unterlippe blutig aufgebissen von dem unerwarteten Schlag. "Ich werde nicht aufhören. Ich werde nicht aufhören!", mit jedem Satz steigerte sich die Lautstärke, "ICH WERDE NICHT AUFHÖREN!" Der Ältere wich zurück, bis die Wand in seinem Rücken ihn bremste. "Ich will das nicht, hörst du, Natsuya? Es gibt keinen Grund für dich, das zu tun", mühte er sich, den Jüngeren zu besänftigen, in dessen Augen es hasserfüllt glitzerte. "Oh doch, den gibt es sehr wohl. Ich bin dein Pfand, ich habe einen hohen Wert. Du kannst mich nicht einfach wegwerfen wie Abfall." Natsuya setzte sich schwankend auf die Fersen zurück, strich sich das Hemd von den Schultern, kehrte Ran seine Seite zu, den Arm angehoben. "Siehst du, ich trage dein Zeichen. Ich gehöre dir." Sich die Hose aufknöpfend kroch er auf allen Vieren weiter, den Blick in Rans Augen verwoben. "Ich habe mich gepflegt, auf mich geachtet, damit du mit mir zufrieden bist. Du kannst mich nicht zurückweisen." Der Ältere nagte nervös an der Innenseite einer Wange. Wie sollte er sich verhalten? "Ich habe dir die Freiheit zurückgegeben, Natsuya", betonte er den Namen nachdrücklich. "Wir sind einander nichts mehr schuldig." "Und ob wir das sind!!", brüllte der Oberstüfler unbeherrscht, zerrte dann eines der ledernen Armbänder von seinem Handgelenk, entblößte eine lange, grobe Narbe. "Ich lebe nur noch, weil ich weiß, wie viel ich dir wert bin! Weil ich einen Preis habe!! Weil niemand etwas so Wertvolles wegwerfen würde!! Du kannst mich nicht abweisen!!" Ran starrte fahl auf die zerteilte Haut, eine abstoßend hässliche Wunde. »Selbstmord? Er hat versucht...??« Natsuya selbst kniete vor ihm, hoch aufgerichtet und hasserfüllte Verzweiflung versprühend wie ein Nervengift. "Mein Bruder hat mich verpfändet und wollte mich niemals auslösen, meinen Eltern ist es vollkommen gleich, was ich treibe. Alle lassen mich wie ein Stück Abfall einfach zurück, ignorieren mich absolut. Ich existiere nicht mal in ihren Augen! Bin bloß 'ein bisschen überspannt'! Wieso hast du dich um mich gekümmert, wenn du genauso denkst?!" Die letzte Anklage war mit einem schluchzenden Aufheulen versehen, bebte wie der gesamte, schlanke Leib vor Ran. "Aber ich denke doch gar nicht so!", begehrte der in Verteidigungshaltung auf, "ich habe mich gekümmert, weil..." »Ja, warum? Warum hast du ihn als Pfand akzeptiert? Warum hast du so viel Zeit in diese magere Göre investiert?« "...weil??" Natsuya hing förmlich an seinen Lippen, die schwarzen Augen bettelten unter glasklaren Tränen nach einer Bestätigung. Ran seufzte. Laut. Schloss die Augen. »Ich habe alles verraten. Für dich. Meinem Vater Schande bereitet. Im Gefängnis gesessen. Meinen Schulabschluss dadurch verpasst.« "Ich hätte das niemals zulassen dürfen", wisperte er kaum hörbar. "Jeder konnte doch sehen, wie hübsch du warst. Und ich war zu feige, zu selbstsüchtig in meiner Rolle als 'großer Bruder', um dich zu beschützen. All diese Bilder, dieses Sexspielzeug, diese Erfahrungen... ich schäme mich. Dabei wollte ich niemals, dass dir etwas geschieht." Er legte langsam beide Ellen auf den Boden vor sich, verbeugte sich tief vor dem erstarrten Natsuya. "Ich bitte um deine Vergebung, Natsuya. Bitte verzeih mir." Stille trat ein. Atemzüge hingen in der schwülen Abendluft. "... und du denkst, damit sei es getan? Dass du mich mit ein paar armseligen Worten fortschicken kannst?!" Die Attacke kam unerwartet. Faustschläge hagelten auf Ran nieder, der keine Anstalten machte, sich dem Ansturm zu erwehren. Prügel konnte sein durch die harte, tägliche Arbeit gestählter Körper ertragen. Dass ihn salzige Tränen und ersticktes Fluchen besprenkelten, sehr viel weniger. Ran tauchte unter einer weiteren, gramerfüllten Attacke hinweg, umarmte den Rasenden fest und ließ seinen