Titel: Traumprinzen! Frösche! Und! Autor: kimera Archiv: http://www.kimerascall.lima-city.de/ Kontakt: kimerascall@gmx.de Original + Fan Fiction Bastard!! (siehe unten) Ja Dou (siehe unten) Carnage (Teil 9) FSK: ab 16 Kategorie: Seifenoper Ereignis: Advent 2006 Erstellt: 01.-24.12.2006 O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O ~>Herausforderungen nach Eingang: ++ Misas: Dämon aus Schnee, Bankauszug, Weihnachtsschokolade, Sonnenuntergang in den Bergen, Kreditkarte, Coca-Cola-Weihnachtstruck, Pferd(e) ++ Lillibeth: Schupfnudeln, Sankt-Nimmerleins-Tag, Rentenbeitrag, Weihnachtsstern, Oh du Fröhliche!, Apfel-Zimt, Störungsmeldung Keane vom Album "Under the Iron Sea": >TRY AGAIN< I fell asleep on a late night train I missed my stop and went round again Why would I want to see you now? To fix it up, make it up somehow Baby I'll try again, try again Baby I die every night, every time What I was isn't what I am I'd change back but I don't know if I can Still I'll try, try again, try again Baby I die every night, every time But I was made the way I am I'm not a stone, I'm just a man Lay down your arms and I will lay down mine Rip back the time that we've been wasting God I wish you could see me now You'd pick me up and you'd sort me out Baby I'll try again, try again Baby I die every night, every time ++ Nordlicht: Tiefkühlfach auf zwei Beinen, heiße Schokolade mit Mini-Marshmallows und Schuss, zwei der vier Hauptcharaktere aus Ja Dou in einer alternativen Realität Einen großen Dank an die Challenger und viel Vergnügen beim Lesen! ====>Disclaimer: -Keane, Under the Iron Sea -Ja Dou, Mamiya Oki und Tsubasa Kawahara (Manga- und Romanserie) -Hintergrundbild des Adventskalenders: Tokyo Nightout, Sweet Diary Kiss, aus dem Album Queen von Mamiya Oki, Futaba Freemont und Shinobu Iketani -Dark Schneider (Darshu), Kazushi Hagiwara (Manga) Alles meins: ~ Bishounencastle ~ Die Charas aus "Köder für die Bestie" ~ Carnage Spezieller Gast: der Oberbishounen ^_~ O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O O~O Traumprinzen! Frösche! Und! Kapitel 1 - Die Entführung »Aha!«, dachte Maximilian grimmig, setzte den Feldstecher ab. Es war gut, dass sämtliche der mächtigen Bäume auf ihrem Grundstück ihr Laub abgeschüttelt hatten und dass es weder regnete noch schneite, auch wenn der schiefergraue Himmel nicht so aussah, als wolle er noch lange Geduld walten lassen. Das war jedoch nicht mehr wichtig. Maximilian kletterte vom Stuhl herunter, verstaute den Feldstecher in seinem Lederpanzer, hängte sich den Gurt um den Hals und verschloss das Dachfenster mit dem langen Hebel. Er spürte das Grinsen seine Mundwinkel kitzeln, ein zuckendes Irrlicht, das hin und her wischte, seine Nervenenden prickeln ließ. Eigentlich bestand gar kein Anlass zur Freude, das stimmte wohl, doch er konnte jetzt Schicksal spielen, oder, zutreffender, Madame Fortuna herausfordern! Zwei Etagen tiefer, präzise gesprochen in der ersten Etage der großzügig ausgelegten Villa, die sich aus einem alten Herrenhaus entwickelt hatte, stürmte er in sein Zimmer, vielmehr preschte er durch sein 'Wohn- und Empfangszimmer', eilte in das sich anschließende Schlafzimmer, nahm eine scharfe Kurve, bevor er seine Reisetasche aus dem begehbaren Kleiderschrank zerrte. Üblicherweise reiste er mit Koffern oder Trolleys, doch besondere Situationen verlangten nach individuellen Maßnahmen! »Oder so ähnlich!«, jubilierte er, während er eilig Bekleidung in die Tasche stopfte. Gegenüber der Kammer, die seine Wäsche enthielt, lag sein eigenes Badezimmer. Auch hier absolvierte er eine Stippvisite, beförderte mit Übung Utensilien und notwendige Artikel in einen ausklappbaren Kulturbeutel, dessen hungrige Fächer gern gefüllt werden wollten. Der Kulturbeutel landete in der Reisetasche, dann warf Maximilian einen kontrollierenden Blick in den Rund, klopfte sich kontrollierend mit einer Grimasse sämtliche Taschen ab. »Bestandsaufnahme!«, ging er geübt eine Liste durch, die er schon seit frühester Kindheit präsent hatte. "Roger to take off", gab er sich selbst das Startsignal, hängte sich die Reisetasche über den Rücken und trat in den Flur hinaus, wo sich eine hochherrschaftliche Treppe mit erotischen Rundungen bis unter das Dach schraubte.Wohlerzogen, vor allem, weil er kein vermeidbares Aufsehen erregen wollte, nahm Maximilian jede Stufe einzeln, mit einem dezent wiegenden Gang. Das sollte Dynamik, Lässigkeit und nicht allzu übertriebenen Eifer demonstrieren, für den Fall, dass er beobachtet wurde. Glücklich ohne Zwischenfälle im Erdgeschoss angelangt deponierte er seine Reisetasche in der Nische, wo eine geräumige Garderobe für die Familie und zahlreichen Gäste vorgehalten wurde, schlüpfte rasch in die Vorratskammer. In der benachbarten Küche hörte er unverständliche Stimmen aus dem Radio, dazu die Wirtschafterin, die herumwerkelte und offenkundig mit dem Radio diskutierte. Geschmeidig huschte er an den Regalen entlang, nahm hier und dort etwas hinaus, gerade so viel, dass er es bequem tragen und in seiner Reisetasche verstauen konnte. Flink wieselte er zur Garderobe zurück, füllte die nun pralle Reisetasche auf, pflanzte sich einen modisch geformten Outdoor-Hut mit ovaler Krempe und Lederschnur auf die verstrubbelten, halblangen Strähnen. »Handschuhe!«, ermahnte er sich, fasste seine Reisetasche an den Trageriemen und schlich sich ungesehen aus seinem Elternhaus. Die Reisetasche geschultert spazierte er die Auffahrt hinunter, trat aus dem gesicherten Tor hinaus und bemühte sich, den Eindruck eines beruflich Reisenden zu erwecken, der auf sein bestelltes Taxi wartete. Aber eine Mietdroschke war selbstredend NICHT herbeordert worden! Denn sicher im Schutz der hohen Mauer, ohne neugierige Passanten in Sichtweite, legte Maximilian einen Spurt vor. Mit ausgreifenden Schritten jagte er um den Häuserblock, umarmte eine Laterne, damit ihn der Schwung nicht vom Trottoir auf den Asphalt beförderte. Auch wenn er weiße Atemwolken keuchte, das war es wert! Endlich konnte sein Körper mit seinem hoch schlagenden Herz mitziehen! Erhitzt, unternehmungslustig und leicht außer Puste erreichte er das Mehrfamilienhaus. Lässig schlenderte er über die gepressten Betonkieselplatten zum Eingang, inspizierte kurz das Klingelbrett. Alles an diesem Mehrfamilienhaus präsentierte sich gediegen-vornehm, so, als warteten seine Bewohner nur darauf, dass die Villa bezugsfertig werde, damit sie endlich das ihnen zustehende Ambiente in Anspruch nehmen konnten. »Mehr Schein als Sein«, Maximilian drückte vehement den Klingelknopf ein. Er lächelte, als er statisches Knacken vernahm, »ja, definitiv mehr Schein als Sein.« "Ja, bitte?", die Stimme war kaum zu erkennen, schüchtern, zu leise, etwas kurzatmig. "He Lukas, lass mich bitte schnell rein, es ist eisig!", klapperte er übertrieben mit den Zähnen, um das Überraschungsmoment auszunutzen. »Eins, zwei, drei, vier...«, der Summer quäkte dumpf. Maximilian wisperte "yes!", ballte triumphierend eine Faust und stürmte das Treppenhaus. O~O Lukas warf einen ratlosen Blick auf die Aufzugsfront. Angezeigt wurden lediglich die Richtungen durch trübe wirkende Pfeile aus Kunststoff. »Seltsam«, grübelte er verwirrt, »beide Aufzüge fahren runter?« Nun gut, das war zu erwarten, wenn sein überraschender Besucher sie nach unten bestellte, aber dass sie dann gar nicht mehr hochkommen wollten? Er grub die Fingerspitzen tiefer in die zusammengeballten Ärmelenden, leckte sich unbewusst über die trockenen Lippen. Zögerlich überwand er in kleinen Schritten die Distanz zum Aufzugschacht, lehnte die Stirn gegen die Glasplatte und schielte hinunter. Wo steckte der Aufzug? Oder vielleicht im anderen...? Lukas bemerkte einen Schatten, doch viel zu spät, um elegant herumzufahren. O~O Maximilian nahm drei Stufen auf einmal, kreiselte im Treppenhaus hinauf. Lange Beine waren durchaus im Vorteil bei einem solchen Sturmlauf. Während sie die Aufstiegsarbeit übernahmen, konzentrierten sich seine Gedanken auf Lukas. Hatte er nicht doch etwas gepresst geklungen? »Der alte Mistbock!«, Ingrimm verzerrte für einen Augenblick Maximilians Züge, dann gewann er aber seine Beherrschung zurück. Jetzt musste er dem alten Mistbock sogar dankbar sein dafür, dass der sich wie immer verhalten hatte. »Dafür, dass er mit den Mädchen und seiner Frau nach Euro-Disney gefahren ist!«, Maximilians Kiefer verhakten sich vor Wut ineinander. Er musste sich ablenken, an seinen Plan erinnern. Wenn er JETZT nur einen Gedanken zu viel an den alten Mistbock verschwendete, würde er alles verpatzen! Lautlos dank Gummisohlen und einer gewissen Übung huschte Maximilian aus dem Turm in den Gang, der zu den beiden Aufzügen und den Wohnungseingängen führte, drei Einheiten pro Etage, sehr luxuriös, und wie erwartet lehnte Lukas gegen den Aufzug, auf Zehenspitzen, einen überformatigen Pullover übergestreift, dessen Ärmelenden er mit den Fingern zusammenknüllte. Maximilian ließ die Reisetasche sinken, pirschte sich geräuschlos heran. Sein Schattenwurf auf der Sicherheitstür verriet ihn zwar, aber Lukas reagierte viel zu spät, sodass er die Arme um ihn schlingen und ihn knuddeln konnte und perfider Weise eine kalte Wange an die seines Freundes legen! O~O "Hallo Lukas!", trällerte es fröhlich in sein Ohr, während lange Arme in einem Norwegerpullover mit Ajourmuster sich um ihn legten. Lukas hörte sich quietschen, als Maximilian sich hinabbeugte und eine winterkalte Wange an seine eigene schmiegte. "Ma-Max!", krächzte er hell, schrumpfte in sich zusammen und versuchte gleichzeitig, die langen Ponysträhnen in sein Gesicht zu schütteln. "Genau, Mad Max, der Vollstrecker!", der hochgewachsene Mitschüler dröhnte den Filmtitel mit sonorem Grollen, bevor er Lukas freigab, in seine gewohnte Stimmlage zurückfiel, "wie geht's dir?" "Gut", murmelte Lukas, zerrte verstärkt an seinen Ärmelenden, blinzelte zu Maximilian hoch, "und selbst? Musst du arbeiten?" "Yepp!", Maximilian zwinkerte keck, machte kehrt, um seine Reisetasche aufzulesen, "aber lass uns erst mal reingehen, oder?" "Oh, natürlich!", Lukas spürte verhasste Röte in seinen Wangen, senkte hastig den Blick auf seine Zehen und huschte eilig voraus, um Maximilian den Weg in die Wohnung zu weisen. "Wetten, ich weiß noch, wo dein Zimmer ist?", Maximilian schob den Outdoor-Hut vom Kopf auf den Rücken, sicher durch die Lederschnüre abgefangen. "Warte bitte!", Lukas tippte ihn scheu am Arm an, wieselte dann mit hochgezogenen Schultern voraus. Er hoffte verzweifelt, dass Maximilian keine Fragen stellte. O~O »Dieser alte Mistbock...«, Maximilian behielt seinen munteren Gesichtsausdruck bei, auch wenn es in ihm arbeitete. Er wusste noch genau, wo Lukas' Zimmer sich befunden hatte, als er ihn zum ersten und einzigen Mal besucht hatte und sie gingen ganz gewiss NICHT dorthin. Stattdessen betrachtete er Lukas, die hochgezogenen Schultern, den gesenkten Kopf, den Wirbel auf seinem Hinterkopf, der die langen Strähnen verteilte, den fragilen Nacken, der unter den langen Strähnen hervorblinzelte, das Zucken und Kneten der verborgenen Hände in den Ärmeln, die gewohnt die Enden umklammerten. Es schnürte ihm tatsächlich die Luft ab. Maximilian zwang sich förmlich, tief und langsam zu atmen, während er den kleinen Raum betrat, der nun Lukas' Zimmer war, ein schmales Bett, ein Schrank, gegenüber ein Schreibtisch mit einem einfachen Drehstuhl, eine Kommode. Eng, trostlos, ohne Fenster. »Sie haben ihn in die Abstellkammer gesteckt«, bittere Galle vergiftete seine Zunge. Aber das war nicht das Schlimmste, dass Lukas sich zu ihm herumdrehte und ihn anlächelte, DAS tat weh. O~O "Möchtest du etwas trinken? Einen Tee vielleicht? Oder Kakao? Kaffee? Zum Aufwärmen?", er zupfte hastig die Tagesdecke auf seinem Bett glatt, bot Maximilian an, sich dort niederzulassen. Der lächelte nicht mehr. Plötzlich fühlte sich Lukas beklommen und eingeengt, nicht nur, weil sich in seiner bescheidenen Büßerzelle zwei Personen aufhielten oder weil Maximilian ihn um mehr als einen Kopf überragte. Mehr noch bedrückte ihn das unerwartete Schweigen. "Bist du heute frei?", klang Maximilians Stimme wirklich rau? Lukas nickte vorsichtig, lehnte sich gegen den Türrahmen, die größtmögliche Entfernung wählend. "Gut", federnd erhob sich Maximilian, trat vor Lukas' Schrank, öffnete ihn und wählte Bekleidung aus, die er auf dem Bett stapelte. "Was...was tust du da?", Lukas traute seinen Augen kaum. Maximilian warf ihm einen Blick über die Schulter zu, grinste spitzbübisch und krähte, "wir hauen für ein paar Tage ab! Dafür brauchst du Wäsche zum Wechseln!" O~O Maximilian konnte Lukas förmlich starren HÖREN, er musste sich dazu nicht mal umsehen. Umsichtig betrachtete er die kleinen Stapel, die er gebildet hatte, schloss den Schrank. "Gut", bemerkte er betont forsch, "wo ist deine Reisetasche? Ach, und deinen Personalausweis, den steck doch bitte in deinen Parka, ja?" Lukas wurzelte noch immer im Türsturz, fassungslos wanderten seine Blicke zwischen Bett und Freund hin und her, aber Maximilian ließ sich nicht einschüchtern, sondern fasste Lukas, der ihn mit blankem Blick ansah, behutsam an den Hüften, dirigierte ihn aus seinem Weg. »Reisetaschen, wo könnten sie die versteckt haben?«, methodisch arbeitete er sich durch die Flurschränke, bis Lukas endlich seine Sprache wiederfand. "Aber...das geht nicht", es war kein Protest, nicht mal ein Ausruf, lediglich eine traurige Feststellung. "Hmm, meinst du? Wäre ein Koffer besser geeignet?", Maximilian stellte sich dumm, ignorierte geflissentlich den Druck, der ihm die Brust einschnürte. "Max...ich kann nicht mit dir wegfahren", Lukas klang nun so leise, dass er Mühe hatte, ihn zu verstehen. Maximilian klappte die letzten Türen zu, fegte zu Lukas, der angesichts des Sturmlaufs ängstlich zusammenzuckte. Er legte die Hände auf Lukas' Schultern, beugte sich hinunter, fixierte die großen, braun gefleckten Augen, "hör mal, Lukas, ich WEISS, dass deine Familie nach Paris gefahren ist, um sich in Euro-Disney zu amüsieren." Vor seinen Augen verlor Lukas' Teint jede Farbe, zuckten die trockenen Lippen. "Ich WILL mit dir wegfahren und mich an den Feiertagen amüsieren, also werde ich jetzt deine Sachen packen, dann ein Taxi rufen und mit dir wegfliegen. Du kannst auf deinen Füßen mitlaufen, oder ich schleppe dich über die Schulter mit." Er hasste das gequälte Lächeln, das Lukas aufsetzte, "das ist wirklich nett", die berstende, leise Stimme, "aber ich muss das Haus hüten. Danke, doch es geht wirklich nicht." "So? SO?!", Maximilian war versucht, seine Verbitterung und Wut in Worte zu fassen, aber er wusste selbst, dass DAS der falsche Weg war. Mit Humor und Frechheit kam man schneller weiter. Kurzerhand fasste er Lukas um die Hüften, stemmte ihn ohne große Mühe hoch und warf sich den vor Schreck keuchenden Mitschüler über die Schulter, "na gut, aber bitte zerquetsch meinen Hut nicht, ja?" Lukas stemmte hastig die Hände gegen den stabilen Rücken, "bitte, Max, lass mich doch wieder runter!" Aber Maximilian stellte sich taub, eine seiner leichtesten Übungen. Er steuerte stattdessen das Badezimmer der Familie an, öffnete den dreiteiligen Spiegelschrank, "ah, deine Zahnbürste! Gut, Zahnpasta, wo ist dein Kamm? Und dein Rasierer?" Er hörte Lukas ächzen, weil der nun recht unbequem auf seinem Bauch lag, sich selbst die Luft abdrückte. Folglich ließ er ihn herunter, stellte sich aber hinter seinen Mitschüler, der nun nicht entwischen konnte. "Hör doch", Lukas umklammerte das Waschbecken, hielt den Kopf beschämt gesenkt, "ich DARF nicht wegfahren. Mein Vater hat gesagt..." "Ist mir schnurz!", unterbrach Maximilian grob. "Sag mir", er beugte sich herunter, um in Lukas' Nacken zu flüstern, "ist es in Ordnung, dass du hier bleiben musst, obwohl du dich so angestrengt hast, pausenlos geübt und gelernt? Ein Gesicht wie ein Waschbär hattest vor lauter Augenringen?" Lukas würgte an den Silben, "aber ich habe es nicht geschafft." Maximilian schlang die Arme um ihn, hielt ihn einfach fest, starrte sein Spiegelbild an, das vor Hass und Schmerz verzerrt war. Er musste sich räuspern, kräftig schlucken, "du hast dein Bestes gegeben. Es gibt KEINEN Grund, NICHT EINEN EINZIGEN, warum du nicht auch Spaß haben solltest." Er spürte, wie Lukas zitterte, weil der sich verzweifelt bemühte, nicht zu weinen, all den Kummer abzuschütteln und wieder zu lächeln. »Aber das funktioniert nicht«, Maximilian senkte den Kopf, legte die Wange auf Lukas' Schopf, »du bringst dich langsam damit um.« Das wollte er auf gar keinen Fall zulassen. O~O Lukas bemerkte, wie Maximilian den rechten Arm nach außen drehte, versuchte, trotz Handschuhe und Pulloverärmel auf seine Uhr zu spähen. Gezwungen straffte er die Schultern, hob den Kopf an. Im Spiegel konnte er erhaschen, wie ernst und düster Maximilian blickte. So hatte er ihn noch nie gesehen. Überhaupt konnte sich Lukas nicht vorstellen, wie irgendjemand Maximilian jemals so finster gesehen haben konnte, Maximilian, Klassensprecher seit der fünften Klasse, einer der besten Schüler, kosmopolitisch erzogen, wohlhabend, bei allen beliebt, sympathisch, unkompliziert und humorvoll, selbst in ernsten Situationen gelassen und beherrscht. Wenn es einen idealen Sohn, Bruder und Klassenkameraden gab, dann war das Maximilian. Lukas seufzte, »jetzt ruiniere ich SEINEN Tag auch noch.« Aber er war auch überrascht. Er wusste vom Hörensagen, dass Maximilian die Feiertage oft mit oder ohne seine umtriebige Familie bei Freunden oder Bekannten verbrachte und manchmal auch Mitschüler einlud, ihn zu begleiten. Je mehr, je lustiger, so schien das ungeschriebene Motto zu lauten. »Aber warum ich?«, Lukas zerknüllte seine Ärmelenden. Maximilian bemühte sich um ihn, das war nicht zu verkennen. Er war der einzige in der Klasse, der ihn nicht 'Lusche' rief, ihn auslachte oder verspottete. »Dabei machen sie es nicht mal absichtlich«, Lukas lächelte müde, »es ist wie ein unbewusster Reflex.« Er konnte es ihnen nicht verdenken und sich darüber zu echauffieren, das brachte er auch nicht mehr übers Herz. Er war einfach müde, wollte nicht mehr gegen Windmühlen anstürmen. Schließlich gingen sie immer als Sieger hervor und ließen ihn geschlagen zurück. O~O "Habe ich alles zusammen?", Maximilian konzentrierte sich entschlossen auf seinen Plan und der sah an dieser Stelle vor, dass er mit gepackten Taschen ein Taxi herbeirief. Zu seiner Verblüffung angelte Lukas aus dem Häufchen den Rasierapparat heraus, legte ihn wieder in den Schrank zurück, reckte sich dann, um auf dem Spiegelschrank herumzufischen. Maximilian fing die im Ärmelende versteckte Hand ein, tastete selbst ohne große Mühe auf dem Schrank, bis er eine Schachtel fand. "Deine?", erkundigte er sich leise. Lukas nickte stumm, füllte seine wenigen Habseligkeiten in einen Waschlappen. "Gut", aufgeräumt umfasste Maximilian eine Hand, die er nur im Ärmelende erahnen konnte, zog Lukas hinter sich her in dessen bescheidene Kammer. "Wenn wir noch etwas brauchen sollten, besorgen wir es eben vor Ort", entschied er kühn, lächelte Lukas an, der ihn ängstlich ansah. "Gut", ignorierte er den bangen Ausdruck auf dem runden Gesicht. "Hast du deinen Ausweis? Also, schlüpf in die Jacke, ich drehe eine Runde und die Sicherungen raus, nur für alle Fälle", munter zwinkerte er Lukas zu und wischte eilig durch die gesamte Wohnung, die verschachtelt eher einem Labyrinth glich. Alle Sicherungen raus, kein Strom mehr irgendwo, dann konnte wohl kaum etwas passieren. Als er zurückkehrte, stand Lukas ratlos vor ihm. Er trug seinen Parka und die unpraktischen Slipper, die er ständig verlor, weil sie zu groß waren. »Schuhe kaufen. Und noch dies und das«, notierte sich Maximilian, warf sich beide Taschen über eine Schulter und fasste mit der anderen Hand nach Lukas'. "Dann lass uns abzischen! Wuuuiiiiiiiiiiiiiihhhhhhhhhhhhhhhhh!" O~O Lukas stand nervös neben den beiden Reisetaschen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Maximilian, der eifrig mit seinem Mobiltelefon die Zeit nutzte, bis sie das bestellte Taxi abholte. »Man merkt sofort, wie weltgewandt er ist«, bewunderte er ihn. Er wusste allerdings nicht, dass Maximilian gerade Baron Münchhausen Konkurrenz bereitete, indem er wechselseitig Lügenmärchen strickte, um zu verschleiern, wo er die Feiertage zu verbringen gedachte. O~O Lukas hielt sich nervös an Maximilians Seite, als sie den Flughafen erreichten. Zum ersten Mal in seinem Leben würde er fliegen, ins Ausland! "Gib mir die Hand, sonst verlieren wir uns hier noch!", Maximilian wandte sich zu ihm herum, lachte aufgedreht, "das ist wie ein Ameisenhügel hier!" Während Lukas Mühe hatte, aus dem Wirrwarr an Hinweisen zu erkennen, wo sie genau entlang liefen, steuerte Maximilian bereits den passenden Schalter an. Der freundliche Mann hinter der Theke lächelte professionell, rief die Reservierungen auf, druckte die Flugtickets aus und nahm das Gepäck entgegen. "Führen Sie Handgepäck mit sich? Ich darf darauf aufmerksam machen, dass Flüssigkeiten aller Art nur in Mengen bis 100ml in einem durchsichtigen Beutel mitgeführt werden dürfen..." Maximilian hob die freie Hand, "Verzeihung, aber wir reisen ohne Handgepäck. Die Sicherheitshinweise sind uns bekannt." "Ah...nun, dann begeben Sie sich doch bitte zum Einchecken", fing sich der Mann rasch, wies die Richtung. "Danke schön!", trällerte Maximilian aufgekratzt, tippte sich grüßend unter die Krempe seines Outdoor-Hutes und marschierte los. Lukas in seinem Schlepptau konnte kaum folgen, drehte unauffällig den Kopf von links nach rechts, um nichts zu verpassen. "Wohin...wohin fliegen wir eigentlich?", erkundigte er sich schließlich tollkühn. Auf ihrem Weg lagen verschiedene Schalter, aber Maximilian schien noch nicht an seinem Ziel angekommen zu sein. Der drehte den Kopf, zwinkerte neckend, "du wirst Augen machen, wenn du es siehst! Wir werden jede Menge Spaß haben! Noch viel besser als Euro-Disney!" Lukas stolperte hinter ihm her, studierte die hochgewachsene Gestalt in dem Parka mit Leopardenmuster, dem extravaganten Hut, den schwarzen Lederhosen und den schweren Bikerboots, »warum...warum hast du mich ausgesucht?« Er war überzeugt, dass er Euro-Disney nicht verdient hatte. Und noch etwas Besseres? Lukas war sich nicht mehr sicher, ob seine spontane Trotzreaktion wirklich eine gute Entscheidung gewesen war. O~O »Aha!«, Maximilian legte noch ein wenig an Tempo zu. Lukas an seiner Hand war ihm viel zu ruhig und folgsam. »Vor allem hat er zu viel Zeit, um nachzudenken, sich zu sorgen und einen Rückzieher zu machen!«, dachte er grimmig. Aber dazu durfte es nicht kommen! Wenn sie erst mal hinter den Kontrollen waren, dann würde es auch kein Zurück mehr geben, DANN hatte sein Coup wirklich Erfolg. Er winkte also mit den Tickets, passierte die Sicherheitsschleuse in angemessenem Tempo und wartete ungeduldig, dass auch Lukas durchgelassen wurde. Eingeschüchtert und verwirrt wirkte der wie ein Kaninchen im Schlangennest. "Gleich geht's los!", Maximilian streckte ihm die Hand hin, lächelte betont munter, "wir haben ganz ordentliche Plätze!" Erfreut registrierte er, dass Lukas seine Hand ergriff, sich an ihm festhielt. Rasch ging es weiter, das Flugzeug war schon zur Hälfte besetzt, als sie auf ihre Plätze verwiesen wurden. Am Fenster saß eine ältere Dame, die einen missbilligenden Blick auf ihn warf, bevor sie Lukas musterte, der sich aus seinem Parka zu schälen versuchte, ohne seinen Pullover gleich mitabzustreifen. Leider neigte das qualitativ geringwertige Innenfutter zur statischen Aufladung. Maximilian griff ein, wickelte Lukas aus und platzierte ihn neben die Dame, dann schlüpfte er aus seinem Parka, lüftete den Outdoorhut, faltete ihn gekonnt zusammen und verstaute alles in einem Gepäckfach. Dank seiner Größe verursachte ihm das keine Umstände, was die freundlichen Flugbegleiter mit einem Lächeln quittierten. Da er recht häufig flog, sah Maximilian keinen Sinn darin, sich unbeliebt zu machen oder andere Leute bei ihrer anstrengenden Arbeit zu behindern. Er ließ sich nieder, ergriff Lukas' Hand, fädelte den Ärmel so auf, dass er endlich einmal Haut und nicht nur Stoff zu fassen bekam. "Das wird dir gefallen", zwinkerte er, neigte sich zu Lukas und flüsterte ihm zu, "wie in der Achterbahn am Anfang, wenn sie den Zug hochziehen!" Er spürte, als sich ihre Strähnen streiften, wie Lukas sich zu ihm drehte, ihm ins Ohr wisperte, "wir fliegen wirklich nach Lucious Lemon?" "Yepp!", Maximilian wandte den Kopf, um in die braun gefleckten Augen zu sehen, "und ob wir das tun! Außerdem gibt es gleich noch Kaffee!" Zum ersten Mal an diesem Tag konnte er Lukas lächeln sehen, vorsichtig zwar, als sei dem Glück nicht zu trauen, aber Welten entfernt von der traurigen Grimasse, die er üblicherweise zeigte. Hinter Lukas funkelte die ältere Dame und wandte sich betont dem Fenster zu. Maximilian grinste. Es hatte sich doch gelohnt, bei Lukas den Norwegerpullover gegen ein hautenges Sweatshirt mit goldenem Playboy-Hasenmuster auf schwarzem Grund zu wechseln. »Wenn der Leoparden-Parka sie nicht gekillt hat: das Shirt tut's«, triumphierte er feixend. Er bemerkte, wie Lukas an ihm vorbeisah, offenkundig irritiert, also wandte er den Kopf und sah zwei junge Frauen, die von einer Illustrierte zu ihm herüberstarrten und ihn musterten. »Ah«, dank seiner Größe erkannte er die Anzeige. Er zwinkerte keck und blies einen Kuss über den Gang. Die Adressatinnen kicherten wie Schulmädchen und zappelten aufgeregt herum. Maximilian war froh, dass der Start signalisiert wurde. Frech verschränkte er seine Finger mit Lukas', rutschte genüsslich in seinem Sessel herum, als müsse er eine besonders bequeme Position einnehmen. Lukas neben ihm atmete vor Aufregung schneller, aber ein rascher Seitenblick bewies Maximilian, dass die großen Augen mit den braunen Flecken strahlten. Für ihn war ein Start nichts Neues, also erlaubte er sich den Luxus, ausschließlich Lukas' Profil zu betrachten, der jede Emotion zum ersten Mal erfuhr. O~O Natürlich war es bereits dunkel, als sie in Lucious Lemon landeten, immerhin war es der Tag des Winteranbruchs und kurz vor der Wintersonnenwende. Als das Flugzeug eine Schleife flog, sich neigte, um den kleinen Flugplatz anzusteuern, konnten sie unter sich den Crystal Eye-See blinken und glitzern sehen, beleuchtet von Lucious Lemon. Lukas neben ihm hielt vor Aufregung den Atem an, versuchte, aus dem winzigen Fenster jeden möglichen Blick zu erhaschen. Die Landung verlief unspektakulär, zeugte von Übung. Beim Aussteigen gab es den gewohnten Knäuel aus Dränglern, Schiebern, Schubsern und anderen Hektikern. Nachdem Maximilian ihre voreingenommene Sitznachbarin herausgelassen hatte, sank er wieder in seinen Sessel und fasste Lukas' Hand. "Wir warten, bis sich die Aufregung ein bisschen gelegt hat", nickte er mit dem Kopf Richtung Menschentraube, "das ist wie im Kino. Geht kein bisschen schneller, wenn alle auf einmal raus wollen." Lukas saß neben ihm auf der vordersten Kante, drehte den Kopf, um immer wieder einen Blick auf den Flughafen zu erhaschen, gleichzeitig aber auf keinen Fall der Mannschaft durch Trödelei Anlass zur Beschwerde zu geben. Maximilian lächelte über den Eifer seines Klassenkameraden, niemandem zur Last zu fallen, sich einzufügen. Als sich der Gang merklich geleert hatte, erhob er sich, gab Lukas' Hand frei und angelte ihre Parkas sowie seinen Hut aus dem Gepäckfach. "Alles schön anziehen und zumachen", erinnerte er Lukas. Im Gegensatz zu ihrer Heimat lag hier Schnee, und ein eisiger Wind wehte sowohl vom Purpurgebirge als auch vom Crystal Eye-See hinüber. Handschuh in Pulloverärmel verließen sie mit den letzten Passagieren das Flugzeug, passierten die Sicherheitsschleusen und betraten Lucious Lemon, nun, zumindest den Part, der zum Flughafen gehörte. "Da hinten ist die Gepäckausgabe", Maximilian hatte keine Mühe, die Traube zu überblicken, die sich auch hier um Koffer rangelte, die alle identisch aussahen. Er wählte einen Platz am hinteren Ende des Transportkarussells, um ihre beiden Reisetaschen, die offenkundig schon ein paar Umdrehungen überstanden hatten, abzufischen. "Hast du Lust, noch ein bisschen bummeln zu gehen? Ja?", Maximilian neigte sich zu Lukas hinunter, plinkerte übertrieben mit den Wimpern, um zu verdeutlichen, dass ER sehr gern ein wenig bummeln wollte. Lukas lächelte, "ich gehe gern mit dir bummeln", musterte dann das Gepäck, das Maximilian wie selbstverständlich schulterte. "Keine Sorge, das verstauen wir in Schließfächern!", Maximilian wies mit dem Kopf Richtung Ausgang. Per Rollsteig erreichten sie eine der zahlreichen Schienenbusstationen. "Weißt du, was?", Maximilian löste Fahrscheine. "Wir fahren in die Stadt rein! Wir lassen unser Gepäck bei einer großen Station und nehmen die Gleitschienenbahn! Ja? JA?!", er zupfte an Lukas' Parka. Lukas blinzelte überrascht, hielt sich einen Ärmel vor den Mund und kicherte leise, "in Ordnung." Gesagt, getan. Maximilian, der nicht zum ersten Mal in Lucious Lemon war, wählte die größte Station aus, um dort ihre Reisetaschen zwei Schließfächern anzuvertrauen, dann führte er Lukas per Rollsteig nach oben, wo alle zwei Minuten die Gleitschienenbahn einschwebte. Sie verlief in einer Zirkellaufbahn durch die Stadt, sodass man bequem eine Rundreise absolvieren konnte. Außerdem war sie so verglast, dass man freien Blick nach allen Seiten, sogar durch den Boden, haben konnte. Im Augenblick waren die speziellen Glasscheiben getönt, um das strahlende Weiß des frisch gefallenen Schnees nicht zu stark zu reflektieren. Lukas konnte nicht sitzen, wie ein Uhu drehte er den Kopf, legte ihn in den Nacken, staunte zwischen seinen Füßen auf den Boden. Was für ein Zug, so lautlos, so sanft beim An- und Abfahren und dann das Panorama! Überall leuchtete es, glitzerte, funkelte! Er konnte den See in der Ferne erkennen, die freundlich und festlich beleuchteten Fenster und Fronten der Gebäude. Selbst in der Ferne, zu den Bergen hin, schien es nicht vollkommen dunkel zu werden! Maximilian, der neben ihm stand und locker einen Arm um seine Hüfte geschlungen hatte, lächelte amüsiert. Lukas so freudig erregt und wissbegierig zu sehen, das hellte diesen trüben Tag gewaltig auf. Ja, es lieferte ihm den Beweis, dass seine Entscheidung richtig gewesen war! Er beugte sich hinunter und raunte Lukas einige Erklärungen zu, die ihm noch von seinem letzten Besuch im Gedächtnis hafteten. Tagsüber wäre Lucious Lemon sicherlich auch zauberhaft, aber das musste warten. Als sie erneut nach einer kompletten Rundreise eine Stunde später zwischen den hohen Türmen der Hochhäuser einschwebten, fasste er Lukas' Ärmel und dirigierte ihn zur Ausstiegsseite. "Komm, lass uns noch ein wenig schaufensterbummeln!", forderte er seinen Wunsch ein, führte Lukas einen Rollsteig hinunter und wählte eine Einkaufspassage aus. Hier herrschte vorweihnachtliches Gepränge, nicht zu auffällig oder grell, aber unzweideutig. Glücklicherweise ertönte nicht aus jedem Geschäft ein Potpourri der grässlichsten Weihnachtslieder, sodass man befreit und ohne Druck flanieren konnte. Erstaunlich, dass sich niemand drängte, in letzter Minute Unnützes und Überflüssiges zu erstehen trachtete. Maximilian steuerte ein großes Schuhgeschäft an. Auch wenn man hier den Schnee entfernt hatte, zu großen Blocken zusammengeschoben, die in Schneemänner, Schneeengel und andere Figuren verwandelt worden waren, erkannte er doch, dass sein Begleiter mit den unsäglichen Slippern der Witterung nicht angemessen bekleidet war. Dagegen musste etwas unternommen werden! »Allerdings werde ich es mit einer List versuchen müssen!«, ermahnte er sich selbst zur Vorsicht. "Oh, sieh mal!", er tippte an einen Kunststoffsarg, in dem ein Paar besondere Turnschuhe aufgebahrt waren, "eine Ausstellung von Klassikern!" So konnte man die Galerie auch bezeichnen, wobei alles, was die präsentierten Schuhpaare auszeichnete, der sportliche Erfolg ihrer Träger/innen war. Mit diesem gelungen Entree konnte Maximilian Lukas die Regalreihen entlang schieben, zuerst bei den etwas ausgefalleneren Modellen, die zweifelsohne ihre unleidliche Flugnachbarin in ein Abscheu-Koma getrieben hätten, dann stand er vor den Wanderschuhen, Outdoor-Artikeln und Boots aller Art. "Die sind toll", bemerkte er beiläufig, fischte ein Paar ab, das ZUFÄLLIG Lukas' Schuhgröße entsprechen musste, nötigte seinen Begleiter, sich auf einem bequem gepolsterten Sitzrondell niederzulassen, um die Rolle des Aschenputtels zu übernehmen. "Aber Max...", Lukas protestierte hilflos. "Nur mal probieren, ja? Hast du überhaupt schon mal solche Schuhe getragen?", Maximilian gab nicht klein bei. Er angelte als Kontrast Cowboystiefel aus Schlangenlederimitat aus einer höher gelegenen Reihe, fand noch ein Paar herrliche Motorradstiefel mit Silber- und Türkisschmuck, streute einen Wanderschuh ein...und ließ Lukas, der vor Verlegenheit gar nicht wusste, wie er sich weigern sollte, ohne unverschämt zu wirken, auf und nieder marschieren. "Das war lustig, richtig? Wenn man in anderen Schuhen steht, hat man gleich ein ganz neues Lebensgefühl, oder?", Maximilian verstrubbelte Lukas' einfache Frisur und fasste unauffällig sein Favoritenpaar ins Auge. Scheinbar zerstreut blickte er auf sein rechtes Handgelenk, konsultierte gleichsam die dort ansässige Uhr und stöhnte auf. Lukas betrachtete ihn erschrocken, "stimmt etwas nicht?!" "Ja!", Maximilian zog eine zerknirschte Miene, "guck mal, wir haben glatt das Abendessen verpasst!" Anklagend präsentierte er das Zifferblatt der exklusiven Uhr, die halb Sieben anzeigte. Blinzelnd versuchte Lukas, die Tiefe des Problems zu ermessen. "Hör mal", Maximilian kniete vor ihm, um ein paar Harlekin-Hausschuhe mit Glöckchen von Lukas' Füßen zu streifen, "kannst du rasch in die Bäckerei zwei Blocks weiter springen, während ich das Chaos hier aufräume? Da gibt es einen heißen Apfel-Zimt-Strudel, einfach herrlich! Wir treffen uns da, ja?" Ohne Umschweife kramte er eine Geldkarte hervor, drückte sie Lukas in die Hand, der einigermaßen verschreckt wirkte. "Bitte", tollkühn streichelte Maximilian über eine bleiche Wange, "machst du das für mich? Ja? Hm?" Lukas schloss die Ärmelenden um die Geldkarte, nickte tapfer und lächelte verlegen. Maximilian sah ihm nach, als er sich entfernte, ein wenig steif, von seiner Mission durchdrungen, dann rappelte er sich auf, um in Blitzgeschwindigkeit die verstreuten Schuhe paarweise an ihren Aufbewahrungsort zurückzuführen und das Favoritenpaar den umsichtigen Händen eines Verkäufers anzuvertrauen. O~O Lukas zögerte, sah sich eingehend um, prägte sich alles ein, dann erst marschierte er los, zählte Geschäfte ab, um sich auf gar keinen Fall zu verirren, aber die Bäckerei war kaum zu übersehen. Eine gewaltige Theke zog sich durch den gesamten Verkaufsraum, bestimmt insgesamt fünfzig Meter Glas mit dezenter Beleuchtung der ausgestellten Produkte. Hier konnte man nicht nur Backwaren erstehen, sondern auch Konfiserie, Patisserie, Getränke, Zeitungen und Zeitschriften, um es sich im Zentrum bei der Insel der Stehtische bequem zu machen. Lukas warf einen Blick in die Runde, konnte aber nicht feststellen, wo genau man sich anstellen musste. Überall wuselten Kunden, wiesen auf dies oder jenes, laut und munter ging es zu, während im Hintergrund "Oh du Fröhliche!" ertönte. Endlich entschied er sich für den Bereich der Kuchen und Torten, stellte sich an das Ende einer Reihe und hoffte, dass er keinen Fehler beging. Er legte den Kopf in den Nacken, um die Anzeigen zu studieren. Zu jedem Produkt gab es Informationen, Anzahl der noch nicht verkauften Artikel und natürlich den Preis. Er atmete erleichtert auf, als er "Apfel-Zimt-Strudel, frisch aus dem Ofen" entzifferte, konzentrierte sich auf die Zahlen hinter dem Eintrag, aber sie verwischten nicht, verwandelten sich nicht, was ihn erleichtert ausjapsen ließ. "Guten Abend, was darf es sein?", Lukas schreckte zusammen. "Zweimal Apfel-Zimt-Strudel", bestellte er hastig, lief rot an, als ihm bewusst wurde, dass er den Gruß vor Aufregung nicht erwidert hatte. "Das dauert einen kleinen Moment. Möchten Sie noch etwas dazu?", hastig schüttelte er den Kopf und nahm zögerlich eine Nummer auf einem kleinen Ticket entgegen, "bitte bezahlen Sie doch an der Kasse." Zwei Meter entfernt summte und brummte ein Kassenautomat, "die Nummer auf Ihrem Ticket wird hier oben angezeigt. Es dauert nicht lange." "Danke...schön", murmelte Lukas, machte kehrt und rückte in die Kassenschlange. Dort fanden sich offensichtlich alle Kunden ein, deren Bestellung mehr als einen Wimpernschlag Zeit erforderte. Der Kassenautomat verschlang das Ticket, anschließend Maximilians Geldkarte, spuckte beide wieder aus und brummte zufrieden. Weil damit das Geschäft mutmaßlich abgeschlossen war, rückte Lukas aus dem Gewusel in den relativ ruhigen Bereich der Stehtischinsel, studierte wachsam die Anzeigetafel, das kostbare Ticket zwischen seine Finger geklemmt. Die froren ohne den Schutz der Ärmelenden, die sie immer zutraulich umklammerten. Wo war Maximilian? »Hoffentlich verfehlen wir uns nicht!«, Lukas schluckte und zog die Schultern hoch. So aufregend und schön die Stadt auch war, ohne Maximilian wäre er ganz sicher verloren. "Ach herrje, so viel Betrieb!", Maximilian materialisierte sich neben ihm, legte ihm vertraulich den Arm um die hochgezogenen Schultern, "hätte ich das gewusst! Aber du wirst sehen, der Apfel-Zimt-Strudel ist es wert, ganz bestimmt!" Lukas nickte unwillkürlich, erleichtert, dass er nicht mehr allein war in diesem bunten Treiben. Es fühlte sich beinahe so an, als befänden sie sich auf einem Rummel! "Sag mal, kannst du hier einen Moment warten? Ja? Dann hole ich uns noch etwas Warmes zum Trinken! Dann rutscht es auch leichter", Maximilian zwinkerte, "was möchtest du, hm? Tee? Punsch? Kaffee? Kakao? Milch mit Honig?" Er konnte an Lukas' hilflosem Blick erkennen, dass ein Überangebot an Möglichkeiten ihm die Entscheidung nahezu unmöglich machte. "Bitte entscheide du", rang sein Freund sich hastig eine Antwort ab. "Naaaaaa GUUUUUT!", schnurrte Maximilian, rieb sich grinsend die Handschuhe übereinander, "du hast es nicht anders gewollt!" Ohne viel Federlesens drängte er eine mittelgroße Tüte zwischen Lukas' Beine, schnappte seine Geldkarte und mischte sich unter die Kundenschar. Dass er dabei auch noch das Ticket an sich nahm, bemerkte Lukas erst, als die hochgewachsene Gestalt des Klassensprechers außer Sicht war. O~O Maximilian lächelte, als er nicht nur die beiden großen Stücke Apfel-Zimt-Strudel in Thermoschachteln transportierte, sondern auch zwei Becher der Spezialmischung, die einer der Barista empfohlen hatte. Nach dem zu urteilen, was Maximilian gesehen hatte, bestand die geheimnisvolle Mischung aus heißer Schokolade, mit Sahne cremig verfeinert, geschmolzenen Mini-Marshmallows, die wie kleine Würfelchen in der Mischung trudelten, dazu Vanillearoma und mindestens einen Schuss von etwas, das 'bei ihnen einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird', wie der Artist hinter der Theke sich ausgedrückt hatte. »Nun, Alkohol ist es sicher nicht«, denn auch hier sahen die Bestimmungen zum Schutz der Jugend vor, dass Alkohol nicht an Personen unter achtzehn Jahren ausgeschenkt werden durfte. Das war zwar strenger als zu Hause, aber Maximilian störte es nicht weiter. »Bin gespannt, was das für ein Schuss ist«, lächelte er aufgekratzt, als er Lukas wiederfand, der verloren nach ihm Ausschau hielt. "Hier", Maximilian verteilte die beiden Thermoschachteln auf dem Stehtisch, stellte dann die Becher ab, "das ist eine Spezialmischung. Sag mir mal, was du rausschmeckst, ja? Es soll ein geheimnisvoller 'Schuss' von irgendwas drin sein!" Lukas nickte, beäugte den Inhalt seines Bechers argwöhnisch. "Was meinst du?", Maximilian lächelte, hob seinen Becher an und touchierte Lukas' vorsichtig, "eins, zwei, drei und Schluck?" Tapfer hob Lukas ebenfalls seinen Becher an, ließ Maximilian anzählen und nahm sehr vorsichtig nach 'drei' einen Mund voll. Nun...es schmeckte gut, sogar sehr gut. Die Mini-Marshmallows zergingen auf der Zunge, die Vanille vermählte sich aromatisch mit der Schokolade, winzige Haselnusssplitter knusperten im Mund. Aber der Schuss? "Oh-HA!", keuchte Maximilian plötzlich, wedelte sich mit der Linken vor dem Mund, "meine GÜTE!" Lukas ließ die Plastikgabel sinken, die er gerade in den Strudel senken wollte, dann spürte er es auch, als ob ein Geist von Schärfe aus der Tiefe seiner Speiseröhre emporstieg, sich pfeffrig in seiner Mundhöhe ausbreitete und verlangte, dass man ihn in die Freiheit entließ. "Ist das Pfeffer? Oder Chili?", Maximilian nahm einen weiteren Schluck, prüfte. "Es riecht nach Pfefferminz", murmelte Lukas verlegen, als könne man sich auf seine Einschätzung ganz sicher nicht verlassen. "Wirklich?", Maximilian hauchte, als er die Schärfewolke in seinem Mund spürte, auf seinen Handteller, schnüffelte kritisch. "Du hast recht!", bestätigte er erstaunt. Wie hatten sie es geschafft, Pfefferminz auf diese Weise einzubringen? "Verrückt", er strahlte Lukas an, "aber nicht übel, oder?" Lukas lächelte, kaute begeistert an seinem Strudel. Was für ein Genuss! Viel besser als die Aussicht, sich bis zum Jahreswechsel mit belegten Broten begnügen zu müssen. "Gefällt es dir?", Maximilian wartete höflich ab, dass sie beide nicht gerade kauten, um sicherzugehen, dass Lukas auch wirklich Spaß hatte. "Ja. Es ist herrlich!", folgte die Replik, für Lukas' Verhältnisse sogar enthusiastisch nachdrücklich. "In Ordnung!«, Maximilian lachte, »dann werden wir einfach so weitermachen!" O~O Kapitel 2 - Lollipop! Frisch gestärkt fasste Maximilian Lukas' am Ärmelende, steuerte den weiteren Verlauf der Einkaufspassage an. Er schwenkte seine Tüte und neigte sich oft zu seinem Begleiter hinab, um auf dieses oder jenes hinzuweisen, dann fand er, was er gesucht hatte. Schon von weitem hörte er, noch bevor sich die Leuchtreklame anmelden konnte, die einzigartige Werbemelodie: das laute Kichern, Giggeln und Kreischen von Mädchen. "DA müssen wir noch rein!", drängte er Lukas zur Eile, der artig folgte, aber Mühe hatte, nicht über seine unpraktischen Slipper zu stolpern. Nun ereignete sich etwas, was Lukas zu Maximilians Begeisterung offenkundig verblüffte: eine Traube von Mädchen und jungen Frauen interessierten sich mehr für die angebotenen Artikel als für Maximilian!! Sie sahen her, lächelten, nickten...und konzentrierten sich wieder auf die Auslage?! Maximilian grinste so breit, dass seine Ohren sich über Besuch freuten. Er LIEBTE diesen Effekt einfach! Er war nicht zu feige, die Hürde durch ein Reich aus niedlich-kitschig-rot-rosa-bonbonfarben zu nehmen, um die weiteren Stockwerke zu erklimmen. Wer erst mal das Erdgeschoss passiert hatte, wo die neuesten Produkte auf hauptsächlich Kundinnen warteten, der konnte mit jedem Stockwerk höher tiefer in andere Welten eintauchen. Lukas staunte über Kostüme aller Art, Glasschränke mit Figuren, Poster und Wandbilder mit schönen, exotischen oder grauenvollen Motiven, dunkle Höhlen mit merkwürdigem Inhalt, Wände voller Regale, riesige Auszugschränke voller Literatur für ein Leben (nein, abertausende!) in anderen Dimensionen. Dazwischen tummelten sich Accessoires aller Art, Gebrauchs- und Alltagsgegenstände, Kleidung, Taschen, Büromaterial, sogar Hygieneartikel. Ein "Adultsshop" wartete mit einer freundlichen Dame in fortgeschrittenem Alter auf, die um Ausweise bat. Maximilian lächelte, »der Shop ist für uns noch tabu.« Er lenkte ihre Schritte behutsam in eine andere Ecke. Hier herrschten helle, warme, sepiafarbene Töne vor. Ein frecher Kauz prangte mit punkartigem Federschmuck auf den ausgewählten Artikeln. "Kannst du mal bitte ein Momentchen...?", Maximilian nutzte gnadenlos Lukas' gute Manieren aus, ließ ihn die Plastiktüte halten, sodass er die Gelegenheit ergreifen konnte, von einem Ständer eine Mütze aus weichem Fleece mit langen Stoffstreifen über den Ohren zu pflücken. Ohne Zeitverzug fasste er die beiden Streifen am Ansatzpunkt, stülpte Lukas die Mütze über und zupfte sie kritisch zurecht, bis sie nach seinen Vorstellungen perfekt auf dem braunen Schopf ruhte. "Ja, gar nicht schlecht", wie ein ausgewiesener Modekritiker knickte er einen Arm ab, winkelte den anderen im rechten Winkel dazu an, stellte eine Hüfte aus und spreizte arrogant den kleinen Finger ab, während sein Zeigefinger und Daumen exakt im rechten Winkel zueinander auf seiner Wange ruhten. Lukas lupfte irritiert die Augenbrauen bei diesem Anblick, schielte ratlos zur Seite, wo ein großer Spiegel wartete. Mit einem breiten Grinsen verabschiedete sich Maximilian von der Pose, wirbelte auf dem Absatz herum, um einen Schal aufzupicken und fürsorglich um Lukas' Hals zu wickeln. "Schon besser, fehlen nur noch die Handschuhe!", eifrig schob er winzige Kleiderhaken beiseite, um das passende Paar auszuwählen. "Max, bitte, was machst du da?", Lukas zog die Schultern zusammen, versuchte zu schrumpfen, als er bemerkte, wie sich eine Gruppe Mädchen ihnen zuwandte und zu tuscheln begann. Die Situation war ihm höchst unangenehm. "Hier, die müssten passen", unbeeindruckt entblätterte Maximilian eine Hand aus einem zerknüllten Ärmelende, legte den Handschuh an, streifte ihn dann einfach über. "Fühlt sich das nicht herrlich weich an? Hält außerdem warm, ist luftdurchlässig und man schwitzt nicht darin", pries er die Vorzüge an. Lukas starrte auf den Boden. In seinen Ohren gingen Maximilians Worte unter, verloren gegen das Tuscheln und Kichern. Selbst wenn sie nicht über ihn redeten fühlte er sich gedemütigt. "Gefällt es dir nicht?" Er blinzelte, als Maximilian vor ihm in die Hocke ging, sich an seinen Händen festhielt und ihn ernst ansah. Unwillkürlich blickte er zur Seite. Konnte es noch peinlicher werden? Es konnte, denn Maximilian federte schwungvoll hoch und nahm ihn in die Arme. O~O Man musste nicht hellseherisch begabt sein, um zu begreifen, warum Lukas' fröhlich-muntere Stimmung sich verabschiedet hatte. Maximilian drückte ihn an sich, warf einen ruhigen Blick hinüber, wo Tuscheln und Kichern abrupt geendet hatten. Die aufgedrehte Stimmung war verflogen, nun erwiderten die Mädchen seinen Blick nicht mehr, sondern schoben sich gegenseitig an, um sich zu entfernen. Offenkundig hatten sie genug Anstand zu erkennen, dass ihr Verhalten verletzend gewesen war. Er senkte den Kopf, raunte durch die flauschige Mütze, "weißt du, da wo wir heute noch hinfahren, liegt Schnee und es ist richtig kalt da, eisiger Wind. Du würdest ganz furchtbar frieren, wenn wir morgen einen Spaziergang machen. Das möchte ich auf gar keinen Fall." Lukas rührte sich noch immer nicht. »Hoffentlich sammelt er nicht seinen Mut, um tapfer und rücksichtsvoll und viel zu vernünftig zu sein!«, grollte Maximilian. Er löste seine Umarmung, legte die Hände auf Lukas' Schultern und drehte ihn zum Spiegel um, "schau mal, ich finde, es steht dir richtig prima! Der Kauz ist doch absolut umwerfend, oder? Hm?" Im Spiegel sah er, wie Lukas zögerlich den Blick hob, es riskierte, sich selbst zu betrachten. Dann murmelte Lukas kaum vernehmlich, "ich kann das nicht bezahlen." "Du musst nichts bezahlen, ich habe dich schließlich eingeladen!", bestimmte Maximilian souverän, strahlte Lukas an. "Außerdem hätte ich ja deine Reisetasche vernünftiger packen können, oder? Aber nein, tsk tsk", er klopfte sich selbst gegen eine Schläfe, "da habe ich einfach nicht mitgedacht." Lukas sah zu ihm hoch. Er musste nicht aussprechen, was in seinen Augen zu lesen stand, »versuch nicht, mir etwas vorzumachen. Du bist viel zu umsichtig und clever, um so etwas einfach zu vergessen.« "Komm", Maximilian sammelte die Plastiktüte ein, schnappte sich Schal, Mütze und Handschuhe, "sehen wir zu, dass wir langsam wieder zur Station zurückkommen." "Aber Max...", Lukas hing an seinem Arm, "das geht wirklich nicht." Maximilian hielt inne, wandte sich zu Lukas um. "Gut, dann nennen wir es ein Tauschgeschäft", bestimmte er leichthin, "ich tausche diese schönen, kuscheligen Sachen gegen deinen Trainer ein." Lukas erstarrte, aber Maximilian stieß wie ein Habicht zu, "ich weiß, dass du ihn eingesteckt hast, aber du brauchst ihn doch nicht mehr, oder? Also, tauschen wir!" Fordernd streckte er die Hand raus, beobachtete, wie Lukas auf seinen Handschuh starrte, Für und Wider erwog. Schließlich versenkte Lukas die Rechte in der Tasche seines Parkas, fischte ein kleines, schwarzes Büchlein heraus. Nach einem kurzen Zögern legte er es in Maximilians Hand. Der schloss die Finger um das kleine Buch, stopfte es in die Tasche seines Parkas und griff nach Lukas' Hand, "so, dann wollen wir mal die Kasse suchen!" O~O Lukas blickte aus dem Panoramafenster, halb verhüllt hinter seinem neuen Schal. Er hatte noch nie etwas so Weiches, so Schönes besessen. Und leicht war der Stoff trotz seiner Länge auch noch! Natürlich wirkten seine neuen Accessoires mit dem alten Parka eher unpassend, der ein bedrückend-nüchternes Grau zur Schau stellte und durch Abnutzung fleckig erschien. »So kuschelig!«, heimlich neigte er den Kopf um einige Grade, um mit der Wange über den Schal streichen zu können. Maximilian stand direkt hinter ihm, blätterte durch seinen Trainer. Seiner Miene war nichts zu entnehmen, aber Lukas gewann den Eindruck, dass sein großzügiger Gastgeber über die Eintragungen erbost war. Er schämte sich ein wenig, dem 'Tauschgeschäft' zugestimmt zu haben, immerhin besaß das kleine Notizbuch keinen besonderen Wert. Als ihre Station angekündigt wurde, akustisch und optisch, verstaute Maximilian das Buch wieder in seiner Tasche, fasste nach Lukas' Hand. »Wohin gehen wir jetzt?«, fragte sich Lukas, schwieg aber, denn Maximilian wirkte noch immer grimmig. O~O Die beiden Reisetaschen geschultert überließ Maximilian Lukas die Plastiktüte, bahnte sich über den Rollsteig einen Weg zu einer Rufsäule. Er bat um ein Taxi und postierte sich mit Lukas deutlich sichtbar an der Haltebucht. Er wusste, dass er besser etwas sagen sollte, aber er war zu wütend, um sicher zu sein, dass er sich beherrschen konnte. »Dieser alte Mistbock...!!«, Maximilian fühlte das schwarze Buch in seiner Tasche und nahm sich vor, es auf jeden Fall zu verbrennen, dieses widerliche Zeugnis von Demütigung, Druck und Enttäuschung zu vernichten. Sie wussten alle, dass Lukas unter einer Lese- und Schreibschwäche litt. Er war nicht dumm oder langsam, ganz zu schweigen von faul, aber in seinem Kopf verdrehten sich manche Buchstaben und Zahlen und das führte zu Fehlern. Je aufgeregter er war, je größer der Druck, umso höher die Fehlerzahl. Man konnte diese Fehlschaltungen im Gehirn behandeln, Übungen absolvieren, potentielle Fehlerquellen erkennen. Vor allem aber musste man Ruhe bewahren, wenig Druck aufbauen und akzeptieren, dass diese Schwäche nicht verschwinden würde. »Der alte Mistbock hat offenkundig auch eine Fehlleitung im Gehirn«, schäumte Maximilian innerlich, denn mit strengem Regiment stellte Lukas' Vater einen Stundenplan auf, der unermüdlich Sorge dafür tragen sollte, dass der 'Makel' getilgt wurde. Lukas erfüllte seine Ansprüche an den perfekten Sohn offenkundig nicht. Minutiös fanden sich Eintragungen in dem kleinen Buch, Pläne und Strategien, Vorbereitungen und Zensuren, ohne Rücksicht auf Verluste oder eigene Interessen. Lukas hatte es nicht geschafft. Er schien nie gut genug zu sein, um sein Taschengeld in voller Höhe zu bekommen, immer hagelte es Abzüge, die er selbst zu berechnen hatte. Jeder Ansporn in Form einer Belohnung wurde negiert. Maximilian warf einen Seitenblick auf Lukas, der artig neben ihm stand, unauffällig die festliche Beleuchtung bewunderte. Er hatte Lukas entlockt, dass sein Vater mit der ganzen Familie über die Festtage ins Euro-Disney fahren wollte. Natürlich hatte sich Lukas über seinen Freimut erschrocken und sofort relativiert, dass es nur ein Plan sei, eine Idee vielmehr, also sicher noch nicht konkret. Aber Maximilian hatte die Vorfreude in Lukas' Augen gesehen, den Eifer, mit dem der sich in die Arbeit gestürzt hatte, gelernt, geübt, ohne Pause. Und die Verzweiflung, die mit jeder zurückgegebenen Arbeit zunahm, das tapfere Lächeln am letzten Schultag vor den Winterferien, als die letzte Hoffnung zerstob. Das Taxi fuhr heran, riss Maximilian aus seinen bitteren Erinnerungen. Eine Frau stieg aus, half ihm, das Gepäck im Kofferraum zu verstauen, lächelte ihm freundlich zu. Lukas wartete noch immer nervös, traute sich offenkundig nicht, einfach einzusteigen. "Ah, rutsch doch schon mal rein und nimm die Tüte, ja?", Maximilian dirigierte in der sicheren Erwartung, dass Lukas lediglich einer Einladung bedurfte, um es sich bequem zu machen. Nachdem alle an ihrem Platz saßen, Maximilian Lukas' Hand in seiner hielt, lächelte die Fahrerin ihm zu, "also, Fahrtziel war das Bishounencastle?" "Genau", nickte Maximilian, "die Straße ist doch passierbar?" "Aber natürlich", umsichtig fädelte sich ihre Fahrerin ein, "die Strecke durch das Purpurgebirge wird immer freigehalten. Wir sind etwa in einer halben Stunde da." Maximilian wandte den Kopf, um Lukas' Blick zu erwidern, der ihn ungläubig anstarrte. "Es wird dir da gefallen", versicherte er mit einem sanften Lächeln. Er konnte nicht begreifen, wie 'der alte Mistbock' Lukas hatte zurücklassen können. Eine andere Sache schmerzte ihn auch: 'der alte Mistbock' hatte sein Ideal nach IHM ausgerichtet! O~O Lukas bestaunte die Stadtansicht, konnte nicht genug bekommen von der bunten Mischung, die Lucious Lemon darstellte. Als sie die Stadtgrenze passierten, wurde es merklich dunkler. Hier gab es nur die Schnellstraße mit ihren fluoreszierenden Lampen, die Scheinwerfer der anderen Wagen und über ihnen dank der eisigen Kälte die Sterne. Er lehnte sich zurück und betrachtete den Himmel durch das gläserne Dach des Taxis. "Das ist so schön", wisperte er selbstvergessen. "Hmm, stimmt", Maximilian lehnte sich an ihn, folgte seinem Blick. "Aber für die Rentiere mit dem Schlitten ist es noch zu früh", flüsterte er Lukas neckend ins Ohr, der schmunzelte. Als der den Blick senkte, bemerkte er Lichterketten in der Ferne. "Was ist das da?", überrascht setzte er sich auf, um das Phänomen genauer betrachten zu können. Unwillkürlich fühlte er sich an die allweihnachtliche Reklame eines großen Getränkeherstellers erinnert, wo sich durch Schnee und dunkle Nacht die festlich beleuchteten Lastwagen mit ihren schweren Aufliegern als Coca-Cola-Weihnachtstrucks den Weg zu den Siedlungen bahnten. Das gleiche Gefühl der Einsamkeit, der freudigen Erwartung und Hoffnung weckte diese ferne, unregelmäßige Lichterkette bei ihm. "Da oben in den Purpurbergen sind die Räumfahrzeuge im Einsatz", erklärte ihre Fahrerin gelassen, "das sind die großen Lichter. Außerdem sind noch Schneekatzen unterwegs, kleine Raupenfahrzeuge. Die haben die blauen und roten Positionslampen. Nicht nur die Schnellstraße, sondern auch die Landstraßen und die elektrischen Überlandleitungen müssen schneefrei gehalten werden. Außerdem ziehen die Katzen auch noch die Langlaufloipen. Das ist bei klaren Nächten ein beliebter Zeitvertreib, wisst ihr? Mit einer Fackel in einer Gruppe durch den Wald laufen. Dann kann man schon mal die Festtagskilos abtrainieren." Maximilian lachte, "das sollten wir vielleicht auch mal ausprobieren! Hört sich sehr romantisch an." Lukas blinzelte, konzentrierte sich dann wieder auf die Lichtpunkte. Wenn man sich ihnen näherte, so verteilten sie sich, wirkten nicht mehr wie eine Kette. »Also fahren wir in die Berge...in ein Schloss...eine Burg!«, er konnte es gar nicht glauben. Maximilian hatte zwar gesagt, dass es besser als Euro-Disney sei, aber er hatte trotzdem gezweifelt. "Hier", aus seinen Gedanken gerissen zuckte Lukas zusammen, als Maximilian ihm die Schuhe von den Füßen zupfte, "meine Güte, kannst du deine Zehen überhaupt noch spüren?! Deine Füße sind eiskalt!" Bevor er noch etwas erwidern konnte, rieb ihm Maximilian energisch über die Socken, kippte ihn dabei fast rücklings auf die Polster, "ach, nimm doch bitte die Boots aus der Tüte, ja?" Lukas wurde keine Verschnaufpause gewährt. Mühsam drehte er sich auf die Seite, die Füße noch immer in der beschämenden Obhut seines Freundes, wühlte in der Tüte...und angelte zu seinem Entsetzen genau die Schuhe heraus, die er erst vor kurzer Zeit anprobiert hatte. Ruckartig wandte er sich herum, funkelte Maximilian an. Was würde der verlangen? Welchen Preis musste er zahlen? "So, kannst du jetzt was spüren?", Maximilian ignorierte seinen Blick völlig, kitzelte ihn an den Fußsohlen. Lukas ächzte, zog instinktiv die Beine an, wollte sich wie ein Igel zusammenrollen, um der gemeinen Attacke zu entwischen. "Gut!", ohne viel Federlesen kippte Maximilian ihn um, setzte ihn wieder aufrecht und stellte die Boots auf, perfekt zum Reinschlüpfen, verlockend bequem. "Max", murmelte Lukas dumpf, aber er wusste bereits, dass ihn Heerscharen bester Argumente, vernünftig und nachvollziehbar, belagern würden, bis er sich fügte. "Geht's, oder soll ich dir helfen?", Maximilian beugte sich bereits weit vor, streckte die langen Arme aus. "Nein! Nein, danke schön!", hochnotpeinlich errötet bugsierte Lukas seine Füße in die Boots, tauchte ab, um selbst die Schnürsenkel um die beiden Metallhaken zu winden und dann eine vorschriftsmäßige Schleife pro Schuh anzuschließen. Maximilian hielt nichts von vornehmer Zurückhaltung, so schien es Lukas. Kaum, dass er aus seinen ungeliebten Slippern geschlüpft war, landeten sie bereits in der Plastiktüte, die auf eine Weise verknotet wurde, die besagte, dass nicht mehr zu erwarten stand, dass sie jemals wieder geöffnet wurde. "Sieh mal!", unerwartet legte Maximilian ihm die Hand auf den unteren Rücken, nötigte ihn, wieder aufzutauchen, "da sind die Lichter schon! Das Bishounencastle!" Der Ausruf genügte, um Lukas aufzuschrecken. Hastig schoss er hoch, um sich ihr Domizil zu betrachten. O~O Maximilian war sich nicht ganz sicher, dass er die richtige Taktik gewählt hatte. Möglicherweise war er doch ein wenig zu grob vorgegangen, hatte Lukas gekränkt in seinem Verlangen danach, all das Unglück auszugleichen, dass er in den letzten Monaten rat- und hilflos hatte beobachten müssen. Lukas rutschte neben ihn, um besser sehen zu können. Unwillkürlich schlang Maximilian einen Arm um die schmalen Schultern, beugte sich mit seinem Freund zur Seite, um das Panorama zu genießen. Angestrahlt von unterschiedlichen farbigen Scheinwerfern materialisierte sich das Bishounencastle vor ihren Augen aus der dunklen Schneelandschaft. Es glitzerte geheimnisvoll von der Schneedecke zurück, was eine unwirkliche, beinahe märchenhafte Atmosphäre schuf. Noch waren sie einige Kilometer entfernt, aber das weitläufige Gelände um das Bishounencastle präsentierte sich schon in beeindruckender Weise: zwei wehrhafte Ringmauern trotzten jedem Ansturm, auf dem Palas, dem Herrenhaus, kreiselte ein Scheinwerfer gemächlich im Rund. Keine Frage, das Bishounencastle war kein Zuckerwerk-Schloss wie Euro-Disney, sondern eine Burg, die Belagerungen überstehen konnte, massiv, stark befestigt und trotzig. "Da oben können Hubschrauber landen", er zeigte Lukas mit der freien Hand den Landeplatz auf dem Herrenhaus, wo der Scheinwerfer langsam kreiselte. "Wird aber knapp", beschied die Fahrerin, wies auf die Flocken, die vom Himmel trudelten. Sie wirkten harmlos, aber es stand zu vermuten, dass ganze Armeen sich in Kürze von den Wolken stürzen würden, die die Sterne versteckten. Maximilian beobachtete durch das Dach die Flockenentwicklung. Er musste ihrer Fahrerin beipflichten, das sah wirklich nach dichtem Schneetreiben in spe aus. Er warf einen Blick auf Lukas, der noch immer gebannt das Bishounencastle studierte. Natürlich sah es nicht aus wie Cinderellas Zuckerguss-Schloss, das gab Maximilian durchaus zu, aber immerhin handelte es sich hier um ein historisches Gebäude! Außerdem war es ein sehr exklusiver Urlaubsort, besonders, wenn man übernachten wollte, DA konnte der 'alte Mistbock' nicht gegen anstinken! Unabsichtlich drückte er Lukas' Hand fester, der den Kopf wandte und ihn ansah. Maximilian lächelte entschuldigend, spürte ein aufgeregtes Flattern in seiner Magengrube, »ich werde es ihm sagen müssen.« O~O Lukas konnte es kaum glauben. Wie gewaltig die Mauern tatsächlich sein mussten, ein so riesiges Areal zu umschließen! Er verrenkte sich den Kopf, um kein Detail zu verpassen, als sie über die Zugbrücke einen abgeleiteten Teil des Smaragdflusses überquerten, der hier den Burggraben speiste. Das war enorm, gigantisch, ohne Vergleich! Sie passierten rechts und links des sandigen Wegs Parkplätze, wurden durch eine Schneelandschaft, die im Licht der Laternen wie verzaubert wirkte, zum zweiten Ring gelotst. »Drei gewaltige Etagen hoch, darüber Schießscharten und Zinnen!«, Lukas hielt unwillkürlich den Atem an, als das Taxi vor dem geöffneten Maul der zweiten Zugbrücke hielt. "Komm!", Maximilian sammelte die Plastiktüte mit den verbannten Slippern ein, half ihm galant aus dem Fond. Die Taxifahrerin kletterte heraus, um ihnen die Reisetaschen aus dem Kofferraum zu reichen und Maximilians Geldkarte durch das mobile Lesegerät zu ziehen. Lukas murmelte einen Abschiedsgruß, umklammerte die Trageriemen seiner Reisetasche und starrte andächtig in die Höhe. »Wahnsinn«, dachte er beeindruckt, vergaß sogar die sich dichter tummelnden Flocken. "Wir können einen Wagen bestellen", Maximilian winkte dem Taxi zum Abschied zu, las seine Reisetasche auf und betrachtete konsterniert Lukas' Hände: beide trugen eine Last. "Einen Wagen?", Lukas wandte sich herum. "Na, für die Strecke bis zum Herrenhaus. Obwohl ich eigentlich lieber laufen würde, aber mit dem Gepäck...", ließ er den Satz in der Schwebe verklingen. Ohne Aufforderung wagte sich Lukas in den Torbereich hinein. Hoch über ihnen wölbte sich der Torbogen, mit warmem Licht ausgeleuchtet. Sorgfältig polierte Steine, die man Katzenköpfe nannte aufgrund ihrer Form, warteten darauf, dass man über sie hineinschritt. "Ich möchte auch lieber gehen", erklärte sich Lukas, umklammerte seine Reisetasche ungelenk und stolperte tollkühn voran. Nach einigen Schritten bemerkte er, dass er sich nicht sorgen musste, keinen Watschelgang einlegen: seine neuen Boots blieben nicht unerwartet hängen oder stellten ihm anderweitig ein Bein! "Lukas?", Maximilian holte rasch auf, griff nach den Trageriemen der Reisetasche, "lass mich das Gepäck übernehmen. Ich möchte nicht, dass du damit fällst." Lukas erwog für einen Augenblick, zu protestieren und sich dagegen zu verwahren, dass Maximilian ihn für derartig inkompetent hielt, dann erinnerte er sich allerdings beschämt daran, wie oft er gestolpert und gefallen war. Stumm gab er also nach. Wie konnte er Maximilian auch seine freundliche Geste abschlagen? Tatsache war doch: er WAR inkompetent. Also trottete er lieber einen Schritt hinter Maximilian durch den Torbogen bis zum anderen Ende, wo sie eine unglaubliche Welt erwartete. O~O Maximilian zog die Schultern hoch. Er fühlte sich müde und ausgelaugt, nicht etwa aufgrund der Reise, sondern weil Lukas so verzagt und eingeschüchtert reagierte, ihm nicht widersprach, sich fügte, artig jeder Anweisung folgte. »Ich möchte, dass du dich amüsierst. Dass du Spaß hast, mal aus dir rausgehst!« Maximilian haderte schweigend mit sich selbst. Setzte er selbst Lukas mit seinen Erwartungen vielleicht zu stark unter Druck? Hatte er sich verschätzt, als er seinen Freund quasi entführt hatte?! "Was ist das?", Lukas blieb hinter ihm zurück, starrte ungläubig auf das Gebäude vor ihnen. "Das Herrenhaus, Palas genannt", Maximilian machte kehrt, um sich neben Lukas zu stellen, "siehst du da unten? Da ist der Empfang. Und oben, da landen die Hubschrauber! Ganze vier Geschosse, imposant, nicht wahr?" Er lächelte unwillkürlich, als Lukas mit offenem Mund nickte. "Komm", endlich konnte er eine freie Hand erobern, "fangen wir uns ein paar Schneeflocken auf dem Weg!" Er stürmte über den freien Weg davon, den Kopf in den Nacken gelegt, die Zunge aufnahmebereit ausgestreckt. O~O Als sie endlich den Empfang betraten, waren ihre Parkas bezuckert mit Schneekristallen, die Zungen beinahe tiefgekühlt, trotzdem lachten sie beide aufgekratzt. Ein paar Mal waren sie arg vom breiten Weg abgekommen und knöchelhoch in den Schnee gestiegen. Eingeschüchtert verlangsamte Lukas seinen Schritt, aber Maximilian kannte keine Furcht. Er bewunderte die dezente Dekoration mit leuchtend roten Weihnachtssternen und feinen Gestecken, Mistelzweigen und zurückhaltenden Lichterketten. Man konnte sehen, dass ein Fest bevorstand, aber hier nahm man sich wirklich sehr zurück mit dem Schmuck. "Möchtest du hier warten? Du kannst dich da hinsetzen und unser Gepäck verteidigen!", Maximilian zwinkerte neckend und ließ Lukas zurück, der beklommen neben den aufgestapelten Reisetaschen von einem Bein auf das andere hoppelte. Maximilian erreichte die Rezeption und stellte sich vor. Natürlich lag seine Codekarte bei seiner Reservierung, und auf seine Bitte hin wurde eine zweite für Lukas verschlüsselt, damit sie unabhängig voneinander die Suite betreten und verlassen konnten. Mit einem Griff in die Innenseite seines Parkas fischte Maximilian das kleine Etui heraus, in dem er sein 'Plastikgeld' zu verstauen pflegte. Er wählte eine der Kreditkarten aus und reichte sie dem Angestellten, der sie höflich entgegennahm und die Transaktion bestätigte. Erleichtert nahm Maximilian zur Kenntnis, dass niemand unangenehme Fragen stellte, etwa, wie ein siebzehnjähriger Gymnasiast zu solchen Kreditkarten kam und ohne Begleitung Erwachsener an so einem exklusiven Ort eine Suite belegen konnte. "Ich rufe Ihnen einen Wagen", bot der Angestellte an, doch Maximilian lehnte höflich ab. "Wir haben zu Hause noch keinen Schnee gehabt, deshalb wollen wir hier jede Flocke genießen", erklärte er und ließ sich die Richtung zeigen, in der ihre Suite lag. Maximilian deponierte beide Schlüsselkarten in einer Tasche seines Parkas und kehrte zu Lukas zurück, der endlich Mut gefasst hatte und an einem Informationsständer die Angebote betrachtete. "Was siehst du dir an?", neugierig stellte sich Maximilian neben ihn, legte ihm lässig einen Arm über die Schultern. "Oh", Lukas räusperte sich verlegen, "ich schaue mich nur um." »So so«, seufzte Maximilian nachsichtig, »gib mir bloß keinen einzigen Hinweis auf etwas, das du unbedingt mal versuchen möchtest!« Aber er war zuversichtlich, trotzdem den einen oder anderen Volltreffer zu landen. "Ich habe die Schlüsselkarten für unsere Suite", erklärte er aufgeräumt, sammelte beide Reisetaschen auf und streckte die Hand nach Lukas' aus, "es ist nicht weit. Lass uns gehen, ja?" Lukas wandte den Kopf zu ihm hoch, staunte ihn an. "Suite?", wiederholte er ungläubig. "Genau, eine Suite. Die wird dir bestimmt gefallen!", kurzentschlossen fasste Maximilian selbst zu, kaperte eine Hand und bewegte sich zum Eingang. Derart eingefangen musste Lukas folgen, immer noch die Tüte mit ihrem leidigen Inhalt apportierend. Ihr Weg führte sie, von wieselflinken Miniaturrobotern begleitet, die den Schnee rechts und links auftürmten, linker Hand aus dem Herrenhaus und an den wehrhaften Mauern vorbei zum hinteren Teil des Herrenhauses, wo sie dem Süd-Ost-Flügel der inneren Ringmauer gegenüberstanden. Lukas hielt inne und staunte. Auch wenn die Ringmauer von außen so trutzig und massiv wie eine uralte Burg wirkte, in ihrer Innenseite zeigte sich ein anderes Jahrhundert. Zum Teil waren die massiven Mauersteine entfernt worden, um Raum zu schaffen für Fenster, Glasfronten, Zugänge und Einbauten aller Art. "Ah, da ist das Treppenhaus mit dem Aufzug", Maximilian lenkte ihre Schritte auf den Anbau, der sich gläsern am Süd-Ost-Flügel nach oben schraubte. "Treppe?" schlug er vor, denn sie befand sich geschützt hinter einer Panzerglasfront und ließ einen Panoramablick über das nächtliche Gelände zu. »Allerdings mal eben im Pyjama raushuschen fällt flach«, dachte er grinsend. Lukas folgte ihm stumm, blieb auf der kreiselnden Treppe, die ausreichend Raum zum Manövrieren ließ, immer wieder auf den Absätzen stehen, um nach draußen zu blicken. "Unglaublich", wisperte er andächtig. "Wir sind auf der zweiten Etage untergebracht", informierte Maximilian ihn und wartete geduldig darauf, dass sich Lukas losriss. Sie traten aus dem Treppenhaus hinaus auf einen Gang, der auf der dem Innenhof zugewandten Seite mit Glas und Stahl verkleidet war, während zwei Eingänge zu den Suiten dezent angeleuchtet wurden. In diesem breiten Flur fand sich ebenfalls festlicher Schmuck mit prächtigen Weihnachtssternen, die in warmen Rottönen aus dunkelgrünen Gestecken herausragten. "Unsere Suite", lächelte Maximilian und ließ das Gepäck sinken, fischte in seiner Tasche nach den beiden Schlüsselkarten. Er überreichte Lukas eine mit einer feierlichen Verbeugung, bat ihn dann mit einer Geste, die Pforte zu ihrem temporären Heim zu öffnen. "Lollipop?", murmelte Lukas halblaut, zögerte, warf einen besorgten Blick auf Maximilian, der mit erwartungsvollem Funkeln in den Augen wartete. In Ermangelung anderer Alternativen führte Lukas die Schlüsselkarte in den diskreten Schlitz unterhalb des klassischen Türschilds ein, lauschte auf ein sanftes Geräusch und bemerkte das grüne Leuchten der Diode. Die Tür öffnete sich, als er, die Plastiktüte vor die Brust gepresst, einen Schritt auf sie zutrat. »Bewegungsmelder?«, mutmaßte er, richtete sich darauf ein, nach einem Lichtschalter zu tasten. Das erwies sich als überflüssig, denn nacheinander erwachten verschiedene Beleuchtungskörper zum Leben. Der größte war ein rot-weiß gestreifter Lutscher, der sich langsam zu drehen begann. Vor ihm hing eine Schaukel, die geradezu auf Gäste wartete, mit großen Durchmesser und bunten Kissen bestückt. "Du meine Güte...", brachte Lukas hervor, erstarrte auf der Türschwelle. Er bemerkte nicht, dass Maximilian hinter ihm das Gepäck fallen ließ, die Arme um ihn schlang und leise lachte. "Oh!", mit einem Schlag setzten Lukas' Manieren wieder ein. Er konnte hier wohl kaum herumstehen und Maulaffen feilhalten, während er auf die teure Auslegeware Schnee und Wasser tropfte! "Genau", pflichtete Maximilian bei, schob Lukas sanft beiseite, um die Tür zu schließen. "Wir können unsere nassen Stiefel hier abstellen", wies er auf eine mobile Garderobe mit Auffangwanne, die diskret hinter einem quietschbunten Vorhang wartete. Methodisch entledigte er sich seiner Bekleidung: zuerst thronte der Outdoor-Hut auf dem hohen Sims, dann folgte der Parka auf einen Bügel und zuletzt nahmen die Boots Aufstellung, während er seine Handschuhe in die Taschen des Parkas stopfte. Lukas neben ihm folgte seinem Beispiel, hängte seine neuen Accessoires ordentlich auf und umklammerte die Plastiktüte. "Hier", Maximilian ging neben ihm in die Hocke, fischte Stoffpantoffel aus einer Rollfächerkaskade, bevor er sich ein eigenes Paar auswählte, "schlüpf schon mal rein." Mit einem irritierten Blick wagte Lukas den nächsten Schritt, nun auf sonnig-orangefarbenen Sohlen. Vom Eingangsbereich aus führte sie der Weg in einem gewaltigen Hauptraum, der ihn eher an ein Kindergartenparadies erinnerte. Eine gewaltige Kissenburg beherrschte eindeutig den Raum, Kissen in allen Regenbogenfarben türmten sich in einem großen Rund, luden geradezu dazu ein, sich in sie fallen zu lassen. Zwischen Sitzgruppen aus aufblasbarem Material, poppig-bunt gehalten, die Tische von innen illuminiert, schlängelten sich Eisenbahnschienen und da huschte auch schon ein kleiner Zug heran, mit einer Lore im Anschluss, die offenkundig Leckereien enthielt. "Mein Freund", Maximilian legte ihm schwer eine Hand auf die Schulter, sprach mit großem Ernst, "heute ist ein guter Tag, um einen Zug zu überfallen." Nach einer Schrecksekunde umklammerte Lukas hastig Maximilians Handgelenk, "warte bitte! Wir könnten etwas kaputt machen!" Maximilian drehte den Kopf, sah die Sorge in den großen Augen und lächelte, auch wenn er an sich halten musste, nicht etwa, weil er die Bitte missverstand und sich als ungeschickten Trampel qualifiziert fühlte, sondern weil Lukas offenkundig von Ermahnungen und Verboten so konditioniert worden war, dass er nicht einmal wagte, sich dem Zug zu nähern. "Wir werden nichts kaputt machen, versprochen", versicherte er sanft, fasste die Hand, die sich eilig von seinem Handgelenk lösen wollte und hielt sie fest. Wie günstig, dass Lukas noch nicht begonnen hatte, seine Ärmelenden zu beklammern! "Komm", lockte er leise, ging voran und stellte sich vor die Gleise, kniete sich dann auf den weichen Teppich, um mit der freien Hand die Schienen zu blockieren. Der Zug näherte sich, Lukas' Händedruck wurde fester, aber das, was Maximilian erwartete hatte, trat natürlich ein: kaum nahmen die Sensoren des Zugs das Hindernis auf ihrem Weg wahr, reduzierten sie eilig die Geschwindigkeit. Schnaufend, tutend und blickend kam der Zug zu einem Halt. "Ah, sieh mal! Weihnachtsschokolade!", triumphierend reckte sich Maximilian, um von der vollen Lore einen Riegel zu angeln, "und hier, das ist ein Gebäck mit Bratapfel-Geschmack!" Er sortierte eine kleine Auswahl heraus, erhob sich dann und gab die Schiene wieder frei, damit der kleine Zug seinen endlosen Weg fortsetzen konnte. Mit einem munteren Triller schnaufte der los. "Komm, versuchen wir etwas davon, ja?", Maximilian schlenderte zur Kissenburg, wählte zwei große Kissen aus, die er neben den Schienen auslegte und somit zum Picknick einlud. "Ist das nicht furchtbar teuer?", Lukas glaubte offenbar, dass es sich bei den Süßigkeiten um Pendants zu einer Zimmerbar handelte. "Nein, keine Sorge, das gehört zum Preis dazu", Maximilian klopfte auf das freie Kissen, "bitte setz dich doch zu mir, ja?" Lukas ließ sich an einer Hand auf den Boden ziehen und gab auch die Umklammerung der Plastiktüte auf. Maximilian schob ihm sogleich einen Anteil zu, den er auszuwickeln hatte, damit sie jedes Stück brüderlich teilen und gemeinsam verkosten konnten. "Hmmm! HMMM!", schnurrte Maximilian übertrieben, rollte die Augen und warf sich in Pose, um Lukas zum Lachen zu bringen. Der aß gesittet, leckte sich aber endlich auch die Fingerspitzen, nachdem Maximilian mit 'schlechtem' Beispiel voranging. "Na, wie findest du es?", wartete Maximilian auf ein erstes Urteil. "Ist das da wirklich ein Trampolin?", Lukas drehte sich auf seinem Kissen langsam um 360 Grad. Der ganze Raum erinnerte ihn wirklich an einen Kindertraum. Lampen, Möbel, rollbare Aufbewahrungskisten, alles war bunt, verspielt, mit organischen Formen. An den Wänden tanzten Bilder, die ein Projektor warf, bekannte Comic-Figuren, kleine Strips, die zum Lachen animieren sollten. "Ganz schön verrückt", murmelte Lukas schließlich, "ist das wirklich eine Suite?" Maximilian zog die Knie an, legte die Arme auf ihnen ab und den Kopf schief, grinste, "glaubst du nicht, dass es hier besonders Erwachsenen gefällt?" Lukas zog die Schultern hoch, grübelte offensichtlich. »Weia!«, Maximilian fand, dass hier Unterstützung notwendig war, schraubte sich in die Höhe und streckte Lukas die Hand hin, "komm." Fragend richtete sich Lukas' Blick auf ihn, aber der ergriff die Hand und ließ sich auf die Beine ziehen. Maximilian enterte das große Trampolin mühelos, hielt Lukas an beiden Händen, bevor er langsam Schwung holte und los hopste. Natürlich musste Lukas mitziehen, wollte er nicht umfallen, sodass sie beide in kürzester Zeit auf und nieder federten. Lachend löste Maximilian eine Hand, versuchte sich in kunstvollen Posen, wenn er sich in der Luft befand. Lukas hopste eifrig, verzichtete auf Schnörkel, kicherte aber begeistert. Sie sprangen weiter, versuchten die Zimmerdecke zu erreichen, bis ihnen die Puste ausging und die Knie wackelten. "Uiiihhh", Maximilian streckte die Arme aus, weil er beim Absteigen schwankte, prustete überdreht, "klasse, oder?" Lukas lachte, kletterte vorsichtig herunter und hielt sich an Maximilians Arm fest, "das macht wirklich Spaß!" Er strahlte Maximilian an, die Wangen sanft gerötet, sichtlich gelöst. "Wollen wir unser Gepäck verstauen und uns den Rest der Suite ansehen?", schlug Maximilian vor. "Ja, bitte!", Lukas nahm seine Hand, ließ sich zunächst das Badezimmer zeigen, das mit einem bunte Würfeldesign glänzte, einem gewaltigen, durchsichtigen Whirlpool. Mobiles mit Fischen drehten sich langsam umeinander. Sie lieferten ihre Reisetaschen im begehbaren Schrank ab, räumten sie aus, denn immerhin war es schon spät. Maximilian ging voran ins Schlafzimmer, platzte lachend heraus, als er die Einrichtung in Augenschein nahm. Schleiflackmöbel, über dem großen Doppelbett ein Himmel mit eingewebten Sternchen, dazu noch ein gewaltiges Mobile mit Schäfchenwolken! Alles quietschbunt und poppig verziert, ein amerikanischer Kinderzimmertraum. "Das ist ja wirklich...gruselig", stellte Lukas lächelnd fest. Das perfekte Kinderzimmer, sogar Würfel mit Buchstaben, eine mobile Tafel mit Malkreide, dazu noch allerlei Stofftiere, die in Regalen warteten, "wozu braucht man diese Dinge in einem Schlafzimmer?" "Keine Ahnung, vielleicht muss man sich manchmal Zeichnungen machen?", bemerkte Maximilian unschuldig, öffnete neugierig die niedrigen Schränke der Schleiflackmöbel. "Deshalb also hast du gesagt, dass es wie Euro-Disney ist", bemerkte Lukas gedankenverloren. Maximilian drehte sich zu ihm um, betrachtete ihn beunruhigt. Bekam Lukas etwa Gewissensbisse, weil er seine Strafe nicht absaß?! "BESSER als Euro-Disney", korrigierte er laut, zwinkerte schelmisch. "Ja", stellte Lukas ruhig fest, "es IST besser als Euro-Disney." "Was meinst du?", Maximilian erhob sich, um sich wippend auf das Bett fallen zu lassen, "duschen und dann noch ein wenig spielen? Oder bist du schon müde?" "Nein nein!", abwehrend hob Lukas die Hände, von seinen Gedanken abgelenkt, "wir können gern noch spielen. Bitte geh du doch zuerst duschen, ja?" Maximilian schnellte hoch, lachte amüsiert, weil die Matratzen wirklich gut gefedert waren, fasste den überraschten Lukas um die Hüften, wirbelte ihn einmal im Kreis, tänzelte dann lauthals singend aus dem Schlafzimmer hinaus zum begehbaren Schrank, zweifellos, um sich Nachtwäsche und seine Hygieneartikel zu holen. Lukas drehte eine Runde in dem Schlafzimmer, berührte mit den Fingerspitzen die Spielsachen, blickte selbst in Schrankfächer und Schubkästen. Auch wenn eine Menge Spielzeug hier lag, so war doch zweifelsfrei zu erkennen, dass es sich um das Schlafzimmer von Erwachsenen handelte. Kondome, Gleitmittel, Artikel, deren Zweck er nicht bestimmen konnte und anregende Literatur gehörten sicher nicht zu einem konventionellen Kinderzimmer. Als er keine Laute mehr im Flur hörte, vermutete er Maximilian im Badezimmer, die Gelegenheit, sein eigenes Gepäck zu konsultieren, einen Pyjama und dicke Socken auszuwählen und in das Hauptzimmer zurückzukehren, wo er sich hinter dem Pantry in der kleinen Küchenzeile ein Glas mit Wasser füllte, um seine Medikamente zu schlucken. Üblicherweise nutzte er immer eine Möglichkeit, allein zu sein, wenn er Tabletten nehmen musste, um niemanden zu belästigen. Keiner sollte sich gezwungen sehen, aus Höflichkeit nach dem Anlass zu fragen und anschließend betroffen Mitgefühl auszudrücken. Es gefiel ihm besser, wenn Leute mit ihm unbefangen umgehen konnten, so wie Maximilian. Mit einem Handtuchturban und in einen eleganten Bademantel gehüllt, den er dem begehbaren Schrank entnommen hatte, gesellte sich Maximilian kurze Zeit später zu ihm. "Probier unbedingt mal das grüne Duschgel mit dem Etikett 'Monsterschleim' aus!", empfahl er Lukas lachend, der kritisch die Nase rümpfte, aber Maximilian roch recht angenehm, sodass er versprach, den Versuch zu unternehmen. Im Badezimmer angelangt bemerkte Lukas, dass Maximilian für ihn ebenfalls einen Bademantel deponiert hatte. Nachdenklich strich er über den weichen Stoff. Maximilian war zweifellos das beste Vorbild, das man sich wünschen konnte, aufmerksam, freundlich, unerschrocken. Lukas staunte immer wieder darüber, warum sich Maximilian bloß mit ihm befasste, so viel Geduld zeigte, wenn andere schon längst der Lusche den Rücken gekehrt hatten, weil er viel zu zögerlich reagierte. Er vertraute seinen Pyjama und die Wollsocken einer kleinen Truhe an, legte zwei Handtücher in Reichweite ab, bevor er aus seinen Kleidern schlüpfte, dann studierte er die bunte Parade an Flüssigkeiten, die für eine Dusche Aufstellung nahmen. Er wählte den giftig-grünen Kunststoffbehälter mit Pumpspender, kontrollierte das Etikett auf Übereinstimmung und nahm die niedrige Schwelle in die Duschkabine. Sie war geräumig, mit Sanitärglas durchscheinend und mit bunten Seegetieren beklebt. Lukas war dankbar dafür, dass in diesem großen Badezimmer keine taktisch unklug montierten Spiegel seine nackte Gestalt zurückwarfen. Zu Hause fürchtete er sich regelrecht vor der Dusche, weil ihr gegenüber ein Spiegel lauerte, der ihn beim Verlassen jedes Mal mit seinem Zwilling konfrontierte. Der Spender würgte und gurgelte, Geräuscheffekte, die Lukas überraschten, bis endlich eine schleimig wirkende, aber griffige Masse grüner Flüssigkeit sich herausquälte, winzige Perlen, gelb und orangefarben, glitzerten in dem 'Monsterschleim', der gar nicht ekelhaft roch. Dafür schäumte er in grünen Blasen, wenn er mit Wasser in Kontakt kam. Schmunzelnd beträufelte Lukas den 'Monsterschleim' mit Wasser, verteilte ihn sorgsam auf seinem Körper und genoss dann die Einstellung 'Regen', die der gewaltige Duschkopf spendete. Er beschloss, auch einige der Wanddüsen zu aktivieren, was ihm ein Kichern entlockte, als die Wasser- und Luftstrahlen prickelnd ihre Ziele trafen. Ja, das war richtig angenehm, warm und entspannend! Lukas löste sich schließlich, angelte nach den Handtüchern und trocknete sich sorgfältig ab. Tollkühn entnahm er einem Schrank eine aufblasbare Haube, die in kürzester Zeit seine Haare trocknete, ohne ihn heißer Zugluft auszusetzen oder seine Kopfhaut zu strapazieren. »Luxus pur!