Schraubstockgriff nicht mehr locker. Natsuyas Toben wandelte sich in ein herzzerreißendes Schluchzen, ebbte nur langsam ab, von Ran einlullend wie ein Kind gewogen. Er streichelte den nackten Rücken mit der porzellanweißen Haut, massierte die Kopfhaut im Nacken unter den seidig schimmernden Haaren. Es erschütterte ihn, dass sein bildschöner Tanpo versucht hatte, sich selbst zu töten. Dass die virile Energie, die er registriert hatte, aus abgrundtiefer Verzweiflung geboren worden war. Sich solitär auf ihn konzentrierte, Heil in der Vorstellung suchte, dass der Jüngere als Pfand einen Nennwert besaß, eine Besitzmarke seinen Körper kennzeichnete. Gedankenverloren wanderte seine Hand vom Nacken tiefer, streichelte das Pfandsiegel zärtlich. "Komm hoch", schob er schließlich Natsuya leicht von sich, stand auf, eine Hand reichend, um dem Jüngeren zu assistieren. Der Rans Hand nicht freigab, als sie das winzige Badezimmer betraten, ein befeuchteter Waschlappen die Tränenspuren tilgte. Ran wechselte in sein Wohn- und Schlafzimmer zurück, schob eine Schranktür auf und wählte zwei bunte Hawaiihemden, die schrille 'Uniform' von Touristen oder Yakuza. Während er das eigene weiße Hemd einem Plastikkorb anvertraute und sich selbst ein Hawaiihemd überstreifte, hakten sich Natsuyas Finger in die Schlaufen seiner Hose. Als könnte er nicht ohne einen Halt an Ran aufrecht stehen. Der Ältere störte sich nicht daran, wickelte den Oberstüfler in das zweite Hemd, knöpfte es bis zum Brustbein zu, legte dann wie früher die Hand auf Natsuyas Schopf. "Gehen wir an den Strand", bestimmte er. ~#~ Die Asahi-Dosen steckten wie schiefe Miniaturtürme im grobkörnigen Sand zwischen beiden jungen Männern. Die Brandung schmeichelte sich ihnen entgegen, gemächlich, beschwingt. In einiger Entfernung tobten Kinder unter der Aufsicht ihrer Mütter mit einem Drachen herum, bereits ermüdet, doch nicht matt genug, um ohne Protest einzuschlafen. Natsuyas Hand umklammerte einen offenen Hemdzipfel wie einen Anker. Ran betrachtete den Sonnenuntergang. "Sie hätten dich gezwungen, Natsuya", eröffnete er ohne Präliminarien seine Rechtfertigung. "Darum habe ich alles der Polizei anvertraut, was ich nicht verwischen oder vernichten konnte. Dafür wurde ich verurteilt. Mit mir auch viele andere." Er starrte in die Ferne, kniff die Augenbrauen zusammen. "Mein Vater hat einen Teil der Schuld auf sich genommen, um meine Strafe zu verkürzen. Also ging ich ins Gefängnis, konnte den Schulabschluss nicht mehr machen. Als ich dann freigelassen wurde, musste ich so schnell wie möglich verschwinden, neu anfangen. Heute war ich zum ersten Mal wieder in der Stadt. Zur Totenfeier meines Vaters. Im Gefängnis gestorben. Krebs." Ran wischte sich mit der Hand über die Augen, schluckte schwer. »Wieso ist mir so elend? Ich wusste es ja schon lange und trotzdem...« "Das tut mir sehr leid", erklärte Natsuya mit ruhiger Stimme, lächelte zögerlich, "ich erinnere mich an seine Ausstrahlung. So souverän und gelassen. Darin ähnelst du ihm sehr." Den Kopf hebend blinzelte Ran Tränen weg, erwiderte das Lächeln. "Kann schon sein", krächzte er verlegen mit rauer Stimme. Natsuyas schwarze Augen gaben ihn nicht frei. "Willst du mich nicht behalten, Ran?", steuerte der Jüngere unumwunden auf sein Ziel zu. Ran wischte sich durch die modisch gesträhnten, braunen Haare. "Warum willst du nicht frei sein? Dein eigener Herr? Du weißt genau, dass man den Wert eines Menschen nicht beziffern kann", fügte er an. Der Jüngere schnaubte geringschätzig. "Das ist doch nur Augenwischerei! Frag doch mal die Kerle in den Clubs, die können dir genau sagen, was ich wert bin!" "Und, willst du das?", hielt Ran, gegen seine Gewohnheit hitzig dagegen, "willst du, dass ich dich vermiete wie ein Zuhälter, damit du