«, dachte er, während er in seinen Pyjama stieg und sich die Zähne putzte. Hier konnte man sogar Zahnpasta nach Geschmack auswählen! Er kämmte sich die Haare und schlüpfte in den Bademantel, bevor er sorgsam seine Handtücher auf ein Trockenregal hängte. »Kein Wunder, dass sich alle darum reißen, mit Maximilian zu verreisen!«, stellte er versonnen fest. Er wusste, dass Maximilian gern Klassenkameraden mit nach Hause nahm oder auch zu Bekannten seiner Familie. Jeder wollte von ihm eine Einladung erhalten, nicht nur, weil man selten solchen Luxus erleben konnte, sondern vor allem, weil es immer sehr lustig zuging. Auch Lukas war mehr als einmal eingeladen worden, aber jedes Mal musste er absagen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Und wer nicht ausreichend Leistung erbrachte, konnte wohl kaum erwarten, sich mit dem Klassensprecher zu messen! Lukas wusste, dass Maximilian so nicht dachte. »Für ihn bin ich sicherlich kein Konkurrent«, er lächelte traurig, »andererseits bin ich für NIEMANDEN ein Konkurrent.« Aber er wollte sich auch seinem Vater nicht widersetzen, schließlich verhielt es sich nicht so, dass er die Beweggründe seines Vaters nicht nachvollziehen konnte. Aus ihm sollte etwas werden, ein angesehener, vermögender, intelligenter Mann. Lukas konnte klar erkennen, dass er von diesem Wunschbild weit entfernt war. "Nun ja", ermahnte er sich laut, seufzte nachsichtig über sich selbst. Was half Jammern oder Klagen? Wenn man ein Ziel hatte, konnte man darauf hinarbeiten, es einfach immer wieder von neuem in Angriff nehmen. Trotzdem fragte er sich, warum Maximilian ausgerechnet ihn eingeladen hatte. O~O Maximilian vertrieb sich die Wartezeit damit, auf einer der unterschiedlichen Spielkonsolen ein recht einfaches Jump'n'Run-Spiel zu verfolgen. Er spielte nicht oft, aber er war mit der Technik durchaus vertraut und konnte mit guten Reflexen glänzen. Als er Lukas' sockengedämpfte Schritte wahrnahm, ließ er die Steuerung sinken, drehte sich zu ihm um. "Na, bist du auch frisch monstergeschleimt?", fragte er grinsend, als Lukas zu ihm kam, sich neben ihn auf ein großes Kissen niederließ. "Ja, endlich mal nicht nur hinter den Ohren grün", zwinkerte Lukas schlagfertig. Maximilian strahlte. Er wusste, dass Lukas kein Dummkopf war, auch wenn einige den Fehler machten, von dessen Zensuren zu schließen. Wenn Lukas sprach, Vorträge hielt, dann drückte er sich klar und verständlich aus, lebte auf, denn hier lauerten keine Buchstaben oder Ziffern, die sich verdrehen konnten. Er hörte Lukas zu gern zu, wenn sich dessen Stimme aufwärmte, Begeisterung transportierte, Gesten malerisch die Bedeutung betonten. Lukas warf unterdessen einen Blick auf den großen Bildschirm. "Was ist das?", erkundigte er sich. "Ah", Maximilian wachte auf, "das ist ein Abenteuer-Spiel. Man muss verschiedene Hindernisse überwinden, bis man das Ziel erreicht." Er verfolgte gespannt, wie Lukas sich vorbeugte, kritisch die Augenbrauen zusammenzog. "Was ist das für ein Tier?" "Ähem", Maximilian wischte sich durch die feuchten Strähnen, trocknete mit dem auf seinen Schultern ruhenden Handtuch nach, "das ist ein Erdferkel." "Und das Erdferkel muss durch den Zoo laufen?", fasste Lukas zusammen. "Genau! Hier, das ist deine Konsole. Wollen wir es mal versuchen?", Maximilian wählte sich eine zweite Steuerung aus, taufte sein Erdferkel Snörks und nahm neben Lukas' Erdferkel Aufstellung. "Ich habe so etwas noch nie gespielt", Lukas studierte hilflos Knopf und Joystick, tippte mit dem Daumen gegen den winzigen Hebel. "Das hast du bestimmt schnell raus", ermunterte Maximilian ihn, "keine Angst, ich bin auch nicht besonders gut. Hier geht's einfach um den Spaß!" Der Countdown erreichte die Null, Maximilian setzte sein Erdferkel in Bewegung. Snörks wuselte auch los, denn als Erstes stand Straußeneier-Fußball auf dem Plan, immer zwischen den hochbeinigen Straußen hindurch, die ihre Eier gar nicht gern aus dem Nest gekullert sahen. Lukas kämpfte neben ihm mit der Steuerung, arrangierte sich schließlich und folgte, um ebenfalls im Straußengehege einen Tumult auszulösen. Leider erlitt seine Erdferkel-Brigade so große Verluste, dass er noch vor der ersten Ebene ausschied. "Wir können noch mal anfangen", bot Maximilian an, der bei den eingestreuten Comic-Szenen Mühe hatte, sich nicht vor Lachen selbst in prekäre Situationen zu manövrieren, aber Lukas winkte ab. Er blinzelte und unterdrückte ein Gähnen. "Ich komme mit der Steuerung nicht gut zurecht. Spiel doch einfach weiter, und ich schaue zu." "Na gut", Maximilian legte die Steuerung ab, "dann komm her. Wir spielen einfach zusammen!" Er klopfte betont vor sich auf das große Kissen, bis Lukas begriff und nachgab. Er robbte auf Knien zu Maximilian, nahm zwischen dessen Beinen Platz. Maximilian lächelte zufrieden, denn so konnte er Lukas umarmen und gleichzeitig mit ihm das Spiel weiterführen. "So, leg deinen Daumen hierhin, die Finger da...und weiter geht's!", damit endete Snörks' Pause. Gemeinsam schickten sie das arme Erdferkel auf eine Rallye. Snörks überwand einen Teich per Enten-Hopsen, wich gähnenden Nilpferdmäulern aus, erlitt einige Volltreffer beim Affengehege, wo er mit matschigem Obst und Gemüse beworfen wurde und untertunnelte das Löwengehege. Maximilian bemerkte, dass Lukas in seinen Armen eingeschlafen war. Er legte die Steuerung beiseite, sagte Snörks gute Nacht und betrachtete im Schein eines künstlichen Aquariums Lukas' friedliche Züge. Keine Frage, es war für ihn ein ereignisreicher Tag gewesen. Maximilian fragte sich, was Lukas bewogen hatte, ihm zu folgen, sich gegen die Anweisungen seines Vaters zu stellen. "Aber das ist es wert, das verspreche ich dir", wisperte er sanft, küsste Lukas hauchzart auf die Stirn. Vorsichtig nahm er ihn auf die Arme und kam umsichtig in die Höhe. Bloß nicht stolpern! Als er das Hauptzimmer verließ, erloschen bis auf eine Notbeleuchtung sämtliche Lichter. Im Schlafzimmer wartete nur gedämpftes Licht, aber nicht einmal das weckte Lukas noch auf. Maximilian legte ihn auf einem der beiden Betten ab, öffnete den Gürtel des Bademantels, um nacheinander die Arme auszufädeln und Lukas unter die Bettdecke zu rollen. »Süß«, schmunzelte er, als Lukas leise brummte, sich kindlich mit einer Faust über die Augen wischte und wieder einschlief. Er deponierte beide Bademäntel auf einer bunten Betttruhe, schlüpfte dann auf seiner Seite ins Bett. Über ihm tanzten Schäfchen, dahinter leuchteten sehr dezent Sterne. Maximilian wandte den Kopf, um im nachlassenden Schein des Nachtlichts Lukas' Gesicht zu betrachten, bis auch ihm die Augen zufielen. O~O Kapitel 3 - Baden gehen "Lass uns frühstücken gehen, ja?", Maximilian wanderte vor dem begehbaren Kleiderschrank in Unterhosen herum, studierte kritisch seine Garderobe. Lukas wartete unbehaglich, wollte sich nicht dazwischen drängen, um Maximilian zu stören. Außerdem erinnerte ihn dessen Anblick einmal mehr daran, dass Maximilian gelegentlich als Model arbeitete, nicht professionell, obwohl er bei einer Agentur war, umsichtig betreut wurde. Ein athletisch-schlanker Körper, eine schöne Haut mit einer gleichmäßigen Farbe, die anmutigen Bewegungen: Maximilian WAR eine Augenweide. Mühelos hätte er eine griechische Heldenstatue ersetzen können, von seinem bezauberndem Schalk und dem liebreizenden Charme ganz abgesehen. "Das hier geht, oder?", Maximilian posierte vor ihm, drehte und wendete sich gelenkig, "darf ich dich so begleiten, ja?" Nickend signalisierte Lukas Zustimmung, pirschte sich ein wenig näher an den bescheidenen Bereich, wo seine Kleider lagerten. "Oh, ich habe dir die ganze Zeit im Weg gestanden, nicht wahr?", Maximilian tadelte sich selbst, "entschuldige bitte! Schubs mich einfach weg, ja?" Lukas erstarrte, überlegte fieberhaft, was er antworten sollte. Er hatte keine Eile, sah Maximilian gern zu, wenn der sich so emsig beschäftigte, zwinkerte, posierte, ihm ein Lächeln zu entlocken versuchte. Schubsen stand völlig außer Frage. "So, guck, ich trete gaaaaaanz weit zurück, dann hast du Platz!", artig zog sich Maximilian in den Flur zurück, ging in die Hocke und ließ die Zunge raushängen, um wie ein treuer Hund hechelnd auf sein Herrchen zu warten. "Danke schön, aber...", hastig klaubte sich Lukas Wäsche zusammen, "ich gehe noch mal rasch ins Bad. Da kann ich mich auch gleich anziehen." So schnell es ihm möglich war, wischte er an Maximilian vorbei und flüchtete in das Badezimmer, wählte das Separee, in dem sich Toilette, Bidet und ein Waschbecken befanden, dann erst atmete er aus. Er konnte nur hoffen, dass Maximilian nicht beleidigt war, weil er sich so verhielt, obwohl der es eigentlich gewöhnt sein musste, da sich Lukas für die Sportstunden auch immer in einer engen Toilettenkabine umkleidete. Rasch zog sich Lukas an, sammelte Pyjama und Wollsocken ein, verließ sein Refugium, um die Nachtwäsche in einer rollbaren Kiste im Schlafzimmer zu deponieren, die er neben seine Bettseite schob. Als er auf der Suche nach Maximilian das Hauptzimmer betrat, traf ihn ein Kopfkissen genau vor die Brust. Lukas keuchte überrascht, haschte danach, um es abzufangen, ging in die Knie, sodass das zweite Wurfgeschoss über ihn hinwegfegte. "Verfehlt!", stöhnte Maximilian, Herr der Kissenburg auf, wühlte sofort eifrig nach weiterer Munition. "Nicht! Wenn wir etwas umwerfen!", Lukas sah sich erschrocken um, was wohl zerbrechen konnte, wenn ein Wurf fehl ging. Erstaunlicherweise fand sich kein zerbrechliches Nippes, keine Vasen oder Kunstgegenstände. Der Zug mochte wohl anhalten, wenn sich ein Kissen hinderlich auf seine Gleise legte, aber sonst schien keine Gefahr von Bruch zu drohen. Um sich zu schützen, versteckte sich Lukas hinter einem der aufblasbaren Sessel in ihren durchscheinenden Neonfarben. Maximilian protestierte, wappnete sich mit einem großen Kissen, um Lukas zu vertreiben, der hastig das Weite suchte und um die Kissenburg flitzte, sich selbst ein großes Kissen wählte, um endlich das Duell zu wagen. Er hatte noch nie eine Kissenschlacht erlebt oder mit einem großen Kissen nach einem anderen gedroschen, wobei er kaum Treffer landen konnte, da Maximilian wieselflink auswich und Lukas stärker mit seinem Effet zu kämpfen hatte, der ihn immer wieder um sich selbst kreisen ließ. Maximilian fasste ihn schließlich an den Hüften, hob den Zappelnden ohne große Anstrengung an und ließ sich mit Lukas gemeinsam in das Kissenmeer fallen. Außer Atem lagen sie nebeneinander, drehten unisono den Kopf und prusteten gleichzeitig los. JETZT hatten sie den richtigen Appetit für ein Frühstück in der Cantina. O~O Lukas hatte noch nie Waffeln mit Erdbeermarmelade zum Frühstück gegessen, aber hier, frei von elterlichen Vorschriften und ihrer strengen Aufsicht, wagte er den Versuch. Maximilian ihm gegenüber lächelte verschmitzt und tupfte sich mit einer Serviette den Kakao-Bart von der Oberlippe. "Was denkst du, wollen wir das gute Wetter nutzen und ein bisschen hier spazieren gehen?", unterbreitete er einen Vorschlag. Sein Freund nickte hinter vorgehaltener Hand, weil er gerade mit einem besonders großen Stück Waffel kämpfte. Mit einem Lächeln streckte Maximilian die Hand aus, tupfte Puderzucker von Lukas' Wange, der errötete. "Macht erst richtig Spaß, wenn man im ganzen Gesicht bekleckert ist", stimmte Maximilian ihm gravitätisch zu. Lukas wagte ein zögerliches Lächeln. Es verunsicherte ihn ein wenig, wie intensiv Maximilians Blicke auf ihm ruhten. Er war es nicht gewöhnt, Zentrum von Aufmerksamkeit zu sein, die länger als einige Sekunden währte, dann verloren die meisten mit ihm die Geduld, wandten sich ab, ausgenommen natürlich sein Vater, der einem Brennglas noch Respekt abnötigen konnte, wenn es um fokussiertes Interesse ging. Aber sein Gefühl verriet ihm, dass Maximilians Aufmerksamkeit gut gemeint war, so, wie Maximilian auch immer zuhörte, wenn er etwas sagte, Geduld bewies, wenn er zögerte. »Er ist eben einfach sehr nett«, seufzte Lukas geschlagen. "Wollen wir dann gehen?", Maximilian sammelte ihre Tabletts ein, zwinkerte Lukas zu, der ihm artig folgte. Nachdem sie die Cantina verlassen hatten, spazierten sie gemächlich, Handschuh in Handschuh, einmal entlang der Ringmauer. Die Dimensionen waren gewaltig, der frisch gefallene Schnee und die unerwartet freundliche Sonne sorgten für eine friedliche Stimmung. Sie bemerkten, dass auch andere Pärchen unterwegs waren, eingehakt liefen. "Übernachten die alle hier?", Lukas blies Atemwölkchen in die Luft. "Ich glaube, dass auch einige hier zum Essen kommen. Oder die Veranstaltungen besuchen. Ist ja eine Menge los.", Maximilian hielt inne, um Lukas den Schal höher um den Hals zu wickeln und die Ohrenstreifen der Mütze zu arrangieren. "Ist dir denn nicht kalt?", Lukas hielt einen Rollkragenpullover unter einem Hemd nicht für ausreichend, doch Maximilian reckte kühn die Brust vor. "Ich trage keinen Schal!", das stieß er mit dem Brustton eines trotzigen Kindes hervor, das gerade eine Wand mit Spinat verziert hatte. "Warum nicht?", Lukas fragte ruhig nach. Er konnte den Schalk in Maximilians Augen aufblitzen sehen und war an der Geschichte interessiert. "Weißt du", Maximilian schob wieder seinen Handschuh in Lukas', "ich war mal so doof, mich mit einem Schal in meinen Ohrsteckern zu verheddern", er drehte den Kopf zu Lukas hin, um kurz Strähnen hinter die Ohrmuschel zu kämmen, "dann wollte ich mich auswickeln und habe mir zwei Ohrstecker rausgerissen." "Autsch", murmelte Lukas mitfühlend, stellte sich auf die Zehenspitzen, um das Ohrläppchen zu inspizieren. Maximilian lächelte, "keine Sorge, ein bisschen Blut und Haut spenden, dann war's schon wieder gut. Aber so ungeschickt wie ich bin, wollte ich das lieber nicht noch mal riskieren." Er wischte seine Haare wieder über das Ohr. Lukas ließ sich wieder an die Hand nehmen, beäugte Maximilian aus den Augenwinkeln. Es war das erste Mal, dass Maximilian sich bei irgendetwas als ungeschickt gezeigt hatte und er konnte das auch nicht glauben. So ein kleiner Unfall war keine Ungeschicklichkeit, sondern ein Versehen. Langsam liefen sie über die freigeräumten Wege, inspizierten die Stallungen, wo Pferde für einen kurzen Ausritt gesattelt wurden, hörten das leise Jaulen der Hunde, die gern hinaus wollten, aber dressierten waren, keinen Krach zu schlagen. Unerschrocken wagte Maximilian in jeden öffentlich zugänglichen Bereich einen Blick. Er bummelte durch die Voliere mit Lukas, lauschte auf die Vögel, denen die eisige Witterung ihr Vergnügen nicht schmälern konnte, weil geschickte Beleuchtung für sie den Frühling bereithielt. Im Wintergarten und der Orangerie atmeten sie tief das Aroma der Pflanzen ein, die man draußen nur unter einem Schneekokon erahnen konnte. Bald war die Mittagszeit erreicht, als sie aus dem Dungeon kletterten, der ausnahmsweise für Besucher zugänglich gemacht worden war. "Weißt du, was wir jetzt machen?", Maximilian beugte sich verschwörerisch zu Lukas hinunter, "wir gehen in den Aqua-Bereich! Wenn alle zum Essen unterwegs sind, ist es da oben richtig schön leer, meinst du nicht?" Lukas' Gesicht verlor akut an frischer Farbe, die die frostige Luft in seine Wangen gezaubert hatte. "Ich...ich habe keine Badehose", haspelte er eilig hervor. "Das ist kein Problem, können wir alles ausleihen", Maximilian machte mit Lukas an der Hand kehrt, um im Herrenhaus über die Aufzüge unter das Dach zu fahren, wo sich der Aqua-Bereich befand. "Nein, bitte!", mit verzweifelter Gewalt stemmte Lukas die Fersen in den Sandweg, hielt Maximilian auf, der sich überrascht umsah. "Willst du nicht mit mir planschen gehen?", sein Gesicht zeigte eine Mischung aus Besorgnis und Bestürzung. "Ich...ich kann nicht schwimmen!", plapperte Lukas verzweifelt, "und Chlor vertrage ich auch nicht gut. Warum gehst du nicht ohne mich? Ich übe einfach noch ein bisschen an der Spielkonsole! Oder ich lese etwas!" Maximilian studierte ihn stumm, eine ganze Weile. Gerade, als Lukas den Mund öffnete, um zu versichern, dass er auch bestimmt keinen Ärger machen würde, legte ihm Maximilian den Arm um die Schultern und schlug den Weg zum Süd-Ost-Flügel ein. Lukas starrte blind auf seine Schuhspitzen. So hatte sich Maximilian sicher seine Ferien nicht vorgestellt, mit einem Spielverderber, der immer in Panik geriet, nie spontan mittat, nicht mal mit einer Spielkonsole umgehen konnte! Dabei war er durchaus bereit, sich einfach unauffällig in eine Ecke zu setzen, wo er niemandem im Weg war und Maximilian zuzusehen, ganz leise und artig! Aber er hatte Maximilian enttäuscht, der sich doch solche Mühe mit ihm gab, ihm einen ganz normalen Wunsch einfach so abgeschlagen! Lukas zog die Schultern hoch und presste die Lippen aufeinander. Er bekam kaum Luft, weil sich seine Kehle vor Kummer zuschnürte. Zu Hause kannte er diese Probleme nicht, ganz einfach, weil es ihm viel zu selten gelang, sich für ein Vergnügen zu qualifizieren. Da war es vollkommen gerechtfertigt und in Ordnung, wenn er in seinem Zimmer wartete, Übungen wiederholte und seine Zeit mit Lernen verbrachte. Stumm ließ er sich in den Aufzug schieben, dann den Gang entlang bis zur Eingangstür ihrer Suite. Er war sich nicht ganz sicher, ob Maximilian ihn nicht einfach in ein Taxi setzen und per Flugzeug wieder nach Hause schicken würde. Das wäre auch nur zu gerechtfertigt, denn immerhin war er ja wohl nicht für ein Leben unter normalen Menschen geeignet. Maximilian schlüpfte aus seinen Boots, was Lukas automatisch imitierte, sich dann von den Accessoires befreite. Ohne Mütze, Schal und Handschuhe fühlte er sich bloß und ungeschützt. An einer Hand zog Maximilian ihn in das Hauptzimmer, drückte ihn an den Schultern auf die gepolsterte Umrandung der Kissenburg, nahm auch seine andere Hand, bevor er sich vor ihn hin kniete, auf die Fersen setzte. "Bin ich dir unangenehm? Bin ich zu laut? Oder zu auffällig? Genierst du dich meinetwegen?", wie betäubt lauschte Lukas Maximilians bedrückter Stimme. Er rang nach Luft, zwang seine Kehle, nach einem Krächzen ihren Dienst zu versehen und blickte hoch, damit er Maximilians Augen begegnen konnte, der vergeblich versucht hatte, unter Lukas' Pony zu spähen. "Aber nein! Es hat nichts mit dir zu tun! Ganz bestimmt nicht!", versicherte er eilends. "Aber du möchtest nicht mit mir schwimmen gehen", stellte Maximilian leise fest. Lukas schüttelte den Kopf, dann korrigierte er sich selbst, "ich möchte nicht schwimmen gehen." "Bitte sag mir, warum", Maximilian zupfte an Lukas' Händen, die er in seinen festhielt, "sag mir, was nicht stimmt." Lukas blickte zur Seite. Jemand wie Maximilian würde das nicht verstehen können, andererseits wollte er auch nicht lügen, denn er wusste selbst, dass er nicht gut lügen konnte, sich immer verriet. "Genierst du dich vor mir?", Maximilian löste sich von seinen Fersen, kniete aufrecht, kam ihm sehr nahe, wollte ihm in die Augen sehen, die Wahrheit ergründen. Mit einem Kloß im Hals, der nach bitterer Galle schmeckte, nickte Lukas einmal und schloss die Augen. Er WOLLTE sich nicht genieren, weil es ungerecht war, ungerecht gegenüber seinem Körper, der alles gegeben hatte, um für ihn um sein Leben zu kämpfen und darum hasste er seinen Körper auch gar nicht, sondern betrachtete ihn mit der liebevoll-unglücklichen Nachsicht eines Überlebenden. So viel hatte der bereits leiden müssen, war gezeichnet und es stand zu erwarten, dass er keine freundliche Aufmerksamkeit bekommen würde, stets versteckt und verborgen bleiben musste. Nur manchmal, heimlich, in düsteren Stunden, verzweifelte er an der Ausweglosigkeit seiner Situation, wollte sich nicht damit abfinden, dass der Preis für sein Leben so hoch war. "Denkst du, dass ich mich nicht geniere?", Maximilian flüsterte leise mit ihm, ohne Vorwürfe, ohne Wut, "ich geniere mich auch oft. Nur weil ich als Model herumturne, verschwindet das Gefühl nicht einfach." Maximilian lachte leise über sich selbst, lehnte für einen kurzen Augenblick die Stirn an Lukas' Schulter, "meine Rettung sind dann immer die anderen, die mich ablenken, mir etwas erzählen oder mich zum Lachen bringen. Schließlich ist ja niemand perfekt." »Du schon«, widersprach Lukas stumm, ohne Neid, weil er davon überzeugt war, dass Maximilian sein attraktives Äußeres mehr als verdient hatte. Wenn innere Schönheit wirklich nach außen strahlte, dann war Maximilian definitiv der lebende Beweis, stellte Lukas fest. q "Du glaubst mir nicht, hm?" Lukas erstarrte, als Maximilian eine Hand löste und ihm hauchzart über eine Wange strich. Gebannt starrte er auf seinen Schoß, um auf gar keinen Fall in Maximilians Augen blicken zu müssen. "Na gut", energisch federte der Klassensprecher hoch, "ich werde mich dir offenbaren. Aber bitte lache mich nicht aus, ja?" Lukas verharrte schweigend, verunsichert. Was hatte Maximilian bloß vor? Das konnte er gleich sehen, denn Maximilian zog sich vor ihm aus, bis er nur noch in einer knappen Unterhose vor Lukas stand. Maximilian ging vor Lukas in die Hocke, umfasste dessen Gesicht mit beiden Händen, sodass es kein Entkommen gab, blickte in die braun gefleckten Augen, "sieh mich an, bitte." Wer hätte dieser Aufforderung widerstehen können? Zögerlich ließ Lukas seinen Blick über Maximilians Körper streifen, der sich vor ihm aufrecht hinstellte. Es gab nichts, was auszusetzen war, wie er vermutet hatte. "Weißt du, dass manche mich für einen Perversen halten? Oder behaupten, ich würde heimlich in Pornofilmen mitspielen?", Maximilian verschränkte die Arme vor der Brust, weniger trotzig als sich selbst umarmend. Er kniete sich wieder vor Lukas hin, der solche Gerüchte für ausgemachten Unsinn hielt und Neid vermutete. "Schau", fing Maximilian Lukas' Rechte ein, legte sie auf seinen nackten Brustkorb, "spürst du das? Rasiert", fügte er erklärend an, als Lukas mit roten Wangen gar keine Regung mehr zeigte. Seufzend zuckte Maximilian die Schultern, "ich hatte mal ein Shooting für Bademode, ganz normal, für einen Katalog. Damals musste ich mich das erste Mal rasieren lassen, weil das besser aussah. Danach sind die Haare so kraus und verquer nachgewachsen, dass sie sich immer verfilzt haben." Nun starrte Maximilian auf den Teppich vor seinen nackten Knien, "da hatte ich dann die Wahl, alles einzuölen oder eben abzurasieren." Er hob den Kopf an, legte ihn schief und zwinkerte, "ich bin wohl der einzige Mensch auf der Welt, der sich morgens vom Bauchnabel bis unter die Nase rasiert." »Verfilzte Brusthaare?«, Lukas betrachtete die glatte, weiche Haut ratlos. DAS waren Bereiche, in denen er sich nicht auskennen würde. "Und dann schau dir mal meine Füße an!", Maximilian sprach nun lauter, kam aus der Hocke, um seine Füße wie ein Modell vor Lukas zu drehen und zu präsentieren. Lukas konnte keinen Makel entdecken, warf Maximilian einen ratlosen Blick zu. Der seufzte laut. "Rate mal, welche Schuhgröße ich habe!" Lukas räusperte sich. "Vielleicht 45?", hasardierte er. "Von wegen", vom Schicksal offenkundig schwer gebeutelt sank Maximilian neben ihn auf die Umrandung, kopierte seine Körperhaltung, "ich bin fast 1,85m groß und habe Schuhgröße 43! Meine Füße sind viel zu klein! Die anderen lachen immer, weil man für mich extra kleine Schuhe bei den Aufnahmen besorgen muss! Alles Umstände! Von wegen 'auf großem Fuß' leben!" "Ich finde nicht, dass du dich genieren musst", murmelte Lukas. "Sag mal", Maximilian tippte ihm mit einer Fingerspitze unter das Kinn, um es zu sich zu dirigieren, "jetzt, wo du meine schrecklichen Geheimnisse kennst, siehst du mich da mit anderen Augen? Immerhin brauchst du bloß länger auf meine Füße zu gucken, und ich werde total nervös und zapplig!" Lukas schüttelte den Kopf, was für eine absurde Vorstellung! Maximilian war Maximilian! Er würde selbst mit verfilztem Pelz auf der Brust noch attraktiv aussehen! "Aber du glaubst, dass ich dich anders anschauen werde?", die klassisch konstruierte Falle fing Lukas ein. Pflichtete er bei, unterstellte er Maximilian, dass der oberflächlich war, verneinte er, musste er sich vor Maximilian zu erkennen geben. Ohne eine Antwort stand Lukas auf. Den Blick fest auf den Boden gerichtet begann er langsam, sich zu entkleiden. Ihm war übel vor Furcht. Wenn Maximilian nun doch zurückschreckte?! Was dann?! »Dann verliere ich meinen einzigen Freund!«, der Gedanke erstickte ihn beinahe. Mit hängenden Schultern, bang und elend, erwartete er das Urteil. O~O Maximilian hatte Lukas noch nie in Unterwäsche gesehen und er bezweifelte, dass es jemand anders außer der Familie getan hatte. Lukas zog sich immer in der Toilette um, trug unförmige Pullover und T-Shirts, zu große Jacken und Hemden. Nun konnte er auch erkennen, warum. Vor ihm stand ein zierlich gebauter, junger Mann, dem die üblichen Anzeichen von Maskulinität zu fehlen schienen, keine nennenswerte Körperbehaarung, viel zu mager, um Muskeln abzubilden, eine helle Haut über deutlich sichtbaren Knochen. Und ein Spitzbauch, der hervorstand und von seltsamen Mustern gezeichnet schien. Beinahe erinnerte es Maximilian an die aufgeblähten Bäuche von Hungernden, vielleicht auch, weil Lukas so mager war. Er fasste vorsichtig nach Lukas' Händen, hielt sie fest, studierte den Freund aufmerksam. "Was ist geschehen?", erkundigte er sich schließlich leise. Kein Wunder, dass Lukas sich versteckte. Seine Gestalt hätte Schmähungen geradezu provoziert. Lukas rang hörbar um Fassung, seine Stimme klang gepresst. "Als ich klein war, da war ich sehr krank. Todkrank. Mein Körper hat den Kampf gewonnen, aber die Nebenwirkungen der Medikamente", Lukas würgte nun, "die bleiben erhalten." Maximilian spürte, wie ihm das Blut langsam im Körper gefror. Lukas war todkrank gewesen?! Krebs? Eine schwere Infektion? Hatte er selbst nur großes Glück gehabt, dass er heute hier mit ihm zusammen sein, seine Hände halten durfte?! Es war ein tollkühner Entschluss, aber Maximilian gab seinem Impuls nach. Er gab Lukas' Hände frei, streichelte mit den Fingerspitzen über den vorstehenden Bauch. Die Haut war warm und weich, straff und nicht unangenehm. Lukas über ihm keuchte auf, taumelte zurück. Maximilian erhob sich, sah direkt in die großen Augen, die schockiert blickten, "ich sehe nichts, dessen du dich genieren müsstest, im Gegenteil, ich denke, du solltest diese Narben mit Stolz tragen, denn du hast um dein Leben gekämpft. ICH kann das nicht von mir behaupten. Ich habe es noch nie so schwer gehabt." Er bemerkte, wie Lukas blinzelte, erst einmal, dann immer häufiger. Die Fäuste hob, um sich über die Augen zu wischen. "Aber es sieht abstoßend aus! Wie bei einem alten Mann!", würgte er schluchzend hervor. "Gar nicht wahr", Maximilian zögerte, Lukas einfach tröstend zu umarmen, beließ es dabei, die Hände auf die schmalen Schultern zu legen und den Kopf auf Lukas' Augenhöhe zu senken, "was glaubst du, wie viele Frauen nach einer Geburt solche Streifen haben, wenn die Haut sich nicht mehr von der Ausdehnung erholt? Und ja, es ist eben ein Bauch. Jeder hat einen. Solange er seine Arbeit gut macht, kann man ihn doch nicht 'abstoßend' nennen!" Die schmalen Schultern hoben und senkten sich unter den Schluchzern eines lange verborgenen Kummers, während Lukas sich immer wieder über die Augen rieb. Maximilian fing schließlich seine Handgelenke ein, lächelte Lukas aufmunternd an, "iIch mag dich genau so, wie du bist. Daran ändert sich nichts. Du bist in Ordnung, Lukas." Lukas schnüffelte und krächzte, "du bist voreingenommen, weil du mein Freund bist." Daraufhin lachte Maximilian, "gerade weil ich dein Freund bin, kannst du auf mein Urteil vertrauen. Ich kann dir die Wahrheit sagen." Er hielt Lukas' Blick stand, lächelte aufmunternd, dann löste er eine Hand, um über Lukas' Wange zu streicheln, "was denkst du, wagen wir es? Mit unseren Unzulänglichkeiten baden zu gehen?" Unwillkürlich musste Lukas schmunzeln, als er die Doppeldeutigkeit der Worte erkannte. Seltsamerweise fühlte er sich nun ruhig und auch ein wenig erleichtert. Wenn Maximilian ihn wirklich so akzeptierte, wie er war, dann hatte er einen richtigen Freund gefunden. Mutig schob er die Unterlippe vor, "gehen wir baden." O~O Maximilian legte auf, die Reservierung stand. Die Direktion bat darum, dass man bei Inanspruchnahme der Wellness-Einrichtungen wie den unterschiedlichen Massage-Angeboten eine Reservierung vornahm, um die Mitarbeitenden zu informieren. Da sie aber lediglich ein wenig herumplanschen wollten und dazu zwei Badehosen leihen, waren nicht viele Vorbereitungen zu treffen. "Wollen wir?", Maximilian streckte eine Hand nach Lukas aus, starrte auf sein rechtes Handgelenk, schüttelte den Kopf, "aber die Uhr lasse ich besser hier, oder?" Lukas nickte, löste seine billige Uhr ebenfalls vom Handgelenk und platzierte sie neben Maximilians auf einem der durchscheinenden Tische. "Also los?", Maximilian lächelte Lukas an, der tapfer seine Hand ergriff und ihm folgte. Draußen schneite es schon wieder leicht, eine eisige Brise fegte über die Schneelandschaft im Innenhof. Emsig räumten die Miniaturroboter die Sandwege, während einige Pärchen und Gruppen sich gegen den Wind stemmten und dem Nord-Ost-Flügel zustrebten. Sie wollten offenkundig zu Mittag speisen. Maximilian legte die freie Hand auf seinen Outdoor-Hut und ging voran, wickelte den anderen Arm um Lukas' Schultern, um ihn enger an sich zu ziehen. Sie erreichten den Palas, traten ein und schüttelten sich die Flocken ab, atmeten tief durch. Wie warm es doch hier schien! Maximilian lachte, schubste seinen Hut auf den Rücken, gut gesichert durch die Lederschnüre, zwinkerte Lukas zu. "Zuerst gehen wir in den Whirlpool, ja? Zum Abtauen!", er führte Lukas in eine der großen Aufzugkabinen. Lukas studierte neugierig die Anzeigen, "zweimal Opernhaus?" "Oh, das ist bestimmt unten Parkett und oben die Logen", Maximilian lehnte sich gegen die Wand, den abgestreiften Parka über die gekreuzten Arme gelegt. "Konzertsaal, Musikzimmer, Workout?", Lukas blinzelte, "hier wird ja viel angeboten!" "Ja, stimmt", Maximilian löste sich von der Wand, lehnte sich über Lukas, um ebenfalls die Anzeigen zu betrachten, "wenn du magst, können wir ja herausfinden, ob es etwas gibt, was uns gefällt?" Lukas zögerte. Er hatte keine Vorstellung davon, wie teuer der Aufenthalt hier war und wollte auf gar keinen Fall noch mehr Kosten verursachen. "Ah, da sind wir schon, oberstes Stockwerk", abgelenkt drehte sich Maximilian zur Seite, fasste nach Lukas' Hand. Direkt hinter dem Eingang zum Aqua-Bereich erwartete sie eine Person vom Service, die ihnen Leihwäsche ausgab und sie den kurzen Weg zu den Umkleidekabinen begleitete. Lukas zog sich in seine Kabine zurück, staunte über den Platz, der sich bot, bevor er sich eilends entkleidete. Wie rücksichtsvoll von Maximilian, für sie Bermudas mit Kordelzug zu ordern! So saß nichts zu eng, seine Beine wirkten nicht allzu dürr und die Farbe war so dezent, dass seine Blässe nicht betont wurde. Als er vor die Kabine trat, um seine Bekleidung einem der Aufbewahrungsschränke anzuvertrauen, wartete Maximilian bereits auf ihn. Lukas biss sich auf die Lippen, weil Maximilian strahlte, ihm spielerisch durch die Haare wuschelte. Er konnte nicht glauben, wie attraktiv Maximilian war oder dass ihn diese Tatsache immer wieder unvorbereitet traf, ihn überraschte. "Duschen wir zuerst und gehen dann in den Whirlpool?", Maximilian wies auf die Einzelduschen, die Rücken an Rücken zu den Umkleidekabinen aufgereiht waren. "Sicher", Lukas hoppelte auf den Badelatschen heran, schreckte zusammen, als Maximilian einen Arm um ihn legte. "Kalt, nicht wahr? Brrrr!", schnatterte Maximilian übertrieben, schob Lukas in eine Dusche hinein und folgte ihm. Obwohl die Kabinen offenkundig für einzelne Gäste gedacht waren, gab es genug Platz für sie beide. "Ist das warm genug? Oder zu heiß?", Maximilian orgelte am Mischregler herum, blockierte aber den Ausgang, sodass Lukas sich ein wenig beengt fühlte, immerhin befand er sich genau vor einer der Leisten mit den Hydrodüsen, und Maximilian hielt eine Handdusche in der Linken, während er mit der Rechten regulierte, somit war Lukas zwischen dessen Armen eingekerkert. Rasch drehte er sich um, senkte den Kopf und machte sich schmal, als die Dusche über seinem Kopf einsetzte. "Ist die Temperatur gut?", Maximilian lehnte sich über seine linke Schulter, wischte einfach nasse Strähnen hinter Lukas' Ohren. "Ja, schön warm", murmelte Lukas, ballte die Hände, die sich in keinem Ärmelende verbergen konnten, als Maximilian ihn auch an der Vorderseite mit der Handdusche besprühte. "Gut?", Maximilian wirbelte um ihn herum, beugte sich hinab, lächelte ihn aufmerksam an. "Ja! Warte, ich gehe aus dem Weg", eilig nutzte Lukas die Chance, sich aus der Duschkabine zurückzuziehen. "Ich beeile mich!", Maximilian zwinkerte, hängte die Handdusche ein, drehte sich unter der Dusche. Den Kopf in den Nacken gelegt, die Arme hochgehoben, um die Haare aus dem Gesicht zu kämmen, kreiselte er langsam unter der Dusche. Lukas war sich nicht sicher, ob es eine Pose war, aber selbst wenn es sich um eine handeln sollte, dann war sie so natürlich, dass man keinen Unterschied erkennen konnte. Maximilian sah einfach atemberaubend aus, tropfenbeperlt, lächelnd, entspannt. Wie angekündigt stellte er die Brause ab, schüttelte sich grinsend wie ein Bär, um dann auch aus der Dusche zu treten und sich umzusehen. "Ah, da geht's zum Whirlpool! Wollen wir?", er fasste Lukas' Hand und ging voraus. Der Whirlpool war von Milchglaswänden umgehen, sah man vom Eingang ab, hatte enorme Ausmaße und verschiedene verchromte Einstiegshilfen. Außerdem war er im Augenblick nicht bevölkert. Maximilian schlüpfte aus den Badelatschen, nutzte die Einstiegshilfe und kletterte in den Whirlpool hinein. Als habe ein Sensor seinen Einstieg registriert, steigerte sich das Blubbern und Glucksen der Düsen. "Uuuahhhhh", stöhnte er genießerisch auf, "Lukas, das ist GUT!" Lukas folgte ihm vorsichtig, traute der Hitze nicht so ganz, fand sich aber angenehm überrascht. Nichts roch nach Chlor! "Hier, setz dich zu mir!", Maximilian streckte die Arme nach ihm aus, geleitete ihn zu einem Sitzplatz neben sich, dann lehnte er sich zurück, schloss die Augen und ächzte leise vor Genuss. Mit vor den Leib gezogenen Beinen kauerte sich Lukas neben ihn, betrachtete ihn aus den Augenwinkeln, eindeutig einen Tick zu lange, denn Maximilian hob die Lider auf Halbmast und zwinkerte ihm zu. Er hob einen Arm aus dem Wasser, schnickte Tropfen zu Lukas, der rasch den Kopf drehte. "Nicht!", wisperte er, fürchtete, dass man sie rauswerfen würde, wenn sie herumspritzten. Maximilian setzte sich auf, wischte sich über das Gesicht, betrachtete Lukas lächelnd. "Keine Angst. Solange wir niemanden belästigen, dürfen wir auch ruhig ein bisschen ausgelassen sein", versicherte er ihm. Lukas senkte den Kopf. Ihm war nur zu bewusst, dass er sich schon wieder als Spielverderber entpuppt hatte. "He", Maximilian rutschte vor ihn, beugte sich tief genug, um von unten zu ihm hochzuschielen, "wir bereiten niemandem Unannehmlichkeiten. Bitte mach dir keine Sorgen, ja?" "Tut mir leid", murmelte Lukas, "ich bin eine richtige Spaßbremse, nicht wahr?" Er lächelte gequält. "Aber nein", Maximilian streichelte ihm sanft über eine Wange, "du bist eben besonders rücksichtsvoll." Maximilian lächelte noch einen Moment ruhig, dann richtete er sich zu voller Größe auf und hielt Lukas die Hand hin, "wollen wir jetzt ins Becken gehen? Bevor wir vollkommen verschrumpeln?" Dankbar ließ sich Lukas aufhelfen, folgte Maximilian, der sich selbst in den Badelatschen gewandt bewegte. Gemeinsam stiegen sie langsam in das Flachbecken hinab, ließen sich von den Wellen umspülen, bis sie sich an die kühlere Temperatur gewöhnt hatten. "Schwimmen?", Maximilian wies auf die Schwimmketten aus Leuchtbojen, die das Tiefbecken markierten. Lukas zögerte, umklammerte Maximilians Hand fester, "ich kann nicht besonders gut schwimmen." "Gut, dann bleiben wir einfach hier", Maximilian zwinkerte, "ich nehme dich auf die Schultern, ja?" "Wie?! Max!", Lukas taumelte, als Maximilian plötzlich abtauchte, sich zwischen seine Beine schob und aufrichtete. Er quietschte, beugte sich vor, suchte Halt, um nicht herunterzufallen. Maximilian lachte, legte die Hände auf Lukas' Oberschenkel, blinzelte nach oben. "Die Aussicht ist gut, oder?", er absolvierte einige Tanzschritte und Drehungen, während Lukas nach seinen Händen griff, um sich festzuhalten. Dann hielt Maximilian inne und ließ sich langsam nach hinten überkippen. Beide schlugen auf dem Wasser auf, ruderten planschend herum, prusteten. Maximilian lachte, kraulte zwei Züge, um Lukas zu erwischen, auf die Arme zu nehmen. Der fürchtete, erneut ins Wasser befördert zu werden und umklammerte Maximilians Nacken, presste sich an ihn. "Lass mich bitte nicht fallen", hustete er Wasser, rang nach Luft. "Bestimmt nicht", Maximilian ließ Lukas' Beine herunter, hielt ihn aber sicher in seinen Armen fest. Er begann, sich mit Lukas zu drehen, kreiselte immer schneller, lachend, die Augen funkelnd vor Vergnügen. Vor Lukas drehte sich alles, er spürte, wie die Fliehkraft an ihm zog, ihn aus seiner Kreisbahn befördern wollte. Hastig kniff er die Augen zusammen, wartete mit angehaltenem Atem darauf, dass Maximilian ihn losließ, er wie ein Pfeil durch das Wasser glitt, eintauchte und sich an die Oberfläche kämpfen musste. Da löste sich Maximilian einfach vom Boden, wurde selbst mitgerissen und dämpfte auf diese Weise den Drall, aber er ließ Lukas nicht los, achtete darauf, dass sie beide die Köpfe über der Wasseroberfläche behielten. "Wir könnten Toter Mann spielen", schlug er vor. Lukas, der dankbar für die Ruhe war, seinen revoltierenden Magen besänftigte und durch Wasser in den Gehörgängen an seinem Gleichgewichtssinn zweifelte, drehte sich zu Maximilian herum. "Ich glaube, ich habe für den Augenblick genug", würzte er seine Absage mit einem matten Lächeln. "Ist alles in Ordnung?", nun blickte Maximilian besorgt, wischte sich nasse Strähnen aus der Stirn. "Natürlich!", reflexartig blendete Lukas ein sonniges Lächeln auf, das einem Stoppschild glich, weil es jede Nachfrage verbot. "Dann setz dich doch auf eine der Liegen, ja? Möchtest du, dass ich dir helfe?", Maximilian hielt ihn an beiden Händen fest, musterte ihn wie eine besorgte Mutter. Mit einem Grinsen entschmeichelte Lukas seine Hände, tippte sich in einem linkischen Gruß an die Schläfe, "aye aye!" Am Beckenrand auf einer der Liegen Platz zu nehmen, recht luxuriös und bequem, die Aussicht gefiel ihm, denn er wollte nachdenken über die Gründe, die Maximilian haben musste, sich mit ihm abzugeben. O~O Maximilian zog einige Bahnen, spürte, wie seine Muskeln und Sehnen sich amüsierten. Er mochte es wirklich, sich so warm und geschmeidig zu fühlen, die Kraft zu fühlen, die ihm zu Gebote stand, wie mühelos er durch das Wasser pflügen konnte, um dann in den Wellen zu tauchen oder zu springen. Er hätte gern dieses Vergnügen mit Lukas geteilt, erkannte aber auch, dass er keinen unnötigen Druck ausüben wollte. Nach einer Wende nutzte er die Gelegenheit, zum Beckenrand zu blicken, wo sich Lukas in einen Bademantel gehüllt hatte, die Kapuze über den Kopf gezogen, die Beine vor den Leib. Er wirkte so klein und kompakt, dass man ihn eher für ein Kind als für einen Jugendlichen halten konnte. »Worüber grübelst du nach?«, Maximilian kämmte sich Strähnen hinter die Ohren. Ablenkung tat Not, das war sicher! Also entsagte er dem angenehmen Nass, entstieg den Fluten und sammelte den eigenen Bademantel ein. "Möchtest du noch etwas anderes ausprobieren?", erkundigte er sich, nahm lässig auf einer benachbarten Liege Platz. Lukas schreckte hoch, schüttelte hastig den Kopf und entgegnete höflich, "nein, vielen Dank. Es war sehr schön." Er lächelte auf die seltsame Weise, die Maximilian immer einen Stich versetzte. Es war ein Lächeln, das die andere Wange hinhielt, nachdem man hart zugeschlagen hatte. O~O In der komfortablen Kabine trocknete sich Lukas eilends ab, kleidete sich an und bemühte sich, seine Haare mit der aufblasbaren Trockenhaube schonend zu bändigen. In seinem Kopf verquirlten sich unterdessen schwerwiegende Gedanken. Er war noch immer nicht auf den Anlass gestoßen, warum Maximilian den Versuch unternahm, trotz zahlreicher Absagen in der Vergangenheit, mit ihm Freundschaft schließen zu wollen, immerhin wäre es eine Freundschaft, die man nicht in der Alltagswelt offenbaren konnte. Lukas war kein Träumer, was diesen Aspekt betraf: NIEMAND würde es gutheißen, wenn sich Maximilian zu sehr mit ihm befasste. Der würde schließlich alle seiner anderen Freunde vernachlässigen, und wenn es nur wenige Minuten waren, vernachlässigen für die 'Lusche'. Nein, das war unvernünftig und überflüssig. »Denn es genügt mir schon, wenn ich ihn einfach sehen kann. Das reicht aus.« Man konnte nicht mehr beanspruchen. ER konnte nicht mehr beanspruchen. Seit der fünften Klasse beobachtete er Maximilian heimlich. JEDER schenkte Maximilian Aufmerksamkeit, nicht etwa, weil der sie absichtlich und eitel auf sich zog, sondern weil er einfach ein Mensch war, dessen Gegenwart man genoss. Lukas genoss aus der Ferne, wo man ihn nicht vertreiben konnte, schließlich war es nicht anmaßend, Maximilian einfach nur zuzusehen, seiner Stimme zu lauschen, die lebhafte Gestik zu bewundern. Aber im neuen Jahr in der Schule einfach zu Maximilian zu treten, ihn direkt anzusprechen, als erster das Wort an ihn zu richten?! Unmöglich. Lukas verstaute die Haube ordentlich, vertraute Bademantel und Handtücher dem Servicewagen an, kontrollierte sorgfältig, ob er keine Spuren hinterließ. Es tat weh und war gleichzeitig eine Erleichterung zu wissen, dass dieses Abenteuer nicht mehr als ein Tagtraum war. Maximilian würde sich weiter auf einer völlig anderen Planetenumlaufbahn bewegen, mit seinen Freunden einen guten, erfolgreichen Weg einschlagen. Lukas setzte sich langsam auf die Bank, starrte auf seine neuen Boots auf der Schmutzfangmatte. Er hatte Angst vor der Zukunft, eine lähmende, erstickende Angst. Würde er jemanden finden, der bereit war, ihn etwas zu lehren, damit er seinen Lebensunterhalt verdienen konnte? Jemanden, der ihn einstellen würde trotz seiner Krankengeschichte, seiner Lese- und Schreibschwäche, seiner miserablen Zensuren? Welche Profession konnte er überhaupt wählen? »Wir werden uns ohnehin trennen«, lächelte er traurig. Maximilian und die anderen würden zweifelsohne studieren, an Universitäten oder Fachhochschulen. Für jemanden wie ihn eine aussichtslose Sache. "Lukas? Bist du fertig?", drang Maximilians Stimme gedämpft durch die Tür. "Ich komme sofort!", Lukas schluckte, setzte ein betont fröhliches Gesicht auf. Maximilian meinte es nur gut mit ihm. Das durfte er auf keinen Fall verderben! O~O Kapitel 4 - Eiskalt erwischt "Na, haben wir nicht Glück?", Maximilian strahlte zufrieden, als sie den Nord-Ost-Flügel und die Cantina betraten. Er zog Lukas an der Hand zu einer Nische, die gerade freigeworden war. Man räumte flink das Geschirr ab, wischte über den Tisch und lächelte sie aufmerksam an, "was darf ich Ihnen bringen?" Maximilian warf einen kurzen Blick zu Lukas, der wieder die Ärmelenden bekrallte und auf seinen Schoß blickte. »Nun gut«, seufzte er stumm, gab eine große Bestellung auf, denn ER hatte Hunger. Lukas hingegen hatte zunächst erklärt, gar keinen Appetit zu verspüren, aber es auch nicht durchsetzen wollen, dass Maximilian allein speiste. »Aber der Appetit kommt schließlich beim Essen«, dachte er grimmig, »und dem Eisbecher Paradiso kann keiner widerstehen!« Außerdem war er nur zu gern bereit, seine Pizza nach Art des Hauses mit Lukas zu teilen. "Sag, was möchtest du noch unternehmen? Wollen wir nach dem Essen mal schauen, was an Veranstaltungen geboten wird? Wir können alles machen, was du magst!", Maximilian bemühte sich um leichte Konversation. Lukas wirkte geistesabwesend, eingeschüchtert, "bitte wähle doch nach deinen Geschmack." »Hmm!«, Maximilian presste für einen verräterischen Moment die Lippen zusammen. Wie sollte er mehr über Lukas herausfinden, wenn alles nach SEINER Nase ging?! Sich selbst kannte er schließlich ein Leben lang! "Ich möchte gerne das tun, was DU gern hast!", betonte er erneut. "Oh", murmelte Lukas auf die Tischplatte. Maximilian konnte an den Schultern erkennen, dass Lukas offenkundig stärker an den Ärmelenden zupfte. "Oh, ich bin eher ein fader Typ. Ich habe keine besonderen Interessen", wiegelte Lukas endlich ab, blinzelte hoch, die großen Augen blank, das Gesicht blass. Maximilian wusste keine rasche Antwort. Er konnte verstehen, dass Lukas' strikter Zeitplan keinen Raum für persönliches Vergnügen ließ, aber es musste doch Dinge geben, die sein Freund einmal ausprobieren wollte! "Wirklich, Lukas", Maximilian beugte sich über den Tisch, "wir können alles tun, was du schon immer mal versuchen wolltest! Denk einfach darüber nach, ja? Ich hole rasch eines der Programme, in Ordnung?", damit erhob sich Maximilian, hielt auf einen dezent postierten Informationsspender zu, der in sorgsam gefalteten Flugblättern die aktuellen Angebote präsentierte. O~O Lukas konnte kaum Luft holen, geschweige denn richtig schlucken. Maximilians kurze Abwesenheit zu nutzen, um einen Blick auf das Preisgefüge der Speisen zu werfen, hatte ihm einen nachhaltigen Schock versetzt. Alles wirkte so unkompliziert, weil Maximilian einfach den Namen ihrer Suite nannte und damit finanzielle Verhandlungen ausschloss. Für die Besucher wurden allerdings die Preise ausgezeichnet...und Lukas war entsetzt. Nicht etwa, weil er die Preise für ungerechtfertigt hielt angesichts der Exklusivität der Lage, der Transportwege und des Services, aber...! »Ich kann mir nicht mal den Eisbecher leisten!« Er wusste wohl, dass seine aktuelle Barschaft, um bescheidene Weihnachtseinkäufe für die abwesende Familie reduziert, erbärmlich gering war, allerdings hatte er auch selten Gelegenheit, sie zu reduzieren. Ohne Freizeit gab es schwerlich etwas, das er hätte finanzieren müssen. Wie konnte Maximilian sich das leisten? Bezahlten seine Eltern diese Reise? Wussten sie überhaupt davon? Der Gedanke an seine eigenen Eltern ließ Lukas zusammenschrumpfen. Irgendjemand hatte ihn sicher gesehen, sein Vater würde es merken. Er wagte sich gar nicht auszumalen, was ihm als Sanktionen drohte. "Dein Eis schmilzt", Maximilian ließ nicht locker, streichelte ihm über ein Ärmelende. Lukas zuckte zusammen, zog rasch beide verpackten Hände näher an seine Tischkante. Er KONNTE dieses Eis nicht essen. Es sah herrlich aus, war kunstvoll geschmückt, mit Früchten verziert und zweifelsohne von untadeliger Qualität. »Zu teuer für mich.« Auch die Pizza, die Maximilian nicht müde wurde anzupreisen, die er unbedingt mit ihm teilen wollte. Das alles waren Dinge für Leute, die nicht nach dem Preis fragen mussten. Er kannte sehr wohl die Wahrheit: musst du nach dem Preis fragen, kannst du es dir nicht leisten. Vernünftig war, sich auf ein Leben mit Konserven einzustellen, einfacher, preisgünstiger Ware, sich zu verabschieden von einem Luxus, den er sich nicht leisten konnte und in dessen Gefüge er auch nicht passte. "Verzeihung, ist etwas nicht in Ordnung?", der Service wandte sich zu ihrem Tisch, offenkundig besorgt, weil Lukas den Eisbecher nicht anrührte. "Bitte entschuldige mich einen Moment!", hastig und ohne Maximilian einen Blick zu schenken stürzte Lukas zu den Toiletten. Sofort zog er sich in eine der Kabinen zurück, atmete tief durch, zwang sich so lange zu schlucken, bis der Kloß in seinem Hals aufgab, hinunter wanderte, um sich bei jedem Herzschlag in der Brust schmerzlich bemerkbar zu machen. Er hatte niemanden beleidigen wollen oder den Eindruck erwecken, dass etwas nicht in Ordnung war, er selbst ein mäkeliger Esser! Andererseits konnte er sich einfach nicht überwinden, auch nur den Eislöffel vom Unterteller anzuheben. »Hätte ich doch nur abgelehnt!«, dachte er, hielt sich den Kopf mit beiden Händen. Wäre er zu Hause geblieben, müsste er jetzt nicht schwere Strafe fürchten und hätte auch Maximilian nicht die Ferien verdorben! O~O "Wir waren gerade schwimmen", Maximilian warf einen nervösen Blick auf die eilig davonhuschende Gestalt seines Freundes, "vielleicht keine gute Idee, nach der Hitze und Anstrengung ein Eis zu essen." "Das kann sein", der junge Mann vom Service an seinem Tisch lächelte, "wenn es Ihrem Begleiter nicht gut geht, kann ich in der medizinischen Abteilung Bescheid geben. Nur zur Sicherheit." "Danke schön", Maximilian erwiderte das Lächeln, "ich werde mich sicher melden, wenn es meinem Freund nicht besser geht." Er ließ das Geschirr abräumen und wartete ungeduldig auf Lukas. »Hier läuft etwas gerade furchtbar schief!«, tadelte er sich selbst. Das entsetzte Gesicht beim Anblick des Eisbechers, die verkrampfte Haltung, die zuckenden Ärmelenden auf dem Tisch: offenkundig trieben sich Gedanken und Befürchtungen in Lukas' Kopf herum, die ganz dringend aussortiert werden mussten! »Ich bin vielleicht wirklich zu herrisch!«, Maximilian behielt die Waschräume angestrengt im Blick. Mit den anderen war es leichter im Umgang, das stimmte wohl. Sie waren nicht so zurückhaltend wie Lukas, nicht so rücksichtsvoll, ordneten sich niemals ganz selbstverständlich in das letzte Glied ein, stellten alle eigenen Ansprüche klaglos zurück. Maximilian fingerte das schwarze Buch, den Trainer, aus der Tasche seines Parkas. Er fragte sich beklommen, ob Lukas ihn nicht vielleicht doch unbewusst ablehnte, immerhin hatte der 'alte Mistbock' Maximilian als leuchtendes Vorbild auf ein Podest gehoben und maß Lukas mit ihm. »Ich würde mich wahrscheinlich hassen«, dachte er verunsichert. Aber Lukas war viel zu gut erzogen, zu feinfühlig, zu gerecht, um ihm offen Vorwürfe zu machen, ihn direkt abzulehnen. Möglicherweise zeigten sich seine wahren Gefühle nur unbewusst, etwa, wenn es ihm widerlich war, mit ihm zu essen? »Dabei möchte ich doch nur...«, Maximilian ballte die Fäuste. O~O Lukas kehrte an ihre Nische zurück, er war schließlich ein vernünftiger Mensch. Man konnte sich nicht vor der Realität auf der Toilette einschließen. NICHTS war realer als dieser Ort. "Ist alles in Ordnung?", Maximilian sprang sofort auf, fasste nach dessen Händen, aber die hatte Lukas wie gewohnt in den Ärmelenden verborgen. "Es tut mir leid", Lukas hielt den Kopf gesenkt, erwartete eine Strafpredigt. Darin hatte er Übung, stimmte auch grundsätzlich mit den Inhalten überein. "Ist dir nicht gut?", Maximilian jedoch schien von dieser Tradition keine Kenntnis zu haben, streichelte ihm sogar über die Wange, hob seinen Kopf an! Lukas wich den suchenden Augen aus, formulierte seine Ausrede, "ich bin nur erschöpft. Entschuldigung." "Tut mir auch leid. Ich habe es mit der Planscherei übertrieben, nicht wahr? Eigentlich hätte ich es doch besser wissen müssen, immerhin warst du ja lange nicht mehr schwimmen!", Maximilian schüttelte über die eigene Gedankenlosigkeit den Kopf. "Aber nein!", hastig bemühte sich Lukas um Korrektur. "Es ist allein meine Schuld. Ich bedaure das wirklich sehr. Sollte ich mich auch bei der Direktion entschuldigen?", fügte er ängstlich an. Er wollte nicht, dass die Leitung Ärger bekam, weil er den Eisbecher nicht angerührt hatte. "Das ist nicht nötig. Ich habe schon alles erklärt", Maximilian musterte ihn noch immer eindringlich, "hör mal, Lukas, wenn es dir nicht gut geht, sag mir das bitte, ja? Ich mache mir sonst Sorgen um dich!" Lukas zuckte zusammen, spürte, wie seine Schultern sich hochzogen, verspannten. Er wollte nicht, dass sich Maximilian für ihn verantwortlich fühlte! Wenn es doch nur einfach so wie in der Schule wäre, dann wäre Maximilian von so vielen anderen, die ihn umdrängten, abgelenkt und er könnte ihn einfach nur aus der Ferne beobachten! Keine Aufmerksamkeit, keinen Ärger erregen! "Komm", zuvorkommend half ihm Maximilian in seinen alten Parka, reichte ihm Schal, Mütze und Handschuhe, "gehen wir zurück, damit du dich ein wenig hinlegen kannst." O~O Lukas schämte sich so sehr für die Umstände, die er Maximilian bereitete, dass er kein einziges Mal den Blick vom Boden hob nicht mal, um die gewaltige Anlage vom gläsernen Aufzug aus bei Tageslicht zu betrachten. Er schlüpfte eilig aus seinen Winterkleidern, streifte die Boots ab und floh in das Badezimmer, um sich dort den vorausschauend in einer Kiste verborgenen Pyjama überzustreifen und zur Sicherheit noch den Bademantel. Als er sich in das Schlafzimmer stahl, musste er eine weitere Niederlage hinnehmen: Maximilian hatte das Bett aufgedeckt, den Raum angenehm verdunkelt, auf die kleinen Nachtlichter reduziert. "Ist es dir auch warm genug? Möchtest du vielleicht eine Wärmflasche? Sie haben auch Wärmepolster für den Nacken! Und Thermosocken!" Maximilian gab sich alle Mühe. "Nein, vielen Dank! Danke für deine Mühe", Lukas kroch eilig unter die Bettdecke, versteckte sich mit hochroten Wangen. Ihm war zum Heulen zumute. Wenn Maximilian bloß nicht so nett wäre und so geduldig! O~O Er hatte scheinbar Ewigkeiten gewartet, lange genug jedenfalls, um auch vollkommen sicher zu sein, dass Maximilian neben ihm fest schlief. Sehr vorsichtig setzte sich Lukas im sich steigernden Schein der Nachtbeleuchtung auf und betrachtete Maximilian. Obwohl er ihm demonstrativ den Rücken gekehrt hatte, schlief der ihm zugewandt, eine Hand wie suchend nach ihm auf der Bettdecke abgelegt. Maximilian war im sanften Schimmer der Nachtleuchten so schön, dass es Lukas den Brustkorb einschnürte. Er wusste, dass es das vernünftigste war, Maximilian einfach aufzugeben, dessen Freundlichkeit nicht länger auszunutzen und ihn immer wieder zu enttäuschen. Aber gleichzeitig war es eine einzige Qual. So nahe würde er Maximilian nie wieder sein und wahrscheinlich würde er nie wieder jemanden begegnen, der ihn so freundlich behandelte, ihn trotz aller Unzulänglichkeiten akzeptierte. Langsam und leise kletterte er aus dem Bett, umrundete es auf Zehenspitzen und deckte Maximilian vorsichtig richtig zu. Es war das erste Mal, dass er ihn auf diese Weise berührte. Maximilian nahm zwar immer seine Hände, tollte mit ihm herum, aber er selbst wagte es einfach nicht, selbst so tollkühn zu sein. Außerdem war er es gar nicht gewöhnt, jemanden ohne Aufforderung zu berühren. Es gehörte sich nicht und er wollte keine Ablehnung provozieren, irgendjemanden zu nahe treten oder ihn nötigen, einen Tadel formulieren zu müssen zu einer so selbstverständlichen Angelegenheit. Hastig verließ er das Schlafzimmer. Er wollte weg von hier, von diesem zauberhaften Ort, der keinen Preis zu fordern schien, aber so exklusiv war, dass es ihm den Atem raubte. Und er wollte Maximilian von sich befreien. Wenn er ginge, so könnte der mit seiner Familie, mit seinen Freunden die Festtage verbringen und müsste nicht aus Höflichkeit bis zum bitteren Ende Langeweile in seiner Gegenwart ertragen! Was aber tun? Er hatte keine Mittel für ein Rückflug-Ticket oder das Taxi bis zum Flugplatz. Auch bei Maximilian konnte er kein lässig deponiertes Flugticket finden. »Morgen ist Heiligabend«, der Gedanke ließ ihn innehalten. Ohne die geringste Aussicht, für Maximilian ein Geschenk zu finden, mangels Barschaft und Gelegenheit. Lukas wechselte in den begehbaren Kleiderschrank, zog sich rasch um, stopfte seine Habseligkeiten in die Reisetasche. Heimlich abzuhauen hatte keinen Sinn, das war ihm durchaus bewusst, außerdem konnte er von niemandem Hilfe erwarten. »Aber ich MUSS hier raus! Und nachdenken! Gute Argumente finden!«, damit Maximilian gestattete, dass er morgen nach Hause flog, vielleicht verschleiern konnte, gegen das ausdrückliche Verbot seines Vaters gehandelt zu haben. An der Garderobe hielt er inne. Die Boots musste er wohl nehmen, weil es schneite, aber Schal, Mütze und Handschuhe gab er zurück, steckte sich selbst den Trainer ein. So war es viel gerechter verteilt. O~O Er wusste nicht, wie lange er sich schon durch das Schneetreiben kämpfte. Seine Uhr hatte ihren Geist aufgegeben, und die dichten Flocken, die überall tanzten, verdeckten sogar den Himmel. Es war allerdings ausreichend dunkel, sodass er sich nur auf seine Füße konzentrierte, die durch den knöchelhohen Schnee tappten. Das MUSSTE ein Weg sein, weil sich jenseits davon große Schneemassen höher türmten. Zunächst hatte er über die zwei Zugbrücken das Bishounencastle verlassen, um niemandem zu begegnen, damit seine Gedanken in Ruhe eine Strategie ausarbeiten konnten, doch längst schon konnte er die Mauern nicht mehr erkennen, verschlang das Tohuwabohu der Natur alle Lichter. Wohin sich also wenden? Sein Körper wollte nicht aufgeben. Das war vielleicht die einzige Tugend, die er für sich verbuchen konnte: er gab niemals auf. Ganz gleich, wie schmerzlich es war, wie unerträglich die Situation auch schien, er ließ nicht nach, nahm erneut Anlauf, begann von vorne. Jetzt war es keine bewusste Entscheidung, denn sein Kopf glühte, weil er so erbärmlich fror, dass er überhaupt nichts mehr spürte. Hatte die eisige Kälte sich noch mit spitzen Nadeln in sein Gesicht, seinen Hals gebohrt, so empfand er nun gar nichts mehr. Sein Atem gefror ihm auf dem Gesicht, schlug Risse in seine Haut. Aber das war nicht schlimm, schließlich spürte er es ja nicht, oder? In seinem Kopf spulten sich bunte Bilder ab, ein ganz eigener Film. Er hatte akribisch alles gesammelt, was er über Euro-Disney finden konnte, als sein Vater zum ersten Mal dieses Vorhaben bekannt gegeben hatte, Bilder und Anzeigen ausgeschnitten, die Namen aller Figuren auswendig gelernt, um sich nicht zu blamieren, Details über jede Attraktion verschlungen. Vieles kannte er nur vom Hörensagen oder von seinen beiden jüngeren Schwestern. Comics oder Trickfilmserien waren tabu, jedenfalls, wenn man so ein schlechter Schüler wie er war. Es wäre wie ein Wunder gewesen, dort zu sein, etwas zu sehen, was nur in seiner Vorstellung über eine Gestalt verfügte, nicht greifbar war, weil es unvorstellbar schien, jemals dorthin zu gelangen. Lukas versuchte, die Namen der Trickfiguren aufzusagen, dabei knickte er ein, fiel auf die Knie, rappelte sich mühsam wieder auf. Überall Schneeflocken, ein Gestöber wie von weichen Daunen, hier und dorthin getragen von eisigen Böen. Er drehte sich im Kreis, verlor die Richtung, konnte weder einen Weg noch ein Ziel erkennen. Es wurde immer dunkler, als sich Wolken vor den schmalen Mond schoben, seine Lichtreflexion auf dem Schnee unterbanden. »Müde«, dachte Lukas, spürte das Verlangen, angesichts der Dunkelheit einfach die Lider zu senken. Außerdem war ihm warm, behaglich und wenn er sich ausruhte, würden ihm auch sicher die Namen einfallen... O~O "Lukas! LUKAS!", Maximilian brüllte gegen den eisigen Wind, starrte durch die Schneebrille, die er sich geliehen hatte, auf die Anzeige. Vor ihm im Schein der starken Lampe tanzten Schneeflocken. »Er MUSS hier sein!«, Maximilian drehte sich im Kreis. Den Tracker in der Rechten, den Scheinwerfer in der Linken hastete er weiter. Er wäre beinahe hingeschlagen, als er unter dem Schnee ein Hindernis übersah. Fluchend richtete sich Maximilian auf, schüttelte beide Handgelenke, weil er die kostbaren Hilfsmittel trotz Sturz fest umklammert hatte. Da sah er abseits des Wegs eine Gestalt schwanken. "Lukas! LUKAS!", ohne Rücksicht auf Verluste stürmte Maximilian vor, hielt mit dem Scheinwerfer auf die Gestalt. Er erschrak, als er Lukas erkannte. Blut war aus dessen Nasenlöchern gesickert und auf dem Gesicht festgefroren, die Augen waren entzündet, die Wimpern mit Schnee verklebt. Das ganze Gesicht wirkte entsetzlich, wie bei einer Schneemumie. "Lukas", Maximilian unterdrückte ein Schluchzen, schlang die Arme um den Freund, aber der gab keinen Laut von sich, strahlte eine eisige Kühle aus. "Was hast du nur gemacht?!", Maximilian begann hastig, über Arme, Rücken, Torso zu reiben. Das zeigte jedoch keine Wirkung. »Beruhig dich, BERUHIG DICH!«, ermahnte er sich, schickte mit dem Tracker das S.O.S.-Signal an die Zentrale. Er führte Lukas hastig zum Weg zurück, rammte dann mehrere Signalfackeln in den Boden und entzündete sie. Auf und ab marschierte er mit Lukas, wickelte ihm Thermotücher, die er geliehen hatte, um den Kopf und die Glieder, redete trotz des eisigen Windes, der ihm die Worte von den Lippen biss, pausenlos auf ihn ein, "gleich kommt Hilfe, halt noch ein wenig durch. Wir gehen einfach hier auf und ab, dann wird dir wieder warm. Alles kommt in Ordnung. Sie brauchen sicher nicht lange. Bei den Fackeln finden sie uns auch gleich." Lukas taumelte nur neben ihm her, blicklos, ohne eine Reaktion. Maximilian hätte am Liebsten geheult vor Angst und Hilflosigkeit. Er wusste nicht, wie er mit Lukas umgehen sollte, ob der vielleicht schon Erfrierungen hatte oder einen Schock, oder Schlimmeres, warum sie so lange benötigten. Um sich abzulenken, warf er immer wieder einen Blick auf den Tracker. Die Zentrale spielte ihm neue Anzeigen auf. Zwei Schneekatzen bewegten sich als Leuchtpunkte durch das Gelände auf ihn zu, aber die Dimensionen in der einfachen Ansicht verrieten nichts über Hindernisse oder die tatsächliche Zeit, die bis zum Eintreffen vergehen würde. Er hielt inne, zog Lukas an sich, umklammerte ihn, "alles wird gut. Alles kommt wieder in Ordnung. Wir brauchen keine Angst zu haben." Endlich hörte er die Motoren der Schneekatzen, sah starke Scheinwerfer und farbige Positionsleuchten im Schneetreiben. "Wir sind hier!! WIR SIND HIER!", brüllte er mit aller Kraft, wischte sich mit dem Handschuh über die Nase, "HIERHER! BITTE, WIR SIND HIER!" Trotzdem dauerte es noch einige Minuten, bis die beiden Schneekatzen sich hintereinander ihren Weg durch das Gelände gebahnt hatten. Die erste Person, in einen Schneeanzug gehüllt und bis zur Unkenntlichkeit vermummt, löste einen Schlitten, den sie hinter sich herzog. Die Begleitung schob Maximilian behutsam auf die Seite, studierte Lukas im Licht der Scheinwerfer, dann zerrte sie ihm so sanft es unter den Umständen möglich war, den Parka und die Hose vom Leib, zerschnitt sie, weil es nicht schnell genug ging und die Boots sie hinderte. Lukas wurde in spezielle Decken und Tücher eingeschlagen in den Schlitten gepackt, selbst sein Gesicht erhielt einen leichten Stoffschutz, bevor eine Schneebrille seine Augen verdeckte. Ein orangefarbener Schutzüberzug wurde zusammengezurrt, Sicherheitsbügel hochgeklappt, um Unfälle oder weitere Verletzungen zu verhindern. Gemeinsam zogen die beiden Mitarbeitenden den Schlitten zur ersten Schneekatze. Mit einer Geste forderten sie Maximilian auf, sich auf den Sozius der zweiten Schneekatze zu begeben, dann fuhren sie zurück zum Bishounencastle. Nicht lange danach verloschen die Signalfackeln im Schneegestöber. O~O "Es ist nicht so schlimm, wie es aussehen mag", der junge Arzt beruhigte Maximilian, sprach sanft auf ihn ein, "keine Erfrierungen, keine schwerwiegenden Wunden." "Er muss Medikamente nehmen", Maximilian präsentierte tonlos die Schachtel, starrte auf das Bett in der Krankenstation, wo man Lukas 'auftaute'. "Ah, vielen Dank." "Darf ich noch einen Augenblick bleiben?", Maximilian wollte nicht gehen, sah aber ein, dass Lukas für diese Nacht Ruhe und Erholung benötigte. "Natürlich, Sie können sich neben ihn setzen. Bitte entfernen Sie aber die Thermoverbände nicht", der junge Arzt, der sich als Kim vorgestellt hatte, reckte sich und legte Maximilian eine Hand auf die Schulter, "dann gehen Sie bitte in Ihre Suite und versuchen, auch ein wenig zu schlafen. Es besteht kein Grund mehr zur Sorge." Maximilian nickte stumm. Langsam ließ er sich auf dem Stuhl neben Lukas' Krankenbett nieder, studierte dessen verpflastertes Gesicht. Unter den Verbänden, der Atemmaske und dem Augenschutz konnte er ihn kaum noch erkennen. "Warum hast du das gemacht? Bin ich dir so zuwider?", würgte er die Fragen hervor, die ihn seit mehreren Stunden beschäftigt hatten. Er hatte noch nie zuvor so viel Angst, Sorge und Kummer durchlitten. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass er die Hindernisse in seinem Weg unterschätzt hatte. O~O Als Lukas erwachte, erwartete er beinahe, sich von Mickey Mouse und Co. umgeben zu sehen, in Euro-Disney zu sein. Er hatte so intensiv davon geträumt, dass er felsenfest überzeugt war, sich auch dort zu befinden. Die Realität, die er erkennen konnte, sah allerdings befremdlich aus. Ein junger Mann mit zahlreichen Piercings und einem Punkhaarschnitt beugte sich über ihn, lächelte beruhigend, "guten Morgen, Lukas. Wie fühlst du dich?" Lukas krächzte, von der Situation überfordert, hustete, weil es einfach nicht gelingen wollte, seine Kehle zu befeuchten. "Einen Augenblick, ich bringe dir etwas zu trinken", schon entfernte sich der freundliche Arzt aus seinem Blickfeld. Zumindest vermutete Lukas, dass es sich bei dem weißen Kittel um einen Arztkittel handelte. Auch wenn es nicht nach Krankenhaus roch, so spürte er doch eine gewisse Atmosphäre, die ihm allzu vertraut war. »Was ist passiert?! Wo bin ich hier?!«, die Fragen verwirrten ihn, dann lieferten sich unterschiedliche Erinnerungen einen Wettlauf, sein Entsetzen zu steigern. Maximilian, das Bishounencastle, der Eisbecher und sein 'Spaziergang'! Er war NICHT in Euro-Disney! Das war kein Traum! "So, einen Augenblick, ich richte das Bett auf", sein Arzt aktivierte einen winzigen Motor, der das Kopfteil des Bettes in die Höhe hob, dann reichte er Lukas einen Kunststoffbecher mit zwei großen Griffen. Lukas starrte auf seine Hände. Sie waren in eine Art Handschuh gehüllt, aber durchscheinend mit einer bläulichen Flüssigkeit. Sehr vorsichtig fasste er den Becher, nahm kleine Schlucke von einer lauwarmen Flüssigkeit, die an Kräutertee erinnerte. "Entschuldigung", seine Stimme meldete sich artig zurück, "wo bin ich hier? Und was ist passiert?" Der sehr junge Arzt mit den merkwürdigen Steckern im Gesicht nahm neben ihm Platz, betrachtete ihn ruhig. "Was ist deine letzte Erinnerung?", wich er den Fragen aus. "Ich bin im Schnee spazieren gegangen", Lukas runzelte die Stirn, bemerkte eine ungewohnte Spannung, "Entschuldigung, was ist mit meinen Kopf?" Er versuchte, den Becher mit nur einer Hand zu halten, um vorsichtig danach zu tasten. "Augenblick", der Arzt fing seine Hand ab, "ich werde dir alles erklären, aber zuerst würde ich mich gern vorstellen und den Check-Up erledigen, ja?" Sein Lächeln war so gewinnend, wenn auch ein wenig schurkisch, dass Lukas wohlerzogen nachgab, "gut, dann darf ich mich vorstellen? Meine Name ist Patrick, aber alle nennen mich glücklicherweise Pat. Du befindest dich in der medizinischen Abteilung im Bishounencastle. Ich bin übrigens kein Arzt, sondern absolviere hier ein Praktikum", er zwinkerte mit tiefschwarzen Augen, "aber keine Sorge, Kim, unser Arzt, kommt sicher gleich, wenn seine Schicht beginnt." Pat fasste neben sich auf den Beistelltisch, produzierte einen Handspiegel. "So, nun zu deinem Kopf. Also, das schicke Häubchen hier trägst du, weil wir deine Kopfhaut behandeln müssen. Gestern bist du zu lange ungeschützt in der eisigen Kälte herumgelaufen, sodass das Gewebe stark unterkühlt worden ist. Wusstest du eigentlich, dass dreißig Prozent der Wärme vom Kopf abgegeben wird? Aber zu kühlen Kopf bewahren ist auch nicht gut", lächelte er Lukas zu, der sich im Spiegel betrachtete. "Und meine Augen?", murmelte er ernüchtert. "Das ist eine Speziallösung, die wir aufgetragen haben. Du wirst feststellen, dass dein gesamter Körper eingepackt ist, um die Unterkühlung auszugleichen und Entzündungen der Organe zu verhindern. Nach dem", Pat deutete auf ein Anzeigenfeld, das über Lukas an die Decke projiziert wurde, "was die Membranen mir sagen, ist alles noch mal glücklich ausgegangen." Lukas erprobte sehr vorsichtig seine Glieder. Tatsächlich, er spürte seine Zehen, die Fingerspitzen, Knie, Ellenbogen. "Wir haben dir einige krampflösende Mittel verabreicht, damit du dich besser fühlst", Pat erhob sich, löschte die Projektion und bugsierte den Rollwagen auf die Seite, "was meinst du, kannst du ein Frühstück in Angriff nehmen?" Er lächelte Lukas an, der sich elend fühlte. Was für Umstände er allen wieder bereitet hatte und es war Heiligabend in der Frühe! Hätten die anderen nicht frei an so einem Tag? "He", eine Hand legte sich unter sein Kinn, dann fixierten ihn die schwarzen Augen eindringlich, "bitte iss etwas, ja? Dann sprichst du mit deinem Freund. Einen Schritt nach dem anderen, einverstanden?" Lukas nickte. Welche Wahl hatte er auch? O~O Er war froh darüber, dass Kim, der Arzt, der Pat abgelöst hatte, ihm Zeit ließ, zu frühstücken und dann erst erprobte, ob Lukas auch ohne die Spezialbandagen gut gerüstet war. Hier half natürlich keine falsche Scham, wie er so bloß und blank vor Kim eine langsame Pirouette drehte, aber er hatte noch mal, wie ihm versichert wurde, großes Glück gehabt: bevor sein Gewebe schlimmere Schäden erlitten hatte, war Rettung gekommen. Nun saß Lukas, in einen Pyjama und darüber einen warmen Bademantel gehüllt, im Krankenbett, plagte sich mit Selbstvorwürfen. Er hatte sich ganz unverantwortlich benommen, allen anderen große Sorgen bereitet. Und warum? Weil er Maximilian KEINE Sorgen mehr machen wollte! Einfach lächerlich. Außerdem hatte er Angst, Maximilian gegenüberzutreten. Das würde es natürlich, auf einer sehr theoretischen Ebene, einfach machen, sich von ihm zu trennen, einen Schlussstrich zu ziehen, bevor sie etwas begannen, das enden musste. »Nun muss ich mir wohl auch keine Gedanken mehr um ein Geschenk machen«, seufzte er stumm, »wenn ich mich gleich hier auflösen könnte und zu Hause materialisieren, DAS wäre die perfekte Lösung!« Denn er würde auch aus Anstandsgründen Maximilian die Flugkosten erstatten müssen. »Aber wie?! Wie soll ich das Geld zusammentragen?!«, Lukas zog die Beine vor den Leib, rollte sich zusammen. Hatte Maximilian vielleicht schon jemanden informiert, vielleicht sogar seinen Vater?! »Oh Gott...«, der Gedanke rieselte eisige Schauer in Lukas' Glieder. Wenn sein Vater von dieser Geschichte erfuhr, und das in Euro-Disney, schlimmstenfalls noch ausgerufen...!!! "Lukas?", er schreckte hoch. In der Tür, sichtlich mitgenommen, stand Maximilian. O~O Langsam betrat Maximilian das Krankenzimmer, umrundete das Bett, sackte auf dem Stuhl nieder. Er wusste einfach nicht, wie genau er beginnen sollte und jeder Smalltalk blieb ihm im Hals stecken. Lukas schwieg ebenfalls, starrte auf seine angezogenen Knie. Endlich hielt Maximilian das Tosen in seinem Kopf, in seiner Seele nicht länger aus. Der Überdruck MUSSTE entweichen, die erstbeste der zahlreichen Fragen gestellt werden. "Was habe ich falsch gemacht, Lukas?!" Aber der schwieg, zog wie eine Schildkröte den Kopf so tief zwischen die Schultern, dass man ihn kaum dahinter erahnen konnte. Maximilian erhob sich so hastig, dass der Stuhl über den Boden schabte, nahm unaufgefordert auf dem Krankenbett Platz, stellte beide Arme links und rechts um Lukas auf die Matratze, funkelte auf den Pony, der die Augen vor ihm versteckte, "was habe ich getan, dass du lieber in einen Schneesturm läufst, als mit mir darüber zu sprechen?!" Die einzige Reaktion, die er Lukas entlocken konnte, war ein Zittern, das den gesamten Leib durchlief. "Bin ich dir so zuwider? Hasst du mich so sehr?!", Maximilian ließ nichts unversucht. Verzweifelt genug, weil er Lukas nicht erreichte, löste er seine Arme, schlang sie um ihn, presste sich an den aufgestellten Beinen vorbei an Lukas. "Ich hatte solche Angst um dich", raunte er erstickt in ein Ohr, "bitte tu so etwas nie wieder! Auch wenn du mich nicht magst." "...es tut mir leid", hörte er Lukas flüstern, "ich wollte nicht, dass so etwas passiert." "Wenn ich nicht einen Peilsender in unsere Parkas gepackt hätte, wärst du erfroren!", Maximilian konnte die Rage, die er spürte, nicht mehr kontrollieren, "du warst ein Tiefkühlfach auf zwei Beinen! Mit Eiszapfen, Rotzbahnen und Gefrierbrand! WARUM HAST DU DAS GEMACHT?!" Mit jedem Wort steigerte er sich in einen anklagenden Schrei, schniefte und schluchzte zugleich, "und guck mich an! Sieh mir wenigstens ins Gesicht!" Seine Hände lagen auf Lukas' Schultern, schüttelten ihn durch. Langsam hob Lukas den Kopf, lächelte auf eine erbärmliche, klägliche Weise. "Es tut mir leid", flüsterte er, schluckte schwer, "es tut mir leid." "Warum?!", Maximilian machte sich nicht die Mühe, über sein Gesicht zu wischen, ließ die Tränen einfach laufen, zog sogar unmanierlich die Nase hoch. Er WOLLTE, dass Lukas sah, wie er sich fühlt und außerdem verlangte er eine Erklärung. Entschuldigungen waren ohne Nutzen für ihn. "Ich...ich wollte dir keine Umstände bereiten", Lukas schien durch seine Nachfrage verwirrt. Offenkundig reichte es gewöhnlich, wenn er sein Scheitern eingestand und um Entschuldigung bat. »Aber MIR reicht das nicht aus!« "Warum läufst du vor mir weg?! Warum sagst du mir nicht, wenn du mich nicht leiden kannst?!", Maximilian gab nicht auf, umklammerte mit beiden Händen die schmalen Handgelenke seines Freundes, "du musst nicht so drastische Mittel einsetzen! Ich hätte es auch verstanden, wenn du mir gesagt hättest, dass du... mich nicht magst." Er konnte sehen, wie es in Lukas arbeitete, wie der mit sich rang. Nun arbeitete Maximilian seine unterdrückte Verzweiflung zu, "wieso hast du deinen Schal und die Mütze zurückgelassen, dafür das verdammte Buch mitgenommen?! Wir haben getauscht! Ich wollte das blöde Buch verbrennen! Da kannst du es nicht einfach mitnehmen!" "...ich kann diese Sachen nicht mitnehmen", flüsterte Lukas, verzog das Gesicht zu einer geisterhaften Grimasse, die niemand für ein Lächeln halten konnte. "Mein Vater würde doch sofort Verdacht schöpfen. Außerdem", Lukas holte tief Luft, "sind diese Dinge viel zu teuer für mich. Sie passen nicht zu mir." Maximilian blinzelte, vergewisserte sich, dass er diese Worte tatsächlich vernahm, auch wenn sie für ihn ohne Sinn blieben. "Sieh mal", nun lächelte Lukas fahl, "es ist ganz allein mein Fehler. Ich hätte nicht mitkommen sollen. Ich habe nicht dein Niveau, kann nicht mithalten. Wir können keine Freunde sein. Wir haben gar nichts gemeinsam." "Wie.. bitte?", Maximilian wich zurück, starrte Lukas entgeistert an, "ich verstehe das nicht?! Was willst du damit sagen? Wir SIND doch Freunde!" Lukas schüttelte den Kopf, senkte das Kinn auf seine angezogenen Beine. "Das ist nicht möglich. Du bist Klassensprecher, klug, aus gutem Haus, vermögend. Du hast mit deinen hervorragenden Zensuren und deinen Qualitäten die besten Chancen. Du wirst studieren, dich in den höchsten Kreisen bewegen. Karriere machen. Ich dagegen", er seufzte leise, lächelte mitleidig, "ich bin ein hoffnungsloser Fall. Eine inkompetente Lusche. Es gibt keinen Ort", Lukas sah Maximilian direkt ins Gesicht, "wo wir zusammen sein können. Und darum können wir auch keine Freunde sein. Es wäre ganz einfach zwecklos." Maximilian rückte von ihm ab. Er ächzte leise, schüttelte den Kopf, wischte sich über das Gesicht, "SO siehst du mich? Ich bin nur ein Abziehbild, das dein Vater entworfen hat?! Wir können keine Freunde sein, weil meine Eltern Geld haben?! Weil ich Klassensprecher bin?!" "Wie soll denn das funktionieren?", Lukas rollte wieder Ärmelenden ein, starrte auf seine Knie, "du hast so viele Freunde! Du brauchst meine Freundschaft nicht. Es ist alles in Ordnung, so wie es ist." "So, ist es das?", Maximilian erhob sich langsam. Seine bitterböse Miene hätte Medusa versteinert, "es ist also in Ordnung, dass du mich wie eine Ikone auf ein Podest stellst, meine Freundschaft zurückweist, meine Absichten anzweifelst? Ich BIN aber kein Standbild auf einem Sockel! Ich habe nicht nur Tugenden! Wenn du MICH gar nicht kennen lernen willst, sondern einem Trugbild nachhängst, dann SAG mir das ins Gesicht! Sag mir, dass du gar kein Interesse hast!" Lukas richtete sich auf, blinzelte. Maximilian vor ihm schien zu verschwimmen. Er wischte sich über die Augen, vermutete die Speziallösung als Ursache, doch je energischer er rieb, umso unschärfer wurde das Bild, brannten seine Augen. "Nicht reiben", Maximilian pflückte seine Hände ab. Dann spürte er, wie sich die Matratze senkte, Arme um seinen Rücken glitten, ihn fest an eine warme Brust zogen. "Bitte gib mir eine Chance, Lukas", Maximilian wisperte stockend in sein Ohr, "mach nicht einfach Schluss! Bitte, Lukas, gib nicht einfach auf!" Lukas drehte sich in der Umarmung, um seine angestellten Beine abzuklappen, sich hinzuknien, damit er Maximilian fester halten konnte. Er wusste nun, dass er weinte, weil er nicht SO selbstlos sein konnte, auf ihn zu verzichten, weil er nicht glauben wollte, dass seine Lage so aussichtslos war. Weil er es nicht verdient hatte. O~O Kapitel 5 - Geständnisse Warm eingepackt, Mütze, Schal und Handschuhe vom Kauz um, begleitete Lukas gegen Mittag Maximilian zurück in ihre Suite. Sie sprachen nicht, weil stillschweigend vereinbart war, sich in der Suite endlich einmal nicht diplomatisch-höflich zu verhalten. Maximilian ging voran, half Lukas aus seinen Kleidern, dann hielt er die große Schaukel, damit Lukas Platz nehmen konnte, bevor er sich selbst daneben kuschelte, die Beine überhängen ließ, um Schwung zu holen. Er machte den Anfang, "warum bist du heimlich weggelaufen?" Lukas umklammerte ein Kissen, starrte an die Decke, wo zarte Bilder von einer kreiselnden Lampe projiziert tanzten. In ihrem Rücken leuchtete der gewaltige Lutscher. "Ich musste hier raus und nachdenken. Ich wollte nach Hause, hatte aber überhaupt kein Geld. Alles war so aussichtslos", Lukas seufzte leise. Er empfand seine Antwort selbst als wirr und unzusammenhängend. Da ihm nun eine Frage gebührte, schoss er geradewegs auf das Ziel los, "warum hast du mich hierher gebracht?" Die Antwort kam rasch, "damit du dich amüsieren kannst. Ich wollte dir eine Freude machen und Zeit mit dir verbringen." Maximilian holte noch einmal Schwung mit der Schaukel, bevor er die Beine einzog und sich auf die Seite rollte, Lukas' Profil betrachtete, "magst du mich, Lukas?" Lukas drehte den Kopf, lächelte, "natürlich." Als er Maximilians Gesicht bemerkte, verblasste seine Freude, aber nun war seine nächste Frage an der Reihe, "wissen deine Eltern, was du hier tust?" Er pirschte sich langsam an das heikle Thema heran. Maximilian brummte, "nein. Sie haben keine Ahnung." Er seufzte, schob seine Verärgerung beiseite, "ich habe ihnen eine Nachricht geschickt, dass ich erst noch einen Auftrag habe, dann mit Freunden die Feiertage verbringe. Die besagten Freunde glauben, dass ich bei meinen Eltern bin." Lukas setzte sich auf, schob das Kissen beiseite, "du hast gelogen?!" Maximilian verschränkte die Arme unter dem Nacken. "Meine Frage", erinnerte er mit einem boshaften Grinsen, registrierte befriedigt das Erstaunen über sein 'ungewöhnliches' Verhalten bei Lukas, "bist du nicht heimlich wütend auf mich, weil dein Vater mich als Vorbild verklärt und immer Vergleiche zwischen uns gezogen hat?!" Lukas wandte ihm das Profil zu, schmunzelte nachdenklich, "nein, ich bin ganz sicher nicht wütend auf dich. Oder auf ihn." Er seufzte leise, schüttelte den Kopf über sich selbst, "er hätte dich gar nicht als Vorbild aufstellen müssen. Ich erkenne deine Qualitäten auch so. Außerdem ist es nur verständlich, dass man sich um Besserung bemüht, oder?" "Aber das ist idiotisch!", Maximilian schoss hoch, versetzte die Schaukel durch seine heftige Reaktion in Turbulenzen, "ich bin überhaupt nichts Besonderes! Es ist dämlich, uns zu vergleichen! Ich habe keine Lese- oder Schreibschwäche, in meinem Kopf verdrehen sich keine Buchstaben und Zahlen! Ich war nicht furchtbar krank! Das sind doch ganz unterschiedliche Voraussetzungen!" Nun drehte Lukas den Kopf, musterte Maximilian, "warum hast du deinen Eltern nicht die Wahrheit gesagt? Dass du hier mit mir die Festtage verbringen willst?" Zum ersten Mal sah Lukas, wie Maximilians Wangen sich röteten, wie er tief Luft holte, um sich Mut zu machen. Maximilian sah Lukas direkt in die großen, braun gefleckten Augen. "Es gibt da etwas, das ich dir sagen will", nahm er tapfer Anlauf, "ich bin verliebt in dich." O~O Maximilian hatte sich auf unterschiedliche Reaktionen vorbereitet, denn seit der Erkenntnis über die Qualität und Tiefe seiner Gefühle war eine längere Zeit verstrichen, die ihm ausreichend Gelegenheit für Phantasien gelassen hatte, von spontanem Lachkrampf über Ekel und Unglaube bis zu süßer Verlegenheit. Lukas entsprach keiner der Phantasien. Er wirkte zwar nicht gerade wie vom Donner gerührt, reagierte aber zunächst gar nicht. Dann, als Maximilian sich schon fragte, ob er seine letzte Äußerung nicht sicherheitshalber wiederholen sollte, merkte Lukas an, "du hast meine Frage nicht beantwortet." Maximilian presste die Lippen zusammen. Wollte Lukas so einfach über sein Liebesgeständnis hinweggehen, vielleicht so tun, als habe er es gar nicht ausgesprochen? "Du willst eine Antwort? Aber selbstverständlich!", fauchte er enttäuscht, "ich konnte meinen Eltern nicht sagen, dass ich mit dir hierher fliege, weil ich mit dir ganz allein an einem Ort sein wollte, wo ausschließlich männliche Paare übernachten! Das hätte sie, gelinde gesagt, in Aufregung versetzt!" "Aber wenn sie nicht bezahlen, wie...?", Lukas verarbeitete offenkundig bestimmte Informationen überhaupt nicht, wie Maximilian ärgerlich registrierte. "Ich bezahle den Aufenthalt, die Flugtickets und alles andere, in Ordnung?! Ich habe ein eigenes Konto, Einkommen durch meine Arbeit und ein paar Ersparnisse! Vergiss also ENDLICH mal das verdammte Geld!", schnaubte er. "Du gibst dein verdientes und erspartes Geld für MICH aus?!", Lukas machte den Eindruck, als träfe ihn gleich der Schlag. Der Gedanke schien für ihn wohl so absurd, dass er nicht von ihm lassen konnte. "MEINE Frage!", schnappte Maximilian, "warum weist du jeden meiner Versuche zurück, dir etwas Gutes zu tun?! Die Wintersachen, den Eisbecher?!" "Aber du musst mir doch nichts Gutes tun", Lukas bemühte sich, die Wogen zu glätten, "es ist vollkommen ausreichend, wenn ich in deiner Nähe sein darf. Du musst nichts für mich tun." "Mit anderen Worten", Maximilian wollte provozieren, weil es ihn enttäuschte, dass Lukas mit keinem Wort auf seine Gefühle einging, "du willst nicht, dass ich etwas für dich tue, weil du mir sonst verpflichtet wärst. Das muss ja eine entsetzliche Angelegenheit sein, wenn du sogar in einen Schneesturm rennst!" Lukas zog die Schultern hoch, hielt sich aber mit einer Antwort zurück. Sein Schweigen kühlte die aufgeheizte Stimmung merklich ab. "Maximilian", setzte er schließlich an, "ich verstehe nicht, warum du mich magst. Bitte erklär es mir." Es blieb eine Weile so ruhig, dass sie nur das minimale Geräusch des kleinen Motors vernahmen, der die Projektionen an die Decke warf. Dann fühlte sich Maximilian gerüstet, eine Antwort zu wagen. "Ich mag es, wenn du aus dir herausgehst. Wenn du zum Beispiel einen Vortrag hältst in der Schule", er streckte die Hand aus, streichelte über Lukas' Wange, "dann bist du ganz anders als sonst. So lebhaft und selbstsicher. Ich mag es, wenn du richtig lächelst, nicht diese höfliche Grimasse", er schnaubte, "sondern vor Freude lachst. Das ist so..." Er suchte nach dem richtigen Wort. Dabei wurde ihm bewusst, wie erhitzt seine Wangen glühten, wie nahe er Lukas kam. Hastig schaltete er einen Gang zurück, um sich nicht sofort einen Korb einzuhandeln. "Du bist zurückhaltend und so aufmerksam. Du sorgst dafür, dass andere sich wohlfühlen. Ich könnte nie so rücksichtsvoll wie du sein!", er griff nach Lukas' Händen, drückte sie, "ich merke manchmal gar nicht, dass ich andere verdränge! Erst wenn jemand mir sagt, dass ich zu forsch bin, dann fällt es mir auf! So was würde dir nie passieren!" Lukas grinste leicht, "das ist nicht vergleichbar, Max. Du bist beliebt, ich nicht. Ich KANN gar keinen verdrängen." Maximilian verstummte, betrachtete das runde Gesicht, die großen Augen, noch in einer gelblichen Tönung schwimmend aufgrund der Tropfen, "sag so was nicht. Bitte rede nicht so schlecht über dich selbst." Mit einem nachsichtigen Seufzer senkte Lukas den Blick auf ihre Hände, "ich beklage mich nicht, Max. Ich verstehe vollkommen, warum die Situation so ist, wie sie eben ist. Was ich nicht begreifen kann", er schüttelte mitleidig über sich selbst den Kopf, "ist, warum du mir so viel Aufmerksamkeit schenkst. Du MUSST wirklich nicht so nett zu mir sein oder dich um mich kümmern! Ich mag dich auch so." "Und DAMIT gibst du dich zufrieden?!", Maximilian zog seine Hände zurück, wischte sich frustriert durch die Haare, "du willst mit jemandem befreundet sein, der dich kaum beachtet?! Der so großzügig ist, dich in seiner Nähe zu dulden?! DAS stellst du dir unter einem Freund vor?! So geringschätzig denkst du über dich?!" "Nun ja", perplex schützte sich Lukas hinter einem Kissen, "SO meine ich das nicht..." "Ach NEIN? Wie dann?", Maximilian stieß wütend die Schaukel an, "WIE soll dein Freund sein, hm? Rücksichtslos, selbstsüchtig, unaufmerksam, oberflächlich?!" Lukas zog den Kopf ein, kauerte sich zusammen, "tut mir leid! Entschuldigung!" Für Maximilian klang das wie der einfache Versuch, sich davonzustehlen in das bekannte Mauseloch. "Verdammt, entschuldige dich nicht immer so leichtfertig!", fuhr er Lukas an, "ich hab dich wirklich sehr gern, aber dein mieses Selbstwertgefühl treibt mich in den Wahnsinn!!" Maximilian raufte sich erneut die Haare, entriss Lukas dann das Kissen, das der wie einen Schutzschild umklammerte, "warum weist du mich ab?! Was stimmt denn nicht mit mir?!" "Es ist alles in Ordnung mit dir...", murmelte Lukas beschwichtigend, "wirklich, es liegt nur an mir..." "ARGGHHH!", Maximilian stieß einen unartikulierten Wutschrei aus, sprang von der Schaukel ab, ballte die Fäuste, "ich möchte dich am Liebsten verprügeln! Hast du eigentlich eine Ahnung, wie verletzend das ist?! Ganz gleich, wie sehr ich mich bemühe, dir näher zu kommen, IMMER findest du eine Ausrede, um mich abzuschmettern! Mal bin ich zu nett, mal bin ich zu großzügig, mal zu aufmerksam! Verflucht noch mal, WANN bin ich mal auf den Punkt richtig mit IRGENDWAS, das ich tue?!" Lukas starrte ihn mit offenem Mund an, mehr als fassungslos und Maximilian wusste genau, dass weder sein Verhalten noch sein Gebaren oder seine Ausdrucksweise zu dem einsamen, strahlenden Standbild auf dem Sockel passte. »GUT SO!«, dachte er wutschnaubend. Musste er Lukas wirklich erst in die Ecke treiben, um eine ehrliche Reaktion zu erhalten?! "Ich...ich meine das doch nicht so...", stotterte Lukas nun eingeschüchtert, "ich möchte dir nur keine Umstände bereiten." "WARUM NICHT?!", hitzig lehnte sich Maximilian in die Schaukel, packte die starken Träger mit beiden Händen, "WARUM NICHT?!" Er konnte die Verwirrung in Lukas' Augen lesen, aber auch die Angst. Soweit er sich erinnern konnte, trug Lukas nie eine Auseinandersetzung aus. Vielleicht musste er nun zum ersten Mal erkennen, dass es Menschen gab, die keinen Wert auf einen Triumph über ihn legten. "...ich kann doch nicht...", Lukas räusperte sich erstickt, "das tut man doch nicht..." "Ah", Maximilian wich zurück, richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust, "SO ist das. Es stimmt also. Du hältst mich für nicht vertrauenswürdig, für einen, der nicht belastbar ist, der bloß große Reden schwingt und sich nichts traut, der nicht zu seiner Meinung steht und lieber das Fähnchen nach dem Wind hängt. Dem sein Ansehen bei anderen über alles geht." Abrupt kehrte er Lukas den Rücken zu, "danke. JETZT weiß ich ja wie du mich siehst." "Aber das stimmt nicht!", ungelenk kletterte Lukas aus der Schaukel, verschätzte sich in der schwingenden Bewegung, blieb hängen und stürzte auf den Teppich. Er ächzte, schmeckte Blut, weil er sich auf die Lippe gebissen hatte, rieb sich die schmerzenden Ellen, die sein Gewicht allein abfangen mussten. "Hast du dir weh getan?! Wo bist du verletzt?", Maximilian kniete sofort neben ihm, inspizierte sein Gesicht, tastete die Glieder ab. "Nichts passiert", Lukas lächelte reflexartig, "alles in Ordnung." Aber das stimmte nicht, denn hier, so warm in Maximilians Armen, der beschützenden Obhut, wollte sich sein Lächeln nicht richtig justieren lassen, fühlte er sich plötzlich so schwach und elend, dass er sich wünschte, einfach loszuheulen und sich trösten zu lassen. Selbstredend stand so ein Verhalten auf gar keinen Fall zu Gebote! »Trotzdem...« Maximilian hielt ihn fest, wiegte ihn leicht, streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Lukas schlang die Arme um seinen Nacken, presste das Gesicht auf eine Schulter. Er WOLLTE eigentlich nicht weinen, sondern einen schwachen Scherz machen, damit wie gewohnt alle über die ungeschickte Lusche lachten, aber die Worte erstickten in seiner eingeschnürten Kehle. "Ich hab das nicht so gemeint", wisperte Maximilian leise in sein Ohr, seufzte laut, "ich möchte nur so gern wissen, ob du mich auch magst." »Aber das habe ich doch schon gesagt...« Lukas schluchzte verwirrt, die Frage hatte er bereits...! Dann atmete er falsch vor Schreck, verschluckte sich. Hatte Maximilian etwa gemeint, dass...?! Hastig stieß er sich von seinem Freund ab, starrte in das vertraute, attraktive Gesicht. Maximilian wirkte erschrocken über die heftige Abwehr, hatte seinen Namen auf den Lippen. "...du meinst...also...", Lukas ächzte, blinzelte betäubt, "...aber...?!" Plötzlich war ihm eisig kalt, während sein Herz raste. "Ist dir übel? Hast du dir doch den Kopf angestoßen?!", alarmiert fasste ihn Maximilian unter den Achseln, "ich helfe dir ins Badezimmer, ja? Hoffentlich ist es keine Gehirnerschütterung!" "...nein", Lukas stemmte die Fersen in den Teppich, entschlüpfte Maximilians Stütze, um sich in die Schaukel sinken zu lassen, einen Arm über die Augen gelegt. "Aber Lukas!", Maximilian protestierte, versuchte, ihn aus der Schaukel zu heben. "Ich dachte, du meinst...", Lukas flüsterte, "tut mir leid, ich habe einfach gedacht..." "Was sagst du da? Wovon redest du?!", Maximilian klang erschrocken, streichelte Lukas über die Stirn, "vergiss mein Geschwätz! Wir müssen dafür sorgen, dass es dir besser geht!" "Max", Lukas legte seine Augen frei, suchte Maximilians Blick, "hast du vorhin tatsächlich gesagt, dass du in mich verliebt bist?" Es klang so zweifelnd, so verwirrt, dass Maximilian grimmig zurückfunkelte. "JA! Das habe ich gesagt. Und DU hast nicht ein Wort dazu gesagt!", klagte er Lukas vorwurfsvoll an. "So was", murmelte Lukas, senkte die Augenlider, "ich dachte, ich habe mich verhört." Er lachte leise, "das ist verrückt, wirklich!" Dann schlug er beide Hände auf das Gesicht und schluchzte, drehte sich auf die Seite, von Maximilian weg, der mit so einer Reaktion nicht gerechnet hatte. "Lukas?! Lukas, ich tu dir nichts, in Ordnung? Warum weinst du denn jetzt? Tut dir doch etwas weh?!", ratlos und mit wachsender Panik streichelte Maximilian über Lukas' Rücken. Irgendwo hatte er gelesen, dass die Götter diejenigen, die sie verrückt machen wollten, mit Liebe bestraften, aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte er das für eine maßlose Übertreibung gehalten. Nun war sich Maximilian überhaupt nicht sicher, wie er sich verhalten sollte oder welche Regeln galten, was Lukas von ihm erwartete. Glücklicherweise für sein ramponiertes Nervenkostüm beruhigte sich Lukas wieder, stellte das erstickte Schluchzen ein, wischte sich mit den Handrücken über das Gesicht. "Tut mir leid", murmelte er matt, "ich bin total durcheinander. Ich weiß nicht mehr, was jetzt richtig oder falsch ist. Oder oben und unten." Maximilian betrachtete Lukas besorgt. Der klang anders als gewohnt, energischer, erwachsener und mit einer winzigen Prise Selbstironie gewürzt. Die großen,, braun gefleckten Augen richteten sich auf Maximilian, "darf ich dich um einen Gefallen bitten?" Mit einem Nicken stimmte Maximilian zu, noch bevor er wusste, worum es sich handelte. Lukas rollte sich über die Seite in ein aufrechte Sitzhaltung, wischte sich durch die verstrubbelten Haare, "können wir eine Unterbrechung einlegen? Für eine Siesta?" Er zog eine Grimasse, "ich glaube, ich habe eine Auszeit bitter nötig. Bei mir verdrehen sich gerade nicht nur Buchstaben und Ziffern im Kopf." "Klar können wir eine Pause machen", Maximilian stellte sich wieder auf die Beine, streckte eine helfende Hand aus, "legen wir ein Schläfchen ein, ja?" "Genau", murmelte Lukas, kam ohne Panne aus der Schaukel, rieb sich über die Augen, "ich bin sicher, beim Aufwachen ergibt alles einen Sinn." Zumindest hoffte er das inständig. O~O Maximilian hatte zwar nichts gegen ein Nickerchen für das ramponierte Nervenkostüm, aber er wollte kein zweites Mal unbedacht sein Glück aufs Spiel setzen. Also kramte er in einer der Schubladen und wählte ein Paar Handschellen aus, deren Ringe mit weichem Plüsch in einem kräftigen Orangeton gehalten waren. Einen Ring befestigte er um Lukas' Handgelenk, der keine Einwände erhob, sondern sich in die Laken kuschelte und die Augenlider herunterklappte. Maximilian kroch unter die Decken auf seiner Betthälfte, studierte das entspannte Gesicht seines Freundes, während er sich die Handschelle um das linke Handgelenk band und den Schlüssel unter das Kopfkissen schob. Vielleicht waren die letzten Ereignisse doch zu anstrengend für Lukas, um ausgerechnet jetzt eine Generaldebatte über seine Gefühle anzuzetteln? Allerdings gab es ihm schon zu denken, wie verändert Lukas reagiert hatte. Maximilian programmierte seine Uhr und rutschte näher zu Lukas heran. Er befragte sich schläfrig, ob der Streit seine Gefühle verändert hatte. »Nein«, lächelte er müde, »ich mag dich immer noch sehr.« O~O Maximilian blinzelte irritiert, als es gedämpft unter seinen Ohr piepte. "Hmm?!", beschwerte er sich, drehte sich auf den Rücken und keuchte überrascht, als jemand auf ihm landete. "Huh?", auch Lukas war nicht wach, musste aber seinem Handgelenk folgen. "Oh!", Maximilian legte rasch seinen linken Arm auf die Seite, hielt Lukas mit dem Rechten in Balance, "tut mir leid! Hast du dir was getan?" "Nein", Lukas hob eine Hand vor den Mund und gähnte verstohlen, "oh, ich werde gar nicht richtig wach!" "Mhhhmmmm", Maximilian schnurrte, streichelte Lukas mit der freien Hand über den Rücken, lächelte zu ihm hoch, "liegst du wenigstens bequem?" "Oje, ich bin sicher zu schwer!", Lukas blinzelte, versuchte, sich auf alle Viere zu stemmen, um sich von Maximilian zu lösen. "Überhaupt nicht", schmunzelte Maximilian, stellte selbst beide Beine auf, um Lukas' Fluchtversuche zu behindern, "genieß es doch einfach!" Zu seiner Überraschung ließ sich Lukas wieder sinken, schmiegte sich an ihn... und tauchte triumphierend mit dem Schlüssel auf, den er unter dem Kissen herausgefischt hatte! "So, jetzt aber schnell", murmelte er, konzentrierte sich auf das Kettengelenk, "husch husch!" Maximilian stemmte sich auf seinen freien Ellenbogen, "leider hast du recht. Wir müssen uns zurechtmachen." "Zurechtmachen?", Lukas löste die Fesseln, "wozu?" "Abendessen im Restaurant", Maximilian lächelte, "ich habe einen Tisch für uns reserviert." "Im Restaurant?", Lukas wirkte erschrocken, "das ist doch sicher sehr vornehm?! Ich habe gar keine passende Bekleidung mitgebracht!" "Das passt schon", zwinkerte Maximilian mundartlich, setzte sich auf, "duschen und dann die Kleider zusammensuchen?" "Ich dusche besser zuerst", Lukas rappelte sich eilig auf, "sicher werde ich länger benötigen, um etwas Passendes zu finden!" Maximilian ließ das Argument ohne Einwände passieren. Er brannte zwar darauf, ihre Konversation fortzusetzen, um herauszufinden, wie Lukas wirklich zu ihm stand, aber das hatte keine Eile. Schließlich gefiel ihm an Lukas ja auch, dass er nicht ganz so leichtfertig in seinem Urteil war, sich lieber Zeit nahm, um alles zu überdenken. O~O Lukas seufzte und betrachtete die Auswahl, die Maximilian unaufgefordert in dem begehbaren Kleiderschrank ausgehängt hatte. »Er HAT alles geplant!«, aber sollte er sich nun darüber ärgern, dass Maximilian offenkundig erwartet hatte, dass er nicht in der Lage war, die Auflagen für die Reise nach Euro-Disney zu erfüllen? Oder sollte er geschmeichelt darüber sein, dass Maximilian seine Kleidergröße erstaunlich zutreffend eingeschätzt hatte? Nun, Option eins versprach keinen nennenswerten Erfolg, denn JEDER kannte die Zensuren. Man hätte nicht einmal die Wahrscheinlichkeiten bemühen müssen; eine Statistik reichte völlig. »Deprimierend«, Lukas zerknüllte nervös die Ärmelenden in seinen Fäusten. Maximilian würde sicher schnell duschen; folglich musste er sich endlich entscheiden und in Schale werfen! Sein Magen erleichterte das Votum, denn er knurrte vernehmlich. Peinlich berührt von dieser unmissverständlichen Aufforderung schlüpfte Lukas in eine seiner eigenen Hosen, streifte dann das seidig wirkende Hemd über. Der Farbton korrespondierte exakt mit seiner Haarfarbe. »Meine Güte«, versonnen studierte sich Lukas im Spiegel. Es sah gar nicht mal so übel aus, wenn er das Hemd nicht in den Hosenbund befördern musste. Dann allerdings wirkte er wieder wie ein übergewichtiger, alter Mann. "Nein, lass es hängen!", Maximilian pirschte sich auf nackten Fußsohlen heran, lediglich ein Handtuch um die Lenden gegürtet, "jetzt das Sakko!" Wie ein Mannequin präsentierte er mit übertriebener Gestik das Kleidungsstück, legte es über den Unterarm, strich über die glatte Front, "knitterfrei, formschön, schlicht im Design mit elegantem Schnitt. Der Klassiker!" Lukas lächelte verlegen. Dieses Sakko war kaum zu vergleichen mit den grässlichen Dreireihern, die es als Anzugkombination gab und ihn grundsätzlich wie Humpty Dumpty wirken ließen. "Sehr schön", lobte Maximilian, der ihm zuvorkommend in das Sakko half und nun eine Runde um ihn drehte. "Du hast fest damit gerechnet, dass ich es nicht schaffe, oder?", Lukas fragte ohne Vorwurf. Er war allerdings auch zu neugierig, um die Gelegenheit auszulassen, immerhin war es Maximilian gelungen, für ihn Hemd und Sakko anfertigen zu lassen, ein weiterer Posten auf der beeindruckenden Liste von kostspieligen Wohltaten, die er Lukas angedeihen ließ. Maximilian wirkte von dem Vorwurf getroffen. "Na hör mal! Es ist nicht so, dass ich dir Euro-Disney nicht gegönnt hätte!", verteidigte er sich rasch, "ich wollte eben MEINE Chance nutzen!" Er kehrte Lukas den Rücken zu, ließ die letzte Hülle achtlos fallen, um sich selbst anzukleiden. Dieses Mal zeigte das Hemd kein Raubtier-Design, sondern war in einem schlichten Aubergine gehalten, das die sanfte Bräune der Haut betonte. Lukas wandte sich nicht ab. Er wurde nie müde, Maximilian zuzusehen, die natürliche Grazie, mit der sich sein Freund bewegte, das attraktive Spiel der Muskeln und Sehnen unter der Haut. Es war wirklich seltsam, sich vorzustellen, dass er ganz nahe neben diesem herrlichen Körper geschlafen hatte. Einen stärkeren Kontrast konnte es wohl nicht geben. "Na, bin ich präsentabel?", Maximilian posierte vor ihm, zwinkerte dann. Lukas lächelte scheu. Maximilian würde zweifellos alle Blicke auf sich ziehen. O~O "Nett, oder?", Maximilian lachte, während er Lukas' Hand nahm. Seine Äußerung bezog sich auf das kleine Mobil, das sie sicher durch das dichte Schneetreiben zum Nord-Ost-Flügel transportierte. "Wie ein Papa-Mobil", zwinkerte er, obwohl man gerechterweise eher an einen Golf-Wagen erinnert wurde. Der Aufzug beförderte sie mit anderen Gästen in die zweite Etage. Maximilian marschierte selbstsicher zum Empfang, ließ ihre Parkas an der Garderobe aufhängen, bevor man sie zu einem Tisch führte. Lukas folgte eingeschüchtert, warf verstohlene Blicke nach rechts und links. Alle Tische schienen bereits besetzt oder reserviert zu sein. "Es geht in ein paar Minuten los" , Maximilian zwinkerte Lukas über den Tisch zu, "wie beim Kapitänsdinner bei einer Kreuzfahrt." Tatsächlich füllten sich in wenigen Minuten auch noch die letzten Plätze, dann begann ein Aufmarsch des Personals, flink, aufmerksam und ruhig. Ohne Zeitverzug erhielt jeder Tisch einen Gang nach dem anderen. Lukas war eingeschüchtert und warf immer wieder Blicke um sich, ob er auch ja nichts falsch machte oder auf andere Weise Anstoß erregte, doch seine Erziehung, die strengen Ermahnungen seiner Mutter und die allgemein gelöste Stimmung besänftigten seine Nervosität. Nun bemerkte er auch, dass sämtliche Tische, die für die Suiten reserviert waren, rein männliche Pärchen beherbergten. An einem Tisch glaubte er sogar, Pat aus der medizinischen Abteilung zu erkennen, zweifelte aber an seiner Wahrnehmung. "Magst du die?", Maximilian lächelte über den Tisch hinweg, referierte zu den Schupfnudeln, die Lukas heißhungrig schaufelte. "OH!", alarmiert senkte Lukas die Gabel. Wirkte er zu gierig? Unmanierlich? "Iss doch weiter!", Maximilian zwinkerte, "endlich zeigst du mal richtig Appetit!" Zur Tarnung beschäftigte sich Lukas die nächsten Augenblicke lieber mit dem Rotkohl. Er war erleichtert, dass die einzelnen Gänge ihn nicht vor schwierige Entscheidungen stellten: wie knackte man einen Hummer korrekt; wie löffelte man Schnecken aus; durfte man Froschschenkel in die Hand nehmen? Maximilian lächelte ihm einfach zu, beachtete ihre Umgebung kaum. Dann löschte man die Beleuchtung, überließ den Kerzen die Illumination. "Ah, die Eisbombe", soufflierte Maximilian, griff über den Tisch, wo Lukas abgelenkt eine Hand deponiert hatte. Er gab Lukas' Hand erst wieder frei, als ihnen je eine Portion der Eisbombe servierte, die man unter kleinem Feuerwerk- und Wunderkerzen-Einsatz in das Restaurant gerollt hatte. O~O "Ich bin so satt", murmelte Lukas, lehnte sich an Maximilian an, als sie im Aufzug standen. Auch wenn eine Menge der anderen Gäste nun den Nachtclub besuchten oder im Palas einem kleinen Nachtkonzert lauschten: er war zu satt, um sich auf etwas konzentrieren zu können. Draußen hatte sich das Schneetreiben beruhigt, einzelne Flocken trieben durch eine eisige Nacht. "Gehen wir die paar Schritte? Verdauungsspaziergang?", schlug Maximilian vor. Die eifrigen, kleinen Räummaschinen wuselten auch zur späten Stunde herum, um die Sandwege schneefrei zu halten. "Ja", Lukas ließ sich an der Hand führen, die Maximilian sicherheitshalber in der Tasche seines Parkas verstaute. "Und?", bemühte sich Maximilian um Nonchalance, "ergibt alles nun einen Sinn?" Er wollte nicht streiten, aber langsam wurde er doch sehr kribblig, was Lukas' Antwort betraf. Lukas spazierte ruhig neben ihm her, überlegte sichtlich. "Weißt du", begann er schließlich, "ich habe über diese Dinge lange nicht mehr nachgedacht. Angesichts meiner Disposition habe ich das Thema 'Liebe' einfach abgehakt. Deshalb bin ich gar nicht vorbereitet." Maximilian stolperte beinahe über die eigenen Füße vor Überraschung. "Eigentlich", brummte er, "hatte ich von dir keine Dissertation erwartet." Neben ihm grinste Lukas amüsiert, bevor er wieder ernst wurde, "ich weiß einfach nicht, wie ich reagieren soll, WAS ich tun soll. Das ist alles sehr fremd für mich." Nun wünschte sich Maximilian, dass Lukas nicht ganz so erwachsen, so ernsthaft klingen würde. Er blieb stehen und bremste damit auch Lukas aus. "Kannst du nicht einfach sagen, ob du mich magst, oder nicht?", jammerte er betont kläglich. Lukas legte den Kopf schief, "aber wenn ich dir NOCH MAL sage, dass ich dich mag, ist die Antwort für dich doch nicht ausreichend, oder?" Mit einem Knurren gab Maximilian sich geschlagen. Er wollte ganz sicher nicht mehr hören, dass man ihn SELBSTVERSTÄNDLICH mochte, vor allem nicht von Lukas. "Das ist verrückt", Lukas zog ihn weiter, "dass ich einfach so spreche. Ich bin von mir selbst überrascht. Es ist fast so, als könnte jeden Augenblick etwas vollkommen Unerwartetes geschehen." "Zum Beispiel könnte ich dich einfach küssen!", offerierte Maximilian seine Hilfe. Er hatte den Eindruck, dass Lukas gerade seine Freiheit erprobte und von den Möglichkeiten durchaus beeindruckt war. "Ja", stimmte Lukas ihm gedankenverloren zu, "so was könnte glatt passieren." »Oh Mann, wie sehr soll ich mit dem Zaunpfahl noch winken?!«, Maximilian warf einen konsternierten Blick auf den Schopf seines Freundes, »eigentlich möchte ich hier keine theoretischen Diskussionen führen!« "Gut", bemerkte er laut, legte einen Arm um Lukas' Taille, drehte ihn schwungvoll, beugte sich ein wenig, um den Größenunterschied zu mindern, "hier ist etwas Unerwartetes für dich!" Er küsste Lukas auf die kalten Lippen. O~O Maximilian seufzte laut, während er seinen Pyjama überstreifte. ENDLICH konnte er Lukas küssen und dann blieb es bei einem lumpigen Kuss?! Er hätte sich selbst ohrfeigen mögen, andererseits konnte er kaum weitermachen, wenn Lukas sich hastig zurückzog, eine Hand auf den Mund presste und akute Übelkeit signalisierte. "Das war vielleicht die Eisbombe", mutmaßte es aus ihrem Bett kläglich. "Ja, vermutlich", leiser knurrte Maximilian, "oder jemand hat entschieden etwas gegen uns!" "Tut mir wirklich leid!", Lukas entschuldigte sich sicherlich zum hundertsten Mal und jedes Mal klang er kleinlauter. "Das macht doch nichts", versicherte Maximilian, der sich wie eine Gebetsmühle vorkam, "bestimmt hat sich dein Magen morgen beruhigt." Er war eigentlich noch nicht müde, weil sie ja am Nachmittag eine Siesta eingelegt hatten, andererseits wollte er aber auch nicht allein herumsitzen. Solidarisch begab er sich also ins Bett, aktivierte die kleine Anlage, die Märchen vorlas. Lukas rutschte näher an ihn heran, streckte ein Handgelenk über die Bettdecke, "Handschellen?" Maximilian rollte herum, legte einen Arm über die kleine Welle, die Lukas in der Bettenlandschaft schlug, "versprich mir einfach, nicht wegzulaufen, ja?" "Ich verspreche es", wisperte Lukas, fasste nach Maximilians Hand, um ihre Finger zu verschränken, "was hören wir da gerade?" "Die Schöne und das Biest", zwinkerte Maximilian besänftigt. Lukas musterte ihn kritisch. "Perfid", stellte er schließlich fest, "du bist wirklich perfid." O~O Als Lukas das dritte Mal die Toilette aufsuchte, stellte er fest, dass es bereits Morgen war, der erste Weihnachtstag. Draußen herrschte natürlich noch Dunkelheit, auch wenn es nicht mehr schneite. »Weihnachten, und ich habe kein Geschenk für Max«, dachte er beschämt. Außerdem konnte er nun wirklich nicht mehr schlafen. Was aber unternehmen, möglichst leise, um Maximilian nicht zu wecken? Lukas ließ sich auf der Schaukel nieder, versetzte sie in Schwung. Maximilian musste es wohl ziemlich ernst sein, wenn er ihn küsste, sinnierte er, immerhin waren sie beide Jungs und er hatte ja nicht gerade hinter dem Berg mit seinem Mangel an Erfahrung gehalten. Und der Kuss? Nun, nach Lukas' ausgesprochen bescheidenem Urteilsvermögen in dieser Hinsicht konnte man ihn wohl als keusch betrachten, vorsichtig, zurückhaltend. Aber Lukas hatte keinen Zweifel daran, dass Maximilian mehr als nur einen Kuss im Sinn hatte. Er war zwar unerfahren, aber nicht vollkommen ahnungslos. So oft, wie Maximilian seine Hand halten wollte, ihn umarmte, ihn an sich zog, mit ihm herumalberte, ihn auf eine sehr intime, intensive Weise ansah: 'platonisch' stand nicht zur Debatte. Lukas kletterte, sehr vorsichtig, aus der Schaukel und beschloss, den Zug zu überfallen, auch eine Versuchung, der er üblicherweise nicht nachgegeben hätte. Süßigkeiten waren ihm nicht erlaubt, wenn er nicht bewies, dass er sich eine Belohnung verdiente. Als er den Hauptraum betrat, wärmten sich die gedimmten Lichter auf. Leise schnaufend setzte sich der Zug in Bewegung. Lukas überstieg die Gleise, entführte ein Kissen aus der Kissenburg. Er platzierte es auf die Schiene und wartete geduldig auf den Zug. Der war immer gut gefüllt, was für die Umsicht und den Service des Bishounencastle sprach. Der Zug bemerkte das gewaltige Hindernis, reduzierte die Geschwindigkeit und kam tutend zu einem Halt. Lukas kaperte einige Schokoriegel, die extra für die Jahreszeit mit einer besonderen Mischung kreiert worden waren: Weihnachtsschokolade. Artig lupfte er das Kissen wieder, klemmte es sich unter den Arm, während er die Beute in den Taschen seines Bademantels verstaute. Er kehrte zur Schaukel zurück, nahm Platz und wickelte den ersten Riegel aus. »Hmmm!«, nichts schmeckte so gut, wie ohne große Gewissensbisse eine Sünde zu begehen. Lukas baumelte mit den Beinen, studierte im Licht des sich drehenden Lollipops seine Wollsocken und grübelte. Er hatte selten Zeit, eine Introspektive zu betreiben, sodass es eine Menge Dinge gab, die er bedenken wollte, angefangen mit seinem spontanen Entschluss, Maximilian zu folgen. Wieso hatte er das getan? Er war ja nicht dumm, wusste genau, dass er mit einer Reise gegen die strikte Anordnung seines Vaters verstieß und dass es keine Möglichkeit gab, seine Abwesenheit vor seinem Vater zu verbergen. Irgend jemand würde sie bestimmt gesehen haben. »Na, wenn ich ehrlich bin«, er wickelte den nächsten Riegel aus, leckte der Länge lang über die Schokolade und seufzte schwelgend, »ich WOLLTE mit Maximilian ausbüchsen, um ihm eins auszuwischen.« Lukas nahm Schwung, mümmelte am Riegel. Manchmal KONNTE er wirklich kein Verständnis für seinen Vater aufbringen. Es war ja nicht so, dass er nicht begriff, welche Enttäuschung er für ihn darstellte, aber ihn an Weihnachten allein zurückzulassen, das WAR grausam. »Außerdem fühlt es sich gut an, gut zu wissen, dass es jemanden gibt, der mich auch mag, ohne dass ich erst meine Zensuren vorzeigen muss!«, der Gedanke löste grimmige Entschlossenheit bei ihm aus. Andererseits wirkte das so, als trage er auf Maximilians Zuneigung einen Kampf mit seinem Vater aus und das war zutiefst ungerecht. »Dabei mag ich Maximilian wirklich sehr«, verteidigte er sich. Nur war der erste Impuls eben nicht so edel gewesen. »Wie geht es aber nun weiter?«, Lukas holte erneut Schwung. Diese dumme Idee mit dem Spaziergang, der ihn beinahe das Leben gekostet hätte, DAS war wirklich eine Überraschung gewesen. »Wusste gar nicht, wie durcheinander ich bin«, staunte Lukas versonnen über sich. Möglicherweise war der Druck, den er immer von sich wies, doch größer, als er sich eingestehen wollte. Er studierte seine Hände, leckte über die Finger. Üblicherweise neigte er dazu, die Hände in die Ärmel zu stopfen, was ihm ständig Tadel einbrachte, weil er seine Pullover ausleierte. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, nicht mehr so verzweifelt auf Anerkennung zu hoffen, wenn es wenigstens eine andere Person gab, die ihn so mochte, wie er war. »Aber was soll daraus werden?« Lukas entblätterte nachdenklich einen weiteren Riegel, lutschte die Schokolade genüsslich ab. Wenn Maximilian wirklich in ihn verliebt war, es so ernst meinte, wie seine Aufmerksamkeit, seine Geschenke, seine unendliche Geduld bewiesen, dann musste er über die Konsequenzen nachdenken. »Zum Beispiel über Sex.« Lukas ließ sich auf den Rücken sinken. DAS war so ein Thema wie Brustbehaarung: es hatte nichts mit ihm zu tun, und nach Lukas' bisheriger Auffassung hätte sich das auch mit aller Wahrscheinlichkeit nicht geändert. »Aber ich mag Maximilian wirklich sehr.« Lukas verschränkte die Arme im Nacken. Also musste er sich zwangsläufig mit diesem Thema auseinandersetzen. Zunächst mal musste er sich unbedingt angewöhnen, Maximilian anzufassen. Üblicherweise hielt er sich mit Körperkontakt strikt zurück, denn das war aufdringlich und löste vielleicht spontane Abneigung aus, wenn man in die persönliche Sphäre eines anderen Menschen eindrang. »Maximilian ist vermutlich nicht so empfindlich«, schloss Lukas aus dessen Sehnsucht nach Nähe, »gut, das bekomme ich sicher hin.« Auch wenn der Gedanke, irgendwo mit Maximilian an der Hand aufzutreten, schon eine gewisse Nervosität auslöste. »Und dann...«, theoretisch wusste er dank vielfältiger Quellen, wie sich Intimverkehr abzuspielen hatte. Allerdings hatte er von der Praxis keine Vorstellung und befürchtete, dass ihm die notwendige Aggression abging. »Wäre sicher besser, Maximilian den Vortritt zu lassen«, beschloss Lukas mutig. Er würde sich merken, was Maximilian tat, wie er das anstellte...und es dann kopieren. »Trotzdem...«, Lukas richtete sich auf, glitt aus der Schaukel. Probieren ging zwar über Studieren, aber Lukas fand, dass er seine freie Zeit auch nutzen konnte, um seinen Horizont zu erweitern. Auf Wollsocken huschte er ins Schlafzimmer. Maximilian lag auf dem Rücken, die Haare verwuschelt, das Pyjama-Oberteil verdreht. Lukas hielt inne, warf einen kontrollierenden Blick auf die Nachtleuchten, die ihre Leistung steigerten, weil sie seine Bewegungen erfasst hatten, aber Maximilian schlief unbeeindruckt weiter. »Würde ich mit ihm schlafen wollen?«, fragte er sich. Mit einem reichen, klugen, freundlichen, aufmerksamen Modell?! »Meine Güte, JA!«, er lächelte über sich selbst. So weit war er schon gegangen aus einem recht unfeinen Impuls heraus, da konnte er auch herausfinden, wie mutig er tatsächlich war, ob er sich traute, auf sein Glück zu setzen. Leise wieselte er zu einem der Fächer, das er zuvor inspiziert hatte und entnahm einiges an Lehrmaterial, dann kehrte er zur Schaukel zurück, zog die Beine an und sortierte seine Lektüre. »Aha, praktische Anleitungen in Bildern, Etikette und wichtige Regeln, Materialkunde, Zubehör.« "Meine Güte...", murmelte Lukas mehrfach, drehte und wendete die Bücher. Also, DAS würde mehr als nur guten Willen und Nachahmung erfordern. O~O Kapitel 6 - Der Antrag Maximilian drehte sich auf die Seite, brummte...und blinzelte. "Hmm?!", er kämmte sich Strähnen aus dem Gesicht und studierte das große Bett. Lukas' Betthälfte war leer. "Oh verdammt!", hastig schlug Maximilian die Bettdecke zurück, sortierte seine völlig verdrehte Nachtwäsche und flitzte aus dem Schlafzimmer. Der Hauptraum war dunkel, aber vor dem Eingang kreiselte der Lollipop fröhlich um die eigene Achse. »Aha!«, Maximilian entdeckte Lukas' Bademantel, der aus den Kissen herausstach. Hatte sich Lukas dort versteckt? Er pirschte lautlos heran, beugte sich über die Schaukel. Lukas lag auf der Seite, den Kopf in eine Hand gestützt und blätterte langsam in einer Zeitschrift. "...meine Güte, WAS liest du da?!", Maximilian sackte auf den Rand der Schaukel. Lukas stand auf Pornos?! "Oh, guten Morgen", Lukas zog die Beine an, setzte sich auf. "Hast du gut geschlafen?", Maximilian starrte in Lukas' gelassenes Gesicht. "Danke, gut", murmelte er vorsichtig. "Ach herrje, ich wünsche dir auch Frohe Weihnachten!", holte Lukas eilig den saisonalen Gruß nach, "leider habe ich gar kein Geschenk für dich! Entschuldige bitte." "Wie? Oh, nicht doch, wir brauchen keine Geschenke", Maximilian studierte Lukas wie ein exotisches Tier. "Frohe Weihnachten", ergänzte er misstrauisch. "Nun sieh dir das mal an", Lukas schob ihm seine aktuelle Lektüre zu, "hältst du das für normal?" Maximilian spürte, wie ihm Schamröte in die Wangen stieg, als er Glieder zu Personen sortierte und anatomische Auffälligkeiten bemerkte, "warum...warum siehst du dir...das an?" "Hmm", Lukas räumte alle Artikel zusammen, rutschte zu Maximilian hinüber, "ich konnte nicht mehr schlafen und da dachte ich, es sei besser, mich über Sex zwischen Männern fortzubilden. Oder willst du nicht mit mir schlafen?" Maximilian starrte in Lukas' Gesicht, während seine Kinnlade seinen Knien einen Besuch abstatteten. "Oje", Lukas wischte sich hastig mit dem Handrücken über den Mund, "habe ich da Schokolade? Warte, ich wasche mir schnell das Gesicht." "Warte!", Maximilian griff nach Lukas' Handgelenk. "Ja?", Lukas drehte sich herum. Maximilian zog Lukas auf seinen Schoß, legte ihm die Arme um die Taille. "Da ist keine Schokolade", erklärte er ruhig und betrachtete Lukas schweigend. "Stimmt etwas nicht?", Lukas studierte ihn besorgt, "ist dir nicht gut?" "Lukas", Maximilian bemühte sich um einen möglichst unverfänglichen Tonfall, "wieso siehst du dir Pornos an?" "Ist das ein Porno?", Lukas wandte den Kopf, um den Titel seiner Lektüre zu studieren, "ich hielt das eher für einen Ratgeber?" "DAS", Maximilian knurrte nun, "tut nichts zur Sache. Willst du so etwas tun?" Er ergänzte nach einem Moment, "wobei ich mir nicht sicher bin, ob man sich so verrenken kann." Lukas lehnte sich an ihn, "Max, ich kenne mich mit solchen Sachen überhaupt nicht aus. Ich habe das Thema schon längst ad acta gelegt. Aber wenn du doch in mich verliebt bist, kann ich ja wohl nicht nur Mensch-ärger-dich-nicht spielen, oder? Du erwartest doch mehr, richtig?" Maximilian öffnete den Mund...und schloss ihn wieder. Er holte tief Luft, verwünschte die Röte in seinem Gesicht. "Ich...ich habe noch nicht...ich meine, so weit...", er gab auf. Lukas betrachtete Maximilians glühendes Gesicht, die Verlegenheit. Er langte in seine Bademanteltasche, angelte einen Schokoriegel heraus und entblätterte ihn, biss ein Stück ab, deponierte es in einer Wange. Dann beugte er sich vor, leckte über Maximilians Lippen. Die Schokolade zeigte Wirkung: Maximilian teilte die Lippen, tastete mit der Zungenspitze. »Wie im Lehrbuch!«, befand Lukas, der ein guter Schüler war, wenn sich nichts in seinem Kopf verdrehte, nutzte die Gelegenheit, um seine Zunge einzuschmuggeln. Maximilian schien nicht zum ersten Mal auf diese Weise zu küssen, denn er reagierte ebenfalls, saugte an Lukas' Zunge, lutschte Schokolade ab, keuchte leise. »Das ist...gar nicht so übel«, Lukas lächelte in dem Kuss, bemerkte, wie ihm ein Rinnsal Speichel über das Kinn lief. Maximilians Daumen wischte es ab. "Wow", murmelte der schließlich, als ihnen beiden schwindlig wurde, zog Lukas in eine enge Umarmung, "wow. Du überraschst mich immer wieder." "Ja", Lukas kicherte leise, schmiegte sich in Maximilians Halsbeuge, "ich bin auch über mich selbst erstaunt." "Hör mal", Maximilian streichelte über seinen Rücken, setzte die Schaukel in Bewegung, "können wir vielleicht erst frühstücken? Ich meine, bevor wir solche schwerwiegenden Entscheidungen treffen?" Lukas wuschelte durch Maximilians vom Schlaf zerstrubbelten Haare, "das ist eine hervorragende Idee!" Er konnte nicht aufhören zu lachen, als er Maximilians schokoladenbeschmiertes Gesicht betrachtete. O~O Die Cantina war recht unterbevölkert gewesen, als sie sich dort mit einem Frühstück versorgt hatten. Nun, bei Tageslicht, ohne Schneeschauer, gut ausgerüstet mit Schal, Mütze, Outdoor-Hut, Handschuhen und warmen Pullovern, spazierten sie gemeinsam durch die verschneiten Grünanlagen. Maximilian war guter Laune, pfiff fröhlich vor sich hin, schwenkte ihre verbundenen Hände wild vor und zurück. Lukas lächelte und sah immer wieder zu Maximilian auf. Er fühlte sich richtig gut und war bereit, auch fragwürdige, intime Verknotungen zu erproben. Hier, an diesem Ort, schien wirklich alles möglich zu sein. O~O "Zum Auftauen in die Wanne?", Maximilian schüttelte die letzten Reste ihrer Schneeballschlacht aus seinem Pullover, stampfte mit den Boots auf. Lukas lächelte, während er säuberlich seine Accessoires der Garderobe anvertraute. "Gute Idee", lobte er. Er fühlte sich zwar ein wenig beklommen, andererseits war er auch entschlossen, nicht auf halbem Weg umzukehren. "Wirklich?", Maximilian kämmte ihm einige lange Strähnen aus dem Gesicht. "Dir ist es doch ernst mit mir, oder?", Lukas lupfte lächelnd eine Augenbraue. "Unbedingt!", nickte Maximilian, beugte sich hinab, um Lukas auf die kalten Lippen zu küssen. "Dann tauen wir jetzt auf", bestimmte Lukas, fasste nach Maximilians Hand. Er ging voran zum Badezimmer, führte Maximilian hinter sich her. Jeder für sich, einander zugewandt, entledigten sie sich ihrer Bekleidung. Lukas biss sich auf die Unterlippe, unterdrückte das Verlangen, sich schamhaft zu bedecken, stattdessen inspizierte er lieber das Angebot der Sprudelbäder, die man dem Whirlpool anvertrauen konnte. "Was magst du? Lieber Früchte? Oder Gewürze?", Maximilian stand hinter ihm, nahe genug, um seine Körperwärme wie ein Heizstrahler zu verteilen, jedoch ohne direkten Kontakt. "Ich mag es gern fruchtig", murmelte Lukas, spürte, dass sein Atem schneller ging. "Das hier enthält mehrere Früchte", Maximilian griff über ihm in das Regal, öffnete den Flakon, schnupperte. "Ach du Schreck, riecht wie Kaugummi!", er senkte den Flakon, damit auch Lukas einen Eindruck gewinnen konnte. "Nein, das lieber nicht", entschied Lukas heiser. Warum musste er sich bloß so verlegen fühlen?! Er hatte sich doch entschieden, oder etwa nicht?! "Und das hier?", Maximilian wirkte viel ruhiger! Zumindest schoss das Lukas durch den Kopf, bevor Maximilian die Flasche anstieß und aus dem Regal beförderte. "Oh!", Maximilian ging in die Hocke, kollidierte mit Lukas, der sich auch nützlich machen wollte. "Oh, tut mir leid!", entschuldigte er sich für den Zusammenstoß, wagte tollkühn einen Blick in Lukas' gerötetes Gesicht. Dann lächelte er verlegen, "wir sind ja zwei tolle Hechte, was?" Lukas erwiderte das schiefe Grinsen, "stimmt. Hör mal, ich habe einen besseren Vorschlag: du drehst dich im Kreis mit verbundenen Augen, und die Flasche, auf die du dann tippst, die nehmen wir!" "Einverstanden", Maximilian kam ebenfalls wieder in die Höhe, stellte das Absturzopfer an seine angestammte Stelle und schloss gehorsam die Augen. "Ähm", Lukas tippte ihn auf die Schulter, "ich kann dir die Augen nicht zubinden, wenn du dich nicht ein wenig herunterbeugst." "Verzeihung", brummte Maximilian, ging in die Hocke, aber die Handtücher, flauschig und saugkräftig, wollten sich nicht verknoten lassen. "Gut, dann eben ohne Augenbinde!", Maximilian legte sich die Rechte über die Augen, ließ sich von Lukas im Kreis drehen, der darauf achtete, bloß die Hüftknochen, aber auf gar keinen Fall andere neuralgische Stellen zu berühren. Nachdem Maximilian schwankend vor der Auswahl postiert war, tippte er hastig. "Hmm, du hast 'Nachtmusik vom Mars' erwischt", Lukas zog die Nase kraus, "sieht seltsam aus." "Vor allem rot und...glibberig", Maximilian grimassierte, hielt aber entschlossen auf den Whirlpool zu. Er wollte sich jetzt im Wasser entspannen und von blubbernden Bläschen tarnen lassen, sonst würde Lukas vermutlich doch noch eine 'hervorstechende' Eigenschaft von ihm zu sehen bekommen! Der Whirlpool füllte sich rasch mit Wasser, exakt auf die Temperatur abgestimmt, die Maximilian angegeben hatte. Gleichzeitig wies eine kleine Anzeige darauf hin, dass sie nach zwanzig Minuten im Interesse ihrer Gesundheit aussteigen sollten. Die 'Nachtmusik vom Mars' blubberte und gluckste in der durchscheinenden Wanne aus Acryl dunkelrot, glitzerte mit goldenen Perlen, die aufstiegen. Es roch unerwartet angenehm. "Also los", Maximilian bestieg den Whirlpool und streckte Lukas die Hand hin, um ihm zu helfen. Ächzend und keuchend ließen sie sich einander gegenüber nieder. "Ooooohhhh, DAS habe ich gebraucht", seufzte Maximilian, streckte die Arme auf dem Rand aus und legte den Kopf in den Nacken. "Ich glaube, ich sitze falsch", brummte Lukas, studierte die Blasenwolken. Eine stieg genau zwischen seinen Beinen auf. Maximilian grinste, Lukas errötete. "Gefällt dir die Massage nicht?", gab sich Maximilian anzüglich. Lukas ächzte und rückte ein wenig ab, "das geht mir doch ein wenig zu schnell." "Setz dich doch neben mich", bot Maximilian an, rutschte ein wenig und streckte die Beine aus, um eine andere Blasenquelle mit seinen Füßen bekannt zu machen. Mit zwei Schritten überwand Lukas die Distanz, sackte neben Maximilian nieder und legte den Kopf auf dessen ausgestreckten Arm. "Das ist gut, oder?", Maximilian wandte den Kopf, betrachtete Lukas' Gesicht, von der Hitze gerötet, aber entspannt. "Hmmm", stimmte Lukas zu, "sehr angenehm. Glaubst du, dass man sich beim Sex auch so entspannt?" Maximilian zuckte zusammen, "also ehrlich, Lukas, was ist das für eine Frage?!" "Nun", Lukas blinzelte Wasserperlen aus seinen Wimpern, "gerade fühle ich mich richtig herrlich, geschmeidig und warm und entspannt. Wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, sollte man sich auch beim Sex so fühlen. Natürlich nicht überall entspannt", stellte er stirnrunzelnd richtig, "aber auf der emotionalen Ebene...oder war es geistig?" Maximilian ächzte, tauchte einfach unter und blubberte Sauerstoff nach oben, bis er die Atemnot spürte und auftauchte. Lukas betrachtete ihn aufmerksam. "Lukas", Maximilian legte die Hände auf Lukas' Kniescheiben, "bitte mach dir nicht so viele Gedanken darüber, ja? Ich fühle mich ein bisschen bedrängt." "Oh", Lukas' Miene wechselte zu Bestürzung, "das wollte ich nicht! Entschuldige bitte, Max! Ich möchte dich nur nicht enttäuschen, weißt du?" "Das tust du nicht", Maximilian streckte die Hand aus, kämmte Lukas nasse Strähnen hinter die Ohren, "ich verstehe, dass du alles perfekt machen möchtest. Ich brauche einfach einen größeren Anlauf." "Ich auch", Lukas zuckte verlegen mit den schmalen Schultern, "aber wir schaffen das!" Maximilian blinzelte...und prustete laut heraus. "Du bist wirklich verrückt!", proklamierte er, stürzte sich auf Lukas, der quietschend auszuweichen versuchte. Die 'Nachtmusik vom Mars' endete in einem lautstarken Planschen und Spritzen. O~O "Sieh ma!l", Lukas warf einen Blick auf den Bildschirm, der auch das Bild einer Webcam wiedergeben konnte. Im trüben Licht des frühen Nachmittags schneite es wieder, der Himmel über ihnen war milchig und fahl. "Schade", brummte Maximilian, der keine Sehnsucht nach Aktivitäten in der freien Natur hatte, zumindest nicht gerade jetzt. "Ja, erinnert irgendwie an Weltuntergangsstimmung", bekräftigte Lukas, ließ sich rücklings in die Kissen der Kissenburg fallen, "möchtest du vielleicht etwas spielen?" Maximilian saß auf dem gepolsterten Rand der Kissenburg, betrachtete Lukas. Der trug lediglich einen frischen Pyjama. Er spürte, wie ihm das Blut hart in den Schläfen pochte, laut genug, dass er Mühe hatte, Lukas' Worte überhaupt zu hören. Wie in Trance streckte er die Hand aus, schob sie unter das Pyjama-Oberteil, um Lukas über den Spitzbauch zu streicheln. Der zog erschrocken Luft ein, keuchte, aber er konnte in dem Kissengetümmel nicht so einfach die Ellenbogen aufstellen und sich hochstemmen. Gedankenverloren knöpfte Maximilian Lukas' Pyjama-Oberteil auf, schlug es ordentlich beiseite, liebkoste mit beiden Händen die knochige Brust, bevor er immer wieder zärtlich Kreise um den Spitzbauch zog. Lukas so zu sehen, entblößt, die Haut golden schimmernd im Schein des künstlichen Kaminfeuers: es raubte ihm den Atem. Er konnte nicht genau bestimmen, WAS es war, aber dieser Anblick, Lukas' gerötetes Gesicht, die gesamte Komposition erregte ihn, nicht nur körperlich. Eine Woge grenzenloser Liebe überspülte ihn. Er wollte sich niemals von Lukas trennen, ihn immer zärtlich und aufmerksam behandeln, sanft und liebevoll mit ihm umgehen. "Max", Lukas fasste nach seinen Händen, "was tust du da?" Maximilian blinzelte. Hastig wandte er sich ab, murmelte eine heisere Entschuldigung. Hinter ihm drehte sich Lukas auf die Seite, krabbelte aus dem Kissenmeer und kniete auf der gepolsterten Umrandung, umarmte Maximilian von hinten. "Ich habe nicht gesagt, dass du aufhören musst", wisperte er leise in ein Ohr, doch Maximilian hielt seine Hände umklammert, als müsse er sie bezwingen. Er erschrak, als Lukas ihm die Hände auf die Schultern legte und sich frontal mit aller Kraft gegen ihn warf. Maximilian kippte hintenüber in das Kissenmeer, erstarrte, als er Lukas über sich spürte, denn der hatte sich zur Sicherheit auf ihn gelegt. Die Wärme der nackten Haut, das sehr reale Gewicht, die großen, braun gefleckten Augen, die ihn ruhig studierten: Maximilian keuchte, schwitzte in Panik. "Ist es so pervers, wenn du mich streichelst?", wisperte Lukas nur Wimpernschläge vor Maximilians Lippen. Dem schoss vehement das Blut in die Wangen. Konnte Lukas etwa seine Gedanken lesen?! Woher wusste er von seinem perversen Vergnügen?! Eingeschüchtert zog Maximilian die Lippen ein, blinzelte, aber Lukas lachte ihn nicht aus, sondern blieb betäubend ruhig, streichelte ihm über die glühenden Wangen. "Na gut", krächzte Maximilian schließlich in Ermangelung glaubwürdiger Ausreden, "ich HABE ziemlich perverse Gedanken über dich..." Er drehte rasch den Kopf weg. Auch wenn er sich schämte für diese 'primitiven Anwandlungen', so konnte er sie doch nicht verleugnen oder unterdrücken. "Zeig's mir", Lukas küsste ihn sanft auf die brennende Wange, "zeig mir, was du denkst." Maximilian ballte die Fäuste. Wollte er Lukas wirklich...?! "Ich wünsche mir", Lukas hauchte an seinem Ohr, "dass du mich ausziehst und küsst, dass ich mich an dich schmiegen kann, so, wie ich bin." Mit einem scheuen Lächeln kehrte Maximilian ihm wieder den Kopf zu. "Ich möchte dich gerne überall küssen. Ich will dich überall berühren", er zuckte zusammen, als er seine eigene Stimme so rau und verlangend hörte. Lukas lächelte ihn an. "Dann gehen wir ins Schlafzimmer, ja?", wisperte er verschwörerisch. Maximilian nickte stumm. »Wenn er merkt, WAS ich mir vorstelle...« O~O Maximilian dimmte das Licht auf ein sanftes, goldenes Glühen, während Lukas auf dem Bett kniete, Laken und Kissen sortierte, damit sie beide bequem liegen konnten. Er lächelte über die Schulter, als Maximilian hinter ihm herankroch, ihm das Pyjama-Oberteil von den Armen strich, die knochigen Schultern küsste. "Das kitzelt!", kicherte er, als Maximilian in seinem Nacken knabberte, während dessen Hände immer wieder um seinen Bauch strichen. Lukas atmete schneller. Obwohl Maximilians Hände ihm doch vertraut sein mussten, fühlten sie sich jetzt anders an. Er lehnte sich an ihn an, schloss für Momente die Augen, ließ sich einfach streicheln, sanft küssen. Etwas an diesen kreisenden Bewegungen um seinen größten Makel jagte prickelnde Ausläufer zu seinen Nervenenden, zündete Explosionen in seiner Magengrube. Lukas drehte sich in Maximilians Umarmung, küsste ihn auf den Mund, schmuggelte seine Zunge ein. Er wollte ALLES lernen! Er wollte küssen, bis ihm der Atem stockte! Maximilian hören, wie der stöhnte und seufzte, leise schnaufte. Blind tastete er nach Maximilians Pyjama, arrangierte sich mit der Knopfleiste, die keine Sperenzchen unternahm und strich mit beiden Händen über die fein gemeißelte Landschaft der Muskeln und Sehnen. Unter seinen Fingerspitzen klopften Maximilians Herzschlag und sein Puls wie verrückt. Noch mehr Küsse, länger, wagemutiger, hungriger, Maximilians Hände, die seinen Fingern bis zum Gelenk folgten, über seine Brust streichelten, um seinen Bauch kreisten. Lukas keuchte, als Maximilians Fingerspitzen unter den Gummibund der Pyjamahose glitten. Er wand sich in der Umarmung, kletterte auf Maximilians Schoß, spürte dessen Hände, die unter dem Stoff über seine Pobacken glitten, auf und nieder, sanft, ohne grobe Kraft. "Max", flüsterte er atemlos, blinzelte, bewunderte das attraktiv-gelöste Gesicht seines Freundes, "Max..." Aber Maximilian sah ihn an, unerreichbar für Warnungen oder Zögern. Mit einer leichten Rolle, die er elegant abfing, legte er Lukas auf dem Rücken ab, studierte ihn einen langen Augenblick im goldenen Schein der Beleuchtung, bevor er die Pyjama-Hosen zu den Knöcheln zog, sie raffte und über die Fußgelenke zupfte. Lukas legte einen Arm über die Brust, der andere ruhte auf dem Kissen, während er schneller atmete. Eigentlich sollte er hochnotpeinlich bestrebt sein, seine Scham zu bedecken, doch ein anderes Gefühl erfüllte ihn: er wollte die Beine leicht aufstellen und sich Maximilian so zeigen, wie er war, gewiss nicht schön, nicht perfekt, aber ausgehungert nach Maximilians Berührungen, warm und erregt bei der Vorstellung, wie unerschrocken und zärtlich dessen Hände ihn liebkosen konnten. Maximilian kauerte neben ihm, betrachtete ihn, ohne ein Wort, ohne die nervöse Unruhe, als habe er für sich die Entscheidung getroffen, es zu wagen, darauf zu vertrauen, dass Lukas ihn nicht abweisen würde. Achtlos schüttelte Maximilian sein Pyjama-Oberteil ab, richtete sich auf die Knie auf, um auch die Hose zu lösen. Lukas lächelte. Maximilian war wirklich überall schön und glorios, männlich und anziehend. Er senkte die Lider auf Halbmast, als Maximilian sich über ihn beugte, seinen narbengezeichneten Bauch zu küssen begann. Fingerspitzen büchsten aus, glitten über die Innenseiten seiner Oberschenkel, bevor sie tollkühn über seine Genitalien streiften. Lukas seufzte, streckte die Hände nach Maximilian aus, streichelte durch dessen Schopf. »Kondome«, dachte er, folgte den warmen Lippen, wollte noch mehr, noch länger geküsst werden, besonders hier, wo er sich als gezeichnet empfand, »wir benötigen Kondome.« Er glühte vor Hitze, fühlte sich herrlich, genoss die kleinste Berührung, hätte vor Glück weinen mögen. Maximilian war so sanft, so zärtlich, dass ihm Tränen in die Augen traten. Es tat so gut, berührt zu werden! "Lukas", Maximilian krächzte erstickt, richtete sich neben ihm auf. Lukas zwinkerte Feuchtigkeit weg. "Bitte...", Maximilian schluckte, sodass sich sein Adamsapfel ungewohnt deutlich abzeichnete, "kannst du, wenn ich einen Gummi...?" Lukas verstand nicht, stemmte sich auf die Ellenbogen. Was sollte er tun? Heftig atmend drehte sich Maximilian zur Seite, griff unter sein Kopfkissen, um kleine Plastikpäckchen hervorzuziehen. Lukas halb den Rücken zukehrend öffnete er eines, presste die Lippen fest aufeinander, als er das Kondom mit zitternden Fingern abrollte, dann kroch er auf allen Vieren, eher ungelenk, zu Lukas zurück. Der musste nun auch schlucken. SO sah also eine richtige Erektion aus, wenn der Körper alle Hormone produzieren konnte! Maximilian fasste Lukas' Rechte, hauchte einen Kuss in den Handteller, bevor er sich über Lukas schob und dessen Finger um seine Erektion bog. "Hier", schluckte er würgend, "den Daumen hier oben drauf..." Lukas bebte unter einem prickelnden Schauer. Maximilian war SO WARM! Und fühlte sich so...ungewohnt an. »Unglaublich«, schoss es ihm durch den Kopf, »einfach Wahnsinn!« Maximilian über ihm schwankte auf allen Vieren, beugte sich hinunter, um Lukas zu küssen. Während Lukas sich nun strecken musste, um nicht den Griff zu vernachlässigen, der Maximilian so wichtig schien, saugte der an Lukas' Brustwarzen, leckte über die haarlose, knochige Brust, stützte sich schließlich auf eine Elle, um mit der freien Hand wieder über Lukas' Bauch zu kreisen, dann zwischen seinen Beinen zu experimentieren. "Hah!", rang Lukas nach Luft, drückte reflexartig und ließ erschrocken, weil er vermutete, Maximilian verletzt zu haben, los. "Lukas!", keuchte Maximilian, taumelte so unsicher, dass Lukas, im Bemühen, seinen Fehler zu korrigieren, nach unten rutschte, um wieder seinen Griff zu justieren. Da er sich verschätzte, kollidierte er per Spitzbauch mit der sehr sensiblen Unterseite von Maximilians Erektion. Er zuckte zusammen, als Maximilian einen unartikulierten Schrei ausstieß, dann über ihm auf allen Vieren unkontrolliert zu zucken begann, als erhielte er unsichtbare Stromschläge, die seinen Körper immer wieder durchzuckten. Lukas blieb nicht mehr zu tun, als die Arme auszustrecken und Maximilian aufzufangen, der mit einem erstickten Schluchzen auf ihn niedersank. Er drehte ihn vorsichtig auf die Seite, setzte sich auf, brannte sich diese Szene in den Kopf, ätzte sie in seine Seele. Nicht einmal die Hand wagte er auszustrecken, um feuchte Strähnen aus Maximilians Gesicht zu wischen. "...du bist so schön...", flüsterte er andächtig. Maximilian dagegen rang noch immer um Atem, auch wenn die Entladungen seines Orgasmus langsam nachließen. Hastig legte er einen Arm über die Augen, wandte sich ab, zerbiss sich beinahe die Unterlippe. Doch wie schon zuvor bewies Lukas geradezu unheimliches Einfühlungsvermögen, streichelte ihm über die Wange, schmiegte sich an seine Seite. "Bitte entschuldige meine Ungeschicklichkeit", flüsterte er, streichelte über Maximilians Brustbein. "Es tut mir leid", würgte Maximilian hervor, "ich habe wirklich...aber es ging einfach nicht!" Wütend wischte er sich über die Augen. "Was meinst du? Ich verstehe nicht...?", Lukas setzte sich neben ihm auf, strahlte unschuldige Verwirrung aus. Maximilian rappelte sich auf, kehrte Lukas den Rücken zu, um Taschentücher aus einem Spender zu zupfen. Er musste sich nicht nur vom Kondom befreien, sondern auch noch schnäuzen! Lukas umarmte ihn von hinten. "Wenn ich etwas falsch gemacht habe, dann bedaure ich das wirklich sehr. Ich werde es beim nächsten Mal besser machen, ja? Wir können es gleich versuchen!", bot er eifrig an. Gegen seinen Willen musste Maximilian lächeln. Er drehte den Kopf, küsste Lukas auf die Wange, wagte dann, in die großen Augen zu blicken. "Du hast nichts falsch gemacht. Ich kann mich einfach nicht gut kontrollieren", er senkte den Kopf. "Ach so!", Lukas begriff, "aber das macht doch gar nichts! Du musst dich nicht einschränken!", versicherte er, schmuste tröstend. Maximilian starrte auf seine nackten Knie, "ich weiß nicht, was ich machen soll." Lukas, der spürte, dass sein Freund ein schwerwiegenderes Problem hatte, rückte neben ihn, legte ihm den Arm um die Taille, suchte seinen Blick, "was ist los?" "Ich hätte mich beherrschen müssen, das ist los", entgegnete Maximilian, aber es klang bedrückt, enttäuscht, wenn nicht sogar resignierend, "du bist gar nicht zum Zug gekommen." "Nun, wir sind ja auch noch nicht fertig", stellte Lukas ungezwungen fest. ER fühlte sich eigentlich sehr wohl, wach und geschmeidig und dieser herrliche Zustand konnte seiner Meinung nach ruhig länger anhalten. Maximilian neben ihm schnitt eine Grimasse. "Warum machst du dir solche Gedanken?", Lukas kletterte vom Bett, kauerte sich vor Maximilian auf den Boden. So konnte der wenigstens seinem Blick nicht ausweichen. Maximilian seufzte, streckte die Hand nach Lukas aus, "bitte steh auf und komm wieder ins Bett. Es ist zu kühl da unten." Lukas folgte seiner Bitte, rollte sich mit ihm gemeinsam ins Bett, zupfte Decken zurecht. "Weißt du", Maximilian hielt Lukas' Hand, starrte blind auf die sich langsam drehenden Schäfchen, "als ich mal für eine Fotoserie Model gestanden habe, kam eine Bekannte von meinen Eltern mit. Sie hat ein ziemliches Bohei um mich gemacht, mein größter Fan, und so." Er rollte sich auf die Seite, legte den Kopf auf Lukas' Brust, suchte auch die andere Hand, um sich festzuhalten. "Sie war wie ein Groupie, nur schlimmer. Schrill, aufgedreht, lästig", Maximilian seufzte leise, "aber ich wollte nicht unhöflich sein. Ich dachte, wenn ich ihr ihren Willen lasse, hört sie vielleicht auf und ich habe etwas fürs Leben gelernt." Lukas zuckte unter dem bitteren Tonfall, beäugte besorgt den Schopf auf seiner Brust. "Also haben wir...nun ja. Es war nicht gerade...romantisch", Maximilian krächzte, "ich war nervös, alles lief irgendwie ab, als wäre ich gar nicht wirklich dabei", er drückte Lukas' Hände so fest, dass der ein Zischen unterdrücken musste. "Dann hat sie gesagt, dass ich eine totale Niete wäre, nur schöner Schein, aber im Bett ein Horror. Weil ich mich nicht kontrollieren könnte und immer zu früh käme. Ich sollte besser mal üben." Maximilian verkroch sich förmlich in Lukas' Gestalt, der Mühe hatte, die Worte zu verstehen. "Ich habe es ja versucht!", Maximilian schluckte krampfhaft, "aber das hat nicht geklappt!" Lukas entzog ihm seine Hände, ballte ein paar Mal die Fäuste, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu setzen. Dann streichelte er über Maximilians Kopf und dessen Rücken. "Du solltest nicht auf das dumme Geschwätz der neidischen Pute hören!", ermahnte er streng, "die wollte dir einfach nur weh tun!" Er schob die Hände unter Maximilians Achseln, versuchte ihn hochzuziehen, damit er ihn ansehen konnte. Maximilian tauchte schließlich auf, wischte sich trotzig über die Augen. "Ich habe gelesen", Lukas kraulte Maximilians Nacken, der sich neben ihn auf die Seite gerollt hatte, "dass man an scheußliche Sachen denken soll, damit man den Höhepunkt hinauszögert", er schüttelte den Kopf, "das kann ich ganz bestimmt nicht, wenn ich mit dir zusammen bin!" Maximilian schmunzelte schief, "du willst mich wohl trösten, wie?" "Keine Spur!", beharrte Lukas, kniff Maximilian tollkühn in die Nasenspitze, "ich MAG, was du tust! Es ist schön..." Seine Stimme wurde leise, "du bist so nett zu mir." Maximilian streckte die Arme aus, zog Lukas heran und drehte sich mit ihm auf den Rücken, hielt ihn in einer engen Umarmung fest. "Ich hab dich sehr lieb", flüsterte er heiser. Lukas schmiegte sich an ihn an. "Ich hab dich auch sehr lieb, Max", antwortete er leise. Er konnte nicht verstehen, warum die Frau so widerwärtig, so gehässig und boshaft reagiert hatte. Nicht bei Maximilian, der so rücksichtsvoll und aufrichtig mit seinen Gefühlen war! "Max?", wisperte er. "Hm?", Maximilian streichelte langsam über seinen Rücken. "Ich möchte etwas versuchen. Darf ich?", Lukas stützte sich auf die Ellenbogen, blickte Maximilian offen in das Gesicht. Er konnte Verunsicherung, Vorsicht darin lesen, aber auch Hoffnung. "In Ordnung", gab Maximilian schließlich grünes Licht. Lukas lächelte, küsste Maximilian lange auf die Lippen, bevor er unter der Decke abtauchte. Er streichelte und küsste seinen Weg an Maximilians Torso hinunter, fand die unmissverständlich aufragende Erektion und wieder konnte er nicht anders, als sie zu berühren, mit seinem Tastsinn zu erfassen. Für einen Moment fragte er sich, ob Maximilian je verstehen würde, wie anziehend es für ihn war, seinen Körper zu betrachten, zu berühren, einen Körper, der erwachsen, maskulin war. Lukas hockte sich bequem, schlug die Decke zurück. Maximilian blinzelte ihm aus halb gesenkten Lidern zu, atmete schwer, stützte sich auf die Ellen, um zu sehen, was genau Lukas plante. Eigentlich nichts Bemerkenswertes, nur die gemeinsame Massage ihrer Erektionen. Seine eigene allerdings war vergleichsweise mickrig, kindlich, verschwand scheu im Schatten seines Spitzbauchs. "Uhoh, Lukas", Maximilian presste die Lippen aufeinander, "nicht...so...uhhh... schnell!" Lukas lächelte, spuckte auf die Fingerspitzen der freien Hand. Er konnte sehen, wie sich Maximilians Wangen dunkler färbten, er noch schneller atmete. »Mir ist ganz gleich, ob du früh kommst«, Lukas studierte Maximilians Ausdruck, »ich möchte dich sehen, wenn du explodierst. DANN kann ich loslassen.« Er schloss die Augen, verließ sich auf sein Gefühl. Vielleicht gab es doch etwas, wo er NICHT ungeschickt agierte. O~O Maximilian atmete noch immer sehr heftig, halb verwickelt in eines der verwirrten Laken. Er hatte die Hände so fest in den Stoff gegraben, dass die heftigen Kontraktionen es von der Matratze gezogen hatten. Lukas lag neben ihm, halb auf der Seite, keuchend. Maximilian blinzelte, drehte den Kopf, um seinen Freund zu betrachten. Er konnte kaum fassen, dass Lukas SO ETWAS tat. Ohne erkennbare Scheu! Es schien ihm beinahe, als verwandle sich Lukas, wie eine Raupe sich verpuppte und dann aus dem Kokon brach, um als schöner Schmetterling davonzuflattern. Als wüsste die Raupe schon genau, dass sie ein Schmetterling sein würde. Maximilian rollte sich ächzend auf die Seite, rutschte näher an Lukas heran, »ich werde bestimmt nie vergessen, was du heute gemacht hast!« Behutsam fischte er Strähnen aus dem geröteten Gesicht. Dass Lukas ihm zusah und dann masturbierend folgte. Lukas blinzelte. "War das...gut?", erkundigte er sich leise. Maximilian rückte noch näher, stemmte sich auf eine Elle, um Lukas intensiv zu küssen. Dann lehnte er seine Stirn auf Lukas'. "Bitte", er räusperte sich, "bitte, Lukas, werde mein fester Freund." O~O Kapitel 7 - Abendunterhaltung "Hallo und frohe Weihnachten!", höflich grüßte ihn sein Mitbewohner, bevor er sich eine Mandarine aus dem Netz angelte und sie zu schälen begann. "Ja, frohe Weihnachten", wünschte Sanford resigniert. Er wusste nicht, was deprimierender war: den weihnachtlichen Familienfeiern am ersten Weihnachtstag zu entfliehen und sich HIERHER zu flüchten, oder Trübsal zu blasen, weil er die Feiertage nicht mit seinem Liebsten verbringen konnte. Er stellte die kleine Reisetasche neben seinem Bett ab, entsorgte die Flugtickets in den Papierkorb. In diesem Augenblick schwärzester Depression meldete sich sein Mobiltelefon. Sanford zog es aus der Tasche, studierte die Anzeige, ungläubig, dann hocherfreut. Hastig warf er sich seinen Kamelhaarmantel über und stürzte auf den winzigen Balkon der Studentenunterkunft, sorgte sich nicht um den aufgetürmten Schnee. "Igelchen? Wie geht es dir?!", kontrollierend warf er einen Blick nach rechts und links, aber Markus, sein Mitbewohner, kam seiner Pflicht nur nach, wenn erträgliche Temperaturen herrschten und das war zweifelsohne an der frostigen Luft nicht der Fall, sodass er unbelauscht ein Gespräch führen konnte. "Frohe Weihnachten, Igelchen", wünschte er zärtlich, lächelte unbewusst, "nein, ich bin gerade erst angekommen. Nun ja, die üblichen Predigten. Und mein Vater bestand erneut darauf, mich daran zu erinnern, dass er mein privates Verhalten missbilligt." "Der?", Sanford wandte den Kopf, "sitzt drinnen und vertilgt Mandarinen. Ich kann entweder auf den Balkon oder die Toilette flüchten." Er knurrte leise, vornehm, durch nachdrücklich gute Erziehung an stärkeren Ausdrucksformen seiner Verärgerung gehindert, "ja, er entschuldigt sich auch jedes Mal artig, wenn er seinen monatlichen Bankauszug holt." Sanford wischte verharschten Schnee vom Geländer, lehnte sich darauf, studierte das nachlassende Tageslicht und die eingeschneite Stadt. Ein Vorteil des zehnten Stockwerks. "Ja, ich weiß, dass er das Geld benötigt. Ich nehme es ihm ja auch nicht übel. Von meinem Vater allerdings hätte ich mehr Anstand erwartet", er seufzte, dann lauschte er aufmerksam einer erstaunlichen Erzählung. O~O Pat, bürgerlich Patrick, während seiner Schullaufbahn als Gott des Chaos oder Erebos bekannt, baumelte mit den Beinen in seiner Koje, während er mit mühsam unterdrückter Begeisterung die aktuelle Entwicklung schilderte. "Du erinnerst dich doch an den älteren Gast, von dem ich dir erzählt habe? Der Schlaf- und Magentabletten haben wollte? Also, ich hatte die Schichten, in denen er um ärztlichen Rat gebeten hat und weil ich gemerkt habe, dass etwas mit ihm nicht stimmt, habe ich ihn zum Plaudern verführt", er grinste, als er das steife Schnauben am anderen Ende der Leitung hörte. »Sandy ist so was von eifersüchtig...fast schon ein konditionierter Reflex!« "Wir halten also ein Schwätzchen, und er berichtet mir von seinem Freund, auf den er hier wartet. Der Knabe ist etwa so alt wie wir, also eine ganze Ecke jünger. Und der kommt nicht, verspätet sich. Ich rate unserem Gast also, er möge sich die Zeit doch mit den Angeboten im Haus vertreiben, immerhin gehört das ja zum Service. So, und nun stell dir vor, was passiert: gestern Abend, am Heiligabend, ruft der Jungspund seinen Gönner an und macht per Telefon Schluss!", er nickte unwillkürlich, als Sandy "sehr sensibel" urteilte. "Exakt, DAS dachte ich auch, als er mir vor einer Stunde das erzählte. Gut, ich rechne also damit, dass er vollkommen am Boden zerstört ist, aber Pustekuchen!", auch ohne Publikum gestikulierte Pat lebhaft, rieb sich über den Stecker, der seine Nasenwurzel krönte, "unser Gast ist bester Laune, weil er einen alten Bekannten wiedergetroffen hat, der zufällig in der Stadt ist und zum Abendessen im Restaurant war!" Pat sprang elegant von seiner Koje, fingerte einen Lutscher aus dem eingebauten Schrankfach. "So, Sandy, und nun halt dich GUT fest: der alte Bekannte lädt ihn ein, mit ihm die Feiertage zu verbringen! Damit die Suite aber nicht ungenutzt leersteht, hat er mit der Direktion vereinbart, dass WIR dort hausen können!!", es dauerte offenbar länger, bis die sensationelle Neuigkeit ihren Empfänger auch erreichte. "Mensch, Sandy, verstehst du?! Er hat mir die Suite bis übermorgen Früh überlassen!", aufgeregt paradierte er in dem schmalen Raum hin und her, "hör mal, tu so, als würdest du gerade mal um die Ecke gehen, dann ruf dir ein Taxi und komm hierher! Wir haben heute Abend, morgen den ganzen Tag und Mittwochfrüh für uns!" Nun grinste Pat breit, als die Geräusche an seinem Ohr hastige Aktionen verrieten. "Na los, mein Schnäuzelchen", neckte er frech, "mach endlich Schluss und ruf das Taxi!" O~O Sanford klappte sein Mobiltelefon zusammen, verstaute es und atmete tief durch. »Jetzt BLOSS keinen falschen Eindruck erwecken!« Innerlich dagegen jubilierte und tanzte er vor Freude. Endlich konnte er Erebos wiedersehen, SEIN Igelchen! »Und wir können das halbe Dutzend voll machen...«, der Gedanke ließ ihn nach dem Balkongeländer greifen. Nach dem Schulabschluss hatten sie sich gemeinsam abgesetzt, unterstützt von Erebos' umtriebigen Großvater. Sanford wusste, dass seine Familie, die große Erwartungen in ihn setzte, die einflussreich und vermögend war, die Beziehung zu Pat nicht tolerieren wollte, sie waren aber zu Verhandlungen bereit, zum Beispiel dazu, sein Studium zu unterstützen, um die Verbindung nicht ganz abreißen zu lassen und einen Skandal zu erleben. Also konnte Sanford ohne finanzielle Sorgen studieren, an einer renommierten Universität, weit genug weg von zu Hause. Perfider Weise nutzte sein Vater die knappe Kasse seines Mitbewohners, um per monatlicher Unterstützung dafür zu sorgen, dass er kaum Zeit mit Pat verbringen konnte, denn Markus, ein im übrigen sehr umgänglicher Mensch, belagerte ihre gemeinsame Unterkunft ständig, behielt ihn im Auge und lieferte auftragsgemäß seine Berichte ab. Kaum möglich, dass er sich in ihrer bescheidenen 'Studentenbude' mit Pat treffen konnte, geschweige denn unbeobachtet Zärtlichkeiten austauschen! Dazu gesellte sich eine weitere Komplikation, weil Pat auch darauf bestand, für sich selbst zu sorgen und eine Ausbildung als Rettungssanitäter anstrebte, was seinen besonderen Qualitäten entgegen kam. Allerdings erhielt er nur Absagen, niemand wollte einen jungen Mann mit einem Punkhaarschnitt und unzähligen Steckern in der Haut beschäftigen. Bis auf die Direktion des Bishounencastle, sie nahmen ihn an. Verbunden mit der Ausbildung, die abwechselnd Praktika im Bishounencastle vorsah und der theoretischen Ausbildung in Lucious Lemon, war die Wohnung in einem der Zwei-Personen-Zimmer in der dortigen Mitarbeitenden-Unterkunft. Diese Zimmer waren wie Schiffskabinen kompakt eingerichtet, sodass hier noch weniger Platz blieb, sich gemütlich miteinander zu unterhalten, ganz zu schweigen davon, dass sie eine halbe Stunde einfacher Taxifahrt von einander trennte. Und Schichtdienst! Sanford nahm sich einen kostbaren Moment Zeit zu überlegen, was er für den Kurztrip unbedingt benötigen würde, fand Kreditkarten, Telefon und Ausweis in seinen Taschen. »Das genügt völlig!«, entschied er. Er hatte nicht die Absicht, viel Zeit angezogen oder im Freien zu verbringen. Es war viel zu lange her, dass er sein Igelchen gesehen hatte, noch länger, dass er ihm nahe gekommen war. »Das letzte Mal Sex...meine Güte, das war schon beinahe verjährt!«, zumindest nach seinen Maßstäben. Sanford vermisste seinen Chaos-Gott furchtbar, auch körperlich. »Nichts wie weg!«, er betrat ihr Zimmer wieder, schloss die Balkontür und wandte sich an Markus, "ich drehe mal eine Runde um den Block." "Yupp", Markus mümmelte unermüdlich Mandarinen. Sein Blick fiel auf das Gepäck, aber da Sanford lediglich für einen kurzen Spaziergang gerüstet schien, hegte er kein Misstrauen. Sanford verließ ihr Mini-Appartement, marschierte nonchalant über die geräumten Wege, bis er sicher war, dass Markus ihn nicht mehr sehen konnte, dann sprintete er los, um den nächsten Taxistand zu erreichen. O~O "Meine Güte!", Lukas errötete, als sein Magen erneut mahnend knurrte. Maximilian grinste, setzte Lukas ein Schaumkrönchen aufs Haupt, "wir gehen ja gleich los! Halte die Wölfe noch ein bisschen im Zaum!" "Tut mir leid", murmelte Lukas, schüttelte über sich selbst den Kopf, "ich glaube, die Luft hier regt meinen Appetit an." "Wirklich?", Maximilian zwinkerte, "NUR die Luft?" Lukas schmunzelte, "stimmt, das ist auch die ER-regende Gesellschaft." Nun lief Maximilian rot an, schnickte Wasser zu Lukas, der die Attacke erwiderte, indem er sich auf Maximilians Schoß einrichtete und die Arme um dessen Nacken schlang. "Das ist wirklich erstaunlich", bemerkte er versonnen, "ich habe das Gefühl, in den paar Tagen hier mehr gelernt zu haben als in den ganzen Jahren zuvor. Ich fange tatsächlich an, mich zu mögen." Da er mit solchem Ernst sprach, fühlte sich Maximilian veranlasst, das Thema aufzugreifen, "ich bin froh, dass selbst DU endlich merkst, was für ein wundervoller Mensch du bist." "Schmeichler!", Lukas zupfte ihn tadelnd am Ohrläppchen, lehnte dann aber die Stirn gegen Maximilians, "ohne dich wäre ich nicht so weit gekommen. Vielen Dank, Max!" Maximilian seufzte. "Lukas, sag mir nicht ständig solche Dinge, ohne rot zu werden! Ich weiß schon gar nicht mehr, wie mein Teint normalerweise aussieht!", beklagte er sich, weil erneut die Verlegenheit für Farbe in den Wangen sorgte. "Aber ich meine es vollkommen ernst!", Lukas lehnte sich ein wenig zurück, musterte Maximilian nachdenklich. "Eben!", jaulte der geplagt, "du machst mich verlegen! Sagst einfach solche Sachen! Das ist gefährlich! Waffenscheinpflichtig!" Lukas lachte, schlang die Arme wieder eng um Maximilians Nacken, knuddelte ihn neckend, "du hast keine Vorstellung, wie gern ich dir schöne Dinge sage!" "Ich fange an, mich zu fürchten", brummte Maximilian grimmig, zwinkerte dann aber keck, "und nun, steigen wir aus?" "Gib mir noch ein bisschen Auftrieb", wisperte Lukas, bevor er Maximilian intensiv küsste. O~O Sanford lehnte sich bequem in die Polster, verfolgte, wie vereinzelt Schneeflocken träge zu Boden taumelten. Rechts und links der Straße türmte sich Schnee, wie ein bizarrer Tunnel, der im Schein der Straßenlaternen glitzerte. »Endlich!«, er spürte das Strahlen in seinen Mundwinkeln, ein euphorisches Kitzeln, »endlich kann ich Zeit mit meinem Igelchen verbringen!« Es war wirklich seltsam. Sie hatten so lange im Internat zusammengelebt, ohne ihre Gefühle für einander zu bekennen, dass es ihm nach dem Abschluss körperliches Unbehagen bereitet hatte, 'Erebos' nicht ständig um sich zu haben. »Und da sind wir dann endlich frei...« Sanford konzentrierte sich auf die Straße, um nicht die Miene zu verziehen. Leider hatte sein Vater unerwartet kreative Möglichkeiten entdeckt, sie zu überwachen oder zu stören. Außerdem vertrat Pat die hinderliche Auffassung, dass er für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen wollte. Dass sein Bankkonto dabei äußerst kümmerlich blieb und sich das bis zum St. Nimmerleinstag auch nicht großartig ändern würde, beeindruckte ihn scheinbar weniger als Sanford. »Vielleicht täusche ich mich auch«, gab er nachdenklich Kredit. Sein Liebster neigte dazu, sich nach außen stark und nicht beeindruckbar zu geben, den stoischen Punk zu mimen, aber hinter der ungewöhnlichen Fassade mit den unzähligen Steckern, der schwarzen Punkfrisur mit ausrasiertem Wellenmuster schlug ein kluges, mitfühlendes Herz. Außerdem war Pat keineswegs dumm. Mit seinem Abschluss hätte er jeden Studiengang in Angriff nehmen können, sein Erscheinungsbild jedoch sorgte für zahllose Absagen, ob Praktikum, Aushilfstätigkeit oder Wohngemeinschaft. Manchmal verzweifelte Sanford daran, dem niemand Schwierigkeiten bereitete. Sein Name, der Einfluss, das Vermögen, sein Aussehen, seine Zensuren: ER kannte keine Hindernisse und litt darunter, dass man ihm ohne Ansehen seiner eigenen Fähigkeiten großzügig Kredit einräumte, während man seinen Liebsten allein aufgrund der äußeren Erscheinung ablehnte. »Nicht, dass er etwas daran ändern könnte!«, mit einer Hand wischte er sich durch die Haare. Sie lagen wie immer perfekt, ohne großes Zutun. »Wenn er eine Frau wäre...«, sinnierte Sanford, »dann wäre alles einfacher...« Die jungen Frauen, sie ihm sein Vater unablässig ans Herz legte, hatten keine Bedenken, sich von ihm einladen zu lassen. Nein, sie ERWARTETEN sogar, dass er ihre Vergnügungen finanzierte! »Aber ER nicht, oh nein!« Wie oft verzog er mit komischer Verzweiflung das Gesicht, wenn Pat wieder Münzgeld in einen kleinen Plastikfrosch, der als Spardose diente, schob, um 'für ihren Teich' zu sparen. Ganz abgesehen von dem Geld, das er bereits abzog, um sich selbst kranken- und rentenzuversichern. Hier hatten die Lektionen des lebensklugen Großvaters offenkundig sehr fruchtbaren Boden gefunden. Sanford grinste hinter vorgehaltener Hand, als er sich daran erinnerte, welchen Vortrag Pats Großvater IHM gehalten hatte. 'Wenn beizeiten du nichts klebst, du im Alter armselig lebst.' Eine äußerst drollige Aufzählung von unglaublich traurigen Schicksalen schloss sich an, die alle versäumt hatten, regelmäßig ihren Rentenbeitrag einzuzahlen. Außerdem durfte man sich auf gar keinen Fall über das Ohr hauen lassen, weil es auch heute noch miese Ausbeuter-Arbeitgeber gab, die ihrer Sozialversicherungspflicht für ihre Angestellten nicht nachkamen! Er hatte schließlich die Waffen gestreckt. Durchaus verständlich, dass Pat nicht von ihm unterstützt werden wollte. Leider bedeutete das auch, dass sie sich nur dann sehen konnten, wenn sie beide nicht gerade von Studium/Praktikum in Anspruch genommen wurden UND sich ein Taxi leisten konnten! Aber heute! Heute...! Er musste sich hastig über den Mund wischen, um nicht zu deutlich zu sabbern. Ausgesprochen peinlich, aber Sanford war ehrlich genug anzuerkennen, dass er mit Pat schlafen wollte, möglichst ohne große Unterbrechungen. »Pat...«, Sanford schloss die Augen, der Name war gewöhnungsbedürftig, immer noch. Ganz am Anfang ihrer gemeinsamen Schullaufbahn hatte er sicher einmal den bürgerlichen Namen seines Geliebten gehört, aber da sie alle neue Namen erhalten hatten, dachte er von ihm als 'Erebos'. Sich auf 'Pat' umzustellen, das dauerte und er ertappte sich immer wieder, dass er ihn mit seinem 'Schulnamen' ansprach, was Dritte verwirrte. »Überhaupt, Patrick...«, der Name passte ganz und gar nicht zu seinem Liebsten. 'Pat' ging gerade noch, ein schmerzlicher Kompromiss. Allerdings verband sich mit dem Namen eine weitere der verrückten Familiengeschichten, die der Großvater feixend zum Besten gegeben hatte. Pats Eltern, inzwischen jeder neu gebunden, verfügten über ungewöhnliche Talente, die sie von anderen Menschen abhoben, in der Familie nicht unbedingt überraschend. Beide fassten aber den waghalsigen Beschluss, sich von diesem ganzen "Löffelbieger-" und "Aura-Leser-Verein" loszusagen und die durchschnittlichsten und ganz sicher definitiv normalen Partner zu wählen. Durch eine glückliche Fügung der launischen Schicksalsgöttin glaubten sie, im jeweils anderen den IDEALEN Partner gefunden zu haben, weil beide überaus tüchtig darin waren, ihre besondere Begabung zu verstecken, sodass die Geburt von Patrick, -der einen besonders normalen und überhaupt nicht bemerkenswerten Namen erhielt, -nur, um sicherzugehen-, ihnen eine sehr unerwartete Überraschung präsentierte: zweimal besondere Fähigkeiten neigten zu einem besonders interessanten Erbsatz. Enttäuscht und wütend wurde die Scheidung arrangiert, was Pats Großvater als ungeniert abenteuerlustigem und definitiv ungewöhnlichem Menschen die Ehre zuteil werden ließ, seinen Enkel selbst aufzuziehen. Sanford erinnerte sich genau an die wachen, grünen Augen hinter der Lesebrille, die ihn immer wieder musterten. Obwohl der ältere Mann ein Original war, ein komischer Kauz, freundlich und offen, hatte er das Gefühl, einer sehr intensiven Prüfung unterzogen zu werden. »Aber ich habe sie bestanden!«, er lächelte, klappte die Lider hoch, um sich umzublicken. Bald würde er wieder im Bishounencastle stehen, an der Pforte bei der ersten Zugbrücke auf sein Igelchen warten. O~O Maximilian lächelte, stützte ganz ungezwungen einen Ellenbogen auf, um sein Kinn aufzulegen. Er konnte sich gar nicht abwenden, verfolgte gespannt, wie Lukas bereits das dritte Stück heißen Apfelstrudel mit Vanille-Eis verputzte, methodisch und mit offenkundigem Genuss. Lukas bemerkte seinen Blick, hielt inne, beugte sich vertraulich über den Tisch, "wirke ich zu gierig?" Schmunzelnd schüttelte Maximilian den Kopf, "aber nein. Bitte iss nur weiter. Ich sehe dich gern an, das ist alles." Die Augenbraue lupfend füllte Lukas einen weiteren Löffel, "und du sagst, ICH würde dich in Verlegenheit bringen mit MEINEN Äußerungen?" Aber Maximilian strahlte bloß glücklich vor sich hin. O~O Pat hatte sich seinen alten, schwarzen Ledermantel übergeworfen, einen Schal um den Hals gebunden, der in seiner Farbenpracht ein Testbild beschämt hätte und lutschte nun, auf und nieder springend, während er mit den Armen um sich schlug, einen besonders großen Lutscher. Es kamen einige Taxen, um ihre Kundschaft abzuliefern, andere fuhren vor, um Gäste aufzunehmen. Jedes Mal lugte er unter der Traufe der Ringmauer hervor, um einen Blick zu erhaschen. Eigentlich wäre sicher nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn er offen im Torhaus gestanden hätte, aber er wollte keinen Ärger provozieren. Manche Leute reagierten nicht gerade positiv, wenn sie einem Stecker gespickten Mann mit schwarzem Mantel, Ring in der Lippe und Punkhaarschnitt begegneten. Üblicherweise kümmerte er sich nicht darum, wenn man ihn allein aufgrund seines Äußeren ablehnte, -oder in besonders schrägen Fällen-, hofierte. Die nachhaltige Erfahrung damit, dass er beinahe überhaupt keinen Praktikumsplatz bekommen hätte, wirkte allerdings noch nach. »Tja, in der Penne haben wir eben doch wie im Paradies gehaust!