die Schulden deines Bruders tilgen kannst?! Aber was", er legte eine Hand um Natsuyas Wange, "was willst du tun, wenn der letzte Yen beglichen ist? An wen willst du dich dann halten?" Natsuya senkte den Kopf, kehrte Ran dann das Profil zu, atmete tief durch. "Du würdest es nicht tun. Darum werde ich immer dein Pfand bleiben", er lächelte Ran fahrig zu, verweigerte sich ängstlich der Argumentation. "Willst du mich denn nicht? Ich werde dir gehorchen, deine Wünsche erfüllen!" Nun kauerte Natsuya halb über Ran, flehte hilflos, umklammerte beide losen Hemdzipfel krampfhaft. »Er würde es wirklich tun... nur für dich. Für jemanden, der ihn nicht verlässt.« "Bitte, Ran...", drängte Natsuya, hauchte einen Kuss auf Rans Lippen, "ich tue alles, was du willst. Bestimmt!" "Schsch", versiegelte Ran mit einem Finger die Bittgesuche nachdrücklich, betrachtete Natsuya lange. »Ich habe mich immer gefragt, warum sie ihn einfach 'vergessen' haben, in dieser Nacht. Warum es niemanden kümmerte, wie ich ihn danach herausgeputzt habe.« Konnte es sein, dass Natsuya sich nicht an einer fixen Idee aufrecht hielt, sondern wirklich von seiner Familie ignoriert wurde? »Aber darf ich seine seelische Notlage denn ausnutzen? Was kann ich ihm schon bieten, ein Vorbestrafter ohne Beruf oder Abschluss?« »Und was willst du von ihm, Ran?«, zischte eine Stimme in seinem Hinterkopf, »willst du den "großen Bruder" spielen oder eine andere Rolle??« »Wenn er doch niemanden hat, allein auf der Welt steht wie ich auch, warum sollten wir uns nicht zusammentun? Wir fügen ja niemandem Unrecht zu«, argumentierte eine andere Stimme. »Was ist das Richtige? Was soll ich tun?« Ran rieb sich hilflos die Schläfen, konnte aber die Augen nicht von Natsuyas verzweifeltem Blick abwenden. "Ich will nicht, dass andere dich gegen deinen Willen berühren", presste er trotzig hervor, fühlte Farbe in seine Wangen aufsteigen. "Bitte behalte mich doch!", drängte Natsuya wie ein ausgesetzter Welpe, zupfte an Rans Hemdzipfeln. »Und wenn ich nun...?« Rans Herz klopfte bis zum Hals angesichts der Vorstellungen, die ihn überschwemmten. All die Pornos, Bilder und Anweisungen, die sie damals studiert hatten, um ihre Zielgruppe zu bedienen. »Das kann ich unmöglich mit Tanpo...«, schlich sich wie ein Kosenamen die Zweckbezeichnung wieder in seine Gedanken. »Ist er wirklich immer nur ein Mittel für dich gewesen?«, marterte ihn sein Gewissen. »Nein«, gab Ran sich selbst Antwort, »ich mochte ihn. Ich habe so viel Zeit mit ihm verbracht. Er war praktisch ständig in meiner unmittelbaren Nähe.« »Und abgesehen davon, dass er ein Mann ist, ist er wirklich perfekt. Attraktiv, aufmerksam, unkompliziert, nicht zu anspruchsvoll...« Ran erhob sich, streckte die Hand nach Natsuya aus. "Lass uns nach Hause gehen, Tanpo", er bückte sich, um in gewohnter Umsicht die leeren Dosen aufzulesen. ~#~ Ran legte nach einem kurzen Abendessen seinen Futon aus, der eigentlich viel zu schmal für zwei Personen war, aber beredetes Zeugnis davon ablegte, wie asketisch und abgeschieden sein Leben verlief. Natsuya trat ein, die Haare glänzend von der Dusche, mit einem Slip spärlich bekleidet. "Ah, gut", Ran lächelte ihm beruhigend zu, "dann werde ich auch noch rasch duschen. Bitte stell doch den Wecker entsprechend, damit du morgen den Zug in die Stadt nicht verpasst, ja?" Natsuya kniete sich auf den Futon, justierte den Alarm und streckte sich rücklings aus. Wartete mit geschlossenen Augen. Als Ran eintrat, hatte der Jüngere auch das letzte Feigenblatt verabschiedet, lag in matter Pose auf dem Futon. "Ich habe es noch nie getan", informierte er Ran leise, "abgesehen von dem Sexspielzeug natürlich." Mit einem verärgerten Knurren ließ sich Ran hinab, streckte sich neben Natsuya aus. "Erwartest du, dass ich einfach über dich herfalle? Bestimmt nicht", setzte er sofort nach. Er spürte, wie sich Natsuya neben ihm aufrichtete, sich über ihn beugte. "Gefalle ich dir denn nicht? Mache ich was falsch?" »Das ist die entscheidende Frage in seinem Leben«, filterte Rans innere Stimme heraus, »er will geliebt werden, einen Beweis erhalten, dass er 'richtig' ist!