« Das zeigte sich jetzt immer wieder, aber als Rettungssanitäter in spe hegte er die Hoffnung, dass sich Patienten in Notlagen nicht erst mit seinem Äußeren befassen würden, sondern seine Hilfeleistung beachteten. Schließlich verhielt es sich nicht so, dass er die Stecker einfach ablegen konnte. Sie waren KEIN modisches Accessoire. Er vertrieb sich die Zeit damit, den gewaltigen Lutscherkopf, Jawbreaker genannt, im Mund kreisen zu lassen. Das lenkte von der Kälte ab und der Ungeduld, mit der er in jedes vorfahrende Gefährt spähte. »Sandy endlich mal wieder zu sehen!« Schon komisch, wie leer man sich fühlte, wenn man etwas nicht mehr hatte, das man zuvor als Selbstverständlichkeit angesehen betrachtete! Wieder fuhr wie Perlen an einer Schnur ein Taxi vor. Pat entließ den Lutscher aus seinen oralen Affektionsbekundungen. Ein großer Mann in elegantem Kamelhaarmantel, optisch eine Mischung aus Superman und J.F.K., kletterte aus einem Fond, blickte sich suchend um, hellblaue Augen, ein klassisch schönes Gesicht, eine hünenhafte Gestalt, sandfarbene, akkurat gescheitelte Haare. "He Traumprinz!", trompetete Pat laut, winkte mit dem Lutscher, "such den Frosch!" Damit flitzte er über die Zugbrücke in das Bishounencastle hinein. O~O »Eigentlich sollte es nicht so schwer sein, ihn zu finden!«, Sanford sah sich aufmerksam um, »schwarzer Ledermantel, besonders geschmackloser Schal und ein riesiger Lutscher...« Ein großer Schneeball traf ihn am Hinterkopf. Sanford drehte auf dem Absatz herum, war aber geistesgegenwärtig genug, in die Hocke zu gehen, sodass der zweite Angriff über ihn hinweg zischte. Grinsend, von Atemwolken umgeben, den Lutscher eingeklappt, tauchte Pat aus einer Schneewehe auf, schüttelte sich Schneepulver ab. "Na warte!", lachend rollte Sanford einen Schneeball zusammen, jagte hinter Pat her, der im Zickzack zwischen den aufgetürmten Schneehaufen vor ihm floh. Um sich für die freche Attacke zu revanchieren, holte er lässig aus und ließ den Schneeball gegen eine verharschte Schneewehe prallen, aber er hatte zu viel Schwung geholt, denn der Schneeball durchschlug glatt die Schneewehe, mehrere aufgetürmte Haufen und köpfte einen geschmückten Baum. "Oh weia", kommentierte Pat knapp, fasste Sanford, der vor Schreck erstarrte, am Handgelenk und zerrte ihn eilig weg. Sie rannten Hand in Hand über die zweite Zugbrücke, bevor Pat ihn in einen Schattenwurf zog, auf Verfolgende lauschte. "Bombenschuss", zwinkerte er, bemerkte, wie Sanfords Gesicht wieder eine gesündere Farbe annahm, aber nicht nur das: kräftige Arme schlangen sich um seine Taille, zogen ihn heran, um den Größenunterschied auszugleichen, bevor Sanford ihn leidenschaftlich küsste. Und küsste. Pat spürte, wie der Ring in seiner Lippe zu zittern begann, sich alle Stecker aufluden. Der in seiner Zunge summte sogar. Mit letzter Kraft und sehr weichen Knien gelang es ihm, Sanford wieder von sich zu schieben, nach Luft zu ringen, während er sich räusperte, "JA, ich freue mich auch, dich zu sehen!" Sanford lächelte, gar nicht mehr so zurückhaltend und höflich wie gewohnt, hielt Pat locker an den Händen, falls dem wirklich die Knie versagten. "Frohe Weihnachten", wünschte er schmunzelnd, "darf ich jetzt mein Geschenk auspacken?" Mit einem tadelnden Knurren schüttelte Pat seine Igelstacheln, "nichts da, Sandy!" Er warf einen Blick auf seine Uhr, brummte, "Mist, ich kann die Uhrzeit nicht erkennen!" Sanford warf einen Blick auf seine Uhr, die dezent beleuchtet werden konnte und nannte die Zeit. "So spät schon?!", Pat wirbelte herum, drückte Sanfords Hände, "wir müssen los!" "Wohin?", Sanford ließ sich zwar mitziehen, "hoffentlich in ein großes Bett?" "Nein!", Pat gewann Tempo, "für uns ist ein Tisch im Restaurant reserviert! Gehört alles mit zur Suite! Los, Sandy, husch husch, ich habe seit heute Morgen nur den Lutscher gehabt!" "Du könntest MICH haben", brummte Sandy, trabte aber gehorsam mit. Bis zu einem romantischen Abendessen waren sie schließlich noch nie gelangt! O~O "Was wollen wir unternehmen?", Lukas hielt Maximilian an beiden Händen fest, lehnte mit dem Rücken am Aufzug. Da es wieder leicht schneite, Wolken den Nachthimmel verdeckten, lockte ihn die Aussicht überhaupt nicht. Lieber wollte er Maximilian ansehen, der sehr nahe vor ihm stand. "Was möchtest du denn gern machen?", Maximilian lächelte, weil es ihm gefiel, wie vital Lukas wirkte und wie anziehend er aussah mit seinem Outdoor-Hut. Der flauschige Kauz-Schal passte natürlich nicht ganz, aber Maximilian wollte auf gar keinen Fall, dass sich Lukas verkühlte. "Hmmm", Lukas grübelte, bemerkte, dass sie ihre Etage erreicht hatten, "sag mal, glaubst du, wir können es noch mal mit dieser Spielkonsole versuchen?" "Sicher doch!", Maximilian öffnete die Tür, ließ Lukas den Vortritt, der sich rückwärts hineinbewegte, sich entblätterte und artig seine Kleider der Garderobe anvertraute. "Kannst du einen Augenblick warten? Ich muss noch meine Medizin nehmen." "Ich komme mit", entschied Maximilian, nahm Lukas' Hand, der ihn scheu musterte, "macht es dir etwas aus?" Er hob Lukas' Hand an, küsste den Handrücken, "willst du nicht, dass ich dich sehe?" Lukas überlegte sich seine Antwort, als sie das Badezimmer betraten. "Ich weiß nicht. Normalerweise will ich nicht, dass jemand die Tabletten sieht. Dann gibt es immer Fragen...oder peinliche Stille", er seufzte, "gut." Maximilian löste sich und füllte ein Glas mit Wasser, "ich schweige nicht. Und frage auch nicht. In Ordnung?" Lukas nickte, nahm das Glas entgegen, visierte Maximilian über den Rand an. Dann drehte er sich leicht zur Seite, um die Tabletten auf die Zunge zu legen. Bevor er jedoch mit Wasser spülen konnte, hatte Maximilian die Distanz überwunden und hielt ihn sicher in seinen Armen. "Ich habe dich sehr lieb, Lukas", raunte er leise in ein Ohr. Lukas lächelte, schluckte Wasser und Medikamente, legte den Kopf in den Nacken, um Maximilians Blick zu erwidern, "ich habe dich auch sehr lieb, Max." Hand in Hand wechselten sie zum Hauptraum über, studierten gemeinsam das technische Angebot. "Hast du das hier gesehen?", Lukas tippte auf einen Titel, "was ist das?" "Hm", Maximilian kniete neben ihm auf dem Teppich, "da hüpft man vor der Kamera herum, um Spiele zu absolvieren." "Wirklich?", Lukas legte ihm die Hand auf das Knie, "wollen wir das mal versuchen, bitte? Das hört sich lustig an!" "Du willst bloß nicht, dass mein Snörks gegen deinen gewinnt!", neckte ihn sein Freund, fischte jedoch bereits das Etui heraus. Kurze Zeit später hopsten und fuchtelten die beiden vor der Kamera herum, lachten und stützten sich gegenseitig. Sie tobten sich so lange aus, bis eine Katzen-Dusche und das große Bett sie riefen. O~O Sanford hielt Pat bei der Hand, als sie aus dem Aufzug stiegen. Es schneite nun heftiger. "Bist du jetzt auch wirklich satt? Oder hätten wir noch etwas einpacken lassen sollen?", neckte er seinen Liebsten zärtlich. Pat schnaubte, "he, auch Frösche müssen gefüttert werden, klar? Nur von Fliegen werden wir nicht satt! Quak quak!" "Quak quak", erwiderte Sanford, legte den Arm um Pats Taille, küsste ihn auf die Stirn, "gehen wir jetzt endlich in diese geheimnisvolle Suite deines Gönners?" "Yupp!", Pat führte Sanford an der Hand aus dem Aufzug, "wir müssen in den Süd-Ost-Flügel. Ich bin auch ganz gespannt, wie es aussieht." Sie folgten den sandigen Wegen, wählten den Treppenaufgang, bevor sie die zweite Ebene betraten. "Moment mal", Sanford hielt inne, als sie die Tür erreichten, "Honeymoon-Suite?" Pat prustete spitzbübisch neben ihm über dessen Überraschung, "nett, oder?" Hand in Hand betraten sie die Suite. Im Kontrast zum grau-weißen Winter und der trüben Stimmung erschienen die Stoffe und Bezüge strahlend und warm, sonnengelb und orangefarben, Kiefernholz, Blumen, eine Ottomane. "Sehr geschmackvoll", erklärte Sanford, half Pat aus seinem Ledermantel, "wo ist das Schlafzimmer?" Ein tadelnder Blick aus tiefschwarzen Augen traf ihn, "ich hoffe, du fragst nur aus architektonischem Interesse!" Er wartete, bis sich Sanford aus dem Kamelhaarmantel befreit hatte, streckte ihm dann die Hand hin. "Dann schauen wir uns mal um!" Tatsächlich fand sich im Hauptraum der Suite ein großes Himmelbett mit gedrechselten Pfosten, hinter safrangelbem Taft verborgen. Lichterketten aus Lampions schienen über der Decke zu schweben, während am Kopfende des Raums ein Kamin für Atmosphäre sorgte. Ein Sekretär, eine Stuhl-Tisch-Kombination für zwei Personen: ja, hier handelte es sich unverkennbar um eine Hochzeitssuite. Wenig lenkte das Auge Betrachtender von den Gelegenheiten zu intimer Nähe ab. "Wir sollten mal hinter die Vorhänge schauen", schlug Sanford subtil vor, drückte Pats Hand, "komm, Igelchen, spann mich nicht so auf die Folter!" Vor allem nicht, wenn das von ihrer gemeinsamen Zeit abging, die sie in der Horizontalen verbringen konnten! "Sandy, ich werde NICHT sofort mit dir in die Laken schlüpfen", verkündete Pat kategorisch, "ich brauche erst mal eine Dusche, besser noch ein Bad. Genau, lass uns nachsehen, wie das Badezimmer aussieht!" "Das können wir später doch auch noch...", Sanford kämpfte auf verlorenem Posten, da sein sehniger Geliebter bereits Richtung Badezimmer abwanderte. Im Badezimmer selbst wartete ein gewaltiger Whirlpool in einer freundlichen Ausstattung aus Kiefernholz. "Oooooohhhhh", Pat stöhnte laut, "ein WHIRLPOOL! Da MUSS ich rein!" Sanford seufzte stumm, aber lächelnd. Was ihm ganz gewöhnlich schien aufgrund seiner wohlhabenden Familie, bedeutete für Pat unerreichbaren Luxus. Nach mehreren Monaten in engen Duschen wusste auch er es zu schätzen, wenn er zu Hause ein ausgiebiges, heißes Bad nehmen konnte, sich räkeln und strecken, ohne ständig mit Wänden zu kollidieren. "Also gut, ABER!", er hob mahnend einen Finger, "ICH darf dich ausziehen!" Pat grinste, stellte sich artig auf, "dann mal los, mein Prinz! Ich muss dir ja beweisen, dass ich noch immer total grün bin!" Lächelnd spazierte Sanford eine kurze Runde um seinen Liebsten, dann begann er, sich methodisch von oben nach unten zu arbeiten. Er achtete darauf, nicht mehr als einen Hauch von Berührung zuzulassen, an den Steckern keinen Stoff einzuklemmen oder in seinem Tempo zu variieren. Endlich, als auch die zweite Garnitur von dünnen Socken ordentlich auf einem Haufen neben ihrem Besitzer lag, legte er den Kopf in den Nacken, um zu Pat hochzusehen. "Steh auf", die schwarzen Augen funkelten, "und nicht naschen vor dem Hauptgang!" "Du bist so grausam!", beklagte sich Sanford leise, verabschiedete sich für den Augenblick von der lockenden Versuchung genau in Höhe seiner Lippen. Er nahm die angebotene Hand, kam von den Knien wieder auf die Beine. Nun entkleidete Pat ihn, spielerisch, neckend. Dabei lenkte er ihn ab, indem er zu hören wünschte, wie das Familientreffen am gestrigen Tag verlaufen war. "Oh", Sanford seufzte, studierte die zahlreichen Stecker, die in Pats Haut eingebettet waren, "mein Vater hatte wieder einige junge Damen eingeladen, die mich unbedingt kennen lernen wollten. Offenkundig verweigert er sich der Tatsache, dass ich nicht nur bereits gebunden bin, sondern auch der Erkenntnis meiner sexuellen Präferenz." Pat prustete. "Wie war das noch gleich in In and out? 'Aber du bist so groß?!'", wiederholte er perfekt die ratlos-jammernde Stimme des Synchronsprechers, der eine Figur zitierte, die ob der Homosexualität des eigenen Sohnes verwirrt war. Sanford lächelte, "ja, ich BIN so groß. Und ausgehungert nach dir!" Er hob eine Hand, um sanft durch die schwarzen Stacheln auf Pats Kopf zu streicheln. "Und?", der ließ mit der Zungenspitze, in der ein weiterer Stecker ruhte, den Ring in seiner Unterlippe schwingen, "hat dein Vater keine Favoritin auserkoren? Du weißt ja, die Hoffnung stirbt zuletzt." "Tsk tsk!", der Hüne ließ die Schultern herabsinken, nun gänzlich entblößt, "ich habe meine Wahl längst getroffen. Ganz gleich, was er auch tut, ich liebe dich." "Sandy", brummte Pat, spürte einen Anflug von Röte in seinen Wangen, "willst du mich wieder in die Knie zwingen, oder was?! Ich merke schon, wie mir flau wird! Das ist ein Foul!" "Stimmt", gab Sanford unumwunden zu, packte Pat, um ihn auf die Arme zu nehmen, "taktisch bedingt. Wenn wir schon erst in diesem Tümpel aufweichen müssen, dann nehme ich mir als Ex-Traumprinz das Vorrecht, meinen persönlichen Traumprinzen höchstselbst zu geleiten", versetzte er salbungsvoll. Pat lupfte kritisch eine Augenbraue. "Manchmal registriere ich eine gewisse Sturheit bei dir, die mich arg an Zephyr erinnert", stellte er fest. Sanford setzte Pat bequem im Whirlpool ab, entstieg, um Wasser einzulassen und einen Badezusatz auszuwählen. »Wenn ich nur so stur wie Zepyhr gewesen wäre«, dachte er wehmütig, »dann hätte ich gleich darauf bestanden... und nicht bis zum Ende des Schuljahres...« Aber das war eine andere Geschichte {"Köder für die Bestie"...^_~}. Während der Whirlpool sich erstaunlich rasch füllte, studierte Pat die Anzeigen der Steuerung. "Das Gefährliche an diesem Luxus ist, dass er süchtig macht", brummte er geplagt, "für so einen Wundertümpel muss eine alte Frau lange stricken. Oder ein Frosch sehr oft die Leiter heraufklettern." Er erhob sich, um Sanford zuvorkommend die Hand zu reichen, der sich zu ihm gesellte. "Wir suchen uns einfach einen Wunschbrunnen, wie im Märchen", neckte er Pat und schmiegte sich an seine Seite. Er wünschte sich, endlich in dessen Armen zu liegen, den vertrauten Herzschlag zu hören, die raue Stimme. "Werde ich mir merken", verkündete Pat mit großem Ernst, "nächster Ausflug zu einem Wunschbrunnen!" "Wann hast du denn mal wieder frei?", schöpfte Sanford Hoffnung, beflügelt von den Armen, die ihn umschlangen, den Steckern in der Haut, die ihn berührten. "Na, wenn ich mir bis Mittwoch freinehme, werde ich erst mal wieder länger die Schichten übernehmen müssen", Pat lehnte sich bequem zurück, dachte nach, "das sieht bis Februar nicht mehr rosig aus. Tut mir leid, mein Prinz." Er spürte, wie Sanford sich in seinen Armen versteifte. Natürlich würde der sich niemals laut beklagen, grundsätzlich Verständnis zeigen, ganz einfach, weil er dazu erzogen worden war, ein geborener Diplomat. Pat beugte sich vor, wisperte in ein Ohr, während er mit den Händen sanft über den muskulösen Brustkorb streichelte, "komm schon, Sandy, raus mit der Sprache. Ich merke doch genau, dass du brütest." In seinen Armen rollte Sanford mit den Schultern, aber er erlaubte sich tatsächlich die Freizügigkeit einer Antwort. "Manchmal...", er holte tief Luft, "manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nicht so gut mit der Situation leben kann wie du. Ich vermisse dich viel zu sehr." Er senkte den Kopf, während Pat die Hände hob, aber nicht, um sich beleidigt zurückzuziehen. Er legte sie auf Sanfords Schultern, begann, die Muskeln zu massieren, "meinst du wirklich, dass ich so viel besser damit umgehen kann?" "Das stimmt sicher nicht", beeilte sich Sanford, drehte sich zu ihm herum, "ich habe ganz unbedacht gesprochen!" Pat seufzte. "Ich sehe leider keine Alternative, mein Süßer", er zupfte Sanford an der Nasenspitze, "und tue eben so, als käme ich prima klar. Sonst drehe ich durch." Er zwinkerte, lehnte die Stirn an Sanfords. "Ich hätte das nicht sagen sollen", Sanford quälte sich mit Selbstvorwürfen. "He!", ein strenger Blick aus schwarzen Augen traf ihn, "ich VERLANGE, dass du mir alles sagst, was in dir vorgeht. Du musst nicht höflich sein oder zurückhaltend, in Ordnung?" Er hob Sanfords Kinn mit einem Finger an, "ich höre dich gar nicht antworten." Der Hüne richtete endlich die hellblauen Augen auf Pat. "Also gut", brummte er leise. "Ich vermisse dich doch auch", verlegen verwuschelte Pat ihm den akkuraten Schopf. Sanford blinzelte, bevor er die Gelegenheit nutzte, den minimalen Abstand überwand und Pat küsste. Er liebte es, seinen ungewöhnlichen Freund zu küssen, ihn herauszufordern, sich ein Duell zu liefern mit der agilen Zunge, die sonst nur Lutscher küsste, den summenden Stecker zu spüren, den Ring in der Unterlippe. In seinen Kreisen galt es als unschicklich und primitiv, sich die Haut an anderen Körperstellen als den Ohrläppchen durchstechen zu lassen. Einen Ring in der Unterlippe zu tragen rangierte gerade noch vor einem Nasenring wie bei Zuchtbullen, zutiefst proletarisch und unästhetisch. »Nicht bei Erebos«, Sanford umschlang dessen Leib, um keine Möglichkeit zur Flucht zu bieten. Im Gegenteil. Der sehnige Leib, gespickt mit den Steckern, die wie ein martialischer Panzer wirkten, die wellenförmig ausrasierten Seiten, der wilde, schwarze Schopf mit der Punkfrisur: all das erregte ihn und es war genau das, wonach er sich immer gesehnt hatte, das er erst kurz vor dem drohenden Verlust erkannt hatte. Pat rang nach Luft, nötigte Sanford, sich auf andere Partien zu verlegen, bis er erneut eine Attacke wagen konnte. Es war nie genug, um all seine Liebe, seine Sehnsucht, seine flammende Leidenschaft und Begierde zu transportieren. Er konnte nur hoffen, dass sein Chaos-Gott verstand, wie viel er ihm bedeutete, dass er ohne Reue sein altes privilegiertes Leben aufgeben, mit seiner Familie brechen wollte, wenn es sich als nötig erwies. "Sandy", Pat keuchte, "nicht so schnell!" Die schwarzen Augen verdunkelten sich merklich, legten einen Schleier auf, der den gesamten Augapfel verdunkelte. An diversen Steckern tanzten kleine, weiße Energiewirbel. Offenkundig gefiel seinem Traumprinzen die orale Liebesbekundung. Sanford wich nicht, nutzte taktisch versiert seinen Vorteil im 'Gelände', indem er Pat mit den Armen umschlang, küsste, mit der Zunge liebkoste und durch den Größenunterschied seinen Liebsten gerade so mit dem Kopf über dem munter sprudelnden Wasser hielt. Pat zappelte. Er MUSSTE sich jetzt befreien, sonst würde er entweder in Ohnmacht fallen und ertrinken oder Salut schießen. Keine dieser Optionen sagte ihm momentan zu. Er riss den Kopf gewaltsam in den Nacken, ignorierte das knackende Geräusch, rang einen kostbaren Augenblick gierig nach Luft, bevor er sich hastig abwandte und krächzte, "Sandy, stopp!" Ruckartig erstarrte Sanford. Das vereinbarte Signal zwang ihn dazu. Sein Herz hämmerte, sein Puls raste, sein Körper, seine Seele schrien danach, AUF GAR KEINEN FALL jetzt aufzuhören, aber er musste gegen seine Instinkte, sein Verlangen handeln. Es WAR wichtig, nicht nur, weil er über sehr viel mehr Kraft verfügte als jeder Mensch auf dem Planeten, sondern weil er nicht wollte, AUF GAR KEINEN FALL, dass sein Traumprinz sich vor ihm fürchten musste. Sanford war als Diplomat erzogen, als kraftstrotzender Hüne belehrt worden: er versetzte sich ganz automatisch, wie im Reflex, in seinen Gegenüber hinein. So war ihm keineswegs entgangen, dass es für Pat nicht einfach war, die normalen Hemmung zu überwinden, dass der Chaos-Gott es gewöhnt war, nicht berührt zu werden, sich deshalb auch nicht nach Körperkontakt verzehrte. Aus diesem Grund, gerade weil er Pat so sehr liebte und dessen Gefühle nachvollziehen konnte, MUSSTE er jedes Mal artig und prompt auf ihr Signal reagieren, damit Pat ihm vertraute. "In Ordnung", keuchte er, schluckte hart, "in Ordnung." Er bemerkte, dass Pat in intimer Distanz ebenfalls nach Atem rang. Außerdem hatten sich die kleinen, weißen Energiewirbel gebildet. "Nich hier", brachte der schwarzhaarige Mann mühsam über die Lippen. Die schwarzen Augen waren bereits so dunkel und verschleiert, dass Sanford nicht zu unrecht befürchtete, sein Traumprinz würde schwach werden. »Verrückt«, schoss es ihm durch den Kopf, »ich werde bei ihm schwach, und er, wenn wir uns küssen!« Sanford lächelte atemlos, »aber ich führe mit einem Tablett!« Er löste seine enge Umarmung, fasste Pat unter den Achseln, drehte sich herum, nahm langsam Platz und bugsierte den vermeintlichen Frosch auf seinem Schoß, lehnte die Stirn gegen Pats Schläfe. "Alles okay?", behutsam streichelte er mit der Linken über Pats Brustkorb, während er ihn mit dem anderen Arm sichernd um die Taille hielt. "Geh nich so ran", ächzte Pat vorwurfsvoll, pflückte die Hand von seinem Brustkorb und umklammerte sie. Er musste mehrfach tief durchatmen, bis er wieder klar sehen konnte, das seltsame Schwindelgefühl sich verabschiedete. "Hör mal!", versetzte er streng, funkelte in die hellblauen Augen, "du kannst mich vielleicht an die Wand schmeißen, aber zu Tode knutschen ist NICHT erlaubt! Bei den anderen Figuren hat ja auch ein Kuss gereicht!" Sanford grinste, "wie könnte ich jemals mit einem einzigen Kuss befriedigt sein? Ich habe dich schon sehr lange nicht mehr an die Wand geworfen!" Er hauchte einen zarten Kuss auf Pats Wange, "das war niemals nötig, mein Prinz!" "Ha!", schnaubte der, "quak quak!" "Funktioniert nicht", bemerkte Sanford ungerührt, "du bist und bleibst mein Traumprinz! Zurückverwandeln ist ausgeschlossen!" "Na ja", mit einer komischen Grimasse lehnte sich Pat gegen dessen Brust, "ich habe mir ohnehin nicht viel aus den Fliegen gemacht." Über ihm lächelte Sanford, dessen Verlangen von einer überwältigenden Woge bedingungsloser Liebe überspült wurde. So sehr er sich auch Intimverkehr wünschte, -in diesem Augenblick war das zweitrangig, weil Pat ihn immer wieder von neuem wie am Tag ihrer ersten Begegnung schwach werden ließ. O~O Kapitel 8 - Honeymoon-Suite Pat wähnte sich in Sicherheit, so lange sie noch im Whirlpool saßen, aber nachdem die kleine Uhr das zweite Mal dezent ein Warnsignal abgesetzt hatte, musste er wohl der tückisch-wohltuenden Feucht-Oase entsagen. "Hoch mit dir, Igelchen, sonst wirst du noch ganz faltig!", Sanford half ihm auf die Beine, gewohnt mühelos und energiegeladen. »Er wittert seine Chance!«, Pat lächelte spitzbübisch, antwortete laut, "du hast bloß Angst, dass mir doch noch Schwimmhäute wachsen!" "Kiemen wären besser", der Hüne reichte ihm beide Hände zum Ausstieg, "Nonstop-Knutschen hat etwas sehr Verlockendes." "Danke, nein!", grummelte Pat, der sich an breitmäulige Fische erinnert fühlte, "klingt mir zu sehr nach Blutegeln. Die saugen sich auch fest und dann, glibber-glitsch-schleim!" Er schüttelte sich angeekelt. Sanford lupfte eine Augenbraue. "Eine sehr romantische Vorstellung", bemerkte er trocken. "Aber flatternde Lamellen an meinem Hals sind romantisch?!", schnappte Pat gespielt erbost zurück, ließ sich ein Handtuch reichen und musste sich auf eine der Kiefernholzbänke setzen. "He", Sanford ging vor ihm in die Hocke, legte die Hände auf seine Wangen, "Igelchen, ist alles in Ordnung? Ich hole dir ein Glas Wasser!" Doch dazu kam er nicht, denn Pat umklammerte die Hände, die sich für einen Augenblick auf seinen Oberschenkeln abstützen wollten, damit ihr Besitzer sich federnd erheben konnte. "Schon gut, das geht gleich wieder", murmelte er, »wahrscheinlich hätte ich nicht so viel essen sollen!« Er schloss die Augen, atmete langsam, konzentrierte sich nur auf diese eine Aufgabe. "Geht es wieder?", Sanford klang beunruhigt, bar jedes verführerischen Untertons. "Ja", bestätigte der schwarzhaarige Mann, lächelte um Entschuldigung werbend. "Ich habe es mit dem Essen einfach übertrieben und dann noch zu heiß gebadet, tsk tsk!", schüttelte er über sich selbst den Kopf, aber vorsichtig. Sanford, der sich vor ihm auf die Knie gehockt hatte, studierte ihn dennoch eingehend. "Es geht schon", Pat begriff nur zu gut, drückte die gepflegten Hände seines Freundes. Sandy war wohlerzogen, sorgte sich um sein Befinden und schämte sich vermutlich dafür, dass er Enttäuschung darüber empfand, dass sie nicht gleich munter zum aktiven Teil zwischen den Laken übergehen konnten. "In Ordnung", nickte Sanford nun, ließ Pats Hände los und wandte sich zur Seite, um ein Handtuch zu wählen, mit dem er Pats Igelstacheln abtrocknen konnte, nicht etwa spielerisch-grob, sondern sanft und zärtlich, eine Eigenschaft, die Pat immer wieder berührte, dass dieser außergewöhnliche Mann, den er so lange kannte, sich niemals scheute, seine Gefühle zu zeigen. »Gut, wir haben aus lauter Rücksicht aufeinander JAHRE gebraucht, um endlich zu verstehen, WIE ernst es uns ist...«, das gab er gerne zu, dennoch...dennoch war Sandy, sein Traumprinz, niemals betont herausfordernd oder hemdsärmlig. Andere Männer schlugen sich auf die Schultern, stießen sich an, boxten sich, wenn sie ihre Verbundenheit beweisen wollten. Sanford nicht. Das war nicht nur ein Resultat seiner Erziehung, -denn auch in seiner Gesellschaftsschicht neigte man zu handfesten Freundschaftsbekundungen-, sondern einer besonderen Einstellung. »Möglicherweise auch der Tatsache, dass er mich mit einem Schulterklopfen glatt durch zwei massive Wände befördern könnte«, stellte Pat kritisch in Kredit. Er wurde abrupt aus seinen Gedanken gerissen, als der Handtuchturban verschwand, dafür aber zwei muskulöse Arme ihn ein ganzes Stück vom Boden entfernten. "He! Ich habe zwei Beine, die noch nicht so abgenutzt sind, dass du mich tragen müsstest!", protestierte er, schlang aber zur Sicherheit die Arme um Sanfords Nacken. Ein direkter Blick aus hellblauen Augen traf ihn. "Wenn ich dich nicht abschleppe", Sanford betonte das letzte Wort, "dann kommen wir nicht mal bis in den Flur." Pat blinzelte. Handelte es sich wirklich schon um einen derartig prekären Notzustand?! Während Sanford auf die safrangelben Taftvorhänge um das Himmelbett zusteuerte, lehnte er sich zu Pats Ohrmuschel und wisperte rau, "ich halte es kaum noch aus." Sein breitbeiniger, ungewohnt ausschwenkender Gang unterstrich dieses Bekenntnis. Der schwarzhaarige Mann schloss für einen Augenblick die Augen, konzentrierte sich. Konnte er Sanfords Appetit stillen? Hauchzart streichelte Stoff über seinen Kopf, dann seine nackten Füße, als Sanford sehr vorsichtig zwischen die Vorhänge fädelte, ihn dann ohne Mühe auf der Tagesdecke ablegte. "Ist dir übel? Magen?", eine gepflegte Hand streichelte über Pats Wange, dann über seinen flachen Bauch. Er schlug die Augen auf, blickte in die hellblauen, die sich besorgt auf ihn richteten. "Mir war bloß ein wenig schwindlig", gestand er ein. In Sanfords Gesicht arbeitete es, kämpfte das Verlangen mit seinem Gewissen, dann wich er ein wenig zurück. "Ich sehe im Badezimmer mal nach, ob sie dort ein paar Tropfen haben für solche Fälle, ja? Bleib hier ruhig liegen, in Ordnung?", behutsam lupfte er erst Pats Oberkörper an, um das Bett aufzuschlagen, dann dessen Beine, zupfte die Bettdecke zurecht. Die Tagesdecke faltete er ordentlich zusammen, deponierte sie auf der Betttruhe vor dem Himmelbett. Pat wandte den Kopf, spähte durch die sanft wehenden Vorhänge. Er konnte das Knacken von Holzscheiten im Kamin hören. »Bescheuert«, tadelte er sich selbst, legte die Hand auf sein galoppierendes Herz, »ausgerechnet jetzt, wo ich mal frei habe und mit Sandy zusammen sein kann!« "Ich helfe dir auf", Sanford brachte sich in Erinnerung, wickelte die Bettdecke bis zu Pats Hüften hinunter, um ihn langsam aufzurichten und abzustützen, dann drehte er sich zur Seite, um ein winziges Fläschchen mit Perlen zu öffnen, eine genau abgezählte Menge in ein Glas mit Wasser zu geben. Es sprudelte kurz, dann hielt er Pat das Glas an die Lippen. Der nahm Schlucke, verzog das Gesicht, weil der Geschmack bitter war. "Tut mir leid", murmelte Pat leise. "Dazu besteht kein Anlass", versicherte Sanford sanftmütig, zwinkerte in die schwarzen Augen. "Ist das so?", Pat lupfte die Augenbrauen kritisch, strich über Sanfords Oberschenkel. "Das...", der Hüne räusperte sich, "das ist kein Problem." "Du wirst noch einen Blutstau bekommen", bemerkte Pat spitz, fasste dann nach Sanfords Kinn, küsste ihn auf den Mund. "Mir geht's gleich besser", versicherte er. Die hellblauen Augen musterten ihn eingehend, bugsierten ihn dann sanft auf die Matratze. "Bleib schön liegen", ordnete er an. Pat gab sich betont lässig, faltete die Arme unter dem Nacken, betrachtete Sanford, der sich nackt auf das Himmelbett schwang und einen gloriosen Anblick bot. "Deck dich zu", kommandierte er, löste die Arme hinter seinem Nacken und lupfte die Bettdecke an. Gehorsam schlang sich Sanford die Bettdecke um die Hüften, kniete über Pats Oberschenkeln, stützte die Arme neben dessen Schultern auf. "Bist du sicher, dass...", Sanford versiegelte ihm mit zwei Fingern die Lippen. Auch wenn Pat sich sorgte, dessen Durchhaltevermögen unerträglich zu strapazieren, gab er nach. Wenn Sanford glaubte, er könne es ertragen, wollte er lieber keine Diskussion mehr beginnen. Über ihm lächelten die hellblauen Augen. Pat hob die Arme, schlang sie Sanford um den Nacken, zog ihn zu sich herunter, küsste ihn intensiv, genoss das Gewicht, das sich auf ihn senkte. Er betrachtete den sandfarbenen Schopf, der sich an seinem Torso langsam nach unten arbeitete, stöhnte laut auf, als Sanford seine Brustwarzen liebkoste, sie mit Lippen und Zunge massierte und perfid genug war, mit den Kanten seiner Schneidezähne über sie zu gleiten. Im Reflex grub Pat die Fingernägel in den muskulösen Rücken seines geliebten Quälgeistes, krümmte sich zusammen. In seiner Schläfe pochte es heftig, als Sanford seinen Bauchnabel erreichte. Er streichelte mit aufgefächerten Fingern durch dessen Haare, stellte die Beine auf. Auf diese Weise wollte er verhindern, dass sich Sanford auch noch selbst auf seinen Schoß herunterlassen musste, denn er wusste schließlich, dass der gerne verwöhnt wurde und kuschelte. Ein protestierendes Schnauben erklang zwischen seinen Beinen, dann packte Sanford Pats linken Fuß und begann, mit den Fingernägeln hauchzart über die Ballen zu kraulen, besonders über die Mittelachse. "UhOOHH!", kommentierte Pat, saß beinahe aufrecht. Sanford lächelte zufrieden, schnappte auch den anderen Fuß, hielt ihn am Fußgelenk fest, um auch dort seine süße Folter fortzusetzen. Pat ächzte, rang nach Luft, spürte, wie sein Blick sich veränderte. Es knisterte an den Steckern in seinem Körper, sicheres Zeichen dafür, dass sich die weißen Wirbel bildete, Energien bündelten. Er legte eine Hand auf Sanfords Oberarm, drückte den Hünen zur Seite. "Gummis?", ächzte er, rollte sich auf die Knie. Sanford präsentierte ihm seine ausgesprochen appetitliche Kehrseite, als er auf allen Vieren nach der Schublade in den Beistelltischen fischte. Ohne Zögern stützte sich Pat auf Sanfords Hüften, streichelte mit den Händen über dessen Kehrseite, vom unteren Lendenwirbel bis zu den Kniekehlen, rauf und runter, während Sanford all seine Beherrschung benötigte, um Kondome und Gleitmittel aufzulesen. Mit einem Blick über die Schulter reichte Sanford Kondome und Gleitmittel nach hinten, die Pat entgegennahm. Pat setzte sich auf die Fersen, um seine deutliche Erektion zu verpacken, dann legte er die Hände auf Sanfords Hüften, der mühevoll atmete. "Komm", lockte er, half seinem Liebsten, sich langsam auf seine Knie sinken zu lassen, damit er die Arme um ihn schlingen und dessen Erektion eintüten konnte. Sanford legte den Kopf in den Nacken, keuchte zischend durch die Zähne. "Ich liebe dich", raunte Pat zur Ablenkung zärtlich, küsste Sanfords Schulter. "Bitte, Erebos...", der Hüne blinzelte heftig, drehte den Kopf. "Schsch, Liebchen", Pat befasste sich mit dem Gleitmittel, "gleich bin ich fertig." Soweit sich noch kohärente Gedanken in seinem Kopf befanden, die sein trommelndes Herz und seine Libido überstimmten, gruppierten sie sich zu einem Entschluss, nämlich in die hellblauen Augen zu sehen, wenn er mit Sandy schlief. Pat umschlang den Hünen, ließ sich auf die Seite fallen, sodass sie rotierten, bevor er sich flink löste, Sanford auf den Rücken drehte und zwischen dessen Beine schlüpfte. Das Gleitmittel auf die Rechte verteilt zielte er, beugte sich dann vor, um Sanford ablenkend zu küssen, während er mit der Rechten dessen Körper auf sein Eindringen vorbereitete. Sanford schlang die kraftvollen Arme um Pats Schultern, schluchzte vor Anstrengung in ihren Küssen. Pat leckte ihm über die Lippen, die Mundwinkel, das Kinn. Gleichzeitig fasste er dessen Hüften unter, kippte sie, um langsam in Sanford einzudringen, sehr vorsichtig, was sich nicht als nötig erwies, da der Körper des Hünen mit jeder Faser nach Erlösung schrie. Sofort hörte er seinen Liebsten keuchen, grub die Knie in die Matratze, um sich abzustützen, dann löste er die Linke, um über Sanfords Penis zu streichen. In seinen Ohren klingelte der erleichterte Schrei, dann jagten ihn die Kontraktionen, die sich um seine Erektion schlossen, ebenfalls in elysische Höhen. O~O Sanford lauschte auf seinen sich langsam beruhigenden Herzschlag, hielt Pat in den Armen. Um die Stecker fühlte sich die Haut immer noch sehr kalt an, aber er kannte das bereits, denn es war eine seltsame Kälte, keine, die mit der Witterung zu vergleichen war. Pat lag auf seinem Brustkorb, keuchte unisono, streichelte ihm mit der Linken immer wieder über die Seite. Er hob eine Hand, legte den Finger unter Pats Kinn, hob es an, um ihn sanft auf die Stirn zu küssen, "ich liebe dich auch, mein Igelchen." Der schwarzhaarige Mann grinste, noch attraktiv errötet. "DAS habe ich gemerkt", gab er mit spottendem Unterton zurück. Der Hüne lächelte nachsichtig, umschlang Pat, drehte sich mit ihm um die Achse, machte es sich anschließend auf dessen Brustkorb bequem, "Kuscheln?" Pat seufzte leise, zupfte die Bettdecke zurecht, streichelte dann über Sanfords Rücken, liebkoste dessen Gesicht und zauste den sandfarbenen Schopf, der niemals unordentlich zu wirken schien. Er wusste, dass sein groß gewachsener Geliebter es sehr mochte, wenn er ihn wie einen Welpen kraulte, beinahe schmerzhaft die Arme um ihn schlang, wenn er einmal schwach sein durfte, liebesbedürftig, verwöhnt. "Ist der Schwindel weg?", hellblaue Augen musterten ihn besorgt. "Hmm Hmm", brummte Pat. Er fühlte sich zwar matt, aber geschmeidig warm und befriedigt. Der letzte Punkt erstaunte ihn, hatte er doch nicht vermutet, wie sehr er diesen intimen Körperkontakt vermisste. Sanford rutschte an seiner Seite hoch, stemmte sich auf die Ellenbogen, um sich über ihn zu beugen, "versprich mir, dass du besser auf deine Gesundheit achtest." Seine Stimme klang wie früher, ruhig, besonnen, aufmerksam, wie der Klassensprecher von einst, nur in den hellblauen Augen konnte Pat lesen, WIE persönlich der Hüne involviert war. "Ich bemühe mich. Bestimmt", antwortete der schwarzhaarige Mann, hob den Kopf von den Kopfkissen, um seine Zusage mit einem Kuss zu besiegeln. Sanford fing mit den Lippen den Ring in Pats Unterlippe ein, verhinderte einen Rückzug auf das Ruhebett. Er wollte mit Pats Zunge spielen, das massierende, elektrisierende Summen des Steckers in dessen Zunge spüren. Pat gab nach, umschlang ihn eng, küsste mit offenem Mund, nahm die Herausforderung an, sich mit Sanfords Zunge zu duellieren. Sie wanden sich umeinander, suchten eine Lücke, rollten sich ein, tippten einander an, schlugen Haken zum Gaumen oder den Wangen, täuschten und tricksten mit Finten, um sich nicht geschlagen geben zu müssen. Südlich des Äquators zeigten sich die Ausläufer dieses spielerischen Kampfes bald deutlich: zwei Erektionen schmiegten sich aneinander, rieben und schabten über empfindliche Haut, zuckten und pulsierten angespannt. Schließlich zog sich Sanford zurück, stemmte sich auf alle Viere, leckte sich über Mundwinkel und Kinn. Auf Pat wirkte diese Geste animalisch, bedrohlich, doch bevor er Protest einlegen konnte, hatte Sanford seine Chance ergriffen, kauerte zwischen seinen Beinen, um die Erektion langsam mit seinem Mund zu umschließen. "Sandy...", Pat zischte leise, grub die Fersen in die Matratze, während er nach dem sandfarbenen Schopf haschte. Ohne Erfolg, sodass er gezwungen war, den Oberkörper anzuheben, sich auf eine Elle zu stützen und mit dem freien Arm nach Sanford zu langen. Doch Millimeter vor einem tadelnden Zugriff zwang ihn ein heftiger Impuls, nach Luft zu ringen, den Kopf in den Nacken zu werfen. Nicht nur, dass Sanford seine Erektion weit möglichst verschluckte, nein, er erzeugte mit den Schluck- und Kaumuskeln auch noch einen Sog! Als wäre das nicht Folter genug, strichen seine Finger über die beiden Stecker, die in der Leistengegend weißglühend Energie anzogen. Unartikuliert ächzend fiel Pat auf den Rücken, grub die Finger in Bettzeug und Matratze. Vor seinen weit aufgerissenen Augen verschwamm der Betthimmel über ihm, löste sich auf. Er wollte Sanford aufhalten, ihn warnen, ihm erneut untersagen, ohne Kondom zur Sache zu kommen...aussichtslos. Sein Körper legte ein deutliches Veto ein, bevor er alle Kontrolle fahren ließ. O~O Sanford richtete sich auf und nahm auf seinen Fersen Platz. Er leckte sich über die Lippen, tippte sich mit dem mittleren Zeigefingerknöchel manieriert in die Mundwinkel. Pat lag unter ihm ausgestreckt, heftig atmend, den Kopf auf die Seite gedreht. Langsam ließ Sanford seine Hände flach über den sich rasch hebenden und senkenden Torso gleiten, beruhigend, streichelnd. Sein Liebhaber blinzelte ärgerlich unter halb gesenkten Lidern hervor, wischte sich mit dem Handrücken Feuchtigkeit aus den Wimpern. "Ich habe dir schon mal gesagt, dass das nicht gut ist!", beklagte sich Pat heiser. Seine Kehle war ausgedörrt, ohne dass er sich das erklären konnte. "Es ist nichts dabei", verteidigte sich Sanford mit gewohnter Ruhe. "Außerdem ist Eiweiß gesund. UND", er betonte jede folgende Silbe, funkelte eisblaue Entschlossenheit, "ich mag es!" Was keineswegs eine rosarote Liebeslüge war. Auch wenn er selbst keine schlüssige Antwort hatte, WARUM es sich so verhielt, so wusste er doch, dass es ihn mit Lust und Glück erfüllte, Pats Samenflüssigkeit zu schlucken, als sei er selbst ein Verdurstender, der gar nicht genug Zärtlichkeiten, Intimkontakt und Liebe einheimsen könne. »Vielleicht ist DAS auch meine Antwort«, er beugte sich vor, um durch die schwarzen Igelstacheln zu streicheln, »ich kann einfach nicht genug von dir bekommen.« "Sturkopf!", knurrte Pat brummig, reckte befehlend einen Finger, "aber sei gewarnt! Auch wenn ich ein Frosch bin: mit dem Schlabber küsst du mich nicht, klar?! Spül dir bloß vorher den Mund aus, wenn du einen Gute-Nacht-Kuss bekommen willst!" Mit einem nachsichtigen Lächeln hauchte Sanford einen Kuss auf seine Fingerspitzen, legte sie auf Pats Lippen. "Wer sagt, dass wir schon fertig sind?", wisperte er guttural. Ein berechtigter Einwand, denn immerhin prangte seine Erektion stolz und ungeduldig in den Betthimmel. "Unersättlich", murmelte der schwarzhaarige Mann kopfschüttelnd, lächelte aber. Seine Finger glitten spielerisch über die Erektion, bevor sie sie fest umschlossen. "Mmmhhhhh!", Sanford schloss die Augen, rollte sich ein wenig zusammen. Sein Gesicht nahm einen gelassenen, beinahe entrückten Ausdruck an. Pat verstand, auch wenn sie wirklich noch nicht lange gemeinsam erforschten, was ihnen gefiel. "Warst du ein braver Junge?", neckte er Sanford leise, schabte mit dem Daumen sehr vorsichtig über die Spitze, die Finger eng um die Erektion gewunden. "Ja!", keuchte Sanford, stützte sich auf die Arme auf. "Möchtest du eine Belohnung?", Pat wechselte in einen mokierenden Singsang, ließ die freie Hand über Sanfords Kehrseite gleiten. Allein das minimale Zögern, wenn er den rektalen Eingang erreichte, genügte, um Sanfords Teint dunkel zu färben. "Bitte...", Sanford schluckte hart, räusperte sich, "bitte..." "Dann beug dich rüber und sorge für Material", raunte Pat streng. Er wusste genau, dass die Distanz von ihrer augenblicklichen Position auf dem gewaltigen Himmelbett bis zum Nachtschrank nicht ohne weiteres überbrückt werden konnte. Die Lippen aufeinander pressend kletterte Sanford folglich von ihm, krabbelte auf allen Vieren weiter, um eilig nach Präservativen und Gleitmittel zu forschen. Nun richtete der schwarzhaarige Mann sich auf, rückte ein wenig ab, um Luft zu schöpfen. Er nahm Sanford ein Kondom aus der Hand, strich sich über die eigene Erektion, lässig-geduldig, bevor er das Latex überstülpte. Sanford, der neben ihm kauerte, atmete wie eine Dampflok. Seine imponierenden Muskeln zuckten, kündeten von der Anstrengung, sich zu beherrschen. Mit einem energischen Griff lenkte Pat ihn von anregenden Phantasievorstellungen ab, fokussierte die Aufmerksamkeit seines Geliebten auf sich, studierte die hellblauen Augen. Er wusste, dass er ein Handikap hatte, das ihn in Nachteil setzte: er konnte seine Kiefer nicht so weit öffnen, um wie Sanford die Erektion zu umschließen. Allein schon der Gedanke schnürte ihm die Kehle zu, würgte ihn, nicht aus Ekel, sondern aus panischer Angst vor dem Ersticken. Es galt, diese Einschränkung auszugleichen, wobei ihm bewusst war, dass Sanford selten weiterer Ermutigung bedurfte. Pat strich also betont beiläufig über Sanfords 'hervorstechendste' Eigenschaft, klopfte sich die Kissen auf, um sich dann, leicht angelehnt, auszustrecken. Einen Arm unter den Nacken geschoben, die Lider auf Halbmast gesenkt, lächelte er Sanford abwartend an, krümmte den Zeigefinger der freien Hand, lockte. Gehorsam schwankte Sanford auf Knien näher, schwer atmend, mühsam beherrscht. Er durfte sich über Pat hocken, die Knie beinahe in dessen Achselhöhlen geschoben, umklammerte gleichzeitig das erhöhte Kopfende des Himmelbetts. »In Ordnung«, ermahnte sich der schwarzhaarige Mann, visierte die imposante Erektion an, die direkt in sein Gesichtsfeld ragte. Er streckte die Zunge aus, nicht angestrengt oder hastig, touchierte mit ihrer Spitze die glühende, weiche Haut. Ein ersticktes Winseln ertönte über ihm. Sanford krümmte sich, streckte die Muskeln seiner Arme durch, senkte den Kopf und schloss die Augen. Pat hielt sich nicht lange auf. Wie bei einer großformatigen Zuckerstange konzentrierte er sich auf sein Ziel, nippte, leckte, knabberte, küsste. Dass der Ring in seiner Unterlippe und der Stecker in seiner Zunge involviert waren, erhöhte das Vergnügen nur noch. Über ihm schwankte Sanford, zuckte mit den Hüften, präsentierte unbewusst ein beeindruckendes Muskelspiel. Das steigerte sich noch, als Pat die Linke zur Hilfe nahm, Gleitmittel verteilte und über Sanfords Genitalien strich, dann nach hinten wanderte, sich ein wenig streckte, um die gesamte Pofalte zu erkunden. Sanford bockte und torkelte, keuchte vor Anstrengung. Sein Limit war zum Greifen nahe, im wahrsten Sinne des Wortes. Pat langte nach oben, packte grob die Hüfte des Hünen, um seine Ministrationen fortzusetzen. Konzentriert, mit jagendem Puls, lauschte er mit seinen besonderen Sinnen auf Sanfords Reaktionen. Er wusste, dass zwei Finger nicht ausreichten, doch primär wollte er genau die Stelle markieren, die den sprichwörtlichen Nerv traf, sich einen Weg ebnen, die Vorfreude steigern. Als er die Hände zurückzog, stöhnte und zitterte Sanford über ihm, enttäuscht und erleichtert zugleich. Für einen kostbaren Augenblick konnte er seinen Widerstand erneuern, dem Höhepunkt entgegenfiebern. Gemächlich rollte Pat unterdessen das zweite Kondom ab, legte dann die Finger auf, als wolle er sie gegenläufig reiben, wie man archaisch einen Stock zwischen den Händen rieb, um Reibungsenergie und endlich einen Funken zu entzünden. Sanford schluchzte leise, tropfte schimmernde Perlen auf die Kopfkissen, grub die Finger hart in das Kiefernholz. Er konnte nicht mehr sprechen, sein Flehen verbalisieren. Pat lächelte, klappte die Arme nach oben, hielt die Luft an, um schmal genug zu werden, damit er zwischen Sanfords Knien hindurchflutschen konnte. Dieses Manöver glücklich abgeschlossen setzte er sich auf, gönnte sich einen Moment das kostbare Vergnügen, Sanford zu betrachten. Er hätte nie erwartet, dass ihm ein solcher Akt gefallen würde, wohnte dem Ganzen doch eine egoistische Gewalt inne. Er richtete sich auf, ließ einen Finger langsam vom Nacken über die Wirbelsäule bis zum untersten Lendenwirbel wandern. Dann beugte er sich vor, küsste Sanford zwischen die Schulterblätter, legte eine Wange auf, umarmte den Geliebten kurz. "Ich liebe dich", hauchte er mit klopfendem Herz, bemerkte selbst, dass sein Körper schimmerte, weil sich zahlreiche, weiße Energiewirbel bildeten. Seine Sicht war getrübt, aber das bekümmerte ihn nicht mehr. Pat schloss die Augen, spreizte zwei Finger als Vorhut, um sich einen Weg in Sanfords Leib zu bahnen. Seine Linke liebkoste die zuckende Erektion. Sanford schwankte, zitterte, bockte so heftig, dass er Pat mühelos hätte abschütteln können. Das Himmelbett knirschte protestierend. Dann holte Pat Schwung. Sein Instinkt leitete ihn ohne Fehl. Er traf. O~O Pat rutschte an Sanfords Rücken, schmiegte sich an, wurde zu einer eleganten Kurve, die Sanfords Haltung folgte. Behutsam wischte er feuchte Strähnen aus dem geröteten Gesicht, küsste Nacken und Halspartie. Sanford rang noch immer mit den Ausläufern seines Orgasmus. Er zitterte, schnüffelte, kuschelte sich mit angezogenen Beinen an Pat an, als habe er Schutz und Wärme nötig. Letztgenanntes war auszuschließen, da sie beide transpirierten. Tröstend küsste Pat eine Schulter, wartete geduldig, dass Sanford wieder für ihn erreichbar wurde. Er erkannte diesen Moment daran, dass der Hüne erst die Beine streckte und die Schultern straffte, um sich auf den Rücken zu rollen, über das Gesicht zu wischen und Pat zugewandt auf der Seite zu liegen. Eine Weile lang betrachteten sie einander im gedämpften Licht schweigend, kämmten sich Strähnen aus dem Gesicht, liebkosten die erwärmte Haut, trockneten feuchte Spuren. Im Kamin knackte das muntere Feuerchen weitere Scheite. "Danke", wisperte Sanford schließlich, drückte eine Hand, die er gekapert hatte. "Dito", erwiderte Pat lächelnd. Er bemerkte, dass Sanford schmunzelte und erkundigte sich nach dem Grund. "Weißt du", der Hüne rutschte noch näher heran, bis sie weniger als eine Handbreit trennte, "ich dachte gerade, dass dies hier einer der Gründe ist, warum mein Vater nie verstehen wird, wie viel du mir bedeutest. Oder", er zwinkerte, "warum ich ganz rettungslos und unumkehrbar homosexuell bin." Nachdenklich dippte Pat ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. Er schwieg, weil es nichts zu erwidern gab. Seiner Aufmerksamkeit konnte wohl kaum entgehen, wann genau Sanfords letzte Barrieren fielen, vor allem nicht, wenn er diese Erkenntnis nutzte, um seine Zuneigung unter Beweis zu stellen. Sanford ereiferte sich nun, auf seine gewohnt moderate Weise, über sein familiäres Dilemma. "Mein Vater hegt die Vorstellung, dass ich 'bloß einer momentanen Grille folge'", schnaubte er leise, während sich die hellblauen Augen verdunkelten, "einer müßigen Zerstreuung! Er glaubt, dass ich mit gutem Willen und Selbstdisziplin eine glückliche Familie gründen kann und diese 'kleine, private Vorliebe' diskret pflegen könne. Selbstredend mit einer verständnisvollen Gattin an meiner Seite!" Pat streckte die Hand aus, streichelte über seine Wange. Die schwarzen Augen blickten bekümmert. Der Hüne seufzte schwer, "er versteht es nicht und ich kann nicht in Worte fassen, was mich bewegt. Es ist zu intensiv, zu vielschichtig. Zu intim." "Und du hältst es wirklich für unmöglich...?", Pat hakte leise nach. Schließlich war Sanford ein Traumprinz, ein geborener Anführer, ein treusorgender, aufopferungsvoller Mensch, von seinem attraktiven Äußeren, seinem Vermögen, seiner Lebensart und seiner Intelligenz ganz zu schweigen. "Mein Igelchen", Sanford zupfte Pat tadelnd an der Nasenspitze, "glaubst du denn wirklich, dass ich mich irre?" Nun seufzte Pat, schüttelte stumm den Kopf, was Sanford ein zufriedenes Strahlen entlockte. Nein, ganz instinktiv erkannte der schwarzhaarige Mann, dass sein athletischer Liebhaber seiner Natur folgte. In der Folge bedeutete das, dass er nur Männer begehrte, seiner Liebe treu sein wollte und nicht die Absicht hegte, sein Glück aufzugeben, um der öffentlichen Meinung zu entsprechen. "Könnte auch sein", bemerkte Pat naseweis, "dass du von Hormonen besoffen bist." Sanford lachte leise, überwand die Distanz, um sich in Pats Arme zu schmiegen, der auf den Rücken rollte. "Du solltest es auch mal versuchen", gab er kokett zurück. Pat schnaufte, "nicht vor morgen Früh. Respektive vor dem Frühstück." Sie lächelten beide. Es gab keinen Grund zur Eile, denn sie lernten von- und miteinander, jeder in seinem eigenen Tempo. "Schlaf gut, mein Traumprinz", neckte Pat leise, vergaß seine Vorbehalte und küsste Sanford zärtlich. Der kuschelte sich zufrieden an, wisperte, "dito, mein Igelchen." Unisono trällerten sie "quak quak!" Dann lullten sie die synchronen Herzschläge langsam ein. O~O Maximilian drehte sich auf die Seite, bemerkte Lukas, der neben ihm im Schneidersitz hockte und ihn betrachtete. "Uh...guten Morgen", er rollte auf den Rücken, reckte und streckte sich, "bist du schon lange wach?" "Nicht besonders lange", Lukas glitt neben ihm hinunter, schmiegte sich auf Maximilian, der sichernd die Arme um ihn legte. "Hast du Hunger? Wollen wir frühstücken?", Maximilian lächelte Lukas an. "Au ja!", Lukas dippte Küsse auf sein Gesicht, "das ist gut! Und danach? Was tun wir dann?" "Danach?", Maximilian blinzelte, "möchtest du etwas unternehmen? Was interessiert dich?", sofort war er hellwach. Allerdings feierte man den zweiten Weihnachtstag...ob es viele Angebote gab? Lukas streckte sich neben ihm aus, betrachtete die Schäfchen über ihnen, "ich würde gern ein bisschen an die frische Luft. Vielleicht mal die gesamte Anlage ansehen?" "Gut, da findet sich bestimmt was", Maximilian drehte sich zu ihm auf die Seite, streichelte Lukas zärtlich, "wir machen alles, was du magst!" Der schmunzelte, betrachtete Maximilian liebevoll. Am Liebsten hätte er jeden weiteren Tag auf diese Weise begonnen. O~O Sanford erwachte, orientierte sich und lächelte. Er wandte den Kopf, um Pat zu betrachten, der neben ihm tief und fest schlief. »Süß«, dachte er, stützte das Kinn in eine Hand, streichelte hauchzart über die nackte Haut, »du weißt gar nicht, wie süß du sein kannst.« Zum Beispiel jetzt, wenn er schlief oder wenn er weiche Knie bekam. Er liebte diese Seite an seinem Chaos-Gott besonders. Das martialische Aussehen täuschte darüber hinweg, was für ein aufmerksamer und sensibler Zeitgenosse sein Liebhaber tatsächlich war. Es erfüllte ihn mit Ehrfurcht und Demut, wenn er darüber nachdachte, welches Glück ihm beschert wurde, weil er Pat gefunden hatte. Es knackte im Kamin, und Sanford setzte sich auf. Wahrscheinlich war es an der Zeit, Holz nachzulegen. Doch als er die safrangelben Taftvorhänge teilte, sich unbekleidet auf den Weg zum Kamin begab, bemerkte er einen erstaunlichen Vorgang. Automatisiert öffnete sich hinter dem Kamin eine Vorrichtung, die die Asche wegkehrte und aus einem separaten Vorrat in exakte Stücke gehackte Holzscheite nachlegte. »Raffiniert«, schmunzelte Sanford, »deswegen finde ich hier auch kein Kaminbesteck!« Er beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und das Badezimmer aufzusuchen. Nach einer Katzenwäsche und einer gründlichen Mundhygiene kehrte er in das Hauptzimmer zurück. Der Uhrzeit auf dem Sekretär zufolge konnte man nun Appetit auf Frühstück entwickeln. Ihm stand der Sinn jedoch zuvor nach einer anderen 'Nahrung'. Als er sich auf das Bett setzte und Pat studierte, prüfte er sein Gewissen. Konnte er es wirklich über das Herz bringen, zu seinem eigenen Vergnügen Pat aus dem offenkundig dringend benötigten Schlaf zu reißen? Sanford beugte sich über Pat und flüsterte wehmütig, "du hast keine Ahnung, wie zerstörerisch du dich auf meine Manieren auswirkst." Pat brummte im Schlaf, drehte sich auf die andere Seite, robbte ziellos herum, bis seine Augenlider flatterten und sich mühsam hoben. "...Sandy?", krächzte er heiser, rollte sich zurück, verhedderte sich dabei hoffnungslos in Bettlaken und Bettdecke. "Guten Morgen, mein Igelchen", wünschte Sanford schmunzelnd, nutzte die Pat-im-Schlafrock-Verwicklung, um Pat intensiv zu küssen, bevor er ihn befreite. "Morgen", der schwarzhaarige Mann rieb sich energisch mit einer Hand über das Gesicht, "wie lange bist du schon auf? Ist es schon spät?" Pat setzte sich auf, streckte und reckte sich, zauste sich durch die schwarzen Stacheln. Sanford rückte näher an ihn heran, legte die Handflächen auf Pats Wangen, "wie wär's mit ein bisschen Frühsport?" "Subtil", brummte Pat, schlug die Bettdecke zurück, "du willst bloß meine Bettwärme ausnutzen!" "Das auch", schnurrte Sanford leise, streichelte über Pats Oberschenkel, "wir sollten die kleinen Geschenke der Natur nicht ungenutzt lassen." "He!", Pat ächzte, fasste nach der Hand, die seine leichte Morgenerektion umfing. "Mhhhmmm, bitte, ja?", schmeichelte Sanford, küsste ihn auf die Stirn, die Schläfen, leckte über die Wangenknochen, tupfte mit der Zungenspitze auf die Stecker. "Das ist gemein", murmelte Pat, senkte die Lider wieder, legte die Arme lose um den Nacken des Hünen. "Sei nicht so streng mit mir", Sanford gab ihm einen Eskimokuss, lehnte seine Stirn an Pats, "es ist doch Weihnachten." "Ja", seufzte Pat theatralisch, "und bis eben warst du soooo brav! Tsk tsk, Verfall der Sitten..." Sanford erstickte weitere Spötteleien mit einem langen Kuss. "Bitte", Sanford leckte über die Stecker in Pats Ohr, "bitte, mein Igelchen?" Pat schnaubte, "du bist wirklich gnadenlos, nutzt meine Schwäche für dich aus! Perfid!" Wie erwartet kicherte der Hüne, zog ihn noch enger an sich. "Ich liebe dich so sehr, dass ich nicht anders kann", bekannte er leise. Für einen langen Augenblick schwiegen sie beide, bevor Pat über seinen Rücken strich und antwortete, "ich weiß, Sandy. Geht mir genauso." Er löste sich behutsam aus ihrer Umarmung, hielt Sanford aber fest an einer Hand, zog ihn zum Kopf des üppigen Himmelbetts. Gemeinsam schichteten sie Kissen zu einer bequemen, stabilen Stütze auf, arrangierten das notwendige Zubehör in Reichweite, streiften sich immer wieder mit Seitenblicken. Sanford schoss durch den Kopf, dass er erst jetzt begriff, was es bedeutete, sich vor Liebe zu verzehren. Ihn kümmerte weder Zeit noch Ort, auch nicht sein eigenes Wohlergehen, solange er Pat bei sich wusste, wie eine Droge, ein Lebenselixier, ohne das er elend zugrunde gehen würde. Pat streckte sich auf der Seite aus, fasste den Hünen an der Hand, um ihn zum Kuscheln und Balgen einzuladen, was sich der nicht zweimal anbieten ließ. Eng umschlungen, küssend und kichernd, drehten sie sich um die eigene Achse, vor und zurück, manchmal auch in die Schräge und mit der Ausgelassenheit steigerte sich der Hunger, die Begierde. Der Hüne nutzte seine überlegene Kraft, um seinen Liebsten auf die Matratze zu bannen, in die Kissen gelehnt, knutschte ihn förmlich zu Boden, wanderte, als Pat um Luft rang, tiefer hinab, um das Brustbein zu befeuchten, eine Spur bis zum Unterleib zu ziehen. Der schwarzhaarige Mann blinzelte heftig, strengte sich an, seine Sicht zu klären. Er streckte sich, angelte nach den Kondomen. Nicht mehr lange, und seine Selbstbeherrschung wäre überwunden, ein guter Anlass also, für hygienischen Schutz der Bettwaren zu sorgen. Sanford störte sich nicht daran, richtete sich sogar auf, um die Kissen korrekt zu arrangieren, sodass Pat aufrecht in ihnen lehnte. Er wusste genau, was er sich wünschte, zudem wollte er sich sportlich betätigen. "Sandy, nicht so schnell...", warnte Pat, als er lediglich die eigene Erektion mit einem Gleitfilm bestrichen sah. Hellblaue Augen funkelten, registrierten das blendende Gleißen der Energiewirbel, den sich rasch hebenden Brustkorb, die flatternde Bauchdecke. "Schsch", raunte er samtig, hauchte einen Kuss auf Pats Lippen, lächelte wie ein Raubtier. Nahe genug rückte er an seinen Liebsten heran, die Beine breit, um sich langsam niedersinken zu lassen. Pat keuchte, assistierte eilig, zischte überrascht. »Gegen meine Bettwärme ist das ein Glutofen!«, winselte er innerlich, fürchtete und bewunderte gleichsam den Wagemut seines Geliebten, sich blindlings ihm anzuvertrauen. Auch Sanford atmete sehr flach, die Stirn in konzentrierte Falten geworfen. Nur einen Augenblick noch, nur eine minimale Bewegung, dann würde seine Kontrolle verloren sein, aber diesen letzten Moment wollte er nutzen, seine Handteller auf die des schwarzhaarigen Mannes pressen, ihre Finger ineinander verweben. Er schlug die Augen auf, sah unter Pats gesenkten Lidern weiße Energiefasern zischen, als wollten sie entlang der Wimpern entkommen. Wie einen wehmütigen Seufzer entließ Sanford all die Luft, die er angehalten hatte, um sich zu beherrschen, dann zog er die Muskeln zusammen. Pat reagierte kaum verzögert, ächzte unartikuliert, wehrte sich, schleuderte mit einem Hüftstoß den frechen Kerkermeister nach oben. Sanford spannte die Oberschenkel an, krümmte sich zusammen und sorgte für einen Volltreffer. Die unkontrollierten Spasmen seines Orgasmus rissen auch Pat mit, zündeten Feuerbälle in ihren Händen. O~O Pat sank ermattet in die Kissen, fühlte sich schwer und gelöst. In seinen Schläfen rebellierte sein Puls hämmernd gegen diese Anstrengung vor dem Frühstück. Sanford lag halb über ihm, ein lebendiges Gewicht, in dem noch Nachzügler eines Feuerwerks detonierten. Schwerfällig lupfte Pat eine Hand, strich ungelenk über den sandfarbenen Schopf, der auf seiner Schulter ruhte, ihn mit glühend heißem Atem versengte. "...Sport ist Mord", krächzte er kläglich, tätschelte Sanfords Rücken, "he, Herr Prinz, alles klar bei dir?" Der Hüne ruderte ungezielt herum, rutschte von Pat herunter, um sich auszutarieren und an seine Seite zu schmiegen. Dem blieb nichts anderes übrig, als einen Arm zu offerieren, damit sein liebestoller Traumprinz sich bequem betten konnte. Ihre Atemzüge, die sich streiften, vermischten, beruhigten sich langsam. "JETZT könnte ich wirklich ein Frühstück vertragen", gab Pat das Stichwort. "Und ich dachte, wir gehen in die Verlängerung", seufzte Sanford leidgeprüft, stützte sich auf, entsagte widerwillig seiner Ruheposition. "Hast du denn keinen Hunger?!", Pat hockte sich in den Schneidersitz, entfernte diskret die Reste ihres Intermezzos in eine kleine Tüte. "Oh", Sanford zwinkerte, tippte ihm mit der Fingerspitze auf die Nase, "ich könnte dich glatt vernaschen!" "Ärgks!", protestierte der schwarzhaarige Mann, verzog die Miene zu einer angewiderten Grimasse des Protestes, "noch mehr Süßholzraspelei, und mir quietschen die Zähne!" Energisch befreite er sich von Bettzeug und diversen Körpergliedern, die jedem Tentakel zur Ehre gereicht hätten, "genug Sport für mich! Ich werde jetzt duschen und dann in die Cantina eiern!" Trotz der finsteren Ankündigung bewegte er sich aber so geschmeidig wie gewohnt, was Sanford lächelnd registrierte. Er zögerte nur einen Augenblick, dann folgte er Pat in das Badezimmer. Der hatte bereits die Gelegenheit genutzt, sich vor den Massageduschen, die in unterschiedlichen Höhen montiert waren, zu drehen und zu wenden. Er lächelte und trällerte vor sich hin, ließ sich bespritzen und überkopf beperlen. Sanford schmunzelte, als er diesen seltsamen Regentanz sah, dann verbeugte er sich formvollendet, fasste nach einer Hand, die ihr verwirrter Besitzer zu weit ausgestreckt hatte. Er führte sie an die Lippen, küsste die Fingerknöchel und raunte, "bitte, mein Prinz, darf ich um diesen Tanz bitten?" Tatsächlich ließ sich Pat zu einem Walzer bewegen, drehte sich und lachte lauthals, als sie einander ins Gehege kamen, den Takt verloren. "Ein Schieber ist wohl eher unsere Kragenweite, was?", Sanford schlang die Arme um Pats Hüften, zwinkerte frech. Außerdem sorgte diese Form des Onestep dafür, dass er Pat hauteng an sich drücken durfte. "Schlingel!", sein Tanzpartner bemühte sich um eine ernsthaft-würdevolle Miene, was jedoch konterkariert wurde durch den stetigen 'Sommerregen', der ihm auf die Nase klopfte. Nachdem sie das feucht-fröhliche Vergnügen beendet hatten und abgetrocknet in ihre Kleider schlüpften, führte Pat Sanford zurück in das Hauptzimmer der Suite. "Wollten wir nicht frühstücken gehen?", erkundigte sich Sanford neugierig. Pat ging jedoch auf seine Frage nicht ein, sondern dirigierte ihn vor den Kamin. Mit einer gewissen Unruhe beobachtete der Hüne seinen Liebsten, der die Hände in die Taschen seiner Armeehose grub, den Blick auf das Feuer richtete. Endlich stieß Pat einen Stoßseufzer aus, "herrje, ich bin für Romantik einfach nicht geschaffen!" Im Anschluss an dieses rätselhafte Bekenntnis zog er die Hände aus den Taschen, fasste Sanford eindringlich in seinen Blick. In der Linken hob er ein einfaches Kästchen an, das er mit der Rechten aufklappte, "Sandy, bitte werde mein Mann!" Sanford blinzelte. Seine hellblauen Augen irrten von dem Paar schmuckloser Ringe zu den schwarzen Augen, hin und her. Pat nagte am Ring in seiner Unterlippe, blickte eindeutig nervös in seine Augen. "...ja...", krächzte er schließlich, räusperte sich verlegen, "ja, ich will dein Mann sein." "Haaaahhhhhhhh", Pats zweiter Stoßseufzer schloss sich an, während ein schräges, erleichtertes Grinsen seine Nervosität vertrieb, "mein lieber Jolly, ich dachte schon, du lässt mich hier hängen!" Zittrig streifte er einen Ring über Sanfords Finger. "Und du wirst mein Mann?", der Hüne hob sein Kinn zärtlich an, lächelte sanft. "Denkst du etwa, dass ich keine ehrenhaften Absichten verfolge?! Ich BIN dein Mann, Frosch, Igel und nötigenfalls auch Traumprinz!", verkündete Pat aufgedreht. Schmunzelnd schob ihm Sanford den Ring über den Finger, hielt seine Hand fest, "dein Großvater hat sie angefertigt, oder?" "Jau! Sie halten was aus, sind formschön, schlicht, zeitlos...", weitere Anpreisungen erstickten in Sanfords Revers, da er Pat in seine Arme zog und hielt. Er spürte, wie Pat zitterte, vor Erleichterung, vor Freude, vor Glück. "Ich liebe dich", hauchte er in eine Ohrmuschel, beugte sich tiefer, um sich wie eine zweite Haut anzuschmiegen. Pat schluchzte und schniefte erstickt, "dito." Sie lachten beide atemlos, als sie "quak quak" riefen. O~O Kapitel 9 - Mutproben Nach dem Frühstück packten sie sich warm ein, denn Lukas hatte sich für eine Spritztour auf einer der Schneekatzen entschieden. Die Luft war eisig kalt, aber klar, der Himmel frei von Wolken oder Schneeschauern, eine blasse Wintersonne zwinkerte durch die zu bizarren Gebilden gefrorenen kahlen Äste, an denen sich Schneeladungen vereist hatten. Gut ausgerüstet fuhren sie langsam über das Außengelände, staunten über die Weitläufigkeit des Areals. Maximilian bot Lukas mehrfach an, doch mit ihm den Platz zu tauschen, aber Lukas zog es vor, sich an Maximilians Rücken zu lehnen, die Arme um dessen Taille zu schlingen und sich ganz dessen Geschick anzuvertrauen. Als sie wieder in das Bishounencastle zurückkehrten, verschwand die Sonne hinter sich verdichtenden Dunstschleiern. "Es wird wieder anfangen zu schneien", vermutete Maximilian, der die geliehene Schneekatze und die Ausrüstung zurückgab, legte einen Arm um Lukas' Schultern. "Können wir schnell etwas essen?", Lukas schmiegte sich ohne Scheu an seine Seite, lächelte zu ihm hoch mit roten Wangen. "Natürlich", Maximilian grinste, "nach SO VIEL guter Luft...!" Lukas strahlte, zog ihn wie ein Schneepflug hinter sich her, trällerte sogar vergnügt vor sich hin. »Unglaublich«, dachte Maximilian bezaubert, »so ist er also, wenn er mal aus sich herausgeht!« Es schien ihm gar nicht verwunderlich, dass er sich jeden Moment aufs neue in Lukas verliebte. O~O "Nicht zu glauben, was ein bisschen Frühsport für Appetit machen kann!", Pat rieb sich theatralisch über den Bauch unter seinem schwarzen Mantel, grinste. Er fühlte sich besser, gestärkt und erleichtert. Sanford neben ihm schmunzelte, fasste nach Pats Linker, um ihre Finger zu verschränken und sie zusammen seiner Manteltasche anzuvertrauen. Er spürte den ungewohnten Widerstand des Rings und liebte dieses Gefühl. "Weißt du was?", Pat ging vor ihm rückwärts, funkelte in die hellblauen Augen, "lass uns an den See gehen, ja?" Der Hüne warf einen Blick in den Himmel. Für den Augenblick zeigte sich das Firmament klar, aber weitere Schneefälle lagen in der Luft, er konnte die klamme Kälte förmlich riechen. "Gut", nickte er, ließ sich von Pat ziehen, der überschwänglich gute Laune zeigte. Gedankenverloren betrachtete Sanford seinen Mann. Noch vor einem Jahr, in der Internatsschule Sacred Spirits Acre, wäre es unmöglich gewesen, ihn so munter unter Fremden zu sehen, ausgelassen und fröhlich. Nein, damals entsprach er seiner Rolle als 'Finsterling' und 'Außenseiter', hielt sich fern von allen anderen, zeigte sich selbstironisch oder spöttisch. Nun, da er wusste, wie es um Pats Familienverhältnisse bestellt war, da er erkannt hatte, dass sein Mann nicht arrogant oder eitel war, sondern zu feinfühlig und rücksichtsvoll, schämte er sich dafür, nicht früher mehr Mut gezeigt zu haben. Es kam einem Wunder gleich, dass Pat, der sein Anderssein nicht verstecken konnte, sich immer offenbaren musste, nicht größeren Schaden genommen hatte. Von einem Impuls bewegt hielt er inne, zog den ob dieser Vollbremsung Überraschten an sich und küsste ihn innig. "Nanu?", Atemwolken kondensierten um ihre leicht geröteten Gesichter. "Ich bin froh. So froh", erklärte sich Sanford leise und verwünschte den Umstand, dass er keine Worte fand, die die Gewalt und das Ausmaß seiner Gefühle transportieren konnten. Pat grinste schief, "DAS habe ich gemerkt, aber ich werde mich nicht mit dir im Schnee herumwälzen, mein Prinz! Da friere ich mir wertvolle Körperteile ab, die ich ganz sicher vermissen werde!" Er wandte sich halb von Sanford ab. "Und irgendwie erinnert mich das an riesige Eispickel. Brrrr!", schauderte er, zog die Schultern hoch. Der Hüne lachte, legte von hinten die Arme um seinen Mann und knuddelte ihn ermutigend, "Basic Instinct? Keine Angst, ich habe nicht vor, dich mit Küchenutensilien zu traktieren!" "Pah!", schnaubte Pat, "pass bloß auf! Ich weiß, wo du kitzlig bist!" "Oh!", flüsterte Sanford an seinem Ohr, "du würdest deine intime Kenntnis über meine Schwächen ausnutzen?" "Na ja...", relativierte Pat, legte seine Hände auf Sanfords, die ihm umschlangen. Sie studierten die bizarre Winterlandschaft, aneinander gelehnt. "Da hinten ist der See", stellte Pat schließlich fest, "gehen wir noch ein bisschen näher ran, ja?" "Gern", Sanford verpackte wieder Pats Linke in die Tasche seines Kamelhaarmantels, zwinkerte, "da bin ich ja noch mal davongekommen." "HA!", Pat drehte ihm eine lange Nase, federte hoch, um einen schneebeladenen Ast zu fassen und zu Sanford schnellen zu lassen, der sich unerwartet weiß bezuckert fand. "Oh, warte, du!", er flitzte hinter dem schwarzhaarigen Mann her, der lachend davonstürmte, den schreiend bunten Schal wie einen Kometenschweif hinter sich her ziehend. Sanford hielt einen Moment in seiner rasanten, rutschend-gleitenden Jagd inne, um einen Schneeball zu formen und nach Pat zu werfen, allerdings mit sehr moderatem Krafteinsatz. "He!", Pat machte kehrt, ballte ebenfalls ein frostiges Wurfgeschoss, um sich zu duellieren. Dabei verpasste er einen Schritt, glitt aus und landete schimpfend im Schnee. Er hörte Sanford prusten, der dann doch an seine Seite trat, um ihm wieder auf die Beine zu helfen und hilfsbereit den Schnee abzuklopfen. "Das ist gemein!", beklagte sich Pat, "wie kannst du nur über mein Ungeschick lachen?!" Gleichzeitig nutzte er seine Chance, den unfertigen Schneeball direkt auf das Gesicht des Hünen zu drücken. Der schluckte Schnee, hustete, packte Pat um die Hüften, um sich wirbelnd im Kreis zu drehen und seinen Mann in eine Schneewehe zu befördern. Da Pat ihn aber nicht losließ, landete auch Sanford im Schnee, wo sich beide balgten und außer Atem lachten. "Weißt du was?", Pat ruderte einen Schneeengel zurecht, "lass uns einen Schneefrosch bauen!" Sanford wandte den Kopf, "Schneefrosch?" "Genau!", Pat stemmte sich hoch, die schwarzen Augen funkelten, "komm schon!" Da er voller Elan losstürmte, blieb Sanford nichts weiter übrig, als ihm zu folgen. Bald schon formten sie mit Feuereifer einen großen Frosch, der geduckt nahe beim See auf Eisfliegen lauerte. O~O "Du hast gesagt, wir machen heute alles, was ich mag", Lukas zerteilte mit Präzision seinen Stollen, "gilt das noch?" "Aber sicher!", Maximilian nahm einen Schluck seines Zitronentees und studierte Lukas versonnen. Worauf wollte der hinaus? "Das ist heute unser letzter Tag hier, nicht wahr?", seufzte Lukas mit einem bedauernden Lächeln, "dabei möchte ich gar nicht mehr weg. Findest du nicht auch, dass man sich hier wie in einer anderen Welt vorkommt?" Maximilian nickte, streichelte mit den Fingerspitzen über Lukas' Handrücken. "Ich frage mich", Lukas verstaute Stollen in einer Backe, kaute gründlich und schluckte, "was uns draußen erwartet, ob von dem Zauber etwas übrigbleibt." "Wie meinst du das?!", Maximilian runzelte die Stirn, stellte seine Teetasse ab, "willst du nicht mehr mein fester Freund sein zu Hause? Du denkst doch nicht, dass ich kneife, oder?" Lukas legte den Kopf schief, betrachtete ihn schweigend, doch bevor Maximilian in Beteuerungen ausbrechen konnte, antwortete er, "ich möchte dein fester Freund sein. Ich möchte jeden Tag mit dir verbringen. Die Frage ist für mich aber: halten wir den Druck aus? Was werden unsere Eltern unternehmen? Wie werden die anderen in der Schule reagieren? Sollten wir lieber heimlich eine Beziehung unterhalten?" Da Lukas ruhig und ernst sprach, sah sich Maximilian ebenfalls angehalten, eine ehrliche Einschätzung abzugeben, "also, ich WEISS nicht, wie meine Eltern reagieren werden. Wir haben zwar viele Freunde und Bekannte, die homosexuell sind, aber das ist etwas anderes." Er seufzte, "außerdem bin ich das Nesthäkchen. Von mir glaubt doch niemand, dass ich reif genug bin, um irgendetwas in meinem Leben wirklich ernst zu nehmen." Nach zwei weiteren Bissen Stollen legte Lukas die Gabel ordentlich auf den Teller, tupfte sich über die Mundwinkel. Gedankenverloren studierte er die Tischdecke, "wenn mein Vater erfährt, dass ich dich liebe, wird er mich wahrscheinlich aufgeben." Seine Stimme blieb so ruhig und resigniert zugleich, dass Maximilian einem Impuls folgte, über den Tisch Lukas' Hände einfing und festhielt, "ich verspreche dir, dass ich dir beistehen werde! Ich lasse dich nicht allein, ganz gleich, was der 'alte Mistbock' ausheckt! Wir halten zusammen!" "Der alte Mistbock?", Lukas hob den Blick. "Oh...ähem", räusperte sich Maximilian verlegen, wich Lukas' Augen aus, "das... das hätte ich jetzt nicht sagen sollen..." "Du nennst meinen Vater 'den alten Mistbock'?", vergewisserte sich Lukas. Beschämt zuckte Maximilian mit den Schultern, erwog, ob er nicht zu einer Verteidigungsrede mit Beweisführung anheben sollte, da hörte er Lukas leise glucksen. "Er wäre ENTSETZT, wenn er wüsste, dass du gar nicht immer so wohlerzogen bist", zwinkerte er Maximilian zu. Maximilian schnaubte, gab Lukas' Hände aber nicht frei, wiederholte eindringlich, "bitte, Lukas, du kannst auf mich vertrauen! Ich will nicht heimlich mit dir zusammen sein, sondern offen und ehrlich. Ich schäme mich nicht. Jeder soll sehen, wer du wirklich bist!" "Oje", Lukas lächelte noch immer, auch wenn sich seine Wangen nun röteten, "ob dir einer glauben wird? Du bist nämlich der einzige Mensch, der mich wie etwas Besonderes behandelt." Nun schoss Maximilian das Blut in den Kopf, teils aus Scham, teils aus ungerichteter Empörung, weil er Lukas' Aussage glauben musste. Was für IHN offenkundig war, kümmerte sonst niemanden. "Das ist kein Nachteil", bemerkte er grimmig, "dann habe ich keine Probleme mit Konkurrenz!" Sie betrachteten einander lange schweigend, offen und direkt. Beide wussten, dass das Leben ab Morgen anders und vermutlich nicht einfacher werden würde, außerdem waren sie zu jung, um ernst genommen zu werden, möglicherweise auch zu jung, um die schmerzlichen Konsequenzen zu überblicken. Lukas brach schließlich ihr gedankenvolles Schweigen, "ich will keinen Augenblick mit Zweifeln verschwenden, wenn ich mit dir zusammen sein kann. Nutzen wir UNSERE Zeit." Maximilian nickte entschlossen. Lukas' gefährlicher Spaziergang im Schnee erinnerte ihn nur zu deutlich daran, wie schnell die gemeinsame Zeit zu Ende gehen konnte. "Max?", Lukas lächelte wieder spitzbübisch. "Ja?", Maximilian bewunderte die Ausdruckskraft der großen, braun gefleckten Augen. "Es gibt da etwas, das ich unbedingt noch tun möchte." O~O Der Aqua-Bereich war kaum besucht, sah man von der Sauna und den Massageangeboten ab. Im großen Becken jedenfalls tummelte sich kein Gast. Maximilian und Lukas tobten spritzend und lachend durch die künstlichen Wellen, jagten und fingen sich, küssten sich, hielten sich in den Armen, sprangen in die Wellenkämme, eng umschlungen. Aufgewärmt und dank der Aktivitäten ruhig kämpften sie sich durch ungemütliches Schneetreiben zurück in ihre Suite. "Wooahhhh!", Maximilian ließ sich in die Schaukel fallen, räkelte sich, "ich fühle mich einfach klasse! Das müssen wir unbedingt wiederholen!" Lukas lächelte, bremste dann die Schaukel sanft aus. "Max, lass uns miteinander schlafen", schlug er vor. Maximilian blinzelte, dann zeichnete sich tiefe Röte in seinem Gesicht ab. Wie konnte Lukas einfach so... frisch von der Leber weg sprechen?! Oder vielmehr frisch von... nun ja!! Er zögerte, wusste nicht, was er antworten sollte, aber Lukas erwartete keine Antwort, sondern streckte ihm einfach eine Hand hin. Als Maximilian sie ergriff und sich aus der Schaukel helfen ließ, war ihm klar, dass er DIESEN Lukas noch mehr liebte, den Lukas, der ohne Furcht oder Aufsehen zu sich selbst stand. O~O Lukas wusste nicht genau, welche Phantasie Maximilian über ihn hatte, aber er spürte ohne Zweifel, dass Maximilian es kaum aushalten konnte, wenn er sich mit aufgestellten Beinen nackt vor ihm auf den Laken räkelte. Dieses Mal fühlte er sich besser vorbereitet, denn neben den Kondomen und den Taschentüchern lag in Reichweite auch eine kleine Dose mit Gleitmittel. »Ich will das tun«, atmete er beschleunigt, als Maximilian sich über ihn beugte, seinen Bauch mit Zärtlichkeiten bedachte, »ich will, dass du dich richtig gehen lässt.« Niemand konnte so schön sein wie Maximilian, wenn sein Körper sich aufbäumte, er ohne Kontrolle bockte, zuckte und tanzte! Er streichelte über Maximilians Brustkorb, Schulterblätter und Seiten, wartete auf die Gelegenheit, Maximilians Erektion in Latex zu hüllen. Auch dieser Aspekt sagte ihm zu, sehr sogar. Er mochte Maximilians Penis, die Kraft und Hitze, das Pulsieren und Zucken. »Irgendwann«, lächelte er zu Maximilian hoch, der sich gerade aufrichtete und nach Luft schnappte, um Beherrschung rang, »irgendwann versuche ich es auch mit dem Mund.