« Ran griff um Natsuyas Brustkorb herum, bettete das duftende Haupt des Jüngeren auf seine Brust. "Tanpo", versicherte er mit zärtlichem Tonfall, "ich habe dich wirklich sehr gern. Lass uns einen Schritt nach dem anderen tun, ja? Ich bin nämlich noch lange nicht soweit, mit dir zu schlafen." Natsuya schmiegte sich an seine Seite, schweigend. ~#~ Bald wurde es zu umständlich, zwischen Natsuyas winzigem Zimmer in einem Studentenwohnheim und Rans kleinem Haus hin und her zu pendeln. Sodass Ran kurzerhand beschloss, dass von nun an sein Haus zu ihrem Heim werden würde. Innerhalb weniger Tage gelang es ihm, Natsuyas mysteriöse Ausstrahlung, die jede Annäherung arrogant verbat, zu verändern. Der Jüngere lächelte häufiger, zeigte gute Laune und gewachsenes Selbstvertrauen. Langsam wich die tiefe Verzweiflung, die sein Handeln bestimmt hatte, was Ran mit Erleichterung verfolgte. Gleichzeitig erschrak er über sich selbst, denn immer öfter wanderte sein Blick zu Natsuya hinüber, suchte dessen Silhouette an den Nachmittagen voller Ungeduld. »Wahrhaftig, ich verliebe mich in ihn«, stellte er hilflos fest, konnte dennoch nicht davon ablassen, mit dem Jüngeren herumzutollen, durch die seidigen Haare zu streicheln. Hastig konzentrierte er auch an diesem Abend seine Gedanken auf die Essenszubereitung, strengte sich an, Natsuyas fröhliches Lachen zu überhören, während der draußen die Blumen besprengte. Um danach auf allen Vieren die Tatami feucht abzuwischen, nur spärlich bekleidet. Ran erstarrte in der Nische, gebannt von der eifrig wischenden Gestalt zu seinen Füßen. Schlank, gelenkig, von winzigen Perlen benetzt, sich abzeichnende Sehnen unter dem dünnen Top. Natsuya wandte den Kopf, die seidig schimmernden, schwarzen Haare flogen herum. Er lächelte zu Ran hoch, der nur seinen dahin rasenden Herzschlag spürte. Langsam kam Natsuya auf die Beine, wischte sich die nassen Handflächen am Hintern der abgeschnittenen Bermudas ab, baute sich vor Ran auf. Legte dann vorsichtig, fast scheu, die Arme um Rans Nacken, schloss die Augen fürsorglich, um ihn dann behutsam auf die halb geöffneten Lippen zu küssen. Einige Wimpernschläge später senkten sich auch Rans Lider, hielt er den Jüngeren in seinen Armen fest, erwiderte den Kuss mit wachsender, zu lange unterdrückter Leidenschaft. Sie schwankten bald wie Bambus im Wind, zwischen Erleichterung und Lust aufgerieben. Das Abendessen geriet in Vergessenheit, die Tatami wurden zur Zuflucht. Ran erkannte bald, dass es ihn nicht kümmerte, ob Natsuya seinem eigenen Geschlecht angehörte. Warme, weiche Haut, seidige Haare, Sucht erregende Küsse: sie waren ebenso wie ausdauernde Zärtlichkeiten und liebevolle Nachsicht universell vorhanden, wenn man liebte. Was er leise, immer wieder, wie Regentropfen in der Wüste, flüsterte. "Ich liebe dich, Tanpo. Ich gebe dich niemals her. Du gehörst mir allein." »Vielleicht«, hoffte er, während er Natsuya liebkoste, »wirst du bald selbst deinen Wert erkennen, Tanpo.« Ganz sicher aber wusste er, dass er vor acht Jahren den Jackpot gewonnen hatte. Den größten Gewinn seines Lebens. ~#~ ENDE ~#~ Danke fürs Lesen! kimera PRODUKTIONSNOTIZEN Eine Hochsommer-Flausch-Geschichte, die ein wenig mit dem romantisierten Bild der Yakuza (aus ihren Anfängen) spielen soll und natürlich dem Hauptthema, einem Menschen als "Pfand". Einfach leichte Lektüre für schweißtreibende Tage... man könnte sie sogar in einem Manga vermuten ^_~