« Er hatte zwar die Abhandlungen über Oral-Intimverkehr nicht bis zum Ende lesen können, erinnerte sich aber lebhaft an die Bilder. Maximilian warf seinen Schatten über ihn, die Strähnen feucht auf der Haut, bot ihm die Lippen zum Kuss. Lukas nutzte die Gelegenheit, die Arme um Maximilians Nacken zu schlingen, ihn leidenschaftlich zu küssen, während er ein Knie hob, um über Maximilians Erektion zu streichen. Der stöhnte tief in ihrem Kuss, verschluckte sich beinahe. Als Lukas seinen Griff um Maximilians Nacken lockerte, wirkte der ein wenig benommen, lehnte sich zurück, rang mit dem ganzen Leib um Sauerstoff. Lukas glitt unter Maximilian hervor, kletterte auf dessen Schoß. Er umklammerte ihre Erektionen mit der einen Hand, während die andere nach dem Gleitgel tastete. Maximilian blinzelte unter halb gesenkten Lidern, atmete nun mit dem ganzen Körper, ein stetiges, rasches Muskelspiel. Er entzog Lukas die Dose, öffnete sie und offerierte sie ihm. Zwei Finger eingetaucht behielt Lukas Maximilian fest im Blick, griff um dessen Körper herum, reckte sich, um in Maximilians Pofalte zu gleiten, den rektalen Eingang zu finden. "Du auch", raunte er Maximilian kehlig zu, spreizte die Beine, verlagerte sein Gewicht auf die Knie. Heftig zitternd, am Rand der Selbstbeherrschung, folgte Maximilian seiner Anweisung, zunächst sehr verhalten, suchend, ungelenk. Lukas half, indem er seinen Unterleib drehte und kippte, bis Maximilian einen Volltreffer landete. Lukas schnappte heftig nach Luft, beanspruchte einen Augenblick, bis er wispern konnte, "merk dir den Punkt, bitte." Sie wollten sich Zeit lassen, so zumindest lautete die hehere Absicht, aber Lukas erkannte, dass Maximilian am schwankenden, bebenden Ende seiner Kräfte angelangt war, auch wenn der sich verzweifelt darum bemühte, ihn zu liebkosen. Unerwartet für Maximilian ließ er ihn los, rutschte von dessen Schoß rücklings auf die Matratze und funkelte Maximilian unter halb gesenkten Augenlidern an, "tu es." Maximilian blinzelte, schüttelte sich benommen, musste mühsam die Botschaft dechiffrieren. Würde er protestieren, zurückweichen? Langsam strich sich Lukas über den nackten Bauch, flüsterte Maximilians Namen. Der rückte heran, kniete vor Lukas, transpirierend, angestrengt beherrscht, bevor er das Wagnis in Angriff nahmen und den von seinen Fingern angebahnten Weg mit seiner Erektion einschlug. O~O Maximilian kuschelte sich an Lukas, lauschte dem sich verlangsamenden Herzschlag unter seinem Ohr. Er fühlte sich geborgen und geliebt, ohne störenden Lärm von zweifelnden Gedanken in seinem Kopf. Alles WAR gut, weil Lukas ihm das gab, nach dem er sich immer gesehnt hatte. O~O "Augenblick", Sanford legte Pat einen Finger auf die Lippen, strich dann mit dem Daumen einen Schokoladenbart weg. "Hm? Oh, danke schön!", Pat lächelte, hängte sich einfach bei Sanford ein, "wir hatten Glück. Sieh mal, Wolken und Schneegestöber!" "Da gehen wir besser wieder in unser Lotterbett, nicht wahr?", der Hüne zwinkerte. "Also guuuut!", Pat verdrehte gespielt die Augen, ließ sich aber gern führen. Sie marschierten entlang der Ringmauer, bis sie den Süd-Ost-Flügel erreichten, drängten sich lachend in den Aufzug, um zu ihrer Suite in den zweiten Stock zu schweben. An der Garderobe befreiten sie sich von ihren schneebestäubten Mänteln, entschlüpften den Stiefeln. "Jetzt will ich ein schönes warmes Schaumbad nehmen!", Pat stürmte voran, sodass Sanford sich seufzend fügen musste. "Also, was nehmen wir hier Schönes?", bereits flink aus den Kleidern geschlüpft stand Pat vor der Flakonparade, stemmte die Hände auf die Hüften, "das hört sich alles nett an!" Sanford seufzte lautlos, entkleidete sich gelassen und sortierte ihre Habseligkeiten auf eine Kiefernholzbank. "Was hältst du von Champagnerbad? Zu klebrig? Oder hier, Aprikosenpunsch?", Pat runzelte die Stirn, "wieso erinnert hier alles an eine Bar?" "Es soll uns wohl berauschen", schmunzelte der Hüne, "was ist mit Sunset? Oder Kir Royal?" "Ich weiß nicht", murmelte der schwarzhaarige Mann unentschlossen, "ich kenne mich nicht aus. Such du etwas aus." "Gern", Sanford legte ihm einen Arm um die Schultern, beugte sich ein wenig tiefer, "hier, Honigmelone! Riech mal bitte." "HmmmHmmm", schnupperte Pat, signalisierte 'Daumen-hoch'. "Also los", schob er Sanford an, "rein in die Wanne!" Sie ließen Wasser einlaufen und wagten das Experiment mit der Honigmelonen-Mischung. "Ahhhh!", stoßseufzte Pat, streckte die Arme aus und genoss das dezente Sprudeln um sich herum. Sanford lächelte, hielt aber Abstand, um seinem Mann ein wenig Erholung zu gönnen. Wenn es nach seinen Vorstellungen ging, so fing der Abend gerade erst an und er hatte durchaus anregende Pläne für die Nacht. Zunächst aber folgte er dem Beispiel seines Liebsten und entspannte sich, bis der dezente Alarmton sie darauf aufmerksam machte, dass sie nun besser dem Whirlpool entsteigen sollten. Pat lächelte gut gelaunt, trocknete sich flink ab und wickelte sich in einen Bademantel, sehr zum Verdruss seines Hünen. Er streckte und reckte sich, dehnte sich und ächzte übermütig, "SO fühlt man sich doch richtig gut!" "Ich schlage vor, du holst eine zweite Meinung ein", unterbrach Sanford sein Vergnügen, stellte sich vor ihn und entkordelte den Bademantel. "He...HE!", protestierte der schwarzhaarige Mann, legte beide Hände auf den muskulösen Brustkorb seines Mannes, "wir sind doch gerade erst...AH!" Sanford zog mit den Zähnen an dem Stecker, der genau zwischen den Schlüsselbeinen in einer perfekten Senke ruhte, ein delikater Platz, denn hier war die Haut dünn und empfindlich. "Sandy...", eine Hand grub sich in den sandfarbenen Schopf des Hünen, wollte offenkundig die Notbremse und einige Strähnen ziehen, aber Sanford war schneller. Mit einem abrupten Kniefall, der durch den abgeworfenen Bademantel gedämpft wurde, konnte er die Hüftknochen mit beiden Händen fixieren und sich auf das Ziel in Augenhöhe konzentrieren. Pat krümmte sich über ihm zusammen, stützte sich sogar auf seinem Rücken ab, keuchte, stieß heisere Laute aus, die er nicht ersticken konnte, "...Sa-sandy...!" Sanford kannte den Text längst. Er wusste, dass es seinem Liebsten einen Stich versetzte, ihm nicht ebenso oral gefällig sein zu können. Ihn dauerte Pats Gefühl der Unzulänglichkeit zwar, er ließ sich jedoch nicht davon hindern. Es störte ihn keineswegs, dass Gleiches nicht mit Gleichem vergolten wurde in ihrer Beziehung. Er kannte seine eigenen Bedürfnisse genau und wusste, dass sein Mann ihm das gab, was er wirklich ersehnte. Die Fingernägel in seinem Rücken gruben sich ein, Feuchtigkeit tropfte. Pat zuckte unkontrolliert, rang nach Atem. Seine Knie gaben nach, doch Sanford sah diese Entwicklung voraus, legte die Hände um sie. Der gewünschte Effekt trat ein: Pat stöhnte, weil nicht nur Fußsohlen auf unerwarteten Kontakt reagierten, streckte wieder die Kniegelenke. Kaum, dass dieser elektrische Impuls ihn aufgerichtet hatte, nutzte Sanford seine Chance. Mit den Zähnen des Unterkiefers schabte er sehr behutsam, nur eine Andeutung, über das schmale Bändchen unterhalb der Eichel. Über ihm sprühte Pat Speichel, als er sich verschluckte, dann raubten Explosionen in seinem Körper allen Sauerstoff. Sanford lächelte verzaubert, als sein Mann über ihm zusammensackte, wischte sich geziert mit einem Fingerknöchel über die Mundwinkel. Mühelos konnte er sich erheben, Pat über Schulter und Rücken geworfen und mit einer Hand lässig gesichert. "...Sandy...?!", Pats Stimme klang rau und entfernt, als müsse er erst Silben sortieren, sich mühsam in der Realität einfinden. "Nur einen Augenblick, mein Igelchen", bat sich Sanford eine kurze Unterbrechung aus, trat an den Waschtisch heran. Dort füllte er ein Glas mit Wasser und leerte es in gemächlichen Schlucken. Dabei klopfte er einen munteren Takt auf Pats linker Kehrseite. "SANDY!", nun kniff eine rächende Hand Sanfords rechte Pobacke, weil sie genau in Reichweite war. "Wir danken für Ihre Geduld!", flötete der Hüne neckend, machte kehrt und hielt auf den Hauptraum zu. "...was soll denn das...?", ächzte Pat an seinem Rücken. Der schwarzhaarige Mann fühlte sich benommen, nicht nur, weil er kopfüber nach unten hing. Hatte Sandy denn wirklich vor, jede freie Minute...?! Sie erreichten das Himmelbett. Während ihrer Abwesenheit hatten die dienstbaren Geister des Bishounencastle das Bettzeug gewechselt, die Kissen aufgeschüttelt und die Vorhänge an einer Seite dezent an den gedrechselten Pfosten angekordelt. Sehr behutsam ließ Sanford seine geliebte Last sinken. Pat funkelte ihn aus schwarzen Augen empört an, aber er brachte kein Wort heraus angesichts des sanften Strahlens auf dem attraktiven Gesichts über ihm. Er wusste, dass Sanford manchmal forsch agierte, weil er wollte, dass PAT tollkühn auf IHN losstürzte, doch in diesem Augenblick, noch mitgenommen und erhitzt von einem heftigen Orgasmus, wollte Pat lediglich alle Viere von sich strecken und wieder seine Gedanken sammeln. Sanford lächelte über ihm, begann damit, zärtliche Küsse auf seine Haut zu regnen. Und zwar von Kopf bis Fuß! Das lautlose Glühen der Energiewirbel um die Stecker steigerte sich, warf ein seltsames Licht auf die helle Haut des schwarzhaarigen Mannes, der sich einfach verwöhnen ließ. Er hob eine Hand, streichelte durch die sandfarbenen Strähnen seines Mannes, betrachtete ihn unter halb gesenkten Lidern, während sein Puls schon wieder Tempo aufnahm. "...Sandy?", wisperte er leise. Der Hüne lehnte sich tiefer über ihn, beugte den Kopf, um ein geneigtes Ohr anzubieten. "Hm?", summte Sanford vergnügt. Pat hob beide Arme, die schwer wirkten, lieber in der Matratze versunken wären, legte sie um Sanfords Nacken, zog sich zu ihm hoch, "ich liebe dich, Sandy." Kräftige Arme umschlangen seinen Rücken, hievten ihn auf den Schoß des Hünen. "Ich liebe dich auch, mein Igelchen", wisperte Sanford an seinem Ohr, küsste ihn auf das Kiefergelenk. "Gut", murmelte Pat fiebrig, "ich hab dich nämlich geheiratet." Er hörte Sanford glucksen, ein angenehmes Beben, das den gesamten Leib durchlief. "Ja", antwortete der Hüne gravitätisch, "ich erinnere mich." Pat wich ein wenig zurück in ihrer Umarmung, die Beine um Sanfords Hüften gewunden, visierte die hellblauen Augen an. "Ich möchte dich verwöhnen", verkündete er leise. Sanford nickte wortlos. Heute war offenkundig nicht mit einer Sturm und Drang-Phase zu rechnen, aber das konnte man ja auch nachholen, vor dem Frühstück zum Beispiel. Er streckte sich also willig aus, genoss die Liebkosung des seidigen Stoffes an seiner Haut. Obwohl er sich bemühte, konnte er nicht erkennen, nach welchem System Pat vorging. Scheinbar willkürlich wechselte der zwischen den Zehen und dem Schopf hin und her, ganz zu schweigen von allen Partien dazwischen. Der Hüne musste mehr als einmal die Augen schließen oder den Blick auf das Kaminfeuer richten, denn er konnte nicht in das vertraute Gesicht sehen, das gleißende Funken und Zischen der weißglühenden Energiefinger ertragen, die zeigten, wie sehr Pat sich selbst zurücknahm, um ihn zu verhätscheln und perfider Weise immer genau im letzten Augenblick, wenn Sanford sich kaum mehr auf der Matratze halten konnte, glaubte, in nächsten Moment zu explodieren, seine Beherrschung tatsächlich zu verlieren, genau EINEN Schritt zurückzugehen. Und von vorn an anderer Stelle zu beginnen. Sanford keuchte, sein Brustkorb pumpte Sauerstoff in einem hohen Rhythmus, pulsierte förmlich. Seine Haut war feucht, glänzte im Schein der indirekten, schmeichelnden Beleuchtung. Pat hatte ihm gerade erst ein Kondom übergestreift! Er fragte sich hormonbenebelt, ob er es bemerken würde, wenn ihn diese Liebesnacht den Verstand kostete, aber als glückliches Gemüse zu sterben war nicht sonderlich abschreckend. Außerdem wollte er seinem Mann keinen Einhalt gebieten, immerhin stand zu vermuten, dass Pats außergewöhnliche Kräfte ihm eine besondere Einsicht in die Disposition seines Liebsten gewährten. »Vielleicht habe ich auch eine gefährliche, masochistische Ader«, schloss er nicht aus. In Pats Haaren glitzerten einzelne Perlen Transpiration. Sanford hob einen Arm, um durch die Stacheln zu streicheln. Er lächelte in das erhitzte Gesicht über ihm. Pats Augäpfel waren beinahe schwarz, es zuckte und gleißte. "Bitte küss mich", hauchte er, schloss die Augen, hoffte, dass sich der Schatten des schwarzhaarigen Mannes auf ihm niederlassen würde, bevor die verlockenden Lippen seine eigenen versiegelten. Pat erfüllte seinen Wunsch, küsste ihn mit offenem Mund. Der Stecker in seiner Zunge und der Ring in seiner Unterlippe summten vor Energie. Sanford liebte dieses Gefühl, er konnte niemals genug davon bekommen, schlang die Arme um Pats Rücken, hielt ihn auf sich fest. Ja, er stellte sogar die Beine auf und wand sie über Pats, um jegliche Flucht zu verhindern. Der schwarzhaarige Mann wollte nicht fliehen, legte die Hände um Sanfords Wangen, küsste ihn ungeniert, leidenschaftlich und laut, keuchte in heißen Stößen Atem über Sanfords Gesicht, wenn er sich einen Augenblick löste, den Kopf in den Nacken warf. Fasziniert nutzte der Hüne jede Gelegenheit, seinen Mann zu betrachten, zu bewundern, wie schön, wie märchenhaft fremd Pat wirkte, wenn ihre Lust ihn verwandelte. Leider musste er diesem Genuss nach köstlichen Minuten entsagen, denn Pat löste eine Hand von seinem Kopf, angelte nach unverzichtbaren Materialien. "Mach es ohne", drängte Sanford, wusste aber bereits, noch bevor ihn kräftige Zähne in ein Ohrläppchen kniffen, dass er mit seiner Bitte nicht auf Wohlwollen stoßen würde. Er verzichtete folgsam auf eine Wiederholung, sagte sich selbst, dass es nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben war. Im richtigen Moment würde Pat ihm seinen Wunsch erfüllen. Der entschlüpfte nun mit einiger Mühe seiner Umklammerung, setzte sich auf, um die eigene Erektion zu verpacken. Das Zittern seiner Hände verriet Sanford, der ihm über die Oberschenkel streichelte, dass sein Mann durchaus um Beherrschung kämpfen musste. "Dreh dich um", raunte er, leckte sich subtil über die Lippen, funkelte in die schwarzen Augen. Pat runzelte die Stirn, dann, ein wenig ungelenk, wechselte er tatsächlich die Richtung, beugte sich über Sanfords Schritt. »Netter Versuch!«, schmunzelte der Hüne, wandte sich herum, um ein weiteres Kissen unter seinen Rücken zu stopfen, damit er höher lagerte. Bequem gebettet nutzte er nun seine Kraft, um die Hüftknochen seines Mannes zu umfassen und ihn näher an sich heranzuziehen. "HE!", weniger wütend als erschrocken protestierte Pat, der gerade damit beginnen wollte, Sanfords Körper für ihre intime Begegnung vorzubereiten. Sanford zwinkerte keck, legte beide Hände glühend heiß auf Pats aparte Kehrseite und drückte ihn so herunter, dass er ohne anstrengende Verrenkung dessen Erektion in seinem Mund aufnehmen konnte. "Oh..OOHHHHH!", Pat stöhnte laut, grub die Fingernägel in die Matratze und erschauerte. Da ihm nun ohnehin ganz anders wurde, er vom Dröhnen seines eigenen Pulses betäubt war, konnte er auch den Kopf zwischen Sanfords Schritt senken und blind seine Ministrationen fortsetzen und sich mit Gleitgel, das er auf ein Kondom applizierte und seinen Fingern aufsetzte, ein klein wenig schadlos halten, nicht, dass ihm entgangen wäre, wie gern sich Sanford auf diese Weise foltern ließ. Ihre gegenseitigen Aufmerksamkeitsbekundungen währten nicht lange, bevor die Erlösung dringlich wurde. Sanford gab Pat frei, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, bemühte sich mit Atemübungen, die ganz anderen Zwecken dienen sollten, die letzten Barrieren seiner Selbstbeherrschung zu verteidigen. Pat taumelte auf allen Vieren über ihm, wäre beinahe auf die Seite gefallen, weil er Mühe hatte, die eigenen Gliedmaßen zu sortieren. Erhitzt und atemlos kniete er sich zwischen Sanfords Beine, hob sie auf seine Schultern. Er konnte kaum noch etwas sehen, respektive auf eine normale, menschliche Weise erkennen. Auch wenn Pat bedauerte, nicht Sanford in glorioser Erregung betrachten zu können, so tröstete er sich doch damit, dass ihn nicht vor Schreck/Verzauberung/Bewunderung der Schlag treffen konnte, zumindest optisch. Langsam, sehr vorsichtig bewegte er seine Hüfte näher, lauschte angespannt auf jede Reaktion. Niemals wollte er seinem Mann Leid zufügen, besonders nicht, wenn sie beide sich so offen und verwundbar einander anvertrauten. Sanfords Reaktionen reichten von euphorisch bis ungeduldig, als könne er gar nicht erwarten, endlich seinen Liebsten zu verinnerlichen, ihn zu verschlingen, einzusaugen. Pat strömte der Schweiß Funken schlagend über den Leib, als er sich mühevoll von der Matratze löste, um Schwung aufnehmen zu können. Er umklammerte die Knie, die er auf seinen Schultern festhielt. Der Hüne wehrte sich, nicht aus Trotz, sondern weil er jede Sekunde Verzögerung als eine Belohnung verstand, weil sie seine Sehnsucht noch steigerte, ihn mit Verzückung erfüllte. Außerdem waren gute Schließmuskeln und eine trainierte Kehrseite wichtig für ein erfülltes Liebesleben! Er spürte, wie Pat schwankte, schließlich die Hände von seinen Knien nahm, sich vornüber beugte, auf die Matratze stützte. Sanford streichelte über Pats Arme zu den Handgelenken, löste sie und führte sie in ihrem bebenden Rhythmus auf seine Schultern, dann streichelte er über Pats Seiten, den flatternden Bauch, genoss die heißen Tränen, die aus den fest geschlossenen Augen auf seinen zusammengerollten Bauch tropften. »Noch einen Augenblick...noch einmal...«, er warf den Kopf in den Nacken und schrie, als er sich von der Lust überspülen ließ. O~O Obwohl keine Gefahr bestand, dass er Sanford mit seinem Gewicht zerquetschte, rollte Pat auf die Seite, drehte sich auf den Rücken, um nach Luft zu schnappen. In seinen Schläfen tobte ein Wirbelsturm, er konnte seine Gliedmaßen kaum spüren. Trotzdem reagierte ein Arm, grub und drängelte sich unter den bebenden Leib an seiner Seite, um ihn an sich zu ziehen und locker zu umarmen. Es war wichtig, wichtig, sich zu halten, aneinander zu kleben, der Gewalt nachzulauschen, mit der sie einander begehrt hatten. Pat hustete, krächzte heiser. Seine Kehle war ausgedörrt, sein Mund staubtrocken. Sanford robbte an seiner Seite hoch, legte ihm eine hitzige Hand auf die Wange, um seinen Kopf zu dirigieren, bevor er ihn küsste, seinen Speichel teilte. Der schwarzhaarige Mann löste sich wieder, sackte matt auf die Kissen, rang nach Atem. Sanford kuschelte, ließ sich streicheln, an einer eher sehnigen Brust bergen. So hielten sie einander fest, bis langsam eine postkoitale Ruhe eintrat, das Gefühl in den äußersten Extremitäten wieder zurückkehrte. "...Erebos?", Sanford klang beinahe schläfrig. Oder nur besonders satt? "Hmm?", Pat zauste müßig sandfarbene Strähnen, blinzelte, um endlich wieder etwas erkennen zu können. "Jetzt weiß ich, warum Priester im Zölibat leben müssen", brummte Sanford tief. "Huh?", der schwarzhaarige Mann runzelte die Stirn. »Unheimlich«, dachte er, »manchmal hat Sandy glatt so verrückte Anwandlungen wie Opa!« "Na", der Hüne stützte sich auf die Ellen, studierte ihn ernst, "wer würde freiwillig in den Himmel wollen, wenn der sich doch hier finden lässt?" Pat blinzelte. Einmal. "Du willst doch wohl nicht behaupten, dass der Himmel zwischen unseren Beinen sitzt, oder?", hakte er fassungslos nach. "Also", Sanford rollte sich schnurrend wie ein Kätzchen zusammen, platzierte seinen Kopf auf Pats Brustkorb, "MEIN Himmel schon." "Liebe Güte!", schnaufte Pat, "wenn uns jetzt ein Blitzschlag trifft, dann bist du dafür verantwortlich!" Der Hüne setzte sich auf, blickte auf Pat, der leicht irritiert wirkte. "Ich meine es vollkommen ernst", versicherte er ruhig, streichelte über Pats Wangen. "Das...", sein Mann schluckte, "das ist Hybris! Und peinlich außerdem!" "Mir nicht", Sanford zwinkerte hellblau. Pat öffnete den Mund zu einer Erwiderung, schloss ihn dann aber unverrichteter Dinge wieder. Er wusste nicht, was er sagen sollte, außerdem erkannte er ja, dass es auch ein schmeichelhaftes Kompliment darstellte, »Und das ist beunruhigend! Macht mich ganz kribblig!« "GRRRRRR!", zeigte er Sanford die Zähne und knurrte, denn die Form musste schließlich gewahrt werden. Der lächelte sonnig, sogar amüsiert, dann senkte er sich auf Pat herab, achtete aber darauf, sein Gewicht zu verlagern, um den Liebsten nicht zu erdrücken. "Ich möchte gerne etwas versuchen", warb er um Pats Einverständnis. Da sie sich zwar seit Jahren kannten, aber erst seit kurzer Zeit als Liebespaar intim erforschten, hatten sie die Vereinbarung getroffen, es langsam anzugehen. "Aha?", Pat war nicht abgeneigt, spürte aber das nervöse Prickeln in seinem Unterleib. Er vertraute Sanford uneingeschränkt, sich selbst allerdings nicht immer. "Es wird dir gefallen, bestimmt!", versicherte Sanford enthusiastisch, küsste seinen Mann auf den Mund. "Na gut", Pat nickte, "was muss ich tun?" Sanford grinste, leckte ihm über die Nasenspitze, "hier liegen, zum Vernaschen aussehen und dich verführen lassen." "Klingt gut", grinste Pat mutiger, als er sich fühlte, räkelte und fläzte sich betont lässig, "das kriege ich gerade noch hin." Er hörte Sanford leise lachen, dann verließ ihn dessen Wärme. Irrationale Furcht jagte ein eisige Frostschauer durch seinen Leib. Er vermisste Sanfords Nähe, obwohl er WUSSTE, dass der nur einige Meter entfernt von ihm war. »Idiot!«, versuchte er seinen galoppierenden Herzschlag zu beruhigen. Pat verspannte sich, grub die Finger tief in die Matratze. "Mein Igelchen, ist etwas nicht in Ordnung?", Sanford beugte sich über ihn, liebkoste mit dem Handrücken Pats Wange. Blitzartig legte der schwarzhaarige Mann seine Hand auf Sanfords, rollte sich sogar auf die Seite, um sicherzustellen, dass er der vertrauten Berührung nicht verlustig ginge. "Ich tue nichts, was dir nicht gefällt", versprach Sanford leise, drückte einen zärtlichen Kuss auf Pats Schläfe. Pat schlug die Augenlider nicht auf, schwieg, also neigte sich Sanford tiefer, lehnte sich auf Pats Seite, streichelte und schmuste, bis sich sein Mann wieder entspannte. "Du bist so süß", wisperte er neckend, lächelte über die kraus gezogene Nase. Langsam entschmeichelte er Pats Wange seine Hand, kletterte dann mit betontem Körperkontakt über ihn auf das Bett zurück und löffelte entspannt. So konnte er Pat küssen, von allen Seiten bekuscheln, an den Steckern lecken, die in Pats Nacken rechts und links des obersten Wirbels in der Haut saßen. Pat brummte leise, rollte sich ein wenig zusammen. "Ist dir kalt?", Sanford wollte kein Risiko eingehen, denn sein Mann sollte sich entspannt und vor allem wohlfühlen. Der schwarzhaarige Mann schüttelte den Kopf, verschränkte die Finger mit Sanfords, presste dessen Hand auf sein Herz. Er spürte, wie die Hitze sich steigerte und natürlich auch Sanford, wie aus der Nähe, die sie teilten, etwas anderes wurde. Leidenschaft. Pat zappelte leicht, weil die Erektion, die unter seiner Kehrseite seinen Körper berührte, glühte, Hitzewellen ausstrahlte. Sanford schien seine Nervosität zu spüren, löste sich, um Pat auf den Rücken zu drehen. Er setzte sich auf, deponierte Pats Hände über den Kopf, schob die Kissenzipfel in die Handteller und schloss sanft Pats Finger darum. Dann richtete er sich bequem zwischen Pats Beinen ein, streichelte, küsste und liebkoste seinen Mann, ruhte nicht, bis der unter ihm nach Luft rang, sich unwillkürlich wand. "Du bist so schön", raunte er sanft, zog mit dem Händen Spuren über Pats Torso. Pat blinzelte zu ihm hoch, die Augen vollkommen schwarz. Sanford wusste nicht, ob Pat ihn noch erkannte, aber es reichte ihm, dass er fühlen konnte, wie erregt sein Liebster war. Da kein Widerspruch erfolgte, hatte er Chancen, die er nutzen wollte. Er rutschte tiefer, um Pats Erektion zu liebkosen, die weiche Haut zwischen den Schenkeln zu bestreichen. Automatisch notierte er im Unterbewusstsein, wie schnell die Atemzüge unter ihm gingen, ob Pat schon gutturale Laute von sich gab. Sanft leckte er über die ungeschützten Hoden, die warme, pulsierende Hautpartie dahinter. Seine eigene Erektion pochte nervtötend. Sie musste warten. Sanford sah sich um, sortierte seine Utensilien, dann streichelte er behutsam über Pats Erektion, bedeckte sie mit Gleitmittel. Sein Mann winselte in hellen Tönen, jeder einzelne Stecker war von weißen Energiewirbeln umtanzt. Nun musste er seinen Mut zusammennehmen. Er wickelte ein weiteres Kondom aus, streifte es über zwei Finger und deckte es mit Gleitmittel ein. »Premiere«, dachte er gespannt bis in die Haarspitzen und ebenso erregt, »und ohne Generalprobe!« Es musste beim ersten Anlauf ein Erfolg werden. Sanford streichelte mit der Linken über Pats Bauch, lenkte von seinen beiden Fingern ab, die behutsam einen Eingang suchen, der noch nie auf diese Weise erkundet wurde. Pat stieß ein Krächzen aus, hustete, versuchte unwillkürlich, sich zu entfernen. "Schsch", säuselte Sanford besänftigend. "Schön weiter atmen, Erebos. Hol Luft bis hier unten hin", er zog mit der Linken Kreise über Pats Unterbauch. Mit einem merklichen Zittern kam Pat der Aufforderung nach, seufzte beinahe. Das entspannte die Muskeln, sodass Sanford es wagte, die Finger tiefer einzuführen. Sehr behutsam krümmte er die Finger, tippte vorsichtig auf eine leichte Schwellung. Pats Aufschrei erschreckte ihn, obwohl er sich eine Reaktion erwartet hatte. So erstarrte er, warf einen besorgten Blick auf seinen Mann. Die weißen Energiekreise zuckten und flimmerten so sehr, dass ihm die Augen tränten. Pat rang um Atem, mit offenem Mund, zitterte. Beruhigend streichelte Sanford ihm über den Bauch, summte leise, dann schloss er die Finger um Pats Erektion, streichelte mit dem Daumen über die Eichel. Dabei musste er die Augen abwenden, denn wenn er nun auf Pat blickte, würde er die Beherrschung verlieren, allein die Geräusche reichten schon, sämtliches Blut aus seinem Kopf rauschen zu lassen. Er gab Pats Erektion frei, verschaffte seinem Mann eine kurze Atempause und nutzte sie, um um sich zu greifen. Seine Finger fassten zu, dirigierten das Hilfsmittel zur Wunscherfüllung vorsichtig zwischen seinen Fingern hindurch. Pat gab einen erstickten Laut von sich, presste die Lippen aufeinander und wandte den Kopf zur Seite, aber er konzentrierte sich, atmete wieder wie gewünscht tief bis zum Bauch, auch wenn es ihn alle Mühe kostete. Sanford löste seine Finger, setzte sich auf, um mit einiger Mühe das Kondom über seine fordernde Erektion zu streifen. Dann kletterte er auf Pats Schoß, arrangierte die Fernbedienung in Reichweite, lehnte sich weit vor, um Pats rechte Hand vom Kissenzipfel zu lösen und um seine Erektion zu schließen. "Es geht los", wisperte er angestrengt, griff hinter sich, um sich herunterzulassen und Pats Erektion in sich aufzunehmen. Pat ächzte, rang nach Luft. Sanford nahm die Fernbedienung in seine rechte Hand. "Erebos", krächzte er heiser, "ich liebe dich." Jetzt wollte er seinem Liebsten beweisen, WARUM er den Himmel nicht über sich vermutete und außerdem hoffnungslos homosexuell war. In dem Augenblick, als er die Muskeln in seiner Kehrseite zusammenzog und mit der Fernbedienung einen Impuls auslöste, riss Pat Mund und Augen auf. Kein Schrei ertönte, aber Sanford erkannte sofort, dass etwas gar nicht in Ordnung war. Unvermittelt wurde Pat stocksteif, streckte alle Glieder von sich, erstarrte. Aus jeder Körperöffnung leckte die weiß flimmernde Energie, zuckte und kreiselte wie wild, gierte nach einem Ziel. Ein Ausläufer schoss direkt in Sanfords Unterleib hoch, löste akute Übelkeit aus, sodass der Hüne blitzartig hochschoss, aber nicht nur die eigene Befindlichkeit trieb ihn an, sondern auch Pats Zustand. Aus Augen, Mund, Nase, Ohren schoss weiße Energie, außerdem stank es nach verschmortem Gummi. "Oh nein! Erebos! EREBOS?!", hastig versuchte Sanford, den schlanken Vibrator zu entfernen, was nicht leicht war und ohne Zweifel schmerzhaft sein musste, denn Pat war stocksteif. Es blieb ihm keine andere Möglichkeit, als den Liebsten herumzudrehen und einfach mit zusammengepressten Lippen zu ziehen, dann beugte er sich ängstlich über Pat, der keinen Laut von sich gab und auf gespenstische Weise an Spielfilme erinnerte, den Exorzisten zum Beispiel. Aber Pat sprach nicht in irgendwelchen Zungen, spuckte oder wälzte sich. Er blieb steif wie ein Bügelbrett, strahlte gleißende Energie ab, in gewaltigen Kreisen, so groß, wie Sanford sie noch nie gesehen hatte. "Erebos?! EREBOS!", er schüttelte seinen Mann, wandte sich hilflos um. Sollte er einen Arzt rufen?! Nach Puls und Herzschlag suchen, Atem kontrollieren?! Vollkommen ratlos und mit wachsender Panik zog er Pat in seine Arme, umklammerte die stocksteife Gestalt und ignorierte die seltsame Kälte, die bei Hautkontakt übertragen wurde, aber auch die gleißenden Energiefinger, die hungrig nach ihm leckten, ihn betäubten, bis er selbst ohnmächtig auf das Bett sank. O~O Kapitel 10 - Versprechen »Schmerzen. Seltsame Schmerzen«, Sanford schlug die Augen auf, ignorierte das Schlagzeug in seinem Schädel. Das war nicht seine Zimmerdecke über ihm, aber... Ruckartig wandte er den Kopf zur Seite, suchte nach Pat, stemmte sich ächzend auf die Ellen, um die steif ausgestreckte Gestalt zu untersuchen. "Bitte", flehte er unter aufwellenden Tränen der Panik, "bitte, Erebos, sag was! Sei bitte wach!" Pats Körper fühlte sich unter seiner Berührung kalt an. Noch immer kreiselten Energieringe, gleißte Energie aus allen Körperöffnungen. Die Augen waren zwei weiße Sonnen, ohne Pupille, ohne Fokus, ohne Erkennen. "Bitte", Sanford schniefte, "bitte, Erebos!" Trotz der seltsamen Kälte ließ er die Hände suchend über Pat gleiten, bemühte sich, seinem Mann ein Zeichen zu entlocken oder herauszufinden, was er unternehmen sollte. Als er über Pats Handgelenk glitt, packte der seine Hand, umklammerte sie so fest, dass selbst Sanford zusammenzuckte. "Erebos? Igelchen?", Sanford streichelte über den stachligen Schopf, erhielt aber keine weitere Reaktionen, lediglich seine Hand blieb fest umschlossen. Sanford blieb schließlich nichts anderes übrig, als sich neben Pat auszustrecken und eine Decke über sie zu ziehen. So hatte er sich die Nacht ganz sicher nicht vorgestellt. O~O Sanford erwachte, weil ein asthmatisches Röcheln ihn irritierte. Er schreckte auf, stützte sich auf eine Elle, warf einen ängstlichen Blick auf Pat, der keuchte. Die Augenlider hatten sich endlich gesenkt und auch die unnatürliche Starre war verschwunden. "Erebos?!", sofort hob Sanford Pat in seine Arme, küsste ihn, um das krächzende Husten zu ersticken. Der umklammerte immer noch seine Hand, ließ sie nicht los. "Bitte verzeih mir, Erebos", flüsterte Sanford, vor Erleichterung in Tränen aufgelöst, "bitte, das habe ich ganz sicher nicht gewollt! Bitte, mein Igelchen, mein Liebster, verzeih mir!" Pat hustete, dann gelang es dem schwarzhaarigen Mann tatsächlich, sich verständlich zu äußern, "...nich...los---lassen...!" "Ich lasse dich nicht los!", versprach Sanford hastig, "ich lasse dich niemals los! Ich halte dich fest, Erebos!" Er presste Pat eng an sich, bog sich um seinen Mann, drückte die Hand, die ihre Verbindung aufrecht erhielt, wiegte seinen Mann wie ein kleines Kind sanft auf und nieder, summte beruhigend. Langsam, beinahe elendig zähe, verrann die Zeit, bis Pat sich in seinen Armen entspannte. "Wie spät ist es?", drang gedämpft an Sanfords Ohr. Der blinzelte, suchte nach seiner Armbanduhr, stürzte mit Pat in seinen Armen fast auf das Gesicht. "Kurz nach Fünf", antwortete er heiser. "Abends oder morgens?", murmelte Pat an seiner Halsbeuge. Ganz gegen seine aufgewühlten Empfindungen musste Sanford leise lachen. "Morgens", antworte er schmunzelnd, streichelte durch die Igelstacheln, massierte den Nacken. "Oooohhhh", stöhnte Pat, "morgens?" "Mhmm", bekräftigte Sanford, raunte dann über die rasierten Wellenmuster, "es tut mir leid, Erebos. Ich wollte nicht, dass das passiert." Sofort versteifte sich Pat in seinen Armen, drückte seine Hand fester. "Bitte verzeih mir. Ich bitte dich!", Sanford senkte den Kopf, schmiegte sich an Pat an, setzte zu einem weiteren Durchlauf an. "Ich hab nich' gewusst, dass...", Pat unterbrach seine Rede, verkroch sich in sich selbst, "lass mich nicht los, bitte!" "Nein, das tue ich nicht! Ganz sicher nicht!", beteuerte Sanford energisch, rieb Pat den verkrümmten Rücken, "ich lasse dich nicht los!" "Gut", murmelte Pat heiser, schlang einen Arm um Sanfords Nacken "Allerdings", Sanford räusperte sich verlegen, "würdest du mich auf die Toilette begleiten? Ich stehe unter einem gewissen Druck." Pat gluckste leise an seiner Halsbeuge, "aber du lässt mich nicht los!" "Nein, auf gar keinen Fall", versicherte Sanford eilig. "Also gut", Pat straffte seine Gestalt mutig, "dann folgen wir lieber mal dem Ruf der Natur, bevor das hier ein Wasserbett wird." Ungelenk und ängstlich stolperten sie aneinander gelehnt zum Badezimmer, hielten sich an der Hand. Sanford wandte den Kopf, "Erebos...tut es sehr weh? Ich wollte nicht..." Er schluckte heftig. Pat öffnete das Separee, ließ Sanford den Vortritt zur Toilette. Sanford zögerte, hob dann den Toilettendeckel an, drehte sich und nahm Platz. Er zuckte linkisch mit den Schultern, was für eine Situation! Der schwarzhaarige Mann blickte ernst, hielt seine Hand umklammert und hockte sich dann einfach auf seinen Schoß. "Ich schau auch nicht hin", wisperte er leise in Sanfords Ohr, schlang den Arm um dessen Nacken. Der Hüne gab nach, schickte sich in das Unvermeidliche. Um sich abzulenken raunte Sanford kleinlaut, "ich wollte wirklich nicht so grob sein, aber es flogen Funken und..." "Sandy", der Händedruck quetschte ihm beinahe das Blut ab, "keine elektrischen Spielzeuge mehr." "Nein, bestimmt nicht!", gelobte Sanford im Brustton der Überzeugung und des schlechten Gewissens. "Ich wollte dir nicht weh tun", streichelte er Pats Rücken, "es tut mir sehr leid!" Pat wandte sich, reichte Toilettenpapier und betätigte anschließend die Spülung, "wir sollten aufstehen. Das ist eine selbstreinigende Toilette." "Sag mal, soll ich nicht lieber schauen, ob du verletzt bist?", verlegen hielt Sanford vor dem Badezimmer inne. Schwarze Augen bannten seinen Blick, "ich bin nicht verletzt." Sanford zögerte. Er spürte genau, dass Pat etwas vor ihm verbarg. Wenn der schon körperlich unversehrt war, so galt das noch längst nicht für dessen Seele, "Erebos..." "Ist dir das aufgefallen?", Pat zerrte ihn förmlich weiter, "du nennst mich immer noch bei meinem Schulnamen." "Ich kann mich eben nicht so schnell...", Sanford hielt inne, streckte den Arm aus. Noch bevor die Spannung sich auf Pat übertrug, fegte der auf nackten Sohlen herum, zerquetschte Sanford beinahe die Hand, "lass nicht los!" "Tue ich doch gar nicht", beteuerte der Hüne perplex, weil er seinen Mann noch nie so schrill und panisch schreien gehört hatte. Er zog Pat an sich, schloss ihn in die Arme, "ich lasse nicht los, keine Angst." Aber Pat hatte offenkundig große Angst, Todesangst, schloss man aus seinem Zittern und Beben, dem Zähneklappern und Versteifen aller Glieder. »Das habe ich nicht gewollt. Niemals. Ich habe mir gewünscht, dass er fühlt, wie ich mich fühle mit ihm. Ich wollte ihn niemals verletzen.« "Du darfst mich nicht loslassen, Sandy", krächzte Pat verzweifelt. "Nein, keine Angst", wiederholte Sanford beklommen, "ich halte dich fest." Wenn er nur einen Weg finden konnte, diesen emotionalen Schüttelfrost zu kurieren! Leider wagte er nicht, Pat direkt zu fragen, was genau geschehen war. Was beschämend war, denn immerhin waren sie einander versprochen! "Hör mal, Igelchen", Sanford nahm einen anderen Anlauf, "wollen wir ein Bad nehmen? Oder willst du noch ein wenig schlafen?" "Bad ist gut", murmelte Pat an seiner Halsbeuge. "Dann lasse ich mal Wasser ein, und du suchst dir was aus!", organisierte der Hüne hastig das Badevergnügen. Pat verließ allerdings seine Seite nicht einen Millimeter, sodass Sanford zuerst die Wasserzufuhr organisierte und dann mit seinem Mann vor das Regal trat. "Also?", gemeinsam studierten sie Etiketten. "Die Hausmarke", schlug Pat vor, klebte förmlich an Sanford. "Nun gut", der Hüne unterdrückte ein schuldbewusstes Seufzen, mischte den Badesatz unter. Er kletterte zuerst in den Whirlpool, wartete artig, bis Pat an seiner Hand folgte. Sie saßen schon, ineinander verschlungen, eine Weile im warmen, sprudelnden Wasser, als Pat leise zu weinen begann. Zunächst presste er noch die freie Hand auf seine Augen, gab dann aber die Maskerade auf. Es schien, als habe die entspannende Wirkung seine Schutzbarrieren aufgeweicht. "Was ist los? Wo tut es weh?", Sanford schreckte hoch, kraulte die Stacheln, noch immer mit dem Gedanken befasst, wie sehr er seinen Mann verletzt hatte. Er hob Pat auf seinen Schoß, streichelte beunruhigt über dessen Rücken. "Sag mir bitte, was nicht stimmt! Igelchen!", Sanford musste sich in Geduld üben, denn erst als das erbärmliche Schluchzen und Schniefen geendet hatte, konnte er Pat eine Äußerung entlocken. "Ich habe Angst, Sandy. Furchtbare Angst." Der Hüne streichelte bestürzt über jedes erreichbare Stückchen Haut, "wovor Angst? Ich habe dir versprochen, ich mache das nie wieder!" Pat rückte noch näher, klammerte verzweifelt. "Wovor hast du Angst, Igelchen?", Sanford raunte drängend, "bitte sag es mir doch! Igelchen?!" Er verstand zunächst nicht, was Pat ihm ins Ohr flüsterte, strengte sich an, um das beinahe unverständliche Wispern zu dechiffrieren. "Du hast Angst, dich aufzulösen?", wiederholte er schließlich verwirrt. Der schwarzhaarige Mann schniefte, krümmte sich zusammen. "Erebos, bitte erkläre mir das. Du löst dich nicht auf, ich halte dich ganz fest. Auch vorher habe ich, nun ja", verlegen brach Sanford ab. "...du verstehst das nicht...", wisperte Pat kläglich. "Dann erkläre es mir bitte. Ich möchte es gern verstehen", der Hüne gab nicht nach. Er streichelte über den verspannten Nacken, den Kopf, die Wangen. "Bitte, Igelchen, sag es mir doch! Bitte, hmm? Igelchen?", wisperte er rechts und links in die Ohren, ließ nicht locker. Da störte sie das Klingeln auf. Sanford seufzte, "wir müssen raus hier, sonst laufen wir noch ein." Den Kopf gesenkt, schniefend, folgte ihm Pat aus dem Whirlpool, tropfte den Boden voll. "Ich trockne dich ab, ja? In Ordnung?", Sanford begann damit, Pat sanft mit einer Hand abzutupfen, musste sich darauf konzentrieren, nicht Pats Hand loszulassen. Als er vor Pat kniete, wisperte der leise, "Sandy..." "Ja?", hellblaue Augen richteten sich erwartungsvoll auf die schwarzen Augen. Pat holte tief Luft, wischte sich mit der freien Hand verlegen über das Gesicht. "Also... also, wenn ich... sehr erregt bin...", er krächzte, die Wangen dunkel gefärbt, "dann verliere ich die Kontrolle. Die Stecker helfen mir, das Gefühl für meinen Körper zu behalten." Der schwarzhaarige Mann sprach nun schneller, als lösten sich die Barrieren seiner Scheu. "Ich weiß, dass sich das seltsam anhört", Pat gestikulierte mit der freien Hand, "aber ich habe das Gefühl, dass ich mich ausbreiten kann, ohne körperliche Grenzen zu haben. Als könnte ich mich unendlich ausdehnen, aber durch die Stecker kann ich mich konzentrieren. Doch nun..." Sanford zog ihn an sich, streichelte ihm über den Rücken, "es ist meine Schuld, nicht wahr? Weil ich etwas getan habe, was dich überfordert hat." "Es ist NICHT deine Schuld!", protestierte Pat energisch, klopfte auf Sanfords Brustkorb, "ich habe doch selbst nicht gewusst, dass so was möglich ist!" Er ließ sich auf die Stirn küssen, über die trocknenden Stacheln streicheln. "Sandy", Pat blickte ihm direkt in die hellblauen Augen, "du hast nichts falsch gemacht! Ich wusste nicht, dass ich..." Er schluckte, "...so empfänglich bin, verstehst du?! Und dann...dann... habe ich einfach keinen Anker mehr gehabt!" Pat umklammerte nun auch Sanfords andere Hand, "weißt du, was so schlimm ist?" "Nein", antwortete Sanford leise, hob ihre Hände an, um Pats Finger zu küssen, "was ist schlimm?" Der Igelschopf presste sich gegen sein Brustbein, "dass ich beinahe nicht widerstanden hätte. Ich wollte... wollte mich auflösen. Einfach nachgeben." Für einige hastige Herzschläge schwiegen sie beide. Dann räusperte sich Sanford, "aber...aber dein Körper war doch hier! In einem Stück! Wie...wie soll das funktionieren?" "Ich weiß doch auch nicht!", fauchte Pat verzweifelt, "ich kann es schließlich nicht einfach ausprobieren!" Sanford schluckte, "tut mir leid, Erebos, so habe ich das nicht gemeint. Ich wollte sicher nicht sagen..." Pat bremste seine Erklärungen mit einem hastigen Kuss aus, fixierte trotzig die hellblauen Augen, "verstehst du, dass ich Angst habe? Ich kann mich nur konzentrieren, wenn ich an bestimmten Stellen diese Stecker habe, sonst verliere ich mich!" Der Hüne blinzelte, holte tief Luft. Er war es überhaupt nicht gewöhnt, so viele Emotionen bei Pat zu sehen, Angst, Verzweiflung, Vertrauen und tollkühner Mut. "Also gut", Sanford stellte die Schultern aus, hob die Hände an seine Brust, "was kann ich tun? Wie kann ich dir helfen?" Pat leckte sich über den Ring in seiner Unterlippe. "Wenn wir...wenn wir noch mal miteinander schlafen wollen, muss ich sicher sein, dass ich mich nicht verliere", seine schwarzen Augen funkelten, wie es Sanford schien, mit einem verzweifelten Glanz, "wirst du mir helfen?" "Natürlich", versprach der Hüne sofort, wie hätte er auch ablehnen können? Pat betrachtete ihn noch einen Augenblick schweigend, dann wandte er sich um ohne Sanfords Hand loszulassen, sammelte ein Handtuch und einen kleinen Beutel ein, den er aus seinen abgelegten Kleidern fischte. Mit einem mulmigen Gefühl ließ Sanford sich zum Himmelbett dirigieren, beobachtete, wie Pat sein Zubehör ablegte, dann kletterte er auf das Himmelbett, zog Sanford mit sich und drückte ihn auf die Matratze. "Du hilfst mir?", fragte er erneut, weniger allerdings, weil er seinem Mann nicht traute. Er selbst schien sich Mut zusprechen zu müssen. "Ich helfe dir", versicherte Sanford artig, lächelte aufmunternd, zuversichtlicher, als er sich fühlte. Ein schiefes Grinsen flackerte über Pats Gesicht. Er beugte sich herunter, ließ sich in die Arme ziehen und küsste Sanford zärtlich. Einander fest umschlingend tauschten sie Liebkosungen aus, streichelten und herzten sich, wagten kaum, die Augen abzuwenden. Als sich die ersten Energiewirbel zeigten, rollte sich Pat auf den Rücken, hielt Sanford, der sich wie eine lauschige Decke über ihn senken wollte, auf. Der Hüne blinzelte verwirrt. "Sandy...", Pats Augen waren bereits schwarz und blicklos, "Sandy, leg das Handtuch unter meinen Po, bitte." Sein Atem ging schwer, eine Hand grub sich in die Matratze. Beklommen folgte Sanford der Anweisung, streichelte über die nackten Beine, die Pat aufgestellt hatte. "Erledigt", teilte er heiser mit. Der schwarzhaarige Mann ächzte, leckte sich über die Lippen, touchierte mit dem Stecker in der Zunge den Ring in seiner Unterlippe. "In dem Beutel", er räusperte sich, zitterte vor Anspannung, "sind Desinfektionsmittel und eine Pistole." Der Hüne zuckte zusammen, schluckte aber eine Frage herunter und öffnete den Beutel. "Sandy", Pat streckte eine Hand zwischen seine Beine, tippte auf eine Stelle zwischen Hoden und Anus, rollte sich keuchend zusammen, "hier muss der Stecker rein." Sanford starrte auf die seltsame Pistole, dann auf Pats Unterleib. Er sollte durch die Haut schießen, an dieser Stelle?! "Das...DAS geht nicht!", widersprach er heiser, "ich kann das nicht!" "Bitte", mit der anderen Hand haschte Pat nach ihm, schluckte bedenklich, so, als wolle er in Tränen der Angst ausbrechen, "bitte, Sandy!" "Du... du wirst verbluten! Ich weiß, dass ich heute Nacht einen Fehler gemacht habe, aber ich kann doch nicht...!" "Was soll das?!", nun brüllte Pat, richtete die schwarzen Augen, die gar keine Pupille mehr zeigen, wie ein Blinder in die vage Richtung, aus der Sanford zu ihm sprach, "denkst du, dass ich dich bestrafen will?! Verdammt, Sandy, ich brauche deine Hilfe! Hilf mir!" Nun zitterte und keuchte Pat tatsächlich, schniefte, streckte die freie Hand nach seinem Mann aus, "bitte, Sandy. Vertrau mir." Sanford schluckte schwer, fasste nach Pats Hand, drückte sie. "Ich KANN das nicht", wisperte er bange, "ich kann nicht mal meine Hände ruhig halten..." "Soll ich vielleicht meinen Opa darum bitten?!", Pat schluchzte, vor Anspannung und vor Wut, "verdammt, ich zeige dir die Stelle, du musst keine Angst haben!!" Langsam beugte sich Sanford über seinen Liebsten, küsste die bebenden Lippen. Er wusste, dass Pat auf diese Weise spürte, dass er ihn nicht belog, sondern mit den Nerven zu Fuß war. "Bitte", Pat rieb seine nasse Wange an Sanfords, "bitte, Sandy. Du tust mir nicht weh, ich verspreche es dir. Bitte hilf mir." Nach einem sehr tiefen Atemzug wischte Sanford mit der freien Hand Tränen ab, "sag mir, ob ich die richtige Stelle habe, in Ordnung?" Damit rückte er ab, hielt aber weiterhin Pats Hand. Er kniete sich zwischen die aufgestützten Beine, registrierte die Gänsehaut, den flachen, hastigen Atemrhythmus. Sie hatten beide Angst. Er öffnete mit einiger Mühe das Desinfektionsfläschchen, tropfte auf ein Papiertuch und bestrich vorsichtig die weiche Haut, die sich kringelnde Schambehaarung, dann setzte er mit zusammengepressten Lippen die 'Pistole' an, drückte Pats Hand. "Richtig hier?", flüsterte er mit steifem Kiefer. "Ja", ächzte Pat leise, holte tief Luft, "drück ab." Sanford schloss die Augen und betätigte behutsam den Auslöser. Der Luftdruckknall ließ ihn zusammenzucken. Ein Wüstenwind fegte zu ihm, als Pat die eingehaltene Atemluft ausstieß. "Tut..tut es weh?", Sanford wagte einen ängstlichen Blick auf die Wunde, bemerkte jedoch nur eine winzige Blutung. "...nein", wisperte Pat, dann ließ sichtbar die Spannung in seinem Körper nach. Er streckte die Beine aus, legte sich einen Arm über das Gesicht und lachte leise, hauptsächlich vor Erleichterung. Sanford rückte an seine Seite, schmiegte sich an ihn und flüsterte rau, "ich habe ja schon davon gehört, dass man jemandem die Pistole auf die Brust setzt, aber so was..." Pat rollte sich herum, umarmte ihn, lachte und schluchzte zugleich. Wenn das Ausmaß seiner Reaktion nur einen kleinen Rückschluss auf die ausgestandene Angst zuließ, dachte sich Sanford, dann musste er Pats Furcht davor, sich aufzulösen, wirklich ernst nehmen. Es war vielleicht wirklich keine Einbildung. "Ich hoffe, ich muss so etwas nie wieder tun", vertraute er Pat an, hauchte Küsse auf dessen Halsbeuge. "Das hoffe ich auch", flüsterte Pat, streichelte durch den sandfarbenen Schopf. "Ich hätte dir das auch gern erspart. Allerdings", er blickte ernst in die hellblauen Augen, "hätten wir so lange auf Sex verzichten müssen, bis ich jemanden gefunden hätte, der mir hilft." "Meine Güte", murmelte Sanford, "DAS sind ja furchtbare Konsequenzen." "Will ich meinen!", nun kicherte der schwarzhaarige Mann nachsichtig, kuschelte sich an. "Sag mal", Sanford wollte die Gelegenheit nutzen, "hast du dir alle diese Stecker selbst in die Haut geschossen?!" Das schien ihm unglaublich. Pat rieb seine Nase an Sanfords, "die Hälfte davon hat mein Opa übernommen, sonst wäre ich heute Yoga-Künstler." Er zwinkerte, um dann mit todernster Miene fortzufahren, "du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ich schon mit Stacheln aus dem Ei geschlüpft bin?!" Das imaginäre Bild eines Punk-Kükens mit Metallstacheln erheiterte Sanford so sehr, dass er sich vor Lachen den Bauch halten musste. "Schatz?", Pat, der sein Amüsement sichtlich genoss, flatterte mit den Wimpern, zog mit dem Zeigefinger Kreise auf Sanfords Brust, "sag mal...wollen wir es testen?" Er senkte die Stimme und raunte guttural, "ich meine, dass du mich genagelt hast..." Sanford biss sich auf die Unterlippe, schwankte zwischen Heiterkeit und Scham, "bist du sicher? Sollten wir nicht warten, bis die Wunde verheilt ist?" "Wir sind einfach vorsichtig", Pat streichelte über das attraktive Gesicht, "warum machen wir nicht da weiter, wo wir eben aufgehört haben?" »Kuscheln und küssen kann wohl kaum schaden«, beschloss der Hüne, lächelte, schließlich hatten sie ja ein gewaltiges Himmelbett zu ihrer freien Verfügung. Von der Erleichterung über den glücklichen Ausgang einer albtraumhaften Nacht angetrieben tobten sie herum, rollten umeinander, neckten sich, tauschten Zärtlichkeiten aus, bis die weißen Wirbel munter tanzten, beide nach Luft schnappten. Sanford richtete sich auf, setzte sich und hob Pat ohne Mühe auf seinen Schoß, hielt ihn eng umschlungen. Er sah in die schwarzen Augen, die schon weiße Funken sprühten, legte ihre Handteller aufeinander, verschränkte die Finger. Mit der freien Hand rieb er über ihre Erektionen. "Kon-Kondome", keuchte Pat, schwankte und taumelte schon, aber Sanford wollte den Fluss nicht mehr aufhalten, ihren gemeinsamen Rhythmus unterbrechen. Schlugen ihre Herzen nicht im gleichen galoppierenden Takt, teilten sie nicht jeden hitzigen Atemzug? Er WOLLTE nicht mehr aufhören. Pat sollte nicht aufschrecken, sich sorgen. Mit heiseren Lauten infizierten sie sich gegenseitig, bis die Erlösung einen glühenden Salut auslöste. O~O "Hmmmm", schnurrte Pat heiser, ignorierte das Handtuch, das nun säuberte und trocknete, kuschelte sich an. "Tja, wir werden wohl noch mal kurz unter die Dusche springen müssen", verkündete Sanford, jedoch keineswegs betrübt. "HmmHmm", brummte der schwarzhaarige Mann unbekümmert. Die Erleichterung darüber, dass er ohne Furcht intim werden konnte, kam in Begleitung von hormoneller Euphorie und sorgte dafür, dass er sich warm, geschmeidig und befriedigt fühlte. "Dann komm", der Hüne richtete Pat auf, "ab unter die Dusche!" "Es ist doch gerade erst Sieben!", seufzte Pat nach einem Blick auf Sanfords exklusive Uhr. "Stimmt", Sanford lächelte, küsste Pat auf die Stirn, "aber wir möchten doch auch noch in Ruhe frühstücken, oder nicht?" "Ärgh...na guuuut, na guuuut, der Prinz hat gesprochen!", Pat rieb sich betont kindlich die Augen, schlappte hinter Sanford her, der ihn an der Hand führte und versuchte, ernst zu bleiben. Er legte das Handtuch zu den benutzten in den Wäschekorb, schob Pat vor das Regal und glitt selbst in die geräumige Duschkabine, um die Wassertemperatur einzustellen. "Hmmm", Pat warf immer wieder Blicke zu Sanford, als fühle er sich unbehaglich ohne dessen direkte Nähe, "wie denkst du über 'Tropisches Paradies'?" Der Hüne runzelte die Stirn, übertönte das Tropfen, "ist das ein Cocktail?" "Keine Ahnung", Pat schnüffelte, "nun ja, da werden sich zumindest die Fliegen von uns fernhalten." Sanford grinste, "also gut, dann nehmen wir den Mückenschreck!" Pat flitzte so eilig zu ihm, dass er rasch die Arme ausstreckte, um einen eventuellen Sturz zu verhindern. "Am Becken nicht flitzen oder necken!", kicherte Pat ausgelassen und ließ sich fangen, ohne den Flakon loszulassen. Sie schäumten sich lachend und prustend gegenseitig ein, drehten sich Locken in die nassen Haare. "Igelchen", Sanford streichelte über die sehnigen Muskeln, die helle Haut, die unzähligen Stecker, "darf ich dich bitten? Hmmm?" Seine Nase streifte sanft über eine Wange. Der schwarzhaarige Mann zögerte. Sein Blick fiel auf die zweite Flasche, die sich wie aus Geisterhand in der Kabine materialisiert hatte. Vielleicht war Sanford aber auch sehr vorausschauend gewesen...oder besonders guter Hoffnung. Er seufzte leise, "bist du sicher?" »Ich möchte dich nicht verletzen... und ich kann mir auch noch nicht vorstellen, warum...dir DAS so gefällt.« Aber das würde ihn nicht hindern, Sanfords Wunsch zu erfüllen. Pat löste eine Hand, streichelte über eine nasse Wange, lächelte mutig in die hellblauen Augen, "in Ordnung, mein Prinz." Sanford deponierte die zweite Flasche in einer Ablage, justierte die Dusche auf einen sanften Sprühnebel und zog Pat in seine Arme, um ihn intensiv zu küssen. Was sich noch an Schaum fand, streichelten sie einander von der Haut, fächerten sich durch die tropfnassen Haare. Bald schon hatte Pat Schwierigkeiten, seinen Blick zu fokussieren, spürte das gleißende Wirbeln um die Stecker. "Sandy?", wisperte er rau, tastete blind nach dem Fläschchen. "Sekunde, Igelchen!", Sanford sammelte die Flasche auf, bevor Pat Abstürze auslöste. Er schmiegte sich an Pats Front, um hinter dessen Rücken die Flasche zu öffnen, dann wich er ein wenig zurück, um sie Pats Händen anzuvertrauen. "Muss ich...irgendwas...beachten?", der schwarzhaarige Mann blinzelte, atmete flach, legte halt suchend die freie Hand auf Sanfords Brustkorb. "Nein", der Hüne küsste die feuchte Stirn zärtlich, "möchtest du, dass ich dir helfe?" Pat schnaubte, zwinkerte Tropfen aus seinen Wimpern, "ich bin zwar momentan blind wie ein Maulwurf, aber das hält mich ganz sicher nicht auf!" Sanford lachte leise, hob Pats Kinn mit einem Finger an und küsste ihn versöhnlich, "du bist eben mein Traumprinz." "Quak quak!", Pat lächelte, schmiegte sich an Sanfords Rücken. Der legte die Hände flach auf die Kacheln, verbreiterte seinen Stand und beugte sich leicht vor. Der schwarzhaarige Mann jedoch hatte nicht die Absicht, sofort ans Werk zu gehen, lieber wollte er sich anlehnen, eine Wange auf die Schulter legen, den geliebten Freund umarmen, hineinhorchen in das Orchester der Empfindungen, der Geräusche, von Atem, Puls und Energien, die Nervenenden infizierten. Träumerisch beiläufig nutzte er die Gelegenheit, mit der freien Hand die Erektion zu umschließen, sanft zu massieren. Die Erfahrung assistierte ihm, den Punkt zu erkennen, der Sanfords Grenze markierte, sodass er nun das speziell für Nassräume entwickelte Gleitmittel auf seine Finger applizieren konnte und sein Entree durch den 'Lieferanteneingang' vorbereitete. Sanford keuchte, bebte ab und zu am ganzen Körper, bevor er seine Beherrschung wiederfand, ging leicht in die Knie und zuckte mit der Hüfte. Pat blies glühenden Atem auf den breiten Rücken, hielt die Augen geschlossen, konzentrierte sich mühevoll auf seine Handreichungen, obwohl er glaubte, jede einzelne Ader in seinem Kopf müsse zerspringen. Endlich zog er die Finger zurück, stützte sich für einen langen Moment voller Schwindelgefühle auf Sanfords Rücken, dann legte er eine Hand auf dessen Hüfte, das Signal, dass nun der Hauptgang folgen würde. Sehr vorsichtig verband er ihre Körper, umklammerte mit der anderen Hand die Erektion seines Mannes. Vage glaubte er, Sanfords unterdrücktes Stöhnen zu vernehmen, aber bis zu dem Augenblick, wenn er ohne Distanz angeschmiegt an dessen Rücken klebte, seinen Mann bis zur Gänze invahiert hatte, durfte er keine Gnade walten lassen. Der schwarzhaarige Mann massierte mit einer Hand die Erektion, während er mit der anderen die zusammengepressten Lippen berührte, streichelte, bis Sanford nach Luft gierte, dann durstig an den Fingerspitzen lutschte und saugte. Behutsam kippte er die Hüfte nach hinten, zog sich auf diese Weise ein wenig zurück. Sanford reagierte reflexartig, spannte seine Gesäßmuskeln an, entlockte Pat ein erschrockenes Ächzen. Diese saugende Bewegung fing Pat ein, der in ein unwirkliches Licht gehüllt war, weil jeder Kreisel blendend Energie abstrahlte. Instinktiv nahm er einen Rhythmus auf, der schneller und treibender wurde, sich in dem Lutschen an Pats Fingerspitzen widerspiegelte. Pat taumelte, jagte Energie aus jeder Öffnung, bemerkte nicht einmal, dass sein Mann ihm in die Fingerspitzen biss. Keuchend und zittrig umklammerte der schwarzhaarige Mann Sanfords schlanke Taille. Auch der lehnte unsicher, nun mit den Ellen, an den Kacheln, rang nach Luft. Als er sich stabil genug fühlte, drehte er sich ungelenk herum, nutzte den feuchten Film auf den Kacheln, fasste Pat unter den Achseln, bevor dessen Knie einknicken konnten. Er legte sich die Arme seines Mannes um den Nacken, umschlang Pat fest und drückte kurzatmige Küsse auf Hals und Wangen. Um einen Sturz zu verhindern, stellte er ein Bein zwischen Pats, streichelte über dessen appetitliche Kehrseite, während er die Taille sicherte. "Gut?", ächzte Pat an seiner Halsbeuge. "Gut", schmunzelte Sanford leise, küsste seine Stirn. Er spürte, wie die Hitze langsam aus seinem Körper glitt, den Weg über die Innenseiten der Oberschenkel wählte. "Hm?", Pat stutzte, löste sich leicht aus seiner angeschmiegten Position, "hast du das gehört?" "Mhmm", Sanford küsste die wellenförmig rasierte Schädelseite, "wahrscheinlich der Zimmerservice." "Zimmerservice?", der schwarzhaarige Mann blinzelte, erkannte schon sehr viel mehr von seiner Umgebung. "Mhmm", schnurrte Sanford zärtlich, "Frühstück." "Aufs Zimmer?!", Pat löste sich ein wenig, staunte ihn überrascht an, "du hast Frühstück bestellt?" "Mhmm", Sanford gurrte, leckte über Pats Nasenspitze, "lauter leckere Sachen." "Aber...musst du denn schon los?", der schwarzhaarige Mann wirkte sichtlich enttäuscht. "Mhmm", summte Sanford und zwinkerte. "SANDY!", Pat kniff ihn in beide Wangen, zog sie dann wie bei einem Beuteltier zu Pausbacken auseinander, "wenn du noch ein einziges Mal hier herumbrummst, leg ich dich übers Knie!" "Ehrlich?!", gab sich Sanford gespielt anzüglich, "oh, ich kann es kaum erwarten! Gib mir alles, oh großer Foltermeister!" "GRRRRRR!", knurrte Pat ungeduldig, zog an den Ohren, "das reicht jetzt an postkoitalem Humor, klar?!" Er seufzte, lehnte die Stirn an Sanfords, "ich dachte, wir kuscheln noch ein wenig in unserem großen Bett." "Tschuldige, Igelchen", Sanford kraulte Pats Kehrseite, "aber wenn wir um zehn Uhr in Lucious Lemon sein wollen, müssen wir jetzt frühstücken und uns dann noch rausputzen, damit wir den Bus-Transfer von hier nicht verpassen." "Pardon?", Pat wartete zwar einige Augenblicke, aber Begreifen wollte sich nicht einstellen und aus den strahlenden, hellblauen Augen seines Mannes konnte er nichts entnehmen. "Sandy...", er leckte über Sanfords Lippen, "wieso müssen wir um zehn Uhr in Lucious Lemon sein?" "Na, weil wir sonst unseren Termin auf dem Standesamt verpassen." Sanford wartete mit spitzbübischem Grinsen auf das Einschleichen der Erkenntnis. Er konnte es daran erkennen, wie sich Pats Mund öffnete, ohne Worte zu entlassen, die Augen rund wurden, schlussendlich die Wangen eine schmeichelhafte Röte annahmen. "......?!", Hände rutschten von seinem Nacken, Knie knickten, aber Sanford hatte seinen Traumprinzen sicher im Griff. "Du hast doch nicht gedacht, dass ich keine ehrenwerten Absichten verfolge, oder?!", bellte er in gespielt drohendem Bass. Pat ächzte, blinzelte. "Ich dachte mir, wir fangen das neue Jahr gleich richtig an. Ist doch gut, nicht wahr?", der Hüne strahlte, nur ein winziges bisschen erschrocken darüber, wie zartbesaitet sein Igelchen war. "Aber...aber...wie? WIE?!", Pat trommelte schwach mit den Fäusten auf den breiten Brustkorb. "Dein Großvater hat mir mit den Papieren geholfen", gestand Sanford schmunzelnd ein, "dein Boss hat dir bis morgen den Urlaub verlängert, die Direktion hat uns die passenden Anzüge geliehen, einige Freunde haben ein gemeinsames Mittagessen organisiert und ich habe mit Nachhilfestunden das Geld für unsere Hochzeitsnacht in einer netten, kleinen Pension verdient." Pat starrte noch immer. Sanford seufzte hingerissen von der gelungenen Überraschung, zwinkerte und hob Pats Kinn mit einem Finger an, "hör mal, Igelchen, ein Mann, ein Wort. Du willst doch wohl nicht den Schwanz einziehen, oder?!" Das brachte endlich wieder Bewegung in das Stillleben. "Ha! Mit Schwanzeinziehen wäre ich heute sicher nicht gekommen!", stellte Pat anzüglich fest, "und ich werde dich ganz bestimmt beim Wort nehmen!" Er legte eine Wange auf Sanfords Brust, "der Schlawiner...hat mir kein Wort gesagt!" Der Hüne kuschelte, durchaus erleichtert, "das hätte ja die Überraschung verdorben. Er hat MIR übrigens nichts von den Ringen erzählt." "Schlitzohr!", brummte Pat, "und du hast das alles geplant?! Wann?!" Hellblaue Augen strahlten in schwarze, "eigentlich in jedem freien Augenblick seit dem ersten Mal." Pat blieb sprachlos. Endlich murmelte er, "dir ist aber klar, dass du damit alles versaust, oder? Die ruhmreiche Zukunft, die glorreichen Pläne, die Bilderbuch-Karriere..." Sanford gebot mit einem Finger auf Pats Lippen Einhalt, "Igelchen, DU bist der Grund, warum ich jetzt hier stehe und nicht die Abkürzung ins Tal genommen habe." Der schwarzhaarige Mann schauderte sichtbar bei der Erinnerung an einen denkwürdigen Hochsommertag. "Also gut", gab er knurrend nach, reckte belehrend einen Finger, "aber wenn du mal die Schnauze voll hast, dann denk dran: DU HAST ES SO GEWOLLT!" Der Hüne lachte, nickte und wirbelte seinen Mann in der Duschkabine herum, sodass Tropfen nach allen Seiten spritzten. "He!", protestierte Pat lachend, "willst du, dass mir schon vor dem Frühstück schlecht wird?!" O~O "Bist du sicher, dass wir nicht noch etwas mitnehmen sollten?", Sanford warf einen Blick auf seinen Mann, der unschlüssig den geöffneten Kleidersack studierte. "Hm?", Pat war abgelenkt, wirkte nervös, unter anderem, weil er am Ring in seiner Unterlippe kaute. Sanford lächelte, zog ihn in eine zärtliche Umarmung, "ich möchte nur wissen, ob du gestärkt genug bist, um dein Urteil entgegenzunehmen." "Lebenslänglich", nickte Pat, schob seine Hände in Sanfords, betrachtete mit ihm das Ensemble, "ich habe so etwas noch nie getragen!" "Hoffentlich passt du noch rein", neckte Sanford scherzend, "bei den Mengen, die du gerade verputzt hast!" "Ich bin nervös! Und meine Knie fühlen sich komisch an! Meine Zunge müsste ich mähen!", Pat wischte mit den Handflächen über seine Hüften, "wahrscheinlich bin ich krank!" Nun stützte sich Sanford auf seine Schultern, lachte offen und laut heraus. "Also wirklich!", prustete er, "fühlt es sich so an wie damals? Auf dem Berg?!" Pat lupfte eine Augenbraue, kreuzte die Arme vor der Brust, kehrte Sanford den Rücken zu, "na hör mal! Ich werde zum ersten Mal geheiratet, da darf ich ja wohl ein klein wenig nervös sein, oder? Wahrscheinlich bekomme ich nachher einen Schreibkrampf! Oder ich vergesse meinen Namen! Oder ich werde ohnmächtig! Oder...!" Sanford beendete die Steigerung potentieller Unglücksfälle mit einem leidenschaftlichen Kuss. "Igelchen", er blickte beruhigend in die schwarzen Augen, "wir kriegen das hin. Gar kein Problem." "Ja, ich könnte einfach ein X machen, richtig? Irgendwo habe ich noch eine kleine Flasche Terpentin..." Ein weiterer Kuss unterbrach seine Lösungsvorschläge. Mit beschlagenem Blick wurde Pat nach herzklopfenden Minuten entlassen, schwankte ein wenig. "Jetzt zieh dich an, ja, bitte?", folgsam wickelte er nun den eleganten Abendanzug aus, warf immer wieder verstohlene Seitenblicke auf Sanford, der sich gelöst und von innen heraus strahlend ankleidete. Während sein Abendanzug mit einem Anthrazit die Farbe seiner Augen und der Haare betonte, wirkte das Quecksilber bei Pat wie eine Andeutung auf dessen ungewöhnlichen Fähigkeiten. "Wunderschön!", bemerkte Sanford, half beim Richten des Binders, "du siehst phantastisch aus." "Na ja", verlegen zuckte Pat mit den Schultern, beäugte sich selbst irritiert im Spiegel, "extrem ungewohnt." "Kommt Zeit, kommt Gelegenheit", wandelte Sanford schmunzelnd das Sprichwort ab. Ihm gefiel Pats Erscheinungsbild ausnehmend gut und er hegte die Zuversicht, dass er seinen Mann nicht das letzte Mal so elegant in Schale geworfen sah. Vielleicht mochte ein Sturm der Empörung über ihn hereinbrechen, aber das würde nichts an seinen Qualitäten ändern. »Sie werden es schon begreifen. Nicht sofort, aber nach einer Weile.« Dann würden sie ihn wieder aufnehmen müssen. »Ich werde einen Teufel tun und ohne meinen Mann erscheinen«, beschloss er mit grimmiger Vorfreude. Pat sammelte ihre Kleidungsstücke ein, folgte Sanford in das Hauptzimmer. "Wir sollten ein Bild aufnehmen", schlug Pat vor. In seinen Augen sah Sanford wie ein Filmstar aus, von der alten Schule, vornehm, wohlerzogen, elegant und perfekt zum Anhimmeln. "Das ist eine sehr gute Idee! Gibt es hier eine Kamera?", Sanford drehte sich um die eigene Achse, ließ die Frackschöße aufwirbeln. Pat lächelte, "ich mache das schon, oh großer Pinguin!" Er führte Sanford zum Eingangsbereich, wählte dort aus einem Sideboard eine Kamera aus und studierte ihre Funktionen auf dem kleinen Display. "Sie überträgt die Aufnahmen direkt aus dem Speicher an die Zentrale. Wir können um Abzüge bitten. Oder vielleicht lassen wir uns das Original auch elektronisch zuschicken", erklärte er. Er platzierte die Kamera auf der Lehne der Ottomane, genau in der richtigen Höhe, um mit Zeitverzögerung einige Aufnahmen zu fertigen, wie sie Arm in Arm posierten, beide die rechten Hände zeigten, wo die Ringe matt glänzten. Aufgeregt betrachteten sie anschließend die Ausbeute, entschieden sich für die besten Aufnahmen und baten in der Zentrale, man möge sie ihnen auf ihre Mobiltelefone und elektronischen Postfächer senden. Immerhin wären damit Dankkarten an alle Gäste und Freunde zu schmücken! Sanford half Pat in den Mantel, wickelte ihm den kunterbunten Schal um den Hals, ohne dabei den Binder zu beeinträchtigen. "Vermisst du die Suite?", erkundigte er sich leise, umarmte Pat sanft von hinten und wiegte ihn neckend. "Ja", gab Pat unumwunden zu, "es wäre schön, wenn wir zusammen schlafen gehen und nebeneinander aufwachen könnten." Für einen Augenblick schwiegen sie beide versunken, dann aber zog Sanford Pat an der Hand zur Tür. "Lass uns erst mal unsere wilde Ehe legalisieren, ja?" "Hast du auch die Papiere?", Pat wirkte schon wieder ein wenig nervös. "Die hat dein Großvater", Sanford kramte mit der freien Hand in seiner Manteltasche, beförderte einen großen Lutscher an das Tageslicht, "ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass mein persönlicher Aufpasser Wind von unserer Heirat bekommt." Er knisterte mit dem Einwickelpapier, lächelte verschmitzt, als er bemerkte, wie die schwarzen Augen dem Lutscher folgten. "Und nun müssen wir aber wirklich los, Igelchen! Bereit?" "Allzeit, mein Traumprinz!", schmetterte Pat, schnappte sich den Lutscher und nuckelte beruhigt, während sie beide im Galopp über den Flur zum Treppenhaus trabten. O~O "Wir hätten gestern duschen sollen", Lukas versuchte, hartnäckig abstehende Strähnen auf den Kopf zu kleben. Maximilian lächelte, ein wenig matt, weil erst ein Kaffee seinen morgendlichen Motor in Betrieb setzte. Er konnte Lukas auf seiner Haut riechen, und das war besser als alles, was in den unzähligen Flakons geboten wurde. Einen Arm wie einen Tentakel nutzend zog er Lukas an sich heran, küsste ihn auf den widerspenstigen Schopf. "Lass einfach die Mütze auf, dann legt sich das Gewuschel", munterte er ihn auf. "Na gut", Lukas seufzte grinsend, "kannst mich ja als Yeti deklarieren!" Mit einem Grinsen folgte ihm Maximilian, vergewisserte sich, dass sie nichts vergessen hatten. Ein schnelles Frühstück noch, dann würde sie ein Kleinbus zum Flughafen in Lucious Lemon bringen. O~O Lukas lächelte erfreut, als er Pat im Bus entdeckte. Neben ihm saß ein großer, junger Mann, so attraktiv und distinguiert, dass man ihn für einen V.I.P. halten musste. Beide waren unter langen Mänteln in vornehme Abendanzüge gekleidet, was ungewöhnlich anmutete. "Guten Morgen", Pat grinste, "ihr reist ab?" "Ja, leider", Maximilian seufzte, "aber ich hoffe, dass wir das noch mal wiederholen können." "Fliegst du auch weg?", Lukas bemerkte, dass der attraktive Mann Pats Hand auf seinem Schoß hielt. "Nein", Pat zwinkerte, "Sandy und ich wollen in die Stadt, zum Rathaus." Der Hüne mit den hellblauen Augen nickte anmutig. "Einen guten Vorsatz in die Tat umsetzen", ergänzte er, warf Pat einen intensiven Blick zu. "Dann...viel Glück", lächelte Maximilian, fasste nach Lukas' Hand. Er konnte schon die Melancholie heranrücken fühlen, mit jedem Straßenbegrenzungspfosten, der sie näher an Lucious Lemon brachte. O~O Das Flugzeug war ausgebucht, es ging recht laut und munter zu, Nachwirkungen der Festtage. Lukas lehnte sich an Maximilians Schulter, hielt dessen Hand. "Schade, dass wir deine Uhr überhört haben", bemerkte er leise, "ich hätte gern noch mal mit dir geschlafen." Maximilian errötete, widersprach aber nicht. Er teilte Lukas' Meinung. "Wir...wir verreisen wieder, bestimmt!", versuchte er abzulenken, "und ich lade dich für den Rest der Ferien zu mir ein!" Lukas blinzelte zu ihm hoch, "das wäre wirklich herrlich." Maximilian nickte grimmig. Er war entschlossen, sich seinen Eltern zu offenbaren. Natürlich würde er dann seine Lüge eingestehen müssen und mit einer Strafe zu rechnen haben, andererseits hatte er das schwarze Buch und er würde nicht zögern, es einzusetzen. "Max?" "Hm?", aus seinen finsteren Gedanken gerissen richtete Maximilian seine Aufmerksamkeit wieder auf Lukas. "Ich liebe dich", lächelte der ruhig, reckte sich, um ihn zu küssen und kümmerte sich überhaupt nicht um den ganzen Rest der Welt. O~O Kapitel 11 - Bekenntnis Sanford geleitete Pat aus dem Schienenbus, lächelte vor sich hin. Das war etwas, was er an Lucious Lemon wirklich schätzte: niemand gab ihnen das Gefühl, wie exotische Tiere hinter einer Panzerglasscheibe zur Besichtigung freigegeben zu sein, weil sie beide Männer waren und Händchen hielten. Pat seufzte bedauernd, als er den abbaubaren Kunststoffstiel seines Lutschers in einem Müllkorb deponierte, "der war richtig lecker." "Das sehe ich", murmelte Sanford, runzelte für einen Augenblick die Stirn. Pats Zunge war unverkennbar orange gefärbt. "Wasch isch?", der schwarzhaarige Mann versuchte sich darin, auf seine ausgestreckte Zunge zu blicken. "Nichts weiter! Erebos, hör auf damit, du erschreckst noch die Leute!", der Hüne legte eine Hand vor den Mund, um ein Prusten zu verdecken, denn Pat bleckte nicht nur das Leckbrett ungeniert, er rollte auch noch wild mit den schwarzen Augen. "Ich bin noch nicht mal verheiratet und muss mich schon unterbuttern lassen!", beklagte der sich mit jammervoller Miene. Sanford packte die kunterbunten Schalenden vor Pats Brust, zog ihn heran und küsste ihn an einer Kreuzung, "wirst du dich bitte so lange zurückhalten, bis wir allein sind?" Pat warf einige bezeichnende Blicke um sich, ob jemand Anstoß an ihrem Kuss erheben wollte, nickte dann artig. Er war es wirklich nicht gewöhnt, sich in aller Öffentlichkeit seinen Gefühlen anzuvertrauen. "Da ist auch das Standesamt", deutete Sanford, kontrollierte die Uhrzeit. "Ich sehe gar keine wütenden Horden?", Pat reckte den Hals. "Wird auch schwierig", Sanford beugte sich zu ihm, küsste ihn beiläufig auf die Wange, "das erste Flugzeug landet erst in wenigen Minuten. Wir sind außer Gefahr." Der schwarzhaarige Mann riskierte einen Seitenblick, während er sich von seinem Mann über die Fußgängerinseln dirigieren ließ. Sanford hatte also AUCH entgegen seiner betonten Selbstsicherheit Sorge, dass im letzten Augenblick die Familie einschreiten würde, dass sie einen Weg fänden, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. "Ah! Sieh mal!", Sanford hob den freien Arm, winkte anmutig, "sieht so aus, als hätten es alle geschafft!" Pat wandte den Kopf, sah vor der Treppe des öffentlichen Gebäudes eine kleine Gruppe stehen, deren Mitglieder nun ebenfalls gestikulierten. Als sie den letzten Zebrastreifen überquerten, konnte er vor Aufregung kaum an sich halten, wäre am Liebsten wie eine Rakete geradeaus geschossen. "Opa! Du alter Gauner!" Sanford ließ rechtzeitig los, damit Pat sich in die Arme seines nächsten Verwandten werfen konnte, der zu diesem feierlichen Anlass einen Smoking unter seinem Staubmantel trug, den Kopf mit einer Baskenmütze gekrönt. Pat lachte und schimpfte zugleich, während der alte Mann spitzbübisch grinste und Sanford zuzwinkerte. Der schüttelte nun Hände, denn die alten Freunde waren alle gekommen, auch auf die kurzfristige Einladung hin, Zephyr und Hyakinthos, Hand in Hand, offenkundig noch immer sehr verliebt, Caratacus mit seiner Verlobten, einer pummeligen Rothaarigen mit dem herzigsten Lächeln der Welt, glücklich im Betrieb seines Verwandten, Taliesin, ihr Barde, begleitet von Arnd, seinem Freund und Vertrauten. Talisien herzte Pat und schüttelte Sanford beide Hände. "Aeolus und Nereus lassen Grüße und Glückwünsche bestellen", trällerte er melodisch, "sie konnten leider nicht so kurzfristig anreisen. Und unseren Sternengucker Alocer haben die Amis nicht weggelassen." Pat grinste, "hätte mich auch gewundert, wenn er sich von seinen NASA-Freunden getrennt hätte." Munter, aufgekratzt plaudernd betraten sie das öffentliche Gebäude. Sanford ging voran, da er nicht zum ersten Mal hier unterwegs war, denn immerhin hatte er in aller Heimlichkeit die Vorbereitungen treffen und notwendige Auskünfte erteilen müssen. Ein älterer Herr empfing sie, studierte kurz die Papiere, die Pats Großvater aus einem uralten Kinderranzen zog, dessen Leder so faltig und knittrig wirkte, dass man als Herstellungsdatum den Anfang des vorigen Jahrhunderts vermuten musste. Der Trausaal selbst war bescheiden gehalten, ein Gang zwischen mehreren Reihen von gepolsterten Holzbänken, die unwillkürlich an Kirchenchöre erinnerten, davor ein breiter Schreibtisch mit zwei schmückenden Gestecken, der Jahreszeit angepasst, und natürlich vier Stühle, zwei für das Paar, die anderen für die Zeugen. Man stellte sich vor, damit die Personalien bekannt und geklärt waren, dann sprach der Standesbeamte mit ruhiger, klarer Stimme über Anlass und Entschluss, bevor er von beiden ihre Einwilligung in die Ehe einholte und zur Unterzeichnung der Urkunden bat. Gesiegelt, die Abzüge beglaubigt und schlussendlich mit einem Lächeln das Verdikt: "meinen Glückwunsch, mit dem heutigen Tag sind Sie in den Stand der Ehe eingetreten." Pat war froh, dass er sich nur leicht erheben musste, um die Hand des Standesbeamten zu schütteln. Er zitterte, die Hände waren klamm, und seine Unterschrift auf der Urkunde wirkte eher wie der Veitstanz eines besoffenen Maikäfers kurz vor dem Absturz in ein Bierglas. Sanford neigte sich zu ihm, küsste ihn sanft auf die Lippen, reichte ihm dann die Hand, um beim Aufstehen zu assistieren. Er schlang den linken Arm wie zufällig um Pats Taille, hielt ihn eng an sich gepresst, sodass sie beide Glückwünsche entgegennehmen, Hände schütteln und sich herzen lassen konnten, ohne dass sofort ins Auge sprang, wie bewegt Pat war. Immer wieder betrachtete er das Gesicht seines Mannes, die Emotionen, die sich dort abzeichneten, lauschte auf die instabile Stimmlage und spürte die nachlassende Spannung in dem sehnigen Leib. Auch wenn es ausgesprochen egoistisch war, so freute er sich darüber, welchen Eindruck ihre Heirat auf seinen Liebsten machte. Eine schönere Liebeserklärung konnte es wohl kaum geben. O~O Da die Trauung im zivilrechtlichen Sinne wenig Zeit beansprucht hatte, die bedeutenden Dokumente nun sicher im treuen Kinderranzen aufbewahrt wurden und automatisch Finanz- und Meldebehörden über ihren neuen Familienstand informiert wurden, hatte die bunte Truppe noch Zeit, sich die Füße bis zum Mittagessen zu vertreten. Was lag näher als mit dem Schienenbus an den Crystal Eye-See zu fahren, wo man mit Wasser auf dem See und am Ufer mit Schnee zahlreiche Kunstwerke gestaltet hatte? Auch die Sonne hatte ein Einsehen, blinzelte müde durch die hohen Wolken auf die bunte Schar, die ihre Freizeit zwischen den Jahren nutzte, auf den gekennzeichneten Flächen Schlittschuh lief, auf künstlichen Erhebungen Schlitten fuhr, Skulpturen aus Schnee baute oder einfach nur gemächlich am Ufer entlang schlenderte. Mit rosigen Wangen dank der kühlen Brise kehrten sie anschließend in eine gutbürgerliche Gaststube ein, wärmten sich auf und warteten in fröhlichem Gespräch auf die drei Gänge. Taliesin stimmte ein Ständchen an, es wurden Reden geschwungen und an alte Geschichten erinnert, neue Erlebnisse berichtet. Pat wandte sich zu seinem Großvater, der immer noch sehr stolz den Kinderranzen bewachte, "du hast mich ganz schön hinters Licht geführt, Opa!" Ein bauernschlaues Zwinkern war Antwort genug. Der schwarzhaarige Mann seufzte, "trotzdem, vielen Dank, alter Heimlichtuer. Auch wenn du jetzt auf Urenkel verzichten musst." "Wer weiß?", Pats Großvater tippte sich an die Nasenspitze, "ihr beide seid noch jung und gesund. Da ist alles möglich, mein Hascherl." Pat stutzte, studierte die vertrauten Züge, die listigen Augen. »Er glaubt doch wohl nicht...?!«, aber der schwarzhaarige Mann war sich nicht ganz sicher. Sein Mann hatte mehrere Geschwister, die Familie war groß und weit verzweigt...ob Sanford wohl erwägen würde, Kinder zu adoptieren? Er warf rasch einen Blick auf das Profil seines Mannes, der mit seinem Trauzeugen, Caratacus, eine Unterhaltung führte, sparsam und zugleich animiert gestikulierte. "Wie ich schon sagte", Pats Großvater lachte leise, "es ist alles möglich." Dieser Gedanke erschütterte Pat so sehr, dass er im Sichtschutz der Tischdecke nach Sanfords Jacke fasste, die Finger Halt suchend in den Stoff grub. Eine eigene Familie war etwas, das ihm nie in den Sinn gekommen war, weil er die eigene Vergangenheit deutlich vor Augen hatte. Und wer wusste zu sagen, welches Erbgut die Kinder erhalten würden? Ob sie es ertragen konnten, ausgegrenzt zu werden, Einschränkungen aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten zu unterliegen? Sanford neben ihm sprach weiter, lehnte sich aber gegen die hohe Rückwand der Holzbank und pflückte unterhalb des Tisches die kalten Finger aus seiner Anzugjacke, wärmte sie mit kreisenden Bewegungen, dann legte er den Arm um Pats Schultern, der sich anschmiegte. Der Hüne wandte den Kopf, küsste eine Schläfe und raunte sanft, "alles in Ordnung, Igelchen?" "Sandy", Pat schluckte, zwang ein tarnendes Grinsen auf seine Züge, "willst du Kinder haben?" Sein Mann stutzte, blinzelte, lächelte dann. "Im Augenblick nicht, was mich allerdings nicht von den Produktionsbemühungen abhalten wird", wisperte er kokett zurück. Als er Pats verunsicherten Blick registrierte, ergänzte er, "ich würde gern warten, bis wir unsere Abschlüsse haben. Einverstanden?" Pat nickte betäubt. »Twilight-Zone«, schoss ihm durch den Kopf, »kaum bin ich verheiratet, schon muss ich mich mit Torschlusspanik und Midlifecrisis herumplagen!« Sein Großvater tätschelte ihm den Oberschenkel, "ist ein guter Junge, Hascherl. Wirst schon sehen, ich hab recht!" Glücklicherweise richteten sich alle Augen nun auf den letzten Gang, das Dessert, das serviert wurde. Sanford beugte sich zu Pat und flüsterte, "lass dich von Opa nicht triezen, mein Igelchen. Er ist bloß gerührt und traurig, weil er dich abgeben muss." Pat blinzelte, warf einen erstaunten Blick auf den Hünen. So hörten sich die Worte seines Großvaters allerdings nicht an! Dann bemerkte er unter dem Tisch die Rechte, die den Kinderranzen so fest umklammerte, dass sie Furchen in das alte Leder grub. »Sieh an«, schmunzelte er mitfühlend, umarmte seinen Großvater, der brummend protestierte, weil er gehindert war, seine Creme zu löffeln, »wir sind uns doch viel ähnlicher, als ich dachte! Du bist gar nicht so hart!« Sanford neben ihm grinste. Pat wusste noch nicht, wie lange und ausführlich er sich mit dessen Großvater unterhalten hatte, dass er jedes einzelne Bild in allen Fotoalben kannte, wie liebevoll der alte Mann von seinem Enkel sprach, den er so selten gesehen hatte während der Internatszeit. Vielleicht hatten sie Glück und es fand sich die Möglichkeit, alle zusammen in der Nähe zu leben. Der Hüne löffelte Creme und fütterte seinen Mann mit einem entschlossenen Lächeln. Alles war möglich. O~O Lukas schauderte, als er hinter Maximilian aus dem Fond des Mietwagens kletterte, obwohl er noch immer stolz seine Kauz-Accessoires trug. Maximilian sammelte mit dem Taxifahrer ihre Habseligkeiten aus dem Kofferraum, verabschiedete sich fröhlich und trat dann an Lukas' Seite, legte ihm einen Arm um die schmalen Schultern. "Noch können wir durchbrennen", bemerkte er scherzhaft, aber Lukas hörte die Nervosität in dessen Stimme. Stumm schüttelte er den Kopf. »Wie seltsam, dass man sich davor fürchten kann, die eigene Wohnung zu betreten«, dachte er, spürte den ängstlichen Knoten in seinem Bauch. "Bereit?", Maximilian lächelte zu ihm herunter, offenkundig entschlossen, jeder Widrigkeit zu trotzen. "Ja", Lukas nickte, umklammerte entschlossen seine eigene Reisetasche. Seine freie Hand lag sicher in Maximilians. Der warf sich die eigene Reisetasche lässig über die Schulter, überließ Lukas die Führung. Sie nahmen einen der Aufzüge, betraten den Flur. Unwillkürlich holten sie beide tief Luft, als sie vor der Wohnungstür standen. Und mussten ebenso reflexartig lächeln über ihre Attitüde. Natürlich hatten sie beide Bammel! Aber auch genug Traute, um sich in die Höhle des Löwen zu wagen, oder vielmehr den Stall des 'alten Mistbocks'. Lukas zwang sich, den Haustürschlüssel fest in das Schloss einzuführen. Er keuchte vor Erleichterung, als er kein Hindernis spürte, denn das bedeutete, dass von innen kein Schlüssel steckte. Er sperrte auf und wagte einen kühnen Schritt über die Schwelle. Die Luft roch abgestanden, kein Licht wies den Weg und es war still. "Keiner da, was?", Maximilians Stimme dröhnte zu laut in Lukas' Ohren, aber er teilte das Gefühl durchaus. Maximilian warf einen großen Schatten über ihm, betätigte einfach den Lichtschalter und schob sich an Lukas vorbei in das Appartement. "Husch husch", lächelte er neckend, "du schreibst eine Nachricht, ich wechsle die Wäsche in deiner Tasche und hole noch Medikamente, in Ordnung?" Lukas nickte artig, marschierte wie aufgezogen in das Wohnzimmer. Die 'gute Stube' sah er nur selten von innen, deshalb betrat er sie widerwillig, aber er wollte auch nicht unnötig Zeit verschwenden mit traurigen Gedanken, leichtfertig den Vorteil verspielen, dass seine Familie noch nicht aus Euro-Disney zurückgekehrt war. Maximilian trottete in die Abstellkammer, die Lukas' Heimat darstellte, wählte aus dem bescheidenen Kleiderschrank frische Wäsche, bevor er besonders ungeliebte Kleider aus der Reisetasche pflückte und sich in das Badezimmer begab, wo er mit Hingabe gerollte Kleiderbündel in den Wäschekorb feuerte. Er tastete auf dem Alibert nach der Medikamentenschachtel, klemmte sie sich unter den Arm. In Lukas' winzigem Zimmer packte er die Reisetasche und sah sich um. Was würde Lukas wohl vermissen? Gab es etwas, das ihm am Herzen lag? Aber hier waren keine zerschmusten Stofftiere, keine eselsohrigen Bücher, keine Hefte, Poster, Musikabspieler, keine Süßigkeiten oder Fotos: der Raum war kahl wie eine Arrestzelle oder ein 'Armer Sünder'-Gelass. "Dann wird er sicher auch nichts vermissen", knurrte Maximilian verstimmt, warf sich die Reisetasche über die Schulter. Es wurde höchste Zeit, dass jemand Lukas verwöhnte! Er schlich sich hinter Lukas heran, las über dessen Schulter die Nachricht. Daneben lagen zwei weitere Bögen, leicht zerknittert. Lukas sah nach oben, lächelte fahl, wischte sich über die Augen. "Ich habe mich sogar bei deinem Namen verschrieben", wisperte er erstickt. Maximilian stellte die Reisetasche ab, legte eine Hand auf Lukas' Schulter, drückte sie sanft. Mit der Linken löste er den Stift aus Lukas' verkrampfter Hand, strich die kleinen Verdrehungen aus, malte lediglich bei seiner eigenen Telefonnummer die korrekte Ziffer daneben. Soweit ihm bekannt war, konnten die geschulten Augen geübter Lesender auch aus völlig verdreht aufgeführten Buchstaben das richtige Wort zusammensetzen, was spielten da einige, kleine Verdrehungen schon für eine Rolle? Vor allem für jemanden, der doch wissen musste, welche Buchstaben und Zahlen Lukas Schwierigkeiten bereiteten? "Gehen wir", er ließ den Stift fallen, lud sich die Reisetasche auf die Schulter und griff mit der freien Hand nach Lukas'. "Ich habe deinen Namen falsch geschrieben!", der Schock darüber saß wohl tiefer, wie Maximilian betrübt bemerkte. Er baute sich vor Lukas auf, beugte sich leicht hinunter, um in die großen, braun gefleckten Augen zu sehen. "Das ist nicht schlimm", versicherte er ernsthaft. "Setz dich bitte nicht unter so großen Druck, ja? Hmm?", streichelte er mit der Linken über Lukas' Wange. Lukas zitterte vor Enttäuschung und Scham, rollte die Ärmel in den Fingern, also ließ Maximilian die Reisetasche auf den Boden sinken, fasste Lukas mit beiden Händen an den Hüften und hob ihn auf den vornehmen Schreibtisch. Dann lehnte er sich vor, schlang die Arme um dessen Rücken und zog ihn zu einem langen Kuss heran. Er schmeckte bitter von unterdrückten Tränen, aber das hielt Maximilian nicht auf. Er verteilte so lange Küsse, bis er Lukas' dünne Arme um seinen Nacken spürte, bis der leise in seine neckenden Küsse lachte. "Gehen wir?", zwinkerte er in die großen Augen. "Ja", nickte Lukas entschlossen. O~O In der Villa von Maximilians Familie war es keineswegs so still. Lukas hielt eingeschüchtert vor dem Portal inne, als Maximilian in seinen engen Lederhosen mit der frivolen, seitlichen Schnürung nach dem Schlüssel fahndete. Aber nicht nur ein seltsam geformter Schlüssel musste her. Eine Kombination von Zahlen legte den Alarm so lange schlafen, bis sich die Tür wieder hinter ihnen schloss. Maximilian ließ beide Reisetaschen fallen, zog Lukas auf die Seite zur Garderobe. "Erstmal entblättern", ordnete er munter an, "dann zischen wir kurz in die Waschküche. Ich mache dich mit unserer Wirtschafterin bekannt, damit sie keinen Schreck bekommt." Er beugte sich vertraulich zu Lukas hinunter, wickelte ihn aus dem Kauz-Schal, "sag's nicht weiter, aber sie ist der Grund, warum wir keinen Wachhund brauchen. Die hätten sich sofort an der Kehle." Der gewünschte Effekt trat ein: Lukas kicherte leise, hielt sich die Rechte vor den Mund. Maximilian richtete sich auf und zwinkerte keck. Er nahm Lukas bei der Hand, schnappte sich beide Reisetaschen und pilgerte los. Der Höflichkeitsbesuch in der großen Küche diente nicht nur der Abwicklung der Honneurs, sondern auch der Bestandsaufnahme: sie waren noch allein, der Rest der Familie ausgeflogen. Gemeinsam sortierten sie Wäsche, um nicht die erregte Debatte der Wirtschafterin mit dem Radio zu unterbrechen, warfen sich verstohlen grinsend bezeichnende Blicke zu, dann führte Maximilian Lukas an der Hand durch die Villa, zeigte ihm jeden Raum. "Das ist wirklich ein sehr schönes Haus", komplimentierte Lukas artig, rollte wieder das Ärmelende ein. Das geschmackvoll-kostspielige Interieur machte ihn nervös. "Stimmt", Maximilian zwinkerte, "besonders die Treppe ist klasse, nicht wahr?" Lukas wirkte ratlos, zuckte verlegen mit den Schultern. Maximilian beugte sich zu ihm herunter, wisperte in sein Ohr, "ich bin da früher mit meinen Brüdern auf dem Geländer runtergerutscht. Meine Mutter hat einen gewaltigen Wutanfall bekommen. Und uns alle drei verdroschen, aber hallo!" Mit einem zweifelnden Blick betrachtete Lukas die erotisch geschwundene Freitreppe. "Das kann ich gut verstehen", murmelte er trocken. Man konnte sich glatt den Hals brechen bei so einem verrückten Unternehmen. "Gemein!", schnaubte Maximilian und zog ihn schwungvoll hinter sich hoch, "wo ist dein Sinn für Abenteuer?" "Stellt sich hinter meinem Überlebensinstinkt an?", voluntierte Lukas eine Erklärung. Maximilian lachte laut, steuerte seine eigenen Räume im ersten Obergeschoss an. Ohne auf Lukas' hilflose Proteste zu hören sortierte er ihre Kleider säuberlich gemeinsam in seinem begehbaren Kleiderschrank ein und ordnete Lukas' Hygieneartikel zu seinen eigenen im Badezimmer. "Sag mal", wandte er sich um, die Hände betont aneinander abklopfend, als habe er große Arbeit geleistet, "hast du eigentlich keinen Hunger?" Lukas zog eine Grimasse, "ein bisschen schon." "Dann ziehen wir los in die Stadt, ja?", Maximilian fasste Lukas ausgelassen um die Hüften und schleuderte ihn im Kreis um sich herum, "hast du Lust, mal ganz viele, ungesunde Sachen zu essen, hm? Ja?! Magst du?!" Lukas umklammerte Maximilians Nacken, quietschte amüsiert. Er wusste, dass sein Freund ihn nicht fallen lassen würde. "Willst du?", Maximilian rieb seine Nasenspitze an Lukas, strahlte in die großen Augen, "hmmm, ja? Bitte?" Ein freches Grinsen leuchtete auf Lukas' Gesicht, "au ja! Bittebittebitte?!" Er flatterte so keck mit den langen Wimpern, dass er damit sogar Maximilians Pose in den Schatten stellte. "Okidoki!", schnurrte Maximilian, hauchte einen Kuss auf Lukas' Nasenspitze, "zischen wir ab!" O~O Am ersten Tag nach den Weihnachtsfeiertagen strömten wahre Menschenmassen durch die Straßen, um Sonderangebote auszunutzen, Gutscheine einzulösen oder einfach nur, um der Enge der eigenen vier Wände zu entfliehen. Maximilian hielt Lukas an der Hand, um ihn in dem Gewimmel nicht zu verlieren. Wie entspannt war da doch ihr Bummel in Lucious Lemon gewesen! Und wie romantisch! Hier jedoch, unter grauem, regnerischen Himmel, gänzlich ohne den Zauber von Schnee und geschickt geleitetem Verkehr, konnte man allenfalls der Platzangst huldigen. "Da vorne!", wies Maximilian den Weg, stellte die Schultern aus, um für sie einen Weg zu bahnen, aber er fiel auch in der Menge auf durch seine extravagante Kleidung und den Outdoor-Hut, den er so lässig trug. Sie erreichten das angesteuerte Fast Food-Restaurant. Maximilian reihte sich in die Schlange vor den Schaltern, beide Arme über Lukas' Schultern gelegt, den er vor sich positioniert hatte. "Was möchtest du haben?", er beugte sich hinunter, um in Lukas' Ohr zu raunen. Der Lärm in dem dreigeschossigen Restaurant war wirklich betäubend, von dem Trubel ganz zu schweigen. Lukas betrat zum ersten Mal in seinem Leben diesen Tempel der Un-Kultur. Alles hier war ihm fremd, aufregend und beängstigend zugleich. "Kannst du bitte etwas aussuchen?", murmelte er eingeschüchtert von den Möglichkeiten. "Na gut, ausnahmsweise", Maximilian lachte, "dann bist du aber beim nächsten Mal dran!" Maximilian nutzte die Gelegenheit, einfach eine Auswahl zu ordern, dazu noch jede Menge flüssiges Gift und für jeden ein deftiges Dessert. Mit dem vollgestapelten Tablett, Schachteln, Bechern, Servietten, Papptüten und derlei bahnte er sich einen Weg durch die Menge, steuerte die oberste Etage an. Dort war es nicht ganz so voll, es gab kleine Nischen und vor allem bei Glück auch einen Platz am Fenster, wo man die hereinbrechende Dämmerung und das Gewusel auf der Einkaufsmeile beobachten konnte. Maximilian stellte ihre Ausbeute ab, schälte sich aus seiner Jacke und nahm den Hut ab. Lukas rutschte ihm gegenüber in die Bank, umklammerte seinen alten Parka, warf einen neugierigen Blick aus dem Fenster. "Was für ein Durcheinander", bemerkte er erstaunt. "Ja, ganze Horden sind da ausgeschwärmt", Maximilian verteilte die 'Waffen', sortierte belegte Brötchen, heiße Apfeltaschen, kleine Eisbecher und richtete die Tüten mit den Pommes frites aus. "Salz? Ketchup?", erkundigte er sich. Lukas zog hilflos die Augenbrauen hoch, "ich weiß nicht?" "Jetzt sag mir nicht, dass du noch nie Pommes frites gegessen hast?", Maximilian starrte mit offenem Mund. Daraufhin biss sich Lukas auf die Unterlippe, blickte verschämt mit gesenkten Kopf zu ihm hinüber. "...ich werd nicht mehr!", brummte Maximilian schließlich fassungslos. "Also gut", fing er sich wieder, "Salz ist mjamm, also salzen wir, Ketchup sorgt für den gesunden Ausgleich. Da sind Tomaten drin...zumindest theoretisch", zwinkerte er. Während Lukas mit spitzen Fingern die ersten Pommes frites seines Lebens aus der Papptüte pickte und mit wachsender Begeisterung mümmelte, wickelte Maximilian emsig die Brötchen aus, stapelte die leeren Schachteln, dann öffnete er die Deckel der beiden kleinen Salatschüsselchen. "Das hier soll auch gesund sein. Sieht man mal vom Dressing ab, das für die Rettungsringe um die Hüften sorgt", bemerkte er aufgekratzt und hielt Lukas das erste Brötchen vor den Mund, damit der einen Bissen nahm. Natürlich quollen die Innereien an den Seiten heraus, verursachten eine eilige Rettungsaktion für entgleitende Zwiebelringe. Lukas kaute vollmundig, mit Sauce beschmiert, auf einer Hand noch die havarierten Zwiebelringe. Er schluckte und begann zu kichern, leckte sich über die Lippen. Maximilian lächelte. Sein Herz schlug jedes Mal schneller, wenn er Lukas so lachen sah, das Strahlen die großen Augen zum Leuchten brachte. Er stützte den Kopf in eine Hand und knabberte versunken an einem Salatblatt. "Max?", Lukas probierte sich neugierig durch die Brötchenhälften, "stimmt was nicht?" "Hm? Oh, nein, alles in Ordnung", Maximilian seufzte glücklich, "alles bestens." "Probier mal von dem hier!", nun wechselte die Rolle, denn Lukas stellte ihm nun seine Favoriten vor, ließ Maximilian abbeißen. Außerdem musste der Salat vernichtet werden, die Pommes vertilgt, bevor sie sich ihrem heiß-kalten Nachtisch widmen konnten. Als sie das Restaurant verließen, war es draußen längst dunkel, aber noch immer überfüllt, ein hektisches Gedrängel und Geschiebe. Maximilian hielt Lukas an der Hand, der in der anderen Hand seine Cola in einem Becher apportierte, immer wieder an dem Strohhalm saugte. In der Ferne erspähte Maximilian einen Schreibwarenladen und der kam gerade zur rechten Zeit, denn Maximilian hatte eine Idee, die ihn selbst begeisterte. "Gehen wir da rein", zog er Lukas aus dem Menschenstrom, steuerte das Untergeschoss mit der Papeterie an. "Was suchst du denn?", Lukas blickte sich mit großen Augen um. "Ein schönes Buch", Maximilian steuerte das entsprechende Regal an. In allen DIN-Größen warteten hier Bücher, in unzähligen Ausführungen. "Tust du mir einen Gefallen, Lukas?", Maximilian tippte Lukas auf die Nasenspitze, "suchst du mir eins aus? In der Größe?" "...sicher", Lukas zupfte unruhig an Maximilians Hand, "aber ich kenne deinen Geschmack gar nicht?" "Du suchst das aus, was dir gefällt, ganz einfach!", zwinkerte Maximilian, hauchte ungeniert einen Kuss auf Lukas' Handrücken, "ich bin gleich wieder da! Nicht weggehen, in Ordnung?" Lukas nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. So allein, mit seinem Pappbecher, fühlte er sich plötzlich einsam und eingeschüchtert. »Sei nicht so ein Frosch!«, tadelte er sich selbst, »Max hat dir doch ein Aufgabe gegeben! Also los!« Aufmerksam studierte er sämtliche Einbände, so bunt, mal glatt, mal betont grob gehalten. Wollte Maximilian ganz leere Seiten? Oder ein Karomuster? Linien? Mit Rand oder ohne? Die Variationen waren atemberaubend, die Preise allerdings auch. "Bütten", buchstabierte Lukas ehrfürchtig, betrachtete das in Kunststoff eingeschweißte Buch mit ledernem Einband. Schließlich wählte er ein Buch mit einem bunten Einband: Leopardenmuster, lila Karos, dunkelrote Rosen, ein Ausschnitt von Gras, bunte Schokolinsen, Gummibären und Wellen. "Oh, das gefällt mir!", Maximilian materialisierte sich so unvermittelt hinter Lukas, dass der erschrocken zur Seite sprang, aber Maximilians vorausschauend ausgestreckter Arm fing ihn ein, hielt ihn fest. "Wollen wir das nehmen?", Maximilian lächelte zu Lukas hinunter, "einverstanden?" Lukas nickte verdutzt. Wollte Maximilian das Buch denn nicht für sich selbst? Aber er kam nicht dazu, die Frage auch zu stellen, denn Maximilian machte auf dem Absatz kehrt, fasste Lukas wie gewohnt an der Hand, während er in der anderen das Buch schwenkte. Nachdem sie den Kauf getätigt hatten, hielten sie vor der Tür einen Moment inne. Sich in das Gewühl stürzen, mitschieben und -zerren lassen? "Warte einen Augenblick, ja?", Maximilian kehrte dem Gewusel den Rücken zu, schob die Plastiktüte mit dem Buch in Lukas' Hand, dann fischte er aus einer Tasche seines Parka einen kleinen Stoffbären, befestigte ihn am Reißverschluss von Lukas' Parka. "Gut", befand er befriedigt, "jetzt du, bitte!" Er lehnte sich noch tiefer über Lukas, der ihm einen zweiten Bären am Parka befestigen sollte. Lukas hakte und verschloss artig, warf aber verschreckte Blicke zu Maximilian hoch. "Magst du keine Bären?", Maximilian hatte das Gefühl, er müsse sein Geschenk erklären. "Ich weiß, wir sind schon beinahe groß", singsangte er mokierend, "aber es kann nie schaden, einen Freund bei sich zu haben, oder?" "Doch, ich meine, nein, sicher nicht!", Lukas verhaspelte sich, spürte Röte in seinen Wangen. "Weißt du", mit Volldampf voraus schoss Maximilian in den Menschenstrom, hielt Lukas' Hand fest, pflügte durch das Gedränge und hob die Stimme leicht, "ich hätte dir ja einen ganz großen geschenkt, aber dann dachte ich", er zog eine bauernschlaue Grimasse, "der würde mir meinen Platz bei dir streitig machen! Immerhin hat der kein verfilztes Fell!" Obwohl Lukas von Maximilians Großzügigkeit ein wenig eingeschüchtert war, konnte er doch ein Grinsen nicht unterdrücken. »Typisch Max, diese Bemerkung!«, er legte vorsichtig die Hand auf den kleinen Bären, lächelte. Auch wenn das ganz sicher kein Kompliment war, das Maximilian gern hören würde, bemerkte er verschmitzt, "du bist wirklich sehr süß, Max! Danke schön." Ein entrüstetes Schnauben ertönte über Lukas, dann wandte sich Maximilian aber herum und zwinkerte, mit leicht geröteten Wangen. Sie hatten gerade einen Ausläufer der Horden erreicht, als jemand nach Maximilian rief. Der drehte sich suchend um, nicht übermäßig begeistert, ausgerechnet jetzt auf Bekannte zu stoßen. Lukas rückte unwillkürlich näher an Maximilian heran, umschloss den Bären mit seiner freien Hand. "He, Max! Was treibst du denn hier?", jovial steuerten zwei Klassenkameraden sie an. Lukas spürte, wie ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich. In dem Augenblick, als er glaubte, ihm ginge die Luft aus, bemerkten ihn die beiden. "Was machst du denn mit der Lusche hier?", es klang nicht grob oder gemein, nur überrascht. Dann bemerkten sie die verschränkten Hände, "Scheiße, das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder?!" Beide brachen in Gelächter aus, "haste ne Wette verloren, was?!" Lukas spürte, wie Maximilian sich neben ihm anspannte. Plötzlich wirkte das attraktive Gesicht kalt, ernst und die schönen Augen bitterböse. "Wirklich witzig", zischte Maximilian frostig, "und so originell." Seine eiskalt servierte Wut drang auch zu den beiden Klassenkameraden vor. Nun starrten sie bloß noch ungläubig. "Du verarschst uns, oder?", wagte schließlich einer, das Unmögliche auszusprechen. Maximilian wandte sich ab, fauchte über die Schulter, "warum sollte ich, wo ihr beide das so hervorragend selbst könnt." Lukas hatte Mühe, Maximilians ausgreifenden Schritten zu folgen. Er kam beinahe ins Stolpern und bremste daher energisch, rang nach Atem. "Oh verdammt! Tut mir leid, Lukas!", sofort strich ihm Maximilian über die Wange, studierte ihn besorgt, aber Lukas schwieg, sah Maximilian lediglich direkt an. Viele würden wie die beiden vorhin reagieren, das war bloß der Anfang. Maximilian nagte an seiner Unterlippe, "ich schätze, mittlerweile weiß es die ganze Schule. Die beiden Tratschmäuler haben bestimmt die Leitungen glühen lassen." "Tut mir leid", stellte Lukas leise fest. "Warum?! Es gibt nichts, was dir leid tun müsste!", Maximilian schnaubte, "ich habe bloß keine Ahnung, wie ich mich richtig verhalten soll! Eigentlich hätte ich dem Depp gern einen Scheitel gezogen!" "Süß", schmunzelte Lukas vorsichtig, "aber du musst meine Ehre wirklich nicht verteidigen." Prompt lief Maximilian rot an, "hör mal, ich sehe dich bestimmt nicht als Mädchen! Ich will nur nicht, dass sie so einen Blödsinn über dich sagen!" "Das kümmert mich nicht", Lukas drückte Maximilians Hand, "ich finde auch nicht, dass du anders hättest reagieren müssen." Maximilian schmollte, "aber trotzdem...!" Lukas zog mit aller Kraft an Maximilians Hand, brachte ihn damit aus der Balance und nutzte die Gelegenheit, ihn auf die Lippen zu küssen. Mit rosigen Wangen zwinkerte er ihn an, "du bist mein Held!" Nun MUSSTE Maximilian sich ja leicht veralbert vorkommen! Er blinzelte, bemerkte das spitzbübische Grinsen und seufzte laut, "okay, okay! Die Botschaft ist angekommen!" Er legte den Arm um Lukas' Schulter, führte ihn neben sich, "eigentlich ist es wohl besser, gar nicht auf die Idioten zu reagieren. So wichtig sind sie ja wirklich nicht!" Lukas legte den Kopf in den Nacken, lächelte hoch. Maximilian zwinkerte runter. Dann flitzte er los, drehte sich halb um und streckte die Hand aus, damit Lukas aufschließen und sich festhalten konnte. O~O Kapitel 12 - Feuerprobe Wieder gut gelaunt und von der einsetzenden Kälte mit rosigen Wangen und Nasenspitzen gezeichnet trafen Maximilian und Lukas in der Villa ein. "Oha!", murmelte Maximilian, als er neben Lukas in der Garderobe ablegte. Lukas warf ihm einen beunruhigten Blick zu, "was ist los?" "Sieht so aus, als wären meine Eltern da", erklärte Maximilian, "ich werde dann mal beichten müssen." Er drückte Lukas' Hand leicht, "keine Angst, so schlimm wird es nicht." Trotzdem sicherlich kein guter erster Eindruck, das sprachen sie beide nicht aus. Tapfer folgte Lukas Maximilian, der zielsicher auf den Salon zusteuerte, wo seine Eltern ein paar Freunde unterhielten. "Oh, du bist schon wieder da?", Maximilians Mutter, eine hochgeschossene Frau, die sich konservativ-vornehm kleidete und gerade mit einer Frau unterhielt, die als ihr Zwilling fungieren konnte, betrachtete ihren jüngsten Sohn kritisch. Maximilian ließ sich nicht ins Bockshorn jagen, "hallo zusammen. Wir wollten nur einen schönen Abend wünschen, Lukas und ich." Ein vielstimmiger Chor trällerte und brummte zurück, man setzte die angeregte Plauderei fort. "Maximilian", die sonore Stimme von Maximilians Vater sorgte für eine Vollbremsung. "Entschuldige uns bitte einen Moment", der sehnige Mann mit dem gewaltigen Schnäuzer lächelte Lukas zu, der nur widerstrebend Maximilians Hand freigab und mit gesenkten Schultern aus dem Salon schlich. "Paps, ich kann das erklären", begann Maximilian, sobald sie das Arbeitszimmer betreten hatten, "es gibt einen guten Grund!" "Davon bin ich überzeugt", konterte Maximilians Vater trocken und wies seinen Jüngsten mit der Hand in einen der gepolsterten Ohrensessel, "nun, ich bitte um deine Erklärung." »Und sie sollte besser sehr gut sein«, schwang stumm mit. Maximilian lehnte sich vor, stützte die Ellen auf seine Oberschenkel und sah seinem Vater direkt ins Gesicht. Er wollte keine Ausflüchte bemühen oder Ausreden suchen, "es gab keinen Auftrag. Ich habe Lukas nach der Schule abgeholt und bin mit ihm nach Lucious Lemon geflogen. Wir haben dann im Bishounencastle übernachtet." Er atmete tief durch, spürte seinen aufgeregten Puls in der einsetzenden Stille. "Weißt du", Maximilian leckte sich über die plötzlich trockenen Lippen, "Lukas' Familie ist über die Feiertage ins Euro-Disney gefahren, aber Lukas durfte nicht mit. Er sollte ganz allein in dieser grässlichen Wohnung bleiben!", empörte sich Maximilian, ballte die Fäuste. Der ruhige, unleserliche Blick seines Vaters hielt ihn zur Beherrschung an. "Ich mag Lukas", bekannte Maximilian, errötete, "ich habe ihn wirklich sehr gern. Ich wollte, dass er ein paar schöne Tage hat, dass wir zusammen sind. Ich habe ihn praktisch gezwungen!", betonte Maximilian, der um jeden Preis verhindern wollte, dass seine Eltern einen schlechten Eindruck von Lukas bekamen und ihn für leichtfertig hielten. "Warum hast du nicht die Wahrheit gesagt?", Maximilians Vater studierte seinen Sohn kritisch. Maximilian zog leicht den Kopf ein, straffte dann aber die Schultern wieder, "ich wollte nicht, dass ihr nein sagt." Er seufzte leise, "ihr hättet nein sagen müssen, weil Lukas' Eltern nichts von der Reise wussten, weil wir beide minderjährig sind..." Er drückte die Fingerspitzen fest in die Handteller, ballte die Fäuste, "...und weil im Bishounencastle nur männliche Paare absteigen." Das Schweigen lastete nach diesen Worten schwer. Beinahe schwindelte Maximilian, weil sein Herz vor Sorge und vagen Befürchtungen wie wild in seiner Brust randalierte. "Ich nehme an, dass wir mit einem Besuch der aufgebrachten Eltern zu rechnen haben?", räusperte sich Maximilians Vater schließlich. Maximilians Kopf schnellte hoch. "Bitte", er sprang aus dem Sessel auf, "bitte, Paps, ich nehme jede Strafe auf mich, alles, aber schick Lukas nicht weg! Seine Eltern müssen doch nicht erfahren, dass er mit mir weggefahren ist, oder?!" Er stützte die Hände auf die Lehnen, kniete sich vor den Sessel seines Vaters, "bitte, Paps, bitte lass sie Lukas nicht mitnehmen! Sein Vater ist ein absolutes Ekel! Er wird Lukas allein schon dafür bestrafen, dass er hier in unserem Haus ist!" "Du weißt genau, dass wir uns kaum verweigern können, wenn seine Eltern ihren Sohn abholen möchten", stellte Maximilians Vater frostig fest. "Bitte, Paps, du kannst doch mit ihm reden, richtig?! Ein bisschen bauchpinseln, das reicht sicher schon!", Maximilian sprudelte über in seiner Verzweiflung, "ich stehe für alles gerade, ganz bestimmt, aber lass meinen Freund hier bleiben! Bitte, bitte!" In diesem Augenblick wurde die Zimmertür geöffnet, ein junger Mann, nachlässig in verschlissene Jeans und ein romantisch bedrucktes Hemd bekleidet, die Füße blank, spazierte hinein, einen Apfel kauend. Er bemerkte die beiden und stutzte, "he, na so was! Warum habt ihr nur die Funzel an?! Da kann ich ja nicht ahnen, dass hier besetzt ist!" "Benedikt", mahnte Maximilians Vater, während Maximilian aufstand, sich über die Augen wischte, "wir haben Gäste. Bitte zieh wenigstens Strümpfe an." "Geht klar", schmatzte der junge Mann, kämmte sich mit der freien Hand durch schulterlange Locken, "he, Maxi, gehört der süße Knirps oben zu dir?" Er wandte sich um, "Paps, du glaubst es nicht, der sitzt doch da wie eine Eins und rührt sich kein bisschen! Ich wollte mit ihm an der Konsole zocken, aber da sagt er mir doch glatt, dass er das gar nicht kann!" Benedikt schüttelte die Locken aus. "Ehrlich witzig! Sag mal, hatten wir nicht hier irgendwo ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel?" "Benny, du hast Lukas doch nicht geärgert, oder?", Maximilian fasste seinen Bruder am Arm. "Iwo!", Benedikt klemmte den Apfel ein, "däa schidschd nua rum!" "Benedikt, lass bitte die Kramerei. Die Gesellschaftsspiele sind im Wohnzimmer", Maximilians Vater erhob sich. "Erstklassig!", trällerte Benedikt, tippte sich grüßend an die Schläfe, "dann werde ich mal da suchen. Weitermachen, meine Herren!" Maximilians Vater sah Benedikt nach, seufzte laut. Dann wandte er sich wieder Maximilian zu, "ich werde besser deinem Bruder bei der Suche helfen, bevor er das Wohnzimmer verwüstet. Jetzt geh bitte auf dein Zimmer. Über deine Strafe werden wir später sprechen." Maximilian nickte beklommen, schlüpfte kleinlaut aus der Tür. Er hatte durchaus bemerkt, wie in den Augen seines Vaters bei der Erwähnung des Bishounencastles etwas geblitzt hatte. Als er zur Treppe ging, kam ihm ein Gedanke. Vielleicht konnte er seine Eltern doch für Lukas einnehmen! Er huschte zur Garderobe hinüber, tastete die Taschen seines Parka ab und fand Lukas' Trainer. Eilig durchquerte er die Halle, um in das Arbeitszimmer zu schleichen und das Buch auf den Sessel seines Vaters zu legen. Mit ein bisschen Glück würde der zurückkehren und einen Blick riskieren. O~O Lukas schreckte hoch, als Maximilian sich schwer neben ihn auf das Sofa fallen ließ. Sie warfen einander hilflos-bange Blicke zu. "Sind...sind deine Eltern sehr böse?", wisperte Lukas schließlich piepsig, rollte wieder die Ärmelenden ein, zog die Schultern hoch. "Na ja", Maximilian grinste schief, "das Urteil steht noch nicht fest, aber mein Vater war natürlich nicht amüsiert über meine Lüge." "All der Ärger nur meinetwegen", murmelte Lukas, senkte den Blick auf seine zuckenden Hände. "Quatsch!", protestierte Maximilian, drehte Lukas an den Schultern zu sich herum und pflückte dessen Hände aus den Ärmelenden, hielt sie fest, "Lukas, das ist nicht DEINE Schuld! Ich habe mich dazu entschlossen, weil ICH es so wollte! Wenn meine Eltern mir eine Strafe aufbrummen, dann ist das in Ordnung." Lukas presste die Lippen zusammen, starrte elend auf seine Hände. Wenn Maximilian bestraft wurde, wollte er ihn natürlich entschädigen, einen Ausgleich bieten...doch wie? War er überhaupt in der Lage, allen Ungemach zu kompensieren? "Sieh mich an", wisperte Maximilian an seiner Stirn, zupfte an Lukas' Händen, "schau hoch, ja?" Den Kloß in der Kehle herunter würgend kam Lukas der Aufforderung nach. "Du bist doch noch mein fester Freund, oder?", Maximilian klang bedrückt, auch wenn er sich an einem aufmunternden Lächeln versuchte. Lukas blinzelte, lächelte ebenso niedergeschlagen, "natürlich bin ich das." "Gut", Maximilian nickte, neigte den Kopf und küsste Lukas auf die Lippen, "wir schaffen das. Ganz sicher." "Ja", krächzte Lukas tapfer, "gemeinsam schaffen wir das." "He, Maxi, Lukas, ich habe hier auch noch andere Spiele gefunden!", trompetete Benedikt, balancierte zahlreiche Schachteln, eine gewaltige Schüssel Popcorn und mehrere Tüten mit gesalzenen Erdnüssen und Kartoffelchips. "Hör mal, warum willst du hier bei mir herumtoben?", Maximilian stemmte eine Hand in die Hüfte, "wenn du mit deinen Freunden eine Orgie feiern willst, mach das doch in deinem Zimmer!" "Sei doch nicht so eine Unke!", ignorierte Benedikt aufgekratzt die Einwände seines jüngsten Bruders, "meine Freunde sind noch nicht da, aber hier sind zwei potentielle Mitspieler, also zieht es mich hierhin!" Damit ließ er seine Ladung fallen, lachte Lukas an, der eingeschüchtert hinter Maximilian rückte, "so, Lukas, jetzt werden wir richtig zocken!" "He, versuch bloß nicht, Lukas mit deiner Schummelei zu beeindrucken!", grollte Maximilian, "und bind dir deine Zotteln zurück! Wenn du hier herumgeisterst, finde ich ständig deine blonden Drahthaare überall! Wie ne alte Katze!" "Kater, Maxi! Wie ein alter Kater!", korrigierte Benedikt grinsend, klopfte seine Hose ab, bis er einen alten Schnürsenkel fand und unordentlich um seine Locken kordelte. "Schau mal", ignorierte er Maximilian, schob Lukas eine Schachtel zu, "das hier ist echt lustig! Man muss sich eine Traube kneten und würfeln. Wenn man Pech hat, wird die Traube zerquetscht! Oder viergeteilt!" "Das gibt es noch?", Maximilian zog Lukas auf ein großes Sitzkissen vor das Sofa, während Benedikt den Beistelltisch bestückte, "die Knete muss doch inzwischen steinhart sein!" "Finden wir gleich raus!", aufgekratzt kramte Benedikt herum, öffnete kleine Dosen, die ächzend gestaute Luft entließen. "Na, essen sollten wir später", befand er grinsend. Maximilian warf Lukas einen Blick zu. Wollte er hier mit Benedikt spielen oder lieber etwas anderes unternehmen? Lukas wählte eine Dose, entnahm die unförmige Knete und drückte sie probehalber in seinen Händen. Er lächelte selbstvergessen. "Macht Spaß, oder?", Benedikt verteilte die Fallen auf dem Spielbrett, zwinkerte unternehmungslustig. Mit roten Wangen nickte Lukas, malträtierte seinen Kneteklumpen, bis er ihn der Traubenpresse anvertrauen konnte. Maximilian seufzte laut, "du bist vergnügungssüchtig, Benny!" "Exakt", strahlte sein älterer Bruder in die Runde, "und mit ein bisschen Glück kommen noch ein paar Vergnügungssüchtige vorbei!" O~O Benedikts Vorhersage traf ein. Bald schon erschienen Freunde von ihm, gesellten sich dazu, mümmelten Chips oder Nüsse, hielten artig Servietten unter sich, tranken Saft, Wasser oder Softgetränke und spielten mit Begeisterung, bis Benedikt vorschlug, doch endlich die Spielkonsole in Betrieb zu nehmen. Doch nicht etwa, um per Steuerung zu zocken, nein, die Konsole diente nun als Karaoke-Station! Jeder durfte sich versuchen, singen, dazu tanzen oder die entsprechenden Filmszenen nachstellen. Maximilian hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht, hielt Lukas auf seinem Schoß und beobachtete fasziniert, wie sein Freund aufblühte, kichernd die Hände vor den Mund hob, mit glänzenden Augen jeder Darbietung folgte. Und die verrückten Freunde seines aufdringlichen Bruders adoptierten Lukas von der Stelle weg! "Lass uns auch was singen!", Maximilian fasste Lukas an der Hand, der ihn erschrocken ansah, "macht doch Spaß!" Sollten ruhig alle sehen, dass ER mit Lukas sang! "Das ist gut!", er drückte Lukas ein Mikrofon in die Hand, nahm sich das zweite, nickte Benedikt zu, der als Zeremonienmeister agierte. Hinter ihnen auf dem Bildschirm spielte sich eine gezeichnete Dschungelszenerie ab. Maximilian lächelte Lukas zu, der nur noch aus entsetzt-großen Augen zu bestehen schien. Er beugte sich zu ihm runter und flüsterte, "Balu, der Bär aus dem Dschungelbuch! Eines meiner Lieblingslieder!" "Aber ich kenne das überhaupt nicht", wisperte Lukas verschreckt. "GAR KEIN PROBLEM", strahlte Maximilian Zuversicht wie eine Droge aus, wies mit dem Kopf zum Bildschirm. Während auf der unteren Leiste mit einem tanzenden Punkt der Text abgespult wurde, drehte die Musik auf. "Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg!", Maximilian imitierte den Bärentanz, zwinkerte Lukas zu, der ganz leise mitsummte, von einem Bein auf das andere tippelte. "Und wenn du stets gemütlich bist und etwas appetitlich ist, dann nimm es dir, egal von welchem Fleck!", Maximilian fasste Lukas bei der Hand, drehte ihn um die eigene Achse. "Was soll ich woanders, wo's mir nicht gefällt?", zwinkerte er Lukas zu, sang nun aus voller Kehle, von rhythmischen Klatschen begleitet, "ich geh nicht fort hier, auch nicht für Geld!" Er zeigte auf Lukas. "Die Bienen summen in der Luft, erfüllen sie mit Honigduft. Und schaust du unter den Stein, erblickst du Ameisen, die hier gut gedeihen. Probier mal zwei, drei, vier!", Lukas zog eine filmreife Grimasse, lachte dann über Maximilians Darbietung, der sich den Bauch übertrieben rieb und die Augen verdrehte, dann kam sein Einsatz. "Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit vertreibst du deinen ganzen Sorgenkram!", Lukas sang nun mit, drehte sich mit Maximilian in einem tapsigen, bärigen Kreis, "wnd wenn du stets gemütlich bist, und etwas appetitlich ist, dann nimm es dir, egal, woher es kam!" Nun folgte Maximilians Solo, der den Text auch ohne Blick auf den Monitor beherrschte, "na, und pflückst du gern Beeren und du piekst dich dabei, dann lass dich belehren, Schmerz geht bald vorbei! Du musst bescheiden, aber nicht gierig im Leben sein, sonst tust du dir weh! Du bist verletzt und zahlst nur drauf, darum pflücke gleich mit dem richtigen Dreh!" Gemeinsam stimmten sie noch mal den Refrain an, dann schlossen sie lächelnd, "denn mit Gemütlichkeit kommt auch das Glück zu dir. Es kommt zu dir!" Unter lautem Jubel verbeugten sie sich, übergaben an die nächsten Wagemutigen. Maximilian wählte ein Sitzkissen, angelte Popcorn heran und platzierte Lukas direkt vor sich, sodass er einen Arm um ihn legen konnte, ihm eine bequeme Rückenlehne anbieten und sich selbst etwas Gutes tun, indem er sich anschmiegte, wahlweise Popcorn in Lukas' oder seinen Mund versenkte und sich einfach nur amüsierte. O~O "Ich kann es gar nicht glauben, dass Taliesin das Angebot abgelehnt hat!", Pat wickelte sich den schreiend bunten Schal vom Hals, ließ sich dann sanft aus seinem Mantel schälen. "Er hat so eine herrliche Stimme! Und sag mal", vertraulich legte er die Hände flach auf Sanfords Brust, fixierte die hellblauen Augen, "hast du nicht auch das Gefühl, dass er mit Arnd...?" "Die Schöne und das Biest kopiert?", der Hüne lupfte streng eine Augenbraue, "es kann nun wirklich nicht jeder unserer Freunde am gleichen Geschlecht interessiert sein." "Das behaupte ich auch gar nicht!", Pat ließ sich drehen, um den Binder zu lösen, dann Anzugjacke und Weste, "aber sie schwingen schon erstaunlich synchron..." Er gab auf, hob die Hände, damit Sanford die ungewohnten Manschetten öffnen konnte, "nein, ich werde auf gar keinen Fall in die Kuppelei einsteigen! Du hast mein Wort!" Sanford lächelte, "lass uns doch einfach abwarten, hm? Die beiden haben sicher ihren eigenen Rhythmus." Er knöpfte Pat die Hemdleiste auf, "sag mal, wieso hast du vorhin eigentlich über Kinder gesprochen?" "Frag jetzt nicht, ob ich schwanger bin", grummelte Pat verlegen, "es ist nur... ich habe meinem Opa gesagt, dass es mir leid tut, dass er keine Urenkel bekommen wird. Na, und er sagt mir doch glatt, wir wären beide jung und gesund, da sei noch alles möglich!" "Aha! Nein, zieh bitte hier, sonst verknotet es sich!", Sanford ließ sich von Pats wackeren Versuchen, ihn ebenfalls zu entkleiden, nicht abschrecken, "ich verstehe." Er beugte sich leicht, um Pat zu küssen, tippte mit der Zungenspitze den Ring in dessen Unterlippe an, "wahrscheinlich hätten wir das Thema besprechen sollen, bevor wir heiraten." "Jetzt isses passiert", bemerkte Pat flapsig, reckte die rechte Schwurhand, "da ist das Fangeisen!" Sanford lachte, umschlang dessen Hüften, lupfte ihn vom Boden und drehte ihn vorsichtig in der übersichtlichen Kammer. Nach einigen Umdrehungen hielt er inne, tauschte mit Pat einen Eskimokuss, "aber wir sind uns doch einig, oder? Hmm?" Pat nickte, studierte die hellblauen Augen, "du willst...wirklich Kinder? Kein Scherz?" "Wieso nicht?", Sanford lächelte ernst, "ich traue uns das durchaus zu." "Aber später", Pat nickte heftig, "richtig? Ich möchte mich noch nicht mit Windelrockern um Lutscher kloppen, ja? Hmm? Bitte!", zupfte er an Sanfords Hemdbrust. "In Ordnung, Igelchen", der Hüne grinste. DAS Familienleben würde zweifellos ein sehr buntes werden. "Und, wie gefällt dir unser Hochzeitsgemach?", lenkte er ab. Pat sah sich um, als sehe er die Kammer zum ersten Mal. Sie hatte rustikalen Charme mit dem gewaltigen Bauernbett, das hinter einem schweren Vorhang stand, einem fragilen Stühlchen vor einem altmodisch Frisiertisch. Eine Tür mit Herzchenausschnitt führte in das anliegende Bad, gut getarnt hinter einem großen Bauernschrank. "Kuschelig", entschloss er sich schließlich zu einer Wertung. "Nun ja, nicht so mondän wie die Honeymoon-Suite", Sanford lächelte. "Es ist intim...gemütlich...ARGH!", Pat wedelte mit den Armen, "lass mich doch hier nicht so herumdrucksen!" Sanford grinste frech. "Na warte!", knurrte Pat, "ICH werde jetzt diese winzige Badewanne mit ein paar Gläsern Wasser füllen, während du unsere Leihklamotten sortierst!" Damit stieg er aus der Hose und hopste auf dicken Wollsocken, die gar nicht elegant wirkten, inklusive gerippter Unterwäsche in das anliegende Badezimmer. Sanford schmunzelte, verschob aber die Strafarbeit, um aus seiner Manteltasche einen elektronischen Butler zu ziehen. Er tippte mit einem Kunststoffstift auf das Display. [Hallo Vater, bitte entschuldige, dass ich mich vorgestern nicht gemeldet habe. Wir waren zwei Tage im Bishounencastle und haben heute standesamtlich geheiratet. Ich werde am 01. zum Abendessen kommen und meinen Mann mitbringen. Anbei schicke ich dir eins unserer Hochzeitsfotos. Bitte bestelle Mutter und den anderen Grüße von mir.] Mit wenigen Signalen fügte er der Textnachricht eine Bilddatei hinzu, versandte sie dann und versenkte anschließend den elektronischen Butler wieder in seiner Manteltasche. Mutmaßlich würde bei Eintreffen seiner Mitteilung eine Krise an der heimatlichen Front ausbrechen, aber damit wollte er sich jetzt nicht befassen. Eilig sammelte er ihre Kleider ein, öffnete den Bauernschrank, um dort die Kleiderhüllen vorzufinden, die das Signet des Bishounencastle trugen. Ebenso ordentlich warteten dort in den altmodisch mit Papier ausgelegten Fächern die Kleider, die er in einer kleinen Reisetasche verstaut und bereits vor den Festtagen gegen einen kleinen Obolus zum Aufbewahren hinterlegt hatte. »Nun, die Heimlichtuerei hat ja jetzt ein Ende!«, stellte er befriedigt fest. "Sandy? Wenn du genug vom Sockenrollen hast, komm doch rein und teile die drei Zahnputzbecherladungen Wasser mit mir!", Pat trällerte vergnügt, plantschte laut. Sanford lächelte. Das Zimmer mochte vielleicht an ihre Kojen im Internat erinnern, aber die Badewanne mit den Löwenfüßen, die MUSSTE einfach Pats Herz gewinnen! O~O Beinahe Knie an Knie hockten sie einander gegenüber, neckten sich mit den Zehen. "Erinnert mich daran, dass ich glücklicherweise keine Platzangst habe", grinste Pat, streckte einen Arm aus, um Sanfords Gesicht gründlich mit einem Waschlappen abzuwedeln. Der ließ die raue Geste der Zuneigung geduldig über sich ergehen, lächelte einfach und betrachtete Pat. Sich des intensiven Blicks bewusst leckte sich der schwarzhaarige Mann kurz über die Unterlippe, verwünschte die Röte, die ihm zweifelsohne in die Wangen steigen würde. Tapfer legte er beide Hände auf Sanfords Knie, "Sandy...danke. Danke für alles." Der Hüne legte den Kopf schief, zwinkerte, "du bedankst dich dafür, dass ich dich noch mal heiraten durfte?" "Na ja", verlegen wedelte Pat mit beiden Armen, gestikulierte, "für alles heute! Für das Zimmer hier und für die Organisation! Und unsere Freunde...und dass mein Opa gekommen ist...und den Urlaub...und die Anzüge...", er brach ab, weil sich ihm die Kehle zuschnürte. Sanford lächelte mitfühlend. "Ich habe das nicht für dich getan", gestand er ruhig, "sondern für mich. Ich wollte absolut sicher gehen, dass du weißt, WIE ernst es mir ist. Ganz gleich, was andere meinen mögen." Pat zog die Augenbrauen zusammen, räusperte sich, "aber ich habe nie an dir gezweifelt!" "Nein", Sanford nickte bekräftigend, "nein, du nicht. ICH war nicht sicher, ob es genug ist, ob ich dich wirklich erreichen kann." Er seufzte leise, "ich finde keine Worte, um dir zu sagen, wie stark meine Gefühle sind. Ich kann meine Liebe nicht beweisen." Er zuckte mit den Schultern, zwinkerte scheu, "aber ich kann zu meiner Verteidigung eine Menge Indizien liefern, oder?" Der schwarzhaarige Mann umklammerte den Wannenrand, zog sich in die Höhe und erhob sich. Dann beugte er sich herunter, stützte die Hände neben Sanfords Schultern auf der Badewanne auf, funkelte in die hellblauen Augen. "Denkst du wirklich", raunte Pat leise, heiser, "dass ich nicht weiß, wie sehr du mich liebst?" Seine Lippen hauchten an Sanfords linkem Ohr, "ich bin beinahe blind, wenn wir Sex haben, aber ich SEHE Dinge, die du dir nicht vorstellen kannst. Ich spüre dich wie keinen anderen Menschen, aber ich kann dir nicht zeigen, nicht erklären, wie es ist, von dir geliebt zu werden." Sanford erschauerte vor Auf- und Erregung. Pats Stimme prickelte wie eine aufrauende Massage sein Rückgrat hinunter, die Worte fuhren wie Blitze und statische Aufladungen in die Nervenenden, detonierten in seiner Magengrube. Er legte beide Hände um Pats Kopf, küsste ihn begehrlich auf die Lippen. Mit absoluter Sicherheit wusste er, dass sein Mann ihn niemals unter Druck gesetzt hätte, ihre Beziehung gesetzlich zu definieren, mit Brief und Siegel zu bekräftigen, weil der rücksichtsvoll war, nachsichtig, besorgt, dass sich die Familie entzweien könnte. Der Hüne streckte die Beine sehr vorsichtig aus, half Pat, sich behäbig zu drehen und zog ihn dann einfach auf seinen Schoß. "Ich würde gerne eine Vereinbarung treffen", wisperte er sanft in Pats Ohr, leckte mit der Zungenspitze über die Stecker. "Hmm?", schnurrte Pat behaglich, deponierte die kraftvollen Arme um den eigenen Leib, ließ sich halten und bekuscheln. "Wir wollen nie im Streit einen Tag beenden", schlug Sanford vor. Er erinnerte sich mit Grauen und in eine Art Nebel gehüllt an die Tage, die er nach einem heftigen Streit im Internat verbracht hatte, an das Gefühl, lebendig begraben zu sein, langsam zu ersticken, sich mit Arbeit zu betäuben, alle Emotionen, jeden Gedanken überhaupt auszuschalten. "Eine gute Vereinbarung", befand Pat leise, "ich verspreche es." "Ich verspreche es auch", Sanford drückte einen Kuss auf Pats Hinterkopf. Für einen Augenblick schwiegen sie beide, dann krächzte Pat, "was wird deine Familie sagen, wenn sie es erfahren?" "Nun", der Hüne richtete sich auf, "das werden wir zweifellos in Kürze wissen. Ich habe ihnen eine Nachricht mit einem der Fotos von heute Morgen zukommen lassen." "Uhoh", murmelte Pat beklommen. "Mach dir bitte keine Sorgen", Sanford lächelte gerührt, "in gewisser Hinsicht ist meine Familie sehr opportunistisch. Wenn sich herausstellt, dass meine 'exotische Liebhaberei' als Trend und Zeichen einer modernen Geisteshaltung betrachtet wird, werden sie uns hofieren wie die Schmeißfliegen." "...ganz schön hartes Urteil", befand der schwarzhaarige Mann schließlich. Sanford schmiegte sich an, postierte das Kinn auf dessen Schulter, "mein Igelchen, Anpassungsfähigkeit an eine Situation und Flexibilität sind traditionelle Überlebensgaranten in meiner Familie. Einen Nachteil in einen Vorteil zu verwandeln, den eigenen Einfluss einzusetzen, um die öffentliche Meinung zu ändern: heimliche Generaltugenden, auch wenn du das sicher nicht im Familienmotto lesen wirst." Pat schwieg dazu, murmelte dann aber trocken, "denkst du, es ist gesellschaftlich unverzeihlich, wenn ich noch vor der Vorstellung bei deinen Leuten ohnmächtig auf den Perser klatsche?" Sein Mann unterdrückte ein Prusten, "unverzeihlich wird es erst, wenn wir den Teppich versauen, weil ich die Gelegenheit nutze und dich bespringe!" "IÄRKS!", protestierte Pat, spritzte Wasser auf, als er sich aufrichtete und ungeachtet der beengten Lage zu drehen versuchte, "BESPRINGEN?! Also echt, mein Traumprinz, deine Ausdrucksweise erschüttert mich!" "NUR meine Ausdrucksweise?", legte Sanford anzüglich nach, bemühte sich darum, den entschlüpfenden Liebsten wieder an sich zu ziehen, "was für eine herbe Enttäuschung!" "Frecher Kerl!", Pat verrenkte sich, um den sandfarbenen Schopf zu raufen, "du willst wohl sehen, wie mir alles Blut in den Kopf steigt, wie?! Dieser versaute Geldadel heutzutage!" Sanford lachte, holte Pat mit einem heimtückischen Fußhebel von den Beinen, fing ihn auf und küsste ihn leidenschaftlich, während um sie herum Badewasser überschwappte. O~O "Nun los, Leute, Sperrstunde!", trällerte Benedikt fröhlich, dirigierte seine Freunde aus Maximilians Zimmer. Wer nicht mehr nach Hause fahren wollte, durfte sich einen Platz in den Gästezimmern oder bei Benedikt aussuchen. Lukas lehnte an Maximilian, zwinkerte übermüdet. "Gehen wir auch schlafen", Maximilian half ihm auf die Beine, "außerdem musst du auch an deine Medizin denken." Er schob Lukas durch sein Schlafzimmer in das angrenzende Badezimmer, legte ihm fürsorglich einen Pyjama aus und verschwand in seinem Schlafzimmer. Er schlug sein Bett auf, verteilte Kissen, schüttelte eine Decke aus und überlegte, "macht es dir etwas aus, mit mir eine große Decke zu teilen? Die andere ist nämlich nicht ausgelüftet." Lukas tappte schlaftrunken zu ihm, die Zahnbürste im Mund, die Augen reibend, "hmmm?" Maximilian musste grinsen. Lukas hatte sich den Pyjama falsch zugeknöpft und sah mit den verstrubbelten Haaren wirklich sehr niedlich aus. "Schon gut", lächelte er sanft, "spül dir den Mund aus und leg dich hin." Er selbst flitzte durch das Bad, um sich dann neben Lukas auszustrecken. "Schlaf gut", raunte er leise, küsste Lukas auf die Stirn. "Du auch", murmelte Lukas schläfrig, wollte den Kuss erwidern, erwischte jedoch statt der Stirn Maximilians Nasenspitze. Maximilian lachte unterdrückt, zupfte die Decke zurecht und schmiegte sich an Lukas an. So warm und lebendig fühlte er sich geborgen und getröstet, welche Strafe auch kommen würde. O~O "Ja ja, in der ersten Hochzeitsnacht auf Händen getragen, in der zweiten auf Knien gerutscht", seufzte Pat theatralisch, verdrehte die schwarzen Augen, während sie gemeinschaftlich die Überschwemmung im Badezimmer einzudämmen versuchten. Sanford wandte den Kopf, zwinkerte und blies eine Kusshand. Die Antwort bestand in einer gebleckten Zunge kombiniert mit einer plattgedrückten, hochgezogenen Nase. "Brrrr!", kommentierte er, "schauerlich!" Was Pat natürlich dazu animierte, seine Aufgabe als Trockenleger zu vernachlässigen, um ihm wilde Grimassen zu schneiden, mit wachsender Begeisterung. Der Hüne schritt schließlich ein, indem er sich auf Pats Knie stützte und ihm einen anhaftenden Knebel verpasste, der jede Grimasse erstickte. Blinzelnd, atemlos, mussten sie dem akuten Sauerstoffmangel Vorrang einräumen, sich voneinander lösen. "Darf ich bitten?", Sanford erhob sich mit athletischer Mühelosigkeit, reichte Pat galant die Rechte. Der legte die eigene Rechte hinein, streifte betont die Ringe aneinander und ließ sich aufhelfen. Haut an Haut standen sie einander gegenüber, die Beine leicht geteilt, um die Füße nebeneinander versetzt anordnen zu können, streichelten sich sanft über die Wangen, sortierten verirrte Strähnen. "...gehen wir ins Bett", flüsterte Pat schließlich, dippte einen Kuss auf Sanfords Lippen. Er nahm die Hand seines Mannes, ging voran, hielt inne, als Sanford sich umwandte, um das Licht im Badezimmer zu löschen. "Wozu das Handtuch?", leicht irritiert betrachtete Pat Sanfords Schulter, über der lässig ein Frotteetuch lagerte, aber Sanford lächelte nur intensiv, leckte Pat über die Lippen, zupfte mit den Zähnen sanft am Ring. In diesem Augenblick erholte sich Pats Gehirn auch von der Blutunterversorgung, schaltete endlich und verbat glücklicherweise dem Mundwerk, ein entlarvendes Geräusch zu entlassen. Gemeinsam schlugen sie die dicke Daunendecke zurück, breiteten das Handtuch auf dem Bettlaken ein, dann kletterte Pat hinein, überließ es Sanford, ihm zu folgen. Der wandte sich herum, um den schweren Vorhang zuzuziehen. Schlagartig wurde es undurchdringlich dunkel. "Sandy?", Pat streckte anleitend eine Hand aus, haschte Sanfords Rechte, zog ihn rasch in eine enge Umarmung. "Puh, das ist ja fies finster", brummte er, streichelte über den muskulösen Rücken, keuchte leise, als sich der Hüne mit intensivem Reibungskontakt halb über ihm einrichtete. "...nicht mehr lange...", raunte Sanford an seiner Kehle, leckte über die Sehnen, bevor er einen tadelnden Schnaufer versiegelte. Wenn Liebe Licht ins Dunkel des Daseins brachte, so konnte man Pat wahrhaftig als Leuchtfeuer betrachten. Schon flackerten die ersten Stecker. "Stell dir vor", wisperte er guttural in ein glühendes Ohr, "wir hätten das damals in der Schule gemacht. Im Schlafsaal." Er spürte, wie Pat schluckte, sich räusperte, "wenn wir es bei mir gemacht hätten, müsste ich aber Teddy ausquartieren." Gegen seinen Willen musste Sanford lachen, rollte sich auf die Seite, streichelte über die sehnige Gestalt, "wir hätten es bei mir getan. Direkt neben Alocer." "...oh Gott...", murmelte Pat leise, schauderte. Die Vorstellung, es vor Ohrenzeugen und dann noch UNMITTELBAR neben Alocer zu tun, war erschreckend und erregend zugleich. Eine perverse Versuchung. "Wir hätten es tun sollen", schnurrte Sanford, drehte Pat auf den Rücken, fädelte seine Finger zwischen Pats und presste ihre Hände auf die Matratze, dann streckte er sich wie eine Katze, beugte sich über den schwarzhaarigen Mann, um jedem Stecker einzeln seine Aufwartung zu machen, ihn zu umkreisen, mit seinem Atem zu wärmen, bevor er mit Zähnen, Lippen und Zunge die durchstochene Haut zu necken begann. In seinen Ohren rauschte nicht nur das Blut, auch Pats Ächzen, Stöhnen, der verzweifelte Versuch, verräterische Laute zu unterdrücken. »Alocer wäre wahnsinnig geworden«, lächelte Sanford mit ungewohnter Bosheit. Seine Schultern protestierten unter der Belastung, sodass er beim Bauchnabel eine Reorganisationspause einlegen musste. Er richtete sich auf, bestaunte das weiß-flirrende Zauberspiel, die Schattenwürfe, die dadurch entstanden. Es half jedoch nichts: er musste seine Finger lösen, wollte er tiefer gehen und heute Nacht wollte Sanford ganz sicher bis auf den Grund! Er streichelte über die in hastigem Tempo flatternde Bauchdecke, legte die Hände in Pats Kniekehlen, um dessen Beine daran zu hindern, sich schützend-schamhaft zu schließen. »So weich«, dachte er, als er über die Innenseite der Schenkel leckte, die Wange an der zarten Haut rieb, schmuste. Dann drang er zur Mitte vor, angezogen von der unglaublichen Hitze, die die Genitalien so verschwenderisch verströmten und dem zuckenden, funkelnden Energiewirbel um den Stecker an neuralgischer Stelle. "Hmmm", schnurrte er kehlig, erprobte seine oralen Liebeskünste, lächelte unwillkürlich, als Pats Hüfte bebte. Er achtete darauf, die Spannung aufzubauen, aber nicht den Punkt ohne Wiederkehr anzusteuern, denn noch waren die Vorbereitungen nicht vollends getroffen. Als Sanford sich aufrichtete, delikat über die Mundwinkel tupfte, gönnte er sich den Luxus, Pat zu betrachten. Eine Hand erstickte allzu deutliche Äußerungen des Wohlbehagens, die andere umklammerte einen Teil des Handtuchs. Unter den gesenkten Lidern zuckten weiße Energiefinger hervor, leckten gierig über Wangen und Schläfen. Zahlreiche Wirbel beleuchteten den sehnig-schönen Leib, der sich in Erwartung unter ihm wand, sich um Beherrschung bemühte. "...du bist so schön", wisperte Sanford andächtig und hingerissen zugleich. Der Hüne vergaß für einen Augenblick seine Absichten, beugte sich hinab, um die siegelnde Hand zu entführen und Pat leidenschaftlich auf den Mund zu küssen, Luft und Speichel zu teilen. Als er sich erhob, blinzelte Pat mit gleißenden, blendend weißen Augäpfeln, selbst aus seiner Kehle rankten sich die gierigen Energiefinger. Sanford lächelte, von statischer Aufladung angefeuert. Er langte eilig unter sein aufgeplustertes Daunenkissen, holte das Gleitmittel hervor. Ohne weiteres Licht zu benötigen, allein durch den unwirklichen Schein seines Mannes, bestrich er Pats Penis mit dem Gel, verteilte es großzügig. Pats unterdrücktes Winseln steigerte sich, sein Leib zuckte weniger kontrolliert. Sanford rutschte zurecht, stützte die Arme auf, zielte, wollte sich dann langsam niedersinken lassen. Ein kehliges Krächzen lenkte seine Aufmerksamkeit auf Pat. Der umklammerte sein rechtes Handgelenk, während er sich auf dem rechten Ellen auflehnte, sich mühsam von der Matratze löste. "..wa-wa-warte!", stieß der schwarzhaarige Mann endlich verständlich hervor und verlagerte die Hand von Sanfords Handgelenk auf dessen Oberschenkel, wo sie sich ungelenk und glühend heiß den Weg hoch zu Sanfords Kehrseite arbeitete. "...du bist so süß...", ächzte Sanford, der das Vorhaben erkannte. Aus eigenem Antrieb rutschte er höher Richtung Kopfende des Bauernbettes, damit Pat um ihn herumreichen konnte und mit Gleitmittel seinen rektalen Körpereingang präparieren. Nun war es an Sanford, nach Luft zu schnappen, mehr als einmal den Kopf in den Nacken zu werfen und durch die Nase zu schnauben, um nicht laut zu stöhnen. Als Pats Hände unkontrolliert zitterten, er schon meinte, das Knirschen der gewaltsam verkeilten Kiefer zu hören, fing er beide Handgelenke seines Mannes ein, drückte sie über dessen Kopf in die dichte Daunenmasse in den Kopfkissen, während er sich selbst assistierte und sehr langsam auf Pats Unterleib sinken ließ. Millimeter nur, weniger vielleicht, -Sanford wusste es nicht zu sagen, aber er wollte es genießen, jede Sekunde in die Länge ziehen. Dank seiner enormen, übermenschlichen Muskelkräfte musste er keine Einschränkungen hinnehmen. Ewigkeiten schienen zu verstreichen, bis er auf Pats Hüften saß, Knochen an Knochen stießen. Sanford kam leicht aus der Hocke, lediglich ein Wippen, aber Pat verlor die Beherrschung, schrie auf. "...Erebos...Erebos...", Sanford leckte über die Lippen, blinzelte auf das wirbelnde Energiefeld, das ihr Bett ausleuchtete. Kleine Explosionen zischten um Pats weiße Augäpfel, Tränen, die vor Energie zerbarsten. Mit zähneknirschender Kontrolle gab Sanford die gefangenen Handgelenke frei, schob bebend seine Finger über die Handteller, vorgebeugt, bis er ihre Finger verflechten konnte. Er wollte sich wieder sinken lassen, als Pat für ihn unerwartet die Fersen in die Matratze stemmte und die Hüfte anhob, ihm auf direkten Weg entgegenkam. Der Impuls löste die letzten Bande, die ihre Lust in die Schränken verwiesen hatte. Mit erlösendem Aufstöhnen kamen sie in konvulsivischen Zuckungen gleichzeitig. Sanford sprühte Speichel, als ihn kochend heißer Samen erfüllte, begleitet von heftig pulsierenden Energieladungen. Unbewusst registrierte er, wie sein unmenschlich starker Leib hin und her geschleudert wurde, sich krümmte und überdehnte, schüttelte und bockte. Unter ihm erging es Pat nicht anders, dessen Leib nicht nur zwischen den Beinen explodierte. Um jeden Stecker, jede Körperöffnung wirbelte wie bei Supernovae ein triumphierender Energiekreisel, der Licht ausstrahlte und Wärme verzehrte. Pat hatte keine Kraft, Sanford aufzufangen, als der erschöpft neben ihm auf die Matratze prallte, sich an ihn kuschelte, aber er konnte die Lippen teilen, die Energie vermischen, die sie beide erfüllte. O~O Es war dunkel. »Aber kuschlig warm!«, Sanford schmiegte sich an Pat an, ließ sich zärtlich über die Stirn, die Wange, die Seite, den Arm streicheln. "Gut?", erkundigte sich Pat heiser, küsste ihn auf die Stirn. "Gut", schmunzelte Sanford, küsste die Halsbeuge, die so schön warm war und glatt rasiert. Sie lauschten auf ihre Atemzüge, die sich langsam einander anglichen, den Rhythmus ihrer Herzen wiedergaben. "Wir hätten das nie in der Schule getan", krächzte Pat schließlich bestimmt, "die hätten sonst eine UFO-Sichtung gemeldet." Sanford lachte leise, streichelte über Pats Brustkorb, "bei den Geräuscheffekten?" "Na, irgendwoher müssen ja die KLEINEN grünen Männchen kommen", konterte Pat trotzig. An seiner Seite rutschte Sanford höher, küsste ihn zärtlich auf die Lippen, bevor er Eskimoküsse anschloss, "du bist einfach wunderbar." "Schmeichler", knurrte Pat, "hast Glück, dass es hier so dunkel ist. Sonst wäre ich jetzt rot wie ne Tomate!" "Hmmm", schmunzelte Sanford und rückte noch näher heran, "wie gut, dass ich im Dunkeln noch besser Hitze spüren kann." "Du willst mich wohl ärgern, was?!", zwei energische Finger kniffen in Sanfords Nasenspitze, aber er konnte deutlich spüren, wie Pat das Blut in die Wangen schoss. "Ich könnte dich glatt auffressen, so süß bist du!", versetzte er in quietschig-aufgeregtem Tonfall, beschmuste Pat so aufdringlich-nachdrücklich, dass der in Notwehr sein Kissen hervorzog, um ihm eine Dröhnung Daunen zu verpassen. Sanford nahm das Duell an, wählte sein Kopfkissen als Waffe der Wahl, wehrte zwei wilde Schwinger ab, bevor er unter Pats lockerer Deckung hindurchtauchte, ihn umschlang und mit einem sauberen Tackle auf die Matratze legte. Wütende Proteste erstickte er mit nachdrücklichen Küssen, bis sich die trommelnden Fäuste auf seinen Schulterblättern lösten und sich Fingernägel in seine Haut gruben. Pat stöhnte in ihren Küssen, bewegte sich schlängelnd unter ihm, drehte schließlich ruckartig den Kopf zur Seite, um laut nach Luft zu ringen. Es funkelte und gleißte wieder in ihrem Bett. Sanford richtete sich auf, stapelte die Kissen, klopfte sie ordentlich, bevor er Pat behutsam unter den Achseln fasste und ihn auf das Lager dirigierte, dann rollte er sich wieder bäuchlings auf ihn, stellte die Arme auf, um wie eine liebestolle Seerobbe über das Gesicht seines Mannes zu schlabbern, frech am Ring in der Unterlippe zu knabbern. Seine reibenden Auf- und Nieder-Bewegungen sorgten dafür, dass nicht nur Pat innerhalb kürzester Zeit verstärkt nach Luft schnappte. "...nicht...nicht!", der schwarzhaarige Mann fasste sich so weit, dass er die feuchten Liebesbekundungen abwehren konnte, "igitt, Sandy! Überall Sabber!" "Du kannst mich zur Strafe ja auch vollsabbern", bot Sanford grinsend an. "Ferkel!", schnaubte Pat atemlos, langte um Sanford herum und kniff ermahnend eine aparte Pobacke, aber Sanford ignorierte den Tadel, blickte einfach in die schwarzen Augen, die bereits unfokussiert glänzten. Er rückte nahe genug an die Kissen heran, dass Pat mit ausgestellten Beinen nicht mehr ausweichen konnte, als er ihn auf seinen Schoß hob, eng umschlang und erneut küsste. Spürte Pat, was er sich wünschte? Würde er dieses Mal erfolgreich sein? Pats Arme wickelten sich erstickend eng um seinen Nacken, dann blies wüsten-heißer Atem über sein Ohr. "Ja", raunte der schwarzhaarige Mann kaum hörbar seine Antwort auf die stille Frage. Er wollte, dass Sanford mit ihm schlief. Der galoppierende Herzschlag, das Zittern des sehnigen Leibs verrieten dem Hünen allerdings, dass sein Mann auch Furcht hegte. Dazu musste man sich gar nicht an das Desaster mit dem Vibrator erinnern. Sanford küsste die Schläfen, die Stirn, streichelte durch die feuchten Igelstachel und schwor sich, dass dieses Mal nichts schiefgehen würde. Er wiegte Pat in seinen Armen, streichelte über dessen Rücken, spielte mit den Steckern, die in seiner Reichweite waren. Besonders der direkt über dem untersten Lendenwirbel tat es ihm an. »Licht kann nicht schaden«, lächelte er frivol. Pat unterdessen angelte nach der Daunendecke, zog sie heran, um sie über Sanfords Schultern zu drapieren. "Frierst du?", Sanford zeigte sich erstaunt, immerhin hielt er doch einen sehr warmen, geschmeidigen Körper in seinen Armen. "Will mich festhalten", murmelte Pat rau. "Tu das lieber an mir", antwortete der Hüne nach einem Augenblick leise. Hatte sein Liebster immer noch Angst? Sanford küsste Pat auf die Lippen, fand sie willig, aber bebend. Er musste sich etwas einfallen lassen. "Igelchen", raunte er begehrlich, "ich schwöre dir, ich halte deine Hände." Pat kuschelte sich enger an, fragte sich, wie genau sein Mann DAS bewerkstelligen wollte. Aber wenn Sanford wirklich seine Hand hielt, dann musste er sich ja nicht fürchten...hoffentlich! Auch der Hüne hatte Hoffnung, griff nach den Daunenkissen, arrangierte sie in einer Reihe. "Wie wäre es mit einer Massage, der Herr?", säuselte er sanft, verteilte Eskimoküsse. "Oh...prima!", eifrig rutschte Pat von Sanfords Schoß, streckte sich auf den Kissen aus und trommelte ungeduldig mit den Füßen auf die Matratze. "Sofort geht es los!", der Hüne kletterte breitbeinig über Pat, rieb die Hände aneinander, um sie mit Wärme und Energie aufzuladen. Dann beugte er sich über Pat, massierte mit den Fingerknöcheln Muskeln und Sehnen von der Wirbelsäule nach außen, drückte und rieb die Schultern, küsste dann zärtlich jeden einzelnen Stecker. Pat unter ihm seufzte und ächzte vor Wonne und Erregung. Vor allem aber entspannte er sich, entließ die Sorgen und Befürchtungen. Im unwirklichen Schein der Energiewirbel kauerte Sanford über Pats Beinen, bestrich dessen Kehrseite sanft, bevor er dessen Hüften anhob, ihm auf die Knie half. Vorsichtig schloss er die Finger um Pats Penis, verteilte mit sanftem Strich das Gleitmittel. Pat seufzte leise, atmete schneller, drückte den Rücken durch, katzbuckelte. "Gut?", raunte Sanford zärtlich an seinem Ohr, küsste das Läppchen. "Gut", wisperte Pat rau, schloss die Augen, die Wangen von gleißenden Lichtern erleuchtet. Sanford wölbte sich nun über Pats Rücken, bedachte jeden einzelnen Wirbel mit einem Kuss, während er gleichzeitig sehr vorsichtig einen Finger mit Gleitmittel bedeckte. Behutsam streichelte er, von neckenden Küssen getarnt, mit dem Finger über Pats Genitalien und den besonderen Stecker. »Vorsichtig«, mahnte er sich, als er den ersten Vorstoß unternahm, von der glühenden Hitze in Pats Innerem erneut überrascht. Er lauschte auf das kurze Atemeinhalten, dann aber entspannte sich Pat wieder. »Ich tue dir nicht weh, Igelchen«, lief in Sanfords Kopf eine Beschwörungsformel ab, wiederholte sich endlos, als könne sein guter Wille sich über ihren Kontakt übertragen. Während er sich anschmiegte, mit der Zunge feuchte Kreise um Stecker zog, die Linke um Pats Erektion geschlossen, erkundete er behutsam dessen analen Eingang. Sanford wusste, dass er Geduld zeigen musste, auch wenn er selbst das Gefühl hatte, ihm würde gleich der Kopf vor Lust zerspringen, Blut aus der Nase schießen, von anderen Körperteilen subäquatorial ganz zu schweigen. Pat atmete nun schneller, zögerte immer wieder bebend, bevor er sich bemühte, seine flache Atmung vom Brustkorb in den Bauch zu verlagern. Das leise Zittern rührte den Hünen, der seine Hände löste, beide Arme um den sehnigen Leib schlang, ihn an sich zog. Der schwarzhaarige Mann wandte sich ungelenk um, öffnete die Augen, die gleißend weiße Energie verströmten, die Form seiner Augäpfel verschwimmen ließ. Er konnte Sanford nicht mehr sehen, aber er spürte die Hitze, die dessen Körper abstrahlte, eine Aura von ungeheuer köstlich-tröstender Energie. Zögernd tastete er nach dem Gleitmittel, während seine Linke an den Schenkeln entlang die Spur aufnahm, um über Sanfords Erektion zu streichen. "...Erebos...", Sanford krächzte schluckend, "ich kann das..." Pat beugte sich vor, schwankte ein wenig, als er Sanford küsste, die seltsame Energie, die aus seinem Körper gierig leuchtend leckte, mit ihm teilte. Plötzlich, unerwartet, fühlte er sich ganz ruhig, aufgeladen, erwartungsvoll, erregt, sehnsüchtig, keine Frage, aber auch gelassen. »Sandy wird auf mich aufpassen«, lächelte er in ihrem innigen Kuss. Selbst wenn wider Erwarten sein Körper sich auflöste, so wäre das sicher kein ganz schlechter Abgang. Er hob den freien Arm, schlang ihn Sanford um den Nacken, brachte mit der anderen Hand ihre Erektionen in intimen Kontakt. Sanford stöhnte in ihrem Kuss, fasste um Pat herum, beeilte sich vor allem im eigenen Interesse, dem ersten Kundschafter weitere hinzuzufügen. Mit jedem hungrigen Kuss spürte er, wie Pat sich gewöhnte, dessen Muskeln im Reflex reagierten, an seinen Fingern saugten. "Erebos", widerstrebend löste er sich, leckte gierig den Speichel von den Lippen, wusste nicht, wie er fortfahren sollte. Aber Pat verstand auch ohne Worte, stemmte sich von seinem Schoß auf alle Viere und absolvierte eine Drehung um 180 Grad. Der Hüne kam hinter ihm aus der Hocke, musste sich schütteln, um seine Gedanken zu fokussieren. Seltsame Schatten tanzten in dem unwirklichen Licht auf dem Bettlaken, huschten über das zerknautschte Handtuch. Sanford kniete sich zwischen Pats Beine, streichelte ablenkend über dessen Arme, küsste dessen Nacken atemlos. Die Rechte, an der sein Ring glänzte, legte er auf Pats Hand, schob seine Finger zwischen Pats, streifte absichtsvoll dessen Ring. Ihre Finger krümmten sich ineinander, gaben einander festen Halt. Sanford konnte darauf vertrauen, dass seine Fingerknöchel allein genügten, ihr gemeinsames Gewicht auszubalancieren. Mit der Linken wies er seiner Erektion vorsichtig den Eingang, hielt inne, um auf dieselbe Weise Pats Linke zu umschließen. Da er den Weg kannte, ignorierte er das wilde Rauschen in seinem Kopf, die tanzenden Lichter, den einsetzenden Schwindel, wagte sich immer nur millimeterweise tiefer, indem er die Hüfte vorschob. Nach einigen hastigen Atemzügen kam Pat ihm entgegen, ließ seine Muskeln reagieren, so, wie sie es zuvor geübt hatten. Sanford musste den Kopf zur Seite drehen, die Zähne zusammenbeißen: DAS war heftiger, als er vermutet hatte, nicht nur die Hitze, die arhythmischen Muskelkontraktionen, sondern auch die Energie, die ihn empfing. Pat unter ihm buckelte, keuchte, besprenkelte ihre verschlungenen Hände mit Tränen und Speichel, dann kippte er die Hüfte wieder, legte den Kopf in den Nacken, um Sanfords Vordringen zu beschleunigen. Sie zitterten beide heftig am ganzen Leib, als es keinen Fortschritt mehr gab. Sanford wünschte sich, Pat zu küssen, diese Energie, die ihn alle Beherrschung kostete, Tränen aus seinen Augen zog, zu kontern. Er zuckte zusammen, als Pat sich mit dem Rücken gegen seine Brust presste, aber nicht nur das: der schwarzhaarige Mann versuchte, sich aufzurichten! "...!", Sanford biss sich versehentlich auf die Zunge, verschluckte sich am eigenen Speichel. Das war verrückt! Beim ersten Mal konnten sie unmöglich...! Aber Pat gab nicht nach, auch wenn sein unterdrücktes Stöhnen nun einem Winseln glich. Sanford schickte sich drein, spannte seine Oberschenkel an, um der Bewegung langsam folgen zu können, bis er auf seinen Fersen hockte, während Pat auf seinem Schoß kauerte und erstickt schluchzte, ihre Arme um seinen Leib schlang, die unkontrolliert zuckenden Beine aufzustützen versuchte. Tränen zischten auf seinen Wangen, Transpiration verglühte in den Energiewirbeln. »Das ist Wahnsinn!«, raste ein einsamer Gedanke durch Sanfords lustüberspültes Gehirn. Glücklicherweise wusste sein Körper ohne große Anweisungen, wie er sich verhalten sollte, indem er ihre gemeinsame rechte Faust löste und um Pats Erektion legte, während er mit der Linken Pats Knie herunterdrückte. Es gab schließlich eine Schmerzgrenze für guten Willen. Pat krümmte sich zusammen, rang hustend und schluchzend nach Luft. Sanford hob ihre verschlungene Linke, nachdem er Pats Knie auf die Matratze dirigiert hatte, um dessen Kinn zu fassen, den Kopf zu drehen. Auf diese Weise konnte er sanfte Küsse verteilen, bevor Pats glühende Lippen, Stecker und Ring funkensprühend einen intensiven Kuss einforderten. Pat glitzerte vor seinen Augen, denn die wild flackernden Energielanzen beleuchteten die winzigen Perlen von Tränen und Schweiß auf dem attraktiven Gesicht. Gebannt von diesem unvergleichlichen Anblick sank Sanfords Linke hinab, konnte er kaum Luft holen. "...schön...", raunte er heiser, schluckte heftig, "...so...schön...!" Verlangend steuerte er erneut die bebenden Lippen an, küsste Pat leidenschaftlich, während er ihre Linken auf dessen Hüfte platzierte und sich sehr behutsam von seinen Fersen löste. Sein Mann folgte der Bewegung, konnte jedoch nur zeitverzögert reagieren, als Sanford sich rasch wieder sinken ließ, Pats Reaktion nutzte, um ihm auf halben Weg entgegenzukommen, im wahrsten Sinne des Wortes, denn er landete einen Volltreffer. Pat brach aus ihrem Kuss aus, schrie kehlig auf, um dann unkontrolliert zu zucken, stöhnend und ächzend nach Luft zu ringen, sich zusammenzurollen. Sanford umschlang mit ihren Linken Pats Brustkorb, hielt ihn an sich gepresst, während er sich allein auf seine kräftigen Beinmuskel verließ, sich mit seinem Mann auf und nieder bewegte, dabei die Hüfte kippte. Heiße Flüssigkeit bespritzte ihre verschlungenen Rechten. Er löste sie, um Pat mit beiden Armen umfassen zu können. Dann verlor er selbst die Kontrolle, entlud sich in den bebenden Leib. In sein lautes Aufstöhnen mischte sich Pats heiserer Aufschrei. Sanford schwankte, spürte nicht nur Pats ungewöhnliche Energieentladungen, die glühende Hitze, sondern auch, wie ihm die Knie weich wurden, die Muskeln zu Pudding. Mit einiger Anstrengung gelang es ihm, ihr verschlungene Einheit auszutarieren. Pat lag still in seinen Armen, ohne Körperspannung. Sein Kopf war gegen Sanfords Halsbeuge gesunken. Hastig, erschrocken lauschte er auf Atemzüge, legte seine Rechte auf Pats Herz. »Nur ohnmächtig...Gott sei Dank!«, stellte er nach bangen Sekunden erleichtert fest. Sehr vorsichtig wickelte er den rechten Arm um Pats Oberkörper, hob ihn leicht von seinem Schoß, um ihre intime Verbindung zu lösen. In diesem Augenblick regte sich Pat wieder, zuckte unwillkürlich mit Armen und Beinen. "Erebos?", Sanford wisperte rau den vertrauten Namen, küsste die feuchte Stirn. "Hmmmm", stöhnte Pat benommen, hob die freie Rechte, rieb sich über die Augen, aber es würde nach Sanfords Auffassung noch eine Weile dauern, bis Pat wieder sehen konnte. "Hmmmm?!", Schwarze Augäpfel richteten sich auf Sanford, während Pat auf seinem Schoß rotierte, mit der Rechten unter sich tastete. Sanford wusste die Aufregung richtig zu deuten: die Schwerkraft forderte ihren Tribut. Gelassen angelte er auf ihrem verwüsteten Bett im nachlassenden Schimmer der Energiewirbel nach den Taschentüchern. "Stütz dich auf meine Schultern", wisperte er zärtlich, löste auch die Linke von Pats Hand, schlang den Arm um dessen schlanke Taille, um ihn auf die Knie zu ziehen. Ohne Scheu reinigte er Pats Unterleib, entfernte die Spuren. "...das Handtuch ist sicher eingesaut...", hustete Pat heiser, umklammerte Sanfords Nacken Wärme suchend. "Kann man waschen", schmunzelte Sanford, verbannte Taschentücher und zerwühltes Handtuch aus dem Bett. Langsam senkte sich Dunkelheit um sie, aber Sanford konnte Pat nicht einfach loslassen. Er wollte ihn halten, so eng wie möglich, das geliebte Gesicht mit Küssen bedecken, durch die Lippen die nachglühende Wärme spüren. "Danke", raunte er sanft in Pats Ohr, ließ sich von ihm den Schopf tadelnd-verlegen zerzausen. "...Sandy?", Pat klang müde und erschöpft. "Ja, mein Igelchen?", Sanford kraulte Pats Nacken liebevoll. "Ich...ich kann das nicht oft wegstecken", flüsterte es kaum hörbar an seinem Ohr. Sanford erstarrte. Hatte er Pat etwa verletzt und es nicht mal gemerkt?! Bevor er in panische Nachfragen und verzweifelte Beteuerungen ausbrechen konnte, ergänzte der schwarzhaarige Mann hauchzart, "das ist mal wieder furchtbar peinlich, aber...ich sacke da einfach weg." Es klang so zerknirscht-selbstironisch, dass Sanford gegen seinen Willen lachen musste, Pat noch enger an sich presste, ihn wiegte, "ich halte dich fest. Ich lasse dich ganz sicher nicht los." "Und gerade...", Pat ächzte, "verarbeitest du mich zu einer Briefmarke!" "Entschuldige!", hastig löste Sanford seinen Griff, streichelte Pat sanft in der Dunkelheit über das Gesicht. Sehr schüchtern wisperte er, "gut?" "...gut", raunte Pat sanft, lehnte die Stirn gegen die des Hünen, stützte die Ellen auf dessen Schultern, zerzauste die sandfarbenen Strähnen, "ich liebe dich, Sandy." "Dito", krächzte Sanford. Plötzlich war ihm die Kehle eng, musste er blinzeln. Pat küsste ihn sanft, zärtlich, kicherte dann übermüdet, "quak quak!" Sanford stimmte in ihren Froschchor ein. Er legte die Rechte in Pats Nacken, schlang den linken Arm um dessen Oberleib, um ihn sanft und mühelos auf die Matratze und ein herrenloses Daunenkissen zu betten. Er fing die gestrandete Daunendecke ein, streckte sich an Pats Seite aus, wickelte sie beide warm ein und schmiegte seine Wange auf Pats Brust, fasste nach Pats Hand, um sie auch im Schlaf nicht zu verlieren. O~O Kapitel 13 - Familie "BBBZZZZZZZZZZZ!" Sanford zuckte, blinzelte. Es war sehr dunkel, er lag warm und bequem, an seiner Seite eine glühende Gestalt angeschmiegt. »Gut«, befand er, blinzelte. "BBBZZZZZZZZZZZ!" Die glühende Gestalt, die friedlich an seiner Seite geruht hatte, rollte blitzartig herum und verpasste Sanford versehentlich einen Nasenstüber. "BBBZZZZZZZZZZZ!" "HHHMMMRRRRMMMPPPP!", protestierte der verhinderte K.o.-Schläger. Sanford seufzte, rollte sich auf die Seite und stützte sich auf eine Elle. Er erinnerte sich, die Dunkelheit wurde durch einen Vorhang verursacht und der Rabatz stammte vom Wecker seiner Armbanduhr, also musste er widerwillig dem Liebesnest entsteigen, bevor der nächste Alarmton seinen Liebsten auf die Palme brachte. Wacker stemmte er sich hoch, schlug den Vorhang beiseite, stieg blinzelnd über die Reste der erlebnisreichen Nacht hinweg und schaltete den Alarmton ab. Er lächelte unwillkürlich, als er sich umdrehte, einen Blick auf die dösende Gestalt warf. Pat lag auf dem Bauch, die Arme locker um den Kopf drapiert, bis unter die aparten Pobacken entblößt und ein wundervoller Anblick. Sanford seufzte noch mal hingerissen, wischte sich durch die Haare. Dann sammelte er Taschentücher und das Handtuch vom Boden auf, wechselte in das Badezimmer, wo er den Müll entsorgte, ihre Kleider sortierte, sich das Gesicht wusch und mit Wasser gurgelte. Er füllte einen Zahnputzbecher mit Wasser und kehrte in das Schlafzimmer zurück, stellte den Becher neben seiner Uhr ab, zog langsam die Vorhänge beiseite und nahm wieder auf der Matratze Platz. Sanft streichelte er über die schwarzen Igelstacheln. Ein kehliges Brummen ertönte aus der Matratze. Schnaufend drehte Pat den Kopf auf die Seite. "...mussichaufstehn?" Sanford schmunzelte, ließ die Fingerspitzen über das nackte Rückgrat gleiten. "Du hast noch etwa eine halbe Stunde", antwortete er leise. "UUHHHOHHHHHHH", stöhnte es gequält. Der Hüne grinste, beugte sich tiefer über Pat und küsste zärtlich die sich abzeichnenden Wirbel. "...Sandy....?" "Ja?", Sanford hob den Kopf an. "Bist du nackt?" Mit einem unterdrückten Prusten antwortete Sanford ernsthaft, "ja?" "Gut", ein schwarzes Auge hatte sich für die grausame Realität geöffnet und nahm ihn in den Fokus. "Gut?", wiederholte der Hüne, weil sich keine Ausführungen zum Thema anschlossen. "Hmmm!", bekräftigte Pat, drehte sich auf den Rücken und rieb sich mit den Handrücken über die Augen, streckte und räkelte sich. Sanford schluckte, leckte sich über die plötzlich trockenen Lippen. Sein Herzschlag nahm Tempo auf. "Buärks", stellte Pat fest, "vermissen wir eine Socke?! Ich glaube, ich muss mir die Zunge mähen!" Mit einem Glas Wasser allerdings konnte der Katastrophe auch Einhalt geboten werden. Sanford assistierte, während Pat langsam in die Senkrechte krabbelte. "Puha", wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund, "wen muss ich vögeln, um einen Guten Morgen-Kuss zu bekommen?!" Sanford grinste, "mich zum Beispiel?", warf sich in Pose. Pat lupfte kritisch eine Augenbraue, legte eine Hand um Sanfords Kinn und strich mit dem Daumen über dessen Lippen, "lass mich mal dein Gebiss sehen, Großer!" "Ist das hier ein Pferdemarkt, oder was?", Sanford knurrte. Pat grinste breit, bleckte die weißen Zähne, "bist du ein Hengst, oder was? Dann muss das wohl ein Pferdemarkt sein!" Als er frech die Zunge rausstreckte, schoss Sanford nach vorne, fing den vorwitzigen Kundschafter ein und küsste Pat leidenschaftlich, der ihm die Arme um den Nacken schlang und definitiv Körperkontakt suchte. Atemlos lösten sie sich, lächelten. "Guten Morgen, Igelchen", wisperte Sanford zärtlich. "Guten Morgen, Sandy", krächzte Pat feixend, zwickte Sanford in die Nase, "wenn du den doofen Wecker nutzbringend verwenden willst, sieh zu, dass wir Zeit zum Duschen und fürs Frühstück haben." Er leckte sich über die Unterlippe, spielte mit dem Ring, "DANACH." Sanford grinste, "gekauft wie gesehen?" "Definitiv", nickte Pat entschlossen, legte die Hände um Sanfords Gesicht und zog es wieder zu sich herunter. Sanford spürte das erwartungsvolle Summen an seiner Zunge, wie sich der Stecker auflud, lutschte sanft an dem Ring in Pats Unterlippe. Pat lachte leise, "schon auf Entzug?", schlang die Arme um Sanfords kräftigen Oberkörper und drehte sich mit ihm um die eigene Achse. Unter ihm lächelte Sanford hungrig, streichelte mit beiden Händen über Pats Brustkorb bis hinunter zum Bauchnabel. Aus einem Impuls heraus zog er die Beine an, stemmte die Zehen unter Pats Becken, hielt ihn unter den Achseln fest, -und drückte die Beine Richtung Zimmerdecke durch! Der schwarzhaarige Mann quietschte erschrocken, als er plötzlich über Sanford schwebte, wedelte dann aber lachend mit den Armen, "ich kann fliegen! JuuuHUUUUUU! Ich bin der König der Welt!" Sanford lachte, seine kostbare Last schwankte und gerade noch rechtzeitig konnte er den Absturz abfangen, Pat in seinen Armen bergen. "Verrückter Hund!", schnappte Pat nach Sanford, der auswich, breit grinste. "Na warte!", der schwarzhaarige Mann verwuschelte die sandfarbene Mähne grimmig, "JETZT geht's rund!" Mit einem Ruck drehte er Sanford auf den Bauch, umklammerte dessen Handgelenke und drückte sie neben dessen Kopf in die Matratze. "SoHO!", triumphierte Pat krähend, kauerte rittlings auf Sanfords Rücken. Sanford grinste in die Matratze und stemmte sich ohne Mühe auf die Knie. Auf seinem Rücken schwankte Pat, protestierte, "he! Gemein!" "Was ist?", neckte Sanford, blickte über seine Schulter, "keine Lust, den Hengst zuzureiten?!" Pat funkelte zurück in die hellblauen Augen, dann senkte er langsam die Zähne in Sanfords Schulter. Der kniff für einen Moment die Augen zusammen, katzbuckelte dann langsam. Es störte ihn nicht, einen kleinen Schmerz zu spüren, nicht, wenn er wusste, dass die Belohnung nicht lange auf sich warten lassen würde. Pat glitt langsam von seinem Rücken herunter, langsam genug, um Sanford spüren zu lassen, dass sie beide bereits freudig erregt waren. Der schwarzhaarige Mann fasste um Sanfords Hüfte, massierte energisch mit der Rechten die Erektion, ließ seinen Mann den Ring spüren. Sanford stöhnte leise vor Genuss. Mit der Linken streichelte Pat über Sanfords Lippen, bis sie Einlass fand, ließ Sanford begehrlich am Mittelfinger saugen. "Sandy", schmiegte er sich hautnah an, "Gleitmittel her!" Artig gehorchte der Hüne, zu Pats Amüsement aber durchaus wacklig auf seinen Armen aufgestützt. Er ließ sich Zeit, die eigene Erektion zu bestreichen, bevor er mit quälender Geduld Sanfords Unterleib vorbereitete. Der bockte und schüttelte sich schon wie ein Mustang, atmete flach und schnell. "Howdy", raunte Pat kehlig an Sanfords Ohr, lächelte berauscht und beinahe blind über das merkliche Zittern seines Liebsten. Pat hatte selbst Mühe, seine Erregung zu kontrollieren. Er schloss die Augen, spreizte die Finger, um sich einen Weg dazwischen zu bahnen, krächzte heiser, "yiihaaa?!" Sanford lachte erstickt, endete in einem langgezogenen Stöhnen. Sein Mann löste eine Hand, streichelte sanft über den gebogenen Rücken, während er Schwung holte, einen schnellen, harten Rhythmus vorgab. Der Hüne ächzte in der treibenden Bewegung, zuckte heftig, als Pat die Hand von dessen Rücken nahm und um die Erektion legte. Er wollte eine Warnung formulieren, verschluckte sich, doch Pat bedurfte keiner Ankündigung, nicht mal seiner Augen, wenn er unzählige, kleine Explosionen spürte, die den großen Ausbruch avisierten. Er zog ein letztes Mal das Tempo an, ließ Sanford keinen Millimeter Rückzugsraum übrig. Kurz nacheinander folgten sich ihre Orgasmen, dann schlugen sie beide erlöst auf der Matratze auf. Als Pat einigermaßen bei Atem war, rollte er sich auf die Seite, krächzte heiser, "yihaaaachhhhhh!" Sanford rutschte an seine Seite, streichelte über Pats Wange, ein wenig zittrig. "Lass uns heiraten", flüsterte er. Pat wandte den Kopf, zwinkerte lächelnd, "haben wir schon." Der Hüne wischte sich durch die Haare, "dann machen wir es noch mal?" Nun musste Pat prusten, schmiegte sich an Sanford an, "haben wir auch schon." "Oh", Sanford seufzte, "kann ich wenigstens dein heimlicher Liebhaber sein?" "Damit ich dich mit dir betrügen kann?", Pat warf die Stirn in kritische Falten, "Sandy, bist du wirklich schon wach?" "Hmmm", der Hüne grinste verschmitzt, "versuch mich doch noch mal zu wecken!" "Frechdachs", befand Pat und setzte sich auf, stippte mit spitzen Fingern in Sanfords kurze Rippen, "und mit so einem unersättlichen Satyr bin ich verheiratet!" "Sogar doppelt", stellte Sanford genüsslich grinsend fest, "so hält es schließlich besser." "Ich erinnere mich", schnaubte Pat, brach dann aber in Gelächter aus, "komm hoch, geliebter Gatte! Waschen und Frühstücken!" Sanford setzte sich auf, angelte nach den Taschentüchern, wischte sich den Unterleib ab, während er Pat in die schwarzen Augen sah. Pat beugte sich vor, schlang die Arme um Sanfords Nacken und küsste ihn zärtlich. Sie hielten sich eine Weile, lächelten sich an und neckten sich mit Eskimoküssen. "Wir müssen wohl wirklich langsam los", bedauerte Sanford, streichelte durch die schwarzen Igelstacheln. "Ja", seufzte Pat leise, "hab ich dir schon gesagt, dass ich dich liebe?" "Sag's ruhig noch mal", raunte Sanford sanft, "ich liebe dich nämlich auch." Pat zwinkerte melancholisch, "quak quak." "Quak quak", wisperte Sanford, spürte den Stimmungswandel. Sie wussten beide, dass sie sich trennen mussten. "Gehen wir uns waschen", Sanford nahm Pat auf die Arme, der sich nicht wie sonst lachend wehrte, sondern an ihn schmiegte. Er stellte Pat vorsichtig in die Wanne, legte frische Handtücher aus und kletterte dann zu seinem Mann. Sanford befeuchtete einen Waschlappen, streichelte ihm sanft über den Körper. Pat übernahm schließlich seine Aufgabe, schmiegte sich aber an Sanford an, summte leise vor sich hin. Der Hüne legte die Arme um ihn, drehte sich in winzigen Tanzschritten mit seinem Mann. "Das wird schon, Igelchen", tröstete Sanford leise. "Ich weiß, Sandy", murmelte Pat, "ist sicher bloß der Zuckermangel." "Aha", schmunzelte der Hüne, küsste ihn zärtlich auf die Stirn, "dann beheben wir den Mangel lieber schnell." Um sich zu fassen, trockneten sie sich in einigem Abstand ab, kleideten sich dann an. "Du hast sogar Kleider für mich gekauft", Pat lächelte schief, sah an sich herab. "Gefällt es dir?", Sanford ballte die Fäuste, um nicht die Hände nach Pat auszustrecken, "auf Reizwäsche wollte ich mich aber noch nicht einlassen." Pat schmunzelte stumm, strich über das aparte Karomuster der Hose und das schwarze Netzhemd, Edelpunk-Stil inklusive Sicherheitsnadeln und Ketten. Sanford zog Pat heran, küsste ihn lange auf den Mund. "Erebos, wir finden eine Lösung", versprach er, blickte in die schwarzen Augen, "ich will auch nicht getrennt von dir sein." Der schwarzhaarige Mann zuckte verlegen mit den Schultern, "ich bin ein verdammter Softie, wie?" Der Hüne lächelte verzaubert, "ich mag es sehr, wie offen du deine Gefühle zeigst. Da werde ich jedes Mal schwach." Sein Mann lachte leise, lehnte die Stirn an, kuschelte. Dann löste er sich, "also gut, spielen wir die tapferen Helden!" Er verließ mit Sanford an der Hand das Zimmer der Pension. O~O Unweit der Pension warteten Pat und Sanford auf den kleinen Transporter, der Pat zurück ins Bishounencastle bringen sollte. In der kalten Luft verschmolzen ihre Atemwolken. Sanford hielt Pat im Arm, während er die beiden Kleidersäcke lässig über die andere Schulter gelegt hatte. Sie schwiegen auch, als der Transporter heranrollte. Der Fahrer, ein Student, sprang elastisch aus dem Fahrerhaus, wünschte ihnen einen guten Morgen. Sanford lächelte leicht, überreichte die Kleidersäcke, dann griff er eilig in seine Manteltasche und schob Pat einen Lutscher in die Hand. "Ach, verdammt", murmelte der schwarzhaarige Mann, halste Sanford erstickend, bevor er ihm den eigenen grell-bunten Schal sorgsam um den Nacken wickelte, "ich ruf dich an, Sandy, ja?" Pat küsste seinen Mann tapfer. "Ich warte darauf", Sanford zwang ein Lächeln auf sein Gesicht, "jetzt nimm deinen Lutscher, Igelchen." "Danke", Pat schniefte grummelnd, "ruf du mich an, wenn dein Clan sich meldet!" "Mach ich", der Hüne ließ Pats Hand erst los, als die Abfahrt unmittelbar bevorstand und er rührte sich nicht vom Bürgersteig, bis der Transporter außer Sicht war. Dann schob er die Hände in die Manteltaschen, holte einen weiteren Lutscher heraus, wickelte die Verpackung ab und schob ihn zwischen die Lippen. Ein kleiner Trost bis zum Wiedersehen mit seinem Mann. O~O Lukas drehte sich auf die Seite, studierte Maximilians schlafendes Gesicht. Er war seit einiger Zeit wach, wusste aber nicht, was er mit sich anfangen sollte. Wenn er das Bett verließ, würde er über Maximilians hinweg klettern müssen und ihn damit zweifellos aus süßen Träumen reißen. Außerdem lag er recht bequem, keine Frage. Neben ihm brummte Maximilian, rieb sich über die Nase, drehte sich herum, murmelte Unverständliches... und nieste! Das verdutzte Gesicht war so drollig, dass Lukas kichern musste. Maximilian neben ihm blinzelte, wandte den Kopf, "huh?" "Guten Morgen", entgegnete Lukas wohlerzogen, schmunzelte über die zerzausten Haare, die in alle Richtungen abstanden. Lächelnd streckte er die Hand aus und kämmte sanft die schlimmsten Stacheln glatt. "Hmmmmm", schnurrte Maximilian genießerisch, senkte die Lider wieder, "hör nicht auf, ja?" "Werde ich nicht", versicherte Lukas leise, streichelte sanft über Maximilians Gesicht, setzte sich auf, um Maximilian auf die Stirn küssen zu können. Maximilian war so schön, dass er gar nicht anders konnte, als immer wieder zärtlich dessen Gesicht zu liebkosen. "Hast du gut geschlafen?", Maximilian lächelte, streckte seinerseits eine Hand aus, um über Lukas' Wange zu streicheln. "Ja, danke schön", erwiderte Lukas das Lächeln, "und du?" "Hachhhhhhh!", seufzte Maximilian und zog eine verzweifelt-komische Grimasse, "ich habe von Bennys dämlichen Spielen geträumt, total wirres Zeug! BUÄRKS!" Lukas schmunzelte, "ich mag deinen Bruder gern. Er ist so offen und munter." "Ach ja?", Maximilian setzte sich widerwillig auf, schnaubte, "du bist ja nicht mit ihm verwandt!" Eifersüchtig knuddelte er Lukas, beschmuste ihn wie einen übergroßen Teddy. "Ich will dich ganz für mich allein haben! UÄÄÄÄHHHH!", plärrte er theatralisch. Prustend legte Lukas die Hände auf Maximilians, "ist ja gut, Max, ich gehöre dir ganz allein." Sofort verstummte das weinerliche Geschrei. Maximilian hauchte einen Kuss in Lukas' zarten Nacken, wisperte rau, "versprichst du es?" "Ja", antwortete Lukas leise, drehte den Kopf, um Maximilian sanft zu küssen. Die Gelegenheit nutzend ließ sich Maximilian auf den Rücken sinken, hielt seinen Freund in den Armen, tauschte zärtliche Küsse mit ihm aus. Dann erinnerte er sich an seine Gastgeberpflichten, "hast du Hunger, Lukas? Sollen wir uns anziehen und frühstücken, ja?" "Gern", Lukas zwinkerte, dann wurde er ernst, "ich möchte mich gern bei deinen Eltern bedanken und für die Unannehmlichkeiten entschuldigen." Maximilian presste die Lippen zusammen, seufzte dann niedergeschlagen, "meine Eltern wissen, dass ich das Ganze ausgeheckt habe. Sie machen dich ganz sicher nicht für irgendwas verantwortlich." "Auch nicht als Motiv?", bemerkte Lukas spitz, ließ Maximilian nicht aus den Augen. "Na gut", Maximilian zog die Hände ein, rieb sich über das Gesicht. "Ich habe ja gar nicht vor, dich meinen Eltern nicht ordentlich vorzustellen", er visierte die Zimmerdecke an, "ich will nur nicht..." "Nur nicht was?", Lukas streckte sich neben Maximilian aus, legte eine Hand auf dessen Wange, um den Blick auf sich zu lenken. Maximilian streichelte über Lukas' Handrücken auf seiner Wange, "ich will nicht, dass du aus Höflichkeit einen Rückzieher machst." "Zum Beispiel?", Lukas dirigierte seine Finger zwischen Maximilians. "Nach Hause gehen, um mir Ärger zu ersparen?", wählte Maximilian eine der zahlreichen Möglichkeiten. Lukas schwieg daraufhin beklommen, rückte näher an Maximilian heran. "Wenn meine Eltern mich abholen, habe ich keine Wahl", stellte er erstickt fest. Er bohrte die Finger in Maximilians Pyjama-Oberteil, "aber in der Schule können wir uns sehen! Das kann uns ja keiner verbieten!" Maximilian schlang beide Arme um ihn, drückte ihn eng an sich, "an Schule will ich jetzt gar nicht denken!" »Oder an die beiden Idioten von gestern, die sicher schon alles Mögliche über uns in die Welt gesetzt haben!« "Wir finden schon eine Lösung", murmelte er entschlossen, hauchte einen Kuss auf Lukas' Schopf, "meine Eltern lassen sich bestimmt überreden!" O~O Nach einem üppigen Frühstück zogen sich Maximilian und Lukas wieder in sein Zimmer zurück, nicht etwa, weil sie eine Aversion gegen frische Winterluft hatten, aber die Botschaft von Maximilians Vater war eindeutig: bis auf Weiteres hatte Maximilian Hausarrest. Außerdem stand noch eine ernsthafte Unterredung aus. Sie verbrachten die freie Zeit damit, sich einige Zeichentrickfilme anzusehen, die Lukas nur vom Hörensagen kannte, dann tauchte auch Benedikt auf, zerzaust, unbekümmert und gewohnt spielfreudig. Obwohl Maximilian die Augen verdrehte, ließ sich sein älterer Bruder nicht abwimmeln, sondern spielte mit ihnen Mikado und Kartenspiele. Dabei versorgte er Lukas mit Anekdoten aus Maximilians Kinderzeit, der mehr als einmal drohte, 'Bennys große Klappe' mit einem Sitzkissen zu stopfen. Sie lachten und zankten, spielten und neckten sich, während die Zeit wie im Flug verstrich. "Hörst du das?", Benedikt stellte die Lauscher auf, "sag mal, findet heute nicht ein kleiner Empfang statt?" "Wirklich?", Maximilian krauste die Stirn, "dann solltest du dir besser mal was anderes anziehen!" "Ich leihe mir einfach was von dir", zwinkerte Benedikt unbekümmert, "komm schon, Mr. Supermodel, berate mich!" Maximilian stemmte sich hoch und seufzte übertrieben, "echt ein Wunder, dass du dich selbst anziehen kannst!" "Ausziehen noch besser", zwinkerte Benedikt Lukas zu, der die Hand vor den Mund hob und kicherte. Er beobachtete lächelnd, wie die beiden Brüder vor Maximilians begehbarem Kleiderschrank standen, Benedikt einen Arm um Maximilians Taille geschlungen. Nach kritischer Durchsicht entschied sich Maximilian dafür, ein offenes Hemd aus dunkelroter Spitze und eine schwarze Samthose mit goldener Stickerei zu 'opfern'. Schimpfend und grummelnd kleidete er seinen älteren Bruder ein, zupfte hier und glättete dort. Benedikt hatte sichtbar Spaß daran, sich herausputzen und betütteln zu lassen. Lukas bewunderte die freundschaftliche Verbundenheit der beiden. Seinen Schwestern stand er nicht so nahe. Sie schienen ihn stets mit einer Mischung aus Mitleid und Ratlosigkeit zu betrachten. "Möchtest du auch eines von meinen Hemden tragen?", Maximilian streckte die Hand nach Lukas aus, winkte, "na, gefällt dir etwas?" "Das hier", mischte sich Benedikt ein, wuschelte ungeniert über Lukas' Schopf, "die Farbe passt zu seinen Augen! Guck doch!" Maximilian kniff Benedikt in den Handrücken, "hör mal, Lukas ist MEIN fester Freund! Also darf ICH seine Mähne zerwuseln!" "Solange ich sein Hemd aussuchen darf!", Benedikt zwinkerte Lukas frech zu, der zwischen beiden Brüdern gefangen war, "sei nicht so egoistisch!" Und um der Herausforderung die Krone aufzusetzen, küsste er Lukas auf die Wange! "HE!", Maximilian barg den verdutzten Lukas in seinen Armen, drehte sich von seinem Bruder weg, "spinnst du?!" "Wieso?", Benedikt lachte, "guten Freunden gibt man doch ein Küsschen?" "Dämlack! KUSSMONSTER!", wütete Maximilian, "ich jag dich nackig durch die Halle! Rück sofort meine Klamotten raus!" "Ätschbätsch, hol sie doch!", Benedikt drehte Maximilian eine lange Nase und flüchtete flink. "Ich versohl dir deinen breiten Hintern!", kündigte Maximilian finster an, aber Lukas hängt sich hinderlich um seine Hüften. "Was?!", perplex blickte Maximilian in die großen, braun gefleckten Augen, "Lukas?" "Lauf ihm nicht nach", Lukas flüsterte hinter einer vorgehaltenen Hand, "ich weiß etwas Besseres!" "Ah ja?", Maximilian nickte aufmerksam. Eine Erklärung schloss sich zwar nicht an, dafür zog sich Lukas an ihm hoch auf die Zehenspitzen und küsste Maximilian auf den Mund, keineswegs keusch und zurückhaltend. Er hatte so eine Ahnung, dass Benedikt in der Nähe lauerte. Tatsächlich, als sie sich voneinander lösten, fläzte sich Benedikt wieder trügerisch harmlos auf einem Sitzkissen, sortierte Spielkarten. Maximilian ignorierte seinen Bruder, nahm Lukas an der Hand, "gleich kommt sicher das Signal für das Abendessen. Gehen wir schon mal runter." Ein giftiger Blick traf den blonden Lockenschopf, der filmreif schmollte. Lukas hielt an der Treppe inne, wandte sich herum, "na los, Benny, komm her!" Maximilian verdrehte die Augen, als sein Bruder raketengleich herangeschossen kam und Lukas mit einer eleganten Verneigung den Arm anbot. "Du hast wirklich mehr Glück als Verstand", zischte er über Lukas' Kopf hinweg. Benedikt neigte sich vertraulich herüber, "muss in der Familie liegen, wie?" Während Maximilian schnaubte, prustete Lukas amüsiert, blickte von einem Bruder zum anderen. "So viel Spaß habe ich lange nicht mehr gehabt", lächelte er strahlend. Die Brüder tauschten einen ruhigen Blick. Waffenstillstand. O~O Obwohl Lukas noch nie auf einem halb-formalen Empfang gewesen war und deshalb Nervosität verspürte, fühlte er sich doch in der Mitte zwischen den beiden Brüdern geborgen. Wenn er unsicher war, wie mit Geschirr und Besteck verfahren werden sollte, musste er lediglich einen verstohlenen Blick zur Seite werfen und konnte auf freundliche Hinweise bauen. Die Gäste, die bei Maximilians Eltern erschienen, waren betagt und bevorzugten leichte Mahlzeiten an einer festlich geschmückten Tafel im Esszimmer. Man sprach leichthin über tagesaktuelle Ereignisse, plauderte offen, wie man es unter langjährigen Bekannten zu tun pflegte. Lukas stellte erleichtert fest, dass Maximilians Eltern ihn freundlich in die Gespräche einbezogen, sich höflich nach seiner Familie erkundigten. Wenn sie ihm etwas nachtrugen, so würden sie es zweifellos nicht vor Publikum zur Sprache bringen. Benedikt zu seiner Linken flirtete und versprühte spitzbübischen Charme, während Maximilian sich zurückhielt, seine Aufmerksamkeit auf Lukas konzentrierte. Zu Lukas' Überraschung wurden sie nach dem Essen nicht einfach wieder auf das Zimmer geschickt, sondern in das Wohnzimmer eingeladen, wo man die Gespräche fortsetzen konnte oder Benedikts unbändigem Spieltrieb nachgeben. Unerwartet fand sich Lukas neben Maximilians Mutter, die ihn immer wieder offen studierte. Er nahm all seinen Mut zusammen und schnitt selbst das heikle Thema an, "bitte entschuldigen Sie, dass ich mit Max so unvermittelt verreist bin." Maximilians Mutter beugte sich zu ihm, flüsterte in sein Ohr, "ist es wahr, dass du ganz allein zu Hause bleiben solltest?" Lukas spürte, wie ihm Farbe in die Wangen stieg. Verlegen starrte er auf seine Hände, verknotete die Finger auf seinem Schoß. Eine sehr gepflegte Hand hinderte ihn Wimpernschläge später an schmerzhaften Verrenkungen, "ich erinnere mich, dass Max immer enttäuscht war, wenn du doch nicht zu uns kommen konntest." "Es tut mir leid", murmelte Lukas betreten. Sie lachte sanft, "er hat mir auch erzählt, dass du sehr wohlerzogen und schüchtern bist. Wenn ich gewusst hätte, was unser Nesthäkchen plant, hätte ich euch beide lieber mitgenommen." Obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug, riskierte Lukas einen Blick nach oben. Maximilians Mutter sah ihrem Jüngsten zu, der gerade lebhaft etwas schilderte, gestikulierte, seine Zuhörer zum Lachen brachte. Sie wirkte besorgt, zumindest gewann Lukas den Eindruck. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Welches Versprechen hätte er auch leisten können? Zweifellos befürchtete sie, dass die Beziehung ihrem Sohn Ärger und Kummer bringen würde. "Ich möchte dich gern bitten", Maximilians Mutter klopfte mit der Handfläche auf Lukas' Hände, lächelte traurig, "nichts zu überstürzen. Max ist manchmal ein wenig vorschnell in seinen Entscheidungen." Lukas nickte stumm, nicht, weil er die mütterliche Einschätzung teilte, sondern aus Mangel an Alternativen. Er konnte wohl kaum erwarten, dass Maximilians Eltern begriffen, wie ernst es ihnen war und wie weit sie schon gegangen waren. "Mama, wir suchen noch einen Mitspieler. Darf ich dir Lukas entführen?", Maximilian kam zu Lukas' Rettung, bot ihm die Hand, um ihn hochzuziehen. "Sicher doch. Bitte deinen Bruder darum, nicht ganz so laut zu sein, ja?" "Klar", Maximilian legte einen Arm um Lukas, beugte sich zu ihm, "ist alles in Ordnung?", streichelte mit der Hand über Lukas' Oberarm. "Ja", wisperte Lukas, "ich bin nur ein bisschen müde." Maximilian signalisierte Benedikt, dass nur ein kurzes Spiel stattfinden sollte. Sein Bruder nickte. Nun trafen auch die restlichen Geschwister mit Anhang ein, sodass Lukas rasch vorgestellt wurde. Alexander, der Älteste, ein schlanker Mann in den Dreißigern, der seine Frau mitbrachte, eine zierliche Thai, die sofort Maximilians Mutter in ein Gespräch zog, Katharina, die älteste Schwester, kam ebenfalls mit Ehepartner und Elvis, ihrem kleinen Sohn, der begeistert quakte, als ihn Benedikt wild durch die Gegend schwenkte und sogar seine Spielleidenschaft vergaß, Elisabeth, die jüngere der Schwestern, erschien mit einem Freund und einem winzigen Dackel, der sich nicht vom Handtuch auf ihrem Schoß locken ließ. Lukas registrierte erleichtert, dass niemand ihn irritiert betrachtete, als Störfaktor ansah, seine Anwesenheit ablehnte. Maximilian, der ihn an der Hand hielt oder die Arme um ihn legte, gab ihm Rückhalt und Mut. Er musste also nicht in der Konversation glänzen, sondern konnte lauschen und beobachten, wie munter und ungezwungen es bei Maximilians Familie zuging. Benedikt flitzte mit Elvis auf den Schultern durch das Wohnzimmer, fing einen mahnenden Blick seiner Mutter auf und wechselte in die Halle, wo die beiden jauchzend ihre Runden drehten, gejagt von Trixie, dem nun gar nicht mehr ganz so schüchternen Dackel. Als Benedikt mit Elvis und Trixie in das Wohnzimmer zurückkehrte, zeigte sein Gesichtsausdruck bereits, dass etwas nicht in Ordnung war. Lukas, der zur Tür sah, spürte, wie ihm alles Blut aus dem Kopf wich, Schwindel auslöste. Maximilian neben ihm bemerkte das Zittern seines Freundes, legte ihm sofort den Arm um die Schultern und beugte sich zu ihm herunter, "Lukas, was ist los? Ist dir nicht gut?" Da warf schon Benedikt einen Schatten über die beiden, stützte sich scheinbar lässig über die gewaltige Couchlehne, "ratet mal, wer ungelegen kommt." Maximilian begriff, noch bevor Lukas tonlos wisperte, "mein Vater." "Verschwinden wir!", sofort zog Maximilian Lukas an der Hand, "komm, Lukas!" Aber Lukas konnte nicht, selbst wenn er es gewollt hätte: seine Beine waren wie gelähmt, gehorchten ihm nicht. "Maxi, warte!", Benedikt drückte seinen jüngeren Bruder wieder auf die Polster, "Paps hat den Stockfisch abgefangen. Wenn ihr jetzt ausrückt, erwischt er euch ohne Publikum und das ist keine gute Strategie." Maximilian drehte den Kopf, biss sich auf die Unterlippe. Was sollte er tun? Waren sie wirklich hier sicher, vor den Gästen? "Mir ist nicht gut", wisperte Lukas neben ihm, die Hände klamm und eisig, "bitte entschuldigt mich einen Moment." Da er sehr unsicher auf die Beine kam, fasste Maximilian ihm sanft um die Hüfte und hielt eine Hand, "ich gehe mit. Vielleicht solltest du auch deine Medizin nehmen." Er spürte einige Blicke, die auf ihnen ruhten, als sie sich eilig aus dem Wohnzimmer entfernten. Wer wusste über sie Bescheid? Waren es besorgte, freundliche, mitfühlende Blicke? Oder zornige, ablehnende? Sie erreichten die Freitreppe, da knickten Lukas unvermittelt die Beine ein. Maximilian ließ ihn behutsam auf die Stufen sinken, ging vor ihm in die Hocke. "Lukas", er streichelte über die bleiche Stirn, bemerkte Angstschweiß, "Lukas, beruhige dich, ja? Ich bin hier, ich lass dich nicht im Stich! Du musst keine Angst haben!" Lukas versuchte, ihm ein tapferes Lächeln zu schenken, doch es wurde lediglich eine fahle, verzerrte Grimasse. Benedikt verließ gerade die Küche, bemerkte sie, "alles in Ordnung?!" Ohne Neffen und Hund eilte er heran, "soll ich Mama holen?" "Nein, danke schön", Lukas schüttelte hastig den Kopf und bereute es sofort, "es geht mir gleich wieder gut, bestimmt!" "Ach, du musst keine Angst haben", Benedikt tätschelte ihm betroffen eine Hand, "Mama war Krankenschwester, sie kennt sich also aus." Er federte hoch, als Lukas vorschnellte, ihn am Handgelenk zu packen bekam. "Bitte nicht", flüsterte er blass, "bitte ruf niemanden, Benny. Ich darf keine Umstände bereiten!" Maximilian ballte die Fäuste, sein Bruder erstarrte in der Bewegung. "So so", äußerte Benedikt endlich leise. Er warf seinem jüngeren Bruder einen ernsten Blick zu, "kannst du Lukas allein nach oben bringen?" Als der entschlossen nickte, lächelte Benedikt Lukas zu, der von Schüttelfrost geplagt wurde, "wir schaffen das schon, Herzchen. Hab keine Angst." Maximilian legte sich Lukas' Arme um den Nacken, fädelte dann seine Arme unter Lukas' Rücken und Knie. Obwohl er es nicht gewohnt war, jemandem auf Händen zu tragen, gewöhnte sich Maximilian rasch an das zusätzliche Gewicht und fand seine Balance. Er eilte die Treppen hoch in den ersten Stock, schob sich mit Lukas, der sich an ihn schmiegte, durch die Türöffnungen, bis er in seinem Schlafzimmer anlangte, wo er Lukas sehr sanft auf sein Bett gleiten ließ. "Möchtest du etwas Wasser? Oder gleich deine Tabletten?", er beugte sich über Lukas, streichelte ihm ängstlich über die Wangen. "Etwas Wasser wäre gut", krächzte Lukas, klapperte mit den Zähnen, "danke." "Gut, ich bin gleich wieder da!", Maximilian küsste ihn auf die Stirn, erhob sich und eilte in sein Badezimmer, um ein Glas mit Wasser zu füllen. Zur Sicherheit nahm er auch gleich die Medikamente mit. Als er in sein Schlafzimmer zurückkehrte, hatte Lukas sich auf die Seite gerollt und die Beine vor den Leib gezogen. Maximilian stellte das Glas und die Schachtel ab, setzte sich hinter Lukas auf sein Bett und streichelte ihm beruhigend über die Seite. Er zuckte zusammen, als das Haustelefon einen Alarmton von sich gab. Stumm drückte er Lukas' Hand, erhob sich und nahm ab, "Benny? Ah...gut. Danke. Ja, machen wir." "Lukas", er kehrte zu seinem Freund zurück, "meine Mama kommt hoch, um nach dir zu sehen. Kannst du dich aufsetzen?" Lukas erschrak, stemmte sich hoch und unterdrückte einen Brechreiz. Maximilian half ihm, zog ihn gegen seine Brust, setzte ihm das Glas an die Lippen, "keine Angst, sie hat sich nur für einen Moment entschuldigt, sagt Benny. Niemand wird etwas merken." "Es tut mir so leid", wisperte Lukas kläglich, "ich wollte mich wirklich zusammennehmen. Entschuldige." "Ist schon in Ordnung!", Maximilian streichelte mit den Fingerknöcheln über Lukas' Gesicht, "das ist bloß der Schreck. Der geht vorbei. Richtig?" Lukas seufzte, kuschelte sich förmlich in Maximilian ein, "das hoffe ich." "Geht es dir schon besser?", Maximilians Mutter stand in der Tür. Lukas erstarrte. Ob sie ihm wohl übel nahm, wie er sich an Maximilian drückte? Ohne Umstände zu machen setzte sie sich ebenfalls auf Maximilians Bett, studierte Lukas aufmerksam, maß seinen Puls, nahm dann die Schachtel in Augenschein. Sie stellte sie wieder ab, nahm Lukas' Hände...und rieb sie kräftig. "In solchen Situationen hilft es mir, wenn ich tief durchatme und den Mittelfinger in den Handteller bohre. So etwa", demonstrierte sie mit ihren gepflegten Händen, "es wäre schön, wenn du es ein paar Mal versuchst, Lukas. Dann kommt ihr beiden wieder zu uns nach unten." Damit erhob sie sich und verließ Maximilians Schlafzimmer. Maximilian legte sofort die Hände über Lukas', um beim Aufwärmen und Massieren zu assistieren. "Deine Mutter ist sehr nett", wisperte Lukas, schluckte an Tränen der Scham. Es fiel ihr sicher nicht leicht, ihm zu helfen, wo er doch Maximilian so nahe kam! "Stimmt", Maximilian lächelte, "was hat sie dir vorhin eigentlich gesagt?" Lukas leckte sich über die Lippen, "sie hätte uns gerne beide mitgenommen." "Nun ja", murmelte Maximilian trocken, "das wäre sicher nicht dasselbe gewesen." "Sie hat mich gebeten, nichts zu überstürzen", Lukas holte tief Luft, "sie glaubt, dass du ein wenig vorschnell bei deinen Entscheidungen bist." Zu seiner Überraschung lachte Maximilian leise auf, "vorschnell kann man bei einem Reservierungsvorlauf von drei bis vier Monaten kaum sagen..." Er verstummte hastig, als ihm bewusst wurde, was GENAU er gerade verraten hatte, aber Lukas war sein Schnitzer nicht entgangen. Er wandte sich um, visierte Maximilian scharf an, "du hast vor drei bis vier Monaten reserviert?" Maximilian rollte die Oberlippe ein und grub die Zähne in die Haut, wich Lukas' Blick aus, "nun ja, es ist eben nicht so einfach, die Suiten sind begehrt..." Er verstummte, als ihm klar wurde, dass Lukas an ihm vorbei blickte, das Gesicht in eine konzentrierte Maske verzogen. "...das war vor den Herbstferien...bevor mir der Plan mit Euro-Disney herausgerutscht ist...", murmelte er selbstvergessen. Als er den Kopf wandte, hielt Maximilian seinem Blick stand, wirkte etwas müde und ungewöhnlich ruhig. "Stimmt", gab Maximilian ungeschminkt zu. "Aber wie...?!", Lukas runzelte die Stirn verwirrt, "ich meine...?!", zuckte ratlos mit den Schultern. Mit einem leisen Seufzer fasste Maximilian nach Lukas' Händen, massierte sie, während er erklärte, "iIch hatte alles schon geplant und organisiert, also die Reservierung, die Reise, die Tickets. Möglichst perfekt, damit nichts schiefgeht. Bestimmt hundert Mal bin ich alles durchgegangen." Er seufzte erneut, "nur bei einem Detail hatte ich ein Problem: wie bekomme ich dich dazu, mit mir zu verreisen?" Maximilian sah von Lukas' Händen auf, direkt in die großen, braun gefleckten Augen, "ich wusste tatsächlich noch nichts von der Euro Disney-Geschichte. Ich habe mir einfach vorgestellt, dass ich dich frage und du sagst zu. Oder ich könnte dich auch ein wenig beschwindeln..." Er schüttelte den Kopf über sich selbst, "selbstverständlich ein ganz DÄMLICHER Plan. Ich wollte nur, dass du einmal Zeit mit mir verbringst. In der Schule ist das ja praktisch unmöglich!" "...aber um Zeit mit mir zu verbringen, hättest du nicht DIESES Hotel auswählen müssen", bemerkte Lukas aufmerksam. Er löste seine Hände, legte sie um Maximilians Gesicht, "warum wolltest du mir das nicht erzählen? Wolltest du mich glauben lassen, du hättest auf meinen schulischen Misserfolg gebaut?" Er spürte, wie unter seinen Fingerspitzen Maximilians Haut größere Hitze abstrahlte, sein Freund errötete. "Ich schätze", wisperte Maximilian kaum verständlich vor Verlegenheit, "ich wollte erst herausfinden, ob..." Er holte tief Luft, "ob ich überhaupt Chancen habe." "...und wenn es nicht geklappt hätte?", Lukas zitterte nicht mehr, von dieser überraschenden Enthüllung vollkommen abgelenkt. Maximilian zuckte mit den Schultern, wich seinem Blick aus. "Keine Ahnung. Keine Ahnung! Darüber wollte ich nicht nachdenken!", gab er ungewohnt heftig zurück. Lukas ließ die Hände sinken. "...du meine Güte...", entschlüpfte ihm verblüfft, "ich wusste nicht...wie lange... ich meine, seit wann...?" "Hrmpf", schnaubte Maximilian, fing Lukas' Hände ein, hielt sie fest. "Das ist jetzt ziemlich peinlich", beklagte er sich, zog eine gequälte Grimasse, "erinnerst du dich an die blöde Weihnachtsfeier vor zwei Jahren? Du musstest allein 'Oh Tannenbaum' singen." Nun stimmte Lukas in Maximilians Stoßseufzer ein, "oh ja. Ich hatte eine Erkältung und konnte kaum sprechen. Das war vielleicht eine Krächzerei..." Er lächelte reflexartig matt. Maximilian gab Lukas' Rechte frei, strich mit seiner Linken über dessen Wange. "Das war das erste Mal, dass ich... nun ja", er räusperte sich verlegen, "dass ich total weggetreten war." "Bei meinem Gekrächze?!", Lukas staunte, "wirklich?!" Nun lächelte Maximilian wieder, allerdings verlegen, "ich kann es auch nicht erklären. Aber da hat es angefangen." "Vor zwei Jahren?", Lukas schüttelte den Kopf, "aber wieso...?!" "Habe ich so lange gewartet?", erriet Maximilian und grimassierte gequält, "ich hatte ein wenig Bammel vor der Erkenntnis, dass ich mich in einen Jungen verliebt habe. SO einfach ist das ja nun nicht!", stupste er Lukas auf die Nase. Lukas sah ihn noch immer an. "Zwei Jahre", stellte er fest. "So viel zum Thema 'vorschnell', hmm?", seufzte Maximilian, stützte das Kinn auf seine Hand, "jetzt bin ich wohl nicht mehr besonders cool, wie?" "Zwei Jahre", Lukas löste seine Linke aus Maximilians Hand, legte ihm die Arme um den Nacken, rutschte nahe heran und schmiegte sich an. Diese Enthüllung zog ihm doch tatsächlich den Boden unter den Füßen weg. Er fühlte sich federleicht und tonnenschwer zugleich, unwirklich und zu real. »Seit zwei Jahren...?!«, wisperte es ungläubig in seinen Ohren, »aber warum...?« Doch Lukas konnte sich durchaus vorstellen, warum Maximilian so lange gezögert hatte, nun, da er ihn näher kannte. Hatte er nicht jede einzelne Einladung absagen müssen? Sich in der Schule immer zurückgehalten, um wenigstens aus der Ferne einen Blick auf Maximilian werfen zu können, ohne von den anderen verscheucht zu werden? Und dann war ja auch noch Maximilians Trauma mit dieser grauenvollen Frau ins Kalkül zu ziehen. »...ich kann von unglaublichem Glück reden, dass er nicht aufgegeben hat..«, dämmerte Lukas. Der Gedanke ließ ihn schwindeln. Halt suchend klammerte er sich noch enger an Maximilian, wollte ihn nie mehr loslassen müssen, sich versichern, dass sie tatsächlich hier waren, zusammen. Maximilian ergriff die Gelegenheit und Lukas, umarmte ihn eng, schmuste die Wange an Lukas'. "Weißt du", wisperte er heiser, "mir ist es ziemlich ernst." "Gut", murmelte Lukas, verbarg das Gesicht in Maximilians Halsbeuge, "es WIRD bestimmt ernst." Das Herz klopfte ihm schon wieder bis zum Hals vor Angst. "Du kannst auf mich vertrauen", versicherte Maximilian, massierte Lukas' Rücken. "Wollen wir wieder runtergehen?" Nicht, dass er das wirklich WOLLTE, aber leider hatte sein Vater recht: sie konnten nicht ewig einer Konfrontation aus dem Weg gehen. Lukas seufzte, setzte sich widerwillig auf, legte den Kopf schräg, "kannst du mich vorher noch mal küssen? Als Glücksbringer?" Maximilian rollte filmreif mit den Augen, "klingt wie aus einem schlechten Film! Wenn ich dich küsse, bringt das IMMER Glück! MINDESTENS!" Er klopfte sich wie ein Gorilla auf die Brust. Lukas grinste, legte die Hände um Maximilians Gesicht und küsste ihn sturmreif. So kraftvoll, wie Maximilian ihn umschlang, wollte er sich nun auch geben, wenn sie wieder nach unten gingen. O~O Kapitel 14 - Liebe Benedikt fing Lukas und Maximilian an der Tür ab, hängte sich bei Lukas ein, dirigierte die beiden eilig zu einer Spielrunde. Seine Absicht war unmissverständlich: dafür zu sorgen, dass Lukas' Vater sie nicht konfrontieren konnte, ohne dass es zahlreiche Zeugen gab. Maximilian warf einen frostigen Blick hinüber, wo sein Vater und der älteste Bruder Alexander Lukas' Vater in ein Gespräch verwickelt hielten. Benedikt lehnte sich über Maximilian und flüsterte boshaft, "Maxi, sieh dir Alex an! Der sieht aus, als müsste er Zitronen saugen! Nicht mehr lange, und er wird sarkastisch!" Elisabeth saß neben Lukas und versuchte, Trixie zu beruhigen, die unbedingt zu Benedikt wollte und deshalb winselte. Natürlich bemerkte sie, dass Lukas sich an Maximilians Hand festhielt, weshalb er Trixie auch nicht richtig abwehren konnte, die UNBEDINGT über seinen Schoß eine Abkürzung nehmen wollte. Sie lächelte Lukas an, der gegen eine Panikattacke ankämpfte und sich bemühte, tief zu atmen, sich nicht aufzuregen. "Lukas, richtig? Kannst du wohl mit Benny den Platz tauschen? Trixie ist heute besonders aufgedreht", entschuldigte sie den winzigen Dackel. "Natürlich", flüsterte Lukas eilig, aber Maximilian mischte sich ein und schaffte Fakten: er zog Lukas auf seinen Schoß. Benedikt huschte flink um den Tisch und nahm Lukas' Platz ein, woraufhin Trixie das Winseln einstellte und sich ungeniert auf Benedikts Schoß zusammenrollte. "Treulose Tomate", schimpfte Elisabeth, während Benedikt triumphierend die Arme im Nacken verschränkte, "tja, die Mädels fliegen eben alle auf mich!" "Angeber", brummte Maximilian, während Elisabeth grinste und "Traumtänzer" ergänzte. "Hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass ich eigentlich der gloriose Schlusspunkt in der Familienplanung sein sollte?", ignorierte Benedikt die nicht sonderlich schmeichelhaften 'Etiketten' seiner Geschwister, kraulte Trixie und zwinkerte Lukas zu, "ist aber so! Das Gute, nein, das BESTE am Schluss!" Er verzog theatralisch das Gesicht, "und dann ist ihnen ein MAXIMALER Lapsus unterlaufen!" "He!", Maximilian zwickte seinen älteren Bruder in den Arm, "du wolltest wohl sagen, dass sie sieben Jahre Pech nach DIR hatten, bis sich das Blatt wendete!!" "Tsk tsk", schnalzte Benedikt dramatisch, "Verleumdungen! Und so, oh Elend!, muss ich mich mit einem kleinen Bruder herumschlagen! Obwohl ich doch das verwöhnte Nesthäkchen sein sollte!" "Pah! Als wärst du nicht verwöhnt genug!", konterte Maximilian bissig, "außerdem klaust du ständig meine Klamotten und bringst sie nicht zurück!" Elisabeth zwinkerte Lukas zu, der nicht ganz sicher war, wie er diesen brüderlichen Zwist einordnen sollte. Lukas blickte zwischen den beiden Brüdern hin und her. Sie waren sich ähnlicher, als sie vermutlich selbst erkannten und zankten sich offenkundig gern, denn in beiden Augenpaaren blitzte spitzbübische Freude. »Vermutlich war das Bennys Absicht«, erkannte Lukas. Der ältere Bruder wollte sie ablenken. "Ich bin froh, dass deine Eltern sich nicht abschrecken ließen", flüsterte er Maximilian zu. Neben ihm ächzte Benedikt übertrieben, presste die Hand auf das Herz, "oje, der Charme deines Schatzes ist ja waffenscheinpflichtig!" "MEINES Schatzes", stellte Maximilian stolz fest und blies sich über die Fingerspitze wie bei einem imaginären Revolver nach einem Volltreffer auf Benedikt, dann grinste er breit. "Nun, wenigstens Trixie hat mich lieb!", schniefte Benedikt geknickt, was seiner Schwester willkommene Einladung war, "aber mit MIR geht sie nach Hause!" "OHHHHH!! Was seid ihr grausam!", beklagte sich Benedikt jammernd, "immer auf die armen Blondinen!" Maximilian lachte laut heraus und verwuschelte das blonde 'Drahthaar' seines Bruders. Was auch immer man Benedikt vorwerfen konnte: er brachte wirklich jeden zum Lachen, ohne Rücksicht auf den eigenen Stolz. "Ich mag dich auch", zwinkerte Lukas tollkühn, "obwohl du immer zu schummeln versuchst." "Das hast du gemerkt?!", Benedikt stellte sofort das Jammern ein, "verdammt, ich lasse wohl nach!" Er hielt inne, als sich sein Vater näherte. Blitzartig legte sich eine gespannte Ruhe über die kleine Gruppe, sogar der Dackel zog den Kopf ein. "Lukas", Maximilians Vater sprach ihn direkt an, "dein Vater hat zugestimmt, dass du Maximilian für die Dauer der Ferien Gesellschaft leisten kannst. Er möchte dich einen Augenblick in der Halle sprechen." "Allein?", Maximilian hörte den schrillen Klang seiner eigenen Stimme. "Ja", sein Vater bot Lukas die Hand, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein, "ich denke, er möchte sich rasch verabschieden." "Ich komme mit!", Maximilian wollte sich erheben, doch nun drückte ihn sein Vater nachdrücklich an einer Schulter herunter, "du bleibst." "Bitte, ich kann doch nicht...!", aber Maximilians Vater funkelte ungemütlich, verbat kategorisch jede Einmischung. "Schon gut", Benedikt legte Maximilian den Arm um die Schulter, "bleib ruhig, sonst wird es noch schlimmer." Maximilian ballte hilflos die Fäuste, sah mit brennenden Augen zu, wie Lukas seinem Vater in die Halle folgte. Die kleinen Hände verschwanden in den Ärmeln, die Schultern zogen sich zu einem unsichtbaren Panzer hoch, aber Lukas drehte sich nicht zu ihm um. O~O Maximilian starrte auf die Tür, versuchte, sie förmlich mit Blicken zu durchdringen. Wieso kam Lukas nicht zurück?! Was beredeten sie so lange?! Er wagte nicht mal, auf die Uhr zu sehen, konnte kaum blinzeln vor Anspannung. Wie eine Feder, bis zum Äußersten komprimiert, kauerte er auf seinem Platz, bereit, auf das geringste Signal zu explodieren. Nun wanderte auch Alexander, der älteste Bruder, hinüber, lehnte sich lässig über die Lehne. "Gute Güte, was für ein unerträglicher Snob!", bemerkte er knurrend, "ich MUSS nachspülen! Wem darf ich ein alkoholisches Nachthupferl mitbringen?" "ICHKOMMEMIT!", Maximilian schoss in die Höhe, denn er hoffte darauf, dass sein Bruder in die Küche ging. Dahin KONNTE man auch über die Halle gelangen! "Oh nein, Maxi", Alexander schüttelte den Kopf, "du kennst die Regeln." Die besagten, dass nur zu besonderen Anlässen in minimalen Mengen Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt wurde. Neben Maximilian seufzte Benedikt, "es geht ausnahmsweise mal nicht um 'geistige Erbauung' durch Flüssignahrung, Alex." Während sein Bruder perplex blickte, hob er Trixie von seinem Schoß und stand auf, streichelte Maximilian, der mit geballten Fäusten unverwandt auf die Tür starrte, über die Wange, "ich drehe mit Trixie eine Runde, in Ordnung? Dann komme ich zurück und berichte. Warte hier, Maxi. Nur die Ruhe." Maximilian presste die Lippen aufeinander, brachte ein abgehacktes Nicken zustande. Er WUSSTE ja, dass eine Szene ihnen nichts als Ärger einbringen würde. Lukas' Vater sollte weiterhin glauben, dass er tatsächlich ein Vorbild, ein Musterschüler war. Wenn er offen rebellierte, dann konnte der Umgang mit Lukas wieder auf Null reduziert werden. Diese Aussicht nötigte Maximilian, zähneknirschend wieder Platz zu nehmen und auf seinen Bruder als Kundschafter zu vertrauen. Wieder vergingen schiere Ewigkeiten, während Maximilian nur das Türblatt fixierte, die Unterhaltung seiner Geschwister einfach ausblendete. Er bemerkte nicht, dass sie ihn nachdenklich und besorgt musterten, die anderen Gäste ablenkten, um nicht auf das sonderbare Verhalten angesprochen zu werden. Endlich schlüpfte Benedikt hinein, Trixie auf dem Arm, die ihm fröhlich über die Wange leckte und offenkundig innigste Freundschaft geschlossen hatte. Nun hielt Maximilian nichts mehr: er fegte förmlich zu Benedikt hin, der noch immer ungetrübt lächelte. Aus dem Mundwinkel heraus wisperte er, "er ist oben." Maximilian verließ wie ein geölter Blitz das Wohnzimmer, schoss die Treppe hinauf zu seinem Zimmer im ersten Stock. Im Schlafzimmer fand er Lukas, der auf seinem Bett kauerte, die Füße artig nebeneinander angeordnet, aber den Oberkörper eingerollt, als plagten ihn entsetzliche Leibschmerzen. "Lukas?!", sofort ging Maximilian vor ihm in die Hocke, fädelte die eiskalten Hände aus den zerknitterten Ärmelenden. "Lukas, rede mit mir!", er hauchte auf die Hände, rieb sie, versuchte, unter den Schopf zu spähen, "ist dir nicht gut? Was hat er getan?!" "Es geht schon", erklang es piepsig, dann richtete sich Lukas auf. Sein Gesicht zeigte die grässliche Grimasse des Lächelns, das Maximilian so hasste: wenn Lukas auch die andere Wange hinhielt. Außerdem war er käsig-weiß, die Lippen beinahe blutleer. "Was hat der Mistbock gemacht?! Hat er dich geschlagen?!", Maximilian kletterte neben Lukas auf sein Bett, gab dessen Hände frei und rieb ihm über die Wangen, "ich wollte ja mitgehen, aber mein Vater hat es verboten!" "Schon gut", wisperte Lukas und lächelte sein klägliches, fahles Geisterlächeln, "schon gut, alles in Ordnung." "NICHTS ist in Ordnung!", platzte es laut aus Maximilian heraus, "ich sehe dir an, dass es NICHT in Ordnung ist! Sag mir, was passiert ist! Bitte, Lukas!" Er streichelte über die Wangen, beugte sich vor, um Lukas auf die Stirn zu küssen, die zusammengepressten Lippen, immer wieder, drängend, verzweifelt. "Ich darf hier bleiben", wisperte Lukas, strahlte kränklich-entrückte Freude aus, "das ist doch toll, oder?" "Lukas, was ist mit dir los?!", Maximilian brüllte, schluckte schwer. Lukas in dieser Verfassung zu sehen, das machte ihm Angst, und weil er sich nicht mehr zu helfen wusste, packte er Lukas bei den Oberarmen, schüttelte ihn heftig. "Verdammt, sag mir, was los ist! Sag's mir!" Lukas' Kopf flog in den Nacken, was ihm einen erschreckten Laut entlockte. Er riss die Arme hoch, wollte sich schützen, zusammenrollen. Maximilian erstarrte. Nach der Schrecksekunde entsetzte er sich über sich selbst. Wie verbrannt zog er die Hände zurück, flehte, "Lukas, es tut mir leid! Das habe ich nicht gewollt! Ich wollte dir nicht weh tun!" Nun liefen ihm doch tatsächlich Tränen über das Gesicht! Lukas hielt den Kopf gesenkt, starrte auf seine Hände. Ohne den Schutz der Ärmelenden wirkten sie klein, unscheinbar, kraftlos. Sie zuckten nicht, hielten sich nicht aneinander fest, lagen einfach da, wie tote Käfer auf dem Rücken. "...er hat gesagt, dass ich meine einzige Chance genutzt habe", flüsterte er tonlos, "um in solche Kreise zu kommen. Nämlich die Beine breit zu machen." "...was?", krächzte Maximilian, schluckte Tränen herunter, "was?!" "Wir sind fertig", wisperte Lukas zu seinen reglosen Händen, hob dann den Kopf an, lächelte totenbleich, "er hat gesagt: 'wir sind fertig miteinander'." Er kicherte erstickt, "so was! Einfach so! Tsk!" Maximilian starrte ihn an. Ihm war eisig kalt und elend, er hatte Angst und wollte sich irgendwo verkriechen, weil ihm das Herz weh tat. Lukas' Lächeln war ein furchtbarer Anblick. Ein unkontrolliertes Zucken jagte durch Lukas' Körper, der selbst überrascht schien. Ein weiteres folgte. "Na so was?", wisperte er erstickt, während sein geisterhaftes Lächeln wie eine defekte Glühbirne flackerte, an und aus ging. Maximilian hob eine Hand, streckte sie zögerlich aus, um über eine totenbleiche Wange zu streicheln. Lukas' Gesichtsmuskeln zuckten heftig, als ob sein Körper unter einem merkwürdigen Schluckauf litt, jagten Spasmen durch seine Muskeln, einen Augenblick Hochspannung, dann wieder absolute Ruhe. "...das ist nicht wahr", würgte Maximilian erstickt hervor, "er hat das nur gesagt, um dich zu ärgern!" Er nahm Lukas' Hände in seine eigenen, spürte, wie sie zu zittern begangen. Der muskuläre Schluckauf nahm nun zu, sorgte dafür, dass sich Lukas in Krämpfen wand, seine Hände hochriss und sie auf den Mund presste, um keinen Laut entschlüpfen zu lassen. Tränen quollen aus seinen Augen, die in haltloser Panik über den Fußboden irrten, einen Fixpunkt suchten. "Lukas? Lukas!", Maximilian umklammerte seinen Freund, kämpfte gegen die seltsamen Krämpfe an, aber Lukas stieß sich ab, taumelte hoch und stolperte zum Badezimmer. Er erreichte die Toilette noch gerade rechtzeitig, um hart mit den Knien auf die Fliesen zu schlagen und sich geräuschvoll zu erbrechen. Dieser Brechreiz wollte nicht enden, marterte Lukas, dessen Magen längst nichts mehr hergeben konnte, verätzte ihm Hals und Mund. Die Tränen liefen noch immer, wollten nicht aufhören. Maximilian kauerte neben ihm, schluckte heftig, weil ihm ebenfalls übel wurde. Um sich abzulenken, drückte er immer wieder die Spülung, wischte mit Toilettenpapier über Lukas' Gesicht, wollte ihm Wasser aufnötigen, doch die würgenden Krämpfe gaben ihm kaum Gelegenheit, eine Pause einzulegen. "Nimm das hier!", Benedikt stand plötzlich hinter Maximilian, reichte ein Glas, in dem sich etwas Pulver auflöste, "und jetzt!" Maximilian gehorchte automatisch, flößte Lukas die Flüssigkeit ein, als Benedikt ihn an den schmalen Schultern zurückzog, eine winzige Unterbrechung ausnutzte. Sofort schob er Maximilians Hände weg, legte eine auf Lukas' Mund und kommandierte, "schlucken!" Vor Schreck erstarrt folgte Lukas der Anweisung, begann dann, heftig zu husten, aber Benedikt gab nicht nach, ließ seine Hand auf Lukas' Mund, der nach Luft rang, endlich aufgab, durch die Nase atmete und wieder schluckte. Der Würgereflex war besiegt, dafür weinte Lukas nun ungehemmt, laut und untröstlich. Seine Klage war so elend, dass Maximilian ihn neben der Toilette in die Arme nahm und aus Mitgefühl ebenfalls schluchzte. "...du meine Güte", murmelte Benedikt, zerrte seinen Bruder grob auf die wackligen Beine, zwang damit auch Lukas, sich zu erheben. Benedikt stützte die beiden, damit sie die scheinbar gewaltige Distanz bis zum Bett überbrücken konnten, ließ sie dort hinplumpsen, wie sie gerade waren. Lukas verkroch sich in Maximilians Armen, wollte sich nicht beruhigen lassen. Dem erging es keineswegs besser. Sein älterer Bruder streichelte ihm über den Kopf, bevor er die große Decke um sie wickelte, das Licht dämpfte und die Tür schloss. O~O Maximilian wusste nicht zu sagen, wie lange sie dort kauerten, von der Decke warmgehalten, schluchzend und schniefend. Lukas war inzwischen heiser, doch sein Kummer zu groß, um sich von selbst stillen zu lassen: hustend und krächzend weinte er, zitterte und bebte. Als sich die Zimmertür öffnete, blinzelte Maximilian durch den klebrigen Tränenfilm. Reflexartig zog er Lukas näher an sich heran, wandte sich halb ab, um ihn zu schützen. Sein Vater stand in der Tür. Hatte er diese Reaktion bemerkt? Maximilian fühlte sich zu elend, um trotzig zu sein. Was gab es auch noch zu verbergen? Langsam trat sein Vater an das Bett, legte eine Hand auf Lukas' verkrümmten Rücken. Merkwürdigerweise schien diese Berührung beruhigend zu wirken, dämpfte das Schluchzen. "Nehmt ein heißes Bad und holt euch vor dem Schlafengehen eine warme Milch mit Honig in der Küche", raunte Maximilians Vater ruhig, dann verließ er wieder geräuschlos Maximilians Schlafzimmer, schloss die Tür leise hinter sich. Maximilian senkte den Kopf, verstärkte seine Umarmung. Er fühlte sich auf unerklärliche Weise getröstet. O~O Nachdem nur noch gelegentliches Schniefen ihr stummes Beisammensein unterbrochen hatte, wagte Maximilian den Gang in das Badezimmer. Er musste Lukas um die Hüfte fassen, weil dem die Knie einknickten. Kein Wunder, betrachtete man die ungelenke Form, in der sie einander umklammert hatten! Maximilian platzierte Lukas auf der Toilette, tupfte ihm mit einem feuchten Lappen behutsam über das verquollene Gesicht. »Wenigstens ist er nicht so bleich«, dachte er mit grimmigem Humor, blinzelte in den aufsteigenden Dampf des heißen Badewassers. "Ist es dir recht, wenn wir uns das Bad teilen?", krächzte er heiser, studierte die entzündeten, großen Augen. Lukas nickte stumm, ließ sich sogar von Maximilian entkleiden. Das Schweigen, das nun zwischen ihnen herrschte, sorgte Maximilian. Er wollte sich nicht so beklommen, so unbehaglich fühlen in Lukas' Gegenwart. "Das, was dein Vater gesagt hat, das ist alles nicht wahr!", platzte er schließlich heraus, "er ist nichts weiter als ein Vollidiot! Ich verstehe wirklich nicht, wie ihr verwandt sein könnt! Du kommst sicher nach deine Mutter!" Seine Empörung, gemischt mit Angst und Hilflosigkeit, weckten Lukas aus der Winterstarre. Ein trauriges Lächeln blitzte auf, dann seufzte er leise und senkte den Kopf. "Ein kleiner Mann, der so gerne groß sein würde", flüsterte er müde, mitleidig. "Ich mag ihn nicht! Ich kann ihn nicht ausstehen!", fauchte Maximilian außer sich, "mir ist egal, ob er dein Vater ist! Er ist widerlich und gemein!" Lukas seufzte und fasste nach Maximilians Händen. "Bitte lass mich nicht allein", flehte er erstickt, "ich möchte nicht allein sein." "Du bist nicht allein!", versicherte Maximilian eilig, zog Lukas auf die Beine und umarmte ihn eng, "ich lasse dich ganz sicher nicht allein!" An seiner Brust seufzte Lukas erneut. "Ich habe dich so gern", flüsterte er melancholisch, "du bist so lieb." Maximilian kam sich zu seinem Leidwesen nicht sonderlich lieb vor. Er knurrte sein Gewissen an, das ihm signalisierte, es sei kein besonders kluger Plan, den Vater seines Freundes bis in die Hölle zu verdammen, auch wenn der ein unerträglicher Zeitgenosse war. Hatte Lukas nicht recht? War sein Vater ein bedauernswerter Mensch, der an seinen eigenen Ambitionen zugrunde ging? Um sich abzulenken, half er Lukas in die Badewanne und rutschte selbst hinter ihn, zog ihn an sich. Lukas senkte die Lider, lehnte sich zurück. "Eines Tages", flüsterte er matt, "da werde ich bestimmt richtig mit dir schlafen. Beine breit und Hintern hoch", kicherte er, dann schnellte seine Hand auf den Mund, um das Schluchzen zu ersticken. "Dein Vater ist ein Idiot", wiederholte Maximilian unglücklich, wiegte Lukas in seinen Armen, "er gibt nur gequirlte Scheiße von sich!" Er drückte Küsse auf Lukas' feuchten Schopf, "ich liebe dich, Lukas! Deshalb will ich mit dir zusammen sein! Dieser ganze andere Quatsch ist mir egal!" Lukas drehte sich auf die Seite, um das Gesicht an Maximilians Halsbeuge zu schmiegen. "Ich glaube", wisperte er matt, "wenn du bei mir bist, kann ich das überstehen. Dann bin ich stark genug." Maximilian streichelte über Lukas' Seite, küsste ihn auf die Stirn. "Wir schaffen das! Gemeinsam sind wir stark! Wir zeigen's deinem blöden Mistbock-Stinkstiefel-Kotzbrocken-Vater! Der wird sich noch wundern!", schwor er wütend. Auf seiner Brust lachte Lukas leise, heiser. "Danke schön", krächzte er mit einem schiefen Lächeln. »Ha!«, Maximilian hielt Lukas fest in seinen Armen, »du BIST schon ein größerer Mann, als dieser Widerling jemals sein wird! Der soll mich noch kennen lernen!« O~O Als sie das Badezimmer verließen, über den Pyjamas in warme Bademäntel gehüllt, wartete Benedikt im Schlafzimmer, an seiner Seite zwei Becher mit warmer Milch inklusive Honig und ein Teller mit trockenen Keksen. "Wie geht's dir?", er erhob sich, um Lukas über die Wange zu streicheln, "etwas besser?" Lukas nickte und krächzte verlegen, "bitte entschuldige, dass ich so viel Mühe bereitet habe." Benedikt legte den Kopf schief, schnalzte mit der Zunge. "Du warst wohl noch nie auf einer hochprozentigen Feier, oder? Das hier", er wies auf das Badezimmer, "war noch gar nichts!" Bevor er allerdings blumig ausführen konnte, was genau er schon alles erlebt hatte, presste ihm Maximilian die Hand auf den Mund und knurrte, "ehrlich, das wollen wir überhaupt nicht wissen!" "Oh, ihr seid gemein!", Benedikt schlug die Hände auf die Wangen, jaulte eine Oktave höher, "da will man mal aus dem Nähkästchen plaudern und diese undankbaren Gören hören einfach nicht hin! O tempora, o mores!" Lukas kicherte, Maximilian schnaufte entnervt. Benedikt zwinkerte Lukas zu, beugte sich zu ihm herunter und wisperte, vorgeblich vertraulich, "also ich freue mich, dass du mein Schwager wirst!" Nun lief Lukas dunkelrot an vor Verlegenheit. Maximilian quietschte empört, "verschwinde bloß, Benny! Das ist gar nicht witzig!" Benedikt marschierte tatsächlich zur Tür, drehte sich dann noch einmal elegant herum und lächelte die beiden an, "war auch mein absoluter Ernst." Er blies einen Kuss auf seine Fingerspitzen und verneigte sich, dann zog er die Tür hinter sich zu. Für einen langen Augenblick wagten Maximilian und Lukas nicht, sich zu bewegen. Dann ächzte Maximilian, "tja, man kann nicht immer mit seinen Verwandten Glück haben." "Ich weiß", antwortete Lukas trocken, lächelte dann zu ihm hoch. Maximilian seufzte, weil er die Doppeldeutigkeit seiner Aussage bemerkte. "Trinken wir lieber unsere Milch, bevor sie kalt wirkt", lenkte er eilig ab, schlug für Lukas das Bett auf. Einträchtig saßen sie nebeneinander, nippten an der gesüßten Milch und bemühten sich, nicht allzu viele Krümel auf das Bett fallen zu lassen, während sie die Kekse knusperten. Maximilian legte ihre Bademäntel über einen Hocker, stellte die kleine Nachtleuchte an und kroch wieder zu Lukas unter die warme Decke. Sie kuschelten sich aneinander und betrachteten das träge Lichtspiel an der Zimmerdecke, bis die Müdigkeit den Sieg davontrug. O~O Maximilian drehte sich schläfrig, vernahm ein Seufzen und kämpfte sich aus den verlockenden Tiefen seines Schlafes hoch. Im Schein der Nachtleuchte saß er aufrecht, betrachtete Lukas, den er wohl im Schlaf von sich geschoben haben musste, weshalb der nun seiner menschlichen Wärmequelle folgte und zu ihm rutschte. Er lächelte amüsiert, legte eine Hand auf den zerzausten Schopf. »Er ist so süß«, dachte Maximilian und seufzte stumm. Immer, wenn er dachte, dass er Lukas nicht mehr lieben konnte, als er es ohnehin schon tat, wurde er eines Besseren belehrt. Er konnte und wollte sich nicht gegen dieses Gefühl wehren. Lukas rührte sich nun auch, wollte sich an Maximilian hochziehen, noch nicht ganz ausgeschlafen. Dabei verschätzte er sich, streifte nicht nur Maximilians Oberschenkel, sondern eine andere Region, die den Morgen freudig erregt begrüßte. Maximilian konnte ein Stöhnen nicht schnell genug unterdrücken. "Oh...entschuldige!", Lukas rieb sich hastig über die Augen, krächzte, "hab ich dir weh getan?" "Das...nicht", murmelte Maximilian mit geröteten Wangen, bemühte sich eilig darum, möglichst unbeeindruckt zu gucken. Lukas kniete nun neben ihm, legte ihm eine Hand auf die glühende Wange. "Hast du Lust?", fragte er leise. Rasch schloss Maximilian die Augen. Ihm war die Situation durchaus peinlich, nicht nur, weil er sich ungebeten an die Worte von Lukas' Vater erinnerte. Er keuchte, als er warmen Atem in seinem Gesicht spürte, dann küsste Lukas ihn bereits auf den geöffneten Mund und kletterte auf seinen Schoß. "Willst du wirklich nicht?", klang seine Stimme etwa enttäuscht? Maximilian blinzelte, wollte keinen Kuss verlieren, auch nicht die köstliche Wärme, die Lukas ausstrahlte. "Doch!", stieß er hastig hervor, "ich will!" Er wollte Lukas ausziehen, mit den Händen über seinen nackten Leib gleiten, jede Partie mit Küssen bedecken, ihn festhalten, streicheln, seinen Atemzügen und dem rasenden Herzschlag lauschen. "Ich liebe dich", wisperte er an Lukas' Schläfe, der viel zu schnell nackt auf seinen Oberschenkeln ritt, ihm die Arme um den Nacken schlang. Maximilian leckte über die zarten Brustwarzen, das knochige Brustbein, stemmte Lukas auf die Knie, damit er den Kopf senken und über dessen narbengezeichneten Spitzbauch lecken konnte. Lukas atmete schneller, stieß ein leises Ächzen aus, schwankte. Er zerwühlte Maximilians Schopf, angelte nach den Taschentüchern auf dem Bord. Nicht mehr lange und sie würden sie dringend benötigen. Als Maximilian ihn in die Knie sinken ließ, nutzte Lukas die Gelegenheit: er umfasste dessen Erektion mit beiden Händen. Sie fühlte sich heiß an, stark und so lebendig. Er liebte diesen Kontakt. Nun hörte er Maximilian keuchen, bevor der ihn eng an seinen Leib presste, sich unwillkürlich zu bewegen begann. Lukas stützte seine angewinkelten Beine auf, um sich gegenläufig zu Maximilian zu bewegen, rieb ihre Erektionen aneinander. Maximilian ließ ihn los, fiel nach hinten auf den Rücken, zuckte und bäumte sich auf. Er stöhnte so laut, dass Lukas glaubte, nicht mal mehr seinen eigenen rasenden Pulsschlag hören zu können. Als die Kontraktionen zu heftig wurden, kam Maximilian mit einem heiseren Seufzer. Lukas folgte ihm rasch, lehnte sich heftig atmend über seinen dahingesunkenen Freund. Maximilian sah wirklich viel zu verführerisch aus in dieser Pose! Behutsam wischte Lukas sie sauber, bevor er sich neben Maximilian sinken ließ,in seine Arme schmiegte. "Ich hab dich lieb", vertraute er ihm mit einem verschmitzten Lächeln an, zauberte damit ein erhitztes Grinsen auf Maximilians Züge. "Ich hab dich auch sehr lieb", gab Maximilian heiser zurück, rollte sich ein wenig zusammen, damit er Lukas leichter küssen konnte. "Und ich geb dich nicht mehr her!", trällerte er überschwänglich, knuddelte Lukas, der sich drücken und herzen ließ. In diesem Augenblick war alles gut. O~O "Guten Morgen", Maximilians Vater hielt in der Halle inne, warf einen langen Blick auf seinen Sohn und Lukas, der an seiner Hand die Treppe herunterging. "Guten Morgen", murmelten die beiden, durchaus verlegen. Ihnen schwebte nur zu deutlich vor Augen, dass sie gestern ein Bild jämmerlichen Elends geboten haben mussten. "Vor dem Frühstück möchte ich euch beide kurz sprechen. Gehen wir doch ins Arbeitszimmer." Maximilian drückte Lukas' Hand. Sie waren beide nervös, unsicher darüber, was sie nun erwartete. Maximilians Vater illuminierte den Raum, um das trübe Licht zu verscheuchen, wies ihnen dann die Sessel zu, bevor er selbst Platz nahm. Trotzig hielt Maximilian Lukas' Hand, auch über Sessellehnen hinweg. Sein Vater blieb ruhig, unbeeindruckt. "Ich bin nicht einverstanden mit dem, was du getan hast", eröffnete er Maximilian gelassen, "du hast eine Entscheidung vorweggenommen, ohne unsere Meinung zu erfragen. Damit hast du unser Vertrauen in dich erschüttert." Maximilian spürte, wie ihm Farbe in die Wangen stieg, aber er war klug beraten, jetzt zu schweigen. "Ich habe mit deiner Mutter gestern vereinbart, wie die Konsequenzen aussehen werden." Maximilian schluckte. Jetzt hörte er also sein Urteil. "Du wirst ab sofort bis zu deinem Geburtstag genau angeben, wo du bist und wie lange du dort bist. Keine Ausreden, keine Ausflüchte. Keine weitere Lüge." Maximilian nickte. Damit konnte er durchaus leben, ja, er konnte sogar nachvollziehen, warum dieser Vertrauensbeweis erneut erbracht werden musste. "Zum Zweiten", Maximilians Vater wandte sich nun auch an Lukas, "ihr werdet bis zu eurer Volljährigkeit nicht mehr gemeinsam in einschlägigen Etablissements übernachten, ganz gleich, wie exzellent ihr Ruf ist." "Das werden wir nicht", antwortete Lukas für Maximilian, der ihm einen raschen Seitenblick zuwarf. "Und nun zum letzten Punkt", Maximilians Vater erhob sich, paradierte langsam vor dem Kamin auf und ab, sammelte seine Gedanken. Dann wandte er sich um. "Ihr müsst unbedingt verantwortungsvoll mit eurer Beziehung umgehen. Der richtige Ort, die richtige Zeit. Nehmt bitte Rücksicht." Die Botschaft war deutlich. Maximilian erhob sich langsam, hielt Lukas an seiner Hand. "Bist du wütend auf mich, Paps?", fragte er leise. Sein Vater lächelte, ein wenig gequält, "ich bin nicht wütend auf dich. Oder auf dich, Lukas. Aber ich brauche mehr Zeit, um mich an die Situation zu gewöhnen." Lukas nickte, lächelte scheu, "vielen Dank für Ihr Verständnis. Bitte entschuldigen Sie die Umstände, die ich Ihnen bereitet habe." Maximilians Vater zog eine Grimasse, die allzu sehr an Benedikt erinnerte, "bitte sei nicht so förmlich, Lukas, sonst komme ich mir schon wie ein uraltes Scheusal vor." Maximilian grinste, während Lukas verblüfft staunte. "Danke, Paps", strahlte er, zog Lukas mit sich, "komm, ich habe einen Bärenhunger!" In der Tür drehte sich Lukas noch einmal um. Maximilians Vater sah ihn an, zwinkerte. Lukas lächelte. Er hatte das sichere Gefühl, dass Maximilians Familie ihn akzeptierte, so, wie er war und das fühlte sich herrlich an, sogar die kleine Kabbelei zwischen Maximilian und Benedikt, weil der unbedingt Lukas umarmen wollte. Endlich bekam Lukas genau das, was er verdiente. O~O Kapitel 15 - Magie Als die Sonne hinter dem Purpurgebirge versank, spazierte er lässig über die Zugbrücke hinein, schneeweiß gekleidet, unwirklich strahlend. Ein verspäteter Engel? Ein Lächeln zuckte apart in seinen Mundwinkeln bei diesem Gedanken. »Wohl kaum.« Er kannte den Weg, der ihn über die zweite Zugbrücke führte. Warum hatte sie ihn kontaktiert? Aber seine Neugierde war geweckt, konnte nicht ruhen, bis er den Grund erfahren hatte. »Weil es möglich ist...« Er schob sich die Kapuze mit dem künstlichen Fellbesatz von den schwarzen Locken. Sie waren länger als gewohnt, sorgten allerdings für Wärme und flossen weich um seine attraktiven Züge, kontrastierten zur Porzellanhaut, die nur dem Eingeweihten verriet, dass er seine Nahrungsaufnahme vernachlässigt hatte. Trotzig ragte der Bergfried in den Himmel, der jede Erinnerung an den Sonnenuntergang verloren hatte. Klar und deutlich prangten die Sterne der letzten Nacht. Er legte den Kopf, weich durch Locken und die Kapuze gepolstert, in den Nacken. Jeden einzelnen Stern kannte er. Wie oft hatte er die Sternbilder schon betrachtet? Über Jahrhunderte. O~O In der Arena brannten die Pechfackeln, warfen zuckende Schatten an die Granitwände mit jedem Windzug, der sie anfachte. Langsam trat er über die zahlreichen Schichten feinkörnigen Sands in die Mitte der Arena. Die Galerie war unbesetzt und niemand kämpfte im Rund, erprobte seine Kräfte. Gemächlich drehte er sich um die eigene Achse, fühlte sich fremd in seinen Kleidern, die wenig mit der archaischen Kulisse gemein hatten. Er ging in die Hocke, streichelte mit den Fingerspitzen über den Sand. "Na, haste was verloren, Bengel?" O~O Dark Schneider grinste, als die schneeweiß gekleidete Gestalt graziös herumwirbelte, einen Jubelschrei ausstieß und auf ihn losstürmte. Er fing Carnage auf, kreiselte mit ihm wild um die eigene Achse, funkelte frech in die Obsidianaugen. "Na, Burschi, haste mich vermisst?", dröhnte er grölend. Die Antwort jagte seinen Puls in die Höhe, weil Carnage ihn leidenschaftlich küsste, das geliebte Schandmaul versiegelte. Dark Schneider streichelte über die aparte Kehrseite, ließ seine tätowierten Muskeln tanzen, aber Carnage ließ sich nicht ablenken, verwob seine Finger mit den weißen, hüftlangen Haaren des Zauberers, sorgte dafür, dass der nicht weichen konnte. Seine Zunge liebkoste kühn die lange, gelenkige des Zauberers, streichelte über jede Zacke, jede scharfe Spitze des Raubtiergebisses, saugte den Geschmack Dark Schneiders ein, vermischte ihren Speichel und ihren Atem. Dark Schneider taumelte unterdessen, spürte, wie seine Kraft schwand. Hastig versuchte er sich auf Zaubersprüche, Bannflüche oder zotige Limericks zu besinnen, aber sein Blut raste definitiv in anderen Regionen als seinem Kopf herum. Bevor er in die Knie brechen konnte, löste sich Carnage allerdings, schubste ihn mit einem Raubtierfauchen zu Boden und streifte seine Kapuzenjacke ab. Darunter trug er ein hautenges Trikot, so transparent, dass es wie flüssiger Mondschein wirkte, Hotpants und Overknee-Stiefel, die einen Blick auf halterlose Strümpfe preisgaben. "HEY!", ächzte Dark Schneider Protest. Bespringen ja, aber wenn gesprungen wurde, dann tat ER das! Carnage plagte sich nicht mit solcherlei Eitelkeiten, hockte sich rittlings auf den großen Zaubermeister, löste dessen mitgenommenen Umhang, beugte sich vor, um über Dark Schneiders blitzförmige Augenbrauen zu lecken. "HEY!", der Zauberer initiierte ein Handgemenge, versuchte, die zierlichen Gelenke einzufangen, um sich eine kurze Regenerationspause zu verschaffen, "was sind das für Manieren, Kleiner? Nich mal guten Abend, wie steht er, darf ich mich umdrehen?!" Zu seiner Überraschung hielt Carnage tatsächlich inne, lächelte, leckte sich lasziv über die Lippen, bevor er raunte, "du hast mir gefehlt, Darshu." Er glaubte nicht, dass irgendjemand schon mal gesehen hatte, wie Dark Schneider, berühmt-berüchtigter Zaubermeister, notorischer Weiberheld und Großmaul, dunkelrot anlief. Ohne Mühe konnte der seine Rechte aus Carnages Griff entziehen. Er hob die Hand, streichelte sanft über Carnages Wange, wärmte sie mit seinem Handteller. "Ich habe nach dir gesucht", flüsterte er kaum hörbar. Stärker noch als seine leisen Worte wog das sich anschließende Schweigen, der intensive Blick aus den strahlend blauen Augen unter den gezackten Augenbrauen. »Und ich habe dich nicht gefunden«, dolmetschte Carnage, presste die Lippen für einen Wimpernschlag zusammen. Er lächelte schmelzend, umfasste Dark Schneiders Rechte zärtlich und platzierte sie auf seinen Brustkorb. "Warum zeigst du mir nicht, was du mit mir anfangen willst, wenn du mich findest?", schnurrte er rollig und wählte eine Sitzposition direkt über Dark Schneiders Schritt, aber Dark Schneider wollte sich nicht ablenken lassen, so groß die Verlockung auch war. "Wie lange?", formulierte er kehlig. "Hmmm", Carnage streichelte über die ausgeprägten Brustmuskeln, spielte mit den Tätowierungen, die sich an seinen Handgelenken hochrankten, "nicht lange genug." Sein anzügliches Gurren, die Fingernägel, die v-förmig über Dark Schneiders Torso glitten, sich unter seinem Bauchnabel trafen, brachten das Blut des Zauberers zum Kochen. Ansatzlos rollte er sich mit Carnage herum, kerkerte den schwarzhaarigen Jüngling unter sich ein, tauchte hinab, um ihn hungrig zu küssen. Natürlich erkannte er ein Ablenkungsmanöver, wenn er es sah, aber alles war besser als der bittere Kloß in seinem Hals, den er nicht schlucken konnte, wenn er an das vielsagende Schweigen dachte. Er leckte Carnage über die helle Wange, nagte mit Raubtierzähnen an einem Ohrläppchen, knurrte in die schwarzen Locken, "sag mir deinen Namen." Carnage lachte leise unter ihm, ein erregendes Prickeln unter Dark Schneiders Bauch. Er befreite mühelos seine Hände aus Dark Schneiders Griff, schlang sie um dessen Nacken und zwinkerte in die Blauaugen hoch, "vor den ersten Dreimal ist das unschicklich, meinst du nicht, Darshu?" Dark Schneider grummelte, nicht, weil er etwa vor dieser Bedingung zurückschreckte, bewahre! Nein, es war die Art, wie dieser verrückte Bengel seinen Namen verkürzt raunte, zärtlich, sehnsüchtig, lüstern, wie ein Raubtier...es machte ihn heiß. "Zieh dich aus, aber langsam", fauchte er Carnage zu, setzte sich dann betont gemächlich auf. Carnage schob sich unter ihm hervor, kniete sich breitbeinig vor Dark Schneider hin und legte ihm die Arme um den Hals, leckte ihm mit der Zungenspitze über die oberen Reißzähne. "Mein Hengst", schnurrte er samtig, "zieh doch bitte den Reißverschluss hinten auf, ja?" Der Zauberer grummelte, funkelte in die Obsidianaugen, die vor spitzbübischem Vergnügen glitzerten, streichelte über den glatten Stoff auf Carnages Rücken, bis er den Reißverschluss geortet hatte und ziehen konnte. Mit einem zuckerzüßen Lächeln streifte sich Carnage sein hautenges Trikot vom Leib, raufte sich den Lockenschopf. Sehr langsam schraubte er sich nach oben, knöpfte von Nord nach Süd seine Hotpants auf, drehte sich leicht mit ausgestellter Hüfte vor Dark Schneider. "Mein Held", säuselte er unter halb gesenkten Lidern, beugte sich vor, um ein paar weiße Strähnen zu haschen und spielerisch um die Finger zu wickeln, "bitte befreie mich doch...?" Sein spitzes Kinn deutete unmissverständlich auf den Overknee-Stiefel. Dark Schneider grollte guttural, pulte den Reißverschluss herunter und zupfte den Stiefel von Carnages Fuß. Weil er zu recht befürchtete, dass der Striptease sich bis zur Unerträglichkeit des Blutstaus in seinen Lenden ziehen würde, wenn er nicht nachhalf, nahm er sich auch Stiefel Nummer zwei vor. Carnage lächelte, bleckte seine perlweißen Zähne, rollte die Zungenspitze ein und zwinkerte. Dann pflanzte er seinen Fuß auf Dark Schneiders linke Schulter, lehnte sich tief und rollte sehr langsam den halterlosen Strumpf Richtung Knöchel. Triumphierend bemerkte er, wie Dark Schneiders blitzblauer Blick auf seinem Schritt ruhte, zum Einem, weil seine Hotpants offen standen, zum anderen, weil er grundsätzlich auf Leibwäsche verzichtete. Als er sein linkes Bein auf den sandigen Boden setzte, zischten und knackten Blitze und elektrische Aufladungen in einer Korona um Dark Schneider. Er atmete schwer, umklammerte Carnages rechtes Handgelenk. Carnage sank in die Knie, streichelte mit der freien Linken über Dark Schneiders Wange, zwinkerte. "Verdammt und verflucht!", statisch aufgeladen zuckten die hüftlangen, weißen Haare des Zauberers um seinen Kopf. Er parkte Carnages Rechte auf seinen Schritt. "Tu was!", kommandierte er zischend, "JETZT!" "Aye aye, mein strammer Bock!", Carnage salutierte neckend, grub die Finger in die hauteng sitzende Lederhose des Zaubermeisters, um sie in der Mitte durchzureißen. Dark Schneider taumelte, von der Gewalt überrascht, was es Carnage erleichterte, ihn auf den Rücken zu schleudern. "MJAAAMMMM", jubilierte Carnage bei dem appetitlichen Anblick, stemmte Dark Schneiders Beine auseinander und tauchte gelenkig ab. "Oooahhhhh!", der Zauberer presste die Lippen aufeinander, schmeckte Blut, weil er sich auf die Zunge gebissen hatte vor Schreck. Carnage schien das nicht zu stören. Mit begeistertem, wenn auch ersticktem, kehligen Summen befleißigte er sich seiner augenblicklichen Aufgabe, der stolzen Standarte seine Aufwartung zu machen. Er hatte Dark Schneider zum Fressen gern, oh ja! Mit der Zunge kreiselte er um die empfindliche Haut, neckte das Hautbändchen, massierte mit Gaumen und Wangen die gesamte Länge, initiierte eine Schluckbewegung. Mit geschlossenen Augen lauschte er auf Dark Schneiders lustgetränktes Stöhnen, das immer tiefer wurde, je konzentrierter sich Carnage auf die empfindlichsten Punkte kaprizierte. Lächelnd setzte Carnage das I-Tüpfelchen, kraulte recht grob die zarte Haut um die Hoden und zupfte am weichen Damm dahinter. Zuckend und bockend tanzten Dark Schneiders Hüften, dann entlud sich sein Erguss in Carnages Kehle, der gierig schluckte, saugte, über Unterleib und Kehrseite des Zauberers strich, um auch den letzten Tropfen zu empfangen. Carnage richtete sich auf, tupfte sich mit der Fingerspitze die Mundwinkel ab, bevor er genießerisch den Finger in den Mund schob und hingebungsvoll daran saugte. Vor ihm rang Dark Schneider um Atem. Die blitzblauen Augen starrten unfokussiert Richtung Decke der Hall of Combat, ohne sie allerdings wahrnehmen zu können. An den Wänden reihten sich dämonische Schatten zum Veitstanz. "Ich mochte diese Hose", krächzte der Zaubermeister schließlich beleidigt. Er zeigte sich nicht nur von Carnages oralen Künsten beeindruckt: eine Hose aus Krachytdrachenleder zerreißen zu können, DAS wies auf ungeheuerliche Kräfte hin. Zugegeben, auf ein Ungeheuer mit einer sehr appetitlichen Verpackung, obwohl weniger mehr sein konnte. Ächzend rollte sich Dark Schneider auf die Seite und bohrte die schwarz lackierten Fingernägel in Carnages Hosenbund. "Runter damit!", forderte er heiser gleiches Recht für alle ein. Flirtend verdrehte Carnage eine schwarze Locke in seinen Fingern, versteckte sein Gesicht halb hinter den langen Locken, zwinkerte, posierte vorgeblich schamhaft, "oh, das kann ich nicht alleine, mein Zuckerstück." Dark Schneider saß, obwohl er sich noch ein wenig benebelt fühlte, ruckartig aufrecht. Er HASSTE Falsett! Denn das weckte unangenehme Erinnerungen, nun ja, unangenehme zukünftige Erinnerungen. »Brrr, und ich HASSE diesen Zeitreise-Kram!«, grollte er innerlich. Falsett war etwas für bescheuerte, anal-fixierte, retardierte und verklemmte Möchtegern-Vampire! Schon der Gedanke an den Vertreter dieser Gattung, der schüttelte ihn vor Abscheu! Carnage grinste, gar nicht verführerisch oder scheu, sondern breit und herausfordernd. »Dieser versaute, kleine Bengel macht sich über mich lustig!«, steigerte sich Dark Schneider in einen rekordverdächtigen Wutanfall hinein. Nicht nur, dass er flachgelegt wurde, sein bestes Stück nahezu ausgelutscht, seine geliebte Lederhose zerrissen, nein, diese ungezogene Göre wollte ihm auch noch eine Nase drehen! »Mutmaßlich andere Körperteile«, revidierte der Zaubermeister brodelnd vor Zorn, fühlte sich für einen befremdlichen Augenblick an Pinocchio erinnert, was in dem in Rede stehenden Zusammenhang ausgesprochen perverse Visionen produzierte, die die Schatten an der Arenawand munter austobten. "Ich werd dir gleich helfen, DU...DU...DU!!", mit gerechtfertigter Empörung, denn immerhin war er der ungeschlagene Meister aller Röcke, Betten und Büsche, -oder würde es zukünftig sein-, griff Dark Schneider zu, fetzte die Hotpants von Carnages sehr aparter Kehrseite. "HAH!", brüllte er dröhnend, "HAH! Ich werd dir gleich die Flausen austreiben!" Schon hatte er eine Faust in Carnages Nacken geschoben, Locken und das Genick in tödlicher Umklammerung. Natürlich entsprach Carnages Reaktion NICHT dem Standard, zumindest nicht dem, was Dark Schneider gewöhnlich erwartete, wenn er Prügel androhte und sich zu rächen beabsichtigte. "Oh, Darshu, ja! Gib's mir, nimm mich richtig ran! Lass alles raus, räche deine Hosen!", trällerte, gurrte und säuselte Carnage, trat nicht etwa die Flucht nach vorn an, sondern presste sich mit seiner makellosen Kehrseite an Dark Schneiders Schritt, schlängelte die Arme nach oben um dessen Nacken, legte den Kopf auf die tätowierte Brust, wisperte verlangend, "sag mir schmutzige Zaubersprüche auf, ja?" Dark Schneider, der zutreffend vermutete, keine besonders geistreichen, verbalen Entgleisungen formulieren zu können, weil sein Blut sich an vorstehender Position erwartungsvoll sammelte, wählte die einzige probate Antwort: er drang mit einem einzigen Rammstoß in Carnages Unterleib ein. Sofort war seine pulsierende, beinahe vor Kraft hämmernde Erektion zwischen gut trainierten Muskeln eingeschlossen. "Darshu", seufzte Carnage, ballte seine Muskeln, "oh Darshu!" Da er nicht entfliehen konnte, entschied Dark Schneiders Körper, der vor geraumer Zeit das Gehirn verabschiedet hatte, sich den Weg nach vorne freizukämpfen, immer wieder gegen das fleischliche Hindernis anzurennen, angesogen und zurückgestoßen von einer glühenden Enge, die sich dem kritischen Punkt näherte. Dark Schneider umklammerte schwankend, in die Knie brechend, Carnages Torso, rieb rau über die sensiblen Brustwarzen, während er vergeblich versuchte, die Kontrolle über Carnages Erektion einzufordern. "Darshu", seufzte der Schwarzlockige an seinem Ohr, "erzähl mir Zoten! Bring mir neue Schimpfwörter bei!" Der Zauberer wäre der Aufforderung zweifellos nachgekommen, wenn sich nicht mit erschreckender Gewalt ein zweiter Orgasmus wie eine Springflut seinen Weg gebahnt hätte. O~O Dark Schneider rollte sich keuchend auf die Seite und fühlte sich wie ein paniertes Schnitzel: weichgeklopft und vollgebröselt. »Sand«, korrigierte sein akut unterversorgtes Gehirn matt, merkte dann auf, als ein weiß bestrumpftes Bein in Sicht kam. Er blinzelte und stellte fest, dass ein zweites Bein neben seiner anderen Schulter die Ferse in den sandigen Boden grub. Ungerechterweise sah es nicht wie ein Streuselkuchen aus, sondern glänzte in porzellanweißer Perfektion. Mühsam gelang es dem Zauberer, sich auf die Ellenbogen zu stemmen und seinen Oberkörper zwecks besserer Übersicht anzuheben. Carnage saß auf seinem Schoß, weit zurückgelehnt, beinahe mit dem Rücken auf Dark Schneiders nackten Beinen liegend. Seine Handgelenke umklammerten die Knöchel des Zaubermeisters. Dark Schneider registrierte das seidenweiche Streicheln der schwarzen Locken. Dann hörte er den Sirenenruf, allerdings mehr ein Flüstern, ein Seufzen, "mehr, Darshu! Bitte, gib mir mehr! Gib mir alles, was du hast, Darshu!" Er ließ sich wieder auf den Rücken sinken, umklammerte seinerseits die schlanken Fesseln Carnages. "Also gut, du verwöhntes Prinzchen", knurrte er grollend, "du willst wissen, wie weit ich es treiben kann?! Gar KEIN Problem!" Mit geschlossenen Augen konzentrierte er sich, löste, eins nach dem anderen, die Bannsiegel, die er sich selbst auferlegt hatte. Kein Mensch konnte ihre Kraft auch nur ansatzweise aushalten, ganze Landstriche wurden bis zu mehreren Klaftern tief in die Erde vollkommen ausradiert, wenn er nur ein Siegel entfernte. Er hörte, wie Carnage vor Genuss seufzte, seinen Namen schnurrte. »Na warte, Bengelchen!«, JETZT würde er noch alle Verstärkungs- und Angriffszauber, sogar die, die man nur unter Lebensgefahr einsetzen durfte, loslassen... O~O Carnage tanzte, jubelte, triumphierte auf dem zuckenden, sich windenden Leib, der losgelöst von der Erde in der Luft schwebte. Tränen perlten ihm aus den Augenwinkeln, während er vor Glück übersprudelnd lachte. »So viel! So ungeheuer viel! Herrlich! Phantastisch!« Intim verbunden unter ihm rasten Blitze aus dem Leib des Zaubermeisters, die Blauaugen waren in den Höhlen verdreht, zeigten nur noch das Weiße. Das Raubtiergebiss entließ gleichzeitig schäumenden Speichel und ohrenbetäubendes Gebrüll. Die Tätowierungen brannten lichterloh, sengten und loderten nach Carnage. Er konnte gar nicht genug bekommen. Wie im Rausch ließ er sich treiben, saugte gierig, sehnsüchtig, ausgehungert, verzweifelt alles in sich auf. Erst, als er mit Dark Schneider hart auf den Boden prallte, alle Fackeln erloschen, erwachte Carnage aus seinem euphorischen Glückstaumel. O~O Für einen Augenblick in vollkommene Finsternis gehüllt versteinerte Carnage. »Oh nein...« Notbeleuchtung flackerte, zuckte und erwachte zu einem giftgrünen Leuchten, dann entzündeten sich die Fackeln erneut. "...Darshu?", Carnage löste sich vom Leib des Zaubermeisters, beugte sich über ihn, streichelte die ausgezehrten Wangen. "Darshu? DARSHU?!" »Zu viel...ich habe zu viel...«, Carnage presste die Lippen auf die zerbissenen des Zauberers, hauchte Atem und Leben in die reglose Gestalt. Er ballte die Fäuste, kämpfte mit panischen Tränen, schlug mit einer Faust auf Dark Schneiders Brustkorb. »Das habe ich nicht gewollt! Bitte, Darshu, wach auf!«, aber das wollte nicht helfen, konnte nicht mehr helfen. »Weil ich zu gierig war!«, Carnage schob sich zwei Finger in den Mund, benetzte sie eilends mit Speichel. Dark Schneider war ein Mensch, wenn auch von einem außergewöhnlichen Kaliber. Er MUSSTE sich kontrollieren. Mit einer Hand befeuchtete er Dark Schneiders rektalen Körpereingang, während er Küsse auf die blutleeren Lippen dippte. "Komm schon, Darshu, lass mich nicht hängen! Du bist doch mein Hengst, mein großer Rammler, mein geiler Bock!", er schlang einen Arm um Dark Schneiders Taille, presste ihn an sich und setzte sich mit ihm auf, klappte die Beine des Zauberers an den Knien ab, bevor er sich einen Weg in dessen Leib bahnte. Eine Hand im Nacken Dark Schneiders justierte er dessen Kopf, versiegelte die Lippen, wippte behutsam auf und nieder, »Komm schon, Darshu, Liebling, ich bitte dich!« Carnage lauschte angestrengt auf Lebenszeichen. Er erhielt eins, als ein spasmischer Ruck durch Dark Schneider fuhr, die Augenlider flatterten, dessen weiße, lange Haare sich statisch aufluden. "Darshu", wisperte Carnage erleichtert, steigerte den Rhythmus, "Darshu, sieh mich an, bitte." Es dauerte eine unerträgliche Weile, bis sich tatsächlich die blitzblauen Augen auf seine Obsidianaugen richteten, weil der Körper des Zaubermeisters langsam wieder ins Leben zurückkehrte, nach Atem verlangte, auf ihre intime Verbindung reagierte. "Darshu", Carnage küsste Leben und Farbe in die Lippen des geliebten Schandmauls, "Darshu!" Dark Schneider stöhnte kehlig, zuckte in einem aufgenötigten Orgasmus, kippte dann vornüber in Carnages Arme. Der streichelte durch die schweißfeuchten, weißen Strähnen, über den körnig bezuckerten Rücken, küsste jedes erreichbare Fleckchen Haut und flüsterte zärtlich in Dark Schneiders Ohr, "Dion. Mein Name lautet Dion." O~O Der erste Gedanke, der sich in Dark Schneiders erwachendes Bewusstsein stahl, notierte, dass jemand durch seine Haare glitt, um sie zu Zöpfen zu flechten! Ruckartig schoss der Zauberer hoch. Carnage lachte laut über die furiose Empörung auf den ausgeprägten Zügen des Zaubermeisters, entließ einen weiteren Zopf aus seiner Manufaktur. "Fühlst du dich besser, Darshu?", erkundigte er sich samtig, suchte nach dem Pulsschlag. In Dark Schneiders Schritt. "Hey!", der pflückte wütend die Hand ab, "sag mal, tickst du noch ganz sauber?! Was bist du, so eine Art Schwarze Witwe?!" Für einen Augenblick flackerte das Lächeln auf Carnages Gesicht, wich einem verzweifelten Ernst. "Heißt das, dass du mich VORHER heiratest?", neckte er Dark Schneider kokett, doch der kam, für ihn selbst überraschend elastisch, auf die Beine, wandte sich von Carnage ab. Über die Schulter fauchte er heiser, "echt komisch! Ich könnte mich glatt totlachen, aber zweimal in einer Nacht abzukratzen törnt mich ab!" "Es tut mir leid!", Carnage erhob sich ebenfalls, lief ihm nach, "Darshu, es war keine Absicht! Bitte geh nicht weg! Darshu!" "DU KANNST MICH MAL!", Dark Schneider schleuderte auf den nackten Fußsohlen herum, sprühte Sandkörner in alle Richtungen, "Nein, ENTSCHULDIGE, das HAST du ja bereits! Was denkst du eigentlich, wer ich bin, hä?! Dein Spielzeug?! Oder dein Abendessen?!" "Es tut mir leid", wiederholte Carnage ruhig, streckte die Hände nach dem Zauberer aus, "Darshu, ich verspreche dir, dass es nicht mehr vorkommen wird. Ich werde mich beherrschen, bestimmt!" Dark Schneider funkelte in die Obsidianaugen, fühlte das unwiderstehliche Verlangen, die glänzenden, schwarzen Locken auszureißen, Carnage nach Strich und Faden zu vermöbeln, dass der danach so bunt wie ein Pfau aussah. "Oh, verstehe", bemerkte er giftig und verbittert, "wie nett! Danke, dass du mir auch noch zu verstehen gibst, dass ich dir nicht gewachsen bin. Herzlichen Dank. Möchtest du noch eine Beleidigung loswerden, damit ich gut ins neue Jahr starten kann?" Zu seiner Überraschung erbleichte Carnage, starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. Dark Schneider war sich nicht sicher, was genau diese Reaktion ausgelöst hatte, aber das Ergebnis erfüllte ihn mit Reue, denn sein Gegenüber war nicht der verführerische, hemmungslos flirtende, Sex liebende Teufelsbraten, mit dem er viel zu gern in den Infight ging, sondern ein makellos schöner, junger Mann, aus dessen Augen Verzweiflung und Einsamkeit in perfekten Tränen perlten. "Ich...ich hab's nicht so gemeint", knurrte der Zauberer geschlagen, drehte sich um und nahm Carnage in die Arme. Auch wenn ihm der Gedanke nicht gefiel: er WAR eindeutig Carnages gewaltigen Kräften nicht gewachsen. Das nagte an ihm, konnte aber momentan nicht geändert werden. "Ich wollte dich nicht zu Tode lieben, Darshu", murmelte es erstickt an seinem Hals, während er über den schlanken Rücken streichelte, den nackten Leib eng an sich presste. Der Zauberer schwieg. Er kannte auch lange Phasen der Einsamkeit, der Sehnsucht nach dem wilden, ungezügelten Leben, nach dem Rausch, die Besessenheit, sich einem wahnwitzigen Risiko auszusetzen, um an die eigenen Grenzen zu gelangen, zu spüren, was LEBEN eigentlich war im ursprünglichsten Sinne. "Schon gut, Dion", flüsterte er leise, zog sich ein wenig zurück, um in die Obsidianaugen zu sehen, "vergiss bloß nicht, dass Toter Mann auch Tote Hose in der Kiste bedeutet." Carnage kicherte, mit einem winzigen Schniefen, senkte die Lider auf Halbmast und studierte Dark Schneider eingehend, leckte sich über die Lippen, langsam und sehr gründlich. Dark Schneider seinerseits betrachtete das fremdartige Geschöpf in seinen Armen. Zu gern hätte er einmal gesehen, wie sein zerbrechlich wirkender Liebhaber sämtliche Kontrollen fahren ließ, sich in einem Orgasmus verlor. »Aber das ist unmöglich«, stellte er verbittert fest, »weil ich das nicht überleben würde.« Gab es denn keine andere Möglichkeit? »Und überhaupt«, unbewusst kaute er auf einer nicht verflochtenen Strähne, »warum...?« Ja, warum war es ihm so wichtig, Carnage wirklich zu berühren? Über den Körper hinauszugehen, sich in Carnages Herz und Seele einzubrennen? »Warum kann ich dich nicht finden?«, er löste eine Hand, streichelte gedankenverloren durch die schwarzen Locken. Er hatte eine erstickende Vermutung, worin die Antwort bestand. Eine schmerzliche Replik. Carnage blinzelte irritiert, "Darshu?" Der fasste dessen Rechte, "komm, lass uns etwas ausprobieren." Er führte Carnage an eine der rauen Wände der Arena, lehnte ihn dagegen und ging in die Hocke, um den verbliebenen rechten Strumpf behutsam abzurollen. Dann hob er Carnages Hände über die Schultern, verschränkte ihre Finger, entließ die Obsidianaugen nicht aus seinem blitzblauen Blick. Carnage lächelte lasziv, streichelte mit einer nackten Fußsohle über Dark Schneiders Wade, schnurrte lockend. Der Zauberer neigte sich ihm entgegen...und küsste ihn. Tat nichts weiter, nicht mehr, nicht weniger, als Carnages Lippen, dessen Zunge, den Gaumen, die Zähne zu liebkosen, zu verwöhnen und zu necken. Auch wenn Dark Schneider wusste, dass es mutmaßlich keinen Unterschied machte, wo Carnage intimen Kontakt mit ihm aufnahm, um seine Kräfte einzusetzen, hoffte er, dass ihn sein Impuls nicht getrogen hatte. Über ihnen flackerten die Fackeln, warfen unheimliche Schatten. Carnage seufzte in seinen Küssen becircend, schmiegte sich an seine nackte Front. Dark Schneider schloss die Augen, ließ sich einfach treiben, Kuss um Kuss seine Wirkung entfalten. Er grinste, als sich vor seinen Augenlidern ein unwirkliches Licht an Intensität steigerte. "Darshu", Carnage knabberte an seinem Ohrläppchen, "lass uns spielen, ja?" "Nix da, Bengelchen!", Dark Schneider blinzelte geblendet, versicherte sich, dass ihre Finger untrennbar verschränkt waren, "JETZT bin ich an der Reihe!" Er schmuggelte sich in die schwarzen Locken, um in zahlreichen Sprachen äußerst perverse, schmutzige und hochgradig unzüchtige Zaubersprüche in Carnages Ohr zu flüstern. Carnage atmete schneller, knabberte an Dark Schneiders Halssehnen, dessen Unterkiefer, drückte dessen Hände fester. Dark Schneiders Raubtiergebiss blendete auf, auch wenn er selbst durchaus auf seine reizvolle Verführung reagierte, doch Carnage zu sehen, der von innen heraus strahlte, glühte, pulsierte vor Verlangen, sich an ihn schmiegte und ihre Erektionen gegeneinander rieb, war jede süße Qual wert. "Darshu", flehte Carnage, leckte ihm miauend über die Wange. Der Zauberer wandte den Kopf, blickte erhitzt in die Obsidianaugen. "Ich lasse dich nicht los", artikulierte er leise, aber deutlich. Carnage hielt seinem Blick stand, streifte hauchzart mit der Zungenspitze über Dark Schneiders Lippen. "Also gut", flüsterte er, "für dich, Darshu." Es schien dem Zauberer, als verwandle sich subtil etwas in Carnage, als würden sich tief liegende, stählerne Bande langsam, widerstrebend lösen. Unter halb gesenkten Lidern hielten sich Carnages Obsidianaugen an den blauen des Zauberers fest. Beinahe schlangengleich wand sich Carnage an der Wand, wisperte immer wieder seinen Namen. Dark Schneider konnte plötzlich jeden Atemzug sehen, jede Sehne, das Pulsieren des Blutes in den Adern, und wie sich dieses unvergleichliche Konzert zu einem Crescendo steigerte. Carnage rang nach Atem, schwang gegen Dark Schneider, zuckte unkontrolliert in Spasmen, warf den Kopf in den Nacken. Der Zauberer hatte Mühe, dem Druck von Carnages Fingern standzuhalten, die heftigen Bewegungen auszugleichen. Außerdem musste er seine Kinnlade wieder zwischen seinen Knien hochholen, möglichst, ohne seinen stark ausschlagenden Zauberstab zu touchieren. "Dion", krächzte er heiser, "Dion." JETZT wünschte er sich, die Hände frei zu haben, eine wenigstens. »Moment mal«, ein paar Gehirnzellen muckten auf, weil sie der Libido ein unabweisbares Angebot unterbreiten konnten. Sekunden später murmelte und haspelte er Zaubersprüche. Von den Wänden kletterten Schatten, huschten und krochen heran, um über Carnages strahlende Gestalt zu gleiten, dessen Leidenschaft noch zu steigern. Das war mehr, als Carnage kompensieren konnte. Mit einem Seufzer eruptierte er und wäre in die Knie gebrochen, wenn Dark Schneider nicht zugefasst hätte. Der Zauberer hob Carnage auf seine Arme, ignorierte die eigene Erregung, entfernte sich von der Wand und ließ die verlangend-enttäuscht zischenden Schatten zurück. Carnage schlang ihm die Arme um den Nacken, verkroch sich an seiner Brust, rang nach Luft. In der Mitte der Arena fiel Dark Schneider auf die Knie, legte seine süße Last ab und sich selbst daneben. Sofort rutschte Carnage heran, löffelte frontal. "...das war unglaublich...", bestätigte der Zauberer seine Eindrücke, rollte sich auf den Rücken, zog Carnage auf sich, streichelte von Lockenschopf bis zu Kehrseite zärtlich auf und nieder. "Bitte, Darshu", Carnage wisperte erstickt, "bitte nimm mich! Lass mich nicht allein!" Dark Schneider brummte missmutig. Eigentlich wollte er sich nicht ausschließlich durch seine Wünschelrute auszeichnen, aber er konnte verstehen, warum Carnage ihn bedrängte. Mit ein wenig Geschick und Unterstützung richtete er sich in Carnages glühendem Unterleib ein, hoffte, dass der imaginäre Ring eines besonders gefährlichen Bannsiegels ein wenig Aufschub gewährte, denn wenn er erst wieder aktiv wurde, würde auch Carnage reagieren, seine Kraft vereinnahmen. "Darshu", Carnage kauerte über ihm, küsste ihn sanft auf die Lippen, "lass los. Hab keine Angst." "Wer hat hier Angst?!", schnaubte der Zaubermeister vergrätzt, studierte die Obsidianaugen. »Warum bin ich nicht mehr für dich?!« "Bitte, lass mich von deinem Leben kosten", Carnage flüsterte begehrlich, beinahe schmeichelnd, vor allem aber in drängender Verzweiflung. Dark Schneider gab nach, wie konnte er auch anders? Kaum, dass das Siegel entfleuchte, er arhythmisch die Hüften von sandigen Boden der Kampfarena hob, senkte sich Carnages Mund auf seine Lippen. Der Zauberer zitterte, als er begriff, was ihm geschah: Carnage saugte ihm mit aller Macht Lebensenergie, Erinnerungen, Gefühle aus, um sie kurz vor dem Punkt ohne Wiederkehr zurückzugeben. Der Sog war gewaltig, beängstigend und berauschend zugleich. Von einer Sekunde zur nächsten taumelte Dark Schneider zwischen mehr Kraft und Empfindungen, als sein Dasein jemals ertragen konnte, und ihrem absoluten Verlust, dem Nahe-Tod-Erlebnis. Als er seinen Orgasmus feierte/erlitt, erlöste ihn eine gnädige Ohnmacht aus existentiellen Extremzuständen. O~O Dark Schneider schlug die Augen auf, blickte in Carnages Gesicht, der sich über ihn beugte, mit den Fingerspitzen über seine Schläfe, seine Wangenknochen und schließlich seine Lippen streichelte. "Hrmbgl", kommentierte der Zauberer die Situation. Nicht, dass er etwas gegen seinen Liegeplatz auf Carnages Schoß einzuwenden hatte, andererseits fühlte er sich beschämend unzulänglich. "...wie lange...?", er gurgelte, schluckte, räusperte. "Etwa zwei Stunden, Darshu", Carnage lächelte, kämmte sich schwarze Locken hinter die Ohren. »Darshu«, dachte Dark Schneider, »ich lasse ihm wirklich viel zu viel durchgehen!« Allerdings prickelte und kribbelte sein gesamter Leib, wenn dieser unzüchtige Bengel seinen Kosenamen flüsterte, ein Vorspiel ohne Körperkontakt, keine Frage, und seiner lebhaften Phantasie genug Nahrung, um ernsthaft in Versuchung zu geraten. Widerwillig setzte der Zaubermeister sich auf, als ihm bewusst wurde, dass die Obsidianaugen weniger herausfordernd-verführerisch funkelten, sondern von einer unterdrückten Verzweiflung kündeten. "Du hättest mich aufwecken sollen", knurrte er, kratzte sich verlegen im Nacken. Allein der Gedanke daran, WIE Carnage mit ihm 'Austausch' gepflegt hatte, trieb ihm glühende Hitze in die Wangen. Um sich abzulenken, tippte er auf den schlichten Ring, der Carnages Bauchnabel schmückte, "wie wär's mit einem Souvenir?" Da Carnage keinen anderen Schmuck am Leib trug, musste ihm dieser Ring etwas bedeuten und Dark Schneider WOLLTE Carnage etwas bedeuten! »Weil wir uns trennen müssen...«, die Endgültigkeit schnürte ihm die Kehle zu. Er hatte so viele Freunde und Feinde im Laufe seiner zukünftigen bereits vierhundert Jahre Lebenszeit auf immer entschwinden sehen, dass er sich eigentlich immun gegen allzu großen Trennungsschmerz wähnte. »Aber das hier ist anders!« Vielleicht, weil er noch nie einem Wesen wie Carnage begegnet war, weil es auf seiner Welt, in seiner Dimension, niemanden gab, der ihn wie Carnage mit Ehrfurcht, hemmungsloser Lust und dem Verlangen nach einer grenzenlosen, alles bezwingenden Liebe erfüllte. "Ich schenke ihn dir, Darshu", Carnage beugte sich vor, legte beide Arme locker um Dark Schneiders Nacken, küsste ihn zärtlich auf die Lippen, lächelte sanftmütig, dann löste er sich, atmete flacher, um vornübergebeugt den Ring zu lösen. "Warte", Dark Schneider legte eine Hand auf Carnages, "leg dich hin. Ich mache das." Konzentriert kauerte er in Hockstellung über Carnage, der ihn studierte, mit einer Hand über Dark Schneiders weiße, hüftlange Strähnen streichelte, die sich auf dem körnigen Sandboden ringelten. "Hab ihn!", triumphierend reckte er seinen neuen Besitz, bevor er überlegte, wie er ihn verstauen sollte. Er wusste nicht genau, wie er durch Welten und Dimensionen reiste, weil sich das Ganze außerhalb seiner Zugriffsmöglichkeiten abspielte, aber er hielt es für besser, wertvolle Dinge eng mit seinem Leib zu verbinden. "Hm, ich brauche was Spitzes", grübelte er, drehte den Kopf, visierte den Ausgang des Arenarunds an. "Warte", Carnage zwinkerte, stützte sich hoch auf seine Ellenbogen, "ICH mache das." Geschickt zog er die Beine an, rollte sich über die Seite auf die Knie und kam in graziöser Eleganz auf die Füße. Carnage streckte die Hand nach Dark Schneider aus, zwinkerte, "komm." Grummelnd ergriff der Zauberer die Hand, ließ sich auf die nackten Füße ziehen und folgte Carnage. Neidvoll stellte er fest, dass Carnage sich mit ihm in wildester Manier auf dem körnigen Sandboden und an der Wand herumrollen konnte, ohne die leiseste Spur von Schmutz davonzutragen. »Während ich mal wieder aussehe wie durchs Katzenklo gezogen!«, beschwerte sich Dark Schneider grundsätzlich beim Schicksal. Oder den Genen. Wer auch immer dafür verantwortlich war! Zielsicher strebte Carnage der Waffenkammer zu, fand einen polierten Widerhaken, der an die letzte Ruhestätte für sportliche Regenwürmer erinnerte, wenn sie 'baden' gingen. "Kannst du ihn erhitzen?", Carnage bedeutete Dark Schneider, sich zusammenzurollen, damit er die Haut fassen konnte, um ein Loch hineinzustoßen. Dark Schneider murmelte, warf einen kontrollierenden Blick auf Carnage, der den Haken hielt. Würde die Hitze ihm nicht die Finger verschmoren? Carnage lächelte. "Keine Angst, Darshu. Aber süß von dir, dich um mich zu sorgen", zwinkerte aufreizend, was dem Zauberer die Haare vor Verlegenheit und Wut statisch auflud. Er hatte jedoch keine Zeit, sich lautstark und unflätig zu echauffieren, denn Carnage versiegelte ihm die Lippen, schmuggelte seine Zungenspitze ein und nutzte die Ablenkung, zielsicher den weiß glühenden Haken durch die tätowierte Haut des Zauberers zu treiben. Dark Schneider hatte Schmerzen erwartet, sich bereits gewappnet, doch dieser Schmerz trieb ihm Wasser in die Augen, denn er schmeckte die bittersüße Zuneigung. "Den Ring", keuchte er, atmete flach, roch sein eigenes Blut. "Ist gut, Darshu", summte Carnage sanft, ging vor ihm auf die Knie, leckte über die Wunde, während er den Ring befestigte. Hingebungsvoll, engagiert streichelte er mit der Zungenspitze über die malträtierte Körperpartie, küsste die beeindruckenden Muskeln, hauchte neckend seinen Atem auf die Haut. Seine Fingerspitzen, die ihrer Aufgabe ledig waren, den Widerhaken achtlos beiseite legten, wanderten über Dark Schneiders Torso nach oben, spielten mit den Brustwarzen, ließen sich von den erwachenden Tätowierungen umschmeicheln. Dark Schneider rollte sich zusammen, leckte an den Fingern, die über sein Kinn und seine Lippen strichen, nuckelte schließlich bedürftig an ihnen. "Dion", raunte er, zog Carnage unter den Achseln auf die Beine, drehte ihn um, damit der sich auf einen der Schaukästen stützen konnte. "HHHMMMM!!", Carnage schnurrte verlangend, rieb seine aparte Kehrseite an Dark Schneiders Erektion, spreizte einladend die Beine, griff mit der Rechten zwischen den eigenen Beinen hindurch, um die Fingerspitzen über den Anus kriechen zu lassen. "Hände auf den Kasten", kommandierte Dark Schneider heiser, schluckte hart, bevor er mit einer Hand um Carnages Hüften glitt, entschlossen die Erektion umklammerte. Mit der Linken bahnte er sich den Weg in den Körper, der sich um ihn schloss wie eine Gussform seiner eigenen Erektion, sie so kundig massierte, dass der Zauberer befürchtete, er habe gar keine Rolle mehr zu spielen. "Darshu! Oh Darshu!", flehend, seufzend, neckend, liebestrunken... Dark Schneider konnte nicht entscheiden, wie viele Nuancen in diesen zwei Silben lagen. "Dion", erwiderte er, raunte in ein Ohr, küsste die zarte Haut hinter der Muschel, während er einen langsamen Rhythmus wählte. Es sollte nicht schnell gehen, auf gar keinen Fall! Wie eine endlose Welle, wie eine Treppe in den Himmel, immer auf der Spitze, dem höchsten Kamm, doch niemals am Ziel, nie abgeschlossen! Aber die Realität hielt sie gefangen, sorgte dafür, dass Explosionen die Spannung entluden, die Grenzen ihrer körperlichen Leidensfähigkeit ausloteten. Dark Schneider sank über Carnages gekrümmten Rücken zusammen, umarmte ihn eng, während er heftig um Atem rang. "Darshu?", Carnage wandte den Kopf zur Seite, löste eine Hand vom Schaukasten, um über den Hinterkopf des Zauberers zu streicheln, "bitte gib mir eine Locke." Mit einem heiseren, krächzenden Lachen kommentierte Dark Schneider die Bitte, "bist n kleiner Romantiker, wie?" Langsam, widerwillig, richtete er sich auf, zog Carnage mit sich, der in seiner Umarmung geschmeidig herumglitt, ihn mit den Obsidianaugen erforschte. "Sind allerdings wie Draht, meine Zotteln", gab Dark Schneider betont forsch den Haken zu bedenken. "Bitte?!", Carnage ließ nicht locker, aber Dark Schneider war niemand, der sich großartig mit Eitelkeiten aufhielt. Er wählte einen gebogenen Dolch aus einem benachbarten Schaukasten, säbelte sich säuberlich eine lange, weiße Strähne ab. "Danke, Darshu", Carnage lächelte, küsste den Zaubermeister zärtlich auf den Mund, bevor er sich die weiße Strähne wie ein Stirnband um den Kopf wand. Auf Dark Schneider wirkte sein Liebhaber nun wie einer der mythologischen Götterstandbilder, die er hier und da gesehen hatte. Dark Schneider leistete sich den Luxus, eine lange Minute nur still zu stehen und Carnage zu betrachten, sich jedes Detail einzuprägen, in sein Gehirn zu ätzen, sein Herz zu brennen. »Wie lange noch?«, aber er wagte nicht, die Frage laut zu stellen. "Was willst du tun?", Carnage streckte die Hand aus, streichelte dem Zauberer über die Wange, "sag es mir, ja? Ich tue alles, Darshu." »Ja«, Dark Schneider legte seine Hand über die seines Liebhabers, »das würdest du. Aber ICH will nicht einer von Zahllosen sein.« Seine eigene Eitelkeit überraschte ihn, ebenso das Bedürfnis, Carnage einfach nur betrachten zu wollen, diesen Schmerz bis zur Neige auszukosten. "Komm mit", er führte Carnage an der Hand, langsam, ohne drängende Eile. Er spürte, wie Carnage ihn betrachtete, mit dem Daumen über den Handrücken streichelte. Wie mochte es sein, mit Körperkontakt zu töten? Wie ein Vampir zu leben? Konnte Carnage überhaupt jemals das Risiko eingehen, einen anderen zu lieben? Sich fallen zu lassen? Wäre er nicht ein unflätig fluchender, arroganter, egozentrischer und von sich selbst überzeugter Zaubermeister, hätte er laut geseufzt, so aber unterdrückte er die Regung, führte Carnage aus der Hall of Combat hinaus. Draußen türmte sich der Schnee in weichen Wogen wie ein gewaltiges Meer. Man hatte ihn aufgehäuft, um die Wege freizuhalten. Dark Schneider spürte, wie von seiner erhitzten Haut Kondenswolken aufstiegen, weil die trockene, eisige Luft sie umschmeichelte. "Darshu?", Carnage klang amüsiert, aber auch neugierig, immerhin wanderten sie hier im Adamskostüm ohne Blattwerk durch den anbrechenden Morgen. Über ihnen zogen sich die Sterne langsam zurück, man konnte schon ahnen, wie über der Graslandschaft langsam der Tag die Vorherrschaft gewann, der erste Tag des neuen Jahres. "Hier", der Zauberer hatte ein Schneebett gefunden, das ihm zusagte. Carnage blickte an Dark Schneider vorbei Richtung Osten. "He!", Dark Schneider fasste Carnage um die Hüften, schleuderte ihn ablenkend und schwungvoll in die Schneemassen. Oben noch pulvrig und weich zeigte sich ihr 'Wonnelager' darunter verharscht, bot Widerstand. "Was hast du vor?", Carnage kicherte tatsächlich aufgekratzt, was Dark Schneider seiner Verzweiflung zuschrieb. Dark Schneider bleckte sein Raubtiergebiss, warf sich dann auf Carnage, der vor Vergnügen juchzte. Sie wälzten sich im Schnee herum, schnäbelten, rangen und kuschelten. Carnage krümmte sich, weil der Zauberer ihn perfid kitzelte, quietschte...und Dark Schneider leckte ihm die Tränen von den Wangen. Automatisch schlangen sich Carnages Arme um seinen Nacken, presste er sich an den Zauberer. Ohne weiteres Vorspiel drang Dark Schneider in Carnage ein, aktivierte die explosivsten Zaubersprüche, die er kannte. Um ihn herum dampfte die Luft, schmolz der Schnee, hüllte sie in einen Nebel von Wassertröpfchen ein, verbarg sie vor der aufgehenden Sonne, bildete einen Kokon aus unzähligen Eiskristallen, die zwischen zwei Aggregatzuständen hin und her wechselten. "Noch mehr, Darshu!", Carnage schluchzte, starrte an Dark Schneider vorbei auf den Himmel. Sonnenaufgang...dann wäre die Zeit zwischen den Jahren vorüber. "Sieh mich an!", Dark Schneider brüllte, fokussierte die Obsidianaugen auf sich. »Sonnenaufgang also...«, dann würden Dimensionen sich wieder voneinander entfernen. "Darshu." Der Zauberer presste die Lippen fest aufeinander, hörte Carnage flüstern, verzweifelt, unglücklich. Es gab nichts, was sie tun konnten. "Halt mich fest, Dion", Dark Schneider lehnte die Stirn an Carnages, klammerte sich an die Obsidianaugen. Kristallklare Tränen perlten über Carnages Gesicht, während er sich auf die blitzblauen Augen konzentrierte, sich eng an Dark Schneider presste. "Darshu... Darshu..." Als die ersten Sonnenstrahlen die Gipfel des Purpurgebirges erreichten, gefroren die kondensierenden Dampfwolken. Carnages Arme waren leer. O~O Er hörte die knirschenden Schritte nicht, spürte die Decke nicht, die um seine Schultern gelegt wurde. Blind fasste er den Zipfel eines Ponchos, zog sich auf die zitternden Beine, nicht etwa, weil er fror, auch wenn es tatsächlich eisig war. Sein ganzer Körper schrie nach Dark Schneider. "Na komm", eine unmelodische Stimme, ein Watschelgang. Von der merkwürdigen Führerin geleitet erreichte das ungleiche Paar den Süd-West-Flügel, nutzte den Aufzug, um in die dritte Ebene zu gelangen. Ohne erkennbare Mühe und mit einem Master-Code ausgestattet verschaffte die Vermummte ihnen Zugang zur medizinischen Abteilung. Carnage wurde wie eine Gliederpuppe dirigiert, durch das Büro in den schmalen Gang zur Krankenstation. Eines der beiden Betten wurde für ihn aufgeschlagen. Reglos, in seinem Kummer gefangen, ließ er sich in die sauberen Laken einwickeln, drehte sich zur Wand und zog die Beine vor den Körper. "Hier", ein flauschiges, extrem rosa zu nennendes, kleines Handtuch wurde ihm untergeschoben, "aber sabber nicht in das Schnuffeltuch!" Er schmiegte eine Wange an den weichen Stoff, blickte ins Leere. Das Licht wurde bis auf die Notbeleuchtungen gelöscht. O~O Kim schreckte hoch, als David ihn behutsam an der Schulter fasste. Beinahe hätte er sich auch noch den Kopf angeschlagen, da er die obere Koje in ihrer Kabine in der Gemeinschaftsunterkunft benutzte. "Scheint ein Notfall zu sein", David klang ruhig, konzentriert, wie immer. "Danke schön", Kim lächelte, kämmte sich die schulterlangen, seidig-schwarzen Haare hinter die Ohren, "entschuldige die Störung." War es wirklich erst zwei Stunden her, seit sie die Feier des Jahreswechsels beendet hatten? David nickte nur, kroch in seine Koje zurück. Sein Mitbewohner tauschte eilends Pyjama mit Rollkragenpullover und Jeans, nahm dann die Beine in die Hand, um zur medizinischen Abteilung zu hetzen. Der Code zeigte ihm, dass ein V.I.P. ihn einbestellte und es gab nur sehr wenige Personen, die den Master-Code besaßen! Als er die Krankenstation erreichte, lag lediglich eine Nachricht auf seinem Schreibtisch im Empfangszimmer. [Mein Gast benötigt Ruhe und Schlaf.] Kim schluckte, sank auf den Bürodrehstuhl. Er kannte das Siegel unter der kurzen Notiz. »Ich sollte besser GANZ SCHNELL Cyril informieren.« O~O I fell asleep on a late night train I missed my stop and went round again Why would I want to see you now? To fix it up, make it up somehow Baby I'll try again, try again Baby I die every night, every time What I was isn't what I am I'd change back but I don't know if I can Still I'll try, try again, try again Baby I die every night, every time But I was made the way I am I'm not a stone, I'm just a man Lay down your arms and I will lay down mine Rip back the time that we've been wasting God I wish you could see me now You'd pick me up and you'd sort me out Baby I'll try again, try again Baby I die every night, every time (Try again von Keane aus dem Album Under the Iron Sea) Das Radio wurde abgewürgt, eine hastige, sehr gedämpfte Diskussion schloss sich an. Carnage blinzelte. Wie viel Zeit war vergangen? Eine Viertelstunde vielleicht? Er konnte nicht schlafen, wollte es so sehr. In seinem Kopf echote nun eine versprengte Liedzeile, 'baby, I'll try again', peinigte ihn zusätzlich. Aber es gab nichts, was er tun konnte, nichts, was er unversucht lassen konnte. »So etwas sollte nicht passieren!« Carnage drehte sich unruhig auf die andere Seite, grinste tränenblind über die Ironie des Schicksals. Jemand wie er sollte sich nicht verlieben können, nicht auf diese Weise. Er starb jedes Mal tausend kleine Tode, jeder einzelne köstlicher als der andere. Er lebte von der Lust, diesem waghalsigen Verlangen nach dem ultimativen Gipfel, nach dem Exzess. Er tanzte den tollkühnen Taumel auf Messers Schneide, vom Sensenmann unberührt. »Das ist mein Wesen.« Die Tränen brannten bitter in seinen Augen, und zum ersten Mal fragte er sich, ob er nicht doch bestraft wurde für das, was ihn ausmachte. »Lächerlich!«, rief er sich zur Ordnung, »Darshu würde mich auslachen, und zu recht!« Der Gedanke an den Zaubermeister ließ ihn stöhnend die Beine vor den Leib ziehen. Er wollte diese heisere Stimme hören, die unflätigen, zotigen Widerworte, seinen Geruch aufnehmen. Verzweifelt löste er die weiße Strähne aus seinem Haar, wickelte sie sich um eine Hand und küsste sie. Ihm war so entsetzlich elend wie noch nie zuvor. "Darshu....Darshu..." O~O Kapitel 16 - Lauter V.I.P.s! "Nun komm doch endlich!", fauchte Ashray Row La Dai, funkelte wütend in der Dämmerung hinter sich. Na gut, es lag hoher Schnee, und es war eisig kalt, zugegeben, aber musste dieser verdammte Dämon deshalb schleichen wie eine Schnecke?! Hinter ihm kämpfte sich Keika mühsam durch die hohen Schneewehen, enthielt sich jedweden Kommentars. "Blödmann!", knurrte Ashray ungeduldig, wählte sich Keika zur Zielscheibe für seine grundsätzliche Frustration. Er hatte nichts gegen Schnee als solchen, fand er ihn doch selten in seiner Heimat, aber er HASSTE es, zu Fuß durch die weißen, harschen Wogen waten zu müssen. Selbstverständlich begriff er, dass sie hier, in dieser fremden Dimension, auf gar keinen Fall ihre Kräfte einsetzen durften, um nicht Aufsehen und Verdacht zu erregen. »Tia hat's ja mindestens HUNDERT MAL gesagt!«, grollte er gegen die Einschränkung. Außerdem war das Zeitlimit zu beachten, sie mussten sich also beeilen. Auch wenn der Morgen erst langsam erwachte, fand Ashray seine Spur mühelos. »Kein Wunder«, streckte er stolz die Brust heraus, blies Atemwolken in die Dämmerung, »ich habe eben das richtige NÄSCHEN!« Er hielt inne, um sich nach Keika umzusehen. Der Dämon, in seiner "Verkleidung" als Mensch, bewegte sich langsam, atmete heftig. "Schnecke!", grummelte Ashray unfreundlich. Er hätte lieber wie früher mit Teiou diese geheime Mission erfüllt, aber nein, der musste ja unbedingt die Streitkräfte anführen und war deshalb unabkömmlich! »Nein«, dachte Ashray grimmig und warf einen wütenden Blick auf den Begleiter, »die Dinge haben sich GANZ SICHER NICHT zum Besseren gewandelt.« Außerdem konnte er diesen verdammten, besserwisserischen, arroganten, geheimniskrämerischen, verfluchten Dämonen nicht AUSSTEHEN! Er wischte sich durch die flammendroten Haare und schnitt Keika Grimassen. Der Dämon kämpfte sich noch immer in seinen Fußstapfen mühsam heran. War es vielleicht das Wasser?! Ashray wusste, dass Teiou sich besorgt gezeigt hatte, denn Keika durfte nicht mit dem Wasser im Himmel in Berührung kommen. Aber das hier war ja wohl kaum zu vergleichen und außerdem gefroren! »Überhaupt, wieso hat sich dieser Idiot von diesem...diesem...DÄMONEN einwickeln lassen?!«, Ashray konnte sich noch immer nicht mit dieser Tatsache anfreunden. Er hasste Keika. Erstens, weil der ein Dämon war, zweitens, weil er ihm seinen alten Spielkameraden und Freund Teiou wegnahm und drittens, weil er ihn nicht vernichten durfte, dabei WUSSTE doch jeder, der nur einen Funken Verstand hatte, dass Dämonen die Ursache allen Übels waren!! Sie trachteten immer und ausnahmslos nach Vernichtung, setzten List, Lug und Trug ein, manipulierten und zauberten, um die Menschen zu töten, und nicht nur die Menschen! Gegen seinen Willen schauderte Ashray, widerstand mannhaft der Versuchung, seine Hellebarde aus dem Handteller erscheinen zu lassen. Auch ihm war Entsetzliches geschehen, hatte ihn beinahe das Leben gekostet. Und Tia. Keika atmete hinter ihm keuchend, zog den Schal etwas tiefer. Sie trugen beide uniforme Mäntel, die bis zu den Knien reichten, in gedeckten Farben, darunter Stoffhosen und Tuniken, hohe Schaftstiefel und wärmende Schals. "Das da ist es", wisperte Ashray knapp, wies auf einen Teil des Flügels der inneren Ringmauer. Ihn wunderte es nicht, dass sich ihr Feind in einer wehrhaften Burg verkrochen hatte, um dort neues Unglück auszubrüten. Glücklicherweise war es Tia gelungen, sie innerhalb der äußeren Ringmauer zu teleportieren. Der schöne Dämon stützte sich an einem Baum ab, hustete unterdrückt. "Lass das!", fauchte Ashray ärgerlich, obwohl es unwahrscheinlich war, dass man sie hörte. Sämtliche Flügel der inneren Ringmauer waren erleuchtet, zweifellos von Magie, denn Ashray konnte weder Kerzenschein noch Fackeln entdecken. Nein, dieses Licht war anders, und das warnte ihn, denn mit Magie war schließlich nicht zu spaßen. »Außerdem ein sicheres Anzeichen für Dämonenzauber!«, fügte er stumm hinzu. Aber Keika würde ihn natürlich NIEMALS warnen, dieser Verräter! Dieser Dämon! Ashray schnaubte. Er hatte auch keinen Hinweis nötig, denn seine Nase war ihm Kompass genug! "Komm jetzt", zerrte er Keika weiter, ohne Rücksicht auf dessen Zustand. Sie mussten näher heran und herausfinden, ob es eine Möglichkeit gab, ungesehen in die Räume einzudringen. Angestrengt, weil Keika hinter ihm immer wieder stolperte, hoppelten sie wie die Hasen durch den Schnee, näher an die massiven Mauern und hielten inne, als sie den Burggraben betrachteten. "Da vorne...", Keika rang nach Atem, "da vorne...ist...eine...Brücke!" "Klasse", fauchte Ashray und warf einen finsteren Blick auf Keika, "die werden uns sicher einfach so hier reinspazieren lassen, klar!" Er warf einen Blick auf die wehrhaften Mauern, aber ohne fliegen zu dürfen wäre es sehr schwierig, das Hindernis zu überwinden. Ashray grübelte, ob es Alternativen gab, als ihm bewusst wurde, dass er allein vor der Ringmauer stand. »Dieser dämliche Kerl!«, zischend ballte Ashray die Fäuste, als er bemerkte, dass Keika einfach den leidlich geräumten Weg um die Ringmauer nutzte, um auf die Zugbrücke zuzustreben. "Bist du verrückt?!", er packte Keika am Arm, der bleich funkelte. Keika wisperte atemlos, "das ist der normale Eingang. Wir vermeiden unnötiges Aufsehen. Von außen ist diese Wehrmauer nicht einzunehmen." "Ach was!", zischte Ashray wütend. "Woher willst du das wissen?! Du versuchst doch bloß, mich in die Irre zu führen! Ich kann genau riechen, dass wir hier hoch müssen! In diesen Flügel!", gestikulierte er wütend. "Ich halte es für taktisch klüger, von innen den Aufstieg in Angriff zu nehmen", Keika hustete hinter vorgehaltener Hand, verdrehte die Augen ob so viel Uneinsichtigkeit. "Als ob du eine Ahnung von Taktik hättest!", erwiderte Ashray explosiv und ließ dabei außer Acht, dass er mit Teious Vertreter sprach. Der Dämon schüttelte seinen Arm frei und wandte sich ab, um mühsam durch den Schnee zu stapfen, zur Zugbrücke. Ashray zögerte einen weiteren Moment, kochte innerlich vor Wut, ballte die Fäuste, die ja nun leider seine Hellebarde nicht produzieren durften. Mit hochgezogenen Schultern, Verwünschungen vor sich hin murmelnd, trampelte er wütend den Schnee platt, folgte Keika. Die Zugbrücke war menschenleer, ebenso das Torhaus. Überall fanden sich Konfetti und Papierschlangen, Überreste des Jahreswechsels vor einigen Stunden, selbst die eifrigsten Nachtschwärmer hatten sich in ihrem Quartier eingefunden. Keika sah sich um, kniff die Augen zusammen, um in der Dämmerung Details zu erkennen, die Aufschluss darüber gaben, wie man am Besten den Flügel erreichte, in dem das unverschämte Äffchen einen Hinweis auf die Monsterpflanzen vermutete, die mit ihrem Geruch unschuldige Opfer anlockten. Er glaubte nicht an Ashrays Theorie, wie er grundsätzlich größere Schwierigkeiten mit dem ungestümen, hasserfüllten Himmelswesen hatte. »Ich habe es Teiou versprochen«, seufzte er stumm, wischte sich über die Stirn, die von klammem Schweiß bedeckt war. Ihm war wirklich elend zumute, auch wenn er wusste, dass in anderen Dimensionen seine Fähigkeiten und Kräfte nicht wie gewohnt zur Verfügung standen. Keuchend schlug er den geräumten Weg ein, wich den kleinen Maschinen aus, die die Sandwege freihielten. Obwohl er Ashray nicht gerade favorisierte, wandte er sich um, wollte sichergehen, dass das hitzköpfige Äffchen keinen Unsinn anrichtete. In ihrer Welt gab es nur recht wenige komplexe Maschinen, und auf ihn machte Ashray nach wie vor nicht den Eindruck eines besonnenen Denkers. »Oder überhaupt eines Denkers«, seufzte Keika, der verfolgte, wie Ashray heranstürmte, einen Zickzack-Parcours absolvierte, um bloß nicht in Kontakt mit den emsigen Schneeräumern zu geraten. Gemeinsam, zur Zusammenarbeit genötigt, erreichten sie den Süd-Süd-Flügel. Ein gläsernes Treppenhaus wies ihnen den Weg hoch zum obersten Geschoss, aber Keika zögerte. Konnte er sicher sein, dass in dem Räumen kein Bewohner war? Denn selbst wenn sich Ashray in der Natur des Duftes täuschte und sie kein Dämon erwartete, kein Menschen aussaugendes, mordendes Monster, konnten sie doch in Gefahr geraten. Ashray hielt sich, -selbstredend-, nicht mit derlei Bedenken auf, er wollte dem Ursprung des Duftes auf die Spur kommen. Sollte sich ihm jemand in den Weg stellen, ganz gleich, ob Dämon oder Mensch, dann würde er eben etwas "rustikal" werden! Keika fasste ihn am Arm, "einen Augenblick!", wollte Ashray daran hindern, den Flur auf der obersten Ebene einfach entlang zu stürmen. Der Sensor erfasste sie und beleuchtete bereits den Gang, was ihn irritierte. Hatte man sie bereits entdeckt?! Ashray schien ebenfalls eine Vermutung zu hegen, denn er sah sich gehetzt um, visierte die mittlere Tür an. "Warte doch!", Keika umklammerte Ashrays Ellenbogen, lauschte auf Bewegungen, aber die dicken Mauern verschluckten zusammen mit dem Schnee verräterische Laute. "Lass los, Dämon!", fauchte Ashray, wirbelte herum, um Keika voller Schwung von sich zu stoßen. Keika taumelte, verlor das Gleichgewicht und stürzte rücklings gegen eine der stählernen Verstrebungen, die das gläserne Treppenhaus trugen. Er stieß einen erschreckten Wehlaut aus, versuchte, sich wieder auf die Ellenbogen zu stemmen. Ashray brüllte, "komm schon hoch, du Verräter!" Natürlich! Er hatte es ja immer gewusst! Hier, wo sie zu zweit waren, versuchte dieser verdammte Dämon, ihn umzubringen! Aber Tia und Teiou wollten ihm ja nicht glauben! Nun konnten die Dämonen entkommen oder ihn überfallen! »Aber so leicht mache ich es euch nicht!«, schwor er sich grimmig, fegte zur mittleren Tür, die den Namen [Vanilla] trug. Es roch hier besonders stark, verwirrte die Sinne, weckte seltsame Regungen: er MUSSTE richtig sein! Wie damals, bei der Monsterpflanze, die ihn... Die Tür öffnete sich, ein junger Mann, vollkommen nackt, betrachtete Ashray. Mutmaßlich menschlich, definitiv schamlos. "Guten Morgen", lächelte der junge Mann, wischte sich durch dunkelblaue, hüftlange Lockenstränge, "bist du eine Aufmerksamkeit des Hauses?" Lagunengrüne Augen lächelten, dann zwinkerte er Ashray zu. Ashray verstand kein Wort, eingenebelt durch den Geruch der Vanille, ging in eine Verteidigungshaltung über, funkelte aggressiv, aber die Aufmerksamkeit des Unbekannten ohne jede Bekleidung richtete sich auf etwas hinter Ashray. Das attraktive Gesicht wandelte sich zu Ernst. "Entschuldigung", er ließ Ashrays Kampfpose unbeachtet, schob sich einfach an ihm vorbei. "Was...?!", Ashray fegte auf den Absätzen herum, beobachtete, wie der Unbekannte über den Flur flitzte, sich beim Treppenhaus über Keika beugte. "He...", hin und her gerissen zwischen der einmaligen Gelegenheit, die Suite zu durchstöbern oder aber sich um Keika kümmern zu müssen, zögerte Ashray, dann aber nahm er sich ein Herz und stürzte in die Suite. Schließlich waren sie ja hier, um der Geruchsquelle auf die Spur zu kommen und der dämliche Dämon konnte schon auf sich selbst aufpassen! Hatte ihn ja bloß behindern wollen und das bedeutete ja wohl, dass es hier etwas zu entdecken gab! Solchermaßen gerechtfertigt fegte Ashray durch die Vanilla-Suite. Er blickte in alle Räume, starrte fassungslos auf das Ölbecken, das besonders stark nach dem unbekannten Geruch duftete. Alle Pflanzen, die er sah, waren in manierlicher Größe, nichts versteckte sich unter oder hinter den Möbeln, in den Schränken oder Separees, kein anderer Bewohner ließ sich aufstöbern. Ashray fluchte laut und ungehemmt. Wie konnte das sein?! Er hatte doch den starken Duft gerochen, spürte, wie der Körper darauf reagierte, verführt wurde! Wieso, WIESO gab es dann hier keine Dämonen?! Wo waren die Verschwörer, die mörderischen Angreifer, die Hinterhalte?! Mit geballter Wut im Bauch stürmte Ashray wieder auf den Gang. Der nackte Unbekannte kniete noch immer bei Keika, kam dann aus der Hocke, um auf einen Alarmknopf zu drücken. "Steh schon auf!", schnauzte Ashray, als er mit großen Schritten heranfegte, "es reicht jetzt! Wir können gehen!" Er hasste es, einen Misserfolg einzugestehen, besonders, wenn er vermutete, dass Keika sich darüber freuen würde und noch als Kronzeuge zur Verfügung stand! "Er blutet stark", stellte der Unbekannte beunruhigt fest, versuchte mit Keikas Schal eine Wunde am Hinterkopf zu verbinden. "Unsinn!", grollte Ashray, das konnte gar nicht sein, er hatte Keika bloß angestoßen, also KONNTE der sich gar nicht verletzt haben, immerhin trainierte der ständig mit Teiou und sie kämpften Seite an Seite in den Scharmützeln gegen die Dämonen! Trotzdem kniete er sich neben den Unbekannten, der sich Keika auf den Schoß gebettet hatte und dessen Kopf abstützte. "Lass diesen Blödsinn!", Ashray schüttelte Keika an der Schulter, dieses Ablenkungsmanöver dauerte schon viel zu lange. "...Teiou", winselte Keika, blinzelte heftig, versuchte, die Hände zu Fäusten zu ballen. Er fühlte sich seltsam, vielmehr hatte er den Eindruck, sich gar nicht mehr richtig zu fühlen und das war durchaus beängstigend. "Du musst mir zur Hand gehen", der Fremde wandte sich an Ashray, der die Stirn unter dem flammendroten Pony runzelte, "bitte geh doch in die Suite und hole mir freundlicherweise etwas zum Reinschlüpfen, ja? Danke, mein Süßer!" Ashray sprühte Zorn wie Funkenregen in alle Richtungen. "Ich bin NICHT dein Süßer! Und überhaupt, hol dir deinen Kram doch selbst!", plusterte er sich auf, doch bevor er weiter ausholen konnte, diesem unverschämten Nackedei die Leviten zu lesen, wurde seine Aufmerksamkeit auf Keika gelenkt. "Nicht!", zischte er, zwickte Keika in den Arm, aber das hinderte die Ereignisse keineswegs am Fortgang: Keika verlor die Kontrolle über seine Fähigkeiten. Die braunen Haare färbten sich in ihre natürliche, weiße Farbe, auf seiner fliederfarbenen Haut schimmerten unter der gelösten Tunika und dem Mantel die Tätowierungen, in den purpurfarbenen Augen schwammen Tränen. "...Teiou...Teiou...", Keikas Stimme klang brüchig, verängstigt. "Bitte beeil dich", der Fremde tippte Ashray an, "wir müssen ihn auf die Krankenstation schaffen!" Der zögerte, zog eine Grimasse und erhob sich, um rasch in die Suite zu flitzen. Dieser dämliche Dämon vermurkste wirklich alles! Wie konnte der seine Tarnung aufgeben?! Als er an die Tür zurückkehrte, stand der Unbekannte schon davor, Keika auf den Armen. Der Dämon winselte leise, wiederholte seinen Ruf nach Teiou. "Was...?!", Ashray schnaubte, "Keika, reiß dich zusammen!" Er bemühte sich, nicht zu tief zu atmen, um möglichst wenig des seltsamen Duftes zu inhalieren. "Ah! Danke schön.", der Fremde zwinkerte und drückte Ashray doch glatt Keika in die Arme! Für einen kurzen Augenblick war Ashray versucht, zurückzuweichen, sich zu verweigern, doch das hätte in der Folge bedeutet, Keika fallen zu lassen und mittlerweile stellte er sich beklommen die Frage, ob er nicht doch, gegen alle Wahrscheinlichkeit, für Keikas Verletzung verantwortlich war, dass der Dämon möglicherweise doch nicht markierte. Widerwillig hielt er Keika auf den Armen, spürte, wie sich der Ärmel und eine Seite seines Revers mit Flüssigkeit tränkten. "Das kann nicht sein...", murmelte Ashray fassungslos. "Er blutet stark, und es will gar nicht aufhören", der Fremde hatte sich in einen seidenen Morgenmantel gehüllt, ihn nachlässig um die Taille gekordelt und unternahm keine Anstrengungen, Ashray wieder seine Last abzunehmen, sondern ging einfach voraus! "Hier entlang! Im nächsten Flügel ist die Krankenstation!", erklärte er über eine Schulter, wischte sich die blauschwarzen Lockenstränge auf den Rücken. Ashray schnaubte, lehnte sich aber nicht gegen die Anweisung auf. Keika war fahl-bleich, atmete flach und hastig, ließ die Arme spannungslos herunterhängen. "Ihr seid nicht von hier, nicht wahr?", der Unbekannte tippte einen Code in die Überwachungseinrichtungen, die den Flügel abtrennte. "Stimmt", brummte Ashray, nagte an seiner Unterlippe. Das lief nun überhaupt nicht so, wie er erwartet hatte und er begriff nicht, was die merkwürdigen Kästchen bedeuteten, die in der Wand eingelassen waren, warum diese seltsame Person darauf herumdrückte und überall sprangen Lichter an, wie von Magie initiiert! Keika krächzte, visierte Ashray an, flüsterte dringlich, "ich muss zu Teiou! Er braucht mich! Ich darf nicht sterben! Teiou braucht mich!" Da er in ihrer eigenen Sprache wisperte, zischte Ashray hastig, "sei still!" Wahrscheinlich war es bereits zu spät, aber er wollte unbedingt verhindern, dass man sie gleich enttarnte. Aus der Krankenstation kam ihnen bereits ein junger Mann entgegen, erschrocken. "Kim, nicht wahr?", der Fremde lächelte, trat beiseite, um den Blick auf Ashray zuzulassen, "mein Freund Keika ist gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen. Er blutet stark." Der junge Arzt blinzelte, nickte dann und wies den Weg durch das Sprechzimmer in den Untersuchungsraum. In diesem Moment hechtete ein anderer junger Mann mit einer stacheligen Punkfrisur herein, offenkundig gerade dem Bett entflohen. "Mein Assistent, Rettungssanitäter in Ausbildung, Pat", stellte Kim vor, warf dem Ankömmling einen entschuldigenden Blick zu. Innerhalb einer Viertelstunde gleich zwei Patienten zu haben, das war ungewöhnlich genug, um sich Hilfe zu holen. "Hallo", der Fremde lächelte, wandte sich um, "bitte dorthin", winkte Ashray zu, aber Keika wollte sich nicht einfach abladen lassen, bettelte, flehte, wimmerte immer wieder, er wolle Teiou sehen, müsse zu ihm, ihn retten! Kim und Pat warfen sich ratlose Blicke zu, denn sie verstanden kein Wort. "Können Sie bitte dolmetschen, dass Ihr Freund sich nicht so heftig bewegen darf?", Kim ergriff die Initiative, zog sich einen Beistellwagen heran, streifte sich Latexhandschuhe über. Ashray zischte Keika zu, "sei doch still! Hör mit der Zappelei auf! Du verrätst uns noch!" Pat trat zu Kim, um Keika behutsam auf eine Nackenstütze zu bugsieren, damit sie sich die Wunde betrachten und sie verbinden konnten. "Sein Blut...ist weiß?", Kim überließ es Pat, die weißen Haare von der Wunde zu kämmen. Pat zögerte, ließ suchend die Hände über die Wunde kreisen, "Augenblick." Keika nutzte die Lücke, um nach Ashray zu haschen, dessen Finger zu umklammern, "Teiou...Teiou braucht mich! Mein Blut... hol Teiou...!" Ashray bemühte sich darum, die Finger zu lösen, während er fauchte, "das geht nicht! Du weißt, dass wir nicht so schnell zurück können! Sei endlich still!" Der Dämon vermutete wohl, dass Ashray ihn belügen wollte und begann nun ernsthaft, sich zur Wehr zu setzen, "Teiou! Lass mich zu Teiou! Du darfst mich nicht aufhalten! Teiou braucht mich! Es ist wichtig! Teiou! TEIOU!" "Bitte beruhigen Sie sich doch!", Kim bemühte sich, die Blutung zu stillen, signalisierte Pat, er möge Keikas Schultern fixieren. "Bitte übersetzen Sie Ihrem Begleiter, dass er ruhig bleiben muss", wandte er sich an Ashray, der unschlüssig auf Keika blickte. Wieso benahm sich der Dämon so merkwürdig? Er musste sich doch erinnern, wo sie waren und warum?! Was sollte dieser Unsinn mit dem Blut?! Jeder wusste, dass Dämonenblut unrein war, ekelhaft, widerwärtig! "Keika?, der Fremde mischte sich ein, schob Ashray sanft auf die Seite, nickte Kim und Pat zu, "sei ganz ruhig, keine Angst", dabei streichelte er über Keikas klamme Wangen, lächelte besänftigend. Kim tupfte eilig die Wundränder ab, "ich benötige Desinfektionsmittel, einen Druckverband. Diese Schwellung macht mir Sorgen." "Nur einen Moment", mischte sich Pat wieder ein, konzentrierte sich. Keika wurde unruhig, begann erneut, sich unruhig hin und her zu werfen, nach Teiou zu rufen. "Ein Beruhigungsmittel", Kim wandte sich Pat zu, "rasch." "Das geht nicht", Pat leckte sich nervös über den Ring in seiner Unterlippe, "ich spüre, dass etwas nicht stimmt." Entschuldigend zuckte er mit den Schultern, "wir sollten unbedingt vorher die Verträglichkeit testen." "Er verliert zu viel Blut", versetzte Kim, weniger ärgerlich als beunruhigt. Dass jemand weißes Blut haben sollte, war ihm noch nie zuvor begegnet und Pats ungewöhnliche 'Intuition' irritierte ihn immer wieder. Keika winselte, "Teiou, Teiou!", schluchzte, versuchte vergeblich, sich zu befreien, nahm Ashray zum Ziel, "warum? Teiou ist doch dein Freund?! Warum lässt du ihn sterben?! Er braucht mein Blut! Teiou braucht mich!" "Ich habe keine Ahnung, was du da faselst, Dämon!", schnauzte Ashray, "sei endlich ruhig und halt still! Immer machst du nur Ärger!" Pat zog eine der fahrbaren Maschinen heran, klebte Keika mit einiger Mühe drei Membranen auf den Oberkörper und startete die Analyse, dann nahm er einen der bereits vollgesaugten Wattebäusche, mit denen Kim die Blutung zu stoppen versucht hatte, setzte eilig einen Test in Gang. Sofort ertönten Störungsmeldungen, aber auch die farbigen Verfärbungen, die der Blutanalyse dienten, zeigten Kim und Pat, dass ihr Problem nicht nur darin bestand, eine Kopfwunde zu behandeln. Zunächst mussten sie herausfinden, welche Medikamente sie überhaupt verwenden konnten, ohne ihren offenkundig exotischen Patienten zu gefährden. Keika spürte, wie ihn seine Kräfte verließen und Ashray wollte ihm einfach nicht helfen, dabei war es wichtig, dass er lebte, für Teiou! Und nicht von Teiou getrennt wurde! Er musste kämpfen, Ashray MUSSTE verstehen! Selbst das dumme Äffchen konnte begreifen! Er krallte die Finger in Ashrays durchnässten Ärmel, zerrte und zog, "Teiou! Hol Teiou! Mein Blut...für Teiou!" "Bitte, bleiben Sie doch liegen!", eilig bemühte sich Kim, Keika auf die Liege zu drücken. Die weißen Haare klebten bereits von Keikas Blut, und es gab im Augenblick keine Möglichkeit, die Wunde zu versorgen. Medikamente schieden aus, da er die Verträglichkeit nicht kannte. Schlimmer noch wog für ihn, dass einfach keine Blutgerinnung einsetzen wollte. Pat strich beruhigend über Keikas Hände, die Schultern, wollte dem verletzten Exoten keine weiteren Schmerzen auferlegen, wusste aber um die Notwendigkeit, ihn in einer Ruheposition zu fixieren. In diesem Augenblick stand ihr zweiter Patient in der Tür, lediglich mit einem einfachen Kittel bekleidet. "Bitte entschuldigen Sie, wir bemühen uns, die Störung so gering wie möglich zu halten", befleißigte sich Kim einer Erklärung, spürte, wie ihm kalter Schweiß auf die Stirn trat. Wenn Cyril erfuhr, dass ihr V.I.P. in seinem dringend notwendigen Schlaf gestört worden war, würden Köpfe rollen und er hatte nicht vor, seine Zukunft als fester Bestandteil des Fundaments zu verbringen. "Er verliert seine Lebensenergie", seufzte der Fremde im Morgenmantel bedauernd, "diese Welt ist nicht für ihn geschaffen." Carnage wischte sich durch die Locken. Er konnte nicht schlafen, sich vor Darshu, der Ausweglosigkeit seiner Situation und der vermaledeiten Liedzeile in Albträume flüchten. Mitleidig betrachtete er den schlanken Mann auf der Untersuchungsliege. »So wenig Lebenskraft noch übrig...« "Wer ist dieser Teiou?", erkundigte er sich beiläufig, fasste nach einem blauschwarzen Lockenstrang. "Sein Liebster", erklärte der Unbekannte sanft, "in der Welt, aus der sie kommen." "Sein Liebster", wiederholte Carnage, lächelte melancholisch, "ein Traumprinz." Er ließ die Locke los, legte eine Hand auf Keikas, die noch immer Ashrays Ärmel bekrallte, beugte sich über Keika und küsste ihn sanft auf den Mund. Augenblicklich gab Keika Ashray frei, verlor das Bewusstsein. Ashray erstarrte, als der ihm Unbekannte Keikas Hand behutsam auf dessen Brust drapierte. "...ist...ist er...?! Was...was ist hier los?! Was hast du gemacht?!", fegte er herum, packte Carnage am Revers des Kittels. Da er in seiner Aufregung die eigene Sprache verwandte, konnte er keine Antwort erwarten. Carnage blickte in die leuchtend roten Augen. Für ihn gab es keine Verkleidung, die er nicht durchschauen konnte. Er fühlte sich innerlich ausgelaugt, wollte sich diesem 'Kind' nicht erklären, das so offensichtlich in ungezielte Wut flüchtete. »Ich wünschte, ich könnte auch noch zornig sein«, aber dieser einfache Ausweg versagte sich ihm. Mühelos pflückte er Ashrays Hände von seinem Revers, nickte Kim und Pat zu, "er wird eine Weile schlafen, aber sein Zustand ist schlecht. Es wäre besser, wenn er nach Hause käme." Kim blinzelte, aber Pat kam ihm zuvor, "vielen Dank, aber von welcher Heimat sprechen wir hier eigentlich? Ich kann nicht einmal die Sprache erkennen?" "Ah, ich denke, wir werden das Problem schnell lösen", mischte sich der Fremde ein, legte vertraulich einen Arm um Carnages Taille. "Warum nutzen wir nicht die Zeit, um die Tests abzuschließen? Ich werde meinen neuen Freund", er zwinkerte Ashray zu, der vor Wut kochte, "mit in meine Suite nehmen, damit ihr uns jederzeit erreichen könnt. Eine gute Idee, nicht wahr?" Dunkelblaue Lockenstränge schlugen schwungvoll auf einen apart geschwungenen Rücken. "Ähm, das ist welche Suite bitte?", Kim spürte, wie sein Kopf sich drehte. Das alles war mehr als merkwürdig, und zwei Stunden Schlaf reichten kaum aus, um seine Gedanken zu sortieren, damit es sie mit derart seltsamen Umständen aufnehmen konnten. "Ach ja", der Fremde lächelte, nahm Carnages Hand vertraulich, "ich habe die Vanilla-Suite. Bitte nennt mich einfach Obi." Er zwinkerte, packte mit der anderen Hand Ashray am Kragen seines Mantels und apportierte ihn wie einen Welpen trotz heftigen Zeterns. Carnage seufzte lautlos und ließ sich führen. Alles war besser als die Einsamkeit seiner Verzweiflung. O~O "Cyril", wisperte Kim, warf einen Blick auf Keika, räusperte sich, "ich sage Cyril Bescheid. Du übernimmst die Tests! Dann werden wir es mit Kälte versuchen. Wenn das nicht hilft, nähen wir!" Pat nickte, studierte die zahlreichen Fehler- und Störungsmeldungen. So einen seltsamen Fall hatte er noch nie gehabt und es sah nicht so aus, als hätte Kim ihm Wissen voraus. "Ich dachte, die Vanilla-Suite wäre frei", murmelte Pat vor sich hin, während er sich darum bemühte, Keikas Blutgruppe zu bestimmen oder wenigstens herauszufinden, ob sich dessen Blut mit einer menschlichen Sorte vertrug. "Sollte sie auch sein", Kim sackte hinter ihm auf einen Stuhl und ächzte. "Was ist los?!", Pat drehte sich eilig herum. "Oh mein Gott! Oh oh oh!", winselte Kim, die Hände vor das Gesicht geschlagen, während er den Kopf vehement schüttelte. "Was ist?!", alarmiert legte ihm Pat eine Hand auf die Schulter, "was hast du denn?!" Anstelle einer Antwort wies Kim bleich auf den Bildschirm, der die Verbindung mit der Hauszentrale unterhielt. "Ach du Sch....", Pat keuchte. Jetzt wusste er auch, wie es dem Fremden, der sich Obi nannte, gelungen war, einfach so in diesen Trakt zu gelangen. "Cyril wird ausrasten", piepste Kim tonlos. Es konnte wirklich nicht schlimmer kommen. O~O "Lass mich los! LOSLASSEN!", Ashray zappelte und schlug um sich, konnte nicht begreifen, warum sich seine Hellebarde nicht zeigte. Der Unbekannte, der sich als Obi vorgestellt hatte, warf Ashray mühelos in die Luft, der sich drehte und wie ein Sack Kartoffeln über die Schulter geworfen wurde. Obwohl er auf den Rücken trommelte, zeigte sich Obi unbeeindruckt, und wo waren die hüftlangen, blauschwarzen Lockenstränge?! Carnage hielt inne, studierte seinen Begleiter überrascht. Waren dessen Augen nicht grün wie Lagunen gewesen?! Aber nun funkelten sie tiefschwarz, während die Locken blondiertem, kurzrasierten Kraushaar gewichen waren. "Obi klingt nach Heimwerkerbaumarkt oder Damenhygieneartikel", provozierte er. Obi lachte laut, tippte nonchalant den Sicherheitscode ein, um in den Süd-Süd-Flügel zu wechseln. "Wirklich?", zwinkerte er, "nun, ich habe für Handarbeit viel übrig. Alles, was sich zwischen Schenkeln befindet, ist mir auch willkommen." Ganz gegen seinen Willen musste Carnage grinsen, dann seufzte er leise, "ich danke dir für die Einladung, aber gerade heute bin ich nicht die munterste Gesellschaft." An seiner Seite schüttelte Obi nachsichtig den Kopf, "das am ersten Tag des Jahres? Nicht doch, Herzchen, ich bin sicher, dass ich mich für deine Hilfe eben angemessen bedanken kann." Er drückte Carnages Hand aufmunternd, "vertrau mir, mein Freund." Sie hatten die Vanilla-Suite erreicht, und Ashray, der zappelnd, fluchend und schimpfend den Ort des Verderbens erreicht hatte, verschaffte sich einen kurzen Denkanstoß: er rammte sich den Kopf im Türbogen. Während er die Trommelei aufgab, um sich die schmerzende Partie jammernd zu massieren, geleitete Obi Carnage in das Schlafzimmer. Er streichelte über eine fahle Wange, legte schmunzelnd den Kopf schief, "ich denke, du wirst hier angenehme Träume haben, Dion. Bitte erhole dich gut." Bevor Carnage protestieren konnte, darauf hinweisen, dass es ihm geradezu unmöglich war, Schlaf zu finden angesichts seines Herzschmerzes, küsste Obi ihn sanft auf die Stirn. Als sei ein Faden durchgeschnitten worden sackte Carnage lautlos auf das Bett. Selbst Ashray hielt es für weise, nicht zu lärmen, sondern beunruhigt auf die blondierte Krause zu starren. Ohne Beeinträchtigung durch Ashrays Gewicht sortierte Obi zärtlich Glieder, wickelte Carnage ein und stopfte fürsorglich die Decke fest, "so ist es gut, mein Freund, träume süß und tief." Damit wandte er sich ab und schloss leise die Tür hinter sich. O~O Carnage blinzelte. »So sieht wohl die Hölle aus«, ächzte er, sah sich um. Er trug noch immer den leichten Kittel von der Krankenstation, aber hier befand er sich zweifellos nicht mehr auf dem Gelände des Bishounencastle. Alles um ihn herum kündete von Wüste: safrangelber Sand, Staub, Geröll, trockene Sträucher und Gerippe, große und kleine, teils humanoid, noch von den Fetzen ihrer Kleidung und Rüstung bedeckt, mit rostigen Waffen versehen, und zu anderen Teilen gigantisch groß, mutmaßlich tierischen Ursprungs, auch wenn sich für Carnage der Eindruck bot, diese Tiere mit einem gestrandeten Wal zu vergleichen. »Ein Schlachtfeld?!«, er drehte sich unschlüssig um die eigene Achse, beschirmte dann die Augen, um nach der unerbittlich sengenden Sonne zu sehen. Sie war...anders. Größer? Heller? »Was soll ich jetzt anfangen? Ist das ein Traum?«, zögerlich kniff er sich in einen Arm und spürte den Druck, den Schmerz. »Vielleicht sollte ich versuchen, etwas zu lesen«, überlegte er kritisch. Daran konnte man mit Sicherheit entlarven, ob es sich um einen Traum handelte, denn das Erkennen der Buchstaben geschah in einem anderen Part des Gehirns und kollidierte mit dem Traumzentrum, ein unwiderlegbarer Beweis. Allerdings hatte er nicht mal eine alte Kassenquittung bei sich, und die gegenwärtige Gesellschaft wirkte auf ihn nicht wie Liebhaber gehobener Lektüre. In der Ferne erkannte er mit zusammengekniffenen Augen eine Staubwolke. Sie näherte sich langsam, ließ den Schluss zu, dass es sich nicht um einen Reiter, sondern um einen einsamen Wanderer handeln musste. Carnage wischte sich durch die Locken, überlegte, ob er sich zwischen den mumifizierenden Überresten verbergen sollte oder mutig die Gelegenheit nutzen. Er entschied sich dafür, langsam dem Wanderer entgegenzugehen. Sein Herz klopfte voller Erwartung und Neugierde. War das ein Traum? Wie ungewöhnlich, da er sich nicht erinnern konnte, etwas Vergleichbares jemals erlebt zu haben, um es im Traum zu verarbeiten. Die Staubsäule kam zu einem Halt. Carnage konnte nicht erkennen, wer sich in ihrem Inneren verbarg, empfand es aber als kurios, sich mit einem Haufen fliegenden Dreck zu tarnen, wo ohnehin die Gegend nicht gerade vor Leben strotzte. "...Himmel, Arsch und Zwirn", krächzte eine vertraute Stimme guttural, bevor der Staub herrenlos auf den Boden sank, dann stürmte eine sehr unbekleidete Person mit tanzenden Tätowierungen heran. Weiße Haare wirbelten auf, bildeten eine Standarte der eigenen Art. "...Darshu?", Carnage traute seinen Augen kaum, da wurde er bereits in die Arme gerissen und wild über das Schlachtfeld gewirbelt. "Dion! Was tust du hier?!", Dark Schneider schleuderte Carnage vor Begeisterung hoch in die Luft, fing ihn wieder auf und umarmte ihn innig, "verdammt, Bengelchen, ich dachte, ich sehe dich nie wieder!" Carnage, der nun genau wusste, WARUM der Zaubermeister den fliegenden Dreck benötigt hatte, spürte den Ring im Bauchnabel, der sich gegen seinen eigenen Leib drückte. "Küss mich!", keuchte er hastig, "Darshu, bitte küss mich!" Wenn das ein Traum war, dann...!! Dark Schneider funkelte aus den Blauaugen unter den blitzgezackten Augenbrauen, zögerte nicht einen Augenblick. Er wusste sehr wohl, dass es ihn das Leben kosten konnte, wenn der verflixte Bengel die Kontrolle über sich verlor. Angesichts der Niedergeschlagenheit, die ihn befallen hatte, nachdem er wieder von Carnage Abschied nehmen musste, schien der Tod nur ein kleiner Preis. Er küsste Carnage hingebungsvoll, tauchte ein in die bekannten, geliebten, begehrten Gefilde, versengte den einfachen Kittel mit Zaubersprüchen und seinen lodernden Tätowierungen. "Ich kann dich spüren", wisperte Carnage fassungslos in einer Atempause, blinzelte ungläubig, "ich spüre dich!" "Und das ist verdammt gut, will ich hoffen!", prahlte der Zauberer, "ich habe nämlich in jedem Muskel so viel Energie, dass ich..." Er verstummte, als Carnage ihn küsste, seine Zunge, seine Luft, sein Leben einsaugte. »Moment...«, Dark Schneider streichelte über Carnages aparte Kehrseite, erwiderte den vor Freude gleißenden Blick aus den Obsidianaugen. "...sag mal...", brummte er, zog eine Augenbraue hoch, "hältst du dich jetzt zurück, oder...?" Carnage kämpfte mit einem Schluchzen, dass zwischen hysterischem Gelächter und dankbarem Heulen schwankte. Er schniefte, kicherte und hustete zugleich. Dark Schneider streichelte sanft über die porzellanweißen Wangen, blickte tief in die Obsidianaugen. "Hey", raunte er zärtlich, "alles in Ordnung?" "Sag einen Zauberspruch!", Carnage umklammerte Dark Schneiders Hand, leckte über dessen lackierte Fingernägel, "etwas Gutes, ja?" Er richtete dessen Finger auf seinen Leib. Der Zauberer runzelte die Stirn, warf einen hastigen Seitenblick in beide Richtungen, ob sich etwa wider Erwarten ein Beobachter zeigen sollte, dann murmelte er verlegen einen Spruch. Carnage keuchte. Dort, wo ihn Dark Schneiders Fingerspitze berührte, bildeten sich Tautropfen, besondere Morgentautropfen. Dark Schneider sank vor ihm auf die nackten Knie, legte die Hände um Carnages schlanke Hüften und leckte zärtlich den Tau ab. Dann erhob er sich, justierte Carnages Kinn sanft mit einem gekrümmten Finger und küsste ihn lange. "Du kannst es spüren, oder?", wisperte er schließlich, "Gaweyanische Liebestropfen." Verlegen kratzte er sich unter seiner weißen Mähne im Nacken. In seinen Armen zitterte Carnage, doch nicht vor Angst. Sein Körper hatte den Zauberspruch nicht abgewehrt! Er fühlte die aphrodisierende Wirkung, die gewaltige Hitze, die in seinem Inneren entstand! "Küss mich noch mal!", verlangte er hastig, stellte sich auf die Zehenspitzen. Gehorsam erfüllte Dark Schneider den Wunsch, stöhnte laut, als seine imponierende Erektion Carnages Unterleib streifte. "Ich kann dir nichts tun", triumphierte Carnage leise, lachte beglückt. "Ich KANN dir nichts tun! Meine Kräfte sind nicht da!", jubilierte er euphorisch. Dark Schneider bleckte das Raubtiergebiss, drehte Carnage triumphierend im Kreis, bevor er ihn sanft wieder auf die Füße absetzte. "Das bedeutet aber auch...", er studierte das vor Glück strahlende Gesicht. Wenn Carnage lediglich die Konstitution eines Menschen hatte, musste er sich unbedingt vorsehen. "Bitte", Carnage hing an Dark Schneiders Hals, funkelte Obsidian, "bitte, Darshu, ich habe noch nie ohne meine Kräfte geliebt! Bitte, großer Zauberer, mein süßes Schandmaul, mein Liebster", flirtete er drängend, "bitte, Darshu, sei mein erster Mann." Der Zaubermeister spürte, wie ihm partiell Röte in die Wangen stieg, während er kalte Füße bekam. Mit Jungfrauen hatte er ein erhebliches Problem, nicht, dass er Carnage für eine Jungfrau hielt, aber technisch gesehen...!! "Willst du nicht?", Carnage zog sich ein wenig zurück, musterte Dark Schneider frappiert, "ist es dir nicht recht?" "Nein, ich meine, ja! Ach verdammt!", Dark Schneider verstärkte den Griff seiner Arme um Carnage, damit der nicht aufgrund eines Missverständnisses entwischen konnte. "Schöne Scheiße!", grollte er, "du bist doch jetzt nicht wirklich...ich meine... oder?!" Carnage stemmte die Hände gegen die tätowierte Brust des Zauberers, die Lippen dünn aufeinander gepresst. "Verzeih, wenn ich dir Ungelegenheiten bereite", zischte er verletzt, zappelte, um sich zu befreien, aber seine immensen Kräfte standen ihm nicht zu Gebote, sodass er wehrlos ausgeliefert war, wie Dark Schneider sehr wohl bemerkte. "Dion, hör mir doch erst mal zu, verflucht!", schnaubte er, trippelte dabei verlegen von einem Fuß auf den anderen, "ich WILL, in Ordnung?! Ich meine, DAS müsstest du doch merken, oder?!" Den Kopf geneigt studierte Carnage den Zaubermeister, der erstaunlicherweise wie ein kleiner Junge wirkte, trotz obszön zuckender Tätowierungen und eines gewaltigen Zauberstabs subäquatorial. "Warum nicht?", wisperte Carnage, legte die Hände um Dark Schneiders Wangen, blickte unverwandt in die blitzblauen Augen, "bin ich dir jetzt zu schwach?" "NEIN!! Verdammt noch mal, Dion, lass mich ausreden!", explodierte der Zauberer, dem es unterhalb seines nicht vorhandenen Gürtels sehr warm wurde, um nicht zu sagen heiß. Nun, da Carnage allerdings wie gefordert schwieg, suchte er nach Worten, wich dessen Blick aus, stotterte vor sich hin, "also, ich will ja, sicher, immer doch, allzeit bereit und so! Ähem, da.. nun ja, ich weiß nicht, wie ich das... also..." Carnage küsste ihn sanft auf den Mund, "es macht nichts. Lass mich einfach runter." "Oh verdammt!", Dark Schneider HASSTE die Röte in seinen Wangen, "in Ordnung! Hörst du?! Ich sag's ja! Aber hör sofort auf, mich so anzusehen!!" Er holte tief Luft und sprudelte in einem Atemzug hervor, "ichhabeinJungfrauen-Trauma,wenneinemichküsst, verwandleichmichineinenDreikäsehoch." Die Luft war raus, er sackte x-beinig auf den Boden, winselte, als seine Erektion den kochend heißen Sand kontaktierte. Carnage, den er nicht losgelassen hatte, blinzelte, "wie bitte?" "Ichsachdasjetznichnochmal!", protestierte Dark Schneider und wandte den Kopf ab. "Aber", Carnage ließ eine Fingerspitze um Dark Schneiders Brustwarzen kreisen, "wir HABEN uns bereits geküsst und du bist immer noch SO EIN GROSSER Zauberer", seine freie Hand liebkoste den 'Zauberstab'. "YIÄKS!", kommentierte Dark Schneider, zog die Nase kraus, "bist du dann keine Jungfrau?" Nun MUSSTE Carnage lächeln, auch wenn er damit eine großartige Gelegenheit ausließ, Dark Schneider aufzuziehen. "Mein süßes Schandmaul", er lehnte die Stirn an die des Zauberers, "ich habe noch nie ohne meine Kräfte geliebt, aber ich bin ganz sicher keine Frau." "Oh", murmelte Dark Schneider, dann hellten sich seine aparten Gesichtszüge auf. "Mann, wie gut, dass ich das jetzt herausgefunden habe, ich meine mit meinem", er hustete verlegen, "Problem! Mann, das wird mir eine Menge Ärger ersparen... glaube ich", grübelte er. "Darshu?", Carnage dippte einen Kuss auf die Lippen, leckte über das Raubtiergebiss, "sei mein erster, ja? Bitte?" Dark Schneider lächelte, vergaß seinen 'Zauberstab', die verwirrenden Erinnerungen an seine Zukunft. Behutsam liebkoste er mit der Fingerspitze Carnages Züge. "Es ist ein Traum, oder?", erkundigte er sich leise. "Ich bin nicht sicher", Carnage schmiegte sich an ihn, seufzte, "aber wenn es so ist, dann kann uns keiner vertreiben. Dann will ich nicht mehr aufwachen!" "Sag das nicht", summte Dark Schneider, hob sich Carnage auf die gekreuzten Beine, drapierte dessen Arme um seinen Nacken, "ich werde IMMER nach dir suchen. Hier, auf dieser chaotischen Welt, ist alles möglich. Da werde ich bestimmt auch einen Weg finden, unsere Dimensionen zu verbinden." Stolz schlug er sich auf die Brust, "immerhin bin ich hier der absolute MEGA-OBER-MACKER!" Carnage lächelte, blinzelte Tränen weg. Er schlang die Arme um Dark Schneiders Nacken, der ihn wie eine Braut auf die Arme nahm, ihn zärtlich küsste, dann flüsterte er Carnage zu, "es ist auch mein erstes Mal, Dion. Dass ich es aus Liebe tue." Carnages Tränen glitzerten unter der gleißenden Sonne, als der Zauberer sie in einen Sandsturm hüllte und mit seinem geliebten Bengelchen eine Oase suchte. O~O Kapitel 17 - Obi schafft sie alle Obi ließ Ashray sinken, kuschelte sich dann ungeniert neben ihn in die große, mit zahlreichen Kissen ausgepolsterte Hängematte. "Gemütlich, nicht?", erkundigte er sich. Ashray wartete keinen Augenblick länger, sondern rollte sich aus der Hängematte und sah sich hastig nach einer Waffe um. "DU bist ein DÄMON!", klagte er bitterböse an. Wieso hatte er das nicht bemerkt?! Der Kerl konnte sich verwandeln wie nichts, er lungerte hier, im Zentrum des Bösen, herum, er war unanständig und anzüglich, besser gesagt auszüglich, DAS MUSSTE EIN DÄMON SEIN! "Wirklich?", Obi staunte, sah an sich herab. Seine Haut schimmerte nun in einem warmen Braunton, die Augen strahlten hellgrün wie Pfefferminze und auf seinen Schultern tanzten blonde Strähnen, "woran erkennt man das?" "Woran...WORAN MAN DAS ERKENNT?!", brüllte Ashray wütend, ballte die Fäuste, "du veränderst deine Gestalt! Du riechst falsch! Du willst mich umbringen! Du Ungeheuer! Dämon! Menschenfresser!" "Na na", tadelte Obi, drehte eine Locke um den Finger, "das ist jetzt aber nicht besonders nett, Ashray. Ich habe nicht die Absicht, dir etwas zu tun." Er zwinkerte kokett, "obwohl ich zugebe, dass ich dich zum Vernaschen süß finde." "A-HA!", fuchtelte Ashray triumphierend, zögerte dann, "...was? WAS?!" "Haaaachhhh", seufzte Obi theatralisch, "das ist wirklich kompliziert, oder? Dein Freund, Keika,..." "DER ist NICHT mein Freund!! Das ist ein Dämon!", Ashray spuckte Gift und Galle, sprang auf und nieder. "Der hübsche Junge? Oh, dann ist Teiou sicher auch ein Dämon, nicht wahr?!", Obi lächelte amüsiert. Er MOCHTE dieses kleine Spiel. "NEIN! Blödsinn!! Teiou ist mein Freund und ein Himmelswesen!", schnaubte Ashray belehrend. "So? Erstaunlich. Und du bist auch ein Himmelswesen?", Obi legte die Stirn in künstliche Falten. "Sieht man doch!", Ashray schnitt ihm eine Grimasse. "Ah, sicher!", vorgeblich geistesabwesend warf Obi ihm einen Apfel zu. Ashray schnüffelte kurz kritisch, dann hörte er auf seinen Magen und der verlangte nach Futter. "Also, nur, damit ich das verstehe", Obi schaukelte in der Hängematte vor sich hin, "ein Dämon ist einer, der seine äußere Erscheinung verändern kann und nach Vanille duftet?" "GENAU!", Ashray triumphierte, kaute knirschend, zögerte dann. "Na ja, beinahe Vanille", korrigierte er großzügig. "Hmmm, bemerkenswert", lächelte Obi, zwinkerte, "und alle Himmelswesen tragen ein Horn wie du auf dem Kopf?" Seine Frage war ein Volltreffer, denn Ashray erstarrte, bekam Fruchtsaft in die falsche Kehle und hustete heftig. "Weißt du, das ist erstaunlich", plauderte Obi unbeeindruckt weiter, "hier gibt es ein Fabeltier, das trägt ein Horn auf der Stirn. Dem schreibt man Weisheit zu. Komischerweise sind mehrere Hörner immer ein Zeichen für Teufeleien." Obi grübelte, "man sollte doch meinen, je mehr Hörner, je weiser, nicht wahr? Aber hier heißt es: mehr als ein Horn am Schädel, das MUSS ein Teufel sein. Ein Dämon also." Ashray rang nach Luft, blinzelte Tränen und versuchte gleichzeitig, seine Panik zu verbergen. Wie hatte dieser Kerl seine Verkleidung durchschauen können?! Er war sich sicher, dass man sein Horn NICHT sehen konnte. "Schätzchen, ich hole dir wohl besser mal ein Glas Wasser", bot Obi an, rollte sich elegant aus der Hängematte ab und wechselte zum Pantry hinüber. Vor Ashrays tränenden Augen verwandelte sich Obi erneut: helle, sommersprossige Haut, lange, schwarze Locken und brombeerfarbene Augen. "Hier, Liebchen", reichte er Ashray ein Glas, der es weit von sich wies, "oh, du glaubst, dass du es nicht verträgst? Du bist ja schließlich nicht von hier, nicht wahr?" Obi seufzte übertrieben, "herrje, was machen wir denn da?" Ashray hielt von "machen" überhaupt nichts. Außerdem hatte er nun den letzten Rest des heimtückischen Apfels aus seiner Luftröhre verbannt, sodass er keine letzte Spülung mehr benötigte. "Gib zu, dass du ein Komplize von Keika, diesem Verräter, bist!", forderte er wütend auf. "Oh, ich begreife!", Obi spülte sich selbst die Kehle aus, gurgelte beiläufig, "du bist hier mit Keika, weil du andere Dämonen wie ihn suchst, richtig?!" "Nicht wie IHN!", korrigierte Ashray bissig. "Ich habe es gerochen!", triumphierend tippte er sich seitlich an die Nase, "und bin der Spur gefolgt! Ich werde euch Dämonen mit Stumpf und Stiel ausreißen! Ich fackle euch ab!" Obi wirkte durchaus beeindruckt, während Ashray demonstrativ mit großen Bissen dem Apfel den Garaus bereitete, "ist das wahr? Du willst hier Dämonen jagen? Warum?" "Na, weil sie Menschen töten!", blökte Ashray ungeduldig. "Warum tun sie das?", Obi ließ sich auf den seidigen Teppich nieder, konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf Ashray. "Wie, warum?", blaffte Ashray zurück, "das liegt doch auf der Hand: sie sind böse!" "Ja, schon", gab Obi gedehnt zu bedenken, "aber welchen Nutzen haben sie davon? Essen sie Menschen? Trinken sie ihr Blut? Rauben sie vielleicht ihre Lebensenergie?" "Wie?!", Ashray zögerte, nun auf der Hut. War das vielleicht wieder eine dieser Trickfragen? "Sieh mal", Obi kreuzte die Beine, gestikulierte lebhaft, "der Junge da in meinem Schlafzimmer, Dion, der lebt von Lebensenergie. Bei Körperkontakt kann er, schwupps!, sie aufsaugen!" Ashray erbleichte. Er mochte Keika zwar überhaupt nicht, aber die Vorstellung, ihn wissentlich dem Tod überantwortet zu haben, die versetzte ihn in Schrecken. Teiou würde das umbringen. "Er...er hat Keika doch nicht...umgebracht?!", krächzte er besorgt. "Aber nein! Nein, nein!", winkte Obi ab, klopfte sich selbst tadelnd an die Schläfe, "nicht doch! Er hat deinem Begleiter einen Teil seiner Lebensenergie geschenkt, um ihm zu helfen." "Warum?!", nun war es an Ashray, ungläubig die Motive zu hinterfragen. Obi erhob sich elegant aus dem Schneidersitz, winkte Ashray zu, "weißt du was? Wir toben uns ein bisschen draußen aus, in Ordnung? Ich brauche Bewegung." Ashray musste nun folgen, ob er wollte oder nicht. "WARUM?", drängelte er ärgerlich und wandte sich eilig ab, als Obi splitternackt in einen einteiligen Overall schlüpfte, dann Stiefel überstreifte. "Wollen wir, mein Freund?", überließ Obi galant Ashray den Vortritt. Der flitzte zur Tür hinaus, fegte über den Gang in das Treppenhaus. Die Luft war kalt, frostig und ohne das becircende Aroma. Außerdem hatte man den Teppich ausgewechselt an der Stelle, wo Keika hingesunken war. Beklommen hopste Ashray die Stufen im Treppenhaus hinab. Er hatte Keika ja nicht absichtlich verletzt! Der musste natürlich auch immer übertreiben! Als Obi ihm einfach eine Hand auf die Schulter legte, zuckte er zusammen und wich eilends aus. "Hab doch keine Angst", lächelte Obi, zwinkerte, "gehen wir ein bisschen?" Ashray nickte, hielt aber weiträumigen Abstand. "Warum?", wiederholte er energisch. Er würde sich auf GAR KEINEN FALL von diesem seltsamen Dämonen einwickeln lassen! "Dion", Obi pustete genießerisch Atemwolken in die frostige Luft, "kann töten, durchaus, und hat das auch getan. Es ist sein Wesen. Aber deshalb", er lächelte Ashray an, "tötet er nicht ohne Grund. Es gibt IMMER etwas, dass uns alle das Leben schätzen lässt. Deshalb", er formte einen Schneeball, schnickte ihn zu Ashray, der abblockte, "gerade weil er über so große Macht verfügt, ist er sich seiner Verantwortung bewusst." Dann seufzte er theatralisch, "außerdem ist er verliebt." "Igitt", schnaubte Ashray angewidert, "das ist doch alles Unsinn! Du willst mich nur durcheinander bringen! Sag mir endlich, wo die anderen Dämonen sich verstecken!" Obi runzelte die Stirn, hielt inne und begann, einen großen Schneeballen zu rollen. "Komm", winkte er Ashray eifrig zu, "bauen wir einen Dämonen aus Schnee, ja?! Das macht Spaß!" Ashray fauchte wütend, kickte Scharten in den Schnee, verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Seine Abwehrhaltung beeindruckte Obi jedoch nicht. Der plauderte leichthin weiter, während er seinem Dämonen aus Schnee riesige Fänge formte, gewaltige Arme mit imposanten Klauen und einen langen Schwanz. "Was ist das denn?!", brummte Ashray verächtlich, verpasste dem Schneedämonen eine Abreibung per Schneeball, "SO sieht doch kein Dämon aus!" "Nun ja", verlegen zuckte Obi mit den Schultern, "du kennst dich da sicher besser aus! Dann beschreibe mir doch mal die Dämonen!" "Hab ich doch längst!", knurrte Ashray ärgerlich, gestikulierte wild, während er Schneeballkanonaden abfeuerte, "sie sind gemein, hinterhältig, fressen Menschen und verbergen ihre wahre Gestalt!" "Oh, heißt das, sie können jede Gestalt annehmen?", Obi grübelte vorgeblich, "das heißt ja auch DU könntest ein Dämon sein!" "Was?! Nein!!", Ashray ballte die Fäuste, "ich BIN ein Himmelswesen! "Aber du hast deine wahre Gestalt verborgen", argumentierte Obi unnachgiebig, "du hast mich bedroht, obwohl ich dir gar nichts getan habe!" Ashray zögerte perplex. Tatsächlich hatte Obi ja noch keine Attacke gestartet...aber er konnte ja! Potentiell!! "Ich kann kein Risiko eingehen!", verkündete er triumphierend, "immerhin bist du ja ein Dämon!" "Aha", Obi streichelte seinem mitgenommenen Schneedämonen über die eisige Gestalt, "du tötest einfach so? Ohne Anlass? Weil ein Dämon ein Dämon ist? Und folglich alle Dämonen vernichtet werden müssen?" Nun funkelten seine Augen bernsteinfarben, "sag mir, wieso Keika dann lebt? Wenn er doch ein Dämon ist? Was ist mit seinem Liebsten? Müsste man ihn nicht auch töten, weil er doch einem Dämonen zu Willen ist?" Ashray senkte angriffslustig den Kopf, biss sich auf die Lippen und schnaubte in Selbstverteidigung, "der ist eben eine Ausnahme! Nur eine Ausnahme!" "Aber wenn es doch eine Ausnahme gibt", Obi lächelte nun nicht mehr, "dann sind doch wohl nicht alle Dämonen gleich, oder nicht? Wie kannst DU dann so sicher sein, nicht wieder eine Ausnahme vor dir zu haben, wenn du einem Dämonen begegnest?" "Meine Aufgabe ist es, die Menschen und den Himmel zu beschützen!", fauchte Ashray hasserfüllt zurück, "ich tue, was notwendig ist! Ich will nicht, dass ein Dämon davonkommt, der Menschen zerreißt! Der sie mit stinkenden Pflanzen in die Irre führt und entweiht! Ich zerstöre sie alle!!" "Auch die, die dir gar nichts getan haben? So wie Keika?", Obi gab nun nicht einen Millimeter mehr nach. Über ihnen zog sich der Winterhimmel zu, es wurde dunkel und der Schneedämon wirkte nun gar nicht mehr so ungeschlacht, sondern erschreckend lebensnah. "Ich habe Keika nichts getan!", protestierte Ashray vehement, "das war bloß ein kleiner Stoß! Ich wusste ja nicht, dass der so ungeschickt hinfällt! Es war nicht meine Schuld!" "So", flüsterte Obi, band sich die schwarzen, langen Locken im Nacken zusammen, "dann lernst du jetzt die Dämonen kennen, die es in dieser Dimension gibt." Ashray ging in eine Kampfposition, ließ seine Zähne aufblitzen. "Ich wusste, dass ich mich nicht geirrt habe", triumphierte er grimmig. Obi lächelte. Nachsichtig. "Die Dämonen, die hier zu Hause sind, wohnen in jedem einzelnen von uns. WIR SELBST sind Dämonen, als Teil unserer Natur", erklärte er leise, "ein Dämon kann das Schuldgefühl sein. Es treibt uns dazu, zu verleugnen, zu lügen, Verantwortung zu fliehen. Es wispert mit einer quälenden Stimme in unserem Inneren, wie schlecht wir sind. Wie feige. Wie uneinsichtig!" Ashray zuckte zurück. "Das...das ist bloß ein Vergleich", stellte er hastig fest, "das ist natürlich KEIN ECHTER Dämon!" "Ah nein?", Obi leckte sich über die Lippen, enthüllte ein Raubtiergebiss, "aber sind wir nicht alle Dämonen? Die wir beispielsweise um die Liebe eines anderen zu uns wissen, aber aus Feigheit immer wieder seine Zuneigung zurückweisen?! Ihn damit martern, sein Selbstbewusstsein zerstören, seine Gefühle aufwühlen? Immer neue Hoffnung nähren, um sie gnadenlos zu zerschmettern?! Ist das nicht so, Ashray Row La Dai? Beschützer des Himmels und der Menschen?" "Nein! NEINNEINNEIN!", Ashray tobte, trampelte zornig Schnee nieder, "das ist NICHT wahr! Ich würde Tia nie..." Er erstarrte, schlug sich beide kalten Hände auf den Mund. Dann tobte er los, "DU! Du machst das absichtlich!" Er stürzte sich auf Obi, der sich mit ihm im Schnee balgte, aus vollem Hals lachte, sich nicht besiegen ließ. Als Ashray gerade der Atem ausging, gedemütigt, ratlos und zornig, kam ein Signal aus einer der Anzugtaschen. Obi setzte sich auf, legte Ashray beiläufig einen Arm um die Schultern. "Das ist bestimmt die Krankenstation! Schnell, sehen wir nach Keika!", ohne Ashrays Antwort abzuwarten sprang Obi leichthin auf die Stiefelsohlen, zog Ashray an der Hand mit sich. Der wollte gar nicht so schnell laufen, musste aber, weil Obi ein unglaubliches Tempo vorlegte. Hinter ihnen entfaltete der Schneedämon langsam seine gewaltigen Schwingen und erhob sich in den dämmernden Himmel. O~O "Es geht ihm nicht gut", Kim wirkte grau im Gesicht, als Obi und Ashray die Krankenstation betraten. Er hatte den widerstrebenden Pat zum vereinbarten Abendessen mit dessen Mann gesandt, denn es gab nichts, was sie ausrichten konnten. Ihrem Patienten ging es immer schlechter, und kein Medikament konnte helfen. Es hätte Keika auf der Stelle getötet. "Er hat so viel Blut verloren", Kim wandte sich Ashray zu, "bitte, können Sie nicht mit Ihrer Heimat Kontakt aufnehmen? Ich weiß nicht mehr weiter..." Obi streifte sich das Oberteil des Overalls auf die Hüften, nahm Kim einfach in die Arme und streichelte ihm über den verspannten Rücken. "Keine Angst", versicherte er, "wir schaffen das. Wir werden Keika bestimmt nicht sterben lassen." Kim seufzte, vergaß Cyrils strikte Hinweise, ließ sich halten und atmete tief durch. Er hatte noch nie einen Patienten verloren und fürchtete sich vor dem ersten Mal. "Setz dich bitte, ja?", Obi führte ihn zu einem Stuhl, streichelte ihm aufmunternd über die Wangen, "alles wird gut." Ashray tropfte hinter ihm den Boden voll, starrte Keika an. Nun fühlte er sich nicht nur verwirrt, was diesen unerträglichen Obi betraf, nein, er hatte auch Angst. Wenn Keika starb...wenn... er biss sich auf die Lippen. So ungern er das zugab: Keika hatte einen besonderen Platz in Teious Herz, den niemand anderes ausfüllen konnte. "Ashray", Obi trat neben ihn, "wir brauchen eine Blutspende. Ich bin sicher, dein Blut kann Keika helfen, damit ihr es beide zurück in eure Welt schafft." Ashray schüttelte den Kopf, "das geht nicht." "Warum?", Obi nahm eine von Keikas Händen, streichelte sie sanft, "möchtest du ihm nicht helfen? Obwohl er doch eine Ausnahme ist?" "Das hat damit nichts zu tun!", trotzig würgte Ashray den Kloß in seinem Hals herunter. Keika hatte ihm schließlich sogar gegen das Sumpfmonster beigestanden. "Er ist ein Dämon. Die haben ein anderes Blut. Er kann nicht mal Wasser im Himmel trinken, ohne sich zu vergiften." "Erstaunlich", Obi wisperte, "warum sollte dann ein Dämon Menschen oder Himmelswesen angreifen, wenn sie für ihn doch keinen Nutzen haben?" "Hör auf damit!", fauchte Ashray, "du bringst mich ganz durcheinander!" Keika musste von dem Lärm aufgestört worden sein, denn er begann, sich unruhig zu bewegen. Seine ausgetrockneten Lippen formten immer wieder dieselben Silben: Teiou. Teiou. "Ich habe keine Ahnung, wie man Dämonen behandelt!", platzte es aus Ashray heraus, "ER ist der Medizinmann!" "Nur für Dämonen?", Obi gab nicht auf, streichelte Keika, beugte sich über ihn, um dessen Stirn zu küssen. "Nein", murmelte Ashray erstickt. Er hatte das Gefühl, dass Keika vor seinen Augen immer durchsichtiger, fahler wurde. "Dann hilf mir! Hilf ihm!", Obi legte Keikas Hand einfach in Ashrays, "ich bin sicher, dass du ihm helfen kannst." Ashray betrachtete seinen Begleiter stumm. »Tia kann heilen, ich nicht! Und...und Keika. Aber ich...ich bin ein Kämpfer! Das ist alles, was ich kann! Ich darf nicht zweifeln!!« "Also gut", schniefte er endlich brummig, "was muss ich tun?" Obwohl Kim zur Vorsicht riet angesichts der Tests zuvor, arbeitete Obi mit flinkem Geschick und absolutem Vertrauen zu seinem Urteil. "Keine Angst", zwinkerte er immer wieder lächelnd, "alles wird gut." Ashray fand es keineswegs beruhigend, sich neben Keika ausstrecken zu müssen und zu verfolgen, wie man sein Blut über ein Gerät Keika einflößte. "Sieh mal", Obi hockte ungeniert bei Ashray auf der Liege, "wie gut sich euer Blut verträgt! Es ist gar nicht so verschieden! Hätte mich auch gewundert." Dann drückte er Ashrays Hand, "sag mal, gibt es bei euch wirklich keine Mischlinge? Alle drei Völker sauber getrennt?" Zögerlich zuckte Ashray mit den Schultern. Wenn sich Teiou in Keika verliebte...und bei Menschen wusste man ohnehin nie... "Weißt du, was ich mich frage?", Obi griff in eine Tasche des Kittels, den er mit seinem Overall vertauscht hatte und reichte Ashray ein Bonbon, schob sich selbst gedankenverloren ein anderes in den Mund, "ich frage mich: warum sollten Dämonen Menschen oder Himmelswesen angreifen? Aus welchem Grund?" "Weil sie böse sind", knurrte Ashray finster, das lag doch auf der Hand! "Aber", Obi striegelte nachdenklich Ashrays flammendrote Mähne, "glaubst du nicht auch, dass Dämonen den Tod fürchten, ihre Kinder lieben, sie beschützen wollen? Können sie wirklich nur hassen und töten?" Ashray fühlte sich persönlich angegriffen, "du verstehst das einfach nicht! Man muss töten, um zu beschützen! Das ist meine Aufgabe!" Obi seufzte leise, "Ashray, wenn das so ist, warum hast du Keika nicht sterben lassen, hier und jetzt? Wäre es nicht besser, alle Dämonen einfach zu töten? Dann wären doch alle fröhlich und sicher, nicht wahr? Wenn man die Dämonen ein für alle mal vom Angesicht der Erde fegen könnte." "Das...", Ashray zögerte. "Ich...ich töte nur die, die mich angreifen", stellte er klar. Obi lehnte sich auf seinem Bett hinüber, um Keikas Hand zu nehmen, "dann gibst du also zu, dass es Dämonen gibt, die du nicht einfach töten würdest?" Ashray zuckte mit den Schultern, "schon möglich." Er fühlte sich ausgelaugt und verunsichert. "Ashray", Obi richtete nachtschwarze Augen auf ihn, "ich möchte dich bitten, über eine Frage nachzudenken. Es ist mein Geschenk an dich, damit du deinen Liebsten wirklich beschützen kannst." Ashray biss sich auf die Lippen, nickte stumm. Für einen Augenblick hatte er beinahe das Gefühl gehabt, nicht Keika neben sich liegen zu sehen, sondern Tia, zerbrechlich, schwach und ausgezehrt. "Wer", Obi knurrte die Frage zornig, "wer hat einen Vorteil davon, wenn sich Dämonen, Menschen und Himmelswesen bekriegen?" O~O Es war beinahe Mitternacht. Obi trug Keika auf den Armen, während Ashray voranging, um den richtigen Ort auszuwählen, damit sie sofort durch das Dimensionstor schlüpfen konnten. Nun kümmerte es ihn nicht mehr, dass Obi gerade mal ein Stück Stoff um seinen Leib drapiert hatte. "Wir sind da", verkündete er. Ashray wandte sich um, nahm Obi Keika ab, der viel zu leicht in seinen Armen ruhte, bleich und ohne Bewusstsein. Obi lächelte Ashray aufmunternd an. "Ich bin sicher, dass ihr es schaffen werdet", verkündete er. "Gemeinsam, als Freunde. Und solltet ihr meine Hilfe benötigen", er zwinkerte Ashray zu, "dann ruft. Ich werde da sein." Ashray nickte knapp. Die letzten Stunden hatte er in Gesellschaft sehr unerfreulicher Gedanken verbracht. Das Horn auf seinem Kopf summte und es schien gewachsen zu sein. "Danke", er blickte in die nachtschwarzen Augen. "Hab keine Angst", blitzschnell beugte sich Obi über Ashray, küsste ihn zärtlich auf die Lippen, "keine Angst, du kennst den richtigen Weg." Während der Kuss noch auf seinen Lippen prickelte, spürte Ashray, wie sich das Dimensionstor öffnete, sie zurück in ihre Welt saugte. Erstaunt registrierte er, dass er keinen Drang danach verspürte, Obi zu verprügeln, weil der ihn einfach geküsst hatte. Es war nicht mehr wichtig. Tia und Teiou erwarteten sie bereits. An Tias Gesicht konnte man deutlich Schrecken und Sorge ablesen. Teiou blickte grimmig, nahm Ashray wortlos Keika ab. "Was...was ist geschehen?!", Tia zögerte, hin und her gerissen. Er wollte Ashray umarmen, wusste aber, dass er nur auf Ablehnung stoßen würde und er musste Keika helfen, auch wenn er lieber Ashray befragt hätte. "Keika ist verletzt", Ashray hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf. Er bemerkte beiläufig, dass Tia unerklärlicherweise kleiner wirkte, zarter, "ich habe ihn gestoßen, und er ist mit dem Kopf aufgeschlagen." Teiou hob nicht mal den Kopf an, wisperte sanfte Worte, um Keika aufzuwecken. "Ich hole...ich hole etwas Wasser", bot Tia an, vollkommen verunsichert. Stumm schüttelte Teiou den Kopf. Keika konnten nur die eigenen Medikamente und Kräuter helfen. Ashray stellte sich Teiou in den Weg. Er schluckte, räusperte sich dann, "ist deine Burg sicher? Können wir dorthin fliegen? Es ist wirklich wichtig." Er hob eine Hand, um eine weiße Strähne aus Keikas Gesicht zu wischen, "wir können ihn auch dort behandeln. Wir dürfen nur nicht belauscht werden." Teiou betrachtete Ashrays Hand, die so sanft über Keikas Hinterkopf strich, wo der Verband die Kopfwunde verdeckte. Ihm war eisig kalt vor Sorge und Schmerz, als würde er in Blitzeis erstarren. "Ist gut", krächzte er. "Ja, dann...", Tia seufzte. Er konnte seinen Palast nicht verlassen, fühlte sich ausgeschlossen und verwirrt. Wann genau hatte Ashray seinen Frieden mit Keika gemacht? Was war geschehen? "Komm", Ashray wickelte sich aus seinem Mantel, nötigte ihn Tia auf, "wir haben nicht viel Zeit!" "Aber Ashray! Ich kann doch nicht einfach hier weg! Du weißt...", Ashray zog Tia in eine enge Umarmung, flüsterte kaum verständlich, "es geht um Leben und Tod!" "Also...also gut", stimmte Tia endlich zu. Teiou nickte knapp, hielt Keika eng an sich gepresst. "Halt dich gut an mir fest", Ashray legte sich Tias Arme um den Nacken, "lass mich auf gar keinen Fall los." Gemeinsam flogen sie eilig davon, achteten darauf, dass man sie nicht sah. "Wirklich, Ashray, ich muss noch so viel erledigen...", Tia schmiegte sich trotz seiner Klage an, genoss die Nähe. War Ashray gewachsen? Er fühlte sich...anders an. Ashray schloss zu Teiou auf, blickte sich immer wieder um, die Hellebarde in der Hand. "Erwartest du eine Attacke?", Teiou klang angestrengt und er sah auch nicht gut aus. Ashray warf ihm einen langen Blick zu. "Ich möchte später von dir wissen, warum du Keikas Blut benötigst", ließ er die Katze aus dem Sack. Teiou erwiderte nichts, sondern nickte abgehackt. "Ich habe Keika von meinem Blut gegeben", erläuterte Ashray in die bleischwere Stille ihrer luftigen Reise, "ich möchte wissen, warum es sich verträgt." "Wie bitte?", Tia verstärkte seinen Griff, "aber warum...und wie??" Beruhigend streichelte Ashray über Tias Hände, rückte so nahe zu Teiou auf, dass sie praktisch Schulter an Schulter flogen. "Sag mir, Tia, wer hat die Macht, einen Krieg zwischen Menschen, Dämonen und Himmelswesen zu provozieren und profitiert davon?" Sie kamen in Sichtweite von Teious Burg, als Tia endlich ächzte, "oh...du lieber Himmel..." "Genau", flüsterte Ashray grimmig. Er konnte nur hoffen, dass wirklich alles gut werden würde. O~O Obi ließ sich nackt in den Schnee fallen und ruderte mit Armen und Beinen. "So wird aus einem Dämonen ganz schnell ein Engel", amüsierte er sich, betrachtete den Sternenhimmel in der eisigen Nacht. Er hatte wirklich einen interessanten Tag verbracht. Ein sehr guter Anfang für ein neues Jahr. Das bedrückte Knirschen von Schnee weckte ihn aus seiner Vorfreude. Jemand trottete schwerfüßig heran. "Meine Güte, willst du hier flaggen?", kommentierte eine heisere Stimme Obis Begeisterung für die Natur und sich selbst. "Oh, das sind stehende Ovationen für Mutter Natur", lächelte er gutmütig. "Ja ja, das sagen sie alle", grummelte die Gestalt, ließ sich schwerfällig neben ihn plumpsen, "übrigens haben die sich in Nepal beschwert, weil ihre Yetis von einem Schneedämonen unsittlich belästigt worden sind. Du weißt nicht zufällig etwas darüber?" "Nöööö", log der Oberbishounen frech, zwinkerte dann. "Dachte ich mir", brummte die unförmige Gestalt gleichmütig, kramte einige Kekse hervor und bot sie an. "Könnte ein gutes Jahr werden", prognostizierte sie. "Yepp", stimmte der Oberbishounen zu, stupste sie in die Seite, "hast du Lust, ein Schneemonster zu bauen?" Die Gestalt grinste zurück und präsentierte eine Zahnlücke, "warum nicht? Wir sind doch ein gutes Team: der Schöne und das Biest!" O~O ENDE O~O Danke fürs Lesen, frohe Feiertage und einen guten Start in 